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Page 1: Über die Veränderlichkeit von Eisen(II)-salz-Titerlösungen und über einen Weg zur Konstanthaltung ihres Wirkungswertes

Aus dem Institut fiir anorganische Chemie der Universit~t Jenu.

l )ber die Ver~inderlichkeit v o n

Eisen(II)-salz-Titerl6sun~en und fiber einen We~ zur Konstanthaltun~ ihres Wirkun~swertes*.

Von

HAI~ALD SCHXFER.

Mit 1 Textabbildung.

(Eingegangen am 31. Mai 1911,)

Eisen(II)-sulf~tl6sungen haben in der Mal~analyse schon vielfach Ver- wendung gefunden. StOrend bemerkbar macht sich dabei die geringe Titer- best~ndigkeit der Eisen(II)-salzl6sung, bedingt dureh die leichte Oxydier- barkeit des Fe"-Ions durch Luftsauerstoff. Diese Ver~nderliehkeit macht es erforderlieh, die L6sung jeweils vor Gebrauch I - oder taglich ~ - neu ein- zustellen.

In welehem Ma~e eine in der tibliehen Weise hergestellte, sch~;e/elsaure Eisen(II)-sulfatl6sung sieh unter der Einwirkung des Luftsauerstoffs ver- ~ndern kann, erkennt man aus der folgenden Versuehsreihe:

57 g F e S Q . 7 H20 (p. a. M~RcK) wurden in 200 ml Wasser -F 20 mI konz. Sehwefels~ure gel0st und auf 2 1 verdiinnt. Die frisch bereitete L6sung war der Analyse naeh an Eisensulfat (Gesamteisen) 011029 molar und an freier Schwefels~ure 0,3478 normal 3. In einer 3 1-Schlifflasche wurde diese L0sung bei einer durehschnittlichen t~aumtemperatur yon 2~[~ im Dun- keln aufbewahrt. Von Zeit zu Zeit wurden 25 ml-Proben entnommen und naeh Zugabe yon 25 ml 2 n Sehwefels~iure und 3-4ml Phosphorsanre (89%ig) gegen N-Methyldiphenylamin-p-sulfos~ure~ als Indikator mit 0,09994 n K~Cr2OT-L6sung titriert~, 6.

* Mal~analytische Untersuchungen, Beitrag VI. Beitrag V siehe diese Z. 129~ 27 (]949).

1 XOLTHOFF, i.M.: Die Mal3~nalyse, 2. Tefl, 2. Aufi., S. 544 (1931). 2 Vgl. z.B. Handbueh ffir d~s Eisenhfittenl~boratorium II, S. 89 (1941). a Die freie S~ure wurde bestimmt durch Titration mit N~tronl~uge gegen Methyl-

rot, nachdem die L6sung zur Entfernung yon Fe'"-Spuren nach Zugabe yon Natrium- ehlorid den Silberreduktor passiert hatte und mit Ammoniumsulfat versetzt worden w~r. Vgl. hierzu SC~IXFER, H. u. HILDEGARD ]~RIEG: diese Z. 129~ 27 (1949).

X n o P , J. n . O . ' ' KUB~L~:OvA-KNoPovA: diese Z. 122, 183 (1941). 5 Die zum Vergleich benutzte 'Dichromutl6sung ist nnbegrenzt haltbar (vg].

/~OLT~OrF, Mal~analyse II., 2. Aufl., S. 529 (1931). Das gleiche gilt ffir die sparer ebenfMls benutzte Cer(IV)-sulf~tl5sung (vgl. XOLT~O~Y, ~. ~. O. S. 536).

Bei allen in dieser Arbeit mitgeteilten Ma~analysen wurden nur ~mtlich ge- eichte Mel~ger~te benutzt. Die Temperatur der L6sungen wurde stets beuchtet.

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40 ~ARALD SCHXFER:

Die folgende Reihe zeigt die Abnahme des Fe"-Gehaltes mit zunehmen- dem Alter der LSsung. Dabei ist der Gesamteisengehalt der aus einem prak: tisch Fe'"-freien Prfiparat bereiteten L6sung ~ i00,00 gesetzt worden.

Alter der EisenlSsung inTagen - - 1 . 12 35 55 77 95 Titriert Milliliter

0,09994 n K~Cr~O~-LSsung (Mittelwerte ~us zweiTitr&t.) 25,74 25,68 24,94 23,96 23,02 22,10 21,~2 Wirkungswert in ~ . . . . . . 100,00 99,8 96,9 93,1 89,4 85,9 83,2

Die MaglSsung finderte somit ihren Titer in 5 Tagen durchsehnittlieh urn etwa 1%. Dabei war die Abnahme des Titers dem Alter der LUsung nahe- zu proportional. Diese Proportionalitat ergab sieh auch fiir die anschliegend untersuehten salzsauren L6sungen yon Mo~aschem Salz und yon Eisen(II)- sulfat (vgl. Abb. t)~.

t.

~88--

?o O

Z~sammensetzuiz# der Fr[schez Lo'sungen."

Fe 5O~-Lb'~um#: [re"+ ~:e"'] =0,1037m; [HOb ] : O, Zi~6~t

Mohr'sche-S#/z-Lb'sg.:[Fe"+ Fe'"] =O, iOO~3rTL; [ HGL ] = 0,2132 r~

, x ~ , } oh.e

20 ~0 GO �9 80 /oo 1~o Al?er der Lb~wiz# /17 Tc~#em

Abb. 1. Best~ndigkeit yon Fe"-TiterlOsnngen.

Mit einer so verander l ichen Mal~16sung zu arbeiten, ist gewiB nicht ange- nehm. Indessen gibt es einen sehr einfachen Weg, um den Wirkungswer t der Eisen(II)-salzl6sung kons tan t zu halten. Unverander l ich ist ja der Gesamt-

1 BANEaJEE, P .K. [Z. ~norg. Ch. 128, 343 (1923)] hat die Oxydierb~rkeig yon wEBriger FeSOa-LSsung dutch Luftsauerstoff mit und ohne Zusatze untersueht. Dabei wurde die Oxyd~tion sehr weit getrieben. Die Versuehe bezogen sieh nieht auf TiterlSsungen. Ftir die in der vorliegenden Arbeit gewEhlten Verh~ltnisse 1/~13t sich ~uf Grund der Versuche yon BANERJEE eine ~ngen~herte Proportion~lit~t y o n oxydierter Eisenmenge und Versuchsdauer erwarten.

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~ber die Ver~nderlichkeit yon Eisen(iI)-salz-TiterlSsungen. 41

eisengehalt der L6sung. Man hat also nut die L6sung unmit te lbar vor der Ti t ra t ion in geeigneter Weise zu reduzieren end hat dami t unabh~ingig veto Alter der LOsung eine Eisen(II)-salzl6sung mit kons tan tem Titer. Prakt isch verf~ihrt man am besten so, dab man die Mal~16sung bei der Ti trat ion durch eine kurz fiber dem Biiret tenhahn eingeffillte Silberschicht fliel~en l~if~t 1. Die Eisen(II)-salzl6sung mul~ dabei salzsauer sein.

Eine 50 ml-Biirette wird kurz iiber dem Hahn mit einem Pfropfen, z.B. yon Qnarzwolle, versehen. Darauf wird eine Schieht yon 5 bis 6 g Silber gebraeht, das man mit Kepler aus einer SilbernitratlSsung abgeschieden und ausgewaschen hat. Man tr~gt das Silber in die Biirette ein, in der sieh etwas verdiinnte S~lzsgure (oder Eisen(II)-s~lz-TiterlOsung) befindet, und erhglt so eine luftblasenfreie Silber-

sehicht yon etwa 8 cm Lgnge. Anschliei~end spiilt man mib der Fe"-TiterlSsung nach. D~mit ist die Biirette gebr~uchsfertig. Eine stSrende Verlangsamung des Ablaufens der TiterlSsung durch eine Bremswirkung der Silbersehieht wurde niemals beobachtet.

Beim Durchwandern der Silbersehicht wird das dreiwertige Eisen reduziert. Das Sitber iiberzieht sich yon oben her beginnend mit einer dunklen Silberchlorid- schicht, die sieh mit fortschreitender Benutzung immer mehr n~ch unten erstreckt und die anzeigt, w~nn die Silbersehicht zu erneuern oder durch l~eduktion mit Zink in saurer LSsung zu regenerieren ist ~.

Die folgende 0bers ieht bringt vergleiehende Titrat ionen mit nnd ohne , ,Silberschichtbfirette" mit der gleiehen salzsauren LOsung yon MoHRsehem Salz in Abhangigkei t veto Alter dieser L6sung. Die Fe--LOsung war bereitet worden dutch LOsen yon 78,4 g (NH4)2Fe(S04) 2 �9 6 H~O (p. a. MERCK) end 34 ml konz. Salzsaure zu 2 1. Sie wurde in einer 3 1-Sehlifflasehe im Dunkeln aufbewahrt . Dabei betrug die durehsehnit t l iehe t / aumtempera tur 21 o C.

Die Analyse der friseh hergestellten L0sung ergab: Eisensalz (Gesamt- eisengehalt) i 0,1004 a Mol/Liter. Freie Salzsfiure: 0,2132 Mol/Liter.

Zur Titerkontrolle wurden 50,00 ml einer sehwefelsauren, 0,05375 n Cer(IV)-sulfatlOsung mit 50 ml 2 n Sehwefelsiiure end 2 Tropfen 0,025 m FerroinlOsnng versetzt und mit der LOsung yon MoHRschem Salz auf Rot t i t r iert (Umsehlag sehr seharf). Die angegebenen Zahien sind Mittelwerte yon zwei Titrationen, die sehr nahe iibereinstimmten.

Die Abb. I (S. 40) gibt die Ergebnisse ansehaulich wieder. Die Versuche haben die Erwar tung bestii t igt: Dutch Kombinat ion yon

Biirette end Silberreduktor lfil~t sieh der Wirkungswert einer Eisen(II)- salzl0sung kons tant halten.

1 ]Jber die Benutzung yon feinkSrnigem Silber zur geduktion saurer Eisen(III)- salz]Ssungen vor einer oxydimeSrischen Bestimmung des Eisens siehe I-IoEr~ia, A. : diese Z. 54, 441 (1915) sowie EDG~a, G. u . A . g . KEMp: J. Amer. Chem. See. 41~, 777 (1918); vgl. diese Z. 71}, 453 (1927). Zur Benutzung des Silbers in Form des Silberreduktors (einer Sgule yon Silberpulver) vgl. W)J.DEN, G. H., L. P. I-IA~I~IETT U. S. 2V[. :EDMoNDs; J. Amer. Chem. See. 56, 350 (1934); vgl. diese Z. 107, 287 (1936); vg]. such MERCK, E.: Der Tri-o-Phenanthrolin-Ferro-komplex und Cerisulfag in der ~nal~analytischen Praxis, 3. Aufl., S. 18f. (1938).

Vgl, hierzu SCni(F~, tI. u. HILDEGARD KRIEG: diese Z. 129~ 27 (1949).

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4 2 I~IABALD SCnXF~R: ~berdieVer~nderlichkeitvonEisen(II)-salz-TiterlSsungen.

Alter der Fe"-LSsung

in Tagen

2 l l 22 42 63 82

100

Titrat ion mit Bfirette o h n e Silberschicht

verbrauehte Fe"-LSsung

ml

27,05 27,58 28,23 29,47 30,74 3],95 33,20

Wirkungswert der Fe"-LSsuug

%

98,9 97,0 94,8 90,8 87,05 83,75 80,6

Titration mi t Bfirette m i t Silberschicht

verbrauehte Fe"-LSsung

ml

26,72 26,77 26,80 26,80 26,76 26,75 26,76

Wirkungswert der Fe ' '-LSsung

%

100,15 99,96 99,85 99,85

100,00 ]00,04 100,00

An Stelle einer LOsung yon MoHRschem Salz kann nattirlich auch eine salzsaure Eisen(II)-sulfatlOsung verwendet werden. Diese wird sogar etwas weniger schnell oxydiert (vgl. Abb. t) 1. Bei Verwendung der ,,Silberschicht- bfirette" blieb auch bier der Titer beim Vergleich mit Cer(IV)-sulfat und Dichromat wahrend der Beobachtungszeit yon 84 Tagen innerhalb der Analysengenauigkeit (=L 0,15%) konstant.

Neben der so erziolten Titerbestandigkeit dot Eisen(II)-salzlOsungen darf es als weiterer Fortschritt gelten, dab sich nunmehr der Wirkungswert der: L0sung - da er durch den Gesamteisengehalt gegeben ist - sehr genau durch eine gewichtsanalytische Eisenbestimraung ermitteln l~Bt.

Von besonderem Vorteil ist es schliel31ich, dal~ sich bei Verwendung yon MoHRschem Salz genaue TiterlOsungen unmittelbar dutch Einwaage her- stellen lassen, denn dieses Salz ist verhaltnismal~ig'leicht ganz rein ~ - auf jeden Fall abet mit definiertem Wirkungswert 3 - zu erhalten. Da ge~aue KaliumdichromatlOsungen ebenfalls unmittelbar 'durch Einwaage herge- stellt werden kOnnen, so hat man damit ein konstantes Titerpaar zur Ver-

fiigung, rnit dem sich zahlreiche analytische Aufgaben 10sen lassen 4. Dabei ist die Benutzung der yon J. K~op und O. KUt3ELKOvA-Kz~oPOV~ 5 vorge- schlagenen NT-Methyldiphenylamin-p-sulfosaure als Indikator zu empfehlen.

1 Naeh LAN6, R. u. F. KuRTz [diese Z. 86, 289 (1931)] wird auch in schr LSsung Eisen(II)-sulfat weniger schnell oxydiert als MoH~sches Salz.

2 KOLTHOFF, I. M., a. a. O., S. 307. a Ein yon Merck bezogencs, analysenrcines Pr~parat fanden wir, verglichen mit

o anderen Urtitersubstanzen, als 99,9 ~oig. 4 Es ist wahrschein]ich, dab sich das hier angewendete Frinzip zur Konstanthal-

tung des Titers ~uch auf gewisse andere Mal315sungen' iibertragcn l~l]t. Darfiber sind Vcrsuche im Gangc.

5 Diese Z. 122, 183 (1941).

Dr. ~YIARALD SCHAFER, (14a) Stuttgart-N, Wiederholdstr. 15, K. W. I. ffir Metallforsehung.