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28 L. Tsehugajefft und 33. Orelkin.

Uber einige komplexe Verbindungen des Platinehlorurs mit Aminoacetal.

Von L. TSCHUGAJEFF -1- und B. ORELICIN.~) VerkBt von E. FRITZMANN.

Durch die klassiechen Arbeiten von KLEVE und J~RQENSEN ist bekannt, daI3 bei Einwirkung irgendeines Amins A auf ein Salz vom Typus des Platosemiamins PtCI, 2 A, oder umgekehrt bei Ein- wirkung von Ammoniak auf ein Salz des Semiamins PtCl, 2A, ein und dieselbe Substanz entsteht.

Indessen hat aber J~RGENSEN 2, unliingst eine einzige Ausnahme von dieser anscheinlich fest begriindeten Regel konstatiert. Es ist ihm namlich gelungen , zwei verschiedene Verbindungen zu er- zielen, indem er 1. von Ammoniak (a) und dem Semiaminsalze [Pt . CI, 2(CH3),NH] (KOEFOED’S Salz) und 2. von Dimethylamin (d) und PEPBONE’S Chlorid [Pt 2NH, C Z ] ausging. Beide in dieser Weise dargestellten Salze lieBen sich sehr schlecht einer Unter- suchung unterwerfen.

Zu diesem Zwecke wurde im ersten Fall das KOEFOED’SChe Salz (10 g) in wiifhigem Ammoniak auf siedendem Wasserbade gelost, das Filtrat bei gewiihnlicher Temperatur im Zug bis zu einern Sirup verdampft, der allmahlich zu einer farblosen, strahligen, kristallinischen Masse erstarrte; drts entstandene Salz Ptdza,C1, bezeichnen wir mit A. I m zweiten Falle wurden 10 g PEYRONE’S Chlorid unter denselben Be- dingungen in 40 cm3 Wasser mit 30 cm3 30°/, ig. Dimethylaminlosung gelost, das Filtrat im Zug bis eu einem Sirup verdampft, der nur uber Schwefelsaure zu einer Masse erstarrte, welche aus ziemlich groBen, schlecht gebildeten Tafelchen bestand. Dieses Salz Pta2d,C1, bezeichnen wir mit B.

Da es nahe lag, daB diese beiden Salze, wenn nicht identisch sind, doch leicht ineinander iibergehen kiinnen, unterwarf JOR~ENSEN dieselben keiner Reinigung, um so mehr, da das Ausgangsmaterial

I) L. TSCHUQAJEFF u. ORELKIN, Compt. rend. 166 (1912), 1021; Zentralbl. 1913 I, 95.

*) JSRQENSEN, Z. anorg. Chem. 48 (1906), 374.

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rein war und die Salze auf einem recht einfachen Wege hergestellt wurden, und untersuchte deren Verhalten zu einigen Reagenzien, unter denen sich besonders K J und E(,PtCl, hervorheben.

Eine 10 o/oige A-Salzlosung bildet mit 10°/,iger KJ-Losung erst nach 12-24stiindigem Stehen gelbe, mit bloSem Auge zu unter- scheidende Blattchen, welche aus mikroskopisch feinen gezahnten Nadeln bestehen. Die B-Salzlosung bildet unter gleichen Bedingungen fast sogleich einen gelben pulverartigen Niederschlag, der aus mikro- skopisch kleinen zugespitzten Nadeln besteht.

Eine frisch und kalt bereitete 10 O/,,ige A-Salzliisung bildet rnit K,PtCl, (mit HCl angesauert) einen chamoisgelben Niederschlag von 4- und 6seitigen Nadeln, welche nicht dichroitisch sind, in Wasser wenig lbslich, bei 97 O Spuren verlieren; diese Substanz bezeichnen wir mit A . Eine langere Zeit gestandene A-Salzlosung liefert unter gleichen Bedingungen lange, diinne, carmoisinrote Nadeln, die der weiter beschriebenenB-Substanz entsprechen; laBt man dieselben in der Fliissigkeit stehen, so gehen diese Nadeln bald (hochstens in 48 Stnnden) in die groBen chamoisgelben Kristalle der A-Substanz iiber.

Die 10 O/,ige B-Salzlasung liefert rnit K,PtCl, nur carmoisin- rote, lange, diinne Nadeln, welche dichroitisch, in Wasser leichter loslich sind, bei 97O etwa 2,61-2,71 o/o wasser (1 Mol = 2,67 o/o) ver- lieren; diese Substanz bezeichnen wir rnit B ; lli6t man dieselbe in der Fliissigkeit stehen, so bleiben Nadeln viele Monate lang un- verandert und gehen nicht. in charnoisgelbe A'-Substanz iiber. Nimmt man aber die chamois- und carmoisinfarbenen Niederschlige aus A und kristallisiert dieselben um, so erzielt man carmoisinrote Nadeln, welche in der Mutterlauge nach einigen Tagen in chamoisgelbe uber- gehen; das in derselben Weise behandelte B-Salz liefert carmoisin- rote Nadeln, welche erst nach liingerem Stehen (10-12 Tage) und sehr unvollstandig in chamoisgelbe iibergehen.

Um auch die Annahme der Existenz einer wasserhaltigen (B,) und wasserfreien (A,) Substanz auszuschlieBen , hat J~EGENSEN die Laslichkeit dieser Substanzen bestimmt. Dieselbe ergab zwei Losungs- kurven in Form von zwei sehr annahernd parallelen geraden Linien, was auf die Existenz von zwei verschiedenen Chloroplatiniten A und B hinweist.

EB schien uns von groBem Interesse zu kontrollieren, ob diese eigenartige, sehr zarter Natur und nur einmal, in ziemlich unsicherer Weise festgestellte Isomerie auch unter anderen Aminoderivaten des Platins auftritt.

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Dieses w a r das Hauptziel, das uns bewog, die Untersuchung der gemischten Aminoacetalderivate des Platins mit Ammoniak und anderen Aminen zu unternehmen. Hier geben wir nur vorlaufige Resultate an.

Bei der Wahl der Untersuchungsobjekte gingen wir von der Annahme aus, daB das Auftreten der von J~RQENSEN vermerkten Isomerie besonders durch die tiefe Verschiedenheit der beiden im gemischten Salze enthaltenen Amine begunstigt wird.

I. Zu einer Losung von 5 g K,PtCl, auf 50 cm3 Wasser werden

3,85 g Aminoacetal (etwa ZOO/, mehr als die berechnete Menge) hinzugefiigt. Schon nach 5 Minuten entsteht eine Trubung und nach 12 Stunden Stehen ist die Fliissigkeit entfarbt; es entsteht ein gelber kristallinischer Niederschlag, mit braunlichen Flecken beslt, die von Spuren verharzten Aminoacetals herstammen. Der Niederschlag wird abfiltriert, mit Wasser und hernach mit etwas Alkohol und &her zur Entfernung des zersetzten Aminoacetals gewaschen. Die in dieser Weise dargestellte Substanz wurde durch Umkristallisieren aus siedendheigem Alkohol gereinigt. Dieselbe stellt lange Nadeln von weingelber Farbe dar, Schmp. 133 O, ziemlich leicht loslich in den meisten gebrauchlichen organischen LGsubgsmitteln (leicht in Chloro- form, Methyl- und &hylalkohol, etwas in &her und in wa6rigem Aminoacetat).

Die Analyse der Kristalle ergab folgendes: 0,1327 g Substanz gaben 0,0488 g Pt. 0,1393 g ,, ,, 6,56 cm3 N bei 23O und 757,5 mm.

PtCI, - 2 C,H,,O, X : Ber. Gef. Pt 36,65O/, 36,67O/,. N 5,26°/0 5,29 Ole.

Nach der Darstellungsmethode und dem Ergebnis der Analyss zu urteilen, kann die erzielte Verbindung nur ein Salz des Semi- amins sein, welches folgender Formel entspricht :

Cl\ /NH,. CH, . CH<OC,H5 0C2H5

Pt oder [Pt - 2A - Cl,], ci/ \NH,. CH, . C H < ~ % $

- .

wo A Aminoacetal bezeichnet. Nach der Theorie A. WERNER’S mug eine Substanz von solcher

Struktur kein gutes Elektrolyt sein. Die Bestimmung der molaren elektrischen Leitfahigkeit in Methylalkohollosung hat diese Annahme

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vollstandig bestatigt: bei Y = 100 ist p = 0,78 und bei Y = 1000 ist p = 2,35. Das Chlor dieser Verbindung wird in methylalkoholischer Losung sehr schwer durch Silbernitrat gefallt.

Die Molarbestimmung auf kryoskopischem Wege erwies, da6 diese Substanz in Benzollosungen stark polymerisiert ist. Fu r eine Losung von 2,3 g Substanz in 100 g B e n d wurde eine Depression d = 0,057O beobachtet. Gef. M = 2026 statt ber. M = 532. Des- gleichen wurde auch fur Athylenbromidlosungen gefunden : bei OJ9 g Substanz auf 100 g Kthylenbromid und d = 0,053O wurde gef.

Der Versuch, die erwahnte Verbindung [Pt - 2 A Cl,] aus heiBer Salzsaure umzukristallisieren, miiblang: es bildete sich eine amorphe, braunliche Substanz, deren Analyse 49,74O/, und 5 0 ~ 4 Pt erwies, was dem Platingehalt des Diaminoacetaldehydplatinchlorids (52,97 nahe kommt. Bei einem Versuch, diese Substanz zu reinigen, wurde eine spontane Zersetzung (Verharzung) beobachtet.

Mit dieser gelb gefarbten Substanz wird zugleich eine andere Verbindung gebildet, die farblos und sehr leicht loslich in Wasser ist und daher in der Reaktionsfliissigkeit gelost bleibt und nicht ausfallt. Diese zweite Substanz ist auch in Alkohol, Ather, Chloro- form loslich. Bei allmahlichem Verdunsten der Losungen scheidet sich dieselbe in Form von schonen pseudotetragonalen Kristallen aus, die den Schmp. 130,5O zeigen.

Diese Verbindung kann auch durch Einwirkung von Amino- acetal auf die erste gelbe Substanz in waibrigem Medium erzielt werden.

M = 2038.

Die Analyse der Kristalle ergab:

PtCl, * 4 C,H,,O, N: Ber. Gef.

Die Art der Entstehung und das Ergebnis der Analyse dieser Substanz zeigt, daB dieser Verbindung die Formel [Pt 4A]C1, zu- kommt, um so mehr, da das in derselben enthaltene Chlor voll- standig durch Silbernitrat in methylalkoholischer Losung gefallt wird.

Die Ausbeute der zweiten Substanz hangt von dem UberschuB der angewandten Aminoacetalmenge ab.

Wirkt man auf das zweite Chlorid mit 10°/,iger waibriger Losung von K,PtC14 ein, so erzielt man das Salz von der Struktur [Pt4A]PtC14, welches aus zwei komplexen Ionen, analog dem griinen &fAC+NTJS'SChen Salze besteht und einen rosafarbenen Niederschlag darstellt, welcher

0,1138 g Substanz gaben 0,0278 g Pt.

Pt 24,42"/,. 24,45OlO.

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in Methylalkohol ziemlich schwer loslich ist. Durch Umkristalli- sieren desselben aus Methylalkohol erhalt man seidene federartige Konglomerate mit dem Schmp. (127 O in der zitierten franzos. Notiz) 137O (nach dem Bericht von ORELKIN).

Die Analyse der Konglomerate ergab: 0,0890 g Substanz gaben 0,0327 g Pt. 0,1689 g ,, 0,0623 g Pt.

Pt, * 4(C,,H1,0,N) C1,: Ber. Gef. I. 11.

Pt 36,65"/, 36,i'4°/0 36,89'/,.

Das letztere Salz bildet feine, rosafarbene Nadeln, reagiert nicht, wie die meisten anderen Chloroplatinite, mit dem I-Chlorid REISET ; aber von grogem Interesse ist der Umstand, daf3 die umgekehrte Reaktion stattfindet : das griine MAGNus'sche Salz verandert die Farbe und wird rosa, wenn man mit einer wagrigen Losung von [Pt4A]C12 auf dasselbe einwirkt, wobei folgende interessante Wechsel- wirkung stattfindet:

Die Bestimmung der molaren elektrischen Leitfahigkeit dieser Ver- bindung in methylalkoholischer Losung ergab Resultate, welche mit der oben erwahnten Formel in vollem Einklang stehen: bei v = 2000 ist p = 79,7 (bei 25O).

11. Um die beiden der Formel (Pt2A 2NH3)CI, entsprechenden

bomere zu erzielen, wurde bei gewohnlicher Temperatur in fol- gender Weise verfahren: 1. eine LGsung aus 0,9 g des Chlorids [Pt 2A. Cl,], 2 cms 25O/, wagrigen Ammoniaks und 20 cm3 Wasser wurden zwei Wochen lang bis zur volligen Auflosung geschuttelt; 2. eine Losung aus 1 g Chlorid PEYRONE, 1 g Aminoacetal und 30 cm3 Wasser wurden drei Wochen lang bis zur volligen Auflijsung geschuttelt.

I n beiden Fallen wurden die Lijsungen iiber Schwefellure im Vakuum verdunstet, wobei glasartige Substamen zuriickblieben, die nach dem Waschen mit Ather sich in eine weitle, pulverartige Masse amwandelten und den Schmp. 127 O zeigten. Diese harzartigen Sub- stamen waren nicht in kristallinischem Zustande zu erhalten.

Die vielfachen Analysen dieser beiden Substanzen ergaben einen Platingehalt von 32,9*/, bis 34,2 Ole. Die Bestimmung der elektrischen Leitfahigkeit in watlriger Losung ergab in beiden Fallen p = 172 und 181 bei Y = 100, und p = 208 bei v = 1000.

[Pt4A]CI, + [Pt4NH3]PtC1, = [Pt * 4AIPtC1, + [Pt * 4NH3]C12.

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Komplexe Verbindungen des Platinchloriirs rnit Aminoacetal. 33

Um diese amorphen Verbindungen in irgendeiner Weise zu charakterisieren, wurden dieselben in die entsprechenden Chloro- platinite [Pt2A - 2NH,]PtCI, umgewandelt und deren Zusammen- setzung durch die Analyse bestgtigt.

Dieselbe ergab fur beide Falle : 1. 0,0813 g Substanz aus dem I-Chlorid gaben 0,0382 g Pt. 11. 0,1058 g ,, ,, ,, 11-Chlorid ,, 0,0496 g Pt.

I. 11. Ptz - 2NHs 2(C,Hl5O,N)C1~: Ber. Gef.

Pt 46,59O/,, 46,99”/,, 46,88°/0.

Aus allem Gesa,gten folgt, da6 wir keinen Unterschied zwischen den beiden aus den oben erwahnten Losungen dargestellten Chlor- platiniten finden konnten: beide scheiden sich in Form von mikro- skopischen Nadeln von violetter Farbe aus, sind unltslich weder in Wasser, noch in gewohnlichen organischen Losungsmitteln, beide zeigen einen und denselben Schmp. 151O.

Hieraus folgt, da8 die von J~RGENSEN vermerkte Isomerie in diesem Falle wahrscheinlich nicht stattfindet.

Gleichzeitig mit diesen Untersuchungen wurden auch Versuche rnit Dimethylamin und Aminoacetal angestellt.

Das KOEFOED’SChe Salz [PtCl, - 2(CH,),NH] wurde mit Amino- acetal einerseits und das Chlorid [Pt - 2A - CI,] mit Dimethylamin anderseits bei gewohnlicher Temperatur bis zur vollstandigen Losung geschuttelt, wozu in beiden Fallen ein Zeitraum von etwa drei Wochen notig war. Danach wurden die Lijsungen im Vakuum uber Schwefelsaure verdunstet, wobei in beiden Fallen sirupartige Chloride erzielt wurden. Beide Chloride gaben mit E2PtC14 oder K,PdCl, keinen Niederschlag.

Das aus dem KomoED’schen Salz und Aminoacetal erzielte Produkt bildete rnit Platinbromid einen orangeroten Niederschlag mit dem Schmp. 123O, dessen Analyse folgendes ergab:

0,0762 g Substanz gaben 0,0246 g Pt. [Pt 4A]PtBr,: Ber. Gef.

Das im zweiten Falle erzielte Produkt bildete rnit Platinbromid einen zahen, harzartigen Niederschlag von schwarz-braunlicher Farbe, der sich nicht reinigen lieB.

Die Bearbeitung des hinterbliebenen experimentellen Materials von L. TSCHUGAJEFF ist rnit diesen zwei Abhandlungen vollstandig beendet. Es bleibt mir nun noch ubrig, einige kleine Abhandlungen

Pt 31,40°/0 32,15O/,.

2. anorg. u. allg. Chem. Bd. 182. 3

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und Notizen ins Deutsche zu ubertragen, da dieselben nirgends in der Literatur vermerkt und referiert worden sind.

Zum Schlusse seien noch einige erganzende Bemerkungen zur Frage uber die Kenntnis des OsO, beigefiigt.

Erganzungen und Notizen zur Frage iiber die Verbindungen und die Analyse des Osmium (VIII)-oxyds.

Von E. FRITZMANN. I.

In einer kritischen Abhandlungl) bringt F. KEAUSS zum Aus- druck, daB L. TSCHUGAJEFF keine Verbindungen des Osmium (VII1)- oxyds in der Hand gehabt hat.

Ungeachtet dessen, dafi die Notiz kein experimentelles Material enthalt, das die Ansichten des Autors begriinden kiinnte, sei be- merkt, daB KRAUSS die von L. TSCHUGAJEFF erzielten Verbindungen nicht dargestellt, daher keiner vergleichenden Untersuchung unter- worfen hat und mit den Eigenschaften derselben nicht vertraut werden konnte.

Was die Bedenken und Einwendungen von KRAUSS in betreff einer moglichen Zersetzung und Reduktion anbelangt , so sprechen dagegen folgende U m s h d e .

Die klassischen Arbeiten yon C. CLAUS~) iiber Osmium und dessen Beobachtungen tiber das Verhaltnis des OsO, zu Alkalien und Erdalkalien lehren uns, daB ein UberschuB derselben oder er- hiihte Temperatur eine Desoxydation des OsO, hervorrufen und da8 das Abdampfen von Liisungen der osmiumsauren Salze oder die Ein- wirkung von verdiinnten Sauren die Reaktion 2 OsO, = OsO, + OsO, bedingt. In den Versuchen TSCHUGAJEFF’S sind diese Umstande vermieden worden. Die Einwirkung von sehr verdiinnter Schwefel- saure und Titration des ausgeschiedenen Jods mit Na2S,0, zeigt, daB das OsO, als solches (98-100°/,) in diesen Verbindungen ent- halten ist und dem OsO, - 45 entspricht.

Die Substanzen sind unter dem Mikroskop hell (bei Cs) oder gelb- braun (au8er bei Rb in c) und nur dem Anschein nach dunkel ge- farbt, was auf spurenweise Reduktion hinweist, da die hellgelbe Nuance sehr empfindlich gegen Schwarz ist, ein Umstand, der in der organischen Chemie wohlbekannt ist (Verharzung).

I) F. KRAUSS, Z. anorg. u. allg. Chem. 176 (1928), 343. 2, C. CLAUS, Pogg. Ann. 66 (1845), 200; J. pr. Chem. 34 (1845), 173;

E. FB%MY, Ann. Chim. Phys. (1844), 457.

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Eine Zersetzung fur die Verbindungen 20~0, - MOH ist vollig ausgeschlossen, da im festen Zustande (auf der Tonplatte) das Alkali zuriickbleiben miiBte und nur das OsO, sich verfluchtigen, daher eine Verschiebung des Verhaltnisses OsO, zu MOH nur zugunsten der Alkalien oder Basen, nicht aber umgekehrt stattfinden konnte.

Die unbestimmten, von mir in Frage gestellten Verhaltnisse beim RbOH (a, b, c) sind angefuhrt, um hervorzuheben, daB beim KOH und CsOH die Verhaltnisse SluBerst klar und leicht erziel- bar sind.

Endlich sei noch unterstrichen, da8 mit komplexen und organi- schen Basen stabile Verbindungen vom Typus 2 0 ~ 0 , 1 Base dar- gestellt worden sind, wobei keine Zersetzung und Reduktion statt- finden konnte (gelbe Farbung, Bildungsreaktion, Ausscheiden von 050, infolge von Feuchtigkeit , verdiinnten Sauren usw.).

Die Frage, ob eine Neutralisation oder Addition stattfindet, kann zurzeit nicht endgiiltig entschieden werden.

Bus dem Gesagten geht hervor, daB die Bedenken von KEAUSS unbegrundet sind und dab er viele Umstiinde nicht in Betracht ge- zogen hat. Die von uns in der Abhandlung 111l) aufgestellten Satze und Schliisse erachten wir daher als vollstandig richtig und durch die erwahnten Bedenken nicht im mindesten beruhrt.

Zum SchluB heben wir nochmals hervor, daB nur experimentell festgestellte Fehler oder entgegengesetzte Ergebnisse irgendwelche noch bestehenden Zweifel losen kiinnen.

I m Zusammenhang mit den in Abhandlung I11 l) beriihrten Fragen sind von mir verschiedene Molbestimmungen des OsO, in Wasser-, Bromoformlosung usw. angestellt worden, die in nachster Zeit ver- offentlicht werden sollen.

11. Eine zweite Notiz von F. KRAUSS~), die auf Ungenauigkeiten

beruht , scheint ein MiBverstandnis zu sein. Zur Erluterung und Aufklarung sei folgendes beigefugt.

Das entweichende OsO, wird nicht in Natriumsulfidlosung (davor wird gewarnt) aufgefangen ”), sondern in einigen Tropfen konz. NaOH, die nicht geniigen, das gesamte OsO, zu binden und die ubergehende Saure (H2S04) zu neutralieieren.

I) E. FRITZXANN, Z. anorg. u. allg. Chem. 172 (1928), 213.

2, F. KRAUSS u. SCERADER, Z. anorg. u. allg. Chem. 176 (1928), 395. s, E. FRITZXANN, Z. anorg. u. allg. Chem. 169 (1928), 336.

S. 221, Anrn. 2 ist statt Radium Barium zu lesen.

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Der Niederschlag wird nach dem Waschen mit Alkohol iiber- haupt nicht getrocknet, sondern naB uber einer Flamme anfangs vorsichtig erhitzt, ,,bis aller Alkohol und Spuren von Wasser sich verfluchtigt haben". Das langsame Durchsaugen der Luft (1 bis 2 Minuten) bezweckt nnr das Entfernen von iiberschussigem Alkohol, durch dessen Entflammen der Tiegel beim Erhitzen leicht springen konnte. AuBerdem ist reichlich Formalin vorhanden, wodurch jegliche Oxydation des Sulfids vermieden wird.

Durch Asbest konnen keine Fehler entstehen, wie dieses viele Kontrollversuche gezeigt haben (S. 363, 364).

Die Genauigkeit des Verfahrens und das Ausbleiben von Ver- lusten (im Mittel nicht uber - 0,05°/,) ist nicht nur durch die auf S. 363 angefiihrten Standardanalysen 2 und 3 festgestellt *), sondern vor Veroffentlichung des Verfahrens vom analytischen AusschuB des Platininstituts gepruft und bestatigt worden.

Was endlich die ,,unpraktische" Seite des Verfahrens betrifft, so geniigt es nur zu bemerken, daB die Untersuchung in der er- wahnten Abhandlung auf AnlaB der Staatsraffinerie fur Platin- metalle unternommen worden ist: dieselbe bedurfte einer schnellen und sehr exakten Methode, trotz der vielen analytischen Verfahren in der Literatur, denn bei der Bearbeitung von grogen Mengen Platinerz zieht jede geringe Ungenauigkeit des analytischen Ver- fahrens groBe Verluste und MiBversthdniuse bei Berechnung der Ausbeuten und bei verschiedenen anderen Kalkulationen nach sich. Die damit betrauten Fachleute konnten das richtige Urteil dar- iiber fallen.

I) Aualyse 1 ist fur Mittelproben eines inhomogenen Rohstoffes, 2 fur ein Handelspraparat in Form von kleinen Kiirnern (unzerrieben) und nur 3 ist fur eine homogene kristallinische Substanz angestellt worden, daher in ab- nehmendem MaSe die Unterschiede zwischen den parallelen Bestirnmungen.

St. Pe temburg (Lenningrad), Anorganisch-chemisches Labara- toriwm der Universitiit und Platininstitut der Akademie der Wissenschaften, 4. Mai 1929.

Bei der Redaktion eingegangen am 10. Mai 1929.


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