Thema:
Die Weimarer Republik zwischen Konsolidierung und Zerstörung:
Wirtschaftsentwicklung Weltwirtschaftskrise
Aufstieg des Nationalsozialismus
Gliederung
1. Das Inflationsjahrzehnt 1914-1924
2. Die goldenen zwanziger Jahre 1924-1929
3. Wirtschaftspolitik Weimar
4. Die totale Krise 1930-1933
1. Das Inflationsjahrzehnt 1.1 Phasen
1. Kriegsinflation 1914-1918
2. Demobilmachungsinflation 1919-1921
3. Hyperinflation ab 1922
1. Das Inflationsjahrzehnt 1.2 Ursachen: Kriegsinflation
Kaufkraftverlust der Mark Schwächung auf dem internationalen Devisenmarkt
Kriegskosten durch inflationäre Maßnahmen abgedeckt Kriegsanleihen (Kredite), die nach dem „Endsieg“ durch
Reparationszahlungen der Verlierer zurückgezahlt werden sollten 155 Milliarden Mark Schulden
Hohe Verschuldung des Staates bei Bürgern des Mittelstandes (1913 13 Milliarden, 1919 144 Milliarden) durch Kosten des Krieges
Erhöhung des zirkulierenden Geldvolumens 1919 rasanteste Geldentwertung der Geschichte
1. Das Inflationsjahrzehnt 1.2 Ursachen: Demobilmachungsi.
Notwendig: Spar- und Verzichtkurs der Regierung und radikaler Währungsschnitt
ABER: hohe Kriegsfolgelasten
Entschädigung der Kriegsopfer Entschädigung deutscher Umsiedler Unterstützung der Familien gefallener Soldaten und Kriegsinvaliden „Auffangen“ arbeitsloser Soldaten Reparationszahlungen
1920 Wert der Mark sinkt Inflationsschub feiert in Deutschland aktuelle Erfolge (Erholung der Wirtschaft), Alliierten stolpern in eine Weltwirtschaftkrise
1. Das Inflationsjahrzehnt 1.2 Ursachen
http://www.lsg.musin.de/geschichte/geschichte/9-wr/weimarer_republik_projekt/inflation/graph.htm
1. Das Inflationsjahrzehnt 1.2 Ursachen: Hyperinflation
Inflation beschleunigt sich dramatisch beständiges Drucken von neuen Geld Geldumlauf stehen keine Waren gegenüber Papiergeld verlor Wert
1. Das Inflationsjahrzehnt 1.3 Folgen
Größere Arbeitslosigkeit und Hungerunruhen Ausbreitung von Schiebertum + Notkriminalität Verschärfung innergesellschaftlicher Spannungen
1. Das Inflationsjahrzehnt 1.3 Folgen
http://www.bundesarchiv.de/aktenreichskanzlei/1919-1933/0001/cun/cun1p/images/Bild%20146-1971-109-42_big.jpg
1. Das Inflationsjahrzehnt 1.3 Folgen
Gewinner1. Staat (Entledigung der Schulden)
Begünstigung Gründung zahlreicher neuer Versicherungsunternehmen (billige Kredite große Investitionen)
2. Obere Besitzklassen und Unternehmer: Konzernbildungen Bsp. Hugo Stinnes
Deutsche Exportunternehmen ab 1921 Exportboom durch Preisvorteile auf Weltmarkt durch Währungsverfall
Hypothekenschuldner (Bsp. Bauern) Verpflichtungen mit wertlosem Geld begleichen
3. Schwarzmarkthändler
1. Das Inflationsjahrzehnt 1.3 Folgen
Arbeiter höhere Reallöhne Verbesserung ungelernter Arbeiter gegenüber
Facharbeitern ABER Lebensniveau sehr kärglich
1. Das Inflationsjahrzehnt 1.3 Folgen
Verlierer langfristig angelegtes Geldvermögen (Bürgertum,
Intellektuelle) Gehaltsabhängige Mittelschicht (Angestellte und
Beamte) Rentner und Bezieher von Fürsorgeleistungen Verlust des Vertrauens in die W.R. !
Nostalgische Verklärung des Kaiserreichs!
2. Die Goldenen Zwanziger Jahre 1924-1929Licht- und Schattenseiten
langfristig angelegtes Geldvermögen (Bürgertum, Intellektuelle)
wirtschaftlicher Aufschwung, durch Währungsreform, Dawes-Plan 1924, Young-Plan 1930, ausländische Kredite
stetiger Anstieg von Produktion (Automobilbau als neuer industrieller Führungssektor!), Konsum, Volkseinkommen
rasantes Wachstum in: elektrotechnischen, chemischen Industrie und neue Industriezweigen, wie Automobil- und Flugzeugbau, Messing-, Aluminium- und Kunstseideherstellung
2. Die Goldenen Zwanziger Jahre 1924-1929Licht- und Schattenseiten
Großprojekte: Luftschiff „Graf Zeppelin“, Passagierschiff „Bremen“ und Verkehrsflugzeug „Dornier DO X“
2. Die Goldenen Zwanziger Jahre 1924-1929Licht- und Schattenseiten
1928/29 erreichten Industrieproduktion und Löhne insgesamt wieder das Vorkriegsniveau, bei deutlich verringerter Wochenarbeitszeit
Der Reichshaushalt war, trotz der Reparationsbelastungen, stets annähernd ausgeglichen
ABER (auch Schattenseite): stets hohe Arbeitslosigkeit (mehr als 10 %), v. a. bei jungen Arbeitnehmern, z. 1. mal Dauerarbeitslosigkeit); Rationalisierung auf breiter Front Wegfall von Arbeitsplätzen (TAYLORISMUS, FORDISMUS)
2. Die Goldenen Zwanziger Jahre 1924-1929Licht- und Schattenseiten
Frauen: 35,6 % der Frauen berufstätig Hausangestellte, Fließbandarbeiterin,
Verkäuferin, Sekretärin selten in akademischen oder freien Berufen „Neue Frau“: kurzgeschnittener Bubikopf, modisch gekleidet, männliche
Symbole wie Rauchen, Sporttreiben oder Autofahren, moderne Einstellung zur Sexualität, sowie Wunsch nach Geburtenreglung und legalem Schwangerschaftsabbruch
keinen Anspruch auf soziale Sicherung, überlange Arbeitszeiten und im Durchschnitt nur 2/3 der Männerlöhne
Einwilligung des Ehemannes Übergangsstadium bis zur Ehe Der größte Anteil der Frauen, vor allem auf dem Land, war dennoch nicht
berufstätig
2. Die Goldenen Zwanziger Jahre 1924-1929Licht- und Schattenseiten
2. Die Goldenen Zwanziger Jahre 1924-1929Licht- und Schattenseiten
Kulturelle Blütezeit Alltag durch konsum- und freizeitorientierten Massenkultur bestimmt neuen Medien Bedürfnis der Menschen nach Unterhaltung und Entspannung
befriedigt Presse Spitzenstellung: 1928 erschienen 3356 verschiedene Tageszeitungen,
allerdings wurden nur 26 in mehr als 100.000 Exemplaren gedruckt Gattungen des Films (z. B. Horror-, Heimat, Dokumentarfilm, usw.) Zahlreiche
deutsche Produktionen erlangten internationale Anerkennung. Dominierend waren international aber die amerikanischen Filme.
Zu dieser Zeit gingen ca. 2 Mio. Menschen in die Kinos. Bis Ende 1930: 900 Lichtspielhäuser mit 600.000 Sitzplätzen
Rundfunk: Anfang 1924 10.000 Rundfunkteilnehmer, 1932 bereits über 4 Mio. Zusammen mit den Schallplatten Verbreitung sich schnell abwechselnder Schlager und Tänze wie des Charleston oder des beliebten Shimmy.
3. Wirtschaftspolitik Weimars3.1 Korporatismus
Korporatismus = ein politisches und öko-nomisches System, bei dem sich die In-teressengruppen nicht feindselig gegenüber-stehen, idealer Weise gibt es keine Streiks und keine Aussperrungen. Löhne und Arbeitsbe-dingungen werden gemeinsam friedlich ausgehandelt.
3. Wirtschaftspolitik Weimars3.1 Korporatismus
Stinnes-Legien-Abkommen (15.11.1918)
Begründung der ZAG (Zentrale Arbeitsgemeinschaft) Gewerkschaften = Interessenvertreter der Arbeiter 8h Arbeitstag
Carl Legien (links)
Hugo Stinnes (rechts)
http://www.dhm.de/lemo/objekte/pict
3. Wirtschaftspolitik Weimars3.1 Korporatismus
Einführung des Schlichtungswesen 1919 Ziele
rollback vom 8h Tag verhindern keine Streiks / Aussperrungen
Folgen Verharrung auf den Positionen Verleumdung der Kompromisse Politisierung der Tarifkonflikte
3. Wirtschaftspolitik Weimars3.2 Kranke Wirtschaft Weimars
Typische Ursachen dieser Zeit Versailler Vertrag „hausgemachte Schwierigkeiten“
3. Wirtschaftspolitik Weimars3.2 Kranke Wirtschaft Weimars
„hausgemachte Schwierigkeiten“ Schwacher Export und Binnenmarkt Wenig Investitionsbereitschaft Hohe Soziallasten
3. Wirtschaftspolitik Weimars3.2 Kranke Wirtschaft Weimars
Einführung der Arbeitslosenversicherung 1927 Beiträge teilen sich AG und AN Wichtige sozialpolitische Forderung der Gewerkschaften 1927 konjunkturelle Hochphase
3. Wirtschaftspolitik Weimars3.2 Kranke Wirtschaft Weimars
„hausgemachte Schwierigkeiten“ Schwacher Export und Binnenmarkt Wenig Investitionsbereitschaft Hohe Soziallasten Direkte Verteilungskonflikte
Hohe Lohnquote 8h Arbeitstag Keine besseren Lebensbedingungen für Arbeiter
3. Wirtschaftspolitik Weimars3.3 Wende gegen Gewerkschaftsstaat
Inflation = materielle Grundlage für Korporatismus Unternehmer wälzen Kosten auf Preise ab Staat finanziert Sozialleistungen mit „leichtem“ Geld
3. Wirtschaftspolitik Weimars3.3 Wende gegen Gewerkschaftsstaat
Verteilungsspielräume immer enger Verteilungskonflikt Umverteilungskampf
Positionen verhärten sich Unternehmer: unumschränkte Handlungsmöglichkeit
Ruf nach Zerstörung der Republik wird lauter
4. Die totale Krise 1930-33
Wirtschaftliche Systemkrise verschränkt mit Politischer Legitimationskrise
4. Die totale Krise4.1 Ursachen
Konjunkturabschwung Kein vollständiger Konjunkturzyklus (1924 -1926)
Strukturkrise der Nachkriegszeit ungelöst Spezif. Belastungen aus Konsolidierungs- + Rekonstruktionsmaßnahmen (20er Jahre)
Binnenwirt. Belastung/Blockade Arbeitslosigkeit hoch Investitionsneigung niedrig Krieg um Lohn und Gewinnanteile am Volkseinkommen
Außenwirt. Belastung Spannungsdreieck Londoner, Pariser + NY Börsen Aufgeblähter Finanzzyklus von amerik. Krediten, deut. Reparationszahlungen + franz.
Kreditrückzahlungen an USA Besondere Abhängigkeit von Auslandskrediten -> NY Börsen-Krach trifft Deut.
besonders hart
Deutsche Wirtschaftsanleihen aus dem Ausland 1924-1932; Quelle: www.dhm.de
4. Die totale Krise4.2 Verlauf
Beginn: „Schwarzer Freitag“ – NY Börsenkrach (15.10.1929) konjunkturelle Talsohle: Sommer 1932 Massenarbeitslosigkeit
Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise 1928-1934 ; Quelle: www.dhm.de
Arbeitslose 1921 – 1939; Quelle: www.dhm.de
4. Die totale Krise4.3 Krisenbekämpfung oder
Krisenverschärfung?Deflationspolitik der
Regierung Brüning
=> Sanierung des Haushalts durch: Senkung der öff. Ausgaben Kürzung von Löhnen + Gehältern Reduzierung der Arbeitslosenversicherung Erhöhung der Steuern
=> Krise als Mittel zur Durchsetzung polit. Ziele:
Innenpolit. Ziele innenpolitische Wende Bereinigung der sozialpolit. Szene
Außenpolit. Ziele Beendigung der Reparationszahlungen Verschärfung der deut. Revisionspolitik
(Zollunion mit Österreich)
4. Die totale Krise4.4 Auswirkungen Soziale Verelendung + Verunsicherung der ges. deut.
Gesellschaft
Zusammenbruch der eig. biographischen Perspektive, Entwürdigungsgefühl + Statusverlust
Faktische Rechtsunsicherheit + Ausgeliefertsein an anonyme Behördenmächte
Einbezug der Arbeitslosen in Gruppen gleichgesinnter Schicksalsgenossen:
Organisationsdisziplin ersetzt Arbeitsdisziplin Kampfverbände + radikale Parteien als kollektive Sinnstifter
=>Hohe Symbolische Bedeutung: militär. Zusammenbruch + polit. Umwälzungen kaum
verarbeitet zweiter wirt. Zusammenbruch innerhalb von 10 Jahren
Arbeits-und Obdachlos (um 1930); Quelle: www.dhm.de
Der graue Corps (Jugendverband, ca.1930)
Kampfverband der KPD; Quelle: www.willy-brandt.orgResignation und Diskussion (um 1930); Quelle: www.dhm.deDie Verzweifelte (um 1930); Quelle: www.dhm.de
4. Die totale Krise4.5 Fazit
WWK bündelt polit. Endkrise der WR auf zwei Ebenen….. Unten: Radikalisierung der Massen Oben: Versuch der endgültigen Revision der Grundentscheidungen von
1918 durch die alten Eliten
....und dient somit als Katalysator des Endes: