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Ausgabe August 2015

Zeitschrift fĂŒr FĂŒhrungskrĂ€fte in der Chemie

VAA Magazin

Industrie 4.0:

Befi ndlichkeit: Stabile Stimmung

VölligeVernetzung

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FĂŒhrungskrĂ€fte fĂŒr FlĂŒchtlinge

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sich FlĂŒchtlinge vor KĂ€lte schĂŒtzen können. FĂŒr 200 Euro

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FĂŒr jedes geworbene Mitglied spendet der VAA der UNO-FlĂŒchtlingshilfe 25 Euro, fĂŒr das zweite

Mitglied 50 Euro und fĂŒr jedes weitere Mitglied 100 Euro.

Bankverbindung UNO-FlĂŒchtlingshilfe:

Sparkasse KölnBonn

IBAN: DE78 3705 0198 0020 0088 50

Kennwort: VAA

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VAA MAGAZIN AUGUST 2015 3

Editorial

Lange haben wir uns der Illusion hingeben können, das FlĂŒchtlingsthe-ma ginge uns nichts an. FlĂŒchtlinge? Das waren anonyme Massen, Af-rikaner, die irgendwo am Mittelmeer strandeten, wenn sie die Odyssee auf ihren Nussschalen ĂŒberhaupt ĂŒberstanden. Manche ertranken. Vie-le ertranken. 700 am Tag. Die Schreie, die Panik, das Sterben wurden lauter, aber es drang nicht wirklich zu uns herĂŒber. Die Innenminister der EU jedenfalls hörten es nicht. Wochenlang feilschten sie um jeden FlĂŒchtling. Der Verteilungskampf um Quoten sorgte fĂŒr böses Blut: „Wenn das eure Idee von Europa ist, dann könnt ihr sie fĂŒr euch be-halten“, tobte Italiens MinisterprĂ€sident Matteo Renzi im Kreis der Staats- und Regierungschefs.

Nach den Afrikanern kamen Syrer, die dem Krieg ihres Landes ent-flohen, Afghanen, Kosovaren. Es wurden mehr und mehr. Und es will einfach nicht aufhören. Bald werden wir nicht mehr von Migration, sondern von Völkerwanderung sprechen. Was machen wir, wenn sich nicht mehr Tausende, sondern Millionen auf den Weg machen? Wenn diese Menschen sagen: „Ihr könnt euer MilitĂ€r schicken oder Bomben werfen, wir gehen weiter.“ Man kann es drehen und wenden wie man will: Die Frage, wie man mit diesem Thema umgeht, wird eine der grĂ¶ĂŸten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts sein. Wir können die ZĂ€une noch so hoch machen, es wird das Problem nicht lösen. Genauso wenig wie eine unge-zĂŒgelte Zuwanderung. Die Bundeskanzlerin hat Recht: Deutschland und Europa können nicht alles Leid der Welt heilen oder jedes FlĂŒchtlingsproblem bei uns lösen. Nein, das können wir nicht.

Allerdings können wir die Augen öffnen und politische Lösungen einfordern. Die Bundesregierung auffordern, sich heftiger als je zuvor auf EU-Ebene fĂŒr eine gemeinsame und effektive FlĂŒchtlingspolitik einzusetzen. Einen Mix aus schnellen Maßnahmen und vernĂŒnftigen Zuwanderungsregeln verlangen. Wir können unsere Stimme erheben und auf die Ursache der FlĂŒchtlingswellen aufmerksam machen. Afrika ist reich. Reich an Rohstoffen, BodenschĂ€tzen, WasservorrĂ€ten und Energiereserven. Reich an AgrargĂŒtern und ArbeitskrĂ€ften. Niemand flieht freiwillig. Die Men-schen fliehen vor Kriegen, Krisen und Katastrophen. Wenn Europa seine Realpolitik Ă€nderte, wĂ€re schon viel ge-wonnen. Und wir persönlich können auch etwas tun: Wir im VAA haben uns deshalb entschieden, die UNO-FlĂŒcht-lingshilfe zu unterstĂŒtzen. Mehr dazu auf den Seiten 20 und 21 hier im VAA Magazin.

Wir haben die Aktion „FĂŒhrungskrĂ€fte fĂŒr FlĂŒchtlinge“ ins Leben rufen, von der wir uns nicht nur konkrete Hilfe fĂŒr die FlĂŒchtlinge oder auch mehr Verbandsmitglieder versprechen. Nein, wir wollen unsere gesellschaftliche Ver-antwortung wahrnehmen. Konkret und unmittelbar. In enger Zusammenarbeit mit der UNO-FlĂŒchtlingshilfe, deren Schirmherr BundestagsprĂ€sident Norbert Lammert ist. Wir hĂ€tten ein Interesse an der Zuwanderung von Menschen, die mit ihren Qualifikationen und Erfahrungen zur Entwicklung unseres Landes beitragen wollen und können, so Lammert. Schon wegen der Überalterung der Gesellschaft sei dies wichtig und unverzichtbar. In den kommenden Ausgaben werden wir regelmĂ€ĂŸig ĂŒber unsere Aktion berichten. Hoffentlich auch ĂŒber zahlreiche kleinere und grö-ßere BeitrĂ€ge, die unsere Mitglieder geleistet haben und leisten.

Thomas Fischer1. Vorsitzender des VAA

FlĂŒchtlingen helfen

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ßere BeitrĂ€ge, die unsere Mitglieder geleistet haben und l

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VAA MAGAZIN AUGUST 20154

VAA14 Befindlichkeit:

Beiersdorf an der Spitze

18 Einkommensumfrage:

Sonderauswertung Schweiz

20 Spendenaktion:

Werber helfen FlĂŒchtlingen

22 Werksgruppen:

Bayer Berlin im PortrÀt

24 Vortrag in Frankfurt:

Frauen und MĂ€nner vernetzt

CHEMIE IM BILD/SPEZIAL

06 Industrie 4.0 in Zahlen

08 Digitalisierung der Produktion

BRANCHE25 Preisgekrönte Innovation:

Reifen aus Löwenzahn

28 Tagung in Lindau:

NobelpreistrÀger im Austausch

30 Personalia aus der Chemie

WIRTSCHAFT IN ZAHLEN31 Arbeitsmarkt:

Akademikerbedarf steigt

MELDUNGEN32 Schiffsdiesel,

Hochschulstatistik

33 Ethylendion, Orient-Express,

Nanotechnologie,

Chancengleichheitsumfrage,

FĂŒhrung 2030, iPad-Verlosung

34 VAA-Stiftungspreis,

Wissenstransfer, Tarifeinheit,

PensionÀrsumfrage,

Rohstoff CO2

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Foto: Siemens AG

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VAA MAGAZIN AUGUST 2015 5

Inhalt

MANAGEMENT44 Interview:

Hirn braucht beide HĂ€lften

ULA NACHRICHTEN35 Zuwanderung:

Chancen nutzen

37 Kommentar, Mitbestimmung

38 FĂŒhrung:

Kampf der Generationen?

40 Tagung:

Mixed Leadership

41 Chancengleichheit:

Umsetzung der Quote

42 Weiterbildung:

Seminare im Überblick

PORTRÄT46 StiftungspreistrĂ€ger:

Dr. Stephan M. Hacker

RECHT50 Tarifeinheit:

Interview mit Stefan Ladeburg

52 Urteil:

KĂŒndigung nach Sitzstreik

STUDIUM48 Hochschulveranstaltungen:

Berufsstart optimal vorbereiten

LEHMANNS DESTILLAT53 Satirische Kolumne:

Reif fĂŒr die Insel

VERMISCHTES54 ChemieGeschichte(n):

Tod von Ignaz Semmelweis

55 GlĂŒckwĂŒnsche

56 Sudoku, KreuzwortrÀtsel

57 Leserbriefe

58 Termine, Vorschau, Impressum

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Chemie im Bild

12Milliarden Euro – jĂ€hrlich

plus 2,21 Prozent –

betrÀgt das Wert-

schöpfungspotenzial der

chemischen Industrie bis

2025, so eine Studie des

Digitalverbandes Bitkom

aus dem Jahr 2014.

4von 10 Unternehmen

in den industriellen

Kernbranchen – darunter

die Chemie – nutzen

heutzutage bereits

Industrie-4.0-Anwendun-

gen. In der chemischen

Industrie sind es bereits

42 Prozent.

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Chemie im Bild Chemie im Bild

6.3Prozent betrÀgt laut Bitkom

die InnovationsintensitÀt

der Chemiebranche.

72Prozent der Unternehmen

gehen davon aus, dass

sich die Produktionskosten

durch Industrie-4.0-

Anwendungen verringern

lassen, weil die Effizienz

durch den Einsatz von

IT steigt. 51 Prozent

erwarten, dass sich ihr

Umsatz ebenfalls erhöht.

50Milliarden vernetzte GerÀ-

te im Jahr 2020 sagt das

Fraunhofer IAO in einer

Prognose voraus. Indust-

rie 4.0 umfasst die intelli-

gente Vernetzung von Ob-

jekten in der Produktion:

Technologien werden mo-

bil, FlexibilitÀt wird kurz-

fristiger, Qualifikation er-

folgt direkt.

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INDUSTRIE 4.0 IN DER CHEMISCHEN INDUSTRIE

Digitale ProduktionDer Begriff Industrie 4.0 steht derzeit hoch im Kurs. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter diesem Schlagwort? Fest steht: Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung der Produktion wird auch die Arbeitsweise in der Prozessindustrie verÀndern.

Von Christoph Janik

Spezial

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Foto: Hannover Messe – RAINER JENSEN

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Ob Digital Factory, Smart Manufactu-ring oder Factory of the Future: An kna-ckigen Begrifflichkeiten besteht bei der Diskussion ĂŒber die kĂŒnftige Form der Industrieproduktion kein Mangel. Die Urheberschaft fĂŒr eine besonders werbe-wirksame Formulierung kann die Deut-sche Bundesregierung fĂŒr sich beanspru-chen: Mit Industrie 4.0 hat sie im Rah-men ihrer Hightech-Strategie ein Schlag-wort etabliert, das in den einschlĂ€gigen Diskussionen immer hĂ€ufiger auftaucht.

Die Bezeichnung Industrie 4.0 soll dabei zum Ausdruck bringen, dass nicht weni-ger als die vierte industrielle Revolution bevorsteht: Nach der Mechanisierung mit Wasser- und Dampfkraft Ende des 18. Jahrhunderts, der Massenfertigung mit Hilfe von FließbĂ€ndern und elektri-scher Energie seit dem Ende des 19. Jahr-hunderts und der verstĂ€rkten Nutzung von Elektronik und Informationstechno-logie seit den 1970er Jahren wird die in-dustrielle Produktion demnach zum vierten Mal durch technologischen Fort-schritt einen grundlegenden Wandel er-leben. Möglich werden soll das durch die zunehmende virtuelle Vernetzung von physikalischen GegenstĂ€nden wie Ma-schinen – untereinander und mit dem In-ternet. Dieser hĂ€ufig als Internet der Dinge oder internet of things bezeichne-te Vernetzungsprozess spiegelt sich be-reits im privaten Alltag wider – zum Bei-spiel durch die Möglichkeit zur Sen-dungsverfolgung bestellter Pakete im In-ternet.

Der Anspruch bei Industrie 4.0 geht al-lerdings weit ĂŒber die Etablierung von Komfortfunktionen hinaus: Ziel ist die intelligente Verzahnung der industriellen Produktion mithilfe moderner Informa-tions- und Kommunikationstechnik. In der Digitalen Fabrik sollen vernetzte Einheiten wie Produktionsroboter, TransportbehĂ€lter oder Fahrzeuge ĂŒber digitale Schnittstellen in sogenannten Cyber-Physikalischen Systemen eigen-stĂ€ndig miteinander interagieren und so mit den Kostenstrukturen einer Großse-rienproduktion maßgeschneiderte Pro-dukte nach individuellen KundenwĂŒn-

schen in hoher QualitĂ€t fertigen. Das Bundeswirtschaftsministerium beziffert das damit verbundene Potenzial an zu-sĂ€tzlicher Wertschöpfung fĂŒr den Stand-ort Deutschland auf ĂŒber 250 Milliarden Euro in den nĂ€chsten zehn Jahren.

Kein Wunder also, dass vor allem die deutsche IT-Wirtschaft und der Maschi-nen- und Anlagenbau das Thema fĂŒr sich entdeckt haben: Ihre BranchenverbĂ€nde BITKOM und VDMA engagieren sich in der Plattform Industrie 4.0, die unter der Leitung von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel die AktivitĂ€ten von Po-litik, Wirtschaft und Wissenschaft bĂŒn-deln soll. In seiner BroschĂŒre zur Indus-trie 4.0 beschreibt der VDMA die Zu-sammenarbeit von Maschinen- und An-lagenbau und IT- und Automatisierungs-technik als „Chance fĂŒr Deutschland, sich zugleich als Leitanbieter und Leit-markt von Industrie-4.0-Lösungen zu etablieren – im Sinne einer neuen Spra-che der Produktion aus Deutschland fĂŒr die Welt.“ Wenn sich diese Vision erfĂŒllt, wĂŒrde also in Zukunft stets Technik made in Germany mitspielen, wenn in Fabriken weltweit WerkstĂŒcke den Ma-schinen mitteilen, wie sie verarbeitet werden mĂŒssen.

Digitale Prozesse

In die Chemiebranche und die anderen Teile der deutschen Prozessindustrie ist die Begeisterung fĂŒr das Thema Indust-rie 4.0 dagegen noch nicht richtig ĂŒber-geschwappt. Anders als in der diskreten Fertigung, bei der KonsumgĂŒter und an-dere Produkte als abzĂ€hlbare Einheiten hergestellt werden, geht es in der Prozes-sindustrie um verfahrenstechnische Vor-gĂ€nge. Dr. Thorsten Pötter ist Leiter der Abteilung Manufacturing IT bei Bayer Technology Services. Er kennt die Vor-behalte einiger Vertreter der Prozessin-dustrie: „Wenn sie ein Auto zur Endmon-tage durch eine Produktionsstraße schi-cken, können sie dem natĂŒrlich sehr ein-fach einen Chip mitgeben, der die Kom-munikation mit der Produktionsumge-bung ermöglicht. Bei einem Gas, einer FlĂŒssigkeit oder den Feststoffen, mit de-

nen wir es in der chemischen Industrie tun haben, ist das meist schwieriger.“ Solche EinwĂ€nde lĂ€sst Pötter allerdings nur bedingt gelten: „Diese GĂŒter sind auf dem Weg zwischen verschiedenen Pro-duktionsschritten ĂŒblicherweise in Con-tainern oder anderen Aufbewahrungs-einheiten unterwegs, denen man diese Informationen mitgeben kann. Das lĂ€uft dann vielleicht eher unter dem Schlag-wort Digital Manufacturing.“

Auch fĂŒr Dr. Norbert Malanowski, Seni-or-Technologieberater im Bereich Inno-vationspolitik und Innovationsstrategien der VDI Technologiezentrum GmbH (VDI TZ) in DĂŒsseldorf, kommt es bei der Rezeption von Industrie 4.0 in der chemischen Industrie teilweise auf die Begrifflichkeiten an: „Der Begriff In-dustrie 4.0 ist in der chemischen Indust-rie nicht immer ganz gelĂ€ufig, auch wenn einige Unternehmen offensiv da-mit arbeiten. Es gibt aber diverse Ent-wicklungen, die man als Varianten der Industrie 4.0 in der chemischen Industrie betrachten kann.“ Gemeinsam mit sei-nem Kollegen Dr. Jan Brandt hat Mala-nowski im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung in einer Kurzstudie den gegen-wĂ€rtigen Stand der Diskussion ĂŒber die Produktion der Zukunft in der chemi-schen Industrie sondiert. „In der Branche wird zum Beispiel sehr intensiv darĂŒber diskutiert, wie die Wertschöpfungs- und Lieferketten von der Bestellung ĂŒber die Produktion bis zur Auslieferung durch die Digitalisierung als einheitlicher Pro-zess störungsfrei organisiert werden können. Hinzu kommen Entwicklungen wie die verbesserte und gleichzeitig gĂŒnstiger gewordene Sensortechnik oder die Modularisierung der Produktion“, berichtet der Leiter des bei der VDI TZ durchgefĂŒhrten Projekts.

Modularisierung der Produktion

Gerade beim Thema Modularisierung sieht Studien-Mitautor Jan Brandt viel Potenzial: „Modular aufgebaute Produk-tionsanlagen werden aufgrund der nied-rigeren Einstiegskosten und den kĂŒrze-ren Vorlaufzeiten beim Anlagenbau in

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Foto: tum2282 – Fotolia

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Schon heute gehören digitale Arbeitsmittel mit Tablets zum Arbeitsalltag in der industriellen Produktion. Fotos: Bosch, selensergen – Fotolia

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der Chemie einen gewissen Paradigmen-wechsel mit sich bringen. Denn damit hĂ€t-te man die Möglichkeit, auch fĂŒr sehr klei-ne Mengen eine Anlage kostendeckend aufzusetzen und die Time-to-Market deut-lich zu verkĂŒrzen.“

Bereits seit 2009 beschĂ€ftigt sich unter dem Namen F3 Factory ein europĂ€isches Chemie-Konsortium aus 25 Partner-Orga-nisationen – darunter BASF, Bayer und Evonik – mit der Weiterentwicklung einer modularen Plug-&-Produce-Technologie fĂŒr die Chemie. Ziel ist die Entwicklung von standardisierten und modularisierten Produktionseinheiten, die sich bei Bedarf nach dem Baukastenprinzip zu einer grö-ßeren Anlage zusammensetzen lassen. So sollen die Vorteile einer flexiblen Batch-Produktion mit den Kostenvorteilen konti-nuierlicher Prozessen in Form von klein- bis mittelskaligen Anlagen in Container-bauweise verknĂŒpft werden.

„Die Basischemie wird auch in Zukunft vor allem in Großanlagen laufen. Aber im Bereich der Fein- und Spezialchemie wer-den modular aufgebaute Produktionsanla-gen bei der EinfĂŒhrung von neuen Produk-ten verstĂ€rkt eine Rolle spielen“, ist Brandt ĂŒberzeugt. Er benennt aber auch die damit verbundenen Herausforderungen: „Wenn man solche Module in grĂ¶ĂŸerer Zahl nut-zen will, muss man unter anderem dafĂŒr sorgen, dass sie ĂŒber eine Art Selbstkon-figuration verfĂŒgen. Sonst kann bei der Anbindung an ein Produktionsleitsystem und der VerknĂŒpfung verschiedener Mo-dule so viel Aufwand entstehen, dass die Vorteile bei der FlexibilitĂ€t und der Ska-lierbarkeit teilweise wieder aufgehoben werden.“

Die Ergebnisse des F3-Factory-Projektes wurden in einer Modellanlage des Unter-nehmens INVITE, das als Forschungsge-sellschaft von den Projektpartnern TU

Dortmund und Bayer Technology Services getragen wird, bereits erfolgreich demons-triert. „Beim Thema Plug & Produce mĂŒs-sen wir noch einen StĂŒck des Weges gehen, aber es ist bereits gezeigt worden, dass es im Prinzip funktioniert“, berichtet Thors-ten Pötter und fĂŒgt hinzu: „ModularitĂ€t hĂ€tte es auch ohne Industrie 4.0 gegeben. Aber die damit verbundenen Entwicklun-gen unterfĂŒttern diesen Trend.“

Der große Datenberg

Neben der FlexibilitĂ€t sollen mithilfe der modularen Einheiten auch die Effizienz chemischer ProduktionsablĂ€ufe gesteigert und damit die Rohstoffkosten gesenkt wer-den. Dazu könnte auch ein weiterer Trend beitragen: billigere und gleichzeitig besse-re Sensoren. „Heute macht die Sensorik beim Bau einer neuen Anlage oft nur noch zehn Prozent der Kosten aus. Vor zwei oder drei Jahrzehnten war das noch ganz an-

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ders“, erklĂ€rt Norbert Malanowski von der VDI TZ. „Über die verbesserten Sensoren bekommt man viele Daten, durch die in Be-zug auf Ressourcen- und Energieeffizienz sicherlich noch einige Schritte nach vorn möglich werden.“ Sein Kollege Jan Brandt ergĂ€nzt: „Der Energiebedarf fĂŒr die Pro-duktion ist bedingt durch die zugrunde lie-gende Chemie und Physik, der ist gegeben. Wenn man aber mit der Sensorik die Qua-litĂ€t eines Produktes schon wĂ€hrend des Prozesses sicherstellen kann und am Ende keine ganze Charge wegwerfen oder neu aufbereiten muss, spart das natĂŒrlich Ener-gie und Ressourcen ein.“

Auch fĂŒr Thorsten Pötter liegt in dieser Entwicklung viel Potenzial: „Durch die zunehmende IT-Durchdringung können wir be-reits mit der heute vorhandenen Technik sehr viele Daten in unter-schiedlichen Systemen und Da-tentöpfen erfassen. Entscheidend ist, dass man die vorhandenen In-formationen zusammenbringt und nutzt.“ Denn zusĂ€tzliche Sen-soren und die immer feiner wer-dende Taktung der erfassten Da-ten lassen den Datenberg weiter wachsen. Solche und Ă€hnliche Entwicklungen in anderen Bereichen wer-den unter dem Schlagwort Big Data zu-sammengefasst. FĂŒr Thorsten Pötter ist die Anforderung klar: „Neben dem Zugriff auf die Daten werden Analysealgorithmen be-nötigt, zum Beispiel um den Ausfall einer Pumpe oder eines Ventils vorherzusagen. Teilweise gibt es die schon, zum Teil mĂŒs-sen sie aber auch erst noch entwickelt wer-den.“ Und er denkt gleich noch einen Schritt weiter: „Ich kann in meiner Anlage die Informationen darĂŒber einsammeln, wann ein Ventil zugeht oder verstopft. Noch schlauer wĂ€re es natĂŒrlich, wenn alle Unternehmen ihre Ventilnutzungsdaten anonymisiert bereitstellen wĂŒrden und man eine noch grĂ¶ĂŸere Menge an Daten analysieren könnte.“ Wer anhand dieser Daten feststellt, dass ein bestimmtes Ver-halten zu Fehlern an Ventilen fĂŒhrt, wĂŒrde dieses Wissen dann wieder an alle Betei-ligten zurĂŒckgeben. „NatĂŒrlich muss man sein Prozess-Know-how schĂŒtzen. Aber dieser Blick ĂŒber den Tellerrand wĂŒrde al-len helfen“, ist sich Pötter sicher.

Spezial

Vernetzte Hilfsmittel

Selbst die besten Datenanalysemodelle werden in Zukunft allerdings nicht alle Fehlfunktionen an Maschinen und Anla-gen vorhersagen und vermeiden können. Wenn sich dann eine Anlage festfĂ€hrt, könnten dank der fortgeschrittenen Digi-talisierung ganz neue Hilfsmittel zum Ein-satz kommen: „Der Wartungstechniker könnte dann zum Beispiel Roboterarme einsetzen, um schwere Lasten zu heben. Oder er sitzt in Nordrhein-Westfalen, ist mit dem Wartungstechniker im Tochterun-ternehmen in Pittsburgh ĂŒber Datenbrillen verbunden und leistet Hilfestellung bei der Reparatur der Anlage“, skizziert Norbert

Malanowski mögliche Anwendungen, die aus seiner Sicht derzeit aber noch das Eti-kett „visionĂ€r“ verdienen.

Ob Roboterarm, Datenbrille oder komple-xe Datenanalyse: Die Anforderungen an die Mitarbeiter in der chemischen Industrie werden sich verĂ€ndern. Bereits heute wird in vielen Unternehmen mit Tablets und Smartphones gearbeitet. „Im Rahmen ei-ner Smart Factory wird es aber wichtig sein, auch das System dahinter genau zu verstehen und die dafĂŒr notwendigen digi-talen Kompetenzen zu erlernen. Industrie 4.0 kann in der chemischen Industrie also zu einer weiteren Aufwertung der Arbeit fĂŒhren“, meint Malanowski. DafĂŒr bringt die Chemie gute Startbedingungen mit, denn die Belegschaften gelten bereits heu-te im Vergleich zu anderen Industriezwei-gen als ĂŒberdurchschnittlich gut ausgebil-det. So ging der Anteil der ungelernten Ta-rifbeschĂ€ftigten in der Branche laut einer Langzeitstudie des Bundesarbeitgeberver-bandes Chemie allein zwischen 1988 und

2009 von 21 auf 8 Prozent zurĂŒck. Inzwi-schen dĂŒrfte er weiter gesunken sein. „Die-se Entwicklung geht konsequent weiter. Ich persönlich gehe davon aus, dass auch die Anzahl der ArbeitsplĂ€tze in der reinen Pro-duktion durch die Automatisierung weiter nach unten gehen wird“, prognostiziert Thorsten Pötter. Gleichzeitig sieht er neue Berufsbilder entstehen: „Der Beruf des Mechatronikers ist entstanden, als Mecha-nik und Elektronik immer nĂ€her zusam-mengerĂŒckt sind. Und genau so etwas er-leben wir heute auch.“

Mit dem zunehmenden digitalen Durch-dringungsgrad Àndern sich jedoch nicht nur die Anforderungen an die Mitarbeiter.

Auch das Thema IT-Sicherheit wird an Bedeutung gewinnen. Denn wo autonome technische AblĂ€ufe menschliche TĂ€tigkeiten ersetzen, wĂ€chst naturgemĂ€ĂŸ auch das Potenzial fĂŒr technische Fehler und Manipulationen. Auch hier kann die chemische Industrie jedoch auf Erfahrungswerte zu-rĂŒckgreifen. Denn die Sicherheit der Produktionsanlagen ist in der Chemie – auch durch den engen gesetzlichen Rahmen – seit jeher ein wichtiges Thema. „Genauso

wie wir die Betriebssicherheit unserer An-lagen – also den Safety-Aspekt – inzwi-schen beherrschen, mĂŒssen wir auch das Thema IT-Sicherheit angehen“, fasst Thorsten Pötter zusammen. „Da gibt es in vielen FĂ€llen bereits Lösungen, die man nur konsequent umsetzen muss.“

Auch im Hinblick auf die Digitalisierung der Produktion insgesamt plĂ€diert der pro-movierte Chemiker fĂŒr einen zupackenden Ansatz: „Man muss sich immer fragen, ob man mitgestalten will oder sich anschauen will, wie andere es getan haben.“ Auch Norbert Malanowski von der VDI Techno-logiezentrum GmbH spricht sich dafĂŒr aus, diese Entwicklung von vornherein aktiv zu begleiten: „Industrie 4.0 ist kein SelbstlĂ€u-fer. Wenn man ArbeitsplĂ€tze am Standort Deutschland halten oder vielleicht sogar zusĂ€tzliche ArbeitsplĂ€tze schaffen will, muss man frĂŒhzeitig darĂŒber nachdenken, welche Rolle der Mensch in der Industrie 4.0 spielen wird und welche Herausforde-rungen das mit sich bringt.“ ■

„Industrie 4.0 ist kein SelbstlĂ€ufer. Wenn

man ArbeitsplÀtze am Standort Deutschland

halten oder vielleicht sogar zusÀtzliche

Arbeits plĂ€tze schaffen will, muss man frĂŒhzeitig darĂŒber

nachdenken, welche Rolle der Mensch in der

Industrie 4.0 spielen wird und welche

Herausforderungen das mit sich bringt.“

Dr. Norbert Malanowski von der

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VAA

In der Befi ndlichkeits-

umfrage bewerten

regelmĂ€ĂŸig mehr als

2.000 VAA-Mitglieder

die Personalpolitik

ihrer Unternehmen.

Der Vorjahreserste

Beiersdorf konnte

seine Spitzenposition

im Umfrageranking in

diesem Jahr

verteidigen.

Foto: Beiersdorf

Die Bewertung der Personalpolitik in den Firmen der chemischen Industrie durch die FĂŒhrungskrĂ€fte bleibt trotz der stabilen wirtschaftlichen AufwĂ€rtsentwicklung der Branche gedĂ€mpft. Das zeigt die aktuelle VAA-Befindlichkeitsumfrage. Den ersten Platz im Ranking der Personalpolitik erreicht wie im Vorjahr der Hamburger KonsumgĂŒterhersteller Beiersdorf. Das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim fĂ€llt dagegen vom zweiten auf den zehnten Platz zurĂŒck.

BEFINDLICHKEITSUMFRAGE 2015

Personalentwicklung bleibt Kritikpunkt

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VAA MAGAZIN AUGUST 201516

VAA

Wertungen in den KategorienDie höchsten RĂŒcklaufquoten

Symrise 56,1%

Merck 45,5%

Solvay 45,0%

H.C. Starck 44,4%

Wacker 40,3%

Heraeus 40,1%

LyondellBasell 38,4%

Lanxess 38,4%

Axalta Coating Systems 34,3%

Clariant 33,9%

Kategorie (Mittelwerte) 2015 2014

Persönliche Befi ndlichkeit 2,87 2,83

Unternehmensstrategie 2,89 2,81

Unternehmenskultur 3,13 3,10

Motivation 3,16 3,15

Arbeitsbedingungen 3,30 3,31

Hinweis: Die Wertungen der einzelnen Unternehmen in den fĂŒnf

Kategorien fi nden eingeloggte Mitglieder unter mein.vaa.de.

Positive Beurteilungen

Überdurchschnittlich positive Antworten gaben die Umfrageteilnehmer bei den Fragen nach der Unternehmensstrategie ab. Ihre Kenntnis der Unternehmensstrategie be-werteten fast 70 Prozent als „sehr gut“ oder „gut“, die VerstĂ€ndlichkeit der Strategie be-urteilten 57 Prozent der Teilnehmer mit der Note 1 oder 2. Auch fĂŒr das Klima in ihrem persönlichen Arbeitsumfeld vergaben die befragten FĂŒhrungskrĂ€fte gute Beurteilun-gen (Durchschnittsnote 2,6).

Kritische Beurteilungen

Schlechte Noten erhielten viele Unterneh-men wie im Vorjahr fĂŒr ihre Personalent-

wicklung. Fast 40 Prozent der Chemie-FĂŒhrungskrĂ€fte bewerten sie als „mangel-haft“ oder „ungenĂŒgend“. Ebenfalls kri-tisch bewerteten die Befragten auch wie-der die Ehrlichkeit der Zielvereinbarungs-systeme (Durchschnittsnote: 3,8) und die Kommunikation ĂŒber die Karrierechan-cen in ihrem Unternehmen (Durch-schnittsnote: 3,9).

Methodik und Statistik

Die Bewertungen in der Befindlichkeits-umfrage erfolgen mit Schulnoten von 1 („sehr gut“) bis 6 („ungenĂŒgend“). An der Befindlichkeitsumfrage 2015 haben sich mehr als 2.000 FĂŒhrungskrĂ€fte aus 23 Un-ternehmen beteiligt, zu denen 56 Werks-

gruppen und Teilkonzerne gehören. Die Auswahl der Umfrageteilnehmer erfolgte per Zufallsstichprobe. Die RĂŒcklaufquote fiel mit 30,0 Prozent niedriger aus als im Vorjahr (34,0 Prozent).

Unternehmensklima

Insgesamt 43 Prozent der Befragten gaben an, dass in ihren jeweiligen Unternehmen im vergangenen Jahr Maßnahmen zur Ver-besserung des Unternehmensklimas einge-leitet wurden. Diese Umfrageteilnehmer bewerteten ihre Arbeitgeber im Durch-schnitt deutlich besser (Mittelwert 2,7) als diejenigen, in deren Unternehmen keine derartigen Maßnahme eingeleitet wurden (Mittelwert: 3,4). ■

5 %

1

18 %

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17 %

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26 %

21%

19 %

20 %

25 %

11 %

7 %

18 %

23 %

8 %

5 %

17 %

15 %

4 %

1

Ehrlichkeit des Zielvereinbarungssystems

Personalentwicklung

VerstÀndlichkeit der Unternehmensstrategie

Kenntnis der Unternehmensstrategie

Schulnote ■ 1 ■ 2 ■ 3 ■ 4 ■ 5 ■ 6

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WERDE ICH DISKRIMINIERT ?

DER VAA FÜHRT IM SEPTEMBER DIE WICHTIGSTE UMFRAGE ZUR CHANCENGLEICHHEIT IN DER CHEMISCHEN INDUSTRIE DURCH! DIE ERGEBNISSE ERSCHEINEN IN DER ERSTEN AUSGABE DES VAA MAGAZINS 2016.

WWW.VAA.DE/CHANCENGLEICHHEIT

Antworten auf die Frage: Wurden im

vergangenen Jahr Maß nahmen zur

Verbesserung des Unternehmensklimas

durch gefĂŒhrt? Teilnehmer, die diese Frage

mit „Ja“ beantworteten, gaben im

Durchschnitt um 0,7 Schulnoten bessere

Bewertungen ab als Teilnehmer, die mit

„Nein“ geantwortet haben.

Ja Nein keine Angabe

54 %

3 %

43 %

Altersstruktur

bis 40 Jahre 41 bis 50 Jahre

ab 51 Jahre keine Angabe

Klimaverbesserung

34 %

13 %

4 %

49 %

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EINKOMMENSUMFRAGE

VAA macht Schweizer Einkommen transparent

Insgesamt haben sich knapp 300 Teilnehmer an der vom VAA und von der Gesellschaft Deut-scher Chemiker (GDCh) durchge-fĂŒhrten Sonder-umfrage fĂŒr die Schweiz betei-ligt. Mit 115 be-ziehungsweise 41 Umfrageteil-nehmern waren dabei Arbeitneh-mer aus den Bal-lungsrĂ€umen Basel und ZĂŒrich am stĂ€rks-ten vertreten. Hinsicht-lich ihrer Struktur gibt es kaum einen Unterschied zwischen den Einkommen von Chemie-FĂŒhr ungsk rĂ€f ten in Deutschland und der Schweiz: Die Schweizer Gesamteinkommen setzen sich zu 82,3 Prozent aus Fixeinkommen, zu 14,1 Pro-zent aus Bonusbestandteilen und zu 3,6 Pro-zent aus sonstigen Einkommensbestandteilen zusammen.

Einfluss auf die Einkommensstruktur hat ne-

ben der AT-Stufe vor allem

die UnternehmensgrĂ¶ĂŸe: WĂ€h-rend in kleineren Unternehmen bis 1.000 Mit-arbeiter die FixgehĂ€lter einen Anteil von 90,3 Prozent am Gesamteinkommen haben, sinkt dieser Anteil in mittleren Unternehmen mit zwischen 1.000 bis 10.000 Mitarbeitern auf 83 Prozent und in Großunternehmen mit ĂŒber

VAA

Wie in Deutschland betrÀgt der

Bonusanteil an den Gesamt-

einkommen von Chemie- und

Pharma-FĂŒhrungs krĂ€ften in der

Schweiz rund 14 Prozent. Die

Unter schiede in der allgemeinen

Einkommens struktur sind

minimal. Foto: Tim UR, Hans

Slegers – Shutterstock

Jedes Jahr gibt der VAA seinen Mitgliedern mit der Einkommensumfrage ein ausfĂŒhrliches Vergleichsinstrument der allgemeinen Einkommenssituation in der chemisch-pharmazeutischen Industrie zur Hand. In der aktuellen Umfrage auf Datenbasis des letzten Jahres hat sich der Verband nun auch speziell mit den Einkommen von FĂŒhrungskrĂ€ften aus in der Schweiz ansĂ€ssigen Unternehmen beschĂ€ftigt. Das Ergebnis: In ihrer Zusammensetzung unterscheiden sich die Einkommen von FĂŒhrungskrĂ€ften in der Schweiz nur wenig von denen in Deutschland.

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WERDE ICH DISKRIMINIERT ?

DER VAA FÜHRT IM SEPTEMBER DIE WICHTIGSTE UMFRAGE ZUR CHANCENGLEICHHEIT IN DER CHEMISCHEN INDUSTRIE DURCH! DIE ERGEBNISSE ERSCHEINEN IN DER ERSTEN AUSGABE DES VAA MAGAZINS 2016.

WWW.VAA.DE/CHANCENGLEICHHEIT

10.000 Mitarbeitern auf 80,2 Prozent. Entspre-chend steigen die Anteile von Boni und sons-tigen Einkommensbestandteilen mit zuneh-mender UnternehmensgrĂ¶ĂŸe.

Bei den sonstigen Einkommensbestandteilen dominieren vornehmlich Erlöse aus Aktienop-tionen sowie geldwerte Vorteile aus dem Er-werb von Mitarbeiteraktien und Sonderzah-lungen, ergĂ€nzt durch ErfindervergĂŒtungen, nicht leistungsbezogene Sonderzahlungen und geldwerte Vorteile aus Dienstwagen. Vor al-lem bei AT-Angestellten der Stufe 2 spielen Dienstwagen eine fast ebenso wichtige Rolle wie Aktienoptionserlöse und geldwerte Vor-teile aus Mitarbeiteraktien.

GrundsĂ€tzlich steigt die Arbeitszufriedenheit auf einer Skala von 1 bis 10 mit den Gesamt-einkommen: von einem Durchschnittswert von 7 bei Einkommen von 50.000 bis 75.000 Schweizer Franken bis hin zu 7,7 bei Einkom-men ĂŒber 200.000 Franken. Nur eine relativ geringe Rolle fĂŒr die Arbeitszufriedenheit spielt die Entfernung zum Arbeitsplatz: Mit einem Wert von 8,0 sind Arbeitnehmer mit Wohnort in unmittelbarer NĂ€he zum Arbeit-geber am zufriedensten. Den niedrigsten Wert erzielen mit einem Wert von 7,1 diejenigen Arbeitnehmer, die 21 bis 50 Kilometer ent-fernt wohnen. Bei Arbeitnehmern mit einer Entfernung von mehr als 100 Kilometern zum Arbeitsplatz steigt der Zufriedenheitswert wieder leicht bis auf 7,5.

Deutliche Unterschiede zwischen den ver-schiedenen AT-Stufen gibt es in Sachen Wo-chenarbeitszeit, die von im Schnitt rund 43 Stunden auf Stufe 4 um 2,5 Stunden auf Stufe 3 und wiederum weitere 5 Stunden auf Stufe 2 steigt. Außerdem arbeiten FĂŒhrungskrĂ€fte in Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern durch-schnittlich zwei Stunden pro Woche mehr als in kleineren Unternehmen.

Genau wie in Deutschland besteht auch in der Schweiz noch Nachholbedarf in Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Karriere: WĂ€hrend vollzeiterwerbstĂ€tige MĂ€nner durch-schnittlich 1,2 Kinder haben, variiert dieser Wert bei Frauen je nach AT-Stufe zwischen 0,6 und 1,0. Das bedeutet, dass weit weniger MĂŒt-ter mit Kindern Vollzeit arbeiten als VĂ€ter. Ähnlich wie in Deutschland sind Frauen in der Schweiz hauptsĂ€chlich in der Forschung und als nicht leitende Angestellte tĂ€tig. ■

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VAA

Im letzten Jahr waren fast 60 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht vor Krieg und Gewalt – die höchste Zahl seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Allein in Syrien wurde bereits die HĂ€lfte der Bevölkerung vertrieben, ĂŒber vier Millionen Menschen haben Zuflucht in den NachbarlĂ€ndern gesucht. Daher hat sich der VAA entschlossen, die Hilfe fĂŒr FlĂŒchtlinge zu unterstĂŒtzen.

NEUE SPENDENAKTION

FĂŒhrungskrĂ€fte fĂŒr FlĂŒchtlinge

Syrische FlĂŒchtlinge an der tĂŒrkischen Grenze: Sie tragen

alles bei sich, was sie noch besitzen. Foto: Ivor Prickett – UNHCR

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VAA MAGAZIN AUGUST 2015 21

VAA

Seit seinem UniversitĂ€tsabschluss 2010 hat Fadi aus Syrien in einer pharmazeutischen In-dustrieanlage am Stadtrand von Homs gear-beitet. „Ich war so dankbar, diesen tollen Job bekommen zu haben. In meiner Branche, ge-nau das, was ich machen wollte!“ Das Leben meinte es gut mit ihm. Eineinhalb Jahre spĂ€ter erreichten die KĂ€mpfe seinen Stadtteil im Zen-trum von Homs. „Ich musste um mein Leben rennen und alles zurĂŒcklassen.“ So wie dem Pharmazeuten Fadi geht es sehr vielen Men-schen – in Syrien und in vielen anderen Kon-fliktregionen der Erde.

Mit seiner im Juli 2015 ins Leben gerufenen Initiative „FĂŒhrungskrĂ€fte fĂŒr FlĂŒchtlinge“ er-mutigt der Verband seine Mitglieder, die neue Mitglieder werben, auf ihre WerbeprĂ€mie zu verzichten. Die PrĂ€mie wird dann zusĂ€tzlich durch den VAA verdoppelt. Das heißt: Statt 25 Euro als PrĂ€mie fĂŒr die Werbung eines neuen Mitglieds zu erhalten, kommt der Betrag von 50 Euro der UNO-FlĂŒchtlingshilfe zugute, die weltweit Menschen auf der Flucht hilft. „FĂŒh-rungskrĂ€fte haben eine Vorbildfunktion und angesichts des großen Leids von FlĂŒchtlingen möchten wir ein Zeichen der SolidaritĂ€t setz-ten“, erklĂ€rt VAA-GeschĂ€ftsfĂŒhrer Gerhard Kronisch das Engagement des Verbandes an der Seite der UNO-FlĂŒchtlingshilfe.

Die UNO-FlĂŒchtlingshilfe ist Ansprechpart-ner fĂŒr deutsche VerbĂ€nde und Unternehmen, die sich fĂŒr den FlĂŒchtlingsschutz des UN-FlĂŒchtlingshilfswerks (UNHCR) einsetzen

möchten. „Der Hilfsbedarf war noch nie so groß und die zur VerfĂŒgung stehenden Mittel reichen bei Weitem nicht aus, die notwendige humanitĂ€re Hilfe zu leisten“, so der GeschĂ€fts-fĂŒhrer der UNO-FlĂŒchtlingshilfe Dirk Sab-rowski. Die Privatwirtschaft könne hier so-wohl finanziell als auch mit ihrem Know-how einen bedeutenden Beitrag leisten. „Wir sind sehr dankbar, dass der VAA die Arbeit des UNHCR unterstĂŒtzen möchte!“ 1950 wurde das UNHCR gegrĂŒndet wurde, um im Auftrag der Völkergemeinschaft FlĂŒchtlinge und Ver-triebene zu schĂŒtzen und ihr Überleben zu si-chern. Heute ist das UN-FlĂŒchtlingshilfswerk in ĂŒber 125 LĂ€ndern tĂ€tig und zĂ€hlt zu den grĂ¶ĂŸten Hilfsorganisationen.

Lebensrettende Nothilfe

Mit seiner weltweiten PrĂ€senz kann die UN-Organisation aus ihren LagerbestĂ€nden inner-halb von 72 Stunden HilfsgĂŒter fĂŒr bis zu 600.000 Menschen auch in den entlegensten Gegenden verteilen. Ob in Syrien, im Irak, in Nigeria oder in anderen FlĂŒchtlingskrisen: Die etwa 6.800 UNHCR-Mitarbeiter arbeiten „im Feld“ hĂ€ufig unter schwierigen Bedingungen. Sie errichten NotunterkĂŒnfte und sorgen fĂŒr eine Grundversorgung mit Wasser, Nahrungs-mitteln und Medizin fĂŒr Vertriebene fĂŒr Mil-lionen von Menschen. Allein innerhalb Syri-ens erhielten 2014 ĂŒber viereinhalb Millionen Menschen lebenswichtige HilfsgĂŒter wie Zel-te, Decken, Wassereimer und Solarlampen.

FlĂŒchtlinge sind dringend auf Hilfe angewie-sen, denn sie mĂŒssen zumeist fast alles zurĂŒck-lassen – Familienangehörige, Freunde und ihre ganze Existenz. „Niemand flieht freiwillig“, betont VAA-HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrer Kronisch. „Auf dem Weg ins Exil begeben sich diese Menschen in Gefahr, um ihr Leben und das ihrer Kinder zu retten.“ Etwa die HĂ€lfte aller FlĂŒchtlinge weltweit sind Jugendliche und Kinder. Und hinter den Zahlen stehen Einzel-schicksale von Menschen, deren Leben durch Krieg und Flucht aus den Fugen geraten ist.

„Die Flucht war die schrecklichste Reise mei-nes Lebens“, erzĂ€hlt Hassan aus Syrien, der mit seiner Frau und ihren zwei kleinen Kin-dern Zuflucht im FlĂŒchtlingslager Domiz im Irak gefunden hat. „Meine Frau hatte drei Wo-chen zuvor per Kaiserschnitt entbunden und konnte kaum laufen. Unsere Kinder konnten vor Angst nicht schlafen.“ Hassan ist Chirurg

und hatte in Syrien auch irakische FlĂŒchtlinge unter seinen Patienten: „Ich habe damals nie gedacht, dass ich selbst einmal FlĂŒchtling sein könnte. Es ist ein Alptraum!“ Inzwischen ar-beitet er als Arzt in einer Klinik im Camp im Irak. Auch er hat in einem Nachbarland Zu-flucht gesucht. TatsĂ€chlich bleiben ĂŒber 80 Prozent der FlĂŒchtlinge in der Region, aus der sie kommen und nur ein wesentlich geringerer Teil flieht in westliche Industrienationen.

Langfristige Lösungen

Sofern möglich, unterstĂŒtzt das UNHCR Ver-triebene bei der sicheren RĂŒckkehr und beim Wiederaufbau ihrer Heimat. Wenn die Um-stĂ€nde dies nicht zulassen, versucht die UN-Organisation ihnen einen erfolgreichen Neu-beginn im Exil zu ermöglichen. Generell gilt: FlĂŒchtlinge sollen dauerhaft wieder selbststĂ€n-dig leben können und so unabhĂ€ngig von frem-der Hilfe sein. Mit Schul- und Ausbildungs-programmen, Studienstipendien und der Schaffung neuer Existenzmöglichkeiten, zum Beispiel durch GrĂŒnderkredite, sollen sie wie-der neue Perspektiven bekommen. Fadi, der Pharmazeut aus Syrien, fand nach seiner Flucht aus Homs die Möglichkeit, als Ausbil-der in einem Bildungsprojekt des UNHCR zu arbeiten. Dort traf er seine jetzige Verlobte Rana. Nun trĂ€umen die beiden von einer ge-meinsamen Zukunft – ohne Krieg. ■

Trotz Krieg versuchen der syrische

Pharmazeut Fadi und seine Verlobte Rana,

in die Zukunft zu blicken. Foto: UNHCR

Christine

Andersen

ist verantwortlich fĂŒr Unternehmens-

kooperationen bei der UNO-FlĂŒcht-

lingshilfe in Bonn. FĂŒr RĂŒckfragen zur

Spendenaktion und zur UNO-FlĂŒcht-

lingshilfe steht die Leiterin Leadership

Giving per E-Mail unter der Adresse

[email protected]

zur VerfĂŒgung.

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Auf www.vaa.de/spendenaktion gibt es weitere Informationen zur Spenden-aktion. Bankverbindung: UNO-FlĂŒchtlingshilfe, Sparkasse KölnBonn, IBAN DE78370501980020008850, Kennwort „VAA“.

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VAA MAGAZIN AUGUST 201522

VAA

Die VAA-Werksgruppe Bayer Berlin gehört mit rund 650 Mitgliedern zu den grĂ¶ĂŸten im Verband. Mit viel Engagement und cleveren Konzepten bieten die VAA-Vertreter vor Ort den Mitgliedern nicht nur ein breites Informationsangebot, sondern auch eine fundierte Interessenvertretung.

WERKSGRUPPENPORTRÄT BAYER BERLIN

Geballte Kompetenz

Im Berliner Stadtteil Wedding blickt man auf eine lange Pharmatradition zurĂŒck. Der 1871 gegrĂŒndete Pharmakonzern Schering hatte hier seine Konzernzentrale, bis er im Jahr 2006 von der Bayer AG ĂŒbernommen wurde. Heute lenkt Bayer vom Standort Berlin aus sein PharmageschĂ€ft. Hier fin-det die Endfertigung vieler Arzneimittel statt, aber auch die Erforschung und Ent-wicklung neuer pharmazeutischer Produk-te gehört zu den Schwerpunkten der rund 5.000 Bayer-Mitarbeiter in der Bundes-hauptstadt. Entsprechend hoch ist der An-

teil an außertariflichen und leitenden An-gestellten. Gute Rahmenbedingungen fĂŒr eine starke VAA-Werksgruppe. Die wĂ€chst seit mehreren Jahren erfolgreich und ge-hört mit derzeit rund 650 Mitgliedern zu den grĂ¶ĂŸten im VAA.

Sylvia Nikkho, Werksgruppenvorsitzende und stellvertretende Vorsitzende des Spre-cherausschusses, erklĂ€rt: „Neben dem ho-hen Engagement der aktiven VAA-Mitglie-der grĂŒndet sich dieser Erfolg auch auf ein besonderes Konzept bei der Werksgruppen-

arbeit: In fĂŒnf sogenannten Kompetenz-gruppen konzentrieren sich die 26 Mitglie-der des erweiterten Werksgruppenvorstan-des auf bestimmte Themenschwerpunkte.“

Peter Hoefert, Sprecher der Kompetenz-gruppe FĂŒhrung & VergĂŒtung und Mitglied im Sprecherausschuss, erklĂ€rt das Prinzip: „Die fĂŒnf bis acht Mitglieder einer Kompe-tenzgruppe treffen sich einmal im Monat und sammeln Themen, diskutieren deren Relevanz fĂŒr die Werksgruppenmitglieder und besprechen mögliche AktivitĂ€ten. In

Zum erweiterten Vorstand der Werksgruppe Bayer Berlin gehören neben der Werksgruppenvorsitzenden Dr. Sylvia Nikkho (im Bild 2. von

links) und ihren beiden Stellvertretern Dr. Ortrud SteinfĂŒhr (Bildmitte vorn) und Frank Fulbrecht (letzte Reihe rechts) auch die anderen

Mitglieder der fĂŒnf Kompetenzgruppen. Foto: Matthias Lindner

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VAA MAGAZIN AUGUST 2015 23

VAA

unserer Kompetenzgruppe geht es neben der jĂ€hrlichen Gehaltsanpassung um die Trans-parenz und Fairness bei der Leistungsbe-wertung, die natĂŒrlich Auswirkungen auf die variablen VergĂŒtungsbestandteile hat.“

Eine konkrete AktivitĂ€t kann dann zum Beispiel ein Infostand sein, wie ihn im MĂ€rz dieses Jahres die Kompetenzgruppe Culture & Gender auf die Beine gestellt hat: „Wir haben dort ĂŒber die gesetzlichen Neuerun-gen zum Thema ‚Gleichberechtige Teilhabe an FĂŒhrungspositionen‘ mit ausfĂŒhrlichem Material, Videos von den Plenardebatten und SchauwĂ€nden informiert, was sehr gut ankam und den Bekanntheitsgrad der Werksgruppe weiter gesteigert hat“, berich-tet Kompetenzgruppensprecher Fernando Osses. Die Förderung von Chancengleich-heit und eine Interessenvertretung unabhĂ€n-gig von Geschlecht, Alter, Standort oder kulturellem Hintergrund gehören zu den er-klĂ€rten Zielen der Werksgruppe.

Auch Ortrud SteinfĂŒhr, die zusĂ€tzlich zu ihrer Funktion als stellvertretende Werks-gruppenvorsitzende und Mitglied im Be-triebsrat auch die Gruppe Demografie leitet, hat ambitionierte PlĂ€ne fĂŒr ihr Kompetenz-feld: „Durch den Demografie-Tarifvertrag gibt es im Tarifbereich eine Belastungsre-duzierung fĂŒr Ă€ltere Mitarbeiter. Wir wer-ben bestĂ€ndig beim Unternehmen dafĂŒr, dass bei uns gute Möglichkeiten im AT-Be-reich geschaffen werden, um das alters- und alternsgerechte Arbeiten weiter zu fördern.“ In ihrer Kompetenzgruppe wirken zwei PensionĂ€re mit und bringen so ihre Erfah-rungen beim Übergang in den Ruhestand aktiv ein.

Beratungsbedarf mit Blick auf den Ruhe-stand gibt es aber nicht erst kurz vor der Rente: Die Kompetenzgruppe Altersversor-gung unterstĂŒtzt die Werksgruppenmitglie-der bei allen Fragen rund um ‚Matching Contribution‘, ‚Deferred Compensation‘ oder Langzeitkonten. „Wir haben hier ein gutes System, das einen ganzen Strauß an Möglichkeiten bietet“, fĂŒhrt Gruppenspre-cher Thomas Grundmann aus. Aufgrund der KomplexitĂ€t der Thematik hat die Werks-gruppe vor kurzem eine Veranstaltung mit einer Vertreterin der Personalabteilung an-geboten, bei der die verschiedenen Möglich-keiten veranschaulicht wurden.

Bei einer solchen Vielzahl von Themen und AktivitĂ€ten gilt es, den Überblick zu wahren und eine wirksame Strategie zu entwickeln. Die Vertreter der vier themenorientieren Kompetenzgruppen berichten deshalb in die ĂŒbergeordnete Gruppe Kommunikation & Strategie unter der Leitung der Werksgrup-penvorsitzenden Sylvia Nikkho. Dort wird dann besprochen, welches Thema wann und in welchem Rahmen aufgenommen wird. ZusĂ€tzlich zu den Infoveranstaltungen bietet die Werksgruppe ihren Mitgliedern unter anderem auch regelmĂ€ĂŸige Newsletter und Rundbriefe an. FĂŒr Thomas BrĂŒckner als freigestellten Betriebsrat ist es besonders wichtig, dass geltendes Arbeitsrecht auf die tĂ€gliche Arbeit angewendet wird. In regel-mĂ€ĂŸigen Kolloquien informiert er ĂŒber rele-vante arbeitsrechtliche Themen.

Neben der Information ĂŒber aktuelle The-men setzen die VAA-MandatstrĂ€ger in der Werksgruppe Bayer Berlin vor allem auf eine wirksame Vertretung der AT- und LA-Interessen. ZusĂ€tzlich zu den vier Sitzen im Betriebsrat und allen sieben Sitzen des Sprecherausschusses nutzen die VAA-Mit-glieder dafĂŒr auch ihre beiden Sitze im Aufsichtsrat der Bayer Pharma AG. Frank Fulbrecht engagiert sich dort als Gewerk-schaftsvertreter. Er kennt die Sorgen und Nöte der Mitarbeiter nicht nur aus der Per-spektive als stellvertretender Werksgrup-

penvorsitzender, sondern auch als Mitglied des Betriebsrates: „Was unsere Mitglieder natĂŒrlich beschĂ€ftigt, sind VerĂ€nderungen wie die große anstehende Umstrukturie-rung New Bayer. Wenn der Teilkonzern Bayer MaterialScience als eigenstĂ€ndiges Unternehmen an die Börse gebracht wird, erfolgt natĂŒrlich auch im restlichen Unter-nehmen ein Umbau.“

Die enge Klammer zwischen Betriebsrat, Sprecherausschuss, Aufsichtsrat und Werksgruppe ermöglicht den VAA-Vertre-tern vor Ort eine enge Begleitung solcher Prozesse. Die Werksgruppenvorsitzende Sylvia Nikkho setzt dabei auf eine ge-schickte Mischung aus dem Engagement in der Werksgruppe und der UnterstĂŒtzung durch den VAA: „Wir stellen uns hier bei allen Fragen – auch solche, die ĂŒber die das Arbeitsrecht hinausgehen – persönlich als Ansprechpartner zur VerfĂŒgung. Dabei hilft uns, dass wir aus verschiedenen Be-reichen und Funktionen kommen. Und wir pflegen eine enge Zusammenarbeit mit den RechtsanwĂ€lten des Berliner VAA-BĂŒros.“ In Zukunft will die Werksgruppe sich ver-mehrt dem wachsenden Anteil und den Be-dĂŒrfnissen auslĂ€ndischer Kollegen am Standort widmen. FĂŒr den Herbst ist bereits eine Veranstaltung geplant, die das „Best Of“ des reichhaltigen Informationsangebo-tes in englischer Sprache anbieten wird. ■

Vom Standort Berlin aus lenkt Bayer sein PharmageschÀft. Foto: Matthias Lindner

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VAA MAGAZIN AUGUST 201524

VAA

Wie gelingt ein ĂŒberzeugender Auftritt? Antworten gab es Ende Juni auf der Veranstaltung „Überzeugend auftreten – immer und ĂŒberall“ des WoMen Netzwerks Rhein/Main in Frankfurt am Main. Dort erklĂ€rte Auftrittsexperte Peter A. Worel den rund 80 GĂ€sten, wie man die eigene Persönlichkeit gekonnt einsetzt, um Ziele effektiver zu erreichen. So ist bei PrĂ€sentationen, Besprechungen oder Verkaufs- und BewerbungsgesprĂ€chen nicht nur das Fachwissen entscheidend, sondern vor allem das Zusammenspiel von Rhetorik und Körpersprache. Denn der Erfolg hĂ€ngt besonders davon ab, inwieweit Worte und Gesten in sich stimmig zur Situation und jeweiligen Person passen.

WOMEN NETZWERK RHEIN/MAIN

Crashkurs in Rhetorik

Organisiert wurde die Veranstaltung von den Kooperationspartnern des WoMen Netzwerks Rhein/Main: syntra – das Management Netzwerk der Deutschen Telekom, FĂŒhrungskrĂ€fte Institut (FKI), VAA, GET Gudrun E. Teipel (Business Coaching & Consulting), Deutsche Telekom und Continental.

Das WoMen Netzwerk steht fĂŒr einen inklusiven Ansatz und Mixed

Leadership. Das Netzwerk heißt Frauen und MĂ€nner gleicher-

maßen willkommen. Ziel der Veranstaltungsreihe ist die Schaffung

einer Plattform zum gegenseitigen Austausch fĂŒr interessierte

Fach- und FĂŒhrungskrĂ€fte sowie Experten aus verschiedenen

Unternehmen und Branchen.

Laut Managementtrainer Peter A. Worel zÀhlt vor allem der erste Eindruck: Sekundenbruchteile entscheiden, ob Menschen als sympathisch

oder kompetent eingeschĂ€tzt werden. Danach mĂŒssen Worte und Körpersprache ĂŒbereinstimmen. Denn es seien zwei Paar Schuhe, wie man

etwas sage und wie das Gesagte ankomme. „Überzeugendes Auftreten zu lernen ist, wie eine Fremdsprache zu lernen“, so der Autor des

Buches „TĂŒröffner zum Erfolg“ (ISBN 978-3-527-50626-2). Um das Zusammenspiel von Rhetorik, Etikette, Kleidung und Körpersprache richtig

zu nutzen, mĂŒsse man neben Vokabeln auch die Grammatik pauken. Fotos: Ines Schulte – VAA

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Branche

Was haben quietschende Reifen mit saftig-gelben Löwenzahnwiesen zu tun? Auf den ersten Blick – nichts. Kaum vorstellbar, dass man aus dem milchigen Saft des Lieblingsschmauses von Hasen und Kaninchen tatsĂ€chlich Kautschuk gewinnen kann. Und dieser alternative Naturkautschuk eignet sich wiederum ideal als Beimischung fĂŒr die Reifenherstellung. In einem preisgekrönten Projekt haben Wissenschaftler dieses Verfahren entwickelt – von der Aussaat bis zum Autoreifen. Mit dabei: Dr. Carla Recker, Materialchemikerin von Continental und zugleich Vorsitzende der örtlichen VAA-Werksgruppe sowie der VAA-Landesgruppe Niedersachsen/Bremen.

Von Timur Slapke

INNOVATIVE TECHNOLOGIEN

Kautschuk stattKaninchenfutter

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„Zur Serienreife der Reifen aus Löwenzahn braucht es noch etwa fĂŒnf bis zehn Jahre“, meint Dr. Carla Recker von Continental in Hannover. Das Ziel: kein vollstĂ€ndiges Substitut, sondern die Deckung von zehn Prozent des Na-turkautschukbedarfs des Unternehmens durch eine alter-native Quelle. „Dann hat man eine signifikante GrĂ¶ĂŸe, die sich auch als Steuerungsinstrument eignet.“ Denn wie vie-le Rohstoffe wird auch Naturkautschuk an der Börse ge-handelt – an der Naturkautschukbörse in Singapur. Daher sind spekulationsbedingte Preisschwankungen nie auszu-schließen. „Wenn man da eine gewisse Menge als Alter-native zur Hand hat, ist das schon ein Vorteil fĂŒrs Unter-nehmen“, betont Recker.

Bei Continental bekleidet die aus GeorgsmarienhĂŒtte bei OsnabrĂŒck stammende Chemikerin das Expertenfeld Ma-terialchemie. Ihre Spezialgebiete: Kautschuk, Rohmate-

rialien und Mischung. „Wir versuchen, das VerstĂ€ndnis dafĂŒr zu entwickeln, wie verschiedene Faktoren mitein-ander wechselwirken und was man auf der Rohstoffseite sowie bei der Mischung noch verbessern kann.“ So auch beim Kautschuk aus Löwenzahn, der chemisch identisch mit dem Naturkautschuk ist. „Das kann man auch im La-bor nicht unterscheiden, da beide Pflanzen die gleiche Bio-synthese in ihrem Organismus abgebildet haben“, fĂŒhrt Carla Recker aus. Unterscheiden können sich zwar die Begleitstoffe, aber die Performance an sich bleibe die glei-che.

Seit 2012 arbeitet Recker eng mit ihren Projektpartnern vom Fraunhofer-Institut fĂŒr Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME in MĂŒnster zusammen. Eine SchlĂŒsselrolle dabei spielt Professor Dirk PrĂŒfer. Von ihm stammt die ur-sprĂŒngliche Idee, die damals noch eine ganz andere

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Stoßrichtung hatte: 1999 ging es um aus Pflan-zen hergestellte therapeutische Proteine. „Im Löwenzahn ist Latex drin und der hat relativ wenig Proteine im Vergleich zu anderen Pflan-zengeweben“, klĂ€rt PrĂŒfer auf. „Wir hatten uns ĂŒberlegt, ob wir den Latex nutzen können, um dort Fremdproteine zu produzieren.“

Auf einem Kongress Anfang der 2000er Jah-re haben die Fraunhofer-Forscher ihre Arbei-ten zum Löwenzahn vorgestellt und sind mit Vertretern von Continental ins GesprĂ€ch ge-kommen. Schnell Ă€nderte sich der Fokus in Richtung Autoreifen. „In den folgenden Jah-ren haben wir so viele Daten ĂŒber die Nut-zung des Russischen Löwenzahns als alter-native Quelle fĂŒr Naturkautschuk sammeln können, dass schließlich alle Seiten ĂŒber-zeugt waren“, so der Molekularbiologe. Der Startschuss fĂŒr ein erstes gemeinsames, öf-fentlich gefördertes Projekt war gegeben. Zum Themenkomplex gehören eine ganze Reihe verschiedener Projektlandschaften. „Die Projekte gehen aber alle Hand in Hand“, versichert Carla Recker von Continental, die sich neben ihrer beruflichen TĂ€tigkeit schon seit 1998 fĂŒr den VAA engagiert.

WĂ€hrend es in den ersten Projekten um die grundlegende PlausibilitĂ€tsprĂŒfung ging, hat Continental gemeinsam mit dem Fraunhofer IME ein weiteres Projekt aufgesetzt, um die Industrialisierung vorzubereiten. Im zweiten Schritt ging es um nichts weniger als den Be-weis, dass die löwenzahnbasierten Reifen tat-sĂ€chlich Ă€quivalente Performances zeigt wie normale, mit konventionellem Naturkaut-schuk angereicherte Reifen. „Das war der entscheidende Meilenstein“, berichtet Re-

cker. „Denn einem handfesten Ergebnis auf der Teststrecke wird dann auch mehr ge-glaubt als einem reinen Laborergebnis.“ Da-fĂŒr sind die Projektpartner Anfang Juni 2015 mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis ausge-zeichnet worden. Die Reifen haben sich in Tests auf trockenem, nassem und schneebe-decktem Asphalt bewĂ€hrt. Die Materialei-genschaften – optimal.

Pusteblume mit Pfi ff

FĂŒr Laien ist praktisch kein Unterschied zwi-schen dem hierzulande wachsenden Gemei-nen Löwenzahn und seinem Cousin zu er-kennen. Aber anders als der herkömmliche brauche der Russische Löwenzahn andere Pflanzen zur Fortpflanzung, klĂ€rt Dirk PrĂŒ-fer auf. „Und er produziert signifikant mehr Naturkautschuk.“ In der Natur kommt der Russische Löwenzahn hauptsĂ€chlich im Ti-an-Schan-Gebirge in Zentralasien vor – in TĂ€lern mit einer sehr hohen BiodiversitĂ€t. „Dort konnte er die Eiszeit ĂŒberleben“, er-zĂ€hlt PrĂŒfer.

Das Gute an dieser Löwenzahnart: Er eignet sich auch fĂŒr marginale Standorte, die nicht fĂŒr den Lebensmittelanbau geeignet sind. „Manche Landwirte suchen hĂ€nderingend nach einer weiteren Fruchtfolge fĂŒr gewisse Böden“, weiß Carla Recker zu berichten. Al-lerdings musste der Löwenzahn fĂŒr das Pro-jekt speziell hochgezĂŒchtet werden, damit er den Erwartungen der Landwirte entsprechen konnte.

Daher hat das Fraunhofer-Forscherteam zu-nĂ€chst versucht, die Wildpflanzen zĂŒchte-

Dr. Christian Schulze Gronover vom IBBP

der UniversitĂ€t MĂŒnster, Dr. Carla Recker von

Continental in Hannover und Professor Dirk

PrĂŒfer vom Fraunhofer IME in MĂŒnster (von

links) sind fĂŒr die Entwicklung eines

Autoreifen-Prototypen auf Basis von

Naturkautschuk aus Russischem Löwenzahn

mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2015

ausgezeichnet worden.

Foto: Dirk Mahler – Fraunhofer

Branche

risch zu optimieren. Hierzu war vor allem die Kenntnis ĂŒber Gene notwendig, die zu einer effizienten Kautschukproduktion beitragen. „Diese Gene haben wir dann als Marker ver-wendet, anhand derer die PflanzenzĂŒchter den Kautschukertrag frĂŒhzeitig erkennen können“, erlĂ€utert Dirk PrĂŒfer. „Das be-schleunigt die ZĂŒchtung und erhöht somit die Ertragsmenge.“ Mittlerweile wurden Pflan-zen gezĂŒchtet, die doppelt so viel Kautschuk produzieren wie die Ausgangspflanze. Aller-dings nur durch gezielte, konventionelle Zucht, nicht gentechnisch verĂ€ndert. „Wir wollen auf keinen Fall das Risiko eingehen, dass wir etwas entwickeln und uns nachher auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene der Anbau verboten wird“, erklĂ€rt Recker. Mo-derne gentechnische und analytische Metho-den bleiben also der Arbeit im Labor und im abgeschirmten GewĂ€chshaus vorbehalten.

Ein entscheidender Schritt war die Etablierung des Extraktionsprozesses: „Wir haben heraus-gefunden, wie man den Kautschuk aus

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Foto: bessi7 – Fotolia

den Wurzeln der Pflanze extrahieren kann“, so Fraunhofer-Wissenschaftler PrĂŒfer. In ei-nem speziellen Verfahren werden die Wur-zeln in Wasser aufgelöst und gemahlen. „Das ist ein ökonomisch wie ökologisch Ă€ußerst effektiver und einfacher Prozess.“ Mittler-weile kennen die Wissenschaftler alle Para-meter, um aus der Wildform des Löwen-zahns eine solch berechenbare Zuchtsorte zu machen wie zum Beispiel die ZuckerrĂŒbe.

In den nĂ€chsten Jahren wird das Löwenzahn-zuchtverfahren weiter optimiert. Ist es dann denkbar, ganz auf KautschukbĂ€ume zu verzichten? Nein, sind sich sowohl Carla Recker als auch Dirk PrĂŒfer si-cher. Löwen-zahn werde

den Naturkautschukbaum nie ersetzen, aber dafĂŒr ideal ergĂ€nzen. Auch ökologisch ergibt das Verfahren Sinn, weil wegen der steigen-den globalen Nachfrage nach Naturkaut-schuk weitere Regenwaldrodungen drohen. „Dies könnte man durch Naturkautschuk aus Löwenzahn kompensieren“, findet PrĂŒfer. „Eine Studie hat errechnet, dass man rein hy-pothetisch zur Deckung des globalen Natur-kautschukbedarfs eine LöwenzahnanbauflĂ€-che von der GrĂ¶ĂŸe Österreichs brĂ€uchte.“ Dies sei im VerhĂ€ltnis zu möglichen Anbau-

Weitere Informationen gibt es fĂŒr eingeloggte Mitglieder in einem aus-fĂŒhrlichen Interview mit Dr. Carla Recker auf der Plattform MeinVAA unter mein.vaa.de.

Branche

gebieten in Kasachstan oder Russland wirk-lich nicht viel.

Aus heutiger Sicht sieht auch das Industrie-unternehmen Continental im Projekt wirt-schaftliches Potenzial – die Zeichen stehen voll auf GrĂŒn. Es werde aber noch ein langer Weg bis zum Ziel, mahnt Carla Recker. „Wir hĂ€ngen da ja auch von externen Faktoren ab, die wir ĂŒberhaupt nicht beeinflussen können, etwa beim Anbau und bei der Aufzucht der Pflanzen.“ Als begeisterte Drachenbootfah-rerin ist die VAA-MandatstrĂ€gerin jedoch Herausforderungen gewohnt und nimmt

WettkĂ€mpfe gern an. Die Aussichten fĂŒr den alternativen Naturkautschuk

bleiben also ebenso sonnig wie die BlĂŒtenfarbe seiner Her-

kunftspflanze. ■

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VAA MAGAZIN AUGUST 201528

Branche

65. LINDAUER NOBELPREISTRÄGERTAGUNG

FĂŒr Gelegenheiten

zum ungezwungenen

Austausch zwischen

etablierten und

kĂŒnftigen KoryphĂ€en

der Wissenschaft war

in Lindau zur GenĂŒge

gesorgt, unter

anderem beim

abendlichen

Chill & Grill.

Über 30 NobelpreistrĂ€ger, darunter auch der Genetiker Hamilton O. Smith, haben am Abschlusstag des NobelpreistrĂ€gertreffens auf der Blumeninsel Mainau die Mainauer Deklaration 2015 zum Klimawandel unterzeichnet. Darin bekrĂ€ftigen sie den weitgehenden wissenschaftlichen Konsens ĂŒber das Thema und fordern eine Begrenzung der weltweiten Treibhausgasemissionen.

Konsens ĂŒber KlimakriseJedes Jahr in der ersten Juliwoche trifft sich das Who is Who der weltweiten Wissenschaft im malerischen Lindau am Bodensee zur Lindauer NobelpreistrĂ€gertagung. Die 65. Ausgabe verfolgte einen interdisziplinĂ€ren Ansatz und war den Fachbereichen Medizin, Physik und Chemie gewidmet. Insgesamt nahmen 70 NobelpreistrĂ€ger und 672 Nachwuchswissenschaftler aus 88 LĂ€ndern an der traditionsreichen Tagung teil. Im Fokus stand unter anderem die Frage, inwieweit vom Zusammenspiel unterschiedlicher Forschungszweige kĂŒnftig DurchbrĂŒche in SchlĂŒsselbereichen zu erwarten sind. Einigkeit in der Wissenschaftselite bestand außerdem ĂŒber die Notwendigkeit des Kampfes gegen den Klimawandel.

Wenn es um EinzelmolekĂŒlfl uoreszenzspektroskopie geht, ist der

amerikanische NobelpreistrÀger William E. Moerner ein herausragender

Spezialist. Aber der Chemiker und Physiker hat fĂŒr den

wissenschaftlichen Nachwuchs auf der NobelpreistrÀgertagung auch

noch eine wichtige Lebensweisheit auf den Weg gegeben: Keine

Wissenschaft kann ohne Spaß und Leidenschaft existieren.

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VAA MAGAZIN AUGUST 2015 29

Branche

WÀhrend der Tagung fanden tÀglich mehrere Workshops und Diskussionen von Nobel-

preistrÀgern wie dem amerikanischen Biochemiker und Phosphorylierungsexperten

Edmond H. Fischer mit jungen Forschern aus fast 90 LĂ€ndern statt.2009 hat die an der University of California in San Francisco forschende Australierin Elizabeth H. Blackburn fĂŒr die Entdeckung der Telomerase den Nobelpreis fĂŒr Physiologie oder Medizin erhalten. Neben einem Impulsvortrag vor dem Plenum und einem Workshop mit Nachwuchswissenschaftlern nahm sie in Lindau auch am Science-Webinar

„Persevering in Science“ teil.

Erst im letzten Jahr wurde der deutsche Chemiker Stefan W. Hell fĂŒr die Entwicklung superaufl ösender Fluoreszenzmikroskopie mit dem Nobelpreis fĂŒr Chemie ausgezeichnet – gemeinsam mit William E. Moerner und Eric Betzig. Dieses Jahr in Lindau hat er auch wĂ€hrend der Kaffeepausen intensiv mit Jungforschern diskutiert. Fotos: Christian

Flemming, Rolf Schultes – Lindau Nobel Laureate Meetings

Der Physiker Steven Chu ist NobelpreistrÀger und war

wÀhrend der ersten Amtszeit von US-PrÀsident Barack

Obama Energieminister. Zurzeit forscht Chu am

Lawrence Berkeley National Laboratory.

„Wir sind der Meinung, dass die Nationen der

Welt die Chance der UN-Klimakonferenz in Paris

im Dezember 2015 nutzen und entschlossen handeln

mĂŒssen, um die kĂŒnftigen Emissionen weltweit zu

begrenzen.“

Auszug aus der Mainauer Deklaration 2015

zum Klimawandel.

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VAA MAGAZIN AUGUST 201530

Branche

Personalia aus der Chemie

Mit freundlicher UnterstĂŒtzung von

Mit freundlicher UnterstĂŒtzung von

Evonik: Kaufmann neuer COODer Aufsichtsrat der Evonik Industries AG hat am 25. Juni 2015 die einvernehmliche Beendigung der Amtsstellung von Patrik Wohlhauser (51) als Mitglied des Vorstandes und Chief Operating Officer (COO) beschlossen. Wohlhauser hat das Unternehmen Ende Juni 2015 verlassen. Zugleich wurde Dr. Ralph Sven Kauf-mann (49) zum Mitglied des Vorstandes der Evonik Industries und neuen COO berufen. Er hat seine TĂ€tigkeit zum 1. Juli 2015 auf-genommen.

Kaufmann war seit dem Jahr 2001 GeschĂ€ftsfĂŒhrender Gesell-schafter der Unternehmensberatung SCOPEIN Management Con-sultants in DĂŒsseldorf. In dieser Zeit hat er auch zahlreiche Un-ternehmen der chemischen und pharmazeutischen Industrie hin-sichtlich der Optimierung der operativen LeistungsfĂ€higkeit und des GeschĂ€ftsportfolios beraten. Kaufmann hat eine Banklehre absolviert, der ein Studium der Volks- und Betriebswirtschafts-lehre an den UniversitĂ€ten in Köln und New York folgte. 1995 promovierte er an der UniversitĂ€t zu Köln. Seine berufliche Kar-riere begann im Bereich Corporate Controlling bei der Henkel KGaA. Anschließend war er als Projektleiter in der strategischen Unternehmensberatung Droege & Comp. tĂ€tig.

Altana: Vorstand neu gewĂ€hltDer Aufsichtsrat des Spezial-chemiekonzerns Altana hat Martin Babilas (43) zum kĂŒnf-tigen Vorstandsvorsitzenden bestellt. Er wird am 1. Januar 2016 die Nachfolge von Dr. Matthias L. Wolfgruber (61) antreten, der in den Ruhe-stand geht. Außerdem ist Ste-fan Genten (46) seit dem 1. Au-gust 2015 neuer Finanzvor-stand bei Altana. Martin Babi-las war bereits seit 2007 Fi-nanzvorstand der Altana AG. Im November letzten Jahres hat er zusĂ€tzlich die Ressortverantwortung fĂŒr zwei der vier Ge-schĂ€ftsbereiche ĂŒbernommen. Insgesamt ist Babilas bereits seit 1998 fĂŒr das Unternehmen tĂ€tig.

Vinnolit: Schellerer folgt auf ErtlWestlake Chemical beruft Dr. Karl-Martin Schellerer als Vice President und General Manager Vinnolit. In dieser Funktion be-richtet er an Robert Buesinger, Senior Vice President Vinyls. Schellerer wird Dr. Josef Ertl nach dessen Eintritt in den Ruhe-stand am 1. November 2015 als GeschĂ€ftsfĂŒhrer der Vinnolit GmbH & Co. KG nachfolgen. Zuletzt leitete er den Bereichs Pro-zess- und Bauzulieferindustrie bei der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner Consultants in MĂŒnchen. Zuvor war Schellerer bei Vinnolit tĂ€tig, beginnend ab 1997 als Sales Mana-ger Pasten & Extender PVC. Nach einer TĂ€tigkeit als Anwen-dungstechniker war er Leiter des Business Teams Fabric & Paper Coating, Leiter Sales & Marketing Pasten & Extender PVC und Leiter Corporate Development.

Wacker: Wechsel im VorstandDr. Joachim Rauhut (61), Finanzvorstand der Wacker Chemie AG, wird mit Ablauf seines Vertrages wie geplant zum 31. Ok-tober 2015 aus dem in MĂŒnchen ansĂ€ssigen Unternehmen aus-scheiden. Das Finanzressort wird zum 1. November Dr. Tobias Ohler (44) ĂŒbernehmen, der dem Vorstand seit Anfang 2013 an-gehört. Gleichzeitig hat der Aufsichtsrat Ohlers Vertrag, der zum 31. Dezember 2015 auslĂ€uft, um weitere fĂŒnf Jahre verlĂ€ngert. Neu in den Vorstand wurde mit Wirkung zum 1. November 2015 Dr. Christian Hartel (44) berufen. Sein Vertrag hat eine Laufzeit von drei Jahren.

Hartel leitet gegenwĂ€rtig den GeschĂ€ftsbereich Wacker Silico-nes. Er studierte Chemie an der UniversitĂ€t Konstanz und pro-movierte an den UniversitĂ€ten Genf und Frankfurt am Main. Im Jahr 2000 begann er seine Berufslaufbahn bei der Management-beratung Bain & Company. In die Konzernentwicklung von Wa-cker wechselte Hartel im Jahr 2003. Nach verschiedenen Ma-nagementaufgaben in den GeschĂ€ftsbereichen Biosolutions und Silicones ĂŒbernahm er 2010 die FĂŒhrung der Zentralabteilung Rohstoffeinkauf.

Foto: ALTANA

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Wirtschaft in Zahlen

Arbeitsmarkt: Bedarf an Hochqualifi zierten wÀchst weiter

Ein hoher Qualifizierungs grad gilt als beste Absicherung gegen Arbeitslosig keit. Und der Anteil an Personen mit Hoch schul abschluss am Gesamtarbeits krÀftebedarf wird weiter wachsen: von 17 Prozent im Jahr 2010 auf 20 Prozent im Jahr 2030.

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Hochschule/Fachhochschule

Meister-/Technikerausbildung

mit betrieblicher Lehre

in Schule/Ausbildung/Studium

ohne Berufsabschluss

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VAA MAGAZIN AUGUST 20153232

Meldungen

96 Prozent aller Bachelorab-solventen an UniversitÀten haben 2014 ein Masterstu-dium angeschlossen, an

Fachhochschulen 57 Prozent. Dies geht aus der neuen Statistik der Gesellschaft Deut-scher Chemiker (GDCh) „Chemiestudien-gĂ€nge in Deutschland“ hervor. Eine Trend-wende ist bei der Promotionsquote zu ver-zeichnen: Über 80 Prozent der universitĂ€-ren Masterabsolventen begannen 2014 eine Promotion – in den Vorjahren lag dieser Wert noch bei rund 90 Prozent. Insgesamt wurden in Chemie 1.758 Doktoranden pro-moviert. Die Promotionsdauer lag wie im Vorjahr bei dreieinhalb bis vier Jahren.

Außer im Bereich Lebensmittelchemie sind die AnfĂ€ngerzahlen in allen StudiengĂ€ngen erneut angestiegen und lagen bei 11.126. Da-bei gingen die DiplomabschlĂŒsse in Chemie und Biochemie in allen StudiengĂ€ngen deut-lich zurĂŒck. An den Fachhochschulen sind die DiplomstudiengĂ€nge bereits ausgelau-fen: Dort gab es 878 Bachelor- und 385 Mas-terabschlĂŒsse. Den Hochschulen zufolge ha-ben im vergangenen Jahr 2.815 Studenten ihren Bachelor und 1.742 ihren Master ge-macht – 311 Absolventen schlossen ihr Stu-dium in einem der auslaufenden Diplomstu-diengĂ€nge ab. In der Biochemie wurden 919 Bachelor- und 643 Masterabsolventen sowie 111 DiplomprĂŒfungen und 194 Promotionen

gemeldet. Außerdem absolvierten 306 Le-bensmittelchemiker die HauptprĂŒfung A oder die DiplomprĂŒfung, 156 Studenten be-standen die HauptprĂŒfung Teil B. Die Unis meldeten 78 Bachelor- und 43 Masterab-schlĂŒsse in Lebensmittelchemie.

In ihrer Statistik hat die GDCh Daten in den universitĂ€ren StudiengĂ€ngen Chemie, Wirtschaftschemie, Biochemie/Life Scien-ces und Lebensmittelchemie sowie die ChemiestudiengĂ€nge an Fachhochschulen abgefragt. Die BroschĂŒre ist im freien Download unter www.gdch.de/statistik erhĂ€ltlich und auch dem E-Paper des VAA Magazins beigefĂŒgt.

GDCh-Hochschulstatistik: Promotionsquote 2014 leicht gesunkenF

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Wie wirken sich Partikelemissionen verschiedener Schiffskraft-stoffe auf die Zellen in der Lunge aus? Forscher des Helmholtz Zentrums MĂŒnchen, der Technischen UniversitĂ€t MĂŒnchen und der UniversitĂ€t Rostock haben erstmals nachgewiesen, welche che-mischen und physikalischen Eigenschaften fĂŒr bestimmte Reak-tionen der Lungenzellen verantwortlich sind. Untersucht wurde dies mit einem eigens betriebenen Schiffsdieselmotor. Als Kraft-stoffe wurden das als umweltschĂ€dlich bekannte Schweröl sowie normales Schiffsdiesel eingesetzt. Die dabei entstandenen Abga-se wurden anschließend in verdĂŒnnter Form direkt ĂŒber die Lun-genzellen geleitet. Das Ergebnis: WĂ€hrend die Schwerölemissi-

onspartikel hauptsĂ€chlich zu entzĂŒndlichen Reaktionen fĂŒhrten, reagierten die Zellen auf die scheinbar „saubereren“ Dieselemis-sionspartikel mit einer breiteren, noch stĂ€rkeren Antwort. Insge-samt stellten die Studienautoren fest, dass die Dieselabgase wich-tige zellulĂ€re Stoffwechselwege wie den Energiestoffwechsel, den Aufbau von Proteinen, Chromatinmodifikationen sowie zellulĂ€re Transportprozesse beeintrĂ€chtigten. Dabei entdeckten sie sowohl VerĂ€nderungen bei der Genaktivierung als auch bei Konzentrati-onen wichtiger Proteine und Stoffwechselprodukte. Die Original-studie ist auf www.vaa.de/vaamagazin in der E-Paper-Version des VAA Magazins verlinkt.

Schiffsdiesel nicht besser als Schweröl

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VAA MAGAZIN AUGUST 2015 33

Wie können Trainingsmodule fĂŒr Absolven-ten und BerufstĂ€tige in Industrie und For-schung auf dem Gebiet der Nanotechnologie entwickelt werden? Dazu fördert das Pro-gramm der EuropĂ€ischen Kommission ERASMUS+ das neue Projekt „ENEX – Expert in Nanotechnology Exploitation“. Ziel ist ein interdisziplinĂ€rer Open-Licence-E-Learning-Kurs, der die Lerninhalte der Technologie- und Management-Curricula in ein neuartiges Qualifikationskonzept zu-sammenfĂŒhrt. Auf www.enex-nano.eu lĂ€uft dazu eine offene Umfrage fĂŒr Unter-nehmen, die in der Nanotechnologie aktiv sind. Damit sollen die Curricula des ENEX-Trainingskurses auf konkreten Weiterbil-dungsbedarf in den Firmen ausgerichtet, QualifizierungslĂŒcken geschlossen und Hochschulabsolventen besser auf Aufgaben im industriellen Umfeld vorbereitet werden.

Einmal im Leben mit dem legendĂ€ren Ori-ent-Express fahren: Möglich wird dies auf einer vom VerbandsreisebĂŒro Merkana or-ganisierten Reise samt Vorprogramm. Vom 4. bis 6. Juni nĂ€chsten Jahres geht es bei der einmaligen Sonderfahrt im Venice Simplon-Orient-Express von Berlin ĂŒber Paris bis nach London. Es besteht die Mög-lichkeit zur VerlĂ€ngerung. Weitere Infor-mationen gibt es bei der persönlichen Mer-kana-Ansprechpartnerin fĂŒr VAA-Mitglie-der Marion Schwarz unter 02191 9288-232 oder [email protected].

Seit ĂŒber 100 Jahren streiten sich Wissen-schaftler ĂŒber das rĂ€tselhafte MolekĂŒl OCCO – Ethylendion. Bislang hat sich das Kohlen-monoxid-Dimer bei zahlreichen Synthese-versuchen noch nicht einmal als kurzlebige Zwischenstufe gezeigt. Nun haben Chemiker der University of Arizona erstmals schlĂŒssi-ge Beweise fĂŒr die Existenz der Verbindung vorgelegt. In der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten die Forscher, dass ihnen die Herstellung von Ethylendion und die spektroskopische Charakterisierung der elektronischen ZustĂ€nde des MolekĂŒls gelun-gen sind. ZunĂ€chst wurde Glyoxal in einer speziellen Reaktion mit negativ geladenen Sauerstoffradikalen zu einem einfach negativ geladenen Ethylendion-Anion umgesetzt. Mithilfe der Photodetachment-Photoelektro-nenspektroskopie wurden dann die neutralen Spezies untersucht, die bei der Entfernung der ĂŒberschĂŒssigen Ladung des Anions ent-stehen. Nach Meinung des Forscherteams deuten die Ergebnisse auf einen bindenden Triplett- und einen dissoziativen Singulett-zustand von OCCO. Diese ZustĂ€nde stehen mit theoretischen Vorhersagen und quanten-chemischen Berechnungen im Einklang.

Umfrage zur Chancengleichheit startetAb dem 1. September beginnt die im FĂŒnf-Jahres-Rhythmus durchgefĂŒhrte VAA-Umfra-ge zur Chancengleichheit: Dann erhalten ausgewĂ€hlte VAA-Mitglieder den Fragebogen per Post. Bereits seit einem Vierteljahrhundert fĂŒhrt der VAA diese Umfrage durch und erfasst die aktuelle Situation weiblicher und mĂ€nnlicher FĂŒhrungskrĂ€fte in der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Deutschland. Aufgrund des langen Betrachtungszeitraums und der hohen Teilnehmerzahl bietet die VAA-Studie eine einzigartige Grundlage fĂŒr die langfristige Betrachtung der Entwicklung von Chancengleichheit sowie der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Karriere in der Branche. Um die statistische Aussagekraft weiter zu erhöhen, bittet der VAA um rege Beteiligung. Einsendeschluss ist der 30. September.

Im Juni hat die Provadis Hochschule zum zweiten Mal zum Zukunftsdialog fĂŒr Ent-scheider aus Wirtschaft und Wissenschaft geladen. Diskutiert wurde die Branchenstu-die „Von den Megatrends zum GeschĂ€ftser-folg“, die zentrale Handlungsfelder fĂŒr eine zukunftsorientierte UnternehmensfĂŒhrung in der Chemie- und Pharmabranche identifi-ziert. Folgt man Dirk Meyer, GeschĂ€ftsfĂŒhrer Bildung, Wirtschaft, Arbeitsmarkt vom Bun-desarbeitgeberverband Chemie (BAVC), so wird der Branche die Arbeit nicht ausgehen. DarĂŒber hinaus könne man diese Zukunft der Arbeit steuern. FĂŒr Holger Winzer von der Hay Group sind die FĂŒhrungsstile der Zu-kunft visionĂ€r und partizipativ, weniger di-rektiv und perfektionistisch. Anschließend verteilten sich die Teilnehmer auf vier The-mentische mit verschiedenen Schwerpunk-ten. Dort wurden Thesen fĂŒr das „Live Vo-ting“ und die spĂ€tere Podiumsdiskussion ge-neriert. Dabei unterstrich Dr. Klemens Minn von der Bayer CropScience AG, zugleich Vorsitzender der VAA-Landesgruppe Hes-sen, die Bedeutung lebenslangen Lernens speziell fĂŒr FĂŒhrungskrĂ€fte.

BASF Ludwigshafen verlost iPad

Modernes FĂŒhren – Industrie 2030

Nanotechnologie: Experten gesucht

Nach London mit dem Orient-Express

RÀtsel gelöst: Ethylendion existiert

Ende November 2014 hat die VAA-Werksgruppe BASF Ludwigshafen im Rahmen einer dreimonatigen VAA-iPad-Werbeaktion elf Neumitglieder gewinnen können. Auf einer VAA-Vortragsveranstaltung mit Referent Ste-fan MĂŒller war dem Werber Gerhard Welker (im Bild links) das GlĂŒck der Losfee hold. So erhielt er fĂŒr sein Engagement vom Werksgruppenvorsitzenden Dr. GĂŒn-ther Achhammer (im Bild rechts) ein iPad Air.

Foto: Wikimedia Commons

Meldungen

Foto: Schneider – BASF

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VAA MAGAZIN AUGUST 201534

Meldungen

Bei einer VAA-Vortrags- und Diskussionsveranstaltung Mitte Juni diskutierten rund 25 Teilnehmer ĂŒber Megatrends, Innovationen und Nachhaltigkeit. Moderiert wurde die Veranstaltung von Prof. Birgit Baum. Es sei ein lang gehegter Traum von Chemikern, Kohlendioxid als Rohstoff fĂŒr die Kunststoffproduktion zu verwenden, so Keynote Spea-ker und Head of Bayer MaterialScience Catalysis Program Dr. Christoph GĂŒrtler. Bislang sei Erdöl eine unverzichtbare Grundsubstanz fĂŒr Kunststoffe, welches allerdings immer knapper und teurer werde. Die AbhĂ€ngigkeit der chemischen Industrie vom Öl ließe sich durch die Verwendung von CO2 verringern. Gleichzeitig sei der nachhaltige Effekt, dass klimaschĂ€dliches Gas gebunden wĂ€re. Daher will Bayer Kohlendioxid als Ausgangsstoff fĂŒr die Herstellung von Kunststoffen beispielsweise fĂŒr Matratzen oder DĂ€mmstoffe nut-zen. Bayer-Chemikern ist es zusammen mit Forschern der RWTH Aachen University gelungen, in einer Pilotanlage eine zentrale Kunststoffkomponente unter Verwendung von CO2 zu produzieren (siehe VAA Magazin April 2013).

Am 13. Oktober 2015 ist es so weit: In der Berlin-Brandenburgischen Akade-mie der Wissenschaften in Berlin wird der VAA-Stiftungspreis zum dritten Mal verliehen. Nominiert sind fĂŒnf junge Wissenschaftler, die fĂŒr ihre Dissertati-onen mit industriellem Anwendungsbe-zug ausgezeichnet werden. Die Namen der vom Kuratorium der VAA Stiftung gekĂŒrten PreistrĂ€ger werden am Tag der Preisverleihung bekanntgegeben. Jedes Jahr zeichnet die VAA Stiftung junge Nachwuchswissenschaftler fĂŒr hervorra-gende Dissertationen im Bereich der che-misch-pharmazeutischen Wissenschaf-ten und der Verfahrenstechnik mit je-weils 3.000 Euro aus. Damit wĂŒrdigt der Preis die enge Verbindung zwischen In-dustrie und Wissenschaft.

In ihrem Transferprojekt „Demografischer Wandel – ArbeitsfĂ€higkeit in einer altern-den Gesellschaft“ haben Professor JĂŒrgen Deller (im Bild) und Jan-Bennet Voltmer die ArbeitsfĂ€higkeit von Mitarbeitern vor dem Hintergrund des demografischen Wandels untersucht. Dabei identifizierten sie auch Anhaltspunkte zur Verbesserung möglicher Einflussfaktoren in der tĂ€glichen Arbeit bei den teilnehmenden Unterneh-men und Organisationen: Als Praxispartner sind der VAA sowie das Hamburger BĂŒro des Versicherungskonzerns AXA in das Forschung- und Transferprojekt eingebunden. Mit dem Wissenstransferpreis zeichnet die Professional School der Leuphana Universi-tĂ€t LĂŒneburg qualitativ hochwertige und innovative AktivitĂ€ten im Wissenstransfer mit ĂŒberzeugenden nachhaltigen Konzepten und praxisnaher kooperativer Ausrichtung aus.

Noch bis zum 31. August lĂ€uft die aktuelle Runde der PensionĂ€rsumfrage, die den VAA-Mitgliedern einen wichtigen Über-blick ĂŒber die Altersversorgung und deren Entwicklung in der chemisch-pharmazeu-tischen Industrie liefert. Ob beim Renten-niveau, bei der Lebenserwartung oder beim finanziellen Bedarf der Rentnerhaus-halte: Mithilfe der VAA- PensionĂ€rsumfra-ge spĂŒrt der Verband Trends bei Themen rund um die Altersvorsorge auf, um recht-zeitig mit geeigneten Maßnahmen reagie-ren zu können. Im Interesse aller Mitglie-der bittet der VAA deshalb alle im Juli an-geschriebenen PensionĂ€re um Beteiligung.

Wissenstransfer: Preis fĂŒr JĂŒrgen Deller

PensionÀrsumfrage lÀuft weiter

Umstrittenes Tarifeinheitsgesetz in Kraft

Termin fĂŒr Stiftungspreis steht

Nach Unterzeichnung durch den BundesprĂ€sidenten Joachim Gauck und der Veröffent-lichung im Bundesanzeiger ist das Gesetz zur Wiederherstellung der Tarifeinheit Mitte Juli 2015 in Kraft getreten. Umstritten bleibt es weiterhin: Die Ärztevertretung Marbur-ger Bund, der Deutsche Journalisten-Verband und die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit haben unmittelbar nach Inkrafttreten das Bundesverfassungsgericht angerufen und Verfassungsklage gegen das Tarifeinheitsgesetz eingereicht. Auch aus Sicht des VAA stellt das Gesetz einen schweren und nicht gerechtfertigten Grundrechtseingriff in den Schutzbereich des Artikels 9 des Grundgesetzes dar. Außerdem verstĂ¶ĂŸt es ge-gen die EuropĂ€ische Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie mehrere Übereinkom-men der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Dies wurde Anfang des Jahres in einem vom VAA in Auftrag gegebenen Gutachten des Trierer Instituts fĂŒr Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen in der EU (IAAEU) bestĂ€tigt. Schon vorher hat der Verband seine Bedenken an der RechtmĂ€ĂŸigkeit des Tarifeinheitsgesetzes in einer Stellungnah-me vom November 2014 verdeutlicht. Da der VAA derzeit nicht unmittelbar vom Gesetz betroffen ist, erhebt der Verband keine Verfassungsbeschwerde, wird sich aber alle Mög-lichkeiten offenhalten. Ende Juli wurde der VAA von den Verfassungsrichtern um eine Stellungnahme gebeten. Mehr zum Thema gibt es hier im Heft auf den Seiten 50 bis 51.

Vortrag in Köln: Matratzen aus CO2

Foto: Leuschner – VAA

Foto: Schmitt – VAA

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Durch den jĂŒngsten Anstieg der Zuwanderung steht Deutschland kurzfristig vor großen Herausforderungen. Allerdings zeichnen viele DiskussionsbeitrĂ€ge ein verzerrtes Bild vom Ausmaß der entstandenen Probleme. Denn die Chancen der Zuwanderung fĂŒr Wirtschaft und Gesellschaft kommen dabei zu kurz. Dies gilt auch fĂŒr die Möglichkeit einer aktiven politischen Ausgestaltung von Migration, insbesondere ĂŒber ein Zuwanderungsgesetz.

Aktuellen Zahlen des Statistischen Bun-desamts zufolge gab es im Jahr 2013 etwa 1,2 Millionen ZuzĂŒge nach Deutschland. In der ersten JahreshĂ€lfte 2014 waren es bereits 670.000. Bislang deutet nichts auf eine Umkehr dieses Trends hin.

Die gegenwĂ€rtigen Werte sind zweifellos hoch, aber nicht historisch beispiellos: WĂ€h-rend des BĂŒrgerkriegs im ehemaligen Jugo-slawien 1992 ĂŒberstieg die Zahl der Zuwan-derer den Wert von 1,5 Millionen. Nach der Änderung des Artikels 16 Grundgesetz san-ken die Zahlen wieder. Der vorlĂ€ufige Tiefststand wurde im Jahr 2006 mit 660.000

Personen erreicht. Im gleichen Zeitraum schwankte die Zahl der WegzĂŒge aus Deutschland ohne eindeutig bestimmbare Trends zwischen 600.000 und 800.000 Per-sonen pro Jahr. Das Wanderungssaldo war dabei mit Ausnahme der Jahre 2008 und 2009 stets positiv und erreichte im Jahr 2013 mit 428.000 seinen bisherigen Höchstwert.

Allem Anschein nach hat die Integration der Zuwanderer im erwerbsfĂ€higen Alter in den Arbeitsmarkt bisher recht gut funk-tioniert. Politisch ist trotzdem umstritten, ob, in welchen Branchen und in welchem Ausmaß bereits jetzt ein FachkrĂ€ftemangel

herrscht, der zwingend durch Zuwande-rung behoben werden mĂŒsste.

Studienlage zu FachkrÀften und Zuwanderung ist differenziert

Aktuelle Studien zeichnen ein differenzier-tes Bild: Im Juli 2013 veröffentlichte das Bundesministerium fĂŒr Arbeit und Soziales seine „Arbeitsmarktprognose 2030“. Darin geht es davon aus, dass die Zahl der Erwerbs-tĂ€tigen im Zeitraum zwischen 2010 und 2030 von 40,6 Millionen auf 39,2 Millionen zu-rĂŒckgehen wird, also um 3,5 Prozent. Zur BewĂ€ltigung dieser Herausforderung setzt

ULA Nachrichten

Herausforderung und Chance

ZUWANDERUNG

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www.ula.de36 VAA MAGAZIN AUGUST 2015

das Ministerium auf ein ganzes Maßnah-menbĂŒndel. Dieses setzt vorrangig auf eine wirkungsvolle BeschĂ€ftigungssicherung Ă€l-terer Arbeitnehmer, eine höhere Erwerbsbe-teiligung von Frauen und eine VerlĂ€ngerung der Arbeitszeit von TeilzeitbeschĂ€ftigten. Auch Zuwanderung soll einen Beitrag leis-ten, wobei ein „mittleres“ Szenario mit einer jĂ€hrlichen Nettozuwanderung von 200.000 Personen unterstellt wird.

AufgeschlĂŒsselt nach Branchen droht dem Arbeitsministerium zufolge eine FachkrĂ€f-telĂŒcke vor allem in Erziehungs- und Sozi-al- sowie in Gesundheitsberufen, aber auch in FĂŒhrungspositionen („Manager, Leiten-de“) sowie in technischen Berufen. Ein er-heblicher FachkrĂ€fteĂŒberschuss wird hin-gegen fĂŒr Fertigungsberufe und persönli-che Dienstleistungen prognostiziert.

Eine weitere Studie aus dem Jahr 2015, he-rausgegeben von der Bertelsmann Stiftung und erstellt vom Institut fĂŒr Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundes-agentur fĂŒr Arbeit, beschĂ€ftigt sich einge-hender mit den Arbeitsmarkteffekten aus einer besseren Nutzung des inlĂ€ndischen Arbeitsmarktpotenzials, bestehend aus Ă€l-teren Arbeitnehmern, Frauen, Teilzeitbe-schĂ€ftigten und Niedrigqualifizierten.

Diese Untersuchung nimmt einen lÀngeren

Zeitraum – von heute bis 2050 – in den Blick. Damit schließt sie auch die Jahre ab 2035 ein, in denen die geburtenstĂ€rksten JahrgĂ€nge vollstĂ€ndig aus dem Erwerbsle-ben ausgeschieden sein werden. Die Auto-ren kommen zu dem Ergebnis, dass die vorgenannten Maßnahmen zwar richtig, aber in Summe unzureichend seien. Die Bevölkerung im Erwerbsalter schrumpfe stĂ€rker, als ihre Erwerbsbeteiligung ĂŒber-haupt steigen könne.

Um ein Schrumpfen des Erwerbspotenzi-als zu verhindern, sei fĂŒr den Zeitraum zwischen 2015 und 2025 ein jĂ€hrlicher Net-tozustrom von 450.000 Personen erforder-lich, also in einer Höhe, die bislang erst einmal im Jahr 2013 annĂ€hernd erreicht wurde und mehr als das Doppelte der vom Bundesarbeitsministerium bislang als rea-listisch unterstellten jĂ€hrlichen Nettozu-wanderung von 200.000 Personen betrĂ€gt.

FlĂŒchtlinge und Asylbewerber hatten am jĂŒngsten Anstieg der Zuwandererzahlen zwar einen wichtigen, aber bislang nicht entscheidenden Anteil. So wurden im Jahr 2013 bei insgesamt 1,2 Millionen Zuwan-derern 127.000 AsylantrĂ€ge registriert. Erst in den letzten eineinhalb Jahren stie-gen die Zahlen stark an: auf rund 200.000 AntrĂ€ge 2014 und auf rund 180.000 allein in der ersten JahreshĂ€lfte 2015.

FlĂŒchtlingsfrage von FachkrĂ€ftemangel trennen

Die ULA spricht sich vor diesem Hinter-grund dafĂŒr aus, die Frage des Grund-rechts auf Asyl sowie die völkerrechtliche Verpflichtung zur Aufnahme von FlĂŒcht-lingen einerseits und die gezielte Zuwan-derung von FachkrĂ€ften andererseits ge-trennt voneinander zu diskutieren. In der erstgenannten Frage ist eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, LĂ€ndern und Kommunen zur Lösung einer akuten inter-nationalen Krisensituation gefordert.

In der zweiten Frage hat sich die ULA be-reits Anfang 2015 offen fĂŒr ein Zuwande-rungsgesetz ausgesprochen. Dieses sollte eine geregelte Zuwanderung von Fach-krĂ€ften zugunsten von Branchen mit ei-nem bestehenden FachkrĂ€ftemangel er-möglichen und regulieren. Nicht minder wichtig wĂ€re in einem solchen Thema auch die Integration. Zuwanderer sind schließlich nicht nur ArbeitskrĂ€fte, son-dern auch Menschen, die das gesellschaft-liche Miteinander bereichern können und sollen. FĂŒhrungskrĂ€fte mit Vorgesetzten-funktion in internationalen Belegschaften tragen hier bereits heute eine wichtige Verantwortung. Sie werden auch in Zu-kunft ihren Beitrag zu einer gelungenen Integration leisten. ■

ZahlenmĂ€ĂŸig hat Deutschland in den letzten Jahren die grĂ¶ĂŸte Zahl von Zuwanderern aufgenommen, sowohl aus EU-Staaten als auch

aus Drittstaaten. Der Anteil der Zuwanderer an allen BeschĂ€ftigten liegt derzeit aber weiterhin nur leicht ĂŒber dem EU-Durch schnitt.

Vor allem kleinere Staaten mit einer langen Zuwanderungstradition, aber auch Staaten, die wie Irland eng mit großen Nach barstaaten

verfl ochten sind, weisen prozentual betrachtet höhere Werte auf. Quelle: EuropÀische Kommission

Anteil von Zuwanderern an allen sozialversicherungspflichtig BeschÀftigten im Jahr 2013 in ausgewÀhlten EU-Mitgliedstaaten.

NL FR DK EU-28 UK DE BE IT AT ES IE

2,1 % 2,3 %

3,5 % 3,3 %

4,9 % 4,7 %

7,3 %

3,7 %

6,9 %

4,8 %

11,3 %

1,9 %

3,7 %4,1 % 4,4 % 4,1 %

5,3 %

3,1 %

7,5 %

5,7 %

9,4 %

4,1 %

ULA Nachrichten

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www.ula.de 37VAA MAGAZIN AUGUST 2015

Man mag es begrĂŒĂŸen oder ablehnen, aber die Tatsache als solche kann nicht mehr geleugnet werden: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Und dies schon seit vielen Jahren. Schon seit Anfang der 1990er Jahre dauert eine Debatte, die immer wieder zwischen den Extremen schwankt. „Das Boot ist voll!“, sagen die einen, „Die schrumpfenden Ge-sellschaften Europas brauchen Zuwanderung!“, sagen die anderen. Da dieses Thema brisant und vermeintlich unpo-pulĂ€r ist, drĂŒcken sich Politik und Gesellschaft in den EU-Mitgliedstaaten vor einer klaren und verantwortungsvollen Einwanderungspolitik. Sie glauben, dies ihren Bevölkerun-gen nicht zumuten zu können. Auch in Deutschland.

Diese Haltung ist grundfalsch. Das GefĂ€hrlichste ist dabei die mangelnde Unterschei-dung zwischen Migration aus wirtschaftlichen Motiven und Asyl suchenden FlĂŒcht-lingen, die aufgrund politischer Verfolgung Schutz in Europa suchen. Medien und po-litische Eliten scheinen diese beiden Gruppen immer stĂ€rker zu vermischen. Viel zu oft wird mit dem wirtschaftlichen Nutzen von Asylbewerbern argumentiert. Viel zu oft der junge Asylant in einer Lehrwerkstatt gezeigt, die vermeintlich erfolgreiche In-tegration darstellen soll. Das ist gut gemeint, weil damit zum einen dem Wunsch der Wirtschaft nach neuen ArbeitskrĂ€ften Ausdruck verliehen wird. Zum anderen wird der Öffentlichkeit suggeriert, Integration sei einfach. Und doch fĂŒhrt die Vermischung von Zuwanderung und Asylsuche zur Verwirrung in der öffentlichen Diskussion.

In Sachsen demonstrieren Einwohner gegen Asylsuchende – und meinen doch Zuwan-derer, deren wirtschaftliches Leistungspotenzial vermeintlich ArbeitsplĂ€tze Einheimi-scher bedroht. Ein gutes Einwanderungsgesetz mĂŒsste diese Ängste aufnehmen und klare Kriterien aufstellen. Wer darf kommen? Eigentlich alle, die der Arbeitsmarkt be-nötigt. Es gibt sehr viel mehr Zuwanderer als FlĂŒchtlinge. Trotzdem können alle Zu-wanderer bisher nicht das Schrumpfen des Erwerbspotenzials ausgleichen. Das muss man der Öffentlichkeit erklĂ€ren. Und bei FlĂŒchtlingen mĂŒsste klar sein, dass sie kom-men dĂŒrfen, weil sie schutzbedĂŒrftig sind. Hier besteht großer Handlungs- und Auf-klĂ€rungsbedarf. Noch ĂŒberwiegt die Hilfsbereitschaft der Deutschen. Noch sehen sie die Notwendigkeit einer geregelten Zuwanderung. Diese positive Grundeinstellung wird aber in sich zusammenbrechen, wenn wir nicht klar trennen und offen diskutie-ren. Und sie wird umso schneller verschwinden, je mehr offenbar wird, dass die Kom-munen ohne eine substanzielle UnterstĂŒtzung von Bund und LĂ€ndern unter der Last des anschwellenden FlĂŒchtlingsstroms zusammenbrechen. Ablehnung von FlĂŒchtlin-gen wird dann in Ablehnung von Zuwanderung umschlagen. Wir wĂŒrden Deutschland damit einen BĂ€rendienst erweisen.

Dr. Roland Leroux

Foto: ULA

Im Juli hat die ULA eine Stellungnahme zu einem Entwurf fĂŒr eine Reform der Wahl-ordnungen zum Mitbestimmungsgesetz er-arbeitet. Diese war nach dem Inkrafttreten des „Gesetzes fĂŒr die gleichberechtigte Teil-habe von Frauen und MĂ€nner an FĂŒhrungs-positionen der Privatwirtschaft“ notwendig geworden.

In den Unternehmen wird die Reform mit Ungeduld erwartet. Da Aufsichtsratswahlen einen langen zeitlichen Vorlauf haben und auf Besetzungsverfahren, die nach dem 31. Dezember 2015 abgeschlossen werden, be-reits die Frauenquote von 30 Prozent ange-wendet werden muss, besteht dringender Bedarf nach Planungssicherheit. Die Quote muss laut Gesetz im Regelfall von Vertre-tern der Arbeitnehmer- und Anteilseigner gemeinsam erfĂŒllt werden. In dieser Vari-ante trĂ€gt eine Besetzung des Sitzes des lei-tenden Angestellten mit einer Frau zur Er-fĂŒllung der Quote bei.

Widerspricht eine der beiden Seiten der „GesamterfĂŒllung“, mĂŒssen Anteilseigner und Arbeitnehmer die Quote getrennt erfĂŒl-len. Auf der Arbeitnehmerbank mĂŒssen dann allein die unternehmensangehörigen Arbeitnehmer und die Vertreter der Ge-werkschaften zur ErfĂŒllung der Quote bei-tragen. Der Einzelsitz der Leitenden gilt als nicht quotierbar.

Vor diesem Hintergrund erwĂ€gt das Ar-beitsministerium eine Sollvorschrift, derzu-folge sich ein Wahlvorschlag der leitenden Angestellten, der stets aus zwei Personen besteht, am GeschlechterverhĂ€ltnis im Un-ternehmen orientieren sollte. Eine Entschei-dung lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Sollte die Vorschrift kommen, hĂ€tte sie aber nur Empfehlungscharakter und keine rechtlich verpflichtende Wirkung fĂŒr die Leitenden bei der Vorauswahl ihrer Kandi-daten fĂŒr den Aufsichtsrat. ■

ULA Nachrichten

Sauber trennenKOMMENTAR DR. ROLAND LEROUX, ULA-PRÄSIDENT NOTIZEN AUS BERLIN

Reform der Wahlordnungen

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38

Wenn eine junge FĂŒhrungskraft ein Team mit Ă€lteren Mitarbeitern fĂŒhren soll, kann es zu Konflikten kommen. Schon seit Jahren setzt sich der ULA-Arbeitskreis FĂŒhrungsfragen mit diesem Thema auseinander. Im Interview mit den ULA Nachrichten erlĂ€utert nun Diplom-Psychologin Paulina Bilinska vom Beratungsunternehmen Obermann Consulting, welche Faktoren konfliktfördernd wirken können und welche Rolle altersbedingte Vorurteile aufseiten von FĂŒhrungskrĂ€ften und Mitarbeitern dabei spielen.

ULA Nachrichten: Welche Faktoren begĂŒns-tigen Konflikte zwischen jĂŒngeren FĂŒh-rungskrĂ€ften und Ă€lteren Mitarbeitern?

Bilinska: Es gibt hier keine einfache Ant-wort. Die Forschungsergebnisse deuten auf ein differenziertes Feld von Einflussfakto-ren auf unterschiedlichen Ebenen. WĂ€hrend

meiner Forschungsarbeiten habe ich zwei Lager kennengelernt: Das eine Lager be-streitet ganz und gar die Existenz möglicher Konflikte aufgrund von Altersunterschie-den. Das andere Lager hingegen nimmt die-se Konflikte sehr wohl wahr, dazu zĂ€hlen eben hĂ€ufig auch jĂŒngere FĂŒhrungskrĂ€fte und solche, die sie begleiten und betreuen.

Im Rahmen einer qualitativen Interviewstu-die zu diesem Thema [Anmerkung der Re-daktion: Bilinska, Grellert & Wegge, 2014] sprach ich mit jĂŒngeren FĂŒhrungskrĂ€ften bis 30 und Ă€lteren FĂŒhrungskrĂ€ften ab 45 – alle hatten bereits einige Jahre FĂŒhrungser-fahrung. Ich habe sie beispielsweise zu Wi-derstĂ€nden Ihnen gegenĂŒber befragt, aber

Um teaminterne ZusammenhÀnge besser zu

verstehen, können jĂŒngere FĂŒhrungskrĂ€fte

Ă€ltere Mitarbeiter als Mentoren begreifen.

Foto: Photographee.eu – Fotolia

ULA Nachrichten

FÜHRUNG

Jung fĂŒhrt Alt – Konfl ikt programmiert?

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www.ula.de 39VAA MAGAZIN AUGUST 2015

auch zu Vorurteilen, die sie selbst gegen-ĂŒber Ă€lteren Mitarbeitern hegen. Die Ergeb-nisse zeigten, dass jĂŒngere FĂŒhrungskrĂ€fte mehr Vorurteile gegenĂŒber ihren Ă€lteren Mitarbeitern pflegen und auch hĂ€ufiger Konflikte mit Ă€lteren Mitarbeitern haben als Ă€ltere FĂŒhrungskrĂ€fte.

Im Rahmen einer zweiten Studie hat mich vor allem interessiert, woran dies liegen könnte. Hierzu habe ich Mitarbeiter hin-sichtlich fĂŒhrungsrelevanter Attribute be-fragt – anonym und schriftlich. Konkret sollten Mitarbeiter einschĂ€tzen, ob Sie eher jĂŒngere oder eher Ă€ltere Personen mit einer bestimmten fĂŒhrungsrelevanten Eigen-schaft verbinden. In der Psychologie nutzt man dazu ein sogenanntes semantisches Differenzial. Hier zeigte sich interessanter-weise, dass Mitarbeiter fĂŒhrungsrelevante Attribute eher Ă€lteren als jĂŒngeren FĂŒh-rungskrĂ€ften zusprachen. Zwar zeigte sich auch ein genereller Effekt, aber besonders interessant ist, dass manche Personen die-sen „Stereotyp“ stĂ€rker vertreten als andere.

Bislang haben sich die meisten Studien nur mit den Mitarbeitern und den negativen Auswirkungen auf die Mitarbeiter befasst. Da wurden eigentlich nur schwache Effek-te gefunden. Diese neuen Ergebnisse geben nun neuen Aufschluss.

ULA Nachrichten: Inwiefern?

Bilinska: Auf der Seite der Mitarbeiter spie-len individuelle Vorurteile und Stereotype eine zentrale Rolle. Die Norm besagt: FĂŒh-rungskrĂ€fte sollten Ă€lter sein. Wir konnten zeigen, dass Ă€ltere FĂŒhrungskrĂ€fte von man-chen Mitarbeitern pauschal als geeigneter angesehen werden. Es lohnt sich also, an die-sen individuellen Einstellungen zu arbeiten. Eine weitere wichtige Rolle spielt das FĂŒh-rungsverhalten im Umgang mit den Mitar-beitern. Aber auch das Unternehmen kann etwas dazu beitragen. Hier ist die Organisa-tionskultur und das Organisationsklima aus-schlaggebend: Ist es ĂŒblich, im Unterneh-men auf jĂŒngere FĂŒhrungskrĂ€fte zu vertrau-en oder nicht? Entsprechend wirkt sich das auf die Vorurteile Ă€lterer Mitarbeiter gegen-ĂŒber jĂŒngeren FĂŒhrungskrĂ€ften aus.

ULA Nachrichten: Gibt es bestimmte Stol-persteine fĂŒr jĂŒngere FĂŒhrungskrĂ€fte?

Bilinska: Es gibt gewisse Dos-and-Don’ts, die sich hieraus ableiten lassen. Eine große Ge-fahr ist die offensichtliche Ungleichbehand-lung zugunsten einer persönlichen Bezie-hung. TatsĂ€chlich neigen Menschen dazu, sich mit ihren Altersgenossen schneller und besser zu verstehen. Vom Duzen bis hin zu gemeinsamen FreizeitaktivitĂ€ten sind die Hemmschwellen zwischen Gleichaltrigen geringer als zwischen JĂŒngeren und Älte-ren. Dies fĂŒhrt unbewusst zur altersbeding-ten Separation und Segregation innerhalb des Mitarbeiterteams. Man sollte als jĂŒnge-re FĂŒhrungskraft einer unbewussten Bevor-zugung jĂŒngerer Mitarbeiter entgegenwir-ken. Es ist klar: Wer sich besser untereinan-der versteht, spricht mehr miteinander.

ULA Nachrichten: Was können Mitarbeiter tun, um Vorurteile abzubauen?

Bilinska: Das Problem mit Vorurteilen ist, dass sie mittlerweile auch in Workshops oder Umfragen kaum mehr offen von den Mitarbeitern geĂ€ußert werden – Vorurteile und Stereotype sind sozial unerwĂŒnscht. Ähnlich wie mit Frauen in FĂŒhrungspositi-onen traut sich kaum jemand, Vorbehalte explizit zu Ă€ußern. Unterschwellig sieht es oft anders aus. Man kann das nicht unbe-dingt direkt abfragen.

Wir gehen davon aus, dass die Altersfrage

bei FĂŒhrungskrĂ€ften eine Norm ist. Daher hat sich unsere Studie auch mit normverlet-zenden Altersunterschieden beschĂ€ftigt. In unserer Gesellschaft sind FĂŒhrungskrĂ€fte tendenziell Ă€lter als ihre Mitarbeiter. Dies ist auch psychologisch verankert bei den Mitarbeitern – explizit oder implizit.

ULA Nachrichten: Man kann Vorurteile also auch abbauen?

Bilinska: Genau. Wir haben auch eine Vor-urteilsskala dazu erstellt, in der wir die Ak-zeptanz fĂŒr jĂŒngere FĂŒhrungskrĂ€fte abge-fragt haben. Am Ende kam heraus, dass es altersrelevante Unterschiede gibt. Mitarbei-ter schĂ€tzen Ă€ltere FĂŒhrungskrĂ€fte generell als etwas kompetenter ein als jĂŒngere. Die Befragten empfanden sie als stressresisten-ter und am Ende auch als erfolgreicher. Die-se Vorurteile muss man verbalisieren und visualisieren, um dagegen vorgehen zu kön-nen. Dazu gehört dann auch, herauszufin-den, welche Vorurteile einfach nur Vorur-teile sind, ohne zu stimmen, und welche zu-treffend sind.

ULA Nachrichten: Können Sie dafĂŒr Beispie-le nennen?

Bilinska: NatĂŒrlich. Beispielsweise gibt es ein Vorurteil, dass Ă€ltere Mitarbeiter eine geringere Arbeitsleistung zeigen als jĂŒnge-re. Dieses Vorurteil stimmt einfach nicht. Auf der anderen Seite stimmt das Vorurteil, dass Ältere weniger in die Weiterentwick-lung ihrer Karriere investieren und seltener an Trainingsprogrammen teilnehmen.

Innerhalb eines Teams sollte klar kommu-niziert werden, welche Erwartungen an die FĂŒhrungskraft gestellt werden. Dann sollten Mitarbeiter gleichermaßen reflektieren, wie sie selbst die FĂŒhrungskraft unterstĂŒtzen können. Vonseiten der Mitarbeiter könnten gerade erfahrene Mitarbeiter als Mentor fungieren, die beim VerstĂ€ndnis der inter-nen ZusammenhĂ€nge im Team helfen. ■

Paulina

Bilinska

ist Diplom-Psychologin mit dem

Schwer punkt Arbeits- und Organisati-

onspsychologie. Neben ihrer TĂ€tigkeit

als Trainerin in der FĂŒhrungskrĂ€fteent-

wicklung hat Bilinska zum Thema „Al-

ternsgerechte FĂŒhrung“ promoviert

und arbeitet seit 2014 bei Obermann

Consulting im Bereich Auswahlprozes-

se und Personalentwicklung.

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Eine Langfassung des Interviews mit steht interessierten Lesern unter www.ula.de/themen/fuehrung zur VerfĂŒgung.

ULA Nachrichten

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www.ula.de40 VAA MAGAZIN AUGUST 2015

Wie lĂ€sst sich der Unternehmenserfolg dauerhaft steigern? Mit mehr Mut zu gemischten FĂŒhrungsteams! Dazu hat das Ministerium fĂŒr Finanzen und Wirtschaft Baden-WĂŒrttemberg in Kooperation mit der EuropĂ€ischen Akademie fĂŒr Frauen in Politik und Wirtschaft (EAF Berlin) und der FĂŒhrungskrĂ€ftevereinigung ULA im Juli eine Tagung in Mannheim durchgefĂŒhrt. Nach dem Motto „Mixed Leadership! Erfolgsfaktor fĂŒr Unternehmen“ haben sich rund 150 FĂŒhrungskrĂ€fte und Personalverantwortliche aus Unternehmen, VerbĂ€nden und Netzwerken ĂŒber den Stand der aktuellen Implementierung von Mixed Leadership in Unternehmen informiert und ausgetauscht.

Auf der Tagung wurde die aktuelle politi-sche Diskussion fĂŒr mehr Chancengleich-heit und Frauen in FĂŒhrungspositionen auf-gegriffen, um konkrete Impulse fĂŒr die VerĂ€nderung der Unternehmenskultur zu geben. Gleich zu Beginn der Veranstaltung bot die Befragung des ULA-Hauptge-schĂ€ftsfĂŒhrers Ludger Ramme und der EAF-Vorstandsvorsitzenden Dr. Helga Lu-koschat dem vorwiegend weiblichen Pub-likum die Möglichkeit zum direkten Ein-bringen in die Diskussion: Mit einem am sozialen Netzwerk Facebook orientierten Schild, auf dem ein Like- oder Dislike-Zei-

chen zu sehen war, konnten die Teilnehmer verschiedene Thesen beurteilen. Thesen wie etwa „VerĂ€ndert sich die Kultur positiv in einem mĂ€nnlichen Team, wenn mehr Frauen prĂ€sent sind?“ wurden sofort vom Publikum bewertet und diskutiert.

In ihren BeitrĂ€gen unterstrichen zahlreiche Teilnehmer wiederholt die Wichtigkeit ge-mischter FĂŒhrungsteams. Auch das Publi-kum befĂŒrwortete ein Umdenken in Unter-nehmen und in der Gesellschaft. Denn Stu-dien zufolge besteht ein enormer Vorteil gemischter Teams darin, dass unterschied-

liche Erfahrungen und Sichtweisen die Per-spektivenvielfalt vergrĂ¶ĂŸern und damit die QualitĂ€t von Ergebnissen und Entscheidun-gen verbessern. So werden einseitige Blickwinkel vermieden.

Mixed Leadership umfasst nicht nur die Frage des Geschlechtes, sondern zielt ge-nerell auf mehr Vielfalt in der FĂŒhrung wie zum Beispiel unterschiedliche ethnische und kulturelle HintergrĂŒnde sowie Ausbil-dungs- und Studienfachrichtungen. „Ent-scheidend fĂŒr die Entwicklung von Maß-nahmen ist es, MĂ€nner als Zielgruppe be-wusst einzubeziehen“, betonte die EAF-Vorstandsvorsitzende Lukoschat. „Unter-nehmen, die den Turnaround schaffen und Frauen und MĂ€nnern die gleichen Entwick-lungsmöglichkeiten bieten wollen, mĂŒssen einen organisatorischen Wandel vollziehen und strukturelle Rahmenbedingungen ver-Ă€ndern.“

In zwei verschiedenen Talkrunden disku-tierten hochkarĂ€tige Vertreter aus Unter-nehmen wie Aesculap, Daimler oder Roche Diagnostics sowie den VerbĂ€nden EAF Berlin und ULA Strategien fĂŒr den gleich-berechtigten Zugang von Frauen und MĂ€n-nern zu FĂŒhrungspositionen. Laut ULA-PrĂ€sident Dr. Roland Leroux zeichne sich zukunftsorientiertes FĂŒhren durch einen partizipativen und kommunikativen FĂŒh-rungsstil aus. „Studien zeigen, dass Frauen darin hĂ€ufig besser sind und leichter Mit-arbeiter motivieren können als MĂ€nner“, so Leroux. Diese StĂ€rke komme dann auch in Mixed Leadership zur Geltung. ■

Dr. Helga Lukoschat, Vorstandsvorsitzende der EAF Berlin, ULA-HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrer

Ludger Ramme und Dr. Birgit Buschmann, Referatsleiterin Wirtschaft und Gleichstellung im

Ministerium fĂŒr Finanzen und Wirtschaft Baden-WĂŒrttemberg, haben die Tagung vom 1. Juli

2015 gemeinsam organisiert. Foto: Schwetasch – MFW Baden-WĂŒrttemberg

ULA Nachrichten

TAGUNG IN MANNHEIM

Mixed Leadership als Erfolgsfaktor

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www.ula.de 41VAA MAGAZIN AUGUST 2015

Ob in der Privatwirtschaft oder im Öffentlichen Dienst: Frauen und MĂ€nner sollen möglichst gleichberechtigt an FĂŒhrungspositionen teilhaben können. Deshalb hat der Deutsche Bundestag vor rund vier Monaten ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Der Umsetzung der sogenannten Geschlechterquote hat der Verein Frauen in die AufsichtsrĂ€te (FidAR) das siebte FidAR-Forum gewidmet.

Am 1. Januar 2016 wird das Quotengesetz in Kraft treten. Viele Unternehmen sind zwar schon aufgrund der öffentlichen De-batte fĂŒr das Thema sensibilisiert, dennoch scheint die Festlegung von ZielgrĂ¶ĂŸen zum kĂŒnftig angestrebten Anteil von Frauen auf verschiedenen Hierarchieebenen Schwie-rigkeiten zu bereiten. Einer erst kĂŒrzlich vorgestellten Studie Hans-Böckler-Stif-tung zufolge erfĂŒllen bislang nur 22 von 105 Unternehmen die Quote im Aufsichts-rat. Es besteht also deutlicher Nachholbe-darf.

Das siebte FidAR-Forum „Women-on-Board-Instrumente und Erfolgsgeschich-ten“ vom 9. Juli 2015 wurde unter anderem mit der ULA als Kooperationspartner ver-anstaltet und bot viel GesprĂ€chsstoff. Zu Beginn berichteten die stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende und VizeprĂ€si-dentin der Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsstrategie im Sodexo-Konzern Sophie Bellon sowie Dr. Jeanine Prime, Senior Vice President, Research, Catalyst US, ĂŒber Erfolgsstrategien und Vielfalt in Frankreich und den USA.

In ihrer Keynote vertiefte Bundesfamilien-ministerin Manuela Schwesig den aktuel-len Umgang der Unternehmen mit dem Ge-setz: „Wir brauchen mehr Frauen in FĂŒh-rungspositionen, auch in der Wirtschaft“, forderte Schwesig. „Mit dem Gesetz ma-chen wir Druck. Deshalb wundert es mich nicht, dass manches Unternehmen dem Ge-setz noch kritisch gegenĂŒber steht.“ Die Ministerin erwartet von den Unternehmen, dass sie sich an das Gesetz halten, ihre SpielrĂ€ume nutzen und mehr Frauen in die

FĂŒhrungsetagen holen: „An qualifizierten Kandidatinnen mangelt es jedenfalls nicht.“

In den anschließenden Podiumsdiskussio-nen erörterten Vorstands- und Aufsichts-ratsmitglieder die gesetzlichen Maßnah-men und stellten sie den jeweiligen Unter-nehmenskulturen gegenĂŒber. Sowohl auf dem Podium als auch im Publikum wurden dabei Fragen nach den wirksamsten Inst-rumenten sowie den Herausforderungen fĂŒr Unternehmen und FĂŒhrungsfrauen kontrovers diskutiert. Die Forumsteilneh-mer stellten fest, dass sich noch ein Kultur-

wandel in Deutschland vollziehen mĂŒsse. „Wer nichts plant, kann auch nichts errei-chen“, betonte FidAR-PrĂ€sidentin Monika Schulz-Strelow. Der Kulturwandel mĂŒsse von innen kommen. „In den nĂ€chsten Mo-naten werden sich sehr viele Unternehmen damit befassen mĂŒssen, wie sie in Hinblick auf die gleichberechtigte Teilhabe aufge-stellt sind und wie sie sich hier verbessern wollen.“

Bis Ende September 2015 mĂŒssen auch die Unternehmen, die nicht unter die starre Quote fallen, feste Vorgaben machen, wie sie ihren Frauenanteil erhöhen möchten. ■

Gerungen wird um die Geschlechterquote an sich nicht mehr, wohl aber um deren

Umsetzung. Foto: Giulio Fornasar – Shutterstock

ULA Nachrichten

7. FIDAR-FORUM IN BERLIN

Quote: Umsetzung auf dem PrĂŒfstand

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www.ula.de42 VAA MAGAZIN AUGUST 2015

Das Umfragepanel des FĂŒhrungskrĂ€f-

te Instituts (FKI) ist der Manager Mo-

nitor. Bei seinen rund 1.000 Mitglie-

dern handelt es sich um angestellte

Fach- und FĂŒhrungskrĂ€fte aus allen

MitgliedsverbĂ€nden der FĂŒhrungskrĂ€f-

tevereinigung ULA. Damit deckt das

Panel eine Vielzahl an Branchen in der

Privatwirtschaft ab. In ihren Unterneh-

men sind die Panelmitglieder ĂŒberwie-

gend als leitende und außertarifliche

Angestellte sowie als Vorstands- oder

GeschĂ€ftsfĂŒhrungsmitglieder tĂ€tig.

Mit seinen Onlineumfragen zu fĂŒh-

rungskrÀfterelevanten Management-

themen stĂ¶ĂŸt der Manager Monitor

stets auf ein breites Medienecho und

erzielt Aufmerksamkeit in der politi-

schen und gesellschaftlichen Öffent-

lichkeit. Damit nimmt das FĂŒhrungs-

krÀftepanel Einfluss auf gesellschaft-

liche Debatten und verleiht seinen Mit-

gliedern eine starke Stimme, die ge-

hört wird. Neue Umfrageteilnehmer

sind jederzeit willkommen: Unter

www.manager-monitor.de erfolgt

die Anmeldung – unverbindlich und je-

derzeit widerruflich. ■

In einer globalisierten Arbeitswelt kommt es fĂŒr FĂŒhrungskrĂ€fte mehr denn je darauf an, ihr fachliches Know-how zu vertiefen und ihre Soft Skills zu trainieren. HierfĂŒr bietet das FĂŒhrungskrĂ€fte Institut (FKI) zahlreiche Seminare zu verschiedenen Themen an. Die Anmeldung erfolgt auf www.fki-online.de.

Wer als Arbeitnehmer das Unternehmen gegen Zahlung einer Abfindung verlĂ€sst, kann durch die richtige Gestaltung sehr hohe Steuerersparnisse erzielen. Finanzexperte Joerg Lamberty und Rechtsanwalt Gerhard Kronisch erlĂ€utern Maßnahmen zur Optimierung.Wann? Am 8. September 2015.Wo? In der FKI-GeschĂ€ftsstelle in Köln (Mohrenstraße 11 – 17, 50670 Köln).

Welche Faktoren beeinflussen eine Verhandlung? Wie kann man diese bei der Verhand-lungsfĂŒhrung gezielt einsetzen? In diesem Training zeigt Verhandlungsspezialist Kai Braake anhand praktischer Übungen, wie man Verhandlungssituationen meistert.Wann? Am 17. September 2015.Wo? In der FKI-GeschĂ€ftsstelle in Köln (Mohrenstraße 11 – 17, 50670 Köln).

Im Aufbauseminar zum Thema „Hartes Verhandeln“ stehen die rhetorisch-dialektischen Fertigkeiten im Vordergrund. Dabei hilft Referent Kai Braake den Seminarteilnehmern, ihr rhetorisches Wirkungsrepertoire entscheidend zu erweitern.Wann? Am 18. September 2015.Wo? In der FKI-GeschĂ€ftsstelle in Köln (Mohrenstraße 11 – 17, 50670 Köln).

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ULA Nachrichten

Medienecho hilft FĂŒhrungskrĂ€ften

Weiterbildung treibt Karriere voran

AKTUELLE SEMINARE

Effi ziente Gestaltung von Abfi ndungen

Hart Verhandeln mit wirkungsvollen Taktiken

Hartes Verhandeln – Stufe zwei

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Management

Ob im Sport oder im Job: Nur wer sein körperliches und mentales Potenzial voll ausschöpft, hat Erfolg. Aber wie können Menschen dauerhaft Höchstleistungen erbringen, ohne ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen oder innerlich zu verbrennen? Dr. Friedhelm Erkens weiß Rat: FĂŒr den OrthopĂ€den und VisionĂ€r kommt es in erster Linie auf das Zusammenspiel der GehirnhĂ€lften an. Im Interview mit dem VAA Magazin erklĂ€rt der ehemalige Mannschaftsarzt des FC Schalke 04, wie man Körper und Geist auf Trab hĂ€lt und was FĂŒhrungskrĂ€fte von Spitzensportlern unterscheidet.

INTERVIEW DR. FRIEDHELM ERKENS

Zwölfzylinder im Kopf

VAA Magazin: Inwieweit unterscheiden sich Leistungssportler von Managern?

Erkens: Der Hauptunterschied ist, dass Sportler jĂŒ nger sind. Sie haben ihr Leis-tungshoch in einem Alter, in dem sie vor Energie strotzen. Sie haben kein Leistungs-problem, sondern eher ein Problem, ihre Energie richtig zu kanalisieren. Bei einem Manager im mittleren Alter ist es dagegen hĂ€ufig ein echtes Leistungsproblem, aber auch ein Organisations- und Energiethema. Energie und Kraft gehen langsam verloren.

Bei FĂŒhrungskrĂ€ften ist das noch extre-mer, weil sie immer nur einseitig erfolg-reich arbeiten, so, wie sie es gelernt haben. FĂŒhren sie das zu lange einseitig fort, fehlt irgendwann die eigene Regene-ration. In uns M e n s c h e n dominie-ren zwei Pole: Der linke Pol

steht fĂŒ r den Leister, den Manager, und der rechte ist der fĂŒ rsorgende, der regenerative Pol. Wenn man beide Pole gleichmĂ€ĂŸig

aufbaut, liefern sie immer Nachschub, ohne sich vollkommen auszupow-

ern. Das spielt in jungen Jahren keine große Rolle, außer bei

körperlichen Defiziten. Al-lerdings dann umso mehr, wenn der Körper eine be-stimmte Grenzbelastung erreicht – wenn der Nach-schub ausbleibt.

Wer sein Leistungspotenzial voll abrufen und

gleichzeitig fi t bleiben möchte, muss beide

GehirnhĂ€lften gleichermaßen trainieren.

Foto: Dim Dimich – Shutterstock

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Management

Insofern sind sich Sportler und Manager schon Ă€hnlich, aber Sportler haben ihre Karriere bis Ende zwanzig, Anfang drei-ßig. Danach sind die meisten weg – nur we-nige Spitzenleute schaffen es, sich immer wieder zu motivieren und anzuspornen.Das sind Leute, die es schon immer ver-standen haben, sich ihre Leistung optimal einzuteilen. Menschen, die neben ihrem Leistungswillen etwas Spielerisches und Ausgeglichenes haben. Ich nenne solche Menschen Zwölfzylinder.

Wenn man es schafft, sein eigenes Leben so zu leben, dass beide Pole optimal zu-sammen laufen, kann man diese zwölf Zy-linder leben. Wie das funktioniert, ist Be-standteil meiner VortrĂ€ge, die ich vor FĂŒh-rungskrĂ€ften und Unternehmern halte. Ich zeige, wie jeder innerhalb von wenigen Wochen zum Höchstleister werden kann – wenn er nur einige simple Übungen in sei-nen Alltag integriert und regelmĂ€ĂŸig durchfĂŒhrt.

VAA Magazin: Was ist das Hauptproblem bei Managern?

Erkens: FĂŒhrungskrĂ€fte brauchen eine ge-wisse Anlaufzeit, pushen sich, bis sie im Management angekommen sind. Und dann bekommen sie ein Problem: Sie mĂŒssen diese Kraft aufrechterhalten, mĂŒssen also ĂŒber einen wesentlich lĂ€ngeren Zeitraum hinweg Höchstleistung bringen, mentale Höchstleistung. Und damit ihr Kopf funk-tioniert, muss auch der Körper mitziehen. Das eine funktioniert nicht ohne das ande-re. In der heutigen Leistungsgesellschaft sieht man nur wenige körperlich untrai-nierte Leute, die es trotz wenig Sport schaffen, ihre Hirnleistung kontinuierlich auf einem hohen Level zu halten.

Eine neue Generation von FĂŒ hrungskrĂ€ften steht in den Startlöchern: Der Partner ar-beitet, die Erziehung der Kinder wird ge-teilt, der Mann geht in Elternzeit. Das Er-folgsgespann von morgen teilt sich den All-tag und die Arbeit wechselseitig, es herrscht ein aufgeklĂ€rter Umgang mit dem Thema Mann und Frau. Auch das ist eine Folge des Wechselspiels von rechter und linker GehirnhĂ€lfte, die einen dazu bringt, FĂŒ hrung, Kompetenz, Ausgeglichenheit und TeamfĂ€higkeit eleganter zu steuern.

Und ich habe das GefĂŒhl, dass die Offen-heit dafĂŒr bei den JĂŒngeren ausgeprĂ€gter ist als bei den Älteren. Allerdings beobach-te ich bei meinen VortrĂ€gen vor Studenten, dass die jungen auch wahnsinnig kritisch sind. Sie wollen genau wissen, was es mit linker und rechter Seite auf sich hat und inwieweit sich das messen lĂ€sst.

VAA Magazin: Können Sie es messbar be-legen?Erkens: Ja. Mithilfe eines Scanners kann ich die rechte und linke GehirnhĂ€lfte mes-sen. Man kann fĂŒ r einen faktischen, links-hirnigen Menschen so anschaulich ma-chen, was in unserem Gehirn vor sich geht, wie rechts und links zusammenarbeiten.

VAA Magazin: Und was geht in unserem Gehirn vor?

Erkens: Betrachten wir unser Gehirn ein-mal als Motor, bestehend aus zwei Zylin-derreihen, die unserer Körper antreiben. Spannung und Kraft unserer beiden spie-gelbildlichen KörperhĂ€lften werden vom „Gehirnmotor“ gesteuert. Ich merke schnell, wenn eine Seite ein Defizit hat. Das Ă€ußert sich beispielsweise körperlich: Wenn der RĂŒ cken immer links verspannt ist, fehlt das Pendant der rechten Seite.

Versucht man, lockerer zu sein, loszulas-sen, dann bekommt auch die rechte Seite mehr Spannung. Man kann diese Rechts-

Links-Spannungssysteme noch optimaler ĂŒber die GehirnhĂ€lften fĂŒ r sich nutzen. Ich habe dazu ein spezielles Trainingspro-gramm entwickelt. Es besteht aus regelmĂ€-ßigen Übungen und dem Versuch, die Ar-beit ausgleichend zu gestalten. Das funk-tioniert ganz praktisch. Tage strengerer Ar-beit wechseln mit Zeiten von Entspannung. Der Wechsel macht leistungsfĂ€higer, regt beide HirnhĂ€lften an. Dahinter steckt die Zwölfzylinder-Idee.

VAA Magazin: Erkennen Sie bei Menschen, welche HirnhÀlfte die dominante ist?

Erkens: Ja, ich kann Menschen oft die do-minante Seite ansehen. Die im Körper sit-zende Spannung fĂŒhrt nĂ€mlich zu einer charakteristischen Verformung von Kopf und Rumpf. Bei Dominanz der rechten Ge-hirnhĂ€lfte ist der Kopf nach rechts verzo-gen, bei Linksdominanz nach links. Die Spannung kann bis ins Gesicht ziehen, das rechte beziehungsweise linke Auge kleiner und beim LĂ€cheln die Augenpartie schief machen.

FĂŒhrungskrĂ€fte sind meist sehr einseitig geprĂ€gt: rechts oder links. Diese Einseitig-keit zieht sich durch ihr gesamtes Leben, kommt in körperlicher und geistiger Hal-tung zum Ausdruck. Wenn ich mich darauf fokussiere, Menschen in einem GesprĂ€ch genau beobachte, dann kann ich oft schon sehen, welche Seite die dominante ist.

VAA Magazin: Kann man das lernen?

Erkens: Ja, man kann lernen, Menschen nach ihrer Dominanz einzuteilen. Ich ver-mittle das Thema Hirndominanz in Work-shops oder in Einzeltrainings. Es hilft spĂ€-ter zum Beispiel dabei, Mitarbeiter besser einschĂ€tzen zu können. Gerade bei Team-bildung und Stellenbesetzung kann das sehr vorteilhaft sein. ■

Die Langfassung des Interviews steht eingeloggten Mitgliedern auf MeinVAA auf mein.vaa.de zur Ver-fĂŒgung.

Dr.

Friedhelm

Erkens

ist studierter Humanmediziner und

ausgebildeter Sportmediziner. In seine

medizinische Arbeit integriert der prak-

tizierende OrthopÀde moderne Hirnfor-

schung. Erkens ist zudem Referent auf

der VAA-Sprecherausschusstagung

am 18./19. September 2015 in WĂŒrzburg.

www.drerkens.com

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Seit 2010 engagiert sich der VAA ĂŒber die VAA Stiftung fĂŒr Forschung und Bildung in den naturwissenschaftlich-technischen Bereichen. Jedes Jahr zeichnet die Stiftung junge Nachwuchswissenschaftler fĂŒr hervorragende Dissertationen im Bereich der chemisch-pharmazeutischen Wissenschaften und der Verfahrenstechnik aus. In einer PortrĂ€treihe stellt das VAA Magazin die PreistrĂ€ger des VAA-Stiftungspreises vor. In dieser Ausgabe: Dr. Stephan M. Hacker.

Von Timur Slapke

Fokussierte Forschungsarbeit

Wer etwas ĂŒber Energie wissen möchte, ist bei Dr. Stephan M. Hacker genau an der rich-tigen Stelle. Und zwar nicht nur, weil der auf-strebende Forscher sein Karriereziel in der Wissenschaft energisch und enthusias-tisch verfolgt. Hacker weiß auch genau, wie Energie im Kern funktioniert – auf kleinster Zellebene. Denn damit hat er sich vier Jahre intensiv wĂ€h-rend seiner Promotion an der UniversitĂ€t Konstanz be-schĂ€ftigt. Hackers Promoti-onsthema „Novel Fluoroge-nic Nucleotide Probes for On-line Monitoring of ATP Con-sumption“ klingt anspruchsvoll – und ist es auch. Angesiedelt an der GrenzflĂ€che zwischen Chemie und Biologie geht es um chemische Tools zum besseren VerstĂ€ndnis biologischer Systeme. Dabei hat sich Hacker mit dem MolekĂŒl Adenosintriphosphat auseinanderge-setzt – gemeinhin als ATP bekannt. ATP ist die Energieeinheit in der Zelle: SĂ€mtliche Pro-zesse, die Energie benötigen oder miteinander koppeln mĂŒssen, laufen ĂŒber dieses Mo-lekĂŒl ab.

„Am Anfang haben wir uns gefragt, wie man den Verbrauch von ATP – also von Energie in der leben-den Zelle – direkt sichtbar machen kann“, so beschreibt Stephan Hacker die Ausgangsla-ge. „Wir waren dann et-was ĂŒberrascht, dass es dazu bislang eigentlich keine Mög-lichkeit gab.“ Im Reagenzglas – in vitro – könne man das zwar re-

STIFTUNGSPREISTRÄGER DR. STEPHAN M. HACKER

Dr. Stephan M. Hacker hat bei Professor Andreas Marx an der UniversitÀt Konstanz

promoviert und ist fĂŒr seine Forschung Ende 2014 mit dem Preis der VAA Stiftung

ausgezeichnet worden. Seit 2015 ist Hacker als Postdoktorand am The Scripps

Research Institute im kalifornischen San Diego tĂ€tig. Schmitt – VAA

lativ gut untersuchen und auch direkt sichtbar machen, aber eben nicht in komplexeren Sys-

temen. Hacker erlĂ€utert: „Um den Umsatz von ATP di-

rekt zu detektieren, braucht man im-

mer zusÀtzli-che Reagen-

zien oder

Enzyme, die wir in komplexen Systemen ein-fach nicht zugeben können.“

Was war die Lösung des Problems? „Das System basiert auf der Fluoreszenz, die sich bei einem bestimmten MolekĂŒl Ă€ndert, wenn es verbraucht wird“, erklĂ€rt Stephan Hacker. Denn Fluoreszenzmikroskopie oder Fluores-zenzspektroskopie sollte auch in komplexen Systemen funktionieren. „Wir haben das syn-thetisiert und den Energieverbrauch letztlich sichtbar gemacht“, schildert Hacker das Er-folgserlebnis. Bis dahin hat es aber et-was gedauert. Der erste, grĂ¶ĂŸere Teil der Arbeit war die Syn-these und Charakterisie-rung der MolekĂŒle: „Wir haben

PortrÀt

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VAA MAGAZIN AUGUST 2015 47

PortrÀt

doppelt modifizierte ATP-Analoga herge-stellt, die diese fluoreszenzverĂ€ndernden Ei-genschaften bei der Spaltung aufwiesen.“ Dann hat das Forscherteam, bestehend aus Stephan Hackers Doktorvater Professor An-dreas Marx und einem weiteren Doktoran-den, diesen Ansatz mithilfe isolierter Enzyme ĂŒberprĂŒft. „Zum Schluss haben wir den Ansatz in Lysaten von Zellen angewendet“, prĂ€zisiert Hacker.

In Konstanz hat Ste-phan Hacker erst seinen Bachelor in Life Science ge-macht und ist dann in den damals neu einge-fĂŒhrten Fast-Track-Mas-terkurs eingestiegen. So konnte er am Punkt der ei-gentlichen Masterarbeit direkt mit der Promotion beginnen. In der Endpha-se stießen noch weitere Doktoranden zum Team hinzu, die mittlerweile auch die Folge-projekte weiterfĂŒhren.

California Calling

FĂŒr Hacker hat sich die Promotion voll aus-gezahlt. Zum einen ist seine Dissertation im November 2014 mit dem VAA-Stiftungspreis ausgezeichnet worden. Davon hat er von sei-nem Doktorvater kurz vorher erfahren, als es schon spruchreif war. Zum anderen hat Ste-phan Hacker dadurch einzigartige Expertise in einem relativ spezialisierten Themenfeld sammeln können. Nach nur einer einzigen Bewerbung hat er dann zum Sprung ĂŒber den großen Teich angesetzt: Seit Januar dieses Jahres forscht Hacker als Postdoktorand am The Scripps Research Institute in einem Vor-ort der kalifornischen Metropole San Diego.

Schwergefallen ist ihm der Wechsel in den Sunshine State ĂŒberhaupt nicht: „Mein Kar-riereplan ist die universitĂ€re Karriere. Da ist der normale Weg nach der Doktorarbeit eben der Postdoktorandenaufenthalt.“ Hacker hat

das Ganze nicht rĂ€umlich gesehen: „Ich wollte also nicht unbedingt in die USA,

aber es hat sich thematisch so ergeben.“ Dank Internet und Skype ist es fĂŒr Ste-

phan Hacker auch gar kein Problem, mit seinen Freunden aus Konstanz Kontakt zu halten. Lediglich der

r An-n Doktoran-

ilfe isolierter ft. „Zum Schluss satz in Lysaten n Answendet“, ngew

er.

e-

Zeitunterschied von neun Stunden ist manchmal etwas hin-derlich.

War die Postdoc-Stellen-

suche kompliziert? Über-haupt nicht, meint Hacker. Am Ende seiner

Promotion hat er nach Arbeitsgruppen mit weltweitem Renommee gesucht, die thema-tisch mit seiner Arbeit verwandt sind. Wichtig war ihm, dass man dort trotzdem noch neue Methoden lernen konnte. Besonders Proteo-mics-Methoden haben Stephan Hacker sehr interessiert. „Ich habe recherchiert und bin auf den Professor fĂŒr Chemische Physiologie Ben-jamin Cravatt am Scripps gestoßen. Seine Me-thoden und Fragestellungen haben mich sofort fasziniert.“ Vor allem die Komponente von Massenspektrometrie und Proteomics – hier ist Professor Cravatt wirklich fĂŒhrend. Dar-aufhin hat der deutsche Nachwuchswissen-schaftler den gestandenen amerikanischen Professor einfach direkt angeschrieben: „Wir haben ein Telefoninterview gefĂŒhrt und sind schnell ĂŒbereingekommen, dass wir Interesse an einer Zusammenarbeit haben. So bin ich hier gelandet.“

Stephan Hackers Postdoktorandenaufenthalt ist auf zwei Jahre ausgelegt und lĂ€uft ĂŒber ein Stipendium der Deutschen Forschungsge-meinschaft (DFG). Da das Scripps Institute eine außeruniversitĂ€re Forschungseinrichtung ist, fallen fĂŒr die Wissenschaftler kaum Lehr-aufgaben an – dafĂŒr umso mehr Laborarbeit. „Es geht bei meiner TĂ€tigkeit um fokussierte Forschungsarbeit in der GrenzflĂ€che von che-mischer Synthese zu biologischer Anwen-dung“, betont Hacker. Die Arbeitsgruppe, in der er forscht, besteht zu zwei Dritteln aus Postdoktoranden. Auch deshalb ist diese Fo-kussierung, in der Forschung voranzukom-men, sowohl bei Hacker als auch bei seinen rund 30 Kollegen stark ausgeprĂ€gt.Von Konstanz bis nach Kalifornien – ein wei-

ter Weg, den Hacker mit Leich-tigkeit zurĂŒckgelegt hat. Gebo-ren, aufgewachsen und zur

Schule gegangen ist der junge Wissenschaftler in Westerstede bei

Oldenburg. Und geforscht hat er schon immer gern. „Ich habe mich re-

lativ frĂŒh fĂŒr Naturwissenschaften in-teressiert. Im Abitur hatte ich natĂŒrlich Ma-

thematik und alle anderen Naturwissenschaf-ten belegt.“

Schuld daran war nicht zuletzt sein Biologie- und Physiklehrer Uwe Riegel, der ihn fĂŒr eine naturwissenschaftliche Schul-AG begeistern konnte. „Mit dem Start des Gymnasiums ab der siebten Klasse war ich dabei – und habe bis zur dreizehnten Klasse jĂ€hrlich am Jugend-forscht-Wettbewerb teilgenommen“, berichtet Hacker mit berechtigtem Stolz. „Eine unserer Arbeiten war auch im Bundeswettbewerb ver-treten und hat sogar einen Sonderpreis fĂŒr eine mehrwöchige Forschungsreise auf dem For-schungsschiff METEOR gewonnen.“ Worum ging es? Um LuftgĂŒtequalitĂ€tsbestimmung und Flechten als Bioindikatoren. So haben die wissbegierigen SchĂŒler eine neue Methode zur Korrelation der HĂ€ufigkeit des Vorkommens bestimmter Flechten mit der LuftgĂŒtequalitĂ€t entwickelt. Zur Belohnung ging es dann von den Kapverdischen Inseln gemeinsam mit dem GEOMAR-Institut auf Forschungsreise bis nach Brasilien.

Wissenschaftliche Vielseitigkeit und themati-sche Vertiefung gehen fĂŒr Stephan Hacker Hand in Hand. Seiner Zukunft blickt er opti-mistisch entgegen: „GrundsĂ€tzlich bin ich nach Abschluss meines Postdoc-Aufenthaltes offen fĂŒr eine europaweite oder weltweite TĂ€-tigkeit – je nach Themenlage.“ NatĂŒrlich wĂŒr-de Hacker gern sein jetziges Forschungsgebiet weiterfĂŒhren und vertiefen. „Aber die große Idee wĂ€re schon, irgendwann wieder im deut-schen Forschungssystem zu arbeiten.“ Dem Forschungsstandort Deutschland wĂ€re dies nur zu wĂŒnschen. Denn schon jetzt sind Nach-wuchswissenschaftler wie StiftungspreistrĂ€-ger Stephan M. Hacker ein echtes Pfund in Sachen Know-how und Kompetenz. ■

Grafi k: Wikimedia Commons

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VAA MAGAZIN AUGUST 201548

Studium

Bei der Hochschulveranstaltung an der Leibniz UniversitÀt Hannover haben

sich Ende Juni rund 80 Studenten und Doktoranden zu den zahlreichen

Berufswegen in der Chemie informiert. Erste Anregungen gab es von Professor

Franz Renz vom Institut fĂŒr Anorganische Chemie. Foto: Bierwagen – VAA

In Hannover hat VAA-Jurist Christian Lange ĂŒber die vielfĂ€ltigen Starthilfen des VAA fĂŒr studentische Mitglieder berichtet, beispielsweise das VAA-Bewerbungsnetzwerk, den VAA-Bewerbungs-Check und die PrĂŒfung des ersten Arbeitsvertrages. Foto: Bierwagen – VAA

Auch an der Friedrich-Alexander-UniversitĂ€t Erlangen-NĂŒrnberg haben sich zahlreiche Studenten zum gemeinsamen Vortrag des VAA und des GDCh-JungChemikerForums versammelt. Foto: Löb – VAA

„Das Studium ist wie eine Werkzeugkiste: FĂ€cher, die

man sich aussucht, sind Tools, mit denen man sich

spezialisieren und auch einen Wettbewerbsvorteil

gegenĂŒber anderen Kandidaten schaffen kann.

Man sollte das wĂ€hlen, was Spaß macht

und was man gut kann.“

Dr. Carla Recker von Continental auf der Hochschul-

veranstaltung in Hannover.

„Das S

man s

sp

hschul-

HOCHSCHULVERANSTALTUNGEN IN HANNOVER, ERLANGEN UND BAYREUTH

Karriere mit KöpfchenWie legt man einen optimalen Start ins Berufsleben hin? Welche Klauseln dĂŒrfen im Arbeitsvertrag stehen? Antworten gab es auf den gemeinsamen Hochschulveranstaltungen von GDCh und VAA an den UniversitĂ€ten in Hannover, Erlangen-NĂŒrnberg und Bayreuth. Mit dabei: Studenten, Doktoranden und FĂŒhrungskrĂ€fte aus Chemieunternehmen.

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VAA MAGAZIN AUGUST 2015 49

Studium

Wichtige Tipps zum Berufsstart geben die VAA-InfobroschĂŒren wie zum Beispiel

„Chemische Industrie: Berufe und Berufung“. Foto: Bierwagen – VAA

Beim gemeinsamen Grillen kam fĂŒr die rund 70 Teilnehmer der

Hochschulveranstaltung in Bayreuth auch der Spaß nicht zu

kurz. Foto: Kolb – VAA

Dr. Carla Recker, Head of Expertfield Materials Chemistry bei Continental, und Walter Heitmann, Senior Contact Manager bei Abbott Laboratories GmbH, teilten ihre persönlichen Erfahrungen mit den Anstellungsprozessen und Bewerbungsverfahren ihrer Unternehmen mit. Foto: Bierwagen – VAA

Weitere Bilder von den VAA-GDCh-Hochschulveranstal-tungen stehen in der E-Paper-Ausgabe des VAA Magazins auf www.vaa.de/vaamagazin zur VerfĂŒgung.

Dr. Carsten Gaebert von der Wacker Chemie AG referierte auf den Hochschulveranstaltungen in Erlangen-NĂŒrnberg

und Bayreuth. Die oft als „Schallmauer“ bezeichnete Altersgrenze von 30 Jahren bis zum Abschluss der

Promotion sei heutzutage nicht mehr zwingend einzuhalten, ermutigte er die Studenten. Man mĂŒsse aber

gut sein in dem, was man tue. Foto: Kolb – VAA

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Recht

Anfang Juli 2015 ist das umstrittene Tarifeinheitsgesetz in Kraft getreten. Wird dadurch sichergestellt, dass in Deutschland kĂŒnftig weniger gestreikt wird? Das Gegenteil ist der Fall, meint VAA-Jurist Stefan Ladeburg. Die jĂŒngsten Streiks bei der Bahn seien lediglich ein Vorgeschmack auf das gewesen, was kommen mag. Im Interview mit dem VAA Magazin erlĂ€utert Ladeburg, warum das Gesetz eher zu mehr Streiks fĂŒhren wird.

INTERVIEW MIT STEFAN LADEBURG

Tarifeinheit: Gesetz mit beschrÀnkter Haltbarkeit

VAA Magazin: In der Öffentlichkeit wurde durch Politik, Arbeitgeber und die meisten DGB-Gewerkschaften wiederholt der Ein-druck vermittelt, dass nach Inkrafttreten des Tarifeinheitsgesetzes die Anzahl der Streiks abnehmen wird.

Ladeburg: Diese Annahme entbehrt jedwe-der Grundlage. Auch nach dem Tarifeinheits-gesetz sind Streiks aller Gewerkschaften möglich. Das Gesetz regelt lediglich, dass bei ĂŒberschneidenden TarifvertrĂ€gen der Tarif-vertrag der Gewerkschaft, welche mehr Mit-glieder in einem Betrieb hat, den Tarifvertrag der Minderheitsgewerkschaft verdrĂ€ngt. Ge-zĂ€hlt wird jedoch erst nach Abschluss eines Tarifvertrages, wenn sĂ€mtliche Streikmaß-nahmen zur ErkĂ€mpfung des Tarifvertrages bereits abgeschlossen sind.

Vielmehr stellt das Gesetz einen Anreiz fĂŒr kleinere Gewerkschaften dar, Maximalfor-derungen in harten ArbeitskĂ€mpfen durch-zusetzen, um dann nach Abschluss des ent-sprechenden sehr guten Tarifvertrages mög-lichst viele Mitglieder grĂ¶ĂŸerer Gewerk-schaften zum Übertritt zu bringen und so selbst stĂ€rkste Gewerkschaft im Betrieb zu werden. Insoweit ist zu befĂŒrchten, dass un-ter dem Gesetz nicht Konsens und Augen-maß belohnt werden, sondern das brutale Durchsetzen von Maximalforderungen in öf-fentlichkeitswirksamen langen Streiks.

VAA Magazin: Laut GesetzesbegrĂŒndung soll durch das Tarifeinheitsgesetz die Funktions-fĂ€higkeit der Tarifautonomie durch die Auf-lösung von Tarifkollisionen gesichert und so-mit eine befriedende Wirkung erzielt werden. Stimmt das?

Ladeburg: Nein. Vielmehr wird es durch das Gesetz zu einer Erosion des seit vielen Jahr-zehnten erprobten und bewĂ€hrten FlĂ€chen-tarifvertragsmodells in Deutschland kom-men. Das Gesetz stellt allein auf die Mehrheit an Gewerkschaftsmitgliedern in einem Be-trieb ab. Hierbei wird ĂŒbersehen, dass gerade grĂ¶ĂŸere Unternehmen wie beispielsweise die Deutsche Bahn aus bis zu 300 einzelnen Be-trieben bestehen. Dies wird besonders schwierig bei der Versetzung von Arbeitneh-mern von einem Betrieb in einen anderen mit unterschiedlicher Tarifgeltung. Dadurch könnten sich beispielsweise von einem Tag auf den anderen sĂ€mtliche Arbeitsbedingun-gen eines Arbeitnehmers inklusive des Ge-haltes Ă€ndern.

VAA Magazin: Werden sich ĂŒberschneidende TarifvertrĂ€ge in einem Betrieb denn nun vollstĂ€ndig verdrĂ€ngt?

Ladeburg: Auch dies ist nicht ganz klar. Im Gesetzeswortlaut steht zwar, dass bei einer Überschneidung von TarifvertrĂ€gen im Be-trieb nur die Rechtsnormen des Mehrheitsta-

rifvertrages anwendbar sind. Dies liefe auf eine volle VerdrĂ€ngung selbst bei einer nur in Teilbereichen vorliegenden Überschneidung hinaus. In der GesetzesbegrĂŒndung steht so-dann, dass „der Tarifvertrag der im Betrieb weniger vertretenen Gewerkschaft auch nur insoweit verdrĂ€ngt“ wird, wie eine Über-schneidung vorliegt. Hier widersprechen sich Gesetzeswortlaut und BegrĂŒndung diametral. Insoweit mĂŒssen wir warten, bis diese Frage von der höchstrichterlichen Rechtsprechung in einigen Jahren geklĂ€rt wird. Bis dahin herrscht ein Zustand der Unsicherheit.

VAA Magazin: Lehnt der VAA das Gesetz deswegen ab?

Ladeburg: Der VAA lehnt das Gesetz des-wegen ab, weil es ungeeignet ist, die ange-strebten und in der GesetzesbegrĂŒndung so-wie im Vorfeld kommunizierten Ziele zu er-reichen. Durch das Gesetz wird weder mehr Ordnung in den Betrieben herrschen noch wird es in irgendeiner Form friedensstiftend wirken. DarĂŒber hinaus ist das Gesetz in der RealitĂ€t nicht anwendbar.

VAA Magazin: Warum?

Ladeburg: In grĂ¶ĂŸeren Betrieben ist es nahe-zu unmöglich zu klĂ€ren, welche Gewerk-schaft mehr Mitglieder hat. Es muss erst noch durch Rechtsprechung geklĂ€rt werden, ob hierbei auch Gewerkschaftsmitglieder, die beispielsweise mit ihren BeitrĂ€gen im RĂŒck-stand sind, mitzuzĂ€hlen sind oder auch Ge-werkschaftsmitglieder, die im Rahmen einer Auslandsentsendung zeitweilig nicht im Be-trieb sind. Ferner ist unklar, ob leitende Ange-stellte, die nicht unter TarifvertrĂ€ge fallen,

VAA-Jurist

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VAA MAGAZIN AUGUST 2015 51

Recht

aber Gewerkschaftsmitglieder sind, ebenfalls mitzuzÀhlen sind.

Außerdem verfĂŒgen Gewerkschaften hĂ€ufig gar nicht ĂŒber die nötigen Informationen dar-ĂŒber, in welchem Betrieb ihre Mitglieder tĂ€tig sind. Kein Gewerkschaftsmitglied meldet bei seiner Gewerkschaft die Versetzung von Be-trieb A in Betrieb B, wenn diese Betriebe rĂ€umlich eng beieinander liegen und ein Wohnortwechsel nicht erforderlich ist. So ha-ben Gerichte und auch Notare, die zur KlĂ€rung der Mitgliedszahlen herangezogen werden sol-len, kaum eine Möglichkeit zur Ermittlung der MehrheitsverhĂ€ltnisse in einem Betrieb.

VAA Magazin: Aber stellt das Gesetz nicht einfach den Zustand vor 2010 wieder her?

Ladeburg: Nein. Denn bis 2010 galt der Grundsatz der SpezialitĂ€t, das heißt, dass der jeweils speziellere Tarifvertrag Anwendung fand. Nunmehr wird er durch ein Mehrheits-prinzip auf Betriebsebene abgelöst. Hier wurde zu Recht von vielen Kritikern darauf hingewiesen, dass Arbeitgeber kraft ihrer un-

ternehmerischen Organisationsbefugnis je-derzeit Betriebe neu strukturieren können oder auch mit einzelnen Gewerkschaften ĂŒber TarifvertrĂ€ge betriebliche Vertretungs-strukturen einseitig festlegen können. Inso-weit ermöglicht der Bezug auf den Betriebs-begriff im Gesetz Arbeitgebern allein oder im Zusammenspiel mit einzelnen Gewerk-schaften, MehrheitsverhĂ€ltnisse durch Um-strukturierung oder Vereinbarung mit einer Gewerkschaft zu Ă€ndern oder zu sichern.

Der grĂ¶ĂŸte Kritikpunkt am Gesetz ist jedoch aus Sicht des VAA der Verstoß gegen Artikel 9 Grundgesetz, der die Koalitionsfreiheit in Gewerkschaften schĂŒtzt. Des Weiteren gehen wir im VAA davon aus, dass dieses Gesetz auch gegen geltendes Völkerrecht verstĂ¶ĂŸt: Artikel 11 der EuropĂ€ischen Menschen-rechtskommission sowie die Übereinkom-men 87 und 98 der internationalen Arbeits-organisation (ILO), welche die Bundesrepu-blik Deutschland unterschrieben hat, schĂŒt-zen ausdrĂŒcklich das Recht zur GrĂŒndung und zum Beitritt von Gewerkschaften sowie die gewerkschaftliche Arbeit.

VAA Magazin: Wie ist Ihre Prognose bezĂŒglich der Lebensdauer des Tarifeinheitsgesetzes?

Ladeburg: Folgt man den Gutachten der maßgeblichen Verfassungs- und Arbeits-rechtler, so dĂŒrfte das Gesetz keine lange Le-bensdauer haben. Das Bundesverfassungs-gericht, bei dem schon einen Tag nach In-krafttreten des Gesetzes die ersten Verfas-sungsbeschwerden von Gewerkschaften an-hĂ€ngig gemacht worden sind, wird das Ge-setz als verfassungswidrig einstufen. Es ist erstaunlich, dass selbst diejenigen Gutachter, die im Rahmen der Ausschussanhörungen im Bundestag auf Einladung der Regierungs-koalition fĂŒr das Gesetz votieren sollten, Aussagen getroffen haben wie: „Das Gesetz ist zwar schlecht, aber es gab in der Vergan-genheit noch schlechtere Gesetze.“ ■

Karikatur: Calleri

Die Langfassung des Interviews fin-den eingeloggte VAA-Mitglieder auf der Mitgliederplattform MeinVAA unter mein.vaa.de.

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VAA MAGAZIN AUGUST 201552

Recht

URTEIL

Sitzstreik im ChefbĂŒro: KĂŒndigung gerechtfertigt

Ein mehrstĂŒndiger Sitzstreik im BĂŒro des Vorgesetzten zur Durchsetzung einer Ge-haltserhöhung kann eine KĂŒndigung recht-fertigen. Das hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschieden.

Eine Arbeitnehmerin hatte von ihrem Ar-beitgeber eine außertarifliche VergĂŒtung gefordert, weil sie als Leiterin einer Abtei-lung mit 300 Mitarbeitern von ihrem Ar-beitgeber in die höchste tarifliche Entgelt-gruppe eingruppiert worden war. In einem GesprĂ€ch wies ihr Vorgesetzter ihre For-derung zurĂŒck und forderte sie auf, sein BĂŒro zu verlassen. Die Arbeitnehmerin er-klĂ€rte jedoch, sie werde den Raum erst ver-lassen, wenn ihre Forderung erfĂŒllt werde.

Der Hinweis des Vorgesetzten auf das Hausrecht und Vermittlungsversuche durch den Betriebsrat und durch den Ehe-mann der Arbeitnehmerin blieben erfolg-los. Als auch die Androhung einer KĂŒndi-gung keine Wirkung zeigte, rief der Arbeit-geber die Polizei und die Arbeitnehmerin wurde nach ihrem dreistĂŒndigen Sitzstreik

unter Polizeibegleitung aus dem Betrieb gefĂŒhrt.

Am nĂ€chsten Tag versandte sie eine E-Mail an mehrere Mitarbeiter des Arbeitgebers, in der sie auf ihr eigenes Verhalten nicht einging, das Verhalten ihres Vorgesetzten aber mit dem Satz „Wer solche Vorgesetz-te hat, braucht keine Feinde mehr“ kom-mentierte. Der Arbeitgeber kĂŒndigte das ArbeitsverhĂ€ltnis daraufhin fristlos und sprach der Arbeitnehmerin hilfsweise auch die ordentliche KĂŒndigung aus. Das Lan-desarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG) hat nun entschieden, dass die frist-lose KĂŒndigung zwar unwirksam, die or-dentliche KĂŒndigung jedoch gerechtfertigt war (Urteil vom 6. Mai 2015, Aktenzei-chen: 3 Sa 354/14).

Das LAG stellte fest, dass die Arbeitneh-merin mit ihrem Verhalten eine besonders schwere Pflichtverletzung begangen habe. Unter BerĂŒcksichtigung ihrer 22-jĂ€hrigen und bis dahin beanstandungsfreien Be-schĂ€ftigungszeit werde dadurch jedoch

keine fristlose, sondern lediglich eine or-dentliche KĂŒndigung gerechtfertigt. Die InteressenabwĂ€gung im Rahmen der or-dentlichen, verhaltensbedingten KĂŒndi-gung fĂ€llt aus Sicht der LAG-Richter zu-ungunsten der Arbeitnehmerin aus. Sie habe weder auf die Deeskalationsversuche des Arbeitgebers noch auf die Androhung einer KĂŒndigung reagiert. Zudem wiege ihre Pflichtverletzung wegen ihrer Vor-bildfunktion als Vorgesetzte besonders schwer. Eine Abmahnung hĂ€tte aus Sicht der Arbeitsrichter angesichts dieser Sach-lage nicht ausgereicht, um das notwendigen Vertrauen wiederherzustellen. Deshalb sah das LAG die ordentliche KĂŒndigung als ge-rechtfertigt an.

Das Urteil des LAG Schleswig-Holstein zeigt, dass besonders Vorgesetzte bei ih-rem Verhalten im Unternehmen Sorgfalt walten lassen sollten. Andernfalls kann sich ihre Vorbildfunktion bei einer Inter-essenabwĂ€gung im Rahmen einer arbeits-rechtlichen Auseinandersetzung zu ihrem Nachteil auswirken. ■

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VAA MAGAZIN AUGUST 2015 53

Satirische Kolumne

Erik Lehmann, Jahrgang 1984, ist Kabarettist an der Herkuleskeule Dresden.

Sein scharfzĂŒngiges politisches Kabarett brachte ihm schon den ostdeutschen

Kleinkunstpreis und weitere Kabarettpreise ein. Foto: Mike HĂ€tterich

Reif fĂŒr die InselERIK LEHMANN HAT DAS WORT

Ob FirmenjubilÀum

oder Betriebsfeier:

Herr Lehmann ist

selbstverstÀndlich

kÀufl ich und auf

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Das waren noch Zeiten – damals, 1989. Als Ungarn als erstes osteuropĂ€isches Land den Eisernen Vorhang lĂŒftete und am 19. August kurzzeitig die Grenze öffnete. Zwi-schen 600 und 700 DDR-BĂŒrgern gelang damals die Flucht nach Österreich. Da ist es schon bittere Ironie, wenn demnĂ€chst weitaus bedĂŒrftigere FlĂŒchtlinge keine Chance mehr bekommen, weil Ungarn jetzt die Grenze wieder dicht macht. Und zwar auf der anderen Seite.

Richtung Serbien wird derzeit ein 175 Ki-lometer langer und vier Meter hoher Grenzzaun errichtet. Der Zaun werde bis zum 31. August fertig sein, sagte Ungarns MinisterprÀsident Viktor Orbån. Nun ist der rechtskonservative Premier wahrlich

kein Waisenknabe, doch der auf-brandende Protest der EU gegen Ungarns Grenzzaun ist ziemlich verlogen. Wenn nicht sogar „grenzwertig“. Denn die EU fi-nanziert selbst GrenzzĂ€une ĂŒberall in Eu-ropa. Ob in Spanien, der TĂŒrkei, Griechen-land oder Bulgarien. Rund eine Milliarde Euro gab die EU seit 2007 fĂŒr Grenzsiche-rungsmaßnahmen wie ZĂ€une, Überwa-chungsanlagen und Grenzkontrollen aus.

Vielleicht hat sich ja Ungarn nicht an die BrĂŒsseler Ausschreibungsrichtlinien fĂŒr Zaunbau gehalten. Klar, das wĂ€re nicht EU-konform, aber OrbĂĄn will ja auch, dass der Zaun fertig wird. Und am besten noch bevor irgendwer auf der Baustelle womög-lich schĂŒtzenswerte Singvögel entdeckt.

So was wie den SchwarzstirnwĂŒrger oder den Rohrschwirl oder den ... Zaunkönig! FĂŒr alle Nicht-Ornitho-logen: Auch wenn man eher an einen

skurrilen Namen fĂŒr ein stark alkoholi-sches GetrĂ€nk oder an ein neuartiges PutzgerĂ€t fĂŒr Heizungsrohre denken mag, es handelt sich beim Schwarzstirn-wĂŒrger und dem Rohrschwirl tatsĂ€chlich um Singvögel. Und wenn die dort ent-deckt werden, wo Ungarn sich gerade einzĂ€unt, wird‘s BrĂŒhe.

Und das wĂŒrde der EU gefallen. Denn auch wenn Ungarn, im Gegenteil zu Serbien, dem Schengen-Raum angehört und EU-Mitglied ist, legt die Dublin-Verordnung eindeutig fest, dass FlĂŒchtlinge, die in die EU kommen, ihren Asylantrag in dem Land stellen mĂŒssen, welches sie zuerst be-

treten. Und deshalb nahm Ungarn, ge-messen an der Einwohnerzahl,

bisher auch doppelt so viele FlĂŒchtlinge auf wie zum Bei-

spiel Deutschland und steht diesbezĂŒglich im Europa-Ranking an zweiter Stelle. Was Viktor OrbĂĄn wohl auch zu der wenig schmeichelhaften Aussage „Illegale Ein-wanderung ist mit Terrorismus verbunden“ veranlasste. SpĂ€testens da konnte man sich sicher sein: Der Mann hat nicht mehr alle Latten am Zaun.

Doch weil der FlĂŒchtling auf der Flucht ist, nimmt er eben das Boot, wenn er am Zaun nicht weiter kommt. Und so gibt es auf mancher griechischen Insel in der ÄgĂ€is mittlerweile mehr FlĂŒchtlinge als Urlauber. Oder wie OrbĂĄn sagen wĂŒrde: Mehr Terro-risten als Touristen!

ZukĂŒnftig wird es fĂŒr den Feriengast aus dem mitteleuropĂ€ischen Industriestaat kei-nen Platz mehr am Strand geben, weil der bĂŒrgerkriegsgeplagte Syrer auf der Flucht eben wirklich ein echter Last-Minute-Rei-sender ist. Dann heißt es fĂŒr den Wohl-standseuropĂ€er: Zu Hause bleiben! Ein Hinweis, der den abgeschobenen Asylbe-werbern allzu gern von europĂ€ischen Poli-tikern mit auf den Nachhauseweg gegeben wird. ■

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VAA MAGAZIN AUGUST 201554

VermischtesVermischtes

Unter der Überschrift „ChemieGeschichte(n)“ wirft das VAA Magazin einen Blick auf Meilensteine der chemischen Wissenschaft oder Praxis. Im Mittelpunkt stehen Personen, Dinge oder Ereignisse, die Geschichte gemacht haben und deren EinflĂŒsse bis heute spĂŒrbar sind.

CHEMIEGESCHICHTE(N) – 13. AUGUST 1865

Retter der MĂŒtter gestorben

Dem „Retter der MĂŒtter“ war ein trauriges Ende beschieden. Was tatsĂ€chlich vor 150 Jahren in der „Landesirrenanstalt“ im Wie-ner Gemeindebezirk Döbling geschah, wird sich wohl nie ganz aufklĂ€ren lassen. Tatsache ist jedenfalls, dass der ungarische Arzt Ignaz Semmelweis am 13. August 1865 im Alter von nur 47 Jahren eines qualvollen Todes starb. Ältere Quellen sprechen von einer „Blutvergiftung“ oder einer „GehirnlĂ€h-mung“. Eine fast 100 Jahre spĂ€ter vorgenom-mene Obduktion wies jedoch zahlreiche Frakturen an HĂ€nden, Armen und Brustkorb nach. Das legt den Schluss nahe, dass sich Semmelweis vor seinem Tod eine heftige Auseinandersetzung geliefert haben muss. Vielleicht mit dem Pflegepersonal? Möglich ist das allemal. Denn der Arzt war gegen seinen Willen in die Anstalt eingelie-fert worden. Wie es zu alledem kam, liest sich wie ein Krimi: Leichen pflasterten Semmel-weis‘ Weg. Als sich der Außenseiter mit den MedizingrĂ¶ĂŸen seiner Zeit anlegte, war sein Schicksal besiegelt. Dabei verlief die Karri-ere des Mannes, den seine Biografen als gut-mĂŒtig und wenig sprachgewandt beschrei-ben, anfangs eher unauffĂ€llig. Mitte der 1844er Jahre kam der Kaufmannssohn ans Wiener Allgemeine Krankenhaus, heute eine der grĂ¶ĂŸten Einrichtungen in ganz Europa. 1846 wurde Semmelweis Assistenzarzt in der geburtshilflichen Abteilung des Hospi-tals und machte rasch Bekanntschaft mit den verheerenden hygienischen UmstĂ€nden, die dort herrschten: „Die enorme Sterblichkeit der Wöchnerinnen, welche damals auf jener Abtheilung 15 % betrug, machte einen un-auslöschlichen Eindruck auf sein GemĂŒth“, schreibt Franz von Winckel 1891 in der „All-gemeinen Deutschen Biographie“. Semmel-weis wollte wissen, welche Ursachen hinter dem so hĂ€ufigen Kindbettfieber steckten.

Tragischerweise trieben seine Untersuchun-gen der Toten die Sterbezahlen zunĂ€chst noch nach oben, sodass sich Frauen schließ-lich geweigert haben sollen, in seine Abtei-lung verlegt zu werden. Ein weiteres Opfer, sein Freund Jakob Kol-letschka, brachte Semmelweis der Erkennt-nis ein StĂŒck nĂ€her. Der Gerichtsmediziner hatte sich bei einer Autopsie verletzt und war kurz darauf an einer Blutvergiftung gestor-ben. Die Krankheit hatte einen Ă€hnlichen Verlauf wie das Kindbettfieber. Semmelweis vermutete nun, dass die in seiner Abteilung durchgefĂŒhrten Leichenschauen etwas mit der hohen Sterblichkeitsrate unter seinen Pa-tientinnen zu tun haben könnte. Er wies sei-

ne Mitarbeiter an, sich nach Sektionen und Autopsien stets grĂŒndlich mit Chlor zu des-infizieren. Wenig spĂ€ter dehnte er diese Vor-schrift aus – nachdem er erkannte hatte, dass sich gefĂ€hrliche Keime auch zwischen leben-den Menschen ĂŒbertrugen. Eigentlich hĂ€tte schon allein der Erfolg Sem-melweis recht geben mĂŒssen: Binnen kĂŒrzes-ter Zeit sank die Sterblichkeitsrate auf rund ein Prozent. Doch seine Kollegen wollten von alledem nichts wissen. Und das wiederum erregte den Zorn des Mediziners. In offenen Briefen an „sĂ€mmtliche Professoren der Ge-burtshĂŒlfe“ machte Semmelweis seinem Är-ger Luft. Die Ignoranz, so argumentierte er wieder und wieder, sei fĂŒr den Tod unzĂ€hli-ger Menschen verantwortlich: „FĂŒr mich gibt es kein anderes Mittel, dem Morden Einhalt zu tun, als die schonungslose Entlarvung meiner Gegner, und niemand, der das Herz auf dem rechten Fleck hat, wird mich tadeln, dass ich diese Mittel ergreife.“

Die Fachwelt stellte den vermeintlichen Au-ßenseiter kalt: Im Juli 1865 wurde er auf die Diagnose dreier Ärztekollegen nach Döbling eingewiesen, wo das Unheil seinen Lauf nahm. Schon Ende des 19. Jahrhunderts wur-de Semmelweis rehabilitiert. Einer seiner ers-ten Biografen, Alfred Hegar, hielt fest, dass „der Werth und das Verdienst einer jeden neuen Wahrheit“ umso grĂ¶ĂŸer sei, „je weiter sie ĂŒber das Niveau der zur Zeit ihrer Entde-ckung herrschenden Ansichten und Lehren hinausgeht“. Semmelweis war der Triumph nicht ver-gönnt: Die desinfizierenden Eigenschaften von Chlor in Verbindung mit Wasser – der Chemiker spricht bei der Reaktion von Hy-pochlorit – wird heute unterdessen jeder be-stĂ€tigen können, der schon einmal seine Bah-nen in einem Schwimmbad gezogen hat. ■

In Heidelberg steht ein Denkmal fĂŒr Ignaz

Semmelweis. Foto: Wikimedia Commons

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GlĂŒckwĂŒnsche im September und Oktober■ Dr. Peter Dostmann, Erpolzheim■ Sieglinde Felber, NĂŒrnberg■ Guenter Freiberger, Bonn■ Barbara Herzig, Berlin■ Prof. Winfried Hofmann, Königstein■ Wolfram Huth, Friedeslheim■ Claus-Gottfried John, Bad Berka■ Dr. Nikolaos Keramaris, Eichenau■ Dr. Luth Leitner, Köngisbronn■ Heinrich Liebscher, Solingen■ Heidi Mathieu, Frankenthal■ Dr. Hans-Dieter Neubauer, Merseburg■ Klaus Nothhelfer, BrĂŒhl■ Dr. Andreas Oberlinner,

Ludwigshafen■ Rainer Rompeltien, Kempten■ Dr. Peter Tonne, Hamburg■ Herbert Weber, Troisdorf■ Dr. Karin Wolter, Melsbach

zum 95. Geburtstag im Oktober:■ Wolfgang Neier,

Berglen-Opperlsbohm

zum 90. Geburtstag im Oktober:■ Dr. Hans Schlaug, Dorsten

zum 85. Geburtstag im Oktober:■ Dr. GĂŒnther Allekotte,

Recklinghausen■ Werner Brauneck, Gartow■ Dr. Fritz Guellich,

Dannstadt-Schauernheim■ Dr. Horst Hainz, Bielefeld■ Dr. Hans-Joachim Heitland, Hilden■ Artur Huebner, Huenstetten■ Bernward Koch, Mannheim■ Theodor Koerner, Schkopau■ Dr. Hans-Georg Matthies,

Ludwigshafen■ Hans Neumair, NeusĂ€ĂŸâ–  Dr. Harry Parthey, Boehl-Iggelheim■ Dr. Hans-Peter Patzschke, Wuppertal■ Dr. Ferdinand Proska, Leverkusen■ Dr. Juergen Runge, Halle■ Dr. Ernst-Armin Schaefer, Salzgitter■ Dr. Herbert Schaper Hamburg■ Gerhart SchlĂ€fer, Ludwigshafen■ Horst Schwertner, Köln

zum 80. Geburtstag im Oktober:■ Karl-Heinz Baumeister, Marl■ Dr. Siegfried Breitschaft, Augsburg■ Dr. Guenter Coulon, Mannheim■ Dr. Willibert Fiedler, Wernigerode■ Dr. Klaus Gorzny, Marl■ Dr. Karl-Heinz Heinemann,

Neukirchen-Vluyn■ Dr. Dietrich Kloetzer, Berlin■ Dr. Magda Kopp, Ludwigshafen■ Dr. Juergen Kuhls, Mehring■ Prof. Dr. Götz Leopold, Rossdorf■ Dr. Erwin Muth, Wittershausen■ Wolfgang Schoenfelder, Schwedt■ Peter SchĂ€fer, Haan

zum 75. Geburtstag im Oktober:■ Gerhard Baum, Hofheim■ Paul Bonsels, Niederkassel■ Dr. Klaus Borho, Mutterstadt■ Dr. Richard Bung, Ludwigshafen■ Hans Egon Carl, Lorsch■ Dr. Eberhard Clauss, Kelkheim■ Dr. Manfred Dietrich, Frankfurt■ Henner Goellnitz, Kelkheim■ Wilfried Haase, Schulzendorf■ Hans-JĂŒrgen Heinze, Haltern■ Dr. Wilfried Heupt, Burtscheid■ Dr. Horst Hoffmann, Bad DĂŒrkheim■ Dr. Bernd Holle, Krefeld■ Dr. Karlheinz Keller,

Bergisch Gladbach■ Anselm Kiessling, Kelkheim■ Helmut Kremp, Illingen■ Klaus-Walter Leyer, Leverkusen■ Klaus-Dieter Mann, Simmerath■ Dr. Gerhard Muenscher, Marburg■ Dr. David Rose, DĂŒsseldorf■ Peter Schellenberg, Mannheim ■ Dr. Gerhard Streit, Flein■ Wolfgang Uehlein, Mannheim■ Karl-Heinz Voigt, JĂŒchen■ Klaus Walter, Mannheim■ Arthur Weissenborn, Heiligenhaus■ Hans-Gerd Zeilmann, Odenthal

NachtrĂ€glich zum 80. Geburtstag im August:■ Dr. Wolfgang Pistor, Neu-Isenburg

zum 95. Geburtstag im September:■ Heinrich Kruse, Hamburg■ Hans-Werner Schneider-Christians,

Leverkusen

zum 90. Geburtstag im September:■ Dr. Karl-August Hamacher, Hamm■ Dr. Klaus Heimann-Trosien, Kelkheim■ Gerhard Holzapfel, Seevetal■ Dr. Willibald Schönleben, Heidelberg■ Dr. Elmar Wuestefeld, Krefeld

zum 85. Geburtstag im September:■ Dr. Ralf Amberg, Odenthal■ Dr. Wolfgang Bitterlich, Hofheim■ Dr. Josef Kraemer, Seeheim-Jugenheim■ Winfrid Kuemmel, Leverkusen■ Dr. Gerhard Kuenstle, Burghausen■ Friedhelm Muennig, Gernsheim■ Dr. Hans PlĂŒmpe, Wuppertal■ GĂŒnther RĂ€hmer, Augsburg■ Dr. Martin Schott, Steinbach■ Dr. Karl-Heinz Schwieger, Iserlohn■ Theodor Selbach, Essen■ Dieter Wiedemann, Recklinghausen

zum 80. Geburtstag im September:■ Philipp Bender, Hofheim■ Dr. Wolfram Dornfeldt, Uelzen■ Dr. Manfred Engelhardt, Muehltal■ Walter Holtrup, Frankenthal■ Dr. Dietmar Jung, Ludwigshafen■ Dr. Dietrich Mangold, NeckargemĂŒnd■ Peter Rode, Solingen■ Werner Schlusen, Liederbach■ Gerhard Schmelzer, Ludwigshafen■ Dr. Klaus-Dieter Steffen, Hennef■ Wolfgang Wattenberg, Frankenthal

zum 75. Geburtstag im September:■ Heinrich Bach, Montabaur■ Erhard Brand, Hofheim■ Dr. Theodor Denzel, Regensburg

Vermischtes

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Gestaltder grie-chischenSage

Konzert-auftrittSchiffs-etagen

Vorn. derKrimi-autorinGranger

nord-deutsch:Gras-spitze

achtbarasia-tischerBĂŒffel

Vorn. desMalersKokosch-ka (†)

starkerZweig

irani-scheHaupt-stadt

Neuling

ent-fĂŒhren(engl.)

christ-lichesFest

german.Volksver-samm-lung

Greif-vogel-nest

Stumm-filmstar(Pola ...,† 1987)

nordi-scherHirsch

knab-bern,anbeißen

Ton-kunst

latei-nisch:Erde,Land

unent-schieden

Reiz-leiter-strang

Wen-dungzurĂŒck

anste-ckendeFremd-körper

frucht-losesHerum-rÀtseln

Daten-eingabe

Elternteilungeteilt

ein wenig

Sitte,Brauch

Freund,GefÀhrte

sehrvertraut

Doppel-ruder

Einbrin-gen derFrĂŒchte

tibe-tischerWildesel

Bilder-rÀtsel

Eigen-name derZigeuner(Mz.)

Bundes-landÖster-reichs

VolltrefferbeimKegeln(Alle ...!)

Nordost-euro-pÀerin

Turn-gerÀte

hoch-preisig

Abk.:tenuto

Fischerei-fahrzeug

Stadt inOst-belgien

Titelfigurbei LewisCarroll

sĂŒd-amerik.SĂ€uge-tiere

Gesichts-ausdruck

ganz,ohneAus-nahme

Ver-schlĂŒs-selung

Obst-schalen-set

fett, dickHaupt-insel derPhilip-pinen

Unrat Neuge-staltung

amerik.Regis-seur(Ethan ...)

Ab-wesen-heits-beweise

Hebel anSchuss-waffen

Aufruhr,Aufstand

norwe-gischerKönigs-name

Nutzlandberlin.:Bruder

Name fĂŒrden Tod(,,Freund...“)

Fußball-bundes-trainer(Jogi ...)

BlutgefĂ€ĂŸ

nor-discheJugend-göttin

spa-nisch:Stier

gehoben:JungeWander-pause

Vieh-futter

Vorn. derSchau-spielerinAnders

Fußball-begriff

Beinbe-kleidung

einsam,verlassen

Holz-bottich

franzö-sischerFluss

euro-pÀischerStrom

FußpfadAbk.:Umdre-hungenpro Min.

Frage-wort

Monats-name(Abk.)

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Herzlichen GlĂŒckwunsch an die Gewinner der Juniausgabe: Dr. Nora Assmann, Werksgruppe BASF DĂŒsseldorf, Harry Baum, Werksgruppe Leverkusen, und Dr. Michael Gießmann, Einzelmitglied Nordrhein. FĂŒr diese Ausgabe ist der Ein-sendeschluss der 15 September 2015. Bereits nach Ablauf der Einsendefrist wird die Lösung auf der VAA-Website eingestellt. Das Lösungswort bezeichnet wieder einen Begriff aus der Chemie. Die Lösung des Sudoku-RĂ€tsels wird ebenfalls im Internet eingestellt. Bitte RĂŒckmeldungen per E-Mail ([email protected]), Fax (0221 160016) oder Post an die VAA-GeschĂ€ftsstelle Köln (Mohrenstraße 11 – 17, 50670 Köln) senden. Unter den richtigen Einsendungen werden drei Gewinner gezogen, die jeweils einen Benzin- oder Amazon-Gutschein im Wert von 25 Euro erhalten.

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Vermischtes

Zum VAA Magazin allgemein

CO2-Print-kompensiert wird meine Aus-gabe des obigen Magazins wohl am ehes-ten sein, wenn Sie mir eine PDF Version statt Printausgabe zusenden möchten? An-sonsten bitte ich den Versand einzustellen – die ökologisch vertrĂ€glichste Variante.

Die ‚hellgrĂŒne Chemie‘ ist hoffentlich ein Witz, sonst werden wir hier dunkle Zeiten erleben! Frauenpower in allen Ehren, aber das kann nicht heißen, dass man bestimm-te psychologische Eigenschaften dieses Geschlechts missbraucht – die ĂŒber 2.000-tausendjĂ€hrige Erfahrung ist sicher auch eine von persönlichem Leid (mindes-tens subjektiv empfunden) in vielen FĂ€llen –, aber vielleicht nicht immer zu vermei-den gewesen, um Schlimmeres zu verhin-

dern (wobei das natĂŒrlich bei jedem Ein-zelnen anfĂ€ngt, fragile Persönlichkeiten schĂŒtzt man vielleicht besser, als sie zu Werkzeugen zu machen). Frauen, die FĂŒh-rungskrĂ€fte sein wollen, sollten sich auch so verhalten und nicht wie absolutistische Herrscher oder gar ‚Terroristen‘.

Mir fehlt der wissenschaftliche Anspruch und die Ernsthaftigkeit in diesem Maga-zin, deswegen werde ich es wohl nicht mehr lesen. Auch bei den personalbezoge-nen Themen verschwimmen mir die Grenzlinien zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerseite zu stark (neg. Psy. oder emotionale Berichterstattung in allen Eh-ren, aber mir wird da in Anbetracht eines möglichen Nivellierungseffektes immer sehr ĂŒbel bei).

Summa summarum muss ich mich fragen, ob ich mich durch diese Interessenvertre-tung noch reprÀsentiert sehe?

Leserbriefe

REPOORRTETERR OHNE OHNE GGRRENZEN ENZE E.V. - WWW.REPORTET R-OHNE-E GRENZEN.ZEN.DE - SDE - SPENDENPE KONTO IBAN: DE26 1001009 00009 56675667 7770 87770 80 - BI0 - BIC: BC: EEVVODEODEBBBB

[20 J20J20J0J0JAHREAHRAHREAHREAHRE]]

Es wird wohl auf eine KĂŒndigung meiner Mitgliedschaft hinauslaufen!

Dr. Rainer Gauler, Kriftel

Zu den Leserbriefen zum Artikel „Effi zient Speichern“, Ausgabe April 2015

Wenn die Autoren der Leserbriefe im VAA Magazin April 2015 finden, dass der Ge-brauch einiger Begriffe in der Allgemein-heit nicht ganz dem Denken der exakten Wissenschaftler entspricht, so kann man dafĂŒr VerstĂ€ndnis aufbringen.

Bedauerlich ist es dagegen, wenn Vertreter der „exakten“ Naturwissenschaften selbst Begriffe benutzen, die nicht exakt defi-niert werden.

Wir kennen alle den Ausdruck Kraftwerk. Fragt man Naturwissenschaftler, was denn

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VORSCHAU AUSGABE OKTOBER

■ Spezial:

Fortschritt durch Photonik

■ Verband:

Tagung der SprecherausschĂŒsse

■ Management:

Wege ins Unternehmertum

Termine

03.09.2015 ULA-GeschĂ€ftsfĂŒhrerkonferenz, Köln08.09.2015 FKI-Seminar „Abfindungen effizient gestalten“, Köln11.09.2015 Gemeinsame Sitzung Vorstand, Beirat und Kommissionsvorsitzende, Frankfurt am Main14.09.2015 Kommission Hochschularbeit, Köln17.09.2015 FKI-Seminar „Hartes Verhandeln“, Köln18.09.2015 FKI-Seminar „Hartes Verhandeln – Stufe 2“, Köln18./19.09.2015 Sprecherausschusskonferenz und -tagung, WĂŒrzburg

Schreiben Sie uns

VAA MagazinMohrenstraße 11 – 17 · 50670 KölnFax 0221 [email protected]

Die Redaktion behĂ€lt sich KĂŒrzungen vor. Bitte geben Sie Ihren Namen undIhre Anschrift an.

Ausgabe August 2015

Zeitschrift fĂŒr FĂŒhrungskrĂ€fte in der Chemie

VAA Magazin

Industrie 4.0:

Befi ndlichkeit: Stabile Stimmung

VölligeVernetzung

Vermischtes

ImpressumVerlag: Verband angestellter Akademiker und lei tender Angestellter der chemischen Industrie e. V., Mohrenstraße 11 – 17, 50670 Köln, Tel. 0221 160010, Fax 0221 160016, [email protected], www.vaa.de Der Bezug des VAA Magazins ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Redaktionsleitung: Timur SlapkeRedaktion: Christoph Janik, Ursula Statz-Kriegel, Simone Leuschner (Bildredaktion), Elena Zolototrubova; verantwortlich fĂŒr die ULA Nachrichten: Wencke Jasper, Ludger Ramme, Andreas ZimmermannSchlussredaktion: Timur Slapke; Korrektorat: Sandra BlomenkampRedaktionsbeirat: Thomas DĂŒlberg, Dr. Thomas Fischer, Gerhard Kronisch Anzeigen: Ursula Statz-Kriegel, Mohrenstraße 11 – 17, 50670 Köln, Tel. 0221 16001-29, [email protected] gilt die aktuelle Anzeigenpreisliste von 01.01.2015.Druckauflage: 28.000 (7/15); Erscheinungsweise: 6-mal jĂ€hrlichGestaltung: DĂŒlberg & Brendel GmbH Public Relations, DĂŒsseldorf Druck: Köllen Druck+Verlag, Bonn-BuschdorfIn namentlich gekennzeichneten GastbeitrĂ€gen und Leserbriefen geĂ€ußerte Ansichten geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. Gleiches gilt fĂŒr dem VAA Magazin beigelegte WerbebroschĂŒren.

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mit dem Begriff „Kraft“ gemeint ist, so wird entweder geschwiegen oder auf das Newtonsche Bewegungsgesetz „Kraft gleich Masse mal Beschleunigung“ (F=m*b) verwiesen. Diese Formel ist kei-ne Definition fĂŒr die Kraft, sondern eine Aussage. Eine ErklĂ€rung fĂŒr die GrĂ¶ĂŸe „Kraft“ fehlt.

In seinen Arbeiten verwendet Newton die Begriffe „Zeit“ und „Raum“, denen auch das Attribut „absolut“ zugeordnet wurde. Die beiden Begriffe wurden spĂ€-ter ohne das Attribut „absolut“ weiter verwendet.

Welche Bedeutung die Begriffe Zeit und Raum aber haben, wurde nicht erlĂ€utert. Nur, man konnte beide zusammenmi-schen und eine „Raumzeit“ produzieren. Welche Bedeutung diese GrĂ¶ĂŸe haben sollte, wurde auch verschwiegen. Man postulierte nur, „dass sie gekrĂŒmmt“ werden kann. Raum, Zeit und die synthe-tisierte Raumzeit sind Attribute.

Irgendwelche Dinge, zum Beispiel Schie-nen, Finger, können gekrĂŒmmt werden, aber keine Attribute. Daher sind alle Theorien, die auf einer KrĂŒmmung von Zeit, Raum, Raumzeit beruhen, zum Scheitern verurteilt.

Stephen Hawking (Buch: „Die illustrier-te kurze Geschichte der Zeit“, S. 201) zeigt einen Weg auf, wie eine Zeitreise zurĂŒck in die Vergangenheit möglich sei: Eine riesige KrĂŒmmung der Raum-Zeit wĂŒrde sie ermöglichen, Kommentar: sie-he oben.

In den Leserbriefen wird viel von Ener-gie gesprochen. Es wird dabei vergessen, dass der Begriff Energie nur dann sinn-voll ist, wenn ein Vorgang angegeben wird, bei dem die EnergieĂ€nderung er-folgt. Daher ist auch die folgende, viel zitierte Formel fragwĂŒrdig: E=m*cÂČ. Da-bei soll E die Energie sein, die in einem (ruhenden) Körper mit der Masse m steckt. Welcher Art diese Energie sein soll und wie man sie dem Körper entlo-cken kann, bleibt ein Geheimnis.

Dr. Werner Kischio, Aachen

Zum Artikel „Gegoren zum Genuss“, Ausgabe Juni 2015

Der Beitrag „Gegoren zum Genuss“ war sehr informativ – weiter so. Auch das zum Thema passende Lehmanns Destil-lat war lesenswert.

Axel Richter, Bitterfeld-Wolfen

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