Boris GodunowModest Mussorgskij
PrologErstes BildDer Aufseher Nikititsch zwingt das Volk, im Hof des Nowodewitschij-Klosters Bittgesänge anzustimmen, damit Boris, der sich im Kloster befindet, die Krone annimmt, die er bisher abge-lehnt hat. Schtschelkalow, Geheimschreiber der Duma, der Versammlung der adligen Bojaren,
verkundet, dass sich Boris noch immer weigert. Vorbeiziehende Pilger fordern das Volk zu einer
Bittprozession auf.
Zweites BildAngeleitet von dem Bojaren Wassilij Schujskij jubelt das Volk dem eben gekrönten Zaren Boris
zu. Dieser wird von dusteren Vorahnungen heimgesucht. Beklommen bittet er Gott um den Segen
fur seine kunftige Herrschaft. Dann lädt er das ganze Volk zum Krönungsfest.
Erster AufzugErstes BildPimen, ein alter Mönch, schreibt tief in der Nacht an seiner Chronik der russischen Geschichte. Er
ist fast in der Gegenwart angelangt und arbeitet am Bericht uber den Mord am damals achtjähri-
gen Zarewitsch Dimitrij in Uglitsch. Boris soll diesen jungsten Sohn Iwans des Schrecklichen um-
gebracht haben, um selbst an die Macht zu gelangen. Grigorij Otrepjew, Pimens Schuler, erwacht
und erzählt von seinem Traum, der sich Nacht fur Nacht wiederholt: Er sieht sich selbst eine steile
Treppe hinaufsteigen, ganz Moskau liegt ihm zu Fussen, doch die Menge verlacht ihn, und er
sturzt kopfuber hinab. Pimen erzählt dem Novizen von Boris’ Freveltat und erwähnt dabei, dass
der ermordete Zarewitsch, lebte er noch, so alt wäre wie Grigorij. Dieser schwört Rache an Boris.
Zweites BildMissail und Warlaam, zwei Bettelmönche, haben den inzwischen aus dem Kloster entflohenen
Grigorij an die litauische Grenze begleitet, die er schnellstmöglich uberschreiten will, um von Polen
aus als Zarewitsch Dimitrij Anspruche auf den russischen Thron anzumelden. Von der Wirtin
erfährt er denWeg nach Litauen und die Tatsache, dass bereits nach ihm gesucht wird. Kurz dar-
auf treten Wachsoldaten ein und lassen Grigorij den Haftbefehl vorlesen. Dieser liest absichtlich
falsch vor und lenkt den Verdacht auf Warlaam. So beschuldigt, entziffert Warlaam selbst mit
Muhe den Haftbefehl, wobei sich herausstellt, dass die Beschreibung des Gesuchten auf Grigorij
passt; dieser nutzt die allgemeine Verwirrung und flieht.
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Zweiter AufzugErstes BildBoris regiert seit nunmehr sechs Jahren, doch die Regentschaft ist nicht glucklich; das Land wird
von Hungersnöten heimgesucht, und fur jegliches Ungluck macht man den Zaren Boris verant-
wortlich.
Die Zarewna Xenia beweint ihren toten Bräutigam, ihr Bruder Fjodor und die Amme versuchen,
sie mit Liedern zu trösten. Da tritt Boris ein; gequält von seinem schlechten Gewissen glaubt er,
dass die Ursache fur alles Ungluck im Land und in seiner Familie in seinem Verbrechen zu suchen
sei. Bald darauf bringt Furst Schujskij die Nachricht, dass ein Usurpator aus Polen nahe, der sich
als Dimitrij ausgibt. Boris lässt sich von Schujskij, dem einzigen Mitwisser seiner Tat, bestätigen,
dass der Zarewitsch damals in Uglitsch wirklich ermordet wurde. Schujskij nutzt die Situation ge-
schickt aus, um psychologisch Druck auf den Zaren auszuuben. Als Schujskij sich zuruckzieht,
wird Boris von der Verzweiflung ubermannt und von schrecklichen Visionen – Bildern des ermor-
deten Zarewitschs – heimgesucht.
Dritter AufzugErstes BildDie schöne Polin Marina Mnischek setzt all ihren Ehrgeiz daran, Zarin inMoskau zu werden; der
falsche Dimitrij, vormals Grigorij Otrepjew, soll ihr dazu verhelfen, indem er sie zu seiner Frau
macht. Der Jesuit Rangoni macht sich dies fur seine eigene Intrige zunutze: Er verlangt von Ma-
rina, dass sie Dimitrij, der ihren Reizen längst erlegen ist, dazu bringt, den Katholizismus in Rus-
sland einzufuhren.
Zweites BildDimitrij wartet sehnsuchtig auf Marina. Statt ihrer erscheint Rangoni, um seine Intrige weiterzu-spinnen. Unter den Klängen einer Polonaise betritt Marina mit Gefolge den Garten. Anschliessend
kommt es zu einer Begegnung zwischen dem falschen Dimitrij und Marina, während der Marina
ihrem Geliebten eröffnet, dass sie einzig und allein an Russlands Krone interessiert ist; sie
schwenkt dann aber um und behauptet, Dimitrij ebenfalls zu lieben. Von ferne beobachtet Rangoni
das Gelingen seiner Intrige.
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Vierter AufzugErstes BildDas hungernde Volk wartet vor der Kathedrale auf den Zaren. Mitjucha erzählt, während der
Messe sei Grigorij Otrepjew verflucht worden. Im Volk sind die Meinungen uber den Usurpator
gespalten. Kinder verspotten den Gottesnarren und nehmen ihm seine letzte Kopeke weg. Boris
Godunow hört die Klage des Gottesnarren im Gedränge des Volkes, das ihn um Brot anfleht.
Der Gottesnarr bittet Boris, diese Kinder schlachten zu lassen wie einst den Zarewitsch. Schujskij
will den Gottesnarren festnehmen lassen, doch Boris sieht in ihm einen Heiligen, der fur ihn
beten soll. Der Gottesnarr weist diese Bitte zuruck: Er durfe nicht fur den Zar Herodes beten.
Zweites BildBoris hat eine ausserordentliche Sitzung der Bojaren einberufen, um uber das Schicksal des gegen
Moskau vorruckenden Usurpators zu beraten. Die Bojaren verhängen die Todesstrafe.
Schujskij kommt zu spät zur Sitzung und beteuert, er mache sich grosse Sorgen um Boris; er
habe ihn in einem Anfall von Wahnsinn beobachtet. Die Bojaren vertrauen Schujskij nicht, doch
als Boris auftaucht, der sich vom Zarewitsch Dimitrij verfolgt glaubt, sind sie fassungslos. Um
seine psychologische Intrige auf die Spitze zu treiben, hat Schujskij Pimen kommen lassen, der
von einem Wunder am Grab des Zarewitsch Dimitrij berichtet. Boris bricht zusammen und ruft
nach seinem Sohn. Sterbend ubergibt er Fjodor die Macht.
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