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H. Remy. Unterswhungen iiber die Wirksamklt v. Kontaktsubstanxen. IV. 329

Vergleichende Untersuchungen uber die Wirksamkeit von Kontaktsubstanzen. IV.

Von HEINRICE REMY.

Katalytische Wirksamkeit nnd ehemische Natnr dee Katalysatore. Die vergleichenden Untersuchungen uber die Wirksamkeit einer

groBeren Reihe von zueinander in enger Beziehung stehenden Kontaktsubstanzen 1) wurden von dem Gesichtspunkte ausgehend be- gonnen, da6, wie aus den bisherigen Erfahrungen zu schlieSen, im allgemeinen fur die katalytische Wirksamkeit ver s c h i ed ene U r s a c h e n nebene inande r in Betracht kamen und da6 zu er- warten ware, da6 einzelne von diesen in ihrer Bedeutung bei den ins Auge gefaBten Untersuchungen besonders hervortreten warden. Nach den bisher vorliegenden Versuchsergebnissen sind unter den gewahlten Versuchsbedingungen zwei Faktoren fur die Wirksamkeit der Kontaktsubstanzen von ausschlaggebendem Einflu6: d i e Affini- t a t d e s K o n t a k t s zum Sauers tof f u n d se ine Aff in i ta t bzw. se in Losungsvermogen f u r W assers toff . Der wesentliche EinfluS dieser beiden Faktoren auBert sich in der s t a rken Ab- hang igke i t d e r Reakt ionsf i ihigkei t von d e r Vorbe ladung d e s Ko n t a k t s, die allgemein bei unseren Versuchen hervortrat, indem ein Teil der Katalysatoren bei S a u e r s t o ffvor b e ladung, ein anderer bei W a s s e r ~ t off vor b e l adung besser wirksam war.

BODENSTEIN 2, fuhrt die heterogene Katalyse darauf zuruck, da6 die ungesattigte Oberflache kristallisierter Stoffe die in ihre Nahe kommenden Molekule deformiert und dadurch besonders reaktions- fahig macht. Nimmt man mit K. 8. HoFMANN3) an, die Wasser- bildung aus dem Knallgase werde dadurch eingeleitet, da6 so wohl der Wasserstoff wie der Sauerstoff durch den Katalysator zunachst in eine reaktionsfhhige Form iibergefuhrt wird, so laBt sich die Erkl’arung fur die eigentiimlichen GesetzmaBigkeiten hinsichtlich des

l) 2. anorg. u. aZZg. Chem. 136(1924), 149; 148 (1925), 279; 149 (1925), 283. a) Ann. d. Chem. 440 (1924), 177 . *) Ber. d. D. Chem. Ges. 49 (1916), 2370.

Z. anorg. u. allg. Chcm. Bd. 167. 22

330 A. Remy.

Verhaltens der verschiedenen Kontaktstoffe, die bei unseren Ver- suchen aufgetreten sind, im Sinne der BoDENsTEINschen Theorie dadurch geben, da8 man sich das Knallgas durch die aus der Kon- hktoberflache herausragenden unabgesattigten Valenzen bei den verschiedenen Kontaktsubstanzen in verschiedener Weise bzw. in verschiedenem Grade aktiviert denkt. Da bei unseren Versuchen die verschiedenen Netalle stets in gleichartiger Form, insbesondere was ihre Oberflachenausbildung anbelangt, zur Anwendung kftmen, wird man die an ihrer Oberflachel) infolge unvollstandiger Ab- sattigung der Qalenzen der dort gelegenen Atome herrschenden, fur die Aktivierung wirksamen Krafte in erster Anniiherung denen pro- portional setzen kGnnen, welche der betreffende Kutalysator als Ganzes, als chemisches Ind iv iduum, abgesehen von seiner Oberflache ausiibt, d. h. zu der chemischen Verwandtschaft des Kontaktstoffes den Knallgasbestandteilen gegenuber. Nimmt man als angenahertes Ma6 dieser Verwandtschaft dem Sauers tof f gegen- iiber die Affinitat, die in den Bildungswarmen der normalen Oxyde zum Ausdruck kommt, und beim Wassers tof f , wo die Bildung definierter chemischer Verbindungen gegenuber dem Lasungsvermogen zurucktritt, das LosungsvermGgen fur diesen, so hat man die Mag- lichkeit, die katalytische Fahigkeit zu ch em i s ch e n Eig e n schaf t en, d ie h ins i ch t l i ch i h r e r ClrGBe d u r c h Messung e r f a6ba r s i n d , in Beziehung zu setzen.

Versuche, die Fahigkeit zur Ihallgaskatalyse auf das Liisungs- vermiigen f u r Wassers tof f a l l e i n zu beziehen, haben in den experimen tellen Tatbestanden nie eine ausreichende Stiitze gefunden. Auf Grund unserer Anschauung mug von vornherein erwartet werden, daB das LGsungsvermGgen fur Wasserstoff nicht a l le in , sondern nur kombiniert mit der Sauerstoffaffinitat eine Grundlage fiir die Vorausbestimmung der relativen katalytischen Wirksamkeit gegen- iiber Knallgas2) abgeben kann. Zweifellos wird zwischen den fur die Aktivierung von Wasserstoff und Sauerstoff an der bletallober- fliche verfiigbaren Kraften eine Konkurrenz shtthaben in der Weise, da6 die Absattigung der von den Atomen ausgehenden Kriifte mit

I) DaS die Vereinigung der Xnallgasbestandteile nur an der Oberfliiche des Katalysatore erfolgt, nicht in dessen Inneren, hat BODENSTEIN tereits 1903 nachgewiesen.

3 Beziiglich der flbertragbarkeit der von dem Mcchanismus der Knallgas- katalyse gewonnenen Anschauungen auf andere heterogene Katalysen, 2. B. auf die IIydrierungen organischer Verbindungen vergleiche BODENSTEIN 1. c.

-

(Z. f. plzysikal. Chem. 46 (1903), 725.)

Untersuohungen iiber die Wirksarnkeit von Kontaktsubstanmn. I7. 33 1

Wasserstoff die Aufnahme von Sauerstoff behindern wird und um- gekehrt. Daher wird ein Metall, das zum Sauerstoff nur eine geringe Affinitkt, fur Wasserstoff dagegen ein sehr starkes Losungsvermijgen besitzt, zwar, wenn es zuvor rnit Sauerstoff abgeslttigt ist, trotzdem noch auf die Wasserstoffmolekule betrachtlich deformierende Krafte ausuben, dagegen, wenn es zuvor rnit Wasserstoff gesattigt ist, zur Betatigung von Valenzen Sauerstoff gegeniiber noch weniger als jm reinen Zustande geneigt sein. Ein solches Metall wiirde bei Vor- beladung mit Sauerstoff diesen zwar nur in relativ geringer Menge aufnehmen, jedoch den aufgenommenen Anteil in stark reaktions- fahigem Zustande enthalten. Kommt der Kontakt dann rnit (wenn auch nur wenig) Wasserstoff in Beriihrung, so wird er sofort Wasser bilden, da er ja noch begierig Wasserstoff adsorbiert und in reaktions- fiihige Form uberfuhrt. Wird der gleiche Kontakt jedoch znnachst mit Wasserstoff gesittigt, so wird er bei nachtraglichem Zutreten von Sauerstoff von diesem nur wenig binden bzw. dessen Molekiile nur wenig deformieren, und so wird, obgleich vie1 mehr aktiver Wasserstoff vorhanden ist als vorher, doch mangels einer geniigenden Menge aktiven Sauerstoffs die Knallgasbildung nur langsam erfolgen. Das entgegengesetzte Verhalten wird ein Kontakt zeigen, der ver- haltnismiiBig starke Affinitat zum Sauerstoff mit geringem Lbsungs- vermbgen fur Wasserstoff vereinigt. In diesem Falle wird der mit Sauerstoff vorbeladene Kontakt Wasserstoff nur in geringem Grade adsorbieren und aktivieren und daher verhkltnismBBig katalytisch trHge sein. l) Wird er dagegen zunachst mit Wasserstoff vosbeladen, so enthalt er diesen, mag er auch nur wenig von ihm aufgenommen haben, doch jedenfalls in aktiver Form und wird beim Hinzutreten bereits von geringen Mengen Sauerstoff, die er begierig an sich reifit (und dadurch in aktive Form uberfuhrt), schon Wasser bilden.

Auf Grund dieser Uberlegungen war zu erwarten, dab, wenn man die Metalle nach ihrem Losungsvermogen f u r Wasse r s to f f einerseits und andererseits nach ihren Af f in i t a t en f u r Sauers tof f ordnet, man eine e in fache Bez iehung d i e s e r Re ihen zu d e n Reihenfo lgen d e r k a t a l y t i s c h e n Wi rksamke i t be i W a s s e r - stoff- u n d be i Saue r s to f fvu rbe ladung erhalt.

Ta t sach l i ch t r i f f t d ies f u r d i e k a t a l y t i s c h e n Wi rksam- ke i t en d e r von uns u n t e r s u c h t e n r e inen Meta l l e ausnahms-

*) Es kann noch hinzukommen, daB der Sauerstoff durch Ubergang in bestandigere Oxyde seine Aktivitit wieder verliert.

22*

332 H. Remy.

10s zu. I n Tabe l l e 1 sind diese Metalle nach steigendcn Affini- taten fur Wasserstoff und Sauerstoff geordnet. Jedesmal wenn ein Metall in der ersten Reihe an fruherer Stelle steht als in der zweiten (d. h. also, wenn es eine verhaltnismHBig kleine Wasserstoffaffinitit bei verhaltnismaBig groBer Sauerstoffaffinitat besitzt), ist das Metall bei Wasserstoffvorbeladung wirksamer a18 bei Sauerstoffvorbeladung. Steht es in der zweiten Reihe an fruherer Stelle als in der ersten (d. h. ist seine Affinitat zum Sauerstofl' relativ gering im Vergleich mit der zum Wasserstoff), so ist es bei Sauerstoff vorbeladung wirk- samer als bei Wasserstoff vorbeladung.

Tabelle 1. Die Metallc der 8. Gruppe des periodischen Systems, geordnet nach ihren

Affinitiiten zum Wasserstoff und eum Sauerstoff.

Steigcndes LSsungsverm8gen fur Wasserstoff.

Ru 0 s Pt Rh Co Fe Ni Ir Pd

Pt Pd Ir 0 s Bu Rh Ni Co Fe

Steigende Affinitat zum Sauerstoff. f _-

Der erstere Fall trifft zu beim Ruthen, Osmium, Rhodium, Kobalt und Eisen, der zweite beim Platin, Palladium und Iridium. Ru then , Osmium, Rhodium, K o b a l t und E i sen stehen in der Reihe der Wasserstoffaffinitaten an fruherer Stelle als in der der Sauerstoffaffinitaten. Dementsprechend ist ihre katalgtische Wirksamkeit nach Wasserstoffvorbela.dung gri33er als nach Sauerstoff- vorbeladung (vgl. Tabelle 2 und 3). P l a t i n , P a l l a d i u m und I r i d i u m stehen in der Reihe der Sauerstoffaffinitaten an fruherer Stelle als in der der Wasserstoffaffinifaten. Dementsprechend wird bei ihnen die kataly tische Wirksamkeit durch Sauerstohorbeladung mehr als durch Wasserstoffvorbeladung begiinstigt. Das Nickel stebt in beiden Reihen an der gleichen Stelle. Daraus folgt aber nicht, daB es bei Wasserstoff- und Sauerstoffvorbeladung gleich wirksam sein miiBte. Denn fur beide Reihen gilt ja nicht derselbe MaBstab. Daher bedeutet die Tatsache, daB dieses Metall in beiden Reihen an der gleichen Stelle steht, nicht, daB es fur Wasserstoff und fur Sauerstoff gleiclie Affinitat beRa,Ae. Beim Nickel ist offen- bar die Affinitit zum Sauerstoff die relativ groBere, denn bei dem- selben wird die katalytische Wirksamkeit durch Wasserstoff- mehr als durch Sauerstoffvorbeladung begiinstigt.

Untersuchungen uber die Wirlcsamiceit von Komtaktsubstmxen. IV. 333

Nach Wasserstoff- Nach Sauerstoff- vorbeladung vorbeladung

gegeniiber einem gegeniiber einem Gemisch : Gemisch:

Tabelle 2.

IKnallgas / Wasser- I Stoff = 1 : 4 0 ~

Relative katalytische Wirksamkeit der Platinmetalle (ohne Ruthen), gemessen nach der Blasenzahlmethode. I)

KnallgaslSauer- stoff = 1 : 4 0

___ Eisen Kobalt Nickel Ruthen

Osmium Rhodium Iridium Palladium Platin

Gegeniiber unverdunntem Knallgas Nach Wasserstoff- Xach Sauerstoff-

vorbeladung vorbeladung

100/160 1 00/187 lOOjl3 8 100/158

1001125 lOO/l26 100/118 1001122

26 0 0 0 0

0 0

40 37 34

Nach Wasser- stoffvorbeladung

gegeniiber einem Gemisch:

Knallgas/Wasser- stoff = 1 : 2 0

Xach Sauerstoff- vorbeladung

gegeniiber un- verdiinntem

Knallgas

51 22

0 0

Tabcllc 3.

Fur die Einordnung der Metalle in Tabelle 1 nach steigendem Losungs- v e r m c g e n f u r W a s s e r s t o f f wurden die Messnngen von SIEVEXTS~), von GUTBIEB~) und von TAYLOR') zugrunde gelegt. &ere Messuogen muBten, als zu wenig euverlassig, ausscheiden. Das Wasserstoffabsorptionsvermogen von Ruthen und Osmium wurde bisher noch nicht gemessen. Bus der Literatur l&Bt sich nur schlieBen, daB es sehr gering ist. Aus eigenen Versuchen konnte gefolgert werden, daB wahrscheinlich das Wasserstoffabsorptionsvermtigen des Osmiums gr6Ber ist als das des Ruthens. Denn Osmiumkontaktpfropfen, die mit Wasserstoff in Beruhrung gewesen waren, darauf aber lingere Zeit an der Luft gelegen hatten, zeigten beim oherleiten von Sauerstoff in der Warme eine merkliche Wasserbildung, was bei entsprechend vorbehandelten Ruthen- pfropfen nicht beobachtet wurde.

Die Reihe fur die A f f i n i t a t e n z u m S a u e r s t o f f stiitzt sich zuniichst auf die Bildungswlrmen der einfachuten Oxyda. Fur FeO folgen diese aux

*) Z. anorg. zd. a@. Chem. 136 (1924), 165 u. 166. a) Z. a.norg. u. allg. Ckem. 149 (1925), 283. $) Ber. 43 (1910), 893; 46 (1912), 221.

5, Journ. Amer. Chem. SOC. 43 (l921), 1273. Ber. 46 (1913), 1453; 62 (1919), 1366, 1365, 2275.

334 I< hkmy.

den Messungen von LE CHATBIER*) und von MIXTER~), fur COO und NiO sind sie von DULONG~) und von MIXTER') bestimmt worden, fur das letztere auch von RUFF.^) Die Bildungswarmen des PdO, des IrO, und des Rho, ergeben sich aus Messungen der Dissoeiationsspannung von L. W ~ H L E R , ~ ) die von RuO, aus entsprechenden Messungen von H. RE MY.^) Nimmt man die Mittel aus den zitierten Literaturdaten, so erhalt man folgende WiirmetSnungen in kg-Calorien fur die Bindung von Molekul Sauerstoff unter Bildung des niedrigsten existenzfiihigen Oxyds :

P d Ir Ru Rh Ni c o F e 23,5 25,s 26,25 26,5 54 57 65

Die Bildungswarme des wasserfreien Platinoxyds ist nicht bekannt; jedoch folgt aus dem Vergleich der Bildungswarmen der C h l o r i d e , daB das Platin zweifellos an den Anfang der Reihe zu stellen ist. I n einem gewissen Umfange unsicher ist die Stellung des Osmiums. Seine Sauerstoffaffinitat ist aber gewiB nicht erheblich von der des E u t h e n s verschieden, vor dern es in Tabelle 1 eingeordnet ist. Die aus der in Tabelle 1 gebrachten Anordnung fur die Aktivitiit des reinen Metalls sich ergebenden Folgerungen werden ubrigens durch eine Verschiebung des Osmiums um ein oder zwei Pliitze nach links oder rechts in der Reihe der Sauerstoffaffinititen nicht beruhrt.

Bei den Leg ie rungen d e r Meta l l e de r 8. G r u p p e stehen uns fur die Voraussage der katalytischen Wirksamkeiten direkte Messungen der Sauerstoffaffinitat und des LSsungsvermBgens fur Wasseratoff nicht zur Verfiigung. Nimmt man aber an, dab die Affinitat zum Sauerstoff und das LSsungsvermogen fur Wasserstoff bei den in Frage kommenden Legierungen entweder den von TAMMANN fur die Reaktionsfahigkeit von Mischkristallen aufgefundenen UesetzmaBigkeiten gehorchen oder, soweit Mischkristalle nicht vor- liegen, doch zwischen die fur die reinen Stoffe geltenden Werte fallen, so erscheint der Versuch nicht aussichtslos, die Abhingigkeit der katalytischen Wirksamkeit von der Vorbeladung auch bei einer Anzahl yon Leg ie rungen vorauszusagen und zwar bei deujenigen, in denen die Stellung der Komponenten in der Tabelle 1 bzw. in der T a b e l l e 4, in der die Metalle der zweiten Reihe mit Ruck- sicht auf das Nickel alle urn eine Stelle nach rechts verschoben worden sind, nicht ubereinandergreift. Man findet dann aber, daB diejenigen Legierungen, an deren Zusammensetzung ausschliefilich

l) Compt. rend. 120 (1895), 624. Vgl. hierzu auch Rum, Ber. 46 (1913), 394. 9, 2. anorg. Chem. $3 (1913), 97. 3, Compt. rend. 7 (1838), 877. *) Amer. Journ. science (SiIl.) [4 ] 30 (1910), 193. 6, Ber. 46 (1913), 409.

2. f. Elektrocliem. 11 (1905), 841; 14 (19OS), 106. 2. anorg. u. ally. Chem. 137 (1924), 365.

Uwierszcchungen iiber die Wirksamkeit von Kontaklsubstanxen. I K 335

StofTe der E i s e n g r u p p e beteiligt sind, sich sBmtlich umgekehrt verhalten, wie man erwartet. Dafur liegt jerlenfalls eine besondere Ursache vor, die in der Theorie noch nicht beriicksichtigt ist.1) Sieht man daher zunachst von den nur Metalle der Eisengruppe enthaltenden Legierungen ab, so bleiben folgende Legierungen ubrig: Ru/Os, Ru/Rh, Ru/Co, Ru/Fe, Os/Rh, Os/Co, Rh/Co, Rh/Fe, Rb/Ni, Pt/Pd, Ir/Pd. Die neun ersten von diesen sollten, wenn auf sie die fiir die reinen Metalle angestellten Uberlegungen an- wendbar sind, nach Wasserstoffvorbeladung Knallgas gegeniiber aktiver sein als nach Sauerstoffvorbeladung. Dies trifft bei ihnen mit Ausnahme einer einzigan, der Rh/Fe-Legierung, zu (vgl. Tab. 5).

Tabelle 4. Steigendes LSsungsvermSgen fur Wasserstoff.

Ru 0 s Pt Rh Co Fe Ni Ir Pd Pt Pd Ir 0 s Ru Rh Ni Co Fe

Steigende Affinitat zum Sauerstoff.

Es ist mijglich, daB die eine Ausnahme auf unrichtige Ein- ordnung des Rhodiums in der zweiten Reihe der Tabelle 4 zuruck- zufiihren ist. Sie wiirde wegfallen, wenn man das Rh zwischen I r und 0 s einordnete. Die letzten beiden von den oben aufgezahlten Legierungen sollten nach Sauerstoffvorbeladung eine hohere Aktivitiit als nach Wasserstoffvorbeladung zeigen. Die derzeit rorliegenden Untersuchungsergebnisse erlauben nur bei einer von den beiden eine Priifung dieser Voraussage, namlich beim Ir/Pd, fur das irn Ein- klang mit der Theorie nach Sauerstoffvorbeladung hijhere Aktivitat gefunden wurde als nach Wasserstoffvorbeladung (vgl. Tab. 5).

Wesentlich grii6eres Interesse als die R i c h t u n g der Be- einflussung des katalytischen Verhaltens durch das Vorbeladungsgas in seiner Abh'ingigkeit von der Natur des Kontaktes hat die &age nach der Abhangigkeit der G r 6 8 e der katalytischen Wirksamkeit von der Natur der letzteren. Hierfur diirften auger der Deformation der Molekule der Knallgasbestandteile unter Einwirkung der an der Metalloberfliche vorhandenen unabgesattigten Valenzen auch no& ein anderer Faktor maBgebend sein, namlich die Leichtigkeit, mit

1) Vielleicht liegt es daran, daS die Metalle in Tabelle 4 willkurlich in gleichen Abstiinden eingetragen sind, wahrend die Abstiinde, die ihnen auf den Stufenleitern der Wasserstoff- und Sauerstoffaffinitaten in Wirklichkeit zu- bommen, sehr verschieden sind.

336 H, Rem y.

Tabelle 5. Relative katalytischo Wirksamkeiten von Legierungen in Abhlngigkeit

von der Vorbeladung.

fur ein Gemisch Kn./N, = 1 : 80

34 fir ein Gemisch Ka./H, = 1 : 20

I Bus der Theorie zu Legierung erwartender Einflub 1 der Vorbeladung

- ~- ~ ~-

fur ein Gemisch Kn./H, = 1 : 60

0 far ein Gemisch Kn./O, = 1 : 40

RujOs

- Ru/Rh

- Ru/Co

Ru/Fe

Os/Rh ,

-

-

os /co lOO/ilS fiir reines Knallgas

100/114 fur reines Knallgas

-

Rh/Co

Rh/Fe

Rh/Ni -

~

100,425 fur reines Knallgas

100/124 fur reines Knallgas

-

IrjPd

AktivitEt gr6Ber bei H,-Vorbeladung

als bei 0,-Vor- beladung

_ _ _ _ _ ~ kktivitat grofjer b e 0,-Vorbeladung als bei H,-Vorbeladung

lOOj119 fur reines Knallgas I far reil:z’gallgas

~~

100/127 fur reines Knallgas

54 fur ein Gemisch Kn./H, = 1 : 20

~ - _ _ -

100/130 far reines Knallgas

0 fur ein Gemisch Ku.,’O, = 1 : 40

-

100/105 24 fur reines Enallgas fur reines Knallgas

111 f i r reines Knallgas

20 fur ein Gemisch Kn./H, = 1 : 20

-

100/110 fur reines Knallgas

~-

53 fur ein Gemisch Kn./O, = 1 :40

der sich aus den deformierten Sauerstoffmolekiilen bzw. -atomen und den Atomen des Metalls stabile chemische Verbindungen bilden, oder in der iilteren Terminologie: die Neigung des gebildeten ,,Primar- oxyds“ zum Ubergang in ein stabiles Oxyd im Vergleich zu der- jenigen zur Umsetzung mit dem aktivierten WasserstoB. Macht man die gewiB wahrscheinliche Annahme, daB die erstere (die Neigung zum Ubergang in ein stabiles Oxyd) im allgemeinen mit den Bildungswarmen der normalen Oxyde parallel geht, so ist von a l l e n Meta l l en m i t g rogen Bi ldungswarmen d e r Oxyde e i n e verha l tn i smaf i ig sch lech te ka t a ly t i s che W i r k s a m k e i t zu e rwar t en . Tatsachlich zeigen denn auch die in der zweiten Reihe von Tabelle 1 am weitesten rechts stehenden Metalle alle schlechte katalytische Wirksamkeit, verglichen nlit den links stehenden. Bei

Untersuchzcngen iiber die Wirksamkeit voyz Kontaktsubstanxen. IP. 331

den in der Mitte stehenden, dem Osmium und dem Rhodium, ist die katalytische Wirksamkeit nur nach Sauerstoffvorbeladung schlecht, nach Wasserstoffvorbeladung dagegen gut. Nach Wasserstoff- vorbeladung kommt es bei den in der Nitte der Reihe stehenden Metallen unter den von uns eingehaltenen Versuchsbedingungen offenbar nicht zur Bildung der die Wirksamkeit der Kontaktstoffe fur die Knall- gaskatalyse beeintrachtigenden stabilen Oxyde.

Die Frage, weshalb z. B. das Nickel, das sich durch relativ groBes Wasserstoff lbsungsvermogen neben grofier Affinitat zum Sauer- stoff auszeichnet, gleichwohl im Vergleich zu den Platinmetallen so schlecht wirksam ist, beantwortet sich hiernach folgendermafien: Der aktivierte Sauerstoff vereinigt sich sehr leicht und schnell mit dem Nickel selbst, schneller als mit dem auch nach Wasserstoffvorbeladung nur in vergleichsw eise auBerordentlich geringer Konzentration vorhandenen aktivierten Wasserstoff. Das infolgedessen an der Oberflache sofort gebildete bestandige Oxyd des Nickels reagiert mit dem aktivierten Wasserstoff nur sehr langsam bzw. merklich erst bei hoherer Tem- peratur. Nickel mu6 demnach ein im Vergleich zu den in Tabelle 1, Reihe 2 links von ihm stehenden Stoffen trager Katalysator sein, und zwar nach Wasserstoff- sowohl wie nach Sauerstoffvorbeladung, da es selbst nach Wasserstoffvorbeladung bei Knallgas- und damit Sauerstoffzutritt sofort zur Bildung des weniger aktiven Oxyds komm t. Entsprechende Uberlegungen wiirden die geringe kata- lytische Wirksamkeit der iibrigen Eisenmetalle und des Ruthens Knallgas gegenuber erklaren. Auch auf die Legierungen werden sich solche SchluSfolgerungen mit entsprechender Vorsicht uber- tragen lassen.

Zusammenfassung.

Unter Zugrundlegung der BoDENsrEINschen Theorie der hetero- genen Katalyse und der von K. A. HOFMANN vertretenen Vorstellungen iiber die Bedingungen der Aktivierung werden Anschauungen iiber den Zusammenhang zwischen der katalytischen Wirkaamkeit und der chemischen Natur eines metallischen Katalysators entwickelt, die es ermoglichen, dessen katalytische Fahigkeit zu hinsichtlich ihrer Gr6fie durch Messung erfabbaren chemischen Eigenschaften in Beziehung zu setzen, namlich zu der Affinitat des Metalls zum Sauerstoff und zu dem Wasserstoff losungsvermagen desselben. Die Abhangigkeit der Lkatalytischen Wirksamkeit von der Vorbeladung ergab sich bei den von uns fruher daraufhin untersuchten reinen

338 H. Rerny. Uniersuchungen iiber die Wirksamkeit v. Kontalctszcbstanxen. IV.

Metallen (samtlichen Metallen der 8. Gruppe des periodischen Systems) ausnahmslos in Obereinstimmung mit der aus den entwickelten An- schauungen zu folgernden, und zwar lassen sich nicht nur uber die R ich tung d e r Beeinf lussung d u r c h d i e Vorbe ladung, sondern in einem gemissen Umfange auch uber die relative GroBe der katalytischen Wirksamkeit in Ubereinstimmung mit den Versuchs- ergebnissen Aussagen machen.

Die Vorausbes t immung d e r ka t a ly t i s chen W i r k s a m k e i t von L e g i e r u n g e n erscheint nicht aussichtslos, wenn sie auch wegen der unzureichenden Kenntnis der fur diese in Anschlag zu bringenden Sauerstoff- und Wasserstoffaffinitaten zum Teil noch un- sicher ist.

Hamburg, Universitat, Chemisches Staatsinstitut.

Bei der Redaktion eingegangen am 27. August 1926.


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