Transcript

H. SCHABER, D. GIEGLI~W u. K. RINKE, Das therniische Verhalten von WO,J, 25

Zum System W/O/l. IIIl)

Das thermische Verhalten von W02J2 Von HARALD SCHAE'ER, DIETER GIEGLING uiid KLAUS RINKE

Mit 3 Abbildungen

Inhaltsiibersicht Das thermische Verhalten von WO,J, wurde massenspektroskopisch, durch Thermo-

gravimetrie und durch Differentislthermoanalyse untersucht. Die Verbindung gibt beim Erhitzen neben WO,J,-Molekeln nur Jod an die Gasphase ah. Als festes Zersetzungsprodukt entsteht in erster Stufe W0,J und in zweiter Stufe WO,.

Eine speziclle Methode der Temperung von W0,J im Temperaturgefiille zeigt, da13 diese Verbindung ein stabiles Existenzgebiet mit den festen Nachbarphasen WO, bzw. WO,J, be- sitzt. Aus dem gleichen Experiment ergibt sich als RichtwertdH"(WO,J) = -147 kcal/Mol.

Summary The thermochemical behaviour of WO,J, was investigated by mass spectroscopy,

thermogravimetry and differential thermal analysis. During thermal decomposition of WO,J, only WO,J, and J, molecules have been observed. As solid product of decomposition in a first step W0,J is formed, and WO, in a second.

A special method of tempering W0,J in a temperature gradient shows, that this com- pound has a stable region of existence with WO, and WO,J, as neighbour phases respectively. From this experiment we obtained as approximate value AHo(WO,J) = -147 kcal/mol.

1. Das WO,J,-Praparat Die Verbindung wurde im Prinzip nach TILLACK, ECKERLIN und

DETTINGMEIJER~) aus stochiometrischen Mengen W + WO, und einem Joduberschuf3 dargestellt. Die Umsetzung erfolgte im Temperaturgefalle 525" (W + WO,) + 250 "C (W02J2) in 5 Tagen ini EinschluBrohr. Das uber- schussige Jod wurde im Vakuum bpi 150 "C entfernt. Die so gewonnenen, his einige mm groBen, dunklen, olivgriin glanzenden Kristallblattchen sind f ormelrein.

1) Vgl. die vorangehenden Abhandlungen. Bei den in den Abhandlungen 1-111 be- schriebenen Untersuchungen bestand zwischen den betreffenden Laboratorien enger Kon- takt.

2, J. TILLACK, P. ECKERLIN u. H. J. DETTINGMEIJER, Angew. Chem. 78,461 (1966).

26 Zeitschrift fur an01 ganisrhe und allgemeinc Chcmie. Band 357. 19G8

2. Analysenverfahren Die WO,J,-Praparate und die thermischen Zerfallsprodukte WO,J und WO, warden

O x i d j od ide : Umsetzung mit HKO, und AgNO, im Zweischenkelrohr (,,H-Rohr-

O x i d r i i c k s t a n d e : Oxydation an Luft bei 650°C zu WO,; Reduktion mit H, bcsi

folgendermaBen analysiert :

Mcthode"3)). Suswaage von WO, und AgJ.

800 O C zu w.

3. Tcrdampfung urid thermische Zerlegung im Massenspektrometer Bei der niassenspektrometrischeri Untersuchung wurde WO,J, aus einem Graphittiegel

bei etwa 200 "C verdampft. Die Reschleuriigungsspannung betrug 2000 V, die Elektronen- energie 50 eV. Die Registrierung erfolgte iiber einen Sekundarelektronenvervielfacher (Massenspektrometer CH4, MAT Bremen).

Die Ionen wurden durch die Zuordnung von Massenzahlen und an Hand der Isotopenverteilung identifiziert. Die Tab. 1 zeigt die relativen Haufig- keiten, bezogen auf WO,J 1 = 100. Die Isotopenverteilung wurde beriick- sichtigt. Die Werte sind jedoch nicht fur unterschiedliche Sekundarelek- tronenausbeuten korrigiert.

Aus den A u f t r i t t s e n e r g i e n ergibt sich. daI3 der WO,J,-Bodenkorper die Molekeln W0,J2, J, und J abspaltet. Alle andereii Ionen, wie auch die Hauptmenge an Jc entstehen durch Bruchstiickbildung bei der Ionisierung. Die Auf trittsenergien (Fezogen auf die IoniPierungsenergie dcp Argons) sind

W0,J; , W0,J k. Jf, J,' ; Auftrittsenergie (eV) : 13,4; 14,4; 10 5; 9,5:

4. Thermogravimetrie und Differentialthermoanalyse Das thermische Verhalten von WO,J, wurde mit der Sartoriiiswaage Vacua sowohl im

Hochvakuum als auch unter Argon (1 atm) verfolgt. Der lineare Temperaturanstieg betrug l"/min. Der Wagetiegel bestand aus Quarzglas und enthielt Einwaagen von etwa 200 bis 400 mg WO,J,.

Einige erganzende Messungen wnrden auch mit der Mettler-Thermowaage (Thermo- analyzer) bei gleichzeitiger Aufnahme der DTA-Kurve vorgenonimen (1 atm Argon, Experimente mit einem Temperatoranstieg von 2, von 4 und 8'/min). ~ ~ ~~~~

3, H. SCHAFERU. K.-D. DOIIJIANX, Z. anorg. allg. Chem. 300, I, 31, (1969).

H. SCHAFER, D. GIECLINC 11. K. I ~ K E , Das thermische Verhalten von WO,J, 27

I

limpaC

a) Abbau im Hochvakuum \Vie Abb. 1 zeigt, beginnt die Gewichtsabnahme im Vakuum (<

Torr) bei etwa 240 "C. Sie wird ab 280 "C: sturmisch und jst bei -560" bp- endet. Der Riickstnnd besteht analytisch und rontgrnographisch aus WO,.

Wird der Abbau bei 600°C ,tbgebrochen, so muS der Ruckstand vor der Oxydation dnrch den Luftsauerstoff geschutzt werden. Bndernsfalls kann man bei der anschlirl3enden Analyse Zusammensetzungm bis WO,,, finden. Wird die Temperatursteigerung bis 830 "C fortgesetzt, so 1st der W0,-Ruckstand weniger oxydationsempfindlicli

Dem Zerfall iiach GI. (1 )

WO,J,, f = WO,, f J,, g; 4H: (1)

entspricht ein Gowichtsverlust von 51,0%. Im Vakuum brobachtei man iedoch (je nach Einwaage und GrBBe des Tiegels) Gewichtsverluste von 70- 76%. Das bedeutet, daIJ neben der J,-Abspdtung auch eine erhebliche Verfliichtigung von unzcrsptztem T;liO,J, stattfindet. Dies entspricht deli Beobachtungen mit dem Massenspektrorneter und den gemewenen Subli- matioiisdrucken

Die Zwischenstuft: WO,J war beim Abbau im V a k u u m anf der Ge- wichtskurve nicht erkrnnbar.

b) Abbau untcr h g o n Untcr Atmospharendruck (Argon) wird der Gewichtsverlust bei 350"

merklich (Abb. 1). Dip Abbaukurve fuhrt uber eine Z w i s c h e n s t u f r schlieBlich bei -660 "C zu reinem WO, (Analyse: GumIm-Diagramm). Der Gewichtsvcrluet liegt dann mit 58% nicht viel uber dem fur G1. (1) berezh- iieten (54,00/). Die Verfluchtigung von unzersetztem WO,J, war hier also sehr viel geringer als im Vakuum.

4, Vgl. Abhandlung 11; J. TILLACK, 2. anorg. allg. Chcm. 367, 11 (1963).

28 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 357. 1968

Die Stufe auf dcr Kurve (b) (Abb. I) entspricht, wie Analysen bestatigt haben, dcr Bildung der iieuen Verbindung W0,J nach G1. (2).

(2) Dieses n e w Oxidjodid wurde auch rontgenographisch charakterisiert (Abb. 2). Rci wcitercr Temperatursteigerung verlauft dann Reaktion (3)

(3) Die sowohl ini Vakuuni als auch bei AtmoPpharendruck auftretende Ver- zogeruiig vor der Einstellung der WO,-Stufe (Abb. I) mu13 kinetische Ur- sachen haben. Ein n e u e s Rontgenbild trat an diescr Stelle niclit aijf.

WO,J,, f = TVO,J, f + l / 2 J,, g ; AH:.

WO,J, f = WO,, f + 1/2 J,, g ; AH!.

I I + 6 = 10-30" + I

W0,J

WO,

Abb. 2 GuINIER-Diagramme. CuKa,. Schmale Vergleichsstreifen mit a-Quarz

Dcr dbbau an der Mettler-Waage bestatigte die oben gewonnenen Ergebnisse. Daruber hinaus ergab sich, dalj WO,J, an freier Luft Rasser bindet, das an der Thermowaage zu einer bei etwa 200 "C beginnenden ,,Vorstufe" Veranldssung gibt. Bereits hierbei wird Jod abgegebrn, vermatlich als Folge der Vorreaktion mit JJ7asser und Luftsauerstoff.

c ) Thermische Effekte (DTA) An der Mettler-Waage wurden neben der Gewichtsiinderung auch die

thermischen Effekte beobachtet (Argon, 1 atm). Die Rcaktionen (2) und (3) verlaufen e n d o t h e r m . Wegen des verzogerten Abbaus nach G1. (3) kann man die zu G1. (2) und ( 3 ) gehorenden Effekte jedoch nicht quantitativ ver- gleichen.

5. Das Existerizgtbiet von W0,J Die Frage, ob es fur W0,J ein stabiles Existenzgebiet gibt, laI3t sich aus

den Abbaukurven nicht mit Sicherheit entscheiden. Das folgende Experi- mcnt, dessen Ergebnis auf Abb. 3 dargestellt ist, zeigt jedoch, da13 zwischeii WO,J, uncl 14'0, ein stabiles, schmales W0,J-Gebiet existiert.

I I QumwoUe 4100 3600

7 i i i i i i i i i g

H. SCHLBER, D. GIEGLING u. K. RINKE, Das thermische Verhalten von TVO,J, 29

Ein 1 4 cm langes Quarzrohr (Innendnrchmesser 3,8 mm) wwrde vollstandig mit dem durch thermischen Abbitu (unter 1. a tm Argon bis zur Stufe) hergestellten IVO,J gefiillt (5,5 g) und im Vakuum ubgeschmolzen. Danach lag das Rohr 6 Tage in einein von 280 bis 620 "C reichenden, mit Thermoelementen ausgemessenen Temperaturgefalle. Anschlieljend wurde es in 1 cm lange Stiicke zerlcgt. Die einzelnen Substanzproben wurden geriintgt. Die Aufnahmen bestatigten was auch von aul3en schon zu erkennen war: an den Seiten hatte sich WO,J, bzw. WO, gebildet, im mittleren Temperaturbereich - etwa zwischen 360 und 410°C - war W0,J stabil. Der bei 360°C uber WO,J, und TV0,J herrschendc J,-Druck steht also bei -410 "C mit WO,J + WO, iin Gleichgewicht.

Aus diesen Beobachtungen laljt sich eine Aussage uber die Bildungs- enthalpie von W0,J gewinnen ; die Indizes geken fur die entsprechenden Reaktionsgleichungen :

l/Z In P,(J,) = -AG!

RT '

Bei den Teinperatureii T, = 360 + 273 = 633°K und T, = 4110 + 273 =

683 OK ist P,(J,) = P3(J2). Also gilt

m

und T T T3 3 T 3 3 3

AH: - T,.ArSi = 2 *AH" - 2 . T . A S " .

Die Reaktionsentropien AS: und AS! sollten praktisch gleich sein ; somit folgt

AH; = 3 . AH:. T3

Ferner gilt AH: = AH: + AH: =

Wt AHo (WO,J,) = -151,g4); AH" (WO,) = -140,9; AHo (J,, g) = 14,9 kcalIMol folgt

25,9 AH: = 25,9 lical; AH: =1,92T = 13,4 kcal; AH: = 12,5 kcal.

AH0(VCTO,J) = -147 kcal/Mol.

Den Herren C . BRENDEL und H. RABENECK sowie den Damen AT. CIBIS und B. S C H ~ ~ A R - ZER danken wir fur ihre Mitarbeit.

Mun s t e r, Anorganisch-Cheniisches institut der Universitiit.

Bei der Redaktion eingcgangen am 1. Juni 1967.


Recommended