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Page 1: Zur Existenz Mehrkerniger gasförmiger Eisen- und Manganoxide

Zur Existenz mehrkerniger gasfiirmiger Eisen- und Manganonide

Von OSKAR GLEMSER und HORST-HEINRICH WEIZENKORN l)

&lit 5 Abbildungen

Professor Pram Ir'ehe'r zum 6'0. Geburtstnge gewidmet

Inhaltsiibersicht 111 einer Mikroapparatur werden die Gasdichten yon bei 2000 "C verdampftem Fe,O,,

Eiscnspat, Hausmannit und Manganspat bestimmt. Die erhaltenen Werte lassen auf die Existenz niehrkerniger gasformiger Eisen- bzm. Manganoxide schliel3en. Nach der Diskus- sion der moglichen Species treten wahrscheinlich gasformiges Fe,O, bzu . Mn,O, und/oder ( F C O ) , ~ ~ ~ bzw. (MnO)3g,, auf.

Summary By means of a micro apparatus, the gas densities of vapourized Fe,O,, FeCO,, Mn,O,

and RIInCO, have been determined. The obtained data indicate the existence of polynuclear gaseous oxides. Gaseous Fe,O,, Mn,O, and/or (FeO), and (illno),, respectively, are supposed to be the vapour species.

Beim Windfrischverfahren in der Stahlindustrie erzeugt der in das geschmolzene Roheisen eingepreIjte Xauerstoff (bzw. Luftsauerstoff) einen Oxidrauch, iiber dessen Entstehuiig verschiedenartige Ansichten in der Literatur zu finden sind.

KOHLMEYER und SPANDAU~) folgern aus Versuchen an eutektischen Eisen-Kohlen- stoff-Schmelzen die Vergasung iiber ein Carbonyl (FeCO) 3), mahrend NEUHAUS, KOSMIDER und KRATZENSTEIN~) den besonders im Stadium der Entphosphorung des Thomaseisens entstehenden braunen Rauch durch eine konvektive Eisenverdampfung verursacht betrachtcn, die durch die in dieaem Blasabschnitt auftretende Temperatur von etwa 2200 "C an der Badoberflachearmoglicht wird5). Nach vox WARTENBERC~~) treffen beide Erkhrun-

1) H. H. WEIZENHORN, Diplomarbeit Gottingen 19G2; 0. GLEMSER u. H. H. WEIZEN-

2) E. J. KOHLMEYER u. H. SPANDAU, h c h . Eisenhilttcnwes. 15, 1 (1944). 3) Ein Eisencarbonyl dieser Zusammensetzung ist norh nicht gefunden worden. 4, H. NEUHAUS, H. KOSMIDER u. H. KRATZERSTEIS, Stahl u. Eisen 74, 1045 (1954). 5) G. NAESER, W. PEPPERHOFF u. H. RIEDEL, Stahl und Eisen 76, 1244 (1955). 6) H. v. WARTENBERG, Arch. Eisenhdttennps. 30, 58,5 (1959).

KORN, Natuiwissenschaften 48, 715 (1961).

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GLEXSER 11. WEIZEXKORX-, Mehrkcrnige gasformige Eisen- und 3Ianganoxide 267

gen nicht zu. Der Aut.or sieht es vielmehr als experimentell gesichcrt an, daW allein Fe,O, und Mn,O, als Dampfquellen in Frage kommen, da es die einzigen iiber 1600 "C stabilen Oxide in den beiden Metall--Sauerstoff-Hystemen sind7)s). Das Auftreten von Fe,O, in der Gasphase jedoch wird von TON bVAR'rsNnERa6) als unwahrscheinlich nngesehen, wed eine siebenatomige Molekel kaum iiber 1800 C bestandig sein konne. Deshalb vertritt er die h s i c h t , die durch thermodjmamische .\bsohatzungen gestiitzt wird, daB aus Fe,O, gas- fiirmiges'Fe0 entstehen miisse. Nach a11 eren Messungen und Berechnungen von BREWER und MASTICII~) hingegen ist FeO in der Dampfphase nicht bestandig, sondern zerfallt in Eisen und Sauerstoff.

Zur Losung des Problems wurd/en von uns Mikrobestimmungen der Gasdichte nach NERXST'O) durchgefuhrt. Nach dieser Methode wird die Volumenanderung bei der Vertiampfung einer Probe durch die Ver- schiebung eines Quecksilbertropfens in einer mit Teilung versehenen, besonders gut kalibrierten Glaskapillare gemessen ; dabei konnen die einzelnen Versuche bei verschiedenen Fullgasdrucken ausgefuhrt werden. Folgende Proben kamen zur Messung : Fe,O,, Mn,O, (Hausmannit). FeCO, (Eisenspat) und MnCO, (Nanganspat).

Beschreibung der Versuchsanordnung Die benutzte Apparat.ur ist in Abb. 1 skizziert. Das Iridiumheizrohr (1) eines Kurz-

achluaofens befindet sich zur Warmeisol ierung in einem mit Magnesiumoxid gefullten Ge-

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Abb. 1. 3Iikroappar;itur zur Messung der Gasdichte

7 ) L. S. DARKEN 11. R. PI'. CURRY, J Amer. chem. SOC. 66, 798 (1946). 8) H. v. WARTENBERC u. H. J. REI SCJI, Z. anorg. allg. Chem. 206. 380 (1932). 9 ) I,. BREWER u. D. F. MASTICK. J . chem. Physics 19, 834 (1951).

1") I.V. NERXST, Z. Elektrochem. '3, 6"P (1903).

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268 Zeitschrift fur anorgankche und allgemcine Chemie. Band 319. IWJ

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hause aus Asbestschiefer und endet. in zwei grol3en Kiihlkiipfen ( 2 ) . In das Rohr (1) wird die Iridiunibirne (3) rnit einem Volumen von et,w-a 4 die in einem SO ern langen Stiel von 2,5 mm 1. W. endet, gehangt. ij'ber den Birnen- stiel wird ein (:lasrohr geschoben. Der .ubergang Metall/Glas wird diirch Auf- tragen eiiier dicken Schicht von Pizein gut abgedichtet; er ist nur so lange vakuumfest, wie der am Iridiumstiel gut anliegende Kuhlkopf (4) unter 30 "C bleibt. Der Glasteil der Apparatur besteht aus der Probcnkapillare (5) und der MeB- anordnung. Das konstante Kaliber der RIeBkapillare (6) wird durch haufige Mes- sung dcr Lange eines Quecksilbertropfens iiber das game Interval1 nachgepriift. 8 1 1

den MeBteil schlieWt sich ein Puffer- volumen (7) von vier Litern an. Mit Hilfe des Qurcksilbermanometers (8) las- sen sich in dcr Apparatur beliebige Fiill- gasdruckc unterha,lb einer Btmosphare einstellen.

Zur optischen 'Ccmperaturmessung wird die Strahlung des Birnenboderis mit einem Stahlspiegel (9) in das Pyro- meter (10) reflektiert'. Die Fehlergrcnze bei dieser Methode der Temperaturbe- stimmuiig mit etwa 5 26 hei 2000°C ist relativ groB. Die Renutzung von Thermo- elementen verbietet sich jedoch, weil dic in diesem Temperaturbereich in Betracht kommenden Edelmetallkornbinationen einerseits ihrer Sprodigkeit wcgen fur iiftercn Gebrauch ungeeignet sind, an- dererseits die Grenze der Bestandigkeit keramischer Schutzrohre bei 1900 'C liegt. Zur Eichung des Pyrometers wird daher in einem Vorversueh die EMK eines in die offene Birne eingefiihrten Iridium- Iridiumrhodium-Thermoelementes niit der Bluhfsdenstromstarke bis 1900 "C ver- glichen.

Um die Verdanipfung von Iridium, die iiber 1700 "C bereits betrachtlich wirdll),

11) GMELINS Handbuch der Anorga- nischen Chemie, ,,Iridium", 8. Buflagc, Berlin 1939, 8. 18.

~ ....

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GLEMSER u. WEIZENXORS, Melirkeniige gasfiirmige Eisen- uiid Manganoxide 269

zu unterdrucken, mussen Iridiumrohr und -birne innen und anBen mit einem ifberzug von hochschmelzenden Metalloxiden verseheiL werden. Zu diesem Zweck werden Rohr und Birne mit einer konzentrierten Losung von Zirkonylnitrat eingestrichen. Nach der Hitzezersetzung der Salze werden ihre Oxidruckstande bei 1500 "C in die Iridiumoberflache eingebrannt. WLhrend das Heizrohr mit, einem heliehigen hochschmelzenden Oxid uberzogen werden kann, ist bei der E r n e darauf zu achten, daB bier das Oxid der Schutzschicht weder Misch- kristalle noch .Verbindungen mit dem zur Verdampfung vorgesehenen Oxid bildet. Nur wenn das Zustaudsdiagramm beider Oxide einfach eutektisch ist, verhalten sieh die Kom- ponentcn des Systems bei der Verdampfung u-ie reine Bodenkcrper. So ist fur Eisen- und Rlanganoxide ZrO, als Schutzschicht geeignet, weil dieso Bedingung erfullt ist.

Ausfiihriing der Versuche Die auf der Mikrowaage eingewogcwe Oxidprobe wird aus eineni (:lasrohrchen mit

Hilfe eincs Drahtes in die Kapillare (5) gc.stol3en und ein Weicheisenstiick (la) nachgefuhrt. Nach sorgfaltigem Aufbringen der Schliffkappe wird auf den gewunschten Druck ausge- pumpt bzn. nach vollstandiger Evakuiwung der Apparatur und dreimaligem Ausspulen mit dem vorgesehenen Fullgas dessen Dixck eingestellt, wonach Hahn 13 zu schlieBen ist. Nun wird bei geoffneten Hahnen 14, 16 und 16 aufgeheizt. Nach Erreichen der ge- wiinschten Versuchstemperatur wird etwa zehn Minuten zur Einstellung des Temperatur- gleichgewichtes abgewartet uiid dann Hahn 15 geschlossen. Jetzt darf sich der Quecksilber- tropfen noch nicht bewegen. Bleibt er nicht wenigstens awei Minuten in der Anfangsstel- lung, so ist die Apparatur undicht, und der Versuch abzubrechen. Hei entsprechend kon- stanter Tropfenstellung wird die Probe (11) durch das Weicheisenstuck (la), das sich mit Hilfe eines kraftigen Dauermagneten 17) in der Kapillare bewegen laBt, in die Birne gestoRen. Danach heginnt die Vl'andei,ung des Quecksilbertropfens, der nach einigen Ninuten zum Stillstand kommt.

Bei Renutzung einer Iridiumbirnc. von 0,2 mm Wandstarke gelingt es auch nach 30fachem Impragnieren mit Zirkonylnit,rat nicht, eine Vor- und Nachperiode beim Messen unter vermindertem Druck zu verhindern. Wahrscheinlich verursachen hierbei Mikrorisse im Metal1 ein geringfugiges Eiiidringen yon Luft, das bei der Empfindlichkeit des Tropfens auf minimale Druckanderungen. die durch Schmieren der MeRkapillare mit konzentrierter Phosphorsaurel?) erreicht wird, schon zu messen ist. Bei Verwendung einer Birne rnit 0,6 mm Wandstarkc: ist, ein solcher Effekt nicht bemerkbar.

Wegen Reibung und Adhasion brreitet es gelegentlich Schwierigkeiten, die Probe durch den nicht vollig glatten und relat iv langen Ktiel in die Birne einzubringen. Auch ein auf das Ende des Birnenstiels aufgesetzter Glastrichter (18) vermag nicht immer Abhilfe zu schaffen, obwohl er den zentrischeii Einfall der Probe begunstigen sollte. SchlieBlich bringt das Erschiittern mit einem Klopfer wegen der kleinen Einwaage nur selten eine Verbesserung .

Zur Volnmenberechnung bei cler Auswertung der Versuche mu8 der Durchmesser der AIeBkapillare sehr genau ermittelt weden. Uas geschicht am besten durch mehrmalige Mcssung dcr Lange eines Quecksilbertropfens von bekanntem Oewicht und entsprechende Umrechnuiig mit Hilfe der Dichte des Quecksilbers.

Wir verdampften Fe,O,, FeCO,, Mn.,O, und MnCO,. Zur Gewjnnung des Eisen(I1,III)- oxids wurde Eisendraht (0,l mm 0) durch 48stundiges uberleiten von Kohlendioxid bei 1160 "C oxydiert13). Die anderen Subst anzen wurden in Form der Mineralien Eisenspat,

12) G. GATTOW u. A. SCRNEIDER, h g e w . Chem. 71,189 (1959). 13) J. DONAU, Mh. Chem. 25, 1 S1 (1904).

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270 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 319. 1963

Hausmannit und Manganspat benutzt, weil es nicht gelang, aus den bei der praparativen Darstellung anfallenden Pulvern dieser Verbindungen diinne Stitbehen herzustellen. Die Zusammensetzung der Substanzen wurde analytisch ermittelt ; sie wich bei den Carbonaten von den fur diese Verbindungen theoretisch geforderten Weiten teilweise ab. Dies wurde bei der Auswertung beriicksichtigt (vgl. Tab. 1).

Tabelle 2 33 i sen( 11, I1 I) ox i d

Versuchs- numiner

2 '4 6 18 2 1 22 25 28 32 33 34 36 37 39 47 53

Versuchs- nummer Fiillgas :

2 4 5

Argon 6

Argon 7

Argon

t ["CI - 2100 2150 2150 1950 1950 1975 1876 1900 1950 1900 1900 2000 1900 1900 1950 1975

t, C"C1

1825 1926 1900

1950

1950

760 760 760

92 100 110 69

103 90 71 72

195 312 90 60 9 1

P -mm Hg]

125 170 145

250

125

Sinwaage Fe,O, [mgl

1,369 1,369 1.369 0,351 0,397 0,363 0 , 4 u 0,663 0,363 0,353 0,265 0,397 0,353

0,353 (1,'4-1-2

0,353

Tabelle 3 Eisenspat

Einwaagc FeCO, [mgl

0,475 0,905 0,755

0,925

0,610

28,O 39,3 38,O

27,o

35,6

V;

VbFenOI

1,0q 0,78 0,84 1,07 1,23 1,49 0,923 1,24 1,54 1,31 1,41 1,29

0,85 0,73 0,92

0,98

I RI: 1,11

53,4 I 0,90

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GLEMSER u. WEIZENKORN, Jlehrkernige gasfiirmige Eisen- und Manganoxide 271

Versuchs- nummer

2 5

11 15 18

Einwaagc, t ["C] [mmHg] Mn304

1 I I

1,33

1,18 0,97

1975 100

1950 1900 96

I I I I ! M: 1,07

Tabelle 5 &I a n g a n s p a t

Versuchs- 1 1 13

mmrner 1 ["C] 1 [mg Hg] Fullgas :

2 2000 150 4 ' 1976 5 6

Argon 7

Argon 8

Argon

1976 2000

2000

1950

120 150 130

150

100

Einwaagt MnCO,

[mgl

3,055 0,696 0,815 0,776

0,715

0,760

43,B 1 61,3 38,6 42,l 31,4 ~ 39,6 41,8 1 43,5

32,O , 34,s

44,7 1 j6,0

I I

78,2 G4,2 G0,3 GG,?

52,7

82,4

V; -

VbMnJOl

0,86 0,92 0,79 037

0,91

0,80

N: 0,87

MeBwgeknisse In den Tab. 2-5 sind die erniittelten Werte der vier Substanzeii zu-

sammengefafit. Hierbei bedeutet p im allgemeinen einen vorgegebenen Luftdruck - bei Benutzung von Argon als Fullgas ist dies besonders ver- merkt - und V, die tatsachlich (lurch die Verdampfung hervorgerufene Verschiebung des Quecksilbertropfens, die bei der Verwendung einer Iridiumbirne von geringer Wandstarke wegen der dabei auftretenden Vor- und Nachperiode nach einrbm bei kalorimetrischen Messungen ub- lichen Verfahren graphisch zu erinitteln ist. VO, ist die auf 0 "C reduzierte Verschiebung V,, wlhrend VhFe& und VbFeO bzw. V,,~I\Ln,04 bzw. VhIMnO die zu emartenden Verschiebungen darstellen, die fur Einwaage und Fiill- gasdruck des jeweiligen Versuches mit Hilfe des idealen Gasgesetzes berechnet sind. Urn die Messungen untereinander vergleicheii zu konnen,

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' m i 2 1 2 Zeitschrift fur anorganische und allgenieine Cheniic. Band 319. 1963

sind in der letzten Spalte die Quotienten aus den gemessenen und den fur Ee,O, bzw. Mn,O, berechneten Verschiebungen gebildet worden. Durch diese Normierung werden die Messungen auf gleichen Fullgasdruck und gleiche Einwaage bezogen. Die Abb. 2-5 enthalten diese Werte.

3 1

I . 2 4 5 18 2l 22 25 28 32 31 34 36 33 39 47 53

Versuche A bei Normaldruck Q bei verrnindepfern Dnrck

Abb. 2. MeDeqebnisse von rerdampftem Fe,O,

Abb. 3. MeDergebnisse von Abb. 4. MeIJergebiiissevon verdampftem FeCO, verdampftem Mn,O,

Abb. 5. MeIJergebnisse von ver- dampftem MnCO,. Berechnet fur

_ - _ Zusammensetzung des ~ reines Carbonat,

vermendeten Minerals

Diskussion der Resultate Fur die Verdampfiing des Eisen(I1,III)-oxids lassen sich u. a. folgende

Gleichungen formulieren : 1. Fe,O,e,st + FesOagw 1 : 1 1 4 )

2. Fe,04fest --f 3 BeOgas t- l j2 0, 1:3,5 3. 2 Fe,O,,,,, --f 3 (FeO)2g,, + 0, 1:2 4. Fep04e,st --f (FeO),g,, + 1/2 0, l:l& 6. 2 Fe,04iest + 1/2 0, + 3 Fe,O, 1:1,2 ~-

I*) Verhdtnis der Molzahleii im festen Zustand und in (lei. Dampfphase.

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GLEMSER u. WEIZENBORN, &Iehrkeniige gasformige Eisen- und Manganoxide 273

Als Beispiele fur das Auftreten vcrschiedener Spezies in der Dampfphase seien angefuhrt :

6. Fe304rest --f (FeO),g;ts -k FcO,,, + l / Z 0, 1:2,5

7- Fe304rest + Fe,O:* gas + FeOgas 1:2.

Die Werte in Tab. 1 schwanken nun zwischen 0,7 und 1,5; d. h. bei der Verdampfung von 1 Mol Fe,O, entstehen im Mittel 1,l Mole Gas. Da- mit sind die Gleichungen 2, 3, 6 iind 7 ausgeschlossen, wahrend die Mol- zahlenverhaltnisse von l, 4, und 5 im Bereich der Streuung der MeBwerte liegen.

Das Auftreten von Fe,O, (Gleichung 1) in der Gasphase ist jedoch aus folgenden Grunden naheliegend :

Auf Grund des Schmelzdiagrammes Eisen-Sauerstoff tritt Fe,O, als einziges der in Frage kommenden Oxide in der Schmelze auf. Es ware da- her moglich, daB es auch in der Gasphase existent ist.

I m Dampf uber einigen fest en Metalloxiden sind massenspektro- metrisch mehrkernige Oxide naohgewiesen worden. In diesen hat das Metallatom gegenuber dem monomeren Oxiddampf eine erhohte Koor- dinationszahl (KZ) (Abschirmung der Ladung des Zentralatoms), z. B. :

0 0 \w/

Be 0

BeOgas (BeO),&,,* wo, g*s (WO,), gas _ _ _ - ~ ~~ _. -

K Z = l K Z = 2 K Z = 3 K Z = 4

Nach unseren Messungen zeigt Fe,O, bei der Verdampfung ein ver- gleichbares Verhalten. Das erwartete FeOya, mit KZ = 1 tritt mit Sicher- heit als Hauptbestandteil nicht auf ; statt dessen muB eiii mehrkerniges Eisenoxid mit hoherer KZ bevorzugt sein, z. B. (FeO)3ga, und/oder E'e304 gas

0 , P e \ o d?'O

Fe I Fe I Be/O\de '0' \O/

(FeO)3 gas Fe304 888 _ _ _ KZ = 2 K Z = 3

15) W. A. CRUPKA, J. BERKOWITZ CI. CL. F. GIESE, J. chem. Physics 30, 827 (1959). la) J. BERHOWITZ, W. A. CHUPKA 11. 11. G. INGERAM, J. chem. Physics 27, 85 (1957).

18 Z. anorg. allg. Chemie. Bd. 319.

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I n Fe3OPasS hat Fe die hochste Koordinationszahl, weiin die Moglichkeit einer Dativ-Bindung von 0 zu einem Fe-Atom bzw. mesomere Grenz- strukturen in Betracht gezogen werden. Der Abbau zu (FeO)3g:,s ist nahe- liegend.

Fiir die Verdampfung des Eisenspates sind nachstehende Moglichkeiten gegeben :

!la) 3 FeCO,fe,t + 1/2 0, + Fe301gas + 3 CO, (in Luft) 1:1,1; -(1:0,9)17)

9 b) 3 FeCO,,,,t + Fe301gas + 2 CO, -t. CO (in Argon) 1 : 1,3 (1 : 1.)

10)

11) 2 $eCO,fe,t -+ (FeO),ga, 4- 2 CO, 1:1$ (1:lJ)

12) 3 FeCO,le,t -> (FeO)3g,, + 3 CO, 1:1,3 (1:l)

13a) 2 PeCO,f,,t + 1/2 0, + Fe,O;lg,, -i.. 2 CO, (in Luft) 1:1,2 (1:0,9)

13b) 2 FeCO,f,,t + Fe,Osgas + CO, + CO (in Argon) 1:1,5 (l:l,l).

FeCOBteSt + FeOgits + CO, 1 : 2 (1 : 1,6)

Von den moglichen Reaktionen, bei denen verschiedene Molekelarten in der Dampf- phase auftreten, seien erwiihnt :

14) 15)

3 FeC03rest + (Fe0)2gas + FcOgas f 2 CO, 1:1,3 (1:l)

3 FeC03fe,t + FezO,g,, + FeOgas + 2 CO, + CO 1: 1,7 (1:1,3).

Die Gleiehungen 10 mid 15 lassen sich auf Grund der Versuchsresultate sicher aus- schlieWen, wahrend die iibrigen Reaktionen innerhalb der Pehlergrenze der Messungen liegen. Da das aus dem Eisenspat durch Zersetzung entstehende Kohlendioxid bei den hohen Temperaturen auch bei Argon als Fullgas die Bildung von Fe30, ermoglicht, ist hier ebenfalls nicht eindeutig zwischen diesem und anderen mehrkernigen Oxiden zu unter- scheiden. Die Versuchsreihe stutzt aber die Aussage der Verdampfung des Eisen(I1,lIl)- oxides: Gasfiirmiges FeO nach Glcichung 10 tritt nicht auf.

SchlieBlich sol1 nachgepruft werden, ob bei Teniperaturen iiber 1800 "C wegen der Dissoziation des Kohlendioxides Reaktionsgleichungen der angefuhrten Art noch zulissig sind. Die Reaktion

2 co, + 2 co + 0,

wurde von NERNST und v. WARTENBERG 18) untersucht, deren Ergebnisse mit. denen von LANGMUIRl') und JUSTI~O) gut ubsreinstimmen.

Auf Grund der gemessenen Dissoziationsgrade 1aBt sich zeigen, daB die Abweichungen stets unter 4% bleiben, so daB in Anbetracht der Streuung der MeBwerte unbedenklich ,,CO2'' formuliert werden kann .

17) Verhaltms dei Molzahlen Im festen Zustand urid in der Dampfphase; in Klammern

18) W. NERNST 11. H. v. WARTENBEILG, Z. physik. Chem. 56, 667 (1906). 19) I. LANQNUIR, J. Amcr. Chem. So?. 28, 1367 (1906). 2") In: J. D'ANs n. E. LAX, Taschenburh fur ('hemiker und Physlker, '2. Auflagc.,

bezogen auf Fe,O, = 1.

J3erlin 1!149, S. 860.

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GLEMSFR u. WEIZENKORN, Nehrkwnige gasformige Eisen- und Manganoxide 275

Hausmannit uncl Manganspat liefern bei der Verdampfung ahnliche Ergebnisse wie die entsprecheiiden Eisenverbindungen.

Herrn Prof. HANS vow W.nVrENBERr:, dem am 4. Oktober 1960 verstorbenen Ordind- rius fur anorganische Chemie an der Unrversitiit Gottingen, danken wir fur die Anregung zu dieser Arbeit.

Der Deutschen Porschungsgemeinschaft dankt der Fine von uns (W.) fur das gealhrte Stipendium.

G o t t ingen , Anorganisch-chemisches Institut der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 25. Juni 1962.

18*


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