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wirksamen Fliissigkeiten. 205

4) dafs die chernische Zusammensetzung des Magensafts, einen grohern Gehalt an Salrrriak bcim Hunde A ausgenonimun, riiclit wesenllich veriiiiderl war;

5 ) daTs nach der Durchschncidung Eiweit geliist wurdc, d a t aber die Losung desselben liingere Zeit erforderl, als vorher;

6) dafs, \vie aus den auf die Operalion folgenden Symp- toinen hervorgelit , die Thiere in einen schweren lieberhaften Krankheibzuslanil vwfielen.

(Schlub in1 uiichsten Hefte S. 290.)

IJeber die Beziel~ingen der verbrennlichen Bestand- theile der Nahrung zu detn Lebensprocefs ;

von J. Liebig *).

Die NIthrung allcr Thiere enthiilt nebcn den plaslisclhm Bestandllreileii , aiis deiien &as Bfut und die orgaoisc*hen Gebilde entstehen, stels und unter allen Umslanden eiiie gewisse Alenge stickstoff- und schwefelfreier Substanzen.

Dus Fleisch , \velchcs das fleischfressenrle Tliier verzehrt, enllrall cine gewisse Menge Felt; die Milch enthalt Fell (in der Buttcr] und neben diesein eincn leiclit liryslallisirbarPn Korper, deli Milchaucker, selcher aus den siifsen Molken beim Abdam- pfcn erlralten w i d . Die Nahrang der pflanzcnfressenden Thiere rntliiilt slels cine dem Milchzucker in seiiicrn c*heniischen Ver- hallen iihnliche oiler verwnndte Substanz.

Die Eigenschahen des Milchzuckers als eines Bestandtheils der Milch und eines Producls des thierischen J.elrensprocesses

") Ails dcr dritten Auflage der c l ~ e ~ ~ ~ i s c l ~ e n Bride, S. 456.

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206 L i e b i g , siber cla'e Beziehungeii dev verbrentiliclren

sind von besonderein Interesse; bis jelzt ist der Milchzucker nur in der &lilch urid nacli neucren Unlersucliungen rucli in den Huhnereicrn , wiewolil nur in geringer lcnge , aufgefunden wordcn.

Der Milchzucker koinmt im tlandel in oft zolldicken kry- stal!inischen Krustt-n vor , welchc gewiihnlich wegen iriangelnder Sorgfalt untl Rciriliclikeil bei seiner 1)arslellung gelblich , oft gelbbraun untl von scliniulzigeni Anselicn sind. Diirch eino neire Iiryslallisalion erhiilt inan densel1)en , nanientlich bri Anwandung von Iiohle zuin En1 Pirben dcr Liisung, 1)lendend wcifs, in her- ten, zwischen den Ziihncn krachcndcn , tliirchsclicinc?ntlrn, vier- sritigerr , niit vier Fliichcn zngespilzlen Prisinen.

Der krystallisirlt? Milchzuclier liist sicli in 5 bis G Thrilcn kallern \Yasscr, ohne eincn Syrup zn 1)iIdrn; die Kryslnlle, auf die Zunge gebraclil , besilzen einen schwach. siifsen Geschmacli, in der Liisiing ist rlerselbe ctwas 1iervorstt.cliender. Durch den Milclrzuckcr empfkingl die Milch die Eigenschaft , in gelindw Wlrmc, sich selbsl iiberlassen , in Gllirung ubereugehen. . Die gegohrene Milch liefcrt drirch Destillation einen wahren (sehr iibel nacli liiittersiiure und faulem Kiis riechendcn) ,Brannl\rein, welcher , aus Pfcrtlemilcli bercilet, in der Tartarei und in dein Lande tler liirgisen und I~almulten ganz allgemein iin Gebrauch ist. Die Lcichligkeit, rriit wclchcr tler Milchzucker in Milch- s h e ubergelit , isl von dern Snuerwerden der Milch jederinann bekannt .

Ausgezeiclincl ist die Falrigkeit des Milclizuckers, bei Ge- genwarl von Alkalien Sauerstoff aufzunehincn. Mach1 man aine AutlSsung von Milchzucker durcli Zusatz von Anrmoniak alkalisch und setzt alsdann ein Silhersalz hinzu, so wird Bei gelintlern Erwiirmen das Silberoxyd rcducirt und das Silber auf dem Glase in Gestalt ciiles spiegelntlen Ucbcreugs, otler i n grauen Floclicn niutl~rgesclilagcn. Eine init I(tiIiIi1iige verselate 1,Ssung V O I ~

Milclizriclier lijst Iinpferoxytl n i i t einer schiin hlauen Farbe aitf;

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Bestandtheile Cleo- NaArung BU dern Lebensprocers. 207

cliese Misehung wird in der Warme schiin rolh, idem sich alles Ihpfer als Kupferoxydul abscheidel ; in bciden Fiillen wird der SauersloB des Silberoxyds ganz, der des Kupferoxyds zur Ralfte, von den Bestandtheilen dcs Milclizuckers aufgenominen.

Eine alkalisclie 1.iisung von Milclizuckcr liist Eisenoxyd und andere Melalloxyde nuf; in Beruhrung tlaiiiit wird blauer Intligo enlfiirbt, er liist sich darin zu einer wahrcn Indigkiipe auf.

Durcli den Einflufs vielcr Fermcnle , und besonders leicht in Gegenwart von Iialk wird dio aus dern Milchzuckrr entste- liende Milrhsaure in Bullersiiurc , welclie zii rlrr Gruppe der felten SPuren gehiirl , iibergefuhrt, tlurcli Oxydalion inillelst Sal- petersiiure licfert der Rililchzucker Kohlenslure, Oxalsiiiire und Srhleimsiiure; selzt man zu einer Aufliisung von Milchzucker in Wasser elwas Schwefelsaure, so verwandrlt sirh derselbe sehr rasrh und schnell in Traubcnzucker.

Der kryslallisirle Milclizuckcr enllrhll I(oli1enstoB und die Elemenle des Wassers, Sauersloff und Wasserstoff, in eineni solclien Vcrliiltnifs , dds , wenn wir uns den Wassersloff drs- selhen durcli dessen Acquivalcnle Sailersfoff ersetzt denlren, wir grade auf Kolilcnsiiure erhallen.

Die siifsschmeckenden Friiclile und Pflanzensifle verdanlcen ihren Geschmack tlrei Zuckerarlen , von welclien zwei krystal- lisirbar siiid, wiihrend die tlrille imtner weicli oder von syrup- iihnlichcr Beschaffenheit ist. Die lclztere ist ein Beslandtheil der meislen Friichte ( M i 1scherlichJ Die Runkelruben und Miiliren eiitliallen dieselbe Ziiclterart wie der Sari tles Zuckerrohrs, der Honig enlhiilt drn niiinlichcn Zurker wie die Weinlrauben. Yon tliesen Zuckerarlen ist der Traubenzucker in seinem Verhallen und seiner Zusammenselzung dem Milchzucker am ithnliclislen; in trockiiein Zuslaridc enttillt er die narnlichen Elemenle in dem- selhen Verhaltnissc wie dieser ; i n Beziehuiig auf seine Fiihigkeil in Milchsiiurc? untl Buttersiiure Ubi~rzugelicn und i n seitieni Ver-

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208 L i e b i g , iiber die Bezicliiingeiz der verhennlichen

liallen gcgen Melalloxytle , Silberoxyd , Iiupferoxyd , Eisenoxyd und Indigo ist er tletn Milchzucker viillig gleich.

Der Rohrzucker unlerscheidet sich von dem Milclizucker und Tratibenzucker i n seiner Zusamnienselzung durch die Ele- iiiente von einern Wasseratom, das lctzlere mehr enlliallen, ahrr (lurch Bcruhrung in i t Fermenten oder Sliureri gelit dcrselbe, indein das Tclilende Wasseratom in seine Zusanimensctzung cin- Iritt, mit grofser Leichligkeit in Traubenzucber iiber.

Die in dem Pflanzenreiche verbrrilclsle iind in der Nahrung der Pflanzenfresser am hlufigslen vorkommende Subslanz, welche in tlein ErnlhrungsproceLs die wichligc Rolle des Milchzuckers iibernimmt, ist tlits Ainylon oder Sllrkmelil , ~velclies in seinen Eigenschafkn deinselbcn aiii unahnlichslen zu seyn scheinl.

Das Skirliinelil ist in den Samen der Cetreidcpflanzen und Leguminosen , in R’urzelii urid Iinollen, iai Holze in rundlichen Kiirnclren abgelagert und kann nach dem Zerreiken der Zellen, i n dcnen es eingeschlossen ist , durch Auswasclien wit Wasser ltichl erhallen wcrden. Zerreibl man Karloffeln , oder unreife Aepfel o t l t ~ Birnen , Ihslanien , Eicheln , Reltig , Pfcil\vurzrl, tlas Marl( dcr Segopalnie und wkscht den Rrei auf einem feintvi Sicbe mit Wasscr BUS, so sclzt sich nus dcr weitlich lriibe ablaufenden Fliissigkeit Sliirkinelil in Gestalt cines blendend wrirsen , selir fcinen Pulvcrs all; in deai Handel lroinirit das SIiirktnehl in verscliicdencn Forinen vor : die feinsle Waken- sliirlte ist nnter dein Nanien P d e r bekannl; tler Sugo, das gekiirnle untl in der Ililze gelroclincle und el\vits zusaminrn- gebacliene Sllrkinehl der Sagopaline, Arrow Root, tlas Sli‘irk- nielil drr Pfeilwurzel , I l id ioccn , das Sliirkmelil der Jalroplia Blaniliot (wclche drei Ictzlrren a d dein Conlincnle meistens aus Iiarloffelsllrkriielil beslehen). Allc Arlen Sliirkmelil liaben einerlri Zusaiiiineiiselziingi~ und zeigcn ein glriches cliemisclies Verhallcn. Bis auf das cigeiilhiinilirhe Slarkinclll in rler Alanlwurzel (Inula Heleniuiii) , tler Georginiwknollm untl virler Fleclrlen @en die

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Besiandtheile der Nahwng su d m Lebtwsprocefs. 209

andern init heifsem Wasser einen mehr oder weniger fliissigcn oder gallertartigen Kleister , welcher durch Jodliisungen eine prachtig indigblaue Farbe anniinrnl.

Es ist bekannt, dafs das Stlrkmehl durch den Einflufs des Getreideklebers beim Keimen des Gelreides, oder durch Schwe- felsiiure in Traubenzucker iibergefuhrt wird.

In einem warmen Auszug yon Gerslenmalz wird der Sliirke- kleister sogleich flussig, es enlsteht im bnfang eine dem Gurnmi lhnliche Substanz, bekannt unter dern Namen Stiirkegumrni oder Dextrin , welche bei langerer Einwirkung des lalzauszugs voll- sliindig in Traubenzucker iibergefuhrt wird. Eine ganz ahnliche Wirkung auf das Starkniehl besitzt der lufthaltige Speichel. Eine Mischung yon Speichel rnit Slarkekleister , der Teinperalur des menschlichen Korpers ausgesetzt , wird fliissiger und siit, durch eine entsprechende Menge Speichel kann alles Stiirkrnelrl in Traubenzucker iibergefuhrt werden.

Die Verschiedenheit des Starkmehls und Milchzuckers in ihrer iiufsern Form oder Beschaffenheit wird, wie man hiernach leicht versleht , in dern Verdauungsprocers beinahe ganz aufge- hoben. Die Natur selbst hat, die Einrichlung gelroffen, dafs wahrend des Kauens der sliirkmehlhaltigen Nahrung eine Materie beigemischt wird, durch deren Wirhung in dern Magen das Slarkmehl in eine mit dem Milchzucker in ihrer Zusarnrnen- setzung und Haupteigenschaften nach gleiche Substanz uber- geht.

Die Menge yon Starkinehl in dem Mehl der Gelreidearlen, der Erbsen, Bohnen und Linsen und der Karloffeln ist sehr helrlichtlich. Das Weizen- und Roggenmehl enlhiilt 60 bis 66, die Gersle und Linsen 40 bis 50, das Maisrnehl bis 78, der Reis bis 86 pC., die Kartoffeln (trocken) uber 70 pC. Slark- mehl.

Das Fett der Bolter und des Fleisches enthallen Kohlenstoff und Wasserstoff sehr nahe in dem Verhiltnifs wie das Slarlrrnelil

Aunal. d. Chemie 11. Phnnn. L X X J X . Bd. 1. Heft. 14

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und die Zuckerarlen, die leteleren unlersclieiden sich yon dem Fell hauplsachlicli nur durch eine grorsere Menge Sauerstoff ; auf dit~sc!ll~c Mcnge I~olilenslofl enthiill das Fett beinahe zehnmal weniger Sauersloff ; es is1 defshalb leicht, durch Hinzurechnung von Sauerslofl eine gegebene Mertge Felt in Slarkmehl zu be- rechnen, utid man findel in dieser Weise, d a b 10 Theile Felt 24 Theilen Slarkmehl enlsprechen. In ahnlicher Weise kann man durch Abrechnung von Wasser den Milchzucker in Slark- mehl ausdrucken, und mil Hiilfe dieser Zuriickfuhrung der slick- slofffreien Bestandlheile der Nahrungsmiltel auf gleiche Werthe Amylon lassen sich jetzt leicht die wichtigsten Nahrungsmittel in Beziehung auf das VerhaltniQ an plaslischen und den andern stickslofffreien Beslandlheilen mil einander vergleichen.

Gewichtsverhtihqs der plastischen DZC den stickstofffreien Bestatidtheillen der Nahrungsmittel.

Die Kuhmilch enlhall auf . . 10 : 30 =110,4 Milctizucker

L i e I ig , Giber die Beaiehimgm der verbrmn&ch

plastinehe. stickstofffr. 8,s Felt

,, Frauenmilch ,, ,, . . 10 : 40 ,, Linsen enlhallen ,, . . 10 : 21 ,, Pferdebohnen enthalten auf 10 : 22 ,, Erbsen enlhalten auf. . . 10 : 23

Das Schaffleisch gemiistel auf . 10 : 27 = 11,25 Fett ,, Schweinefleisch gemaslet auf 40 : 30 = 12,5 ,, ,, Ochsenflcisch enthiilt auf . i0 : 17 = 7,oS ,, ,, Hasenfleisch ,, . 10 : 2 = 0,83 ,, ,, Kalbfleisch ,, ,, . 10 : I = 0,41 ,, ,, Weizenmekl ,, ,, . 10 : 46 2) fiafermehl ,, ,, . 40 : 50 ,, Roggenmehl ,, ,, . 10 : 57

Kartoffeln, weil'se enlhallen auf 10 : 86

Der Reis enlh#lt auf . . . . 10 : 123 Das Buchweizenmehl enthllt auf 10 : 130.

Die Gerste ,, ,, . 1 0 : 5 7

,, blrrue ,, m io : 115

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Besiandtheile der N a l m n g zu dena Lebensprocefs. 211

Das rdalive Verliiiltnifs des plaslischen Beslaiidllieils d t ~ Milch zu ihrem Gehalt an Buller und Milchzucker, das Vcrhall- n i t des blutbildenden Stoffes i i n Fleisch zu desseri Fellgcliall, so wie das des plastischen Beslandtheils der Getreidearlen, dcr Kartoffeln, der Samen der Leguminoscn zu ihrem Gekalte an Starkmchl ist nicht constant; diese Verhaltnisse wechseln in der Milch mit der Nahrung, des eigenllich fellc Fleisch enthall mehr, was man mageres Fleisch nennt, enthalt weniger Fett, uiid es zeigt der Unterschied in den beiden Kartoffelsorlen, wie grofs die Ahweichungen in verscliicdenen Spielarlen derselben Pflanze sind. Man kann dicse Zahlen aber als Mittelzahlen betrachlrn, welche zwischen den iiubersten Grenzen liegen. Als conslanl kann man annehmen, dab die Erbsen, Bohnen, Linsen auf‘ i Gewichtstheil plaslischen Stoff zwischen 2 bis 3 Gewiclilslheile slickstoflfreie Subslanzen, die Getreidearten, der Weizen, Roggen, die Gersle, der Hafer zwischen 5 bis 6, die KartolTeln zwischen 8 und 11, jler Reis und das Buchweizenmelil 12 bis 13 Ge- wichlstheile an den letztcren Bestandlheilen enthalten ; unler allen Nahrungsmittelri ist das magere Fleiah der Thiere ver- hiltnibmarsig am reichsten an plastischen Bestandlheilen. Yon den andern nicht organischen Beslandthcilen abgesehen, enthallen im getrockneten Zuslande z. B. 17 Theile Ochsenfleisch eben- soviel plaslische Beslandtheile wie 56 Gewichlslheile Weizenmehl oder wie 67 Roggenmehl, oder 96 Kartoffeln oder 133 Reis.

Bei der Vergleichung dieser Nahrungsmiltel hat man zu beriicksichtigen , dafs sie im natiirlichen Zustande eine gewisse Menge Wasser enthalten , welchcs mit in Rechnung gebracht werden mufs; 11 Gewichtstheile trocknes Ochsenfleisch , wobei ?,Of3 Felt, enthalten iin naliirlichen Zustande 32 Gewiclilslheile Wasser ; init diesein Wassergelialte entsprechen 49 Gewichlslheile frisches Fleiscli 66 Thln. Weizenmehl (von 15 pC. Wassergeliall).

Es ist einleuchlentl, dafs wir durch Misclrung dieser Nah- riingsiniltcll rinc tlcr Milch oder dem Weizenbrotle iihnliche

14”

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212 L i e b i g , iiber die Beziehungen der verbrennlichen

Zusaminensetzung hervorbringen liiinnen ; durch Zusatz von Speck oder feltein Schweinrfleisch zu Erbsen , Linsen oder Bohnen, odrr von linrloflcln ziim Ochsrnfleisch, von feltem Schinken zum Kalbfleisch , von Reis zutn Hammelfleisch vergrofsern wir ihren Gehalt an stickstolifreien Materien. Ganz dasselbe geschieht durch geistige Getranke, welche mit magerem Fleisch und wenig Brod genossen, eine der Milch, mit fettern Fleisch, eine dem Reis oder den Kartoffeln in Beziehung suf das Verhaltnifs stick- sloflfreier und plastischer Bestandlheile ahnliche Mischung geben.

Es bedarf kaum mehr als ciner Hindeulung auf diese Ver- haltnisse , .um sogleich zu der [Jeberzeugung zu gelangen , dab der Mensch in der Walil seiner Speise (wenn ihm seine Ver- hallnisse eine Wahl gcstatlen) und ihrer Mischung von einem untriiglichen Inslincte geleilet wird , welcher auf einern Natur- gesetze beruht.

Dieses Naturgesetz schreibt dern Menschen wie dem Thiere feste , aber nach seiner Lebensweise und seinem korperlichen Zustande wechselnde Verhaltnisse von plastischen und stickstoff - frcicn Bestandtheilen in seiner Nahrung vor, welche dem In- slinclgeselz und der Nalur entgegen durch Zwang und Noth geandert werden konnen; aber dieQ kann riicht geschehen, ohne (lie Gesundheit, die kiirperlichen und geistigen Thatigkeiten dcs Menschen zu gefahrden.

Die Wissenschaft hat den erhabenen Beruf , dieses Natur- gesetz zum Bewuttseyn zu bringen, sie sol1 zeigen , warum der Mensch und das Thier fur seine Lebensfunctionen eine solche Mischung in den Bestandtheilen seiner Nahrung bedarf und wel- ches die Einfliisse sind, welche eine Aenderung in dieser Mischurig nalurgesetslich bestimmen.

Die Bekannlschaft mit diesem Gesetz erhebt den Menschen in Beziehung auf eine Hauplverrirhlung, die er mit dem Thiere gemein hat, iiber die vernunftlosen Wesen, und gewahrt ihrn in der Regelung seinrr leiblichen, sein Bestehen und seine Fort-

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Bestandtheile der Nahrung zu dem Lebensprocefs. 213

dauer bedingenden Bediirfnisse einen Schulz, den das Thier nicht bedarf , weil in diesem die Vorschriflen des Instinctgeselzes weder durch Sinnenreiz, noch durch einen widerstrebenden ver- kehrten Willen beherrschl werden.

Die Frage nach den letzlen Griinden, worauf dieses InstLct- geselzl berulrt , welches Menschen und Thiere nothigl , neben den plastischen Malerien, aus denen sich ihre Organe erzeugen, gewisse slickstofffreie Subslanzen zu genieken, welche durch ihre Eleinente an dcr Bildurig dieser Organe keinen Antheil nehmen, so wie nach der Rolle, welche diese Materien in dem Lebensproceb spielen, beantworlet sicli leicht , wenn wir die Bestandtheile des Korpers tnit denen der Nahrung vergleichen, und diese letzteren als die Ursachen oder Bedingungen der Wirkungen betrachlen, die sie im lebendigen Leibe hervor- bringen.

Ein arbeitendes Pferd verzehrt im Jahr 5475 Pfd. Heu und 1642 PFd. Hafer *). Eiri ausgewachsenes Schwein yon 120 Pfd in derselben Zeit 5110 Pfd. Karloffeln **I. Von dieser ganzen ungeheuren Quantiliit von Nahrung , welche bei dem Schweine iiber 40maI mehr als sein Korpergewicht betragt, nimint der Korper dieser Thiere am Ende des Jahres an Gewicht entweder nicht zu, oder wenn sie schwerer werden, so maclit die Zu- nahine ihres Korpergewichtes einen Bruchlheil von dcm Gewichte ihres Futlers aus.

In gleicher Weise verhalt es sich mit der Speise des Men- schen. In einem erwachsenen Menschen , dessen Kijrperwicht sich am Ende des Jahres nicht bemerklich andert, ist das Ver- haltnifs aller seiner Theile und ihrer Zusammensctzung dasselbe wie am Anfang des Jahres. Die ganze Menge yon Speise und Trank, die er in 365 Tagen zu sich nahm, ist nichl dam ver-

3 Ann. de Chim. et de Phys. LXXI, 136. **) Ann. de Chim. et de Phys, Nouvclle serie Tom. XIV, p. 443.

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214 L i e6 i g , u6er die Besiehutsgera der uerbrentrlicheta

wendet worden, uiti seiiie Korperiiiasse zu verinehren, sondern sie hat dazu gedient, uin eine Reihe von Wirkungen hervor- zubringen.

Die vierzehn P h n d Kartoffeln , welche das Schwein tlglich verzehrte, erzeugten in dessen Leib eine gewisse Quanlilat voii

iiiechanischer Kraft, wodurch die Bewegung seines Blutes, seiner Safte rind Glieder vermittelt wurde, ihre Bestandlheile haben dam gedient, um den Mechanismus im Gange zu erhalten.

Eine ganz ahnliche Wirkung brachten die vierzehn Pfund Heu und 46 Pfund Hafer, welche das Pferd taglich verxehrte, in seinein Leibe hervor, mit dern Unterschiede jedoch, dafs diese Putterrnenge dem Pferde das Vermogen gab, eine gewisse Quati-

titiit von mechanischer Kraft nach auben hiii zu verwenden. Diese Futtermenge erzeugte in seinem Organisms einen Ueber- schub an Kraft, wodurch seine Glieder die Fahigkeit empfingen, ohne seine Gesundheit zu gefahrden, eine gewisse Summe von Widerstanden zu uberwinden, d. h. ein gewisses Maafs von Arbeit zu verricliten.

In dem Leibe des Menschen brachte das Brod, Fleisch und Gemuse eine gleiche Wirkung wie in dem Pferde hervor, aber rieben der meclianischen Kraft , welche die Bewegung seiner innereri Organe und seiner Glieder in der Arbeit bedingte, er- zeugte die genossene Speise noch eine gewisse Suinme von Wir- kurigen, die sich als Sinnes- oder Geislesthatigkeiten offenbares.

Wir wissen, dak bei Enthnltung von Nahrung der Korper des Menschen und aller Thiere in jeder Secunde ihres Lebens an Gewicht abnimmt, dafs dic Abnahme oder das Schwindcn seiner wichligsten Organe in einer gegebenen Zeit im Verhallnifs steht zu den durch seine Organe oder Glieder in eben dieser Zeit hervorgebrachlen Kraftwirkungen , dafs durch die Speise das Korpergewicht und das Vermogen , neue Kraftwirkungen liervorzubringen, wiederhergestellt wird , dafs itn Zustand der Ruhe der Mensch oder das Thier weniger Speise bedarf, wie

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Bestandtbde der Ndrrung w den Lebensprocefs. 215

;rn Zusland der Bewegung und Arbeit, und dafs es nicht gleich- gutbig ist , von welcher Beschaffenheit die Speise sey, welche der Mensch oder das Thier tiiglich geniefsen tnufs, um die Fii- higkeit ungeschmalert wieder zu erlangen, den darauf folgenden Tag die namliche Arbeil wie am vorhergegangcnen zu verrichlen, oder die namlichen Wirkungen durch sein Nervensysleni her- vorzubringen.

Unzahlige seil Jahrlausenden geinachle Erfahrungen haben unzweifelhah feslgestellt , dafs die Speisen in Beziehung auf die Erzeugung und Wiederherslellung aller dieser Thiiligkeilen hochst ungleich sind, dafs das Weizenbrod das Roggenbrod, dieses die Karloffeln und den Reis, dafs das Fleisch der Thiere alle ubrigen Nahrungsmiltel in Hinsicht ruf diese Wirkungen ubertrim; sie haben dargethan, dals ein Pferd mit Karloffeln ernahrt , nicht enlfernt die Arbeit verrichten kann, wic bei Heu- und Hafer- fullerung , und dafs zulelzl die tjiglich verwendbare Arbeitskrrft eines Menschen gemessen werden kann durch die Quantitat der plaslischen Bestandlheile , die er iin Brod und Fleisch geniefst.

Es ist augenscheinlich , die plaslischen Beslandtheile der Nahrung sind die nachsten Bedingungen der Kraflerzeugung irn Organismus und aller seiner sinnlichen und geistigen Thatigkeiten.

Wir verstehen diese Wirkwnngen, wenn wir beaclrlen, dafs alla Bewegungserscheinungen irti Thierorganisrnus , alle Wirkungen, die er durch sein Gehirn oder seine Glieder hervort)ringl, be- dingt oder abhangig sind von den geformten Beslandbheilen des- selben , dals die fornrlosen , wie Wasser und Felt, keine vitalen Eigenschaften besilzen, dafs sie ihren Or1 oder ihre Lage durch eine in ihnen sclbst wirkende Ursache niehl zu iiodern vermogen.

Wenn aber die in dem Korper eines Menschen oder Thieres erzeugbaren Wirkungen , welche durch die Werkzeuge seiner Sinne, durch sein Gehirn, oder durch die Organe der willkiihr- lichen und unwillbuhrlichen Bewegung vermittelt werden , von der Anzahl oder Illasse ihrer geforiirlen Theile abhangig sind,

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2 16 L i e b i g , iiber die Besiehutigeti der uerbrermlichen

so ist einleuchtend, dafs die Grofse oder dieDauer dieser Wir-’ kungen im Verhaltnifs stehen niufs zu der Masse der einzelnen Theile, woraus die Organe beslehen, die Wirkungen des Ge- hirns mussen im Verhallnifs stehen zu der Masse des Gehirns, die mechanisclien Wirkungen zu der Masse der Muskelsubslanz.

Mit der Abnahme des mechanischen Apparates der KraR- ereeugung und Kraflaufserung, mit dem Schwinden der Substanz der Muskeln und Nerven nimmt die Fahigkeit ab, mil der Er- neuerung und Wiederherstellung der geformten Korperlheile in dem Ernahrungsproceb wird die Fahigkeit, die nimlichen Kraft- wirkungen zum wiederholten Ma1 hervorzubringen , wiederher- geslell t.

Alle diese geformten, Krafte iiufsernden, Korpertheile stam- men von dem Albumin des Blules, alles Blutalbumin stamml von den plastischen Bestandtheilen der animalischen oder vegetabi- lischen Nahrung; es ist klar, die plastischen Bestandtheile der Nahrung, welche in letzter Quelle die Pflanze schafn, sind die Bedinger aller Krafterzeugung , aller Kranaufserungen , aller Wirkungen, welche der thierische Organismus durch seine Sinne oder seine Glieder hervorbringt.

Ein neuer , wundervoller Zusainnienliang erschliett sich dem iiienschlichen Geiste in diesem Verhaltnifs der Abhangigkeil des Thieres von der Pflanze.

Die Pflanzen, welche den Thieren aur Nabrung dienen, sind die Erzeuger der plastischen Nahrungsstoffe und damit die Sammler der Kraft; in der Ruhe und im Schlaf kehrt das Thier it1 den Zustand der Pflanze zuruck , die formlosen Beslandtheile seines Blutes werden zu geformten Theilen seiner Gebilde, und indeni diese in formlose oder in unorganische Verbindungen zer- fallen, koinml die in ihnen aufgespeicherte Kraft in den matinig- faliigsten Wirlrungen zur Verwendung : der galvanischen Siiule gleich, deren Eigenthumlichkeilen durch eine gewisse Anordnung

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Bestmdtheile dcr A'uhrung au dem Lebetrsprocelj.. 211

ihrer Elenietite bedingt ist, und die sich selbst in neuen magne- tischen , electrischen und chemischen Wirkungen verzehrt.

Die Beziehungen der plastischen Bestandtheile der Nahrung xu dem Lebensprocefs iin Thiere scheinen somit erklart zu seyn ; indelri durch sie das ursprungliche Gewicht der verbrauchten und ausgetretenen geforrnlen Korperlheile wiederhergestellt wurde , vermillelten sie die Fortdauer aller lebendigcn Thiitig- keilen.

Ein Pferd, was mil IGdrtoffeln erndirt und zur Arbeit ge- nolhigt wird, nimmt an Gewicht ah; ohne Arbeit bleiht sein Karpergewieht unverlndert; es ist klar, die Arbeit war eiir Verbrauch von Korpertlieilen und die in der ganzen Menge der verzehrten Karloffeln vorhandenen plastischen Bestandlheile reich- ten zu deren Wiedcrerzeugung nicht hin; es wurde lnehr ver- hraucht, als durch die genossene Nahrung erselzbar war, daher die Abmagerung und Schwache.

Das Pferd hingegen, welches zu seiner Nahrung eine reich- liche Menge Heu und Hafer empfing, konnte eine gewisse Summe von Arbeit verrichten , ohne dafs den daraiif folgenden Tag eine Abnehme an seinem Korpergewicht wahrnehmbar ist; wenn es im Zustande der Ruhe die nlmliche Menge Futter empfangt, so wird es schwerer, es nimmt his zu einer gewissen Grenze an seinem Korpergewicht zu; es ist klar, durch das genossene Futter wurde in dem Leibe des Pferdes eine gewisse Summe von Kraft erzeugt , welche zur Ueberwindung von aufseren Widerstanden oder irr dern Leibe selbst verwendbar war. Wurde diese Kraft zur Arbeit verbraucht, so blieb sich sein Korper- gewicht gleich ; wurde sie in deiri Orgaaismus zu vitalen Zwecken verwendet , so nahrn dieser in allen seinen Theilen an Masse zu.

Es ergiebt sich hieraus, dap die Arbeitskraft eines Thieres ita ehem bestilrsmbepa Ver?idltn# steht au dem Ueberschu/s an Fztlter , der im Zustand der Ruhe sein Korpergewicht vernaehrt.

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218 L i e b i g , iiber die Beztiehtmgen der verbrennlichen

Wenn wir das ewige , unwandelbar feste Nalurgesetz nicht falsch interpreliren, so kann das Verhlltnit der plastischen Nah- rung , welche der arbeilende Mensch laglich bedarf, nicht ge- ringer seyn, \vie des, welches die Natur selbst fur die Entwicke- lung des menschlicheri l(orpcrs und fur dessen Zunahme in allen seinen Theilen znbereilet, es is1 das Verhlllnib, wie wir es in der Fraueninilcli findeii. Die Nahrung des arbeilenden Men- schen sollle demnach auf vier Gewichlsllieile der niclit slicksloff- haltigen Subslanzen einen Gewichtslheil plastisclien Nahrungssloff enlhalten.

Diefs will nalurlich nichts anders sagen, als was nian weirs, seit die Welt und i n der Welt die Mensclicn beslehen, dab das lndividuum nanilich, wenn es das Maak von Arbeil verricliten SOU, welclies es den Bcdingungen gerolk, die in seinem Orga- irisnius liegen , verriclilen kann, dein Brode eine gewisse Quari- titat von Fleisch zuselzen lnufs, dafs das Verhaltnifs der plasti- scheri Beslandllieile in der Nahrung zu den andern, nach der Beschaffenheil seines Iiorpers zunehmen mufs , wenn er inehr als die milllere Arbeilskraft verwendel, d a k er iin Zusland der Ruhe ein kleineres Verhallnit an plaslischern Nahrungssloff bedarf.

Es folgl hieraus ferner, daL dern Kinde, welches die Wohl- that enlbchrt, die ihtn niilhige Nahrung von seiner Mutter zu einpfangen, wenn cs mil Kuhiiiilcli erniihrt wird, die ein groberes Verhaltnifs ail plastisclier Nahrung enlhalt, dafs tfieser Kuhmilch Milchzucker (Zucker), oder seinern Mehlbrei Kuliinilch zugesetzt werden inufs, wie diet die Erfalirung langst gelehrl hat , uin die gleiche Wirkung wie die Mutleriiiilch in seinem Leibe her- vorzu hringen.

Es folgl daraus ferner, was eheilfalls alle Welt weirs, dab, wenn das Kind, oder der Mensch irn jugendlichen Alter, durch aul'sere Verhaltnisse genolhigt wird, einen TlieiI der in seinem Leibe erzeugharen Kraft iiach Auben hin in der Arbeit zu ver- wenden, und dieser Melirverbrauch an Krafl nichl erselzt wird

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Bestandtheile der Nuhrung %u dena Lebetrsprocefs. 219

durch angeniessene Nahrung , oder nicht ersetzhar ist , weil seiir Korper nur ein gewisses Quantum von Speise verdauen kann, so m u t seine korperliche Entwickelung geslorl und aufgehalten werden.

Die bewundernswiirdigcn Versuclie von B o u s s i n ga u I t zei- geii, dafs die Zunahme dcs Korpergewicliles in der Maslung der Thiere (ahnlich wie der Milcherlrag einer Kuh) im Verhaltnifs steht zu der Menge an plastischen Bestandtheilen in dem laglich verxehrlen Fulter. Diese Versuche wurden mehrere Monate laag tnit Schweinen angeslellt , welche in vorziiglichem Grade die Fahigkeit besitzen, die Bestandtheile der Nahrung in Theile ihres Leihes umzuwandeln. Ein Schwein wurde ausschlietlich init Karloffeln ernahrt, durch welche Nahrung es an Gewicht riicht zunahtn ; es war aber eiiie Zunahme bernerklich, wenn das Thier Kartoffeln, Bultermilch, Molken und Abfiille aus der Haus- haltung erhielt, die slarkste Zunahrne fand stat1 bei Darreichung von Mastfuller, welches tiiglich aus Kartoffeln (9,74 Pfd.), gea rriahlenern Korn (0,90 Plil.), Roggenrneltl (0,64 Pfd.) , Erbsen (0,68 Pfd.) und Bultermilch, IVIolken und Abfalleti (0,92 Pfd.) besland.

Die Berechnung ergiebt, tlafs das Schwein in diesen drei Zustanden folgende Mischungsvethallnisse in seincni Futter ern- pfangen halle *].

Verhaltriif'. dcr plasfischen Bestarrdtheile zti den stickstufffreien, letatere its Starkrnclrl ausgedriickt.

Das Schwein erhiell : plast. Bestandtheile stickstofffreie

in der Kartoffelnahrung aut 10 87

,, dem Mastfutter n 10 55. gem. Nahrung ,, 40 7i

*) Ann. de Chim. et de Phys. N. S. T. XIV, p. 419.

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220 Lieb ig, uber die Betiehungetr der .verbrennlichen

Man burnerlit leicht , dafs diese lelztere Mischung ein ahn- liches Verhallnifs von plaslischen und slickstofffreien Besland- theilen enthalt , wie die Kiknerfriichte.

Die deutsche Landwirthschaft ist durch die Erfahrurig auf ein sehr einfaches Verfahren gefulirt worden, die Kartoffeln in ein dem obigen und den Kiirnerfruchten in ihrer Mischung ganz gleiches Rlastfutter zu verwandeln. Dieses Verfahren ist die Grundlage des deulschen landwirlhschaftlichen Betriebes; es be- sleht darin , dafs man die stickslofkeien Bestandlheile der Kar- toffeln auf einem rein chemischen Wege ganz oder zum grofsten Theil hinwegniinrrit , und dafs man den Riicksland der Kartoffeln, welcher alle plastischen Bestandtheile derselben enlhalt, zur Mastung verwendet. Dieses Verfahren besteht darin , dafs die Kartoffeln geyuellt und in Geslall eines dunnen Breies nrit Ger- slenmalz in Beriihrung gebracht werden , durch dessen Wirkung das Starkmehl der Kartoffeln in Zucker iibergefuhrt wird. Mail

verselzt alsdann durch Bierhefe die Kartoffelmaische in GPhrung und zerstort in dieser Weise allen vorhandenen Zucker. Durch Destillation der gegohrenen Maische erhiilt man das Slarkmehl der liartoffeln in der Form von Branntwein und in dem Ruck- stande (der sog. Kartoffelschlempe] das geschalzteste Mastlulter.

Die iin Auslande verbreilele Meinung, dafs der deulsche Landwirth Branntweinbrenner ist , des Branntweins wegen , ist ganz irrig; er brennt Branntwein , um das ihrn unentbehrliche Yaslfutler auf die okonomischste Weise zu gewinnen.

Diefs Verfahren der Conceiilralion der plaslischen , fur die Blut - und Fleischerzeugung bestimrnten Nahrungsstoffe, reiht sich den zahlreiclien Fdllen a n , in denen die Experimentirkunst der Theorie vorangeeilt ist. Zuerst hatte man in der That nur die Branntweingewinnung im Auge, dann hat man die Ruck- slande verwerlhen wollen, und zuletzt hat man gefunden, dafs durch den Maisch- und Giihrungsprocers deren Fahigkeit als Mastfutter zu dienen, zunimmt. Fur die Verbreilung dieser Art

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Bestandtheile der Nahmmg ZZL dena Lebensprocefs. 221

von Wahrheiten sind die Noth und das Bediirfnifs Lehrer, deren Einflut und Ueberzeugungskraft machtiger ist, als alle Wissen- schafi.

Aus dem Vorhergehenden ergibt sich auf eine zweifellose Weise die Bedeulung der plastischen Nahrungsmittel ; indem sie zu Elementen des lebendigen Leibes werden , bedingen sie die Fortdauer aller Lebenserscheinungen.

(Die Fortsetzung folgb in1 niichsten Hefte.)

Ueber eine neue Darstellungsmethode des wolfram- sauren Wolframoxyd - Natrons ;

von Henry Wright.

Diese Verbindung, so interessant durch ilire chemischen wie durch ihre physikalischen Eigenschaften , wurde von dem Prof. W o h l e r im J. 1824 entdeckt *), und ist, wie ich glaube, nie auf einem anderen Wege dargestellt, als auf dem, welchen er urspriinglich angewandt halte, nlmlich durch Erhilzen von saurem wolframsaurem Natron in trocknem Wasserstoffgas.

Er hat niich mit dern Vorschlage beehrt, noch andere Ver- suche anzustellen mit demselben Salzc und init anderen redu- cirend wirkenden Substanzen, und diese Versuche sind mir voll- kommen gegliickt. Es hat sich gezeigt, d a t diese Verbindung auch durch Einwirkung von Phosphor, Zink und Zinn auf das erhitzte wolframsaure Salz hervorgebracht wird. Unter allen wirkt das Zinn am besten und ist das zweckmlfsigste Material zu einer sehr leichten Darstellung dieses schonen Kiirpers.

*) Poggendorff'r Annalen 11, 350.