Unternehmen Armut������Herausforderungen und Chancen in ‘Base of the Pyramid’-Märkten
Martin Herrndorf Doktorand, Universität St.Gallen ���Institut für Betriebswirtschaftslehre
Von der Entwicklungshilfe zur internationalen Zusammenarbeit: Chancen nutzen - Zukunft gestalten
Seminar in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Entwicklungs- politik des Alfred-Weber-Instituts für Wirtschaftswissenschaften der Universität Heidelberg 22. - 24. Juni 2012 ���Tagungshaus Weingarten
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Übersicht
1. ‚BoP‘ – Ein Paradigmenwechsel?
2. Charakteristiken von Base of the Pyramid-Märkten
3. Innovationen und Geschäftsmodelle am BoP
4. Strategieprozesse und organisatorische Verankerung
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Übersicht
1. ‚BoP‘ – Ein Paradigmenwechsel?
2. Charakteristiken von Base of the Pyramid-Märkten
3. Innovationen und Geschäftsmodelle am BoP
4. Strategieprozesse und organisatorische Verankerung
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Die Entwicklungsziele
http://www.undp.org/mdg/
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Umwelt und Entwicklung
Ecological Footprint Human Development Index
WWF, ZSL, GFN. 2006. Living Planet Report 2006. WWF International, Zoological Society of London, Global Footprint Network.
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Woher kommt die Entwicklungshilfe?
IDA. 2007. Aid Architecture: an Overview of the Main Trends in Official Development Assistance Flows. International Development Association, Resource Mobilization (FRM).
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Wohin geht die Entwicklungshilfe?
Easterly, William, and Tobias Pfutze. 2008. “Where Does the Money Go? Best and Worst Practices in Foreign Aid”. Journal of Economic Perspectives 22
„Die Bürde des Weißen Mannes“ William Easterly
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CK Prahalad, University of Michigan
Aufregend und inspirerend Erschienen: 2004 Amazon Rank���#9,736, ���4.5 Stars
...
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Base of the Pyramid – Ein neues Paradigma?
Poor / Extreme poor���‘Base of the Pyramid’���= 4 Billion customers?
Traditioneller Fokus
Vernachlässigte Märkte
Middle class
High ���income
‘Inklusive Geschäftsmodelle’
Anwara Begum, ���Grameen 'telephone lady' (Credit: Nurjahan Chaklader)
Based on Prahalad, C. K., and Allen L. Hammond. 2002. “What Works: Serving the Poor, Profitably”. Harvard Business Review 4-11.
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Übersicht
1. ‚BoP‘ – Ein Paradigmenwechsel?
2. Charakteristiken von Base of the Pyramid-Märkten
3. Innovationen und Geschäftsmodelle am BoP
4. Strategieprozesse und organisatorische Verankerung
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Zugang zu Produkten und Dienstleistungen
Prahalad, C. K. and Allen L. Hammond. 2002. What Works: Serving the Poor, Profitably. Harvard Business Review 4-11.
Poverty Penalty
cost in poor quarter
cost in rich quarter
Die Armen haben keinen adäquaten Zugang zu
Produkten und Dienstleistungen
Unternehmen können Produkte und
Dienstleistungen anbieten.
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Market size of the BoP - Overview
Hammond, A. L., W. J. Kramer, R. S. Katz, J. T. Tran and C. Walker. 2007. The Next 4 Billion – Market Size and Business Strategy At the Base of the Pyramid. Washington, DC: International Finance Corporate, World Resources Institute.
Kontinenten,���Ländern,���Regionen, Stadt-Land-Unterschiede
Einkommens-Schichten
Sektoren, ���Sub-Sektoren, Produktlinien...
Zeitliche ���Entwicklung
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Das Bild der Armen – Die euphorische Sicht
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„The poor themselves can
create a poverty-free world — all
we have to do is to free them from the
chains that we have put around
them.“
Muhammad Yunus
‚Die Armen‘ sind: • Unternehmerisch
• Kreativ
• Vorausschauend • Effizient
• Sparsam
• Informiert
• Wählerisch
• Kritisch • ...
Siehe auch: Easterly, William. 2008. “Trust the Development Experts – All 7bn”. Financial Times
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Das Bild der Armen – Die kritische Sicht
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„...this rosy view of poverty-stricken
people is not only wrong, but also
harmful. It allows corporations,
governments, and nonprofits to deny
this vulnerable population the protections it
needs.“
Aneel Karnani
‚Die Armen‘ sind: • Träge
• Traditionell
• Kurzfristig orientiert • Ineffizient
• Verschwenderisch
• Uninformiert
• Leicht verführbar
• Unreflektiert • ...
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Das Bild der Armen – Die kritische Sicht
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„A sampling of what we learned from interviews with microfinance borrowers in Andhra Pradesh appears in the graph below. These customers — like most at any income level — are interested in status symbols, entertainment, and conveniences. The data suggest that educating low-income customers about the value of socially beneficial products and services is a significant challenge.“
Karamchandani, Ashish, Michael Kubzansky, and Paul Frandano. 2009. Emerging Markets, Emerging Models: Market-Based Solutions to the Challenges of Global Poverty. Monitor Group.
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Das Bild der Armen – Die ‚integrierte‘ Sicht
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Euphorisch Kritisch Integriert Unternehmerisch Träge Risikoavers & unterkapitalisiert Kreativ Traditionell Ohne Zugang zu „Standard-Lösungen“ &
sozial eingebunden Vorausschauend Kurzfristig orientiert Kreditbeschränkung ���
& kurze Lebenserwartung Effizient Ineffizient Fehlender Zugang Technologie, dafür zu
subventionierten / „freien“ Gütern Sparsam Verschwenderisch Auf sozialen Status und Zugehörigkeit bedacht Informiert Uninformiert Von neuen Informationen überschwemmt &
Zugang zu alternativen Informationsquellen Wählerisch Leicht verführbar Von neuen Produkten überrascht Kritisch Unreflektiert Folgen eigenen Heuristiken
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Armut als dynamisches Problem
immer arm | normalerweise arm | wechselnd arm | manchmal arm | nie arm
immer arm
normaler-weise arm
wechselnd
arm
manchmal arm
nie arm
Aktueller Status
Vor
10 Ja
hren
Situation unverändert
Verbesserung der Situation Armutsreduzierung
Verschlechterung Verarmung
Keine���Fälle
Hulme, D, and A Shepherd. 2003. “Conceptualizing Chronic Poverty”. World Development 31:403-23.
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Ursachen von Armutsdynamiken
Neues Einkommen
Hulme, D, and A Shepherd. 2003. “Conceptualizing Chronic Poverty”. World Development 31:403-23.
Verlorenes Einkommen
Formale Anstellung
‚Remittances‘ Kinder haben (städtisches) Einkommen
Erbe Regierungs-��� subventionen
Tod des Haushaltvorstands
Lange Krankheit Geschäfts-���gründung
Schlechte Geldanlage
Hausbrand
Land ���weggeschwemmt
Drogen-���Abhängigkeit
immer arm | normalerweise arm | wechselnd arm | manchmal arm | nie arm
immer arm
normaler-weise arm
wechselnd
arm
manchmal arm
nie arm
Aktueller Status
Vor
10 Ja
hren
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Übersicht
1. ‚BoP‘ – Ein Paradigmenwechsel?
2. Charakteristiken von Base of the Pyramid-Märkten
3. Innovationen und Geschäftsmodelle am BoP
4. Strategieprozesse und organisatorische Verankerung
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Beiträge zur lokalen Wertschöpfung
Nach: KPMG. 2008. “Profiting From the Poor? Considerations for Investing At the Base of the Pyramid”. Sustainable Insight: Your quarterly insight into sustainability
Steigerung der Kaufkraft
Geschäftsmodelle an der Base of the
Pyramid
Produkte zur Steigerung der Produktivität /
Kostenersparnis
Lokale wirtschaftliche Aktvität
Einkommen / Anstellung
Produkte zur Verbesserung der Lebenssituation
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Eine Kosten-Revolution für den BoP
Karamchandani, Ashish, Michael Kubzansky, and Paul Frandano. 2009. Emerging Markets, Emerging Models: Market-Based Solutions to the Challenges of Global Poverty. Monitor Group.
• Reduzierung auf Basis-Dienstleistungen
• Einsatz effizienter Technologien (LED)
• Gemeinsame Nutzung von Vertriebskanälen
• Standardisierung
• Einsatz von „para-skilled“ Kräften
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Geschäftsmodell-Innovationen
‚Innovationen‘
Finanzierungs-probleme
Risiko-Aversion
Sektorale Abhängig-
keiten
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Finanzierungsprobleme
• Für ‚bessere‘ Lösungen werden oft Anfangsinvestitionen benötigt, auch wenn die Kosten über die Zeit weg geringer sind
• Armen Haushalten fehlen oft die finanziellen Mittel, größere Investitionen zu tätigen
• Möglichkeiten, Barriere zu überwinden:
• Pay Per Use: Haushalte bezahlen nicht für Gerät, sondern für Service (Solarkiosk)
• Finanzierungsoption: Verbindung zu Mikro-Finanzinstitut / Ländlicher Bank (Solar-Home-Systems)
• Modulare Produkte: Ausbaufähige Minimalprodukte (Solarlampen)
• Kollektive Lösungen: Aufbau von Genossenschaften (Mini-Netz)
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Risikoaversion
• Vielfältige Risiken bei Innovationen (Wetter, Preisrisiken, Umgang mit neuer Technologie, etc.)
• Oft starke Risikoaversion bei armen Haushalten
• Gründe: Wenig Absicherung / Ersparnisse, Potentiell katastrophale Auswirkungen bei Risikoeintritt
• Möglichkeiten, Barriere zu überwinden:
• Mikro-Versicherungen: Helfen, externe Risiken, zum Beispiel Wetter, abzufedern (Index-Versicherungen)
• Langfristige Verträge: Helfen, Preis- und Nachfrageschwankungen abzusichern (Premium-Kaffee)
• Auftragsfertigung: Nur bestimmte Schritte werden, nach festgelegten Kriterien, an arme Haushalte übergeben (Contract-Farming)
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Sektorale Abhängigkeiten
• Verschiedene Neuerungen spielen ineinander / starke Abhängigkeiten
• Beispiel: Mobilfunk & Elektrizität
• Gründe: Wenig Absicherung / Ersparnisse, Potentiell katastrophale Auswirkungen bei Risikoeintritt
• Möglichkeiten, Barriere zu überwinden:
• Diversifizierung: Unternehmen macht Angebote in verschiedenen Sektoren (Business-Groups)
• Partnerschaften: Partnerschaften zwischen Unternehmen aus verschiedenen Sektoren (zB Mikrokredit-Energie)
• Kopplung: Geschäftsmodelle verbinden verschiedene Sektoren (Solar-Wasser-Kiosk)
Fisman, R., and T. Khanna. 2004. “Facilitating Development: The Role of Business Groups”. World Development 32:609-28.
Access to mobile phones / communication
Yes No
Acc
ess
to e
lect
ricity
Yes
High use value & willingness to pay
for crucial product,
high ability (as
mobile phone safes
travel expenses or
allows new employment)
Limited additional use for electricity
(lighting needs
already covered
through
kerosene), low
willingness to pay
No
(uns
afe,
unr
elia
ble,
un
affo
rdab
le)
High barrier to usage (batteries
often have to be
send away to be
charged), limited
use value and
willingness / ability to pay
Assumed baseline scenario, no
business
proposition
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Übersicht
1. ‚BoP‘ – Ein Paradigmenwechsel?
2. Charakteristiken von Base of the Pyramid-Märkten
3. Innovationen und Geschäftsmodelle am BoP
4. Strategieprozesse und organisatorische Verankerung
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Markt-basierte Mechanismen
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Lokale Einbettung am Base of the Pyramid
Muhammad Yunnus Gründer Grameen Bank
• Nicht-für-Profit / Niedrig-Profit-Organisationen
• Finanziell selbsttragend • Ziel sind “social
businesses” (Yunus)
• Lokal angepasst • Lernprozesse vor Ort • Eher Sozialisierung als Training,
langfristige Prozesse
• Partnerschaft mit profitorientierten Unternehmen in klaren joint-venture Strukturen
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Standardisierung und Professionalisierung
ikrofinanz?
Vikram Akula ���Gründer���
SKS Microfinance
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Standardisierung am Base of the Pyramid
Der Ansatz “Akula / SKS”
Profit-orientiertes Modell um Finanzmittel von traditionellen Investoren zu akquirieren
– Standardisierte Produkte ���– Standardisierte Trainings���– Moderne Technologie
– Kosten senken ���– Fehler zu minimieren ���– Produktivität steigern
„Starbucks and McDonalds“
Akula, Vikram. 2008. Business Basics At the Base of the Pyramid. Harvard Business Review 86:53-57.
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“Professor Yunus was right (...) Bringing private capital into social enterprise was much harder than I anticipated.”
Standardisierung und Professionalisierung
Vikram Akula ���Gründer���
SKS Microfinance
The Social Enterprise Conference, Harvard University, 25 & 26 February 2012
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Partnerschaften zwischen Unternehmen & NGOs
Seelos, Christian and Johanna Mair. 2007. Profitable Business Models and Market Creation in the Context of Deep Poverty: A Strategic View. Academy of Management Perspectives 21
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Schrittweise Entwicklung von Geschäftsmodellen
Source : Nach http://www.symbiotics.ch/en/microfinance-institutions.asp���Darius Capital Partners
Finanzierung:
Eigenkapital
Fremdkapital
Spareinlagen
Unkommerziell, Spenden
Kommerziell / marktkonditionen
Impact-Investoren, preferential loans
NGO Bank NBFI / MFI
NGO: Non-Governmental Organisation MFI: Mikrofinanz-Institution NBFI: Non-Banking-Finance-Institution
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Differenzierte Finanzierungsstrukturen
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Differenzierte Finanzierungsstrukturen
30-2000 USD ���25%-120%
100k-2mio USD ���8%-13%
zB: ab 2000 USD, 2% (oikokredit) 4%-7%, 10k-100k USD (Funds) > 10 mio USD (Entwicklungsbanken)
Graphik: DB Research ���Kennzahlen: Eigene Ergänzung
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Schlussworte
‘Base of the Pyramid’ ist
…nicht ‘die Lösung’, sondern ein Bündel neuer, teils sehr heterogener Herangehensweisen, die etablierte Ansätze ergänzen (zB Katastrophenhilfe, Regulierung, Good Governance, etc.)
…kein festes Vorgehen, sondern ein beständiger und teils schwieriger Lernprozess.
…vielversprechend, auch wenn es bisher zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen geführt hat (von Skalierung & Profit zu Skandal & Pleite)
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Schlussworte
Fragen? Kommentare?
Danke für Ihre ���Aufmerksamkeit.
Martin Herrndorf Doktorand, Universität St.Gallen ���Institut für Betriebswirtschaftslehre
Von der Entwicklungshilfe zur internationalen Zusammenarbeit: Chancen nutzen - Zukunft gestalten
Seminar in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Entwicklungs- politik des Alfred-Weber-Instituts für Wirtschaftswissenschaften der Universität Heidelberg 22. - 24. Juni 2012 ���Tagungshaus Weingarten