Transcript

YO-YO MA & FRIENDS

26 . J A N U A R 2 017E L B P HIL H A R M O NIE G R O S S E R S A A L

E R Ö F F N U N G S F E S T I VA L

Donnerstag, 26. Januar 2017 | 20 Uhr | Elbphilharmonie Großer Saal

19 Uhr | Einführung mit Ralf Döring im Großen Saal

YO-YO MA & FRIENDS

YO-YO MA VIOLONCELLO

KINAN AZMEH KLARINETTE

SALEEM ASHKAR KLAVIER

SOWIE ALS GÄSTE:

MAIAS ALYAMANI VIOLINE

SOUSAN ESKANDAR VIOLINE

THAER EID VIOLA

BASILIUS ALAWAD VIOLONCELLO

ROBERT LANDFERMANN KONTRABASS

BODEK JANKE SCHLAGWERK

Johann Sebastian Bach (1685 –1750)

Suite Nr. 5 c-Moll BWV 1011 für Violoncello solo (ca. 1720)

PréludeAllemandeCouranteSarabandeGavotte I – Gavotte II – Gavotte IGigue

Kinan Azmeh (*1976)

The Fence, The Rooftop And The Distant Sea (2016 /Uraufführung)

Kompositionsauftrag der Elbphilharmonie Hamburg

PrologueAmmoniteMonologueDanceEpilogue

Pause

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Johannes Brahms (1833 –1897)

Klarinettentrio a-Moll op. 114 (1891)

AllegroAdagioAndantino graziosoAllegro

Issam Rafea (*1971)

For you

Kinan Azmeh (*1976)

aus: Suite for Improvisor and Orchestra (2007)

November 22ndWedding

Gefördert durch die Förderer des Eröffnungsfestivals

FESTIVAL

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16.– 18.03.2017

BEGEGNUNGEN MIT EINER REICHEN MUSIKKULTUR

ALTBEKANNTE FREMDE LIEDER

Zum Programm des heutigen Abends

Wenn Kinan Azmeh an einem New Yorker Flughafen landet, muss er stets ein bisschen mehr Zeit zur Passkontrolle mitbringen als etwa seine amerikanischen Mitreisenden. Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 gibt es dort drei Warteschlangen: für Amerikaner, für Nicht-Amerikaner und für Menschen aus dem Libanon, dem Iran oder Syrien. Und die Beamten können ja nicht wissen, dass in Kinan Azmehs Köfferchen lediglich eine Klarinette liegt. Immerhin kann Azmeh die Wartezeit sinnvoll nutzen: Airport ist im Zollbereich des John-F.-Ken-nedy-Flughafens entstanden, ein »Protestsong«, den er geschrieben hat, um ihn gemeinsam mit den anderen Arabern zu singen, die mit ihm fünf Stunden auf die Einreise gewartet haben.

Natürlich entstehen Azmehs Kompositionen nicht vorrangig während lang-wieriger Passkontrollen. Aber auf eine gewisse Art und Weise ist der Ort doch symbolträchtig. Wie ein Nullpunkt liegt er zwischen den Welten, in denen sich Azmeh bewegt. Denn auch wenn er ein klassisch ausgebildeter Klarinettist ist, der sich mit dem Klarinettentrio a-Moll von Johannes Brahms ausgesprochen

wohl fühlt, hat er die Verbindung zu seiner Heimat Syrien nie aufgegeben. Wobei er wenig von geografischen Kategorien hält, um zu beschreiben, was er kompo-niert und spielt. »Musik verstehe ich als als etwas Fließendes«, sagt er, »Beet-hoven gehört längst nicht mehr nur einem deutschsprachigen Kulturkreis, und arabische Musik beschränkt sich keineswegs nur auf die Oud. Mir fällt es sogar grundsätzlich schwer, Musik in Ost und West aufzuteilen: Solche Kategorisierun-gen halte ich für zu allzu simpel, weil beide Kulturen seit Tausenden von Jahren in ständigem Kontakt stehen.«

So ein Musiker weckte zwangsläufig das Interesse von Yo-Yo Ma, dem vielsei-tig bewanderten Weltklasse-Cellisten, der sich mit seinem Silk Road Ensemble das Ziel gesetzt hat, musikalische Grenzen zu überwinden und unterschiedliche Kulturen in einen Dialog zu bringen. Wobei Grenzen, die in den Köpfen gezogen werden, ja bekanntlich schwerer zu passieren sind als real existierende.

Heute begeben sich Musikwissenschaftler tatsächlich in den Nahen Osten, um die Wurzeln unserer westlichen Musik zu studieren. Die Spuren des Gregori-anischen Chorals führen zu den Gesängen, die das Judentum dort in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung gepflegt hat. Die Musik der mittelalter-lichen Troubadoure weist etliche Parallelen zur Musik des Nahen Ostens auf. Noch evidenter werden die engen Verbindungen, wenn man das Instrumentarium unserer Sinfonieorchester in der Geschichte zurückverfolgt: Seine Ursprünge liegen im Ägypten der Pharaonen, in Mesopotamien, Persien oder Afghanistan. Oder bei den osmanischen Janitscharen, wie Wolfgang Amadeus Mozart in der Entführung aus dem Serail vorgeführt hat. Überhaupt Mozart: Wer will, kann im Mittelteil seines berühmten Rondo alla turca Anklänge an die sprudelnde ein-stimmige Melodik der osmanischen Musik erkennen.

Yo-Yo Ma (Bild unten) und Kinan Azmeh im gemeinsamen Film »The Music of Strangers«

DIE MUSIK

Dennoch entspringt das alla turca einem realitätsfremden Exotismus, der sich etwa auch bei Johann Strauß Sohn in einem Persischen Marsch niedergeschlagen hat. Ein paar übermäßige Sekundsprünge genügen, um das entsprechende Kolo-rit zu erzeugen – das freilich so orientalisch ist wie Chop Suey ein chinesisches Gericht. (Es wurde in den USA erfunden.)

Wie in jedem Klischee steckt aber auch in diesem ein Körnchen Wahrheit. Maqamat, Einzahl Maqam, nennen sich die Tonsysteme der Musik in der arabi-schen Musik. Sie beschreiben Tonleitern, die – wie bei uns – von einem Grund-ton in sieben Stufen nach oben steigen und dann den Ausgangston eine Oktave höher erreichen. Aber während unser Tonsystem die Oktave in zwölf gleiche Halbtonschritte unterteilt, kennt die arabische Musik (und die türkische, kurdi-sche, afghanische, aserbaidschanische) viel mehr feine Abstufungen; Töne, die gewissermaßen zwischen den schwarzen und weißen Klaviertasten liegen. Wie sich bei uns Dur und Moll aus bestimmten Intervallfolgen ergeben, konstituie-ren charakteristische Folgen auch ein Maqam. Und da kommt die übermäßige Sekunde in der Tat vor.

In der Praxis entstehen diese Maqam-Skalen, indem sich die Musiker ihre Töne im Laufe eines Stückes gewissermaßen erspielen. Sie umkreisen einen Ton, eine Tonfolge, nehmen den nächsten Ton in ihre Improvisation auf; so ent-steht die typische Melodik, die dem Neuling zunächst vielleicht fremd erscheinen mag. In unseren Ohren klingt Maqam-basierte Musik exotisch, ungewohnt, und manchmal auch einfach schräg, weil wir uns ein paar Jahrhunderte lang auf exakt die zwölf Töne eingehört haben, die von Johann Sebastian Bach bis Arnold Schönberg unser musikalische Alphabet gebildet haben.

Dazu kommt noch: Die arabische Musik bietet eine enorme, für uns unge-wohnte rhythmische Freiheit. Denn wir sind auf Taktarten konditioniert worden, die einen Takt in Zweier- oder Dreiergruppen oder deren Vielfaches unterteilt. Entweder marschieren wir im Zweier- oder Vierertakt, oder wir tanzen im Drei-vierteltakt Walzer. Durchbricht ein Werk diese Regel, geraten wir ins Stolpern: Der zweite Satz in Peter Tschaikowskys Pathétique kommt im rauschenden Gewand des Walzers daher, steht aber im Fünf-Viertel-Takt und weist dadurch in unseren Ohren eine gehörige Unwucht auf. Ähnlich geht es uns mit Take Five von Dave Brubeck. Jemand aus Syrien würde das vermutlich ganz anders empfinden.

Nun verstehen sich Yo-Yo Ma und seine Freunde nicht als musikalische Eth-nologen, die im Silk Road Ensemble die Musik fremder Völker sammeln und konservieren. Vielmehr geht es um einen praktischen aktiven musikalischen Austausch. Dafür steht auch die Zusammenarbeit des chinesischstämmi-gen amerikanischen Cellisten mit dem syrischen Klarinettisten Kinan Azmeh.

Die beiden musizieren in der festen Überzeugung, dass sich Musik nicht den strengen Grenzen unterwirft, die wir in unse-rem kategorisierten Denken gern ziehen. Wenn Yo-Yo Ma sein Cello streicht und Kinan Azmeh komponiert oder die Klarinette ansetzt, denken die beiden nicht in Kategorien wie »arabisch« oder »westlich«. Sie schöpfen aus dem reichen Fundus ihrer universellen musikalischen Sozialisation.

RALF DÖRING

JOHANN SEBASTIAN BACH Suite Nr. 5 c-Moll für Violoncello solo

Der Konzertabend beginnt auf den ersten Blick ganz klassisch – mit Johann Sebastian Bach. Hierzulande wird er geradezu als »Gottvater Bach« verehrt: wegen seiner Sakralmusik wie dem Weihnachtsoratorium, der Matthäus-Passion oder der h-Moll-Messe. Aber auch, weil etliche seiner weltlichen Werke Musikern als »Bibel« gelten: den Pianisten das Wohltemperierte Klavier, den Geigern die Sonaten und Partiten und den Cellisten die Sechs Suiten für Violoncello solo. In diesen gewaltigen Zyklen, die im Repertoire bis heute ihresgleichen suchen, reizte Bach die jeweilige Spieltechnik und die verfügbaren Formmodelle bis an ihre Grenzen aus. Viele große Cellisten wie etwa Pablo Casals oder Yo-Yo Ma spielten bzw. spielen sie täglich, als eine Art Reinigungsritus – ohne jemals das Gefühl zu haben, am Ende dieser unendlich tiefen Musik angekommen zu sein.

Auch wenn diese Musik so gravitätisch daherkommt, han-delt es sich bei Suiten eigentlich um Folgen von französischen Modetänzen. Satzbezeichnungen wie Sarabande oder Gavotte zeugen von der ursprünglichen Funktion. Tanzen lässt sich dazu allerdings kaum; ein Cello als Tanzkapelle hätte gegen das Stampfen der Füße ja auch keine Chance. Bach nutzt die Tanzform nurmehr als Basis für eine abstrahierte Kunstmusik höherer Ordnung – ein Ansatz, der sich auch im Schaffen von Kinan Azmeh findet: Sein Stück Wedding, das dieses Konzert beschließen wird, basiert auf den typischen Tänzen einer syri-schen Hochzeit. CM

Johann Sebastian Bach

DIE MUSIK

KINAN AZMEH The Fence, The Rooftop And The Distant Sea

Das Werk The Fence, the Rooftop and the Distant Sea hat Kinan Azmeh im Auftrag der Elbphilharmonie für Yo-Yo Ma und sich selbst geschrieben. Den Titel wählte er einerseits eher zufällig, weil er die Situation der Entstehung widerspiegelt: Am Schreib-tisch in Beirut, in Blickweite einen Zaun, ein Dach und in der Ferne das Meer. Bedeutsamer ist schon die Stimmung, in die Beirut den Komponisten versetzt hat. Von der Hauptstadt des Libanon ist Damaskus nämlich zum Greifen nahe – geografisch. Doch wegen des Bürgerkriegs hat Azmeh sein Heimatland Syrien seit Jahren nicht mehr besuchen können.

Bei der Komposition hat Azmeh aber auch an die Gesprä-che gedacht, die Yo-Yo Ma und er führen, seit sie sich kennen. Intensive Dialoge sind das, ein furioser Austausch an Ideen, geprägt allerdings von einer Gesprächskultur, die lange Pha-sen des Zuhörens beinhaltet. Gleichzeitig hat Azmeh eine wahre Tour de Force durch die Möglichkeiten ihrer beiden Instrumente geschrieben.

Den ersten Satz gestaltet die Klarinette allein, den dritten Satz das Cello. Der zweite Satz ist mit Ammonite überschrie-ben, nach den Kopffüßlern, die wir als Fossilien kennen, der vierte mit Dance. Azmeh hat diese Bezeichnungen gewählt, »weil

die Musik so aussah«, wie er sagt. Der fünfte und letzte Satz bildet quasi eine eingebaute Zugabe. Oder, um die Metapher des Gesprächs aufzugreifen: Wenn das Werk den Dialog zweier Menschen beschreibt, die im Wechsel sprechen und dabei von einem Thema zum nächsten springen, dann ist dieser Satz das liebevolle »Lebewohl« am Ende. RD

JOHANNE BRAHMS Klarinettentrio a-Moll op. 114

Schon in früheren Zeiten gab es Klarinettisten, die auf ihre Umgebung extrem inspirierend wirkten. Das wohl promi-nenteste Beispiel ist Richard Mühlfeld (1856–1907), von dem Johannes Brahms sagte: »Man kann nicht schöner Klarinette blasen, als es Mühlfeld tut.« Als Brahms ihn Ende der 1880er Jahre kennenlernte, hatte er eigentlich beschlossen, keine Note mehr zu komponieren – er hatte, wie er fand, genug geleistet. Doch angesichts des samtweichen Tones von »Frau Nachtigall«, wie Brahms den recht beleibten Mühlfeld freundschaftlich-scherzhaft zu nennen pflegte, griff er nochmals zu Papier und Feder und schrieb zwei Klarinettensonaten sowie ein Trio und ein Quintett mit Klarinette. Im Trio ergab sich dabei durch die Kombination mit dem Klavier und dem tiefen Cello ein Tonfall, der gut zu Brahms’ herbstlichem Gefühl an seinem Lebens-abend passte.

Wie immer bei Brahms ist die Musik einerseits sehr komplex gebaut. Kleinste Motive verbinden die unterschiedlichen Sätze, in diesem Fall hauptsächlich das Intervall der Terz. Andererseits findet Brahms einen wunderbar lyrischen, fast volksliedartigen Duktus – und im letzten sogar Raum für einen schmissigen ungarischen Csárdás. Auch hier verschwimmen also die Gren-zen zwischen ernster »westlicher« Klassik und authentischer »östlicher« Volksmusik, die der Wahl-Wiener Brahms gut kannte und sehr schätzte. Die treffendste Zusammenfassung dieses Trios lieferte Brahms’ Freund Eusebius Mandyczewski in einem Brief an den Komponisten: »Es ist, als liebten sich die Instrumente.« CM

Kinan Azmeh in Istanbul

Johannes Brahms

DIE MUSIK

ISSAM RAFEA For you

Der Oud-Virtuose und Komponist Issam Rafea hat an der Hochschule für Musik in Damaskus den Lehrstuhl für Arabische Musik inne. Leider kann er dieser verantwortungsvollen Aufgabe schon lange nicht mehr nachgehen: Er hat sein Heimatland Syrien verlassen und lebt in den USA. Mit Kinan Azmeh verbindet ihn eine langjährige Freundschaft, die sich musikalisch im Trio Hewar manifestiert, das die beiden zusammen mit der Sängerin Dima Orsho 2003 gegründet haben. Für den heutigen Abend hat Rafea eins seiner Lieblingsstücke neu arrangiert: For you erklingt in einer Fassung für Yo-Yo Ma am Cello, Kinan Azmeh an der Klarinette, Streichquartett und Percussion. RD

KINAN AZMEH November 22nd und Wedding

Das Konzert endet mit zwei Sätzen aus Kinan Azmehs Suite für »Improvisor« und Orchester. Ursprünglich geschrieben für Azmehs Trio Hewar, versucht die Suite, die Grenze zwischen Improvisation und Komposition verschwimmen zu lassen.

Ein typisches Werk für Kinan Azmeh, der überzeugt ist, dass die beste komponierte Musik diejenige ist, die klingt, als entstünde sie spontan – während umgekehrt die beste Improvisation die-jenige ist, die strukturiert und komponiert klingt.

November 22nd handelt vom Begriff »Heimat«. Azmeh schrieb es, als er das erste Mal zu einem Thanksgiving-Essen eingeladen war, jenem ureigenen amerikanischen Fest. »Zum ersten Mal seit meiner Ankunft in Amerika fühlte ich mich fern der Heimat wirklich zu Hause«, sagt Azmeh. »Ein eigenartiges Gefühl. Denn ein Teil von mir wollte es verdrängen – nach dem Motto: Verrate ich meine Heimat, wenn ich mich anderswo zu Hause fühle? Dann aber habe ich erkannt, wie gut es ist, sich an vielen Orten zu Hause zu fühlen.« Etwas vermisste Kinan Azmeh trotzdem: die Klangkulisse des Gemüse- und Obstmarktes hin-ter seinem Elternhaus in Damaskus. Sie spiegelt sich in einem stetigen Rhythmus, der dem Stück zugrunde liegt; ein Rhythmus des Lebens. Über diesem Fundament entfaltet sich der Solist in größter Freiheit und Beweglichkeit.

Wedding gründet ebenfalls auf Erinnerungen an die Hei-mat. Inspiriert ist es durch Hochzeitsfeiern, wie Azmeh sie in Syrien kennengelernt hat. Gleichzeitig meint Azmeh das Stück metaphorisch »für alle Hochzeiten, die an einem öffentlichen Platz gefeiert werden«. Bei einer syrischen Hochzeit brin-gen viele Gäste ihre Musikinstrumente mit – und ihre Musik. Niemand kann vorhersagen, wie sich der Tag musikalisch entwickelt; »die Playlist entsteht durch die Menschen, die kommen«. Diese Stimmung zeichnet Wedding nach. Dabei hat das Stück für Azmeh in den letzten Jahren eine weitere Bedeutung hinzugewonnen: »Wenn ich das Stück spiele, ist es auch inspiriert durch all die Syrer, die es in den letzten fünf Jahren geschafft haben, sich zu verlieben, trotz der Gewehr- kugeln und Bomben, trotz der Tragödie, die sich in Syrien abspielt. Denn sich zu verlieben ist eines der wenigen Grund-rechte, die einem keine Macht wegnehmen kann.« RD

Issam Rafea

DIE MUSIK

VIOLONCELLO YO-YO MA

Der Cellist Yo-Yo Ma gehört zu den erfolgreichsten und popu-lärsten Künstlern der klassischen Musik überhaupt. Seine äußerst facettenreiche Karriere zeugt von der steten Suche nach neuen Wegen der Kommunikation mit dem Publikum und von dem ihm eigenen Bedürfnis nach künstlerischem Wachstum und künstlerischer Erneuerung.

Dieser Mission folgend, hat Yo-Yo Ma 1998 das Silk Road Project ins Leben gerufen – ein gemeinnütziges Kunst- und Bildungsprogramm zur Erforschung kultureller und geistiger Traditionen entlang der Seidenstraße, des berühmten alten Handelsweges zwischen Asien und Europa. Unter seiner Lei-tung präsentiert das hochgelobte Silk Road Ensemble vielfältige Programme, Workshops für Studenten und Partnerschaften mit führenden Institutionen zum interkulturellen Austausch. Darü-ber hinaus engagiert sich Yo-Yo Ma für verschiedene Bildungs-projekte. So entwickelt er an der Carnegie Hall in New York neue Konzertprogramme für Familien und versucht damit, Schüler im täglichen Umgang mit Musik und Kreativität zu fördern.

Seit Beginn seiner Karriere ist Yo-Yo Ma darum bemüht, das Cellorepertoire zu erweitern. So war er beteiligt an über 60 Kompositionsaufträgen – u. a. von Elliott Carter, Tan Dun und John Williams – und führte zahlreiche weniger bekannte Werke des 20. Jahrhunderts auf. Die Diskografie von Yo-Yo Ma, darunter 18 Alben mit Grammy-Auszeichnung, spiegelt seine breitgefä-cherten Interessen wider. Seine Einspielungen gehören zu den Bestsellern der klassischen Musik und erreichen obere Chart-Platzierungen. Er erhielt zahlreiche hochrangige Auszeichnun-gen wie den Avery-Fisher-Preis, den Polar Music Prize, der als inoffizieller »Nobelpreis für Musik« gilt, sowie die Presidential Medal of Freedom. Er spielte bereits für acht amerikanische Präsidenten, so auch beim Amtsantritt von Barack Obama.

Yo-Yo Ma wurde 1955 in Paris als Sohn chinesischer Eltern geboren und erhielt seinen ersten Cellounterricht im Alter von vier Jahren von seinem Vater. Bald darauf ging er mit seiner Familie nach New York, wo er an der Juilliard School studierte. Zudem schloss er ein geisteswissenschaftliches Studium an der Harvard University ab. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern und spielt ein Montagnana-Cello aus Venedig von 1733 sowie das Davidoff-Cello von Stradivari aus dem Jahr 1712.

Ein Portrait von Yo-Yo Ma und eine kleine Geschichte des Cellos lesen Sie im neuen Elbphilharmonie Magazin. Ab sofort im Zeitschriften-handel sowie im Shop auf der Plaza.

DIE KÜNSTLER

Will Kinan Azmeh seine Eltern besuchen, fährt er nicht mehr nach Damaskus, sondern nach Beirut. Der Krieg in Syrien hat ihn zum Exilanten gemacht, lange nachdem er in New York eine Heimat gefunden hat. Er hat an der Juilliard School of Music studiert; sein Lehrer war Charles Neidich, einer der bedeu-tendsten Klarinettisten überhaupt. Denn Azmeh ist klassischer Musiker. 1997 gewann er als erster Araber den internationa-len Nicolai-Rubinstein-Wettbewerb in Moskau. »Die arabische Musik habe ich erst in New York für mich entdeckt, so ab dem Jahr 2000«, sagt er. Kinan Azmeh machte auch an der Universi-tät für Elektrotechnik in Damaskus einen Abschluss. Wichtiger ist im heutigen Kontext aber der Doktortitel in Musik, den er 2013 an der New York University erworben hat.

Heute geht Azmeh in der Morgenland All Star Band mit renommierten Jazzmusikern aus Europa wie Frederik Köster, Michel Godard und Bodek Janke sowie herausragenden Solisten aus dem arabischen Raum eine brodelnde Synthese ein. Eben-falls zentral für ihn ist Yo-Yo Mas Silk Road Ensemble sowie das Trio Hewar, mit dem er Mitte März auch beim Elbphilharmonie-Festival Salām Syria – dessen Artist in Residence er ist – zu hören sein wird.

Kinan Azmeh ist in der Bastille-Oper in Paris aufgetreten, im Tschaikowsky-Saal in Moskau, in der Carnegie Hall und vor der UN-Vollversammlung in New York, in der Royal Albert Hall in London, im Teatro Colón in Buenos Aires, in der Berliner Philharmonie und beim Eröffnungskonzert des Opernhauses in Damaskus. Er hat mit dem Orchester des Bayerischen Rund-funks, mit Daniel Barenboims West-Eastern Divan Orchestra und der NDR Bigband gespielt.

Seine Musik hilft ihm, Wut und Trauer über seine vom Krieg zerstörte Heimat Syrien zu überwinden. Er organisiert und spielt auf der ganzen Welt Benefizkonzerte für Flüchtlinge, er reist mit einer Ladung schlichter Blockflöten im Koffer nach Jordanien, um in Flüchtlingslagern Kinder in Workshops aufzumuntern und für die Menschen dort zu spielen. Dabei weiß er um die Grenzen seines Tuns: »Ich habe dieses Stück Holz mit seinen Silberklap-pen, und damit kann ich niemanden satt machen, und ich kann keine Gewehrkugel damit aufhalten. Aber ich kann mit meiner Musik Menschen zum Nachdenken bewegen und sie für einen Moment glücklich machen.«

KINAN AZMEH KLARINETTE

DIE KÜNSTLER

SALEEM ASHKAR KLAVIER

Saleem Ashkar und Kinan Azmeh sind seit Jahren befreundet. Kennengelernt haben sie sich einst im West-Eastern Divan Orchestra von Daniel Barenboim. Ashkars wichtigstes Projekt der aktuellen Konzertsaison ist der Zyklus mit allen 32 Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven im Konzerthaus Berlin sowie in Osnabrück und Prag. Außerdem hat er sie in seiner Heimat Israel aufgeführt – sowohl vor arabischem Publikum in Nazareth, die Beethoven vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben gehört haben, als auch vor musikerfahrenen Zuhörern in Tel Aviv. Dabei hat er eine interessante Erfahrung gemacht: »Gerade das ›jung-fräuliche‹ Publikum hat sofort die Verbindung zur Musik gefunden. Der kulturelle Bruch ist nicht so groß, dass nicht eine emotionale Reaktion möglich wäre.«

Auf den großen Podien der Welt ist Ashkar seit seinem Debüt in der Car-negie Hall zu Hause; da war er 22 Jahre alt. Seither hat er mit den wichtigsten Orchestern der Welt zusammengearbeitet und ist als Kammermusiker auf den Bühnen und Festivals präsent. Mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester hat er Beethovens Klavierkonzerte Nr. 1 und 4 eingespielt. Er ist Botschafter des Music Fund (www.musicfund.eu), der Musiker und Musikschulen in Krisengebieten und Entwicklungsländern unterstützt.

DIE KÜNSTLER

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BASILIUS ALAWAD VIOLONCELLO

Basilius Alawad wurde 1994 in Damaskus geboren und studierte Violoncello an der dortigen Musikhochschule. Bereits während seines Studi-ums spielte er als Solocellist im Syrischen Sinfonieorches-ter. Zudem gab er Konzerte in Beirut und Bagdad und wirkte bei Soundtracks mit orienta-lischer Musik für arabische Spielfilme und Serien mit. 2014 kam Basilius Alawad mit seinen Eltern nach Deutsch-land. Hier wurde er Mitglied von Gruppen wie dem Syrian Expat Philharmonic Orchestra oder dem daraus hervorge-gangenen Damascus String Quintet, mit denen er vielfach auftrat, etwa bei der Berlinale oder dem Kunstfest Weimar. Derzeit studiert er an der Barenboim-Said-Akademie.

MAIAS ALYAMANI VIOLINE

Maias Alyamani gilt als einer der wichtigsten arabischen Musiker. Der Geiger hat mit Künstlern wie Gidon Kre-mer und Daniel Barenboim gespielt, mit Orchestern wie der Deutschen Kammerphil-harmonie Bremen und der Kremerata Baltica, aber auch mit Jazzmusikern wie Dave Pierce und Joe Zawinul. Seine Karriere als Sologeiger und Komponist begann im Jahr 2000. Seither hat er klassische Musik in der arabischen Welt populärer gemacht, feiert aber auch im Westen Erfolge. 2006 hat er in Wien das Maqam Ensemble gegründet, das sich auf klassische Arabische Musik spezialisiert hat. In New York organisierte er in der Sai-son 2014 /15 die Arabic Nights im Lincoln Center.

THAER EID VIOLINE

Thaer Eid, geboren 1987 im syrischen Damaskus, erhielt mit fünf Jahren seine erste musikalische Ausbildung an der Geige. Mit 13 Jahren wechselte er zur Bratsche. Von 2006 bis 2011 studierte er an der Hochschule für Musik in seiner Heimatstadt, von 2007 bis 2010 war Mitglied und Stipendiat des West- Eastern Divan Orchestra unter Daniel Barenboim. 2015 hat Eid sein Bachelorstudium an der Folkwang-Universität bei Emile Cantor und Vladimir Mendelssohn abgeschlossen. Seit 2015 studiert er an der Musikhochschule Hannover bei Volker Jacobsen, dem Gründungsbratschisten des Artemis Quartetts.

SOUSAN ESKANDAR VIOLINE

Sousan Eskandar wurden 1986 in Aleppo geboren und begann dort im Alter von acht Jahren mit der Violine. Sie studierte an der Musikhochschule in Damaskus und spielte von 2006 bis 2012 im Syrian Nati-onal Symphony Orchestra. Heute wirkt sie beim Syrian Expat Philharmonic Orches-tra mit; Auftritte führten sie unter anderen nach Berlin, Rostock und Malmö. Seit 2008 ist sie regelmäßiger Gast beim Morgenland-Festival in Osna-brück, wo sie in unterschiedli-chen Formationen musizierte. Zudem gastierte sie beim Orchestra L’Accademia del Maggio Musicale Fiorentino in Florenz und beim WDR Funk-hausorchester Köln.

BODEK JANKE SCHLAGWERK

Bodek Janke ist einer viel-schichtiger und stilistisch freier Schlagzeuger und Perkussionist. Der in Polen geborene Künstler hat in Köln und New York Jazzschlagzeug und Komposition studiert und zusätzlich Tabla und indische Musik bei dem indischen Tabla-Virtuosen und Musik-pädagogen Samir Chatterjee. Seine Flexibilität und Neugier spiegelt die Bandbreite der Künstler wider, mit denen er zusammenarbeitet: Unter anderem spielt er regelmäßig mit Musikern aus Indien und dem Nahen Osten, in Brasi-lien und New York. Aber auch in Deutschland ist Janke mit unterschiedlichen Partnern aktiv; bei den Radio-Bigbands des WDR, HR und NDR ist er regelmäßiger Gastsolist.

ROBERT LANDFERMANN KONTRABASS

Robert Landfermann zählt zu den besten und innovativsten europäischen Jazz-Bassisten der jüngeren Generation. Der WDR- und SWR-Jazzpreisträ-ger und Gewinner des »Neuen Deutschen Jazzpre ises« spielte auf allen Kontinenten unter anderem mit Weltstars wie John Scofield, Lee Konitz, Charlie Mariano, Joachim Kühn, Tomasz Stanko und Dave Liebman. In der europäi-schen Szene ist er bekannt als herausragender Improvisator, sowohl im traditionellen Jazz-umfeld, als auch in der expe-rimentellen Avantgardeszene. Dem Hamburger Publikum ist er als Bassist des Pablo Held Trios bekannt, mit dem er in dieser Saison wieder einmal in der Laeiszhalle gastiert.

DIE KÜNSTLER

DOKU »THE MUSIC OF STRANGERS«

Yo-Yo Ma ist nicht nur ein grandioser Cellist, er hat auch das richtige Näschen, wenn es darum geht, talentierte Musiker aus der ganzen Welt aufzuspüren und sie zu gemeinsamen Projek-ten auf die Bühne zu holen. Eigens dafür gründete er im Jahr 2000 das Silk Road Ensemble, das Musik als universale Sprache versteht und die unterschiedlichen Kulturen entlang der histori-schen Seidenstraße miteinander verbindet. Über Yo-Yo Ma und das Silk Road Ensemble erschien 2015 der Dokumentarfilm The Music of Strangers. Noch ein Mal ist der Film im Rahmen von Elbphilharmonie+ im Abaton-Kino zu sehen.

So, 29.01.2017 | 11 Uhr | Abaton-Kino

Die Aufzeichnung des Konzerts in Ton, Bild oder Film ist nicht gestattet.

IMPRESSUMHerausgeber: HamburgMusik gGmbH – Elbphilharmonie und Laeiszhalle BetriebsgesellschaftGeneralintendanz: Christoph Lieben-SeutterGeschäftsführung: Jack F. KurfessRedaktion: Clemens Matuschek (CM), Simon ChlostaGestaltung und Satz: breeder typo – alatur, musialczyk, reitemeyer

Anzeigenvertretung: Antje Sievert, +49 (0)40 450 698 03, [email protected]

BILDNACHWEISElbphilharmonie während der Eröffnung (Ralph Larmann); Yo-Yo Ma und Kinan Azmeh: Bilder aus dem Film »The Music of Strangers« (The Orchard); Johann Sebastian Bach: Porträt von Elias Gottlob Hausmann, 1746 (Stadtgeschichtliches Museum Leipzig); Johannes Brahms: Fotografie von Rudolf Krziwanek, 1892 (Brahms-Institut Lübeck); Issam Rafea (unbezeichnet); Yo-Yo Ma (Jason Bell); Kinan Azmeh (Angie Esperanza); Saleem Ashkar (Luidmila Jermies); Maias Alyamani (G. Yammine); Sousan Eskandar (Liudmila Jeremies);Thaer Eid (Dominique Chabot); Basilius Alawad (Angela von Brill); Robert Landfermann (Parick Essex); Bodek Janke (Nadine Targiel); Filmplakat »The Music of Strangers« (The Orchard)

VORSCHAU

Leidenschaftliche Musikalität, explosive Virtuosität und intellektuelle Neugier – diese ungewöhnliche Kombination zeichnet den isländischen Pianisten Víkingur Ólafsson

aus, der in seinem Heimatland alle bedeutenden Preise erhalten hat.www.vikingur-olafsson.de

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Piano News Magazine »Immense talent�…you must listen to this young pianist«

The Telegraph »Amazing virtuosity�…�monumental, rapt intensity«

BBC Music Magazine »Few musicians match Ólafsson for creative fl air«

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FÖRDERSTIFTUNGENStiftung ElbphilharmonieKlaus-Michael Kühne StiftungKörber-StiftungHans-Otto und Engelke Schümann StiftungK. S. Fischer-StiftungHaspa Musik StiftungHubertus Wald StiftungErnst von Siemens MusikstiftungCyril & Jutta A. Palmer StiftungMara & Holger Cassens StiftungRudolf Augstein Stiftung

Freundeskreis Elbphilharmonie + Laeiszhalle e.V.

MEDIENPARTNERNDRDer SpiegelByte FMNDR Kultur

PRODUCT SPONSORSCoca-ColaHaweskoLavazzaMeßmerRuinartStörtebeker

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