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Uber den Verlauf der Reaktion zwischen Silber und Sulfid- (He par p rob e .)

Von FRIEDRICH L. HAHN. Mit 2 Figuren im Text.

Es ist eine allgemein belianntc Reaktion auf Schwefelverbin- dungen, da13 inan (lie zu priifende Snbstanz, meist im Gemisch init Soda , der Redubtionsflainme aussetzt und die erhaltene Schmelze init ctmas Wasser befeuchtd auf eine Silbermunze bringt. Bei Anwesenheit von Schwefel mtsteht ein schwarzer Fleck. VC'elche Reakt,ion sich aber bei dieser Heparprobe oder bei der SchwBrzung von Silber clurch Schwefelwasserstoff abspielt, daruber scheint vijllige Unsicherheit zu herrschcn Ein Teil cler bckanntesten h h r - bucher und Praktikumsanleitungen gibt an, da13 det Luftsauer- stoff clabei niitwirke und formuliert :

2Ag + H2S + 0 = Ag,S + H,O bzw. 2Ag + Na,S + H,O + 0 = Ag2S + 2h'ajOH,

so: H. BILTZ und TREADWELL, cler eusdriiclilich angibt, daB die fichwSrzung bei LuftabschluB ausbleibt,, antlere clagegen

2Ag + H,S = Ag2S + H, ~ Z W .

2Ag + Na,S + 2H20 = Ag2S + 2YaOH -:- H,,

SO : MILLER-KILIANI~, SCHMIDT.~ W. OSTWALD erkliirt in seiner ,,Schule der Chen~ie ' '~ aus-

drucklich, die Verwandtschaft des Silbcrs (ebenso die des Kupfers) zum Schwefel sei so groB, dal3 cliese Metalle aus Schwefelwasser- stoff Wasserstoff freiniaehen kiiniiten und KNOEVENACEL~ gibt ebenso bestimmt an, cl:& die Realition bei Luftzutritt nach der ersten, bei Sauerstoffabschlufi nnch der zwciten Formel verlaufe.

2. Aufl. (1891), S.335. 7. Aufl. (1911), S. 37. 2 (1904), S. 118.

' 2. Aufl. (1909), S. 316.

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Anf welche esprrimentelle Grundlagen diese Auffassung zuruck- geht, habe ich in der Literatur nicht feststellen konnen. GMELIN- K R A U T ~ erwiihnt eine Arbeit von J. &I. ( A B E L L ~ , der nachgewiesen ha.t, daB vollig trockener Schwefelwasserstoff auf Silber nicht ein- wirkt. Er hat blankes Silber erst im Trakuuni, dann ini Wasserstoff- strom erhitzt und darauf 4 Monate bei Sommerteniperatur mit Schwefelwasserstoff in Beriihrung gelassen, ohne daB eine nierk- liche Veranderung pintrat. Bei diesen Yersuchen war also nicht nur die Feuchtigbeit, sondern vor allem auch der Sauerstoff o m - geschlossen. Da13 hierin das Wesentliche liegt, zeigen Versuche von ~ ~ E R Z und WEITH~, die feststellten, daB weder Schwefelwasser- stoffwasser (selbst bei 200° nieht) noch trockner Sehwefelwasser- stoff auf Silber einwirken, falls Sauerstoffzutritt verhindert wird, daB dagegen bei Luftzutritt Schwiirzung erfolgt.

Da nun, wie oben erwiihnt, in neueren Buchern imnier noch die Formulierung niit Wasserstoffentwicklung angegeben wird, habe ich den Reaktionsverlauf nochmals uiiter allen VorsichtfsInaBregeln untersucht und kann die Rrgebnisse ron MERZ und WEITH nur voll urid ganz bestiitigen. Selbst bei stundenlangeni Iiochen entwickelt inolekulares Silber mit Natriumsulfidlosnng keinev Wasserstoff. Ebensowenig wird ein Silberblech in einer Atmosphare von sauer- stoffreiem Scbwefelwasserstoff geschwarzt, auch nicht wsnn Feuchtig- keit zugegen ist. Benetzt man es nun n i t sauerstoffhaltigem Wesser so tritt langsem Schwa.rzung ein, augenblicklich dagegen, wenn man clem Wasser ein wenig Wasserstoffsuperoxyd zusetzt. (V'asser- stoffsuperosyd allein wird von Silber nur katalytisch zersetzt, ohne daB an dem Silber irgendeine Veranderung zu sehen ist.) In dieser Form ist, der Versuch gut zur Vorfuhrung geeignet.

Verauchsanordnung. I. Es wurde ein zu gasvolumetrischen Bestimmungen ge-

eigneter Apparat benutzt. Figur l. (Vgl. STOCK-STAHLER, Prak- tikum. 1909. S. 140.)

In dem Kolben A wurden 2 g molekulares Silber mit etwa 100 om3 Wasser ausgekocht, bis keine Luft mehr entwich, d a m die Flamme entfernt und durch den vorher mit luftfcei ausgekochtem

1 7. Aufl., Bd. 5, 11, S. 73. a Chemikal News 50, 208; Jahresbericht 1884, 449. a Zeitschr. f. Chemie und Pharmazie 12 (l869), 241. (Neue Folge Bd. 5.)

GMELIN-KRAUT, Bd. 1, I, S. 397.

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Wasser pfiiilten Trichter 5 g Natriumsulfid in konzentsierter Lij- sung zugegeben, darauf weitergekocht . Es konnte niemals eine ~VnsserstoffmtTuicklung beobachtet werden, und die Farbe des Silbers murde nicht wahmehmbar verandert. Wurde der Kolben geiiffnet uncl der Inhalt durchgeschuttelt, so nahm das Silber so- fort eine immer dunkler -werdende Fnrbe an.

Pig. 1.

Nebenbei sei erwahnt, d0W diese Apparatur einen prinzipiellen Fehler zu haben scheint, dessen Grund zu ermitteln mir allerdings iiicht gelungen ist. Er storte bei dieser Untersuchung nicht, konnte aber bei einer genaueren gasvolumetrischen Bestimmung sich un- angenehm bemerkbar machen. Es ist mir nie gelungen, den Appz- rat, vollig luftfrei xu bekommen. Er wurde stundenlang ausgekocht,, teilweise bei vermindert,em Druck und es ging langere Zeit keine Luft mehr uber. Wurde aber nun der Kolben abkuhlen gelassen, SO da13 allmahlich der Druck bis auf etwa 3 W O ern Unterdruck sank, und nun nach einiger Zrit wieder erhitzt, so gingen regel-

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mallig wieder 2 - 3 kleine Luft blasen iibrr. Noch deutlicher zeigte sich das, wenn sul3erdeni noch rtwas sehr lange ausgekochtes Wasser durch den Tropftrichter zugegeben wurde. Dabei wurde Kolben und Gummistopfen grwechselt, die Stopfen waren von tsdelloser Beschaffenheit und wurden uberdies an den Bohrungsn und am Rande mit Wasser bedeckt gehalten. Auch der Tropf- trichterhahn schlol3 dicht, denn das Rohr blieb dauernd mit einer zusammenhangmden Wassersaule gefullt. Trotzdem wurden diese

Fig. 2.

Luftblasen unmittelbar nitch dem Anheizen iinmer wieder beob- achtet. So kani es such, daB sofort, nach Zugabe der Yulfidlosung stets ein paar lileine Luftblasen iibergingen ; dann konnte aber tla,s Kochen stundenlsng fortgesetzt werden, ohne dal3 noch die ge- ringste Menge Gas entwickelt wurde.

11. Der Iiolben K (Fig. ‘2) ist mit einer Zufuhrungs- und einer Ableitungsrohre fur Gas versehen, aul3erdem geht durch eine drit,to Bohrung des Stopfens ein Tropftrichter, an dessen unterem Ende cin Silberblech niit einem Silberdraht so befestigt ist, dal3 es die Spitze des Rohres beriihrt. Dal3 Rohr wird mit ausgekochteni Wasser gefiillt. Nun wircl zunachst luftfreier Miasserstoff durch den Kolben geleitet (gewaschen mit verdunnter Xatronlaugc.) und

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wenn die Luft verdrangt ist, an dem Tonrohr T entziindet. Durch das T-Rohr R kann gleichzeitig etwas Leuchtgas zugefuhrt werden, damit nicht infolge des ungleichmafiigen Durchperlens die Flamme erlischt. Dann laBt man durch den Dreiweghahn D statt des Wasserstoffs Schwefelwasserstoff (gewaschen mit Natriumsulfid- losung) zustromen, bis die 3’1amme bei T deutlich die blaue Schwefel- farbe annimmt. Man wird auf diese Weise von dein Schwefel- wasserstoff gar nicht belastigt. Das Silberblech bleibt selbst bei langerem Stehm blank, auch dann wenn inan ausgekochtes Wasser daruberrieseln la&. Nimmt man statt dessen sauerstoffgesattig-tes Wasser, so farbt sich allmahlich der benetzte Streifen, etwas lang- samer auch das ubrige Blech dunkler. Setzt man aber dem Wasser ein wenig Wasserstoffsuperoxyd zu, so farbt sich der Streifen augen- blicklich tief schwarz.

Zueammenfaesnng. Weder Schwefelwasserstoff noch Sulfidlijsungen (naturlich nur

wenn sie frei von Polysulfid sind) wirken bei LuftabschluB auf elementares Silber ein. Wasserstoff wird selbst beim Kochen nicht entwickelt. Die schnelle und starke 8chwarzung dw Si lbm bei der Heparprobe beruht also entweder auf Mitwirkung des Luft- sauerstoffs oder auf dem Vorhandensein von schwefelreicheren Ver- bindungen in der Schmelze.

3rankfurt a. M., Chemisches Laboratorium der Universitat, Institut des Physikalischen Vereins.

Bei der Redaktion eingegangen am 22. Februar 1916.


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