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Zur Kenntnis des Kohlenstoffringes XXIIIl). Uber den Paraehor und die Kompressibilitat hohergliedriger

Kohlens toffringe von L. Ruzicka, H. A. Boekenoogen und H. J. Edelman.

(24. 111. 33.)

Bei verschiedenen Untersuchungsreihen hatte es sich heraus- gestellt, dass die Kohlenstoffringe mit niedriger Gliederzahl sowohl in chemischer wie in physikalischer Beziehung, im Vergleich zu den sliphatischen Verbindungen, sehr oft ein abnormales Verhalten zeigen, das nach Erreichung einer gewissen Gliederzahl wieder dem der ali- phatischen Verbindungen gleich, bzw. sonst ein normales wird. Es sei da an die BestSindigkeit, die MoIekularrefrsktion, dss Molekular- volumen, das spezifische Gewicht, den Schmelzpunkt, den Molekel- bau (ermittelt durch die Rontgenstrshlenanalyse), sowie die Ver- brennungswarme erinnert ,). I n dieser Abhsndlung sind die bisheri- gen Resultate der Bestimmung des Parachors und der Konipressibili- tat mitgeteilt und im Anschluss an die eben genannten Untersuchun- gen Vergleiche mit dem Verhslten der anslogen aliphatischen Ver- bindungen angestellt.

A . Parcichor (bearbeitet von H. A. Boc1ie)mogen).

Wenn man den Parachor durch die vereinfachte Gleichung von Sugden3) als

darstellt, unter VernachlSissigung des Dampfdrucks, so kann dieser Wert als ein durch Einffihrung der Oberfliichenspannung ( y ) ver- feinertes Molekularvolumen aufgefasst werden. Die Nolekularvolu- mina der verschiedenen Kohlenstoffrin; e kann man am besten mit- einander vergleichen, wenn man sie durch die Zahl der Ringglieder dividiert, wobei der auf eine CH,-Gruppe entfallende Betrag des Molekularvolumens erhalten wird. Diese Werte nehmen vom Maxi- mum bei den kleinen Ringen mit steigender Gliederzahl kontinuierlich ab und bleiben etwa vom Zehnring ab konstant, wobei der Wert des Molekularvolumens einer aliphatischen CH,-Gruppe erreicbt wird (etws 16,3). Beim Parachor ist ein ahnliches Verhalten zu erwarten,

ill D

p = - -. ))"4

1) XXII. Rli t t . Helv. 16, 162 (1933). *) Helv. 9, 499 (1926); 13, 1152, 1185 (1930); 15, 8 (1932); 16, 155, 162 (1933). 3, Vgl. besonders dessen zusammenfassende Darstellung in Buchform, The Parachor

and Valency, London, 1930.

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mie sic11 aus den bisherigen Messungen bei den 3- bis 7-gliedrigen Ringsystemen ergibt. Nach Xugden setzt sich der Parnchor aus ato- maren und s trukturellen Konstanten zusammen. Fiir die Doppel- bindung ist letzterer Betrag = 23,2, fur den Dreiring = 16,7, den Vierring = 11,6, den Fiinfring = 8,5, den Seehsring = 6,11) und den Siebenring = 6,02). Da diese fiir die Ringe angegebenen ,,aKonstanten" nur an wenigen oder manchmal sogar nur an einem Beispiele bestimmt wurden, so konnen sie nur als annahernde Werte betrachtet weriien bei einer Genauigkeit von schatzungsweise etwa & 2 his 3 .

Wir haben bei 5 hohergliedrigen Ringverbindungen den Para- chor ermittelt. Die Oberfliichenspannung wurde nach der Steig- hohenmethode nach den Angaben von Richards, Speyers und Carver3) bes timmt. Die jeweils bei mefireren Temperaturen ausgef iihrten Xessungen und die gefundenen Parachorwerte sind in der Tabelle 1

Tabel le 1 (Parachor).

__

0,8318 0,7947 0,9348 0,9261 0,9105

0,8593 0,8475 0,8337 0,8337

0,9194 0,9107 0,8952

0,5993 0,8882

Substanz

30,li 315,9 25,35 316,6 33,45 324,4 32,OO 323,9 30,08 324,4

32,11 621,3 30,68 622,7 28,56 621,9 27,11 622,3

34,52 62S,1 33,23 628,l 31,05 628,3

32,77 650,7 31,12 650,3

-- --- - - - 1. Cyclo-octan . . . . .

2. Cyclo-octanon . . .

3. Methyl-cyclo-pentsdc- can . . . . . . . .

4. I-JIethyl-cyclo-penta- decan-3-on (Xuscon) .

5 . Cyclo-hcptsdccen- (9) - on-(I) (Zibeton) . . .

t -.__

17,OO 61,2O 45,90 60,4O 79,2O

20,3O 3450 60,9O i9,2O

21,lO 35,l" 60,4"

60,6" 79,2O -

- P gef. ifittel wert ___ __

316,3

324,2

622,l

628,2

i50,5

- P

ber. -_

31 2,O

321 ,O

G25,O

683,O

661,O

- Ring- kon- itantr __ _- .

+4,3

$ 3 2

- 2,0

- 4,8

- lo,!

zusammengestellt. Zur Berechnung der Ringkonstante wurde die Differenz zwischen dem gefundenen Mittelwert und dem BUS den Atomkonstanten berechneten Parachor gebildet (vgl. letzte Kolonne cler Tabelle 1). Man sieht danach, dass also erwartungsgemass die

I) Sugden, 1. c. S. 38. 2, Vogel, SOC. 1928, 2018. 6,O ergibt sich, wenn man von dem, von Vogel indirekt

bestimmten, Wert des Parschors des Cyclo-hsptans (279,O) den fur dieson Kohlenwasssr- stoff aus den Atomkonstanten berechneten Wert (273,O) abzieht.

3, Am. SOC. 46, 1196 (1924).

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Ringkonstanten mit steigender Zahl Ringglieder kontinuierlich ab- nehmen und beim 15- und 17-gliedrigen Ring sogar einen negativen Wert annehmen. Ob allerdings die fur den Acht- und Fiinfzehnring erhaltenen Ringkonstsnten, die hochstens 1 % des ganzen Parachor- wertes betragen, reel1 oder aber = 0 sind, muss dahingestellt bleiben, da nach h'ugdenl) bei isomeren Verbindungen der Parachor um etwa 1% schwankt. Man kann also aus unseren Messungen vorlaufig nur folgern, dass der Parachor, Bhnlich wie such das Molekular- volumen, e t w s oberhalb des 8-gliedrigen Ringes den glei- chen Bet rag annimmt wie bei den al iphat ischen Verbin- dungen. Die etwas grossere Abweichung beim Zibeton kann in diesem Zusammenhsnge nicht gut mitberiicksichtigt werden, da der Anteil der Doppelbindung in diesem Falle wohl kaum genau ab- geschiitzt werden kann.

B. Kornpressibilitat (bearbeitet von H . J . Edelman).

Verfolgt man in der Reihe der Ringverbindungen die Werte des spezifischen Gewichts und des Molekularvolumens mit steigender Gliederzahl, so hat man zwei auffallende Tatsachen festzustellen. Die erste ist das stsrke Ansteigen des spezifischen Gewichtes bis zu einem Maximum, das in der Reihe der Ketone beim 10-gliedrigen und in der Reihe der Kohlenwasserstoffe beim 14-gliedrigen Ring liegt. Diese Erscheinung ksnn durch die Annahme erklart werden, dass bei diesen Verbindungen den einzelnen Atomen ein geringerer Schwingungsraum zukommt, als bei den aliphatischen Analogs oder den ganz hochgliedrigen Ringsystemen2). Die zweite Tatsache be- triff t die Abnahme des Molekularvolumens vom Maximum beim Dreiring bis etwa zum 8- bis 9-gliedrigen Ring, von wo ab der gleiche konstante Betrag erreicht wird wie bei den aliphatischen Verbindun- gen. Auch diese Erscheinung wird durch eine Besonderheit des Mo- lekelbaus bedingt sein miissenz). Es war nun von Interesse zu sehen, wie sich die Ringverbindungen bei der Kompression durch hohen Druck verhalten, da zu erwarten war, dass die Ringe, die sich bezug- lich Dichte und Molekularvolumen von den aliphatischen Verbindun- gen unterscheiden, wohl such in der Kompressibilitat Unterschiede aufweisen werden.

Zur Bestimmung der Kompressibilitatskoeffizienten wurde ein Appsrat beniitzt, der urspriinglich von 2%. W . Richards und h'tuZZ3) sngegeben wurde und an dem E. Cohen4) und seine Mitarbeiter kleine

1) 1. c. S. 33 und 34. 2) Vgl. dazu besonders $I. StoEl und G. Stoll-Comte, Helv. 13, 1185 (1930). 3, Publication no. 7 (1903) and no. 76 (1907) of the Camegie Institution of

Washington. 4, Z. physikal. Ch. 84, 41 (1913); Piezochemie kondensierter Systeme, Leipzig,

1919, S. 27; siehe auch illoesveld, Z. physikal. Ch. 105, 444 (1923) und Diss. Hardons, Utrecht 1928.

- 490 - Anderungen angebracht haben. Zum Unterschied von den bisherigen, bei gewohnlicher Temperatur ausgefiihrten Messunpen, mussten wir bei etwas erhohter Temperatur arbeiten, um ein Erstarren der zu untersucbenden fliissigen SubstanZen'), deren Schmelzpunkt nicht sehr weit von der Zimmertemperatur entfernt ist, zu verhindern. Man hat dabei zu beachten, dass das 61, welches in der Apparatur den Druck iibertrhgt, bei hoherer Temperatur diinner wird, was zu Undichtigkeiten der Kompressionsbombe fiihren kann. Durch An- wendung eines geniigend schweren 01s an Stelle des gewohnlich be- nutzten Petroleums kann man bei 45O gut arbeiten und Drucke bis 750 Atm. anwenden, ohne d ~ s Erstarren der von uns untersuchten Substanzen befurchten zu mussen.

Das Fiillen des Piezometers geschah bei Zimmertemperatur, wobei das Quecksilbervolumen so bemessen sein musste, dass der Kontakt bei 45O erst bei etwa 400 Atm. unterbrochen wurde. Damit man mit einer geniigenden Anzahl nicht zu kleiner Druckintervalle arbeiten konnte, wurden die Messungen bei 100 Atm. begonnen, was so erreicht wurde, dass das Quecksilberniveau des Piezometers in einem Wasserbade von 45O eingestellt wurde. Das Zufiigen der Sub- stanz geschsh nachher bei Zimmertemperatur. Die gemessenen Druckintervalle waren ungefiihr 100 Atrn. Das Manometer trug eine Teilung in Einheiten von 5 Atm. Die Unterschiede zwischen Doppel- bestimmungen waren etws $ %, also innerhalb der Ablesefehler.

Gearbeitet und gerechnet wurde nach dem Verfahren von Jfoesveld (1. c.), wobei man den mittleren Kompressibilithtskoeffi- zienten bequem ausrechnen kann, wenn die Quecksilbermengen so gewahlt werden, dass die Druckintervalle fast gleich gross sind. Um vergleichbare Zahlen zu bekommen, berechnet man den mittleren molekularen KompressibilitBtskoeffizienten ( pmol) nnch der Formel

( B = mittlerer Kompressibilitatskoeffizient bezogen auf die Volumeneinheit, M = Mo1.- Gew., d = spezif. Gew.)

Gemessen haben wir das Methyl-cyclo-pentadecan und das 1-Methyl-cyclo-pentadecan-3-on (Muscon), und zwar wurden diese Korper an Stelle der einfacheren nicht methylierten Verbindungen gewiihlt, da sie bei Zimmertemperatur fliissig sind. Bum Vergleich fiihrten wir auch Bestimmungen mit Cyclo-hexan und Cyclo-hesanon aus. Dass die bei methylierten Verbindungen erhaltenen Werte mit denen eine normale Kette aufweisender Analoga vergleichbar sind, folgt aus Untersuchungen von Th. W. Richards2), wonach die bei n-Octan und Methyl-heptan gemessenen intermeditiren Kompressi- bilitstskoeffizienten nur ganz unwesentlich voneinander abweichen.

oberhalb 300 a t m . schon bei 20°.

- l) Nach TA. W. Richards, Am. SOC. 38, 989 (1916), erstarrt Cyclo-hexan etwas

*) Am. SOC. 34, 971 (1012).

491 - - Richards bestimmte die Kom pressibilitiit beider Kohlenwasaerstoffe zwischen 97

und 294 Atm. und zwischen 294 und 490 Atm. Um einen einfachen Vergleich mit den weiter unten angefiihrten Zahlen zu ermoglichen, kann man die von Richards in Mega- baren angegebenen Werte nach Moesveld in die mittleren Kompressibilitatskoeffizienten umrechnen. Man erhiilt so:

Octan p und ,!?m01*103 = 19,2- 8,l x 10-3p Methylheptan j3.106 = 121,"- 50 x low3 p und j3mo,*103 = 19,s- 8,l x lop3 p

j3-108 = 118,3- 50 x

I n der Tabelle 2 geben wir die von uns gefundenen mittleren K ompressibilitatskoeffizienten, die im Interval1 von 0 bis p Atm. gultig sind.

Tabelle 2.

Die Werte der Ketone lassen sich vorlaufig mangels vergleich- barer Untersuchungen in der sliphatischen Reihe nicht diskutieren. Wun kann nur feststellen, dass sowohl bei den Rohlenwasserstoffen, wie such den Ketonen der mittlere Kompressibilitatskoeffizient mit steigender Ringgliederzahl sbnimmt. Die Kompressibilitatskoeffi- zienten der cyclischen Kohlenwasserstoffe kann man dagegen gut vergleichen mit denjenigen der aliphatischen nbrmalen Kohlenwasser- stoffe, von denen uns susser den von Richards bestimmten und oben angegebenen Werten eine gsnze Reihe von durch Ba?+totil) ausgefiihr- ten Nessungen zur Verfiigung stehen. Da sich die Werte von Bartoli auf ganz kleine Druckintervalle (weniger als 1 Atm.) beziehen, so liegen in denselben mittlere Kompressibilitaten vor, die mit unseren und den Rkhards'schen von uns umgerechneten Werten direkt ver- gleichbar sind, wenn man bei den letzteren einfach den Ausdruck fiir die Druckabhangigkeit fortlasst und nur die jeweils erstgenannte Zahl berucksichtigt. Die mittleren Kompressibilitatskoeffizienten fur n-Hexan bis n-Hexadecan sincl nach Bartoli folgende :

Zunachst stellen wir fest, dass die Werte bei Octan mit denen nach Richards befriedigend ubereinstimmen. Wahrend also die mittleren moIekuIaren Kompressibilitatskoeffizienten in der aliphatischen

1) Rend. Lomb. 2, 28 (1896).

49s - - Reihe mit steigendem Molekulargewicht fast konstant bleiben bzw. nur unbedeutend zunehmen, fd l t der geringe Wert (13,l) beirn Cyelo-hexan stark auf. Dass der Koeffizient beirn Methyl-cyelo-penta- decan flS,.5) sich dem sliphatischen Durchschnittswert (etwa 21) schon ziemlich nahert, ist auf Grund der iibereinstimnienden Mole- kularvolumina verstandlich. Es wgre wohl verfriiht, auf eine genauere Diskussion der Kompressibilitat des Sechsringes einzugehen, da man dazu wohl auch die noch unbekannten Kompressibilitiiten der anderen kleinen Ringsysteme mitberiicksichtigen sollte. Man kann vorliiufig nur vermuten, dass die Ursachen des relativ zu grossen Molekular- volumens und der geringen Kompressibilitat beim Sechsring in der Hauptsache die gleichen sind. Es ist ohne weiteres verstandlich, dass sich bei einer aliphatischen Verbindung und bei einem sehr gros- sen Ring (2. B. oberhalb des 20-Ringes) die Kohlenstoffatome zweier benachbarter annahernd paralleler Ketten durch Kompression leichter niihern kijnnen als beim Seohsring, der infolge des fortlaufen- den Zusammenhangs der wenigen Kohlenstoffatome relativ starr ist. Besonders deutlich wird dieser Unterschied, wenn man nach XtoZZ und ~S'tsZl- Comtel) annimmt, dass zwischen den Ringgliedern eines kleinen Ringes kein Plstz fur den Schwingungsraum der Wasserstoff- atome ist und diese den Ring vollstiindig von aussen umgeben, w5h- rend bei einem grossen Ring (etwa oberhalb des 16-Ringes) gerade so wie bei den aliphstischen Verbindungen die Kohlenstoffkette von alien Seiten, also auch innerhalb des Ringes, mit Wasserstoffatomen umgeben ist.

Die Ergebnisse der Kompressibilitiit der Ringe stimmen also mit denen aller anderen Untersuchungsreihen iiberein. Es ware von Interesse, diese Untersuchungen weiter auszudehnen, soweit sich eben Verbindungen finden lassen, die bei hohem Druck und etwa 50° noch fliissig bleiben.

Wir mochten auch an dieser Stelle Herrn Prof. E. Cohen danken fur die Freundlich- keit, mit der er uns die fur die Messungen notigen Apparate zur Verfugung stellte, und H e m Dr. ilfoesueld fur wcrtvolle Ratschlage bei der experimentellen Arbeit und den Rec hnungen . C. Bemerkzcng ZZG d e n Yerbrennungswiirmen cgclischer Verbind i~ngen .

I n unserer kurzlich erschienenen Abhandlung?) haben wir auch den ,,auffallend ge- ringen Wert" der Verbrennungswiirme des Methyl-tetramethylens nach Zultow-Su%etitos- Znwsky erwahnt, der nur wenig hoher liegt aIs beim isonieren Cyclo-pentan. Herr Dr. Fr. Ilichler, Berlin, hat uns in freundlicher Weise darauf aufmerksam gemacht, dass schon Rosanow und FiZipow3) festgestellt hatten, dass der von Zzibow verbrannte Kohlen- wasserstoff tstsichlich hauptsachlich &us Cyclo-pentan bestand.

Organisch-chemisches Laboratorium der Eidgen. Techn. Hochschule Zurich und van't Hoff-Laboratorium der Universitgt Utrecht. l) Vgl. besonders die Ringmodelle in Helv. 13,1195 (1930). ?) Helv. 16,167 (1933). 3, Beilstein-Erganzungswerk V, 5 (1930); vgl. auch Fr. Richter, Chem. Reviews,

10, 385 (1932).


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