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IX. Untersuchungen iiber die Platinmetalle.

Von

Wolcott Gibbs.

(AUS dem American Journal of Science and Arts, 2. Ser., vol. XXXL Jan. 1861.)

Das Material, welches den Gegenstand dieser Unter- suchung bildete , war vorzugsweise von der Probiranstalt der Vereinigten Staaten und von der Munze in Philadel- phia erhalten ; etwa 600 Grm. waren sibirisches Osmiridium. Dem ausseren Ansehen nach differirten die zu verschie- denen Zeiten von der Munze erhaltenen Proben sehr yon ein ander.

Da das californische Erz von dem sibirischen in der relativ grosseren Menge von Ruthenium, welche es enthalt, abweicht, und die Verschiedenheit des Erzes eine ver- schiedene Behandlung desselben nothwendig macht, so ist trotz der Untersuchungen von W o l l a s t o n , B e r z e l i u s , W o h 1 e r , C 1 a u s u. A. dennoch Vieles aufzuklaren ubrig gehlieben. Der Umstand ferner, dass dem Verf. grosse Mengen von Material zu Gebote standen, welche fast samnitliche bisher in Vorschlag gebrachte Methoden zur Aufschliessung und Trennung der Platinmetalle auf ihre Gute zu priifen erlaubten, veranlasste ihn , seine hierbei gemachten Erfahrungen mitzutheilen.

Die Methode F r e m y’s (s. dies. Journ. LXII, 3401, das Erz durch Rosten im Sauerstoffstrom von der uberwiegen- den Menge der Osmiumsaure zu befreien, darauf die zu- riickbleibende Masse mit Salpeter zu schmelzen und aus ihr durch Salpetersaure den Best der Osmiumsaure abzu- destilliren, l%st sich nach des Verf. Versuchen nur in den Fallen mit Erfolg anwenden, wenn das ursprnugliche Erz vie1 Osmium enthiilt. Andwenfalls wird durch den Rost- process nur wenig Osmiumsaure ausgetrieben, und es er- scheint dann besser, sofort nach der Ton C l a u s empfoh-

Journ. I. pmkt. Chernie. I.IXXIV. 2. 5

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lenen Methode das Erz rnit Salpeter und Kali zu schmel- Zen. In einem Versuche , aiigestellt mit californischem Erz nach F r e m y ’ s Methode wurde durch Rosten bei Weissgluth nur wcnig Osmiumsaure erhalten, und das zuriickbleibende Erz war in Folge des grossen Eisengc- haltes zur krystallinischen Masse geschmolzen.

P e r s o z (s. dies. Journ. 11, 473) verwandelt durch starkes Erhitzen bis zur Weissgluth das Osmiridium mil- telst einer Mischung von kohlensaurem Natron und Schwe- fel in die Sulfide, lost darauf mit Wasser die alkalischen Schwefelverbindungen auf und erhitzt die ruckstiindige Masse mit Quecksilberoxyd , wobei Iridiumoxyd bleibt, wahrend Osmium und Quecksilber entweichcn. W e i s s und D o b e r e i n e r (Ann. d. Pharm. XIV, 15) hahen diese Umwandlung der Platinmetalle in Sulfide hestiitigt. Sie empfehlen nach dem Ausziehen des Schwefelnatriunis und Schwefeleisens durch Wasser uncl Salzsaure , die Sulfide der Platinmetalle mit kohlensaurem Kali und Salpeter zu schmelzen, um sie zu oxydiren.

Der Verf. fand diese Methode fur das californische Erz ebenfalls anwendbar. Die nach der Schmelzung init Chlorwasserstoffsaure behandclten Schwefelmetalle wider- standen ltochendem Konigswasser und zcigten mit Chlor- gas bei Rothgliihhitze hehandelt lieine merkbare Einwir- kung. Durch Schmelzen rnit Kali und Salpeter oder mit kohlensaurem Kali und Salpeter wurden sie aber kraftig angegriffen. Doch liess sich wegen des starken Aufschiiu- mens diese Eehandlung nur in kleinem Maasstabe &us- fiihren.

Der erwahnte Uebelstand liisst sich indessen umgehcn, Venn man, vor dcr Oxydation der Schwcfelmetalle, dicse zu Metal1 reducirt. Das Verfahren hierzu wurde dem Verf. von Dr. G e n t h mitgetheilt, und besteht darin, dass man die Schwefelmctalle rnit einem Ueberschuss von con- centrirter Schwefelsaurc zur Trocline verdampft und darauf schwach gliiht. Der graue, metallische, schwamniige Ruck- stand kann alsdann nach der Methode von C l a u s leicht oxydirt werden.

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Bei sorgsamer Leitung giebt dieser Process gute Re- sultate , doch ist e r nicht frei von Unbequemlichkeiten. Denn die Behandlung mit Schwefelsaure muss zwei Ma1 wiederholt werden, um versichert sein zu k h n e n , dass die Umwandlung der Sulfide in Metalle vollstandig war. Das Schmelzen der fein zertheilten Metalle mit Kali und Salpeter hat auf der anderen Seite die Misslichkeit, dass durch die krgftige Einwirkung der Stoffe auf einander durch Spritzen leicht Verluste entstehen. Diese Gefahr kann nur vermieden werden, wenn man erst in das schon ruhig fliessende Gemisch von Kali und Salpeter den metallischen Schwamm in kleinen Portionen eintragt und jedes Ma1 mit dem ferneren Eintragen wartet , bis die Einwirkung voll- endet ist. Die Verwandlung der Platinmetalle in Sulfide und die darauf folgende Reduction in den metallischen Zustand halt der Verf. fur weniger brauchbar, als ein di- rectes Schrnelzen des Erzes mit oxydirenden Mitteln.

Versuche, die Erze mit Stahl, Phosphor, Arsenik und Natrium zusammenzuschmelzen fuhrten zu keinem anwend- baren Resultat fur die Aufschliessung.

W 6 h 1 e r’s Methode (Po g g. Ann. XXXI, 161), welche darin besteht, iiber eine zur schwachen Rothgluth erhitzte Mischung von Osmiridium mit Kochsalz feuchtes Chlorgas zu leiten ubertrifft alle anderen Methoden an Eleganz und giebt Bei Arbeiten im kleinen Maasstabe recht gutc Re- sultate, obgleich mehrere Wiederholungen des Processes erforderlich sind, um die vollige Ueberfuhrung des Erzes in losliche Form zu erxielen. Diese Methode wurde sich auch vortheilhaft fur die Verarbeitung grasserer Mengen Erz eignen, wenn man sich grosser Porcellangefbse von plattgedruckt ellipsoidischer Form bedienen konnte, die an jedem Ende mit einer weiten 11ohre von einigen Zoll Lange versehen sind.

F r i t z s c h e und S t r u v e (s. dies. Journ. XXXT’II, 483) schmelzen das Ere mit gleichen Theilen von Kalihydrat und chlorsaurem Kali, wobei kein merkbares Entweichen von Osmiumsaure stattfindet. Die Tcmperatur darf bei diesem Process nicht hoch sein, das anfanglich starke Aufschaumen der Masse erfordert aber grosse Gefiisse.

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Dieser Umstand, sowic der grossere Kostenpunlit ist es, wesshalb der Verf. dem yon C l a u s angegebenen Ver- fahren den Vorzug ertheilt.

Die Methode von C l a u s (Bcitrage zur Chemie der Platinmetalle, Dorpat 1854) besteht bekanntlich darin, dass das Erz rnit 1 Th. Ihl ihydrst und 2 Th. Snlpeter bei Roth- gluth geschmolzen wird. Die erkaltete IClasse wird darauf mit Wasser ausgelaugt , urid die tief orangerothe Flussig- keit, welche osmiunissures und ruthenssurcs Iiali entliBlt, mit einem IIeber entfernt. Der mit R'asscr aufgeruhrte Eodensatz wird dann, nachclem sich die schwereren , un- angegriffenen Erztheile gesetzt haben, abgcgossen, worauf das noch unzersetzte Erz sbcrmals derselben Cehandlung unterworfen wird. C l a u s versichert, dass cr in zwei Operationen das Erz vollstandig gclost habe.

Der Verf. war dagegen bci Anwendung des californi- schen Osmiridiums nicht so gluclilich. So waren z. B. bei 2 Schmelzungen yon 500 Grm. Erz nur 200 Grm. in den loslichen Zustand ubergefuhrt. Sehr wesentlich fand cr fur ein gutes Gelirigen des Processes vorhergehendcs Schmelzen des rohen Erzes niit kohlensaurem Natron, darauf folgendes Auslaugen und Auswaschen mit Wasscr, um die KiesclsLure und andere Verunreinigungen zu cut- fernen.

Die Trennung des Osmiunis und nutheniums nach dcm Verfahren von C 1 a u s hat die Uribeciuemlichliciten, dilss die zur Losung der aufloslichen Thcile erforderte Menge Flussigkeit sehr gross, die Destillation derselben mit SBurcn durch die Anwendung sehr grower Retortcn demnach Iagtig ist , und dass man sich ausserdem nicht geniigend gegen clic Diimpfc der 0smiums:iure schutzen kann. Der Verf hat clcsshalb folgende Metliotle vorgezogcil.

Die geschmolzene Masse wird zerkleincrt uiid rni t Wasser, dem ein Zehntel seines Volumens starker Alkohol zugesetzt ist , in einem eisernen Gefasse gekocht, bis die Schmelze vollstandig zertheilt ist. Hierbei wird das os- miumsaure Tiali zu osmigsaureni Iiali reducirt , wBhrcnd das ruthciisaure Iiali ganzlich zerlegt wircl und das nu- theniutn als eiri schwarzes Oxydgemenge abscheidet. Dic

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Flussigkeit wird dann mit dem leichten Bodensatz abge- gossen, der Riickstnnd abermals mit Wasser und Alkohol gekocht und nach einigem Stehen abgegossen. Man er- halt so eine Ilosung von osmigsaurem Kali, eine grosse Menge schwarze Oxyde und ein schweres, grobes Pulver unzersetzten Erzes. Letzteres wird wieder mit Kali und SaIpeter behandelt und wie angegeben weiter verarbeitet. Hatte da,s Erz die vorhergehende Reinigung durch Schmel- zen mit kohlensaurein Natron erfahren, so findet man, dass nach 2 successiven Oxydationen die zuruckbleibenden schweren Yortionen hauptsachlich aus Eisenoxyd, von dem angewandten Gefass herriihrend, bestehen.

Die Losung des osmigsauren Kalis wird mittelst eines Hebers von den schwarzen Oxyden, nachdem sie sich zu Boden gesetzt haben, entfernt. Diese enthalten ebenfalls noch einen Theil des im Erze enthaltenen Osmiums; sie werden, nachdem sie mit heissem Wasser und Alkohol gewaschen sintl, in eine geraumige Tubulatretorte uber- gefuhrt. Durch den Tubulus derselben geht ein Sicher- heitstrichter, durch welchen allmahlich starke Chlorwasser- stoffsiiure eingetragen wird. Dabei findet eine sehr hef- tige Reaction statt, wodurch SO vie1 Hitze entbunden wird, dass ein Theil der Osmiumsaure iiberdestillirt. Die Retorte ist desshalb mit einer kalt gehaltenen und dicht schlies- senden Vorlage versehen, welche wiederum durch weite Abzugsriihren mit 2 oder 3 doppelhalsigen Flaschen ver- bunden ist, die eine starke Kalilosung und ein wenig Al- kohol enthalten. Die giftigen Eigenschaften der Osmium- saure erfordern einen vollig luftdichten Verschluss in allen Theilen des Apparates ; und die Verbindungsrohren miissen, um moglicherweise vorkommende Verstopfungen durch auskrystallisirte Osmiumsaure zu verhindern, von nicht zu geringer Weite sein. Sobald ein Ueberschuss an Saure zugesetzt ist und die dabei eingetretene Einwirkung auf- gehort hat, wird die Destillation durch Erhitzen in1 Sand- bade fortgesetzt, bis sich keine OsmiumsBure mehr im Betortenhals absetzt, und die daselbst condensirte in Oel- tropfen abgeflossen ist. Nachdein die Destillation beendigt itnd die Retorte abgekuhlt ist, wird die Vorlage abgenom-

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men und sogleich mit einem Kork verschlossen. Durch massiges Erhitzen im Wasserbade treibt man die daselbst condensirte Osmiumsaure in die zweihalsigen Flaschen. Den Inhalt derselben dampft man rnit der direct von dcr Schmelzung des Erzes erhnltenen Losung zusammen irn Wnsserbade ab und erhiilt daraus durch Abkuhlen Krys- talle von osmigsaurem Kali. Dieses Salz ist in starlren Salzlosungen schwerloslich, wesshalb die Mutterlsuge von den Krystallen nur noch Spuren von Osmium enthiilt und als werthlos fortgeschuttet werden kann.

Die dunkelrothbraune in der Retorte zuruckgebliebene Flussigkeit wird zur Trockne verdampft, dsrauf mit Was- ser und wenig Salzs5m-e versctzt, wieder eingedampft, und dieser Process wiederholt, bis kein Geruch nach Osmium- sLure bemerkbar ist. Rlsdann wird eine kalte, gesattigte C hl or k aliuml o sun g in g r o s s e m U e b e r s chu s s z u g e set z t . D i e s e lost die Chloride des Eisens und Palladiums und lasst die Chloride des Platins, Iridiums, Rhodiums und Rutheniunis als unlosliche Doppelsalze Izuriick. Letztere werden an- fangs mit einer gesattigten Chlorkaliumlosung ausgc- waschen, die spater durch einc Salmiaklosung ersetzt w i d .

Schliesslich mag es nicht oline Interesse sein, das Yorkommen der Platinmetalle und deren Verwerthung in Californien zu erwahnen. Es scheint, als ob jene Platin- metalle stets zugleich mit dem Gold lagern, und an dieses so innig gebunden sind, dass sie durch Waschen davon nicht getrennt werden konnen. Die Probiranstalt schniilzt dieses Gold mit seinem doppelten Gewicht Silbers, l5sst absitzen und giesst die Goldlegirung ab. Nach Wieder- holung dieser Operation, urn den letzten -4ntheil Gold auszuziehen, behandelt man den Ruclrstand mit Salpeter- salzsaure, und was sich darin nicht lost, wird an die Fabri- kanten der Goldfedern verlrauft, welche sich die hartester1 Partikeln fur die Spitzen der Schreibfedern aussuchen und den Rest des Osmium-Irids an die Munze zuruckgeben. Der auf diese Weise resultirende Antheil von Osmium-Irid betragt auf jede Million Dollar Gold nur wenige Unzen, er war im ersten Jahre 4 Unze, dann 7-8 t l nzen , dann wieder weniger, und letztes Jahr so reichlich als je.

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Ucbcr Legirungen. 71

Die fur die Goldfedern tauglichen Korner von Osmium- Iridium sind rundlich und dicht, blattern sich nicht auf beim Schlngen oder Erhitzen, und sind so klein, dass 10-15000 vori ihnen auf eine Unze gehen. Ihr Werth ist mindestens 250 Doll. pro Unxe oder 2750 Doll. pro Cub.-Z.

Der iibrige Ruckstand von diesen ausgesuchten K6r- nern hat zur Zeit noch keine Verwendbarkeit gefunden.

x. Ueber Legirungen.

Urn die Gesetze der elektrischen Leitungsfahigkeit von Legirungen zu nntersuchen, hat Dr. A. M a t t h i e s s e n (Pogg. Ann. CX, 21) eine grosse Anzahl derselben aus verschiedenen Metallen dargestellt und deren specifisches Gewicht genommen. Zugleich wurde das specifische Ge- wicht derjenigen Metalle, welche die Constituenten der fraglichen Legirungen ausmachten, bestimmt, und da genau gewogene Mengen derselben in die Legiruiig einverleibt wurden, so ist auch des spec. Gew. derselben von drei Gesichtspurikten aus (den Volamen , Aequivalenten und Gewichten) berechnet worden. Wir entnehmen aus diesen Mittheilungen nur die spec. Gew. der einzelnen Metalle und verweiscn rucksichtlich des ihrer Legirungen auf die im Original befindlichen umfangreichen tabellarischen Zu- sammenstellungen.

Folgende Metalle sind es, deren spec. Gew. i m Mittel nus drei Bestimmungen (mit A u s n a h a e des Silbers) bei der nebenstehenden Temperatur ermittelt sind :

Antimon 6,713 bei 14,3' C. Zinn 7,294 ,, 123 ,, Cadmium 8,655 ,, 10,5 ,, Wismuth 9,823 ,, 12,3 ,, Silber 10,468 ,, 13,2 ,, (Mittel aus 13 Bestim- Blei 11,376 ,, 13,5 ,, mungen, die zwischen Quecksilber 13,573 ,, 14,5 ,, 10,424 und 10,511 Gold 19,265 ,, 12,8 ,, schwankten.)


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