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L. Tschugajef. Aci(lo-a?ni~Io-tetrclminder~~a~e d a zr’erzue4gen Platins. 401

uber eine neue Reihe Acido-amido-tetraminderivate des wierwertigen Piatins.

Abhandlung 11. I)

Von b. TSCHTJGAJEFF t. I n engem Zusammenhange mit den in der vorhergehenden Ab-

handlung beschriebenen Platipentaminsalzeo steht die neuerdings entdeckte Reihe von Komplexsalzen des vierwertigen Platins, welche auf Grund des siimtlichen tatsachlichen bisher bekannten Materials fur Salze des Platiamidochlortetramins anzusehen sind und den- selben die Koordinationsstruktur [Pt . 4 NH, - (NH,) . Cl] X , zukommt, oder

Die zu dieser Reihe gehorigen Verbindungen entstehen bei Ein- wirkung von Atzalkalien oder Ammoniak auf Chlorpentaminsalze. Dabei wird das Reaktionsprodukt ofters in Form eines verhaltnis- rnaBig schwerloslichen Niederschlages ausgeschieden. Da dieser Niederschlag sich im Uberschusse von Alkali lost und zugleich in Ammoniak wenig loslich ist, so ist das letztere fur praparative Zwecke vorzuziehen. Die Ausbeute ist gewohnlich nahe dem Theoretischen.

Das Amid o - c h l o r -p en t am i n - c h l or i d wird jedesmal erhalten, wenn in die Lijsung irgendeines Salzes aus der Chlorpentaminreihe gleichzeitig Chlor- und Hydroxylionen in geniigender Konzentration eingefuhrt werden. So z. B. wird diese Verbindung ausgeschieden, wenn zu einer in der Kalte gesattigten Liisung von Nitrat [Pt .5 NH, . Cl] (NO,), oder zur Losung von entsprechendem Acetat Amonium- chlorid oder Ammoniak zugefiigt wird. Wenn man in diesem Falle statt Ammoniumchlorid Ammoniumbromid nimmt, so erhalt man das Bramid derselben Reihe [Pt - 4 NH, - (NH,) ClJBr, , welches ganz analoge Eigenschaften besitzt.

Ebenso scheiden sich die eben erwahnten: Chlorid und Bromid, in kristallinischem Znstande aus, wenn zu einer gesattigten waBrigen

I) Vgl. Vorwort VOU E. FRITZXANN. 2. ctnory. zc. ccllg. Ckewa. 134 (1924), 277.

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Losung derselben entsprechend NH4Cl und NH,Br zugefugt wird. Blle diese Reaktionen bestatigen, daB wir hier mit den Salzen einer im freien Zustande nicht dargestellten komplexen Base [Pt 4 NH, - ' (NH,) . Cl](OH),, welche durch das komplexe Kation [Pt . 4NH, - (NH,)Cl] "x" charakterisiert wird, zu tun haben.

Das N i t r a t [Pt - 4 NH, (NH,). Cl](NO,),, welches sich durch bedeutendere Loslichkeit in Wasser auszeichnet, wird dargestellt, indem man das Nitrat des Plati-chlor-pentamins mit siedendem Ammoniak behandelt und die erhaltene Flussigkeit abkiihlt.

Die Salze des Plati-amido-chlor-tt:tramins zeichnen sich wie in Losungen, so auch in festem Zustande durch gelbe Farbe aus, welche besonders deutlich an den verhaltnism%Big leichter lijslichen Gliedern dieser Reihe bemerkbar ist, wie z. B. am Nitrat, Acetat u. a. Es geniigt z. B. zu einer gesattigten Losung von Chlorpenta- minnitrat Ammoniak zuzufiigen, damit die gelbe Fiirbung deutlich hervortritt.

Zur charakteristischen Eigenschaft dieser Salze ist auch ihre Beziehung zu den Sauren zu recbneo. Die Losungen derselben sind von stark alkalischer Reaktion. Mit Indikatoren vom Typus Methylorange lassen sie sich vortreff lich titrieren wie einwertige Basen. Bei Phenolphthalein ist aber das Ende der Reaktion nicht scharf und deswegen muB zugegeben werden, daB nach der Starke ihrer basischen Funktion diese Verbindungen dem Calciumhydrat und Baryt nachstehen. Wie schon oben erwahnt, vereinigen sich die Sauren mit denselben laut dem Schema:

[Pt 4,NH, * (NH,) Cl]X, + HX = [Pt 5 KI-I, * Cl]X,, wobei die Amidgruppe sich in ein Ammoniakmoleliiil umwandelt und die Valenz des komplexen Kations um eine Einheit steigt.

Solche Beziehung der Salze von der Reihe [Pt - 4 NH, (NH,) . Cl]X, zeigt, dai3 in waI3riger Losung clieselben teilweise der Hjdra- tation unterworfen sind, laut der Gleichung:

OH [Pt * 4NH, * (NH,) * ClJX, + H - OR,+ [Pt * 5NH, * Cl] --, X,

wobei die alkalische Funktion eben durch die Anwesenheit des Hydroxyls in dem sich bei der Hydratation bildenden basischen Salze bedingt wird.

Ein sehr wesentlicher Punkt in der Konstitution der Amido- chlor-pentaminsalze ist der Umstand, tlaB in ihrem Molekiil nur ein Haloidatom enthaltenist, welches niit dem Platinatom fest verbunden und in den Bestand des komplexen Kations [€'t . 4 XI-& - (NH,) C1lXx gehort.

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Acido-amddo-~etrai~zirzderivate des vierwertigen Platins. 403

Darum bleibt auch dasjenige Chloratom, welches zum Kation der Chlorpentaminsalze gehiirt, rnit all seinen charakteristischen Funktionen beim obergange zu der Amido-chlor-tetraminreihe be- wahrt. Solcher SchluB erfolgt unzweifelhaft aus einer ganzen Reihe von miteinander ubereinstimmenden Tatsachen. Behandelt man z. B. das Bromid der Chlortetraminreihe mit Salzsaure, so erhalt man das Chlorid des Chlorpentaminsalzes; ebenso erhalt man durch Be- handlung desselben Bromids rnit Salpetersaure das Nitrat des Chlor- pentamins :

[Pt 4 NH, . C1 (NH,)]Br,--t [Pt . 5 NH, . Cl] C1, . [Pt a 4 NH, - C1- (NH,)]Br,--t [Pt - 5 NH, - Cl](NO,), .

flberhaupt , welches Salz des Amido-chlor-tetramins wir auch nahmen, bei Behandlung rnit Sauren bleibt im erzielten Produkte stets 1 Atom fest gebundenen unveranderten Chlors, und es ist voll- standig klar, daB das Chloratom am Prozesse der Abspaltung der Elemente der HX-Saure von dem Molekul des Acidopentaminsalzes in das Molekul des Amido-chlor-tetraminsalzes gar nicht teilnimmt.

Die Tatsache, daB Verbindungen solcher Art existieren, ist von sehr groBem Interesse, besonders wenn man in Betracht nimmt, dab die typischen basischen Salze in der Regel keine alkalischen Eigenschaften aufweisen und uberhaupt von schwachen Basen ab- stammen.

Die leichte Loslichkeit der Amido-chlor-tetraminsalze in btz- alkalien weist darauf hin, daB sie unter dem Einflusse von uber- schussigen Hydroxylionen augenscheinlich einer noch tieferen Ver- anderung unterworfen 8hd. Nach der Analogie kann angenommen werden, daB dabei die Umwandlung der Ammoniakmolekiile in Amidgruppen und die Bildung einer Reihe Verbindungen, wie [Pt - 3 NH, - (NH,), . Cl] C1 und [Pt . 2 NH, . (NH,), . CI] fortdauert, und von denen die letztere theoretisch schon ein Nichtelektrolyt sein muB. Der Versuch zeigt, daB die Zugabe von Ammoniumchlorid zu alkalischer Liisung, welche diese hypothetischen Verbindungen enthalten, eine Ruckbildung des Amido-chlor-tetramin-chlorids ntach sich zieht. Also haben wir es hier rnit riickgangigen Prozessen zu tun ; niimlich in Ubereinstimmung mit unserer Hypothese: LPt.3 NH,.(NH,), .C1]Cl+NH4Cl~~1’t.4 NH,-(NH,) .Cl]Cl, +NH, . [P t . Z N H, * (NH,), * Cl] + 2 NH4Cl cf- [P t * 4 NH, * (NH,) Cl] C1, + 2 NH, .

Diese Riickgangigkeit aber hat eine Grenze, weil allmahlich ein anderer nicht ruckgangiger ProzeB, welcher von einer Hydrolyse und Substitution cles Chlors durch eine Bydroxylgruppe begleitet, verlauft.

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Diese Reaktion, mie wir schon oben gesehen, erlaubt uns, von den Salzen der Chlorpentaminreihe zu denjenigen der Oxypentamin- reihe iiberzugehen.

Vergleicht man einerseits die auberordentliche Stabilitat der Bindung des innerhalbradikalen Chlors mit dem Platinatom, welche in s a u r e m Medium zum Vorschein kommt, und anderseits die verhaltnismabig leichte Beweglichkeit derselben Bindung in Gegen- wart von Alkalien, so ist die bloglichkeit einer kausalen Abhangig- keit dieses Umstandes yon den von uns angenommenen aufeinander- folgenden Umwandlungen nicht ausgeschlossen, welche das komplexe Kation [Pt 5 NH, . ClIx,X bei Einwirkung von uberschussigen Hydroxyl- ionen erleidet. In der Tat mub bei allmahlicher Substitution der NH,-Molekiile durch Amidgruppen eine ,,Metallitat" des Kations entstehen, und zugleich ist auch eine entsprechende Veriinderung der Funktion des sich in der ersten Sphare des Platinatoms befind- lichen Chlors moglich.

ExpePimentelZer Teil. Salze des Amidochlnrpentamina.

IPt * 4NHJ .(NH,) * CIIS, . Das Chlor id [Pt - 4NH, (NH,) ClIC1,. Zu dem oben Ge-

sagten iiber die Darstellung dieses i3alzes aus [Pt e 5NH, . ClIC1, und Ammoniak ist nichts mehr hinzuzufiigen. Mit Eiswasser, Al- kohol und Ather gewaschen, erweist sich dasselbe als analytisch rein:

1. 0,1507 g Substanz gaben 0,0762 g Pt. 2. 0,1550 g Substanz gaben 0,0800 g Pt. 3. 0,1651 g Substanz gaben 0,0834 g Pt. 4. 0,1544 g Substanz gaben 0,0425 g C1 (titriert nach VOLHARD nach

vorherigem Schmelzen rnit Soda). 5 . 0,1604 g Substanz gaben 0,0443 g C1. 6. 0,1714 g Substanz gaben 0,0472 g C1.

Die Substanz verliert nichts beim Warmen wahrend 3 Ytnnden bis lQQo.

Berechnet Gefundeu [I't - ANH, (NH,) * Cl]CI?. Pt 50,60 1. 50,56; 2. 50,63; 3. 50,511;

C1 27,58 4. 27,55; 5. 27,63; 6. 27,51.

Fiir das Hydratsalz (basischesl [Pt . EiNII,*Cl](OH) * C1, ist erforder- lich: 48,5'7°/, Pt und 26,35O/, C1; iind darum kann man als be- wiesen ansehen, dab die Eiuwirkung von Alkalien auf das Chlor- pentaminchlorid von einer Abspaltung des Wassers von dem sich bildenden intermediiiren Hydrolyseprodukt begleitet wird.

Beim Titrieren des Arnidochlorids mit *I,,, n-HC1 in Gegen- wsrt von Nethylorange wurden folgende Resultate erhalten :

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Schdo-nmido-telmm iidericate dea uievwertigeiz Platim. 405

Somit ist zur Neutralisation des [Pt * 4NH, - (NH,) . ClIC1, auf jedes Molekiil dieser Verbindung 1 g Bquivalent Saure notig.

Die Substanz ist &was in Wasser loslich und die Losungeri werden von Phenolphtalein hellrot gefarbt. Beim Wgrmen mit ver- diinnten Btzalkalien und nachfolgendem Ansauern der Losung bilden sich Salze der Hydroxo-pentaminreihe. Ein iihnliches Resultat wird bei Einwirkung von Cyankali und Amrnoniak in wliBriger Losung erlangt, aber die Beendigung der Reaktion verlangt in diesem Falle mehr Zeit.

Das Bromid [Pt - 4NH, - (NH,) ClIBr, erinnert nach seiner Darstellungsmethode, Eigenschaften und Reaktionen sehr an das eben beschriebene Chlorid. Die Analyse der an der Luft getrock- neten Substanz ergab folgende Resultate:

0,1536 g Substanz gaben 0,0629 g Pt 0,2873 g Substane gaben 6,O ccm '/lo n-HCI (Methylorange!. -

Berechnet Gefunden Pt 41,12

HCl 7,68 40$9 7,62

Durch Losung der Substanz in verdiinnter Salzsaure und FBI- lung mit derselben iiberschiissigen Saure in konzentriertern Zustande, kann man leicht das Chlorid des Chlorpentamins erhalten, und durch Ersetzen in diesem Versuche der Salzsaure durch Salpetersaure das entsprechende Nitrat.

Das N i t r a t [Pt. 4NH3 . (NH,) - Cl](NO,),. Zur Darstellung des- selben wird das Nitrat des Chlorpentamins in moglichst weiiig sieden- dem Smmoniak gelost und die deutlich gelb gefarbte Fliissigkeit mird nun bis zur Kristallisation abgekiihlt. Weitere Mengen Kristalle kann man durch Zugabe von Natriumnitrat zur Mutterlauge erlangen. Die Substanz wird aus warmer LSsung in Form von schwach gelben kurzen Prismen ausgeschieden.

Zur Analyse murde ein Praparat gewahlt, welches zwischen Filtrierpapier abgepre6t war:

0,1702 g Substanz gaben 0,0754g Pt 0,2139 g Substanz gaben 4:94 ccm '/,,n-HCl (Methylorange).

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406 L. Tschupjefi Acido-amido-tetrlaminder~vate des vierwertGeiz Plntins.

Berecbnet Gefunden P t 44,48

HCl 8,29 44,30 8,42.

Dureh Einwirkung von Salpetersaure kann man das Nitrat der Chlorpentaminreihe zuriickerhalten.

Das A m i d o b r o m t e t r a m i n b r o m i d [Pt 4NH3 - (NIS,). BrIBr, ist der einzige Vertreter der Reihe der Amidobromtetraminsalze [Pt . 4NH3 - Br - (NH,)]X, und wird durch Einwirkung von waBrigem Ammoniak auf eine moglichst konzentrierte Lasung von Brompen- taminbromid dargestellt; es scheidet sich in Form eines gelben fein kristallinischen Niederschlages aus.

Es 16st sich etwas in Wasser, dem es eine alkalische Reaktion mitteilt (Phenolphtalein farbt es rot). Kach all seinen Eigenschaften und Reaktionen stellt das Bromid, wie schon gesagt, vollige Analogie mit dem Amido-chlor-tetraminsalzen dar, was uns von der Notwen- digkeit befreit, bei diesem Gegenstande hier noch weiter zu ver- weilen.

Die Analyse des an der Luft getrockneten Priiparates ergab folgendes:

1. 0,10:12 g Substanz gaben 0,0387 g Pt. 2 . 0,1501 g Substanz gaben 0,1649 g AgBr. 3. 0,1258 g Substanz gaben 0,0474 g Pt

4. 0,1233 g Subatanz: 2,s ccm l/,,n-HC1; 0,0465 g Pt. 5 . 0,0757 g Substanz: 9,3 ccm N (IS0, 744 mm).

Berechnet Gefunden

und beim Titrieren mit '/,,n-HCl - 2,1 ccm.

P t - 4 NH, - SH2Br,. Pt 37.60 1. 37,50, 3. 37,68, 4. 37,71 . Br 46, lR 46 ,75 . N 13,50 14,Ol.

HC1 7,03 3. 6,9(i, 4. 7,40.

Peteraburg (Leibingrad), Arhoryanisehe Abteilunq des thiversitats- lnborntoriums, Juai 1922.

Bei der Redaktion eingegangen am 20. Februar 19-24.


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