Samstag, 14. November: GELD (en español: DINERO)
Na das klingt jetzt so, als wär Geld nur grad jetzt ein Thema. Aber jetzt grad besonders,
weil diese Woche hab ich so richtig viel Geld ausgegeben und es hat mir großen Spaß
gemacht! Viel ist natürlich relativ, aber für meine sehr sparsamen Lebensverhältnisse
hier war’s schon viel und ich könnt mir auch nicht viele weitere so verschwenderische
Wochen leisten, vor allem, weil ich gestern endlich erfahren hab, wie viel (wenig) ich
wirklich verdien ☺ Also LehrerInnen haben in Ubrique (angeblich?) einen Stundenlohn
von 11 Euro brutto (7 netto) ohne Vorbereitungszeit, das heißt, es zählt nur die Zeit, die
wir rein in der Klasse stehen. Könnt ihr euch das vorstellen? Eine Stunde ist hier auch
wirklich 60 Minuten lang und meine Stunden sogar 90 Minuten (was mir aber eh taugt,
da können wir wenigstens gut arbeiten), Pausen gibt’s gar keine. Jetzt ist mir das geringe
Engagement meiner Kolleginnen auch klar. Hab mich schon gewundert, dass die grad
mal nach dem Buch arbeiten und nur zu den Stunden erscheinen. Ich hab noch dazu
Tests zu machen, die dann auch zu verbessern sind… Na ich kann’s mir ja in diesem Jahr
leisten, so zu arbeiten. Ich verbuch das als Weiterbildung, üb spanischen Alltag und noch
dazu viel Englisch und es tut ja auch gut, in eine Organisation eingebunden zu sein.
Mit meinem Stipendium kann ich mir grad so einen normalen Alltag leisten, das Wohnen
muss ich mir dazu verdienen und das geht sich schon aus: Miete zahl ich 300 Euro,
Strom rund 15 Euro je Monat, im Oktober hab ich für 45 Unterrichtsstunden 450 Euro
gekriegt (weil ich ja keine Englisch-Lehrerin bin nur 10 Euro), bleiben mir also 135 übrig.
Oder blieben. Denn heute war ich beim Friseur – war sehr gespannt, was das werden
wird, die Mädels unter euch können das sicher nachempfinden, wie das ist, zu einem
unbekannten Friseur in einem unbekannten Land zu gehen! Aber- voilá:
Ich bin sehr zufrieden. Vor allem weil mir der Friseur mein Rot zurückgegeben hat. Hat
mich angeschaut, die Farbkarte geholt und das schönste Rot für mich hervorgezaubert.
Was so ein Schüsserl voll Farbgatsch ausmacht – ach, ich bin begeistert! Das Besondere
daran ist, dass ich mir vor der Abreise aus Österreich die Haare auf eine weniger
auffällige Farbe ändern hab lassen, das hat ja fast niemand von euch mehr gesehen,
aber wie sich herausstellt, kommt’s ganz von selbst wieder zurück. Und das alles für 29
Euro! Ich mag nicht dran denken, was wohl der Stundenlohn einer Friseurin ist… Noch
dazu hat’s nur eine Stunde gedauert, die ganze Prozedur, die haben so schnell
gearbeitet, so was hab ich noch nie gesehen. Und lustig wars da, bummvoll mit diesen
unglaublich energischen spanischen Frauen – nur schade, dass ich kaum was verstanden
hab. Aber ein Beispiel zur Stimmung: der Friseur redet jede Kundin, egal wie alt, mit
GUAPA an, was SCHÖNE heißt. Das hebt die Stimmung gleich mal. Aber die Menschen
reden hier allgemein in so einem Ton miteinander: meine Schöne, meine Liebe, dann
wird ganz viel gebusselt und umarmt – Männer, Frauen, ganz egal. Das mag ich natürlich
sehr.
Dann also mit frischem Rotschopf in Windeseile (oder was das halt in meinem Tempo ist,
wenn ich mich beeil) zur Markthalle. Warum die Eile? Na bin erst um halb zwölf beim
Friseur eingetrudelt, wollte ja nur einen Termin ausmachen, der aber sagt, dableiben,
mach ma gleich und so wars dann schon halb eins vorbei. Und das wird knapp mit dem
Fisch. HÄ? Was will’s jetzt mit Fisch? Ach so – Samstagstermin beim Fischmann! Der war
eh schon traurig, dass ich nicht da war, sagt er. Also der Fischmann heißt, glaub ich,
Antonio. Es gibt in der Markthalle zwei Fischhändler, der eine schaut ganz normal aus,
kann nix besonderes, aber der andere…dem hängt immer irgendwie das Gwand aus der
Hose, oder findet irgendwas nicht, oder er hat vergessen, was er dir verkauft hat, dann
hat er noch eine lustige Lockenfrisur und außerdem noch eine blaue Brille, was irgendwie
ganz absurd ausschaut im Fischstand. Aber wir haben uns auf den ersten Blick hin sehr
gut verstanden und er winkt mir schon, wenn ich die Halle betret. Vor allem – als ich das
erste Mal da war, war er nicht da, da war er grad tratschen beim Gemüsemann und kam
dann eilends singend und pfeifend angestapft, das hat mir natürlich auch gefallen. Das
Foto unten hat Klaus gemacht und da hat der Fischmann ganz auf ernsthaft getan, war
irgendwie eingeschüchtert oder so…
Ah ja…und dann gab’s grad noch eine Dorade für mich und einige Langostinos, mehr
wollt ich eh nicht, also alles bestens. Dann zur Feier des Tages ein Grillhenderl geleistet,
das Halbe kostet fünf Euro, was im Verhältnis sehr teuer ist (z.B. zwei große Sackerl voll
mit Gemüse 6 Euro, beim Fischmann 5 Euro), aber Fr – So gibt’s frische Grillhenderl
genau am Weg zur Markthalle und wenn ich schon hungrig bin… na gut, also heim mit
allem Zeugs, Henderl essen MMMMHHHH, dann aber nicht arbeiten, was ich eigentlich
sollte (diesmal fürs Büro zu Haus), sondern raus in die Sonne, denn…es hat ganze Woche
schon tagsüber 23 - 27 Grad und ist unglaublich heiß ☺☺☺☺☺ (abends hat’s 10 – 12
Grad und nach dem Kälteeinbruch in der Vorwoche ist alles wieder auf Spätsommer
hier):
Avendia España Samstag Nachmittag
Alle Menschen sind heute draußen, es ist richtige Kirtagstimmung, schade, dass ich euch
den Lärmpegel nicht übermitteln kann, das ist ganz unbeschreiblich, wie viel, wie laut,
wie angeregt die Leute hier reden. Und immer sind alle Generationen dabei, die, die noch
nicht gehen können genau so wie die, die kaum mehr gehen können. Dieses Wochenende
gab’s noch dazu einen Bücherflohmarkt, ich hab mir ganz mutig zwei spanische Bücher
gekauft, eines hab ich schon zu lesen begonnen. Derweil kenn ich mich aus, ein junger
Spanier beschreibt sein Austauschjahr in Amerika, da ham wir ja vielleicht was
gemeinsam…
Jetzt mach ich Pause mit Schreiben – geh ins Theater „Anacleto lässt sich scheiden“. Mal
schauen, was das wird. Bis dann! (und ich zieh meinen nagelneuen Pullover an!) ….4
Stunden später….Denn am Dienstag Abend seh ich in einer der Auslagen (Geschäfte
gibt’s hier sehr sehr viele und auch etliche ganz nette dabei) eine graue Wolljacke. Die
will ich haben! Also Mittwoch früh ausmarschiert, Jacke probieren – passt, was ein
Wunder ist, denn die spanischen Größen und ich sind ja grad nicht so kompatibel, so
gibt’s z.B. auch kaum Schuhe in Größe 40, meist nur 37/38! Dazu dann einen Pullover
und noch Dies und Das, liegt ja immer soviel Zeug herum in diesen Boutiquen…damit
weniger herumliegt, hab ich einen großen Sack voll mit nach Hause genommen und die
Sachen schön in meinen Kasten eingeschlichtet – und bin sehr glücklich mit meinen
Schätzen. Obwohl eben wegen Hitze tagsüber im Moment nicht tragbar. Soll aber nix
Schlimmeres passieren.
Also zurück zum heutigen Nachmittag: nach Bücher kaufen und sonnig im Kaffeehaus
sitzen – 1 Kaffee 1 Euro, das ist nett – zieht’s mich doch noch in die Straße mit den
Ledergeschäften. Ubrique ist ja ziemlich bekannt als Heimat der Lederverarbeitung, es
gibt auch immer noch einige Betriebe, die auch sehr schöne Sachen (Taschen!) machen.
Aber wie das so ist mit diesen „Humankapital intensiven Wirtschaftsbetrieben“, sie
sterben bei uns aus, weil aus Asien alles viel billiger daher kommt und wir ja so gerne
billig kaufen. Es gibt auch täglich Touristen, die durch die Läden schlendern und auch von
mir sofort als Touristen erkannt werden – weil ich bin ja eine „Einheimische“, ha.
Ich hab also eine Mission: ich erhalte die Lederboutiquen! Wohl nicht so ganz, aber einige
kleine Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke hab ich schon gekauft, für große haben
meine verbliebenen 90 Euro nicht gereicht. So bin ich aber immerhin schon im Besitz von
etlichen Weihnachtsgeschenken was erstaunlich ist, auch in Anbetracht dessen, dass es
hier noch so sommerlich ist. Aber zumindest mein Geld ist futsch –fast!
Weil eben heute wieder Theaterabend in Ubrique war, das heißt, es kommt eine fertige
Produktion als Gastspiel. Gibt so einen Zyklus, 5 oder 6 Stücke werden gespielt und das
heutige hat erträglich geklungen. Außerdem wollt ich natürlich mal sehen, wie das Ganze
hier vor sich geht. Donnerstag Abend gibt’s öfter mal Kino, aber da arbeit ich immer, das
geht sich nie aus.
Es gibt also einen ziemlich großen Saal, ausgestattet wie ein Kino, aber auch mit
Theaterbühne und –technik, mit rund 400 Sitzplätzen. Alles war knallvoll. Als ich
hingekommen bin, hab ich mich brav in die Reihe gestellt, dabei geseh’n, dass die Leute
schon alle Karten haben. Na wart ich halt, bis ich zum Einlass vor komm, um zu fragen,
ob’s noch Karten gibt. Kommen zwei Frauen, fragen mich, ob ich eine Karte brauch, sie
haben eine übrig. Ja, brauch ich, sehr schön. Geld? Nein, nein, Geld nehmen sie keines,
wär ja sonst auch verloren… Danke, Danke! (6 Euro eingespart). Dann war das noch der
erste Platz in der ersten Reihe, neben zwei lieben älteren Damen. Das Stück selber ist ein
richtiger Volkstheaterschwank, ich hatte schon mit ganz schlimmem Brachialhumor
gerechnet, aber es war nur fast der Schlimmste, von dem ich dann auch fast nix
verstanden hab, aber ich hab mich trotzdem gut ausgekannt, so schwierig war’s nicht.
War also ein schöner Abend, mit einem netten Erlebnis dazu und der Bildungsauftrag ist
auch erfüllt!
Das ist der unglaubliche Abendhimmel von Sonntag, so gegen 19 Uhr. Auch am Sonntag
(der jetzt schon fast gestern war, weils jetzt Montag, 4.15 Uhr ist) war’s wieder
wunderschön und ich war mal wieder wanderwärts unterwegs. Wisst ihr eigentlich schon,
dass es ab 12. März immer heißen wird: wir haben, wir waren, etc.??????? Nein? Also
Hirsi kommt und wird dann bis Mai dableiben! Davor kommen noch Kathrin und Olli,
danach kommen vielleicht auch noch welche…mal sehen. Das Gästezimmer ist auf jeden
Fall bereit!
Bis dann, ihr Lieben alle und zum Schluss noch eine Nachricht von zu Haus: unser Pezi –
oder Peter, wie ihr wollt – hat den 1. Preis in der Kategorie „Serie“ bei einem
landesweiten Fotowettbewerb gewonnen! APPLAUS APPLAUS APPLAUS