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EUROZONE AUF DEM WEG NOCH TIEFER IN DIE KRISE. Die durch den Euro hervorgerufenen Probleme haben sich weiter zugespitzt, weil nun nach Griechenland und Portugal auch in Spanien die Wirtschaft in eine ökonomische Negativspirale, aus sich wechselseitig verstärkendem Sparzwang und Rezession geraten ist. Ursächlich dafür ist im Grunde genommen die Ein- führung des Euros. Spanien kam, wie andere südeuropäi- sche Länder, dadurch in den Genuss von unglaublich billigen Krediten, die es in den alten Währungen nicht gege- ben hatte. Daraus und mit Hilfe von Subventionen aus EU-Mitteln entwi- ckelte sich dort ein Immobilienboom in unglaublichem Ausmaß, der nach seinem lange erwarteten Zusammen- bruch zu Kreditausfällen bei vielen spa- nischen Banken, vor allem den Spar- kassen, geführt hat. Nun sind, wie zuvor bereits in Irland, der Staat und die EU in die Bresche gesprungen, um einen Run auf die spanischen Banken – und damit einen Zusammenbruch des dortigen Finanzsystems – zu ver- hindern. Bis zu maximal 100 Milliarden Euro hat die EU dafür eiligst an Mitteln versprochen. Die Details sind aber – wie so oft bei EU-Beschlüssen – noch nicht geregelt und das verhindert eine echte Beruhigung. Die wegen den Stüt- zungsmaßnahmen für die spanischen Banken hervorgerufene höhere Staats- verschuldung – diese wird nun auf zir- ka 100 Prozent des Sozialproduktes geschätzt – verstärkt den unheilvollen Zwang zum Sparen und – noch schlim- mer – führt zu Steuererhöhungen, was wiederum durch den entsprechenden Nachfragerückgang rezessive Entwick- lungen fördert, die ihrerseits zu größe- ren Steuerausfällen und höheren So- zialausgaben führen. Ein ähnliches Muster ist in allen südeuropäischen Euroländern – am schlimmsten in Grie- chenland – zu beobachten. Trotz zum Teil einschneidenden Sparmaßnahmen und einiger meist halbherziger Refor- men gibt es kaum Anzeichen für eine echte Besserung, die nur über die Wie- dergewinnung wirtschaftlicher Wettbe- werbsfähigkeit erreicht werden kann. Die massive Liquiditätszufuhr in das Bankensystem durch die Europäische AKTUELLE INFORMATIONEN AUS DEM KAPITALMARKT. AUSGABE JULI 2012 Zentralbank Ende 2011 und nochmals Ende Februar 2012 verliert ihre Wir- kung, zumal das meiste Geld ohnehin bei der EZB geparkt wird. Das akuteste Problem in Südeuropa ist der schon länger anhaltende und seit Ende Feb- ruar verstärkte Run auf viele Banken in Südeuropa. Diese hängen deshalb im- mer mehr am Tropf der EZB oder, wenn ihre Sicherheiten – weil zu schlecht – von dieser nicht mehr akzeptiert wer- den, an den nationalen Notenbanken, die ihrerseits Mittel von der EZB be- kommen. Die seit 2007 exponentiell anwachsenden Target2-Salden (siehe Grafik) spiegeln diese unhaltbare und immer schneller werdende Fehlent- TARGET2-SALDEN 800 600 400 200 0 - 200 - 400 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 --- Deutschland --- Spanien --- Frankreich --- Italien in Mrd. € Einhundert Jahre Ellwanger & Geiger Privatbankiers 1912 – 2012 Quelle: Institut für Empirische Wirtschaftsforschung der Universität Osnabrück

Aktuelle Informationen aus dem Kapitalmarkt - Juli 2012

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Aktuelle Informationen aus dem Kapitalmarkt - Juli 2012Wir möchten Ihnen Einblicke in die aktuelle Marktlage ermöglichen und Sie über zukunftsträchtige Anlageformen informieren.Unser Experte Andreas. Rapp, Leiter des Bereiches "Private Banking" bei ELLWANGER & GEIGER PRIVATBANKIERS, und sein Team analysiert und kommentiert die Entwicklungen auf den Aktienmärkten.

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Page 1: Aktuelle Informationen aus dem Kapitalmarkt - Juli 2012

EUROZONE AUF DEM WEG NOCH TIEFER IN DIE KRISE.

Die durch den Euro hervorgerufenen Probleme haben sich weiter zugespitzt, weil nun nach Griechenland und Portugal auch in Spanien die Wirtschaft in eine ökonomische Negativspirale, aus sich wechselseitig verstärkendem Sparzwang und Rezession geraten ist. Ursächlich dafür ist im Grunde genommen die Ein-führung des Euros.

Spanien kam, wie andere südeuropäi-

sche Länder, dadurch in den Genuss

von unglaublich billigen Krediten, die

es in den alten Währungen nicht gege-

ben hatte. Daraus und mit Hilfe von

Subventionen aus EU-Mitteln entwi-

ckelte sich dort ein Immobilienboom

in unglaublichem Ausmaß, der nach

seinem lange erwarteten Zusammen-

bruch zu Kreditausfällen bei vielen spa-

nischen Banken, vor allem den Spar-

kassen, geführt hat. Nun sind, wie

zuvor bereits in Irland, der Staat und

die EU in die Bresche gesprungen, um

einen Run auf die spanischen Banken

– und damit einen Zusammenbruch

des dortigen Finanzsystems – zu ver-

hindern. Bis zu maximal 100 Milliarden

Euro hat die EU dafür eiligst an Mitteln

versprochen. Die Details sind aber –

wie so oft bei EU-Beschlüssen – noch

nicht geregelt und das verhindert eine

echte Beruhigung. Die wegen den Stüt-

zungsmaßnahmen für die spanischen

Banken hervorgerufene höhere Staats-

verschuldung – diese wird nun auf zir-

ka 100 Prozent des Sozialproduktes

geschätzt – verstärkt den unheilvollen

Zwang zum Sparen und – noch schlim-

mer – führt zu Steuererhöhungen, was

wiederum durch den entsprechenden

Nachfragerückgang rezessive Entwick-

lungen fördert, die ihrerseits zu größe-

ren Steuerausfällen und höheren So-

zialausgaben führen. Ein ähnliches

Muster ist in allen südeuropäischen

Euroländern – am schlimmsten in Grie-

chenland – zu beobachten. Trotz zum

Teil einschneidenden Sparmaßnahmen

und einiger meist halbherziger Refor-

men gibt es kaum Anzeichen für eine

echte Besserung, die nur über die Wie-

dergewinnung wirtschaftlicher Wettbe-

werbsfähigkeit erreicht werden kann.

Die massive Liquiditätszufuhr in das

Bankensystem durch die Europäische

AKTUELLE INFORMATIONEN AUS DEM KAPITALMARKT.

AUSGABE JULI 2012

Zentralbank Ende 2011 und nochmals

Ende Februar 2012 verliert ihre Wir-

kung, zumal das meiste Geld ohnehin

bei der EZB geparkt wird. Das akuteste

Problem in Südeuropa ist der schon

länger anhaltende und seit Ende Feb-

ruar verstärkte Run auf viele Banken in

Südeuropa. Diese hängen deshalb im-

mer mehr am Tropf der EZB oder, wenn

ihre Sicherheiten – weil zu schlecht –

von dieser nicht mehr akzeptiert wer-

den, an den nationalen Notenbanken,

die ihrerseits Mittel von der EZB be-

kommen. Die seit 2007 exponentiell

anwachsenden Target2-Salden (siehe

Grafik) spiegeln diese unhaltbare und

immer schneller werdende Fehlent-

TARGET2-SALDEN

800

600

400

200

0

- 200

- 400

2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

--- Deutschland --- Spanien --- Frankreich --- Italien

in Mrd. €

Einhundert Jahre Ellwanger & Geiger Privatbankiers1912 – 2012

Quelle: Institut für Empirische Wirtschaftsforschung der Universität Osnabrück

Page 2: Aktuelle Informationen aus dem Kapitalmarkt - Juli 2012

wicklung von Leistungsbilanzdefiziten

und die zunehmende Kapitalflucht aus

den südeuropäischen Ländern wider.

So hat die Deutsche Bundesbank inzwi-

schen Forderungen an die Notenban-

ken der südeuropäischen Länder und

Frankreich von über 700 Milliarden

Euro. Man braucht kein Schwarzseher

zu sein, um eine Prognose von 1 Billion

Euro noch in diesem Jahr zu wagen.

Sollten die Defizitländer doch eines

Tages aus der Eurozone ausscheren,

wären diese Forderungen der Bundes-

bank zwar besichert und nur mit dem

Anteil Deutschlands von 27 Prozent an

der EZB gefährdet, müssten aber sicher-

lich in erheblichem Umfang wertberich-

tigt werden. Vor diesem Hintergrund

ist es verständlich, wenn sich einige

führende deutsche Geldpolitiker bei

der EZB und der Bundesbank wegen

mangelnder politischer Unterstützung

durch die deutsche Regierung von ih-

ren Ämtern zurückgezogen haben. Die

Bundesbank wäre bei einer solchen

Zuspitzung auf eine Kapitalerhöhung

durch den Bund angewiesen, und der

schon bisher defi zitäre Staatshaushalt

Deutschlands würde in eine ernste

Schiefl age geraten. Die Verpfl ichtungen

aus den Rettungsschirmen in Höhe von

über 300 Milliarden sind dabei noch

nicht einmal berücksichtigt.

Weil die Folgen des Zerbrechens der

Eurozone kurzfristig sehr schmerzhaft

wären, wird der eigentlich notwendi-

gen Behebung der Ursachen für die

immer größer werdenden Spannungen

in der Eurozone viel zu wenig Aufmerk-

sam gewidmet. Stattdessen fordert

eine unheilige Allianz aus EU-Kommis-

sion, Schuldnerländern, anderen G20-

Ländern und vielen Investoren eine

mehr oder weniger umfangreiche Ver-

gemeinschaftung von alten oder neuen

Schulden zu Lasten der Überschusslän-

der. Ob dies über sogenannte Euro-

bonds, über eine Bankenunion durch

eine gemeinsame Einlagensicherung

und Bankenaufsicht oder den ESM (Eu-

ropäischer Stabilisierungsmechanismus)

geschieht ist zweitrangig. Auch die

Bundesregierung spricht sich für eine

gemeinsame Fiskalpolitik auf europäi-

scher Ebene aus, allerdings zusammen

mit einer im geplanten Fiskalpakt ein-

gebauten Schuldenbremse. Wer die

Erfahrungen mit bisherigen Selbstbe-

schränkungen beim Schuldenmachen

in Europa betrachtet, muss mit Hinblick

auf deren Einhaltung mit einem Schön-

wetterversprechen inklusive eingebau-

ter Sollbruchstellen rechnen. Die Wah-

len in Frankreich, welche den Sozialisten

eine enorme Machtfülle verschafften,

beeinfl ussen über den Zwang zu Kom-

promissen mit der SPD und den Grünen

zunehmend auch die Politik in Deutsch-

land. Unser wichtigster Handelspartner

hat unter der Regierung Sarkozy per-

manent an Wettbewerbsfähigkeit ver-

loren und steht vor großen Problemen,

die wegen der noch größeren Probleme

der südeuropäischen Länder von den

Anlegern nicht ausreichend wahrge-

nommen werden.

In Griechenland wartet man auch nach

den Wahlen noch immer auf konkrete

Fortschritte, und der Verbleib in der

Eurozone ist wegen der ausgeprägten

Wettbewerbsnachteile weder sinnvoll

noch sichergestellt. In Italien sind

durchaus sinnvolle Gesetzesvorlagen

der Regierung Monti, wie etwa die ver-

wässerte Arbeitsmarktreform, endlich

beschlossen worden. Mit seiner sehr

kurzfristigen Schuldenstruktur könnte

das Land, anders als Spanien, nicht auf-

gefangen werden. In Italien dürfte sich

deshalb die Zukunft des Euros entschei-

den. Gelingt es dem Land nicht, seine

Finanzen innerhalb der Eurozone in Ord-

nung zu bringen, wird es die Währungs-

union früher oder später mit ungeheu-

ren Schäden für Kapitalanleger und die

deutsche Exportindustrie verlassen müs-

sen. Dass angesichts solch gewaltiger

Risiken und Herausforderungen das Ver-

trauen in die weitere wirtschaftliche Ent-

wicklung leidet, ist nicht verwunderlich.

Und weil wirtschaftliches Handeln vor

allem auf Vertrauen beruht, wird 2012

ein Rezessionsjahr in Europa werden.

Solange die Politik die Weichen nicht

in Richtung Wettbewerbsfähigkeit und

Schuldenentlastung stellt, bleiben die

südeuropäischen Länder in einer Ne-

gativspirale gefangen und treiben dem

Staatsbankrott entgegen. Die schmerz-

hafte Anpassung von Preisen und Löh-

nen wird den Krisenstaaten nicht er-

spart bleiben können, wenn sie im

Euro bleiben wollen.

„FRUSTKONJUNKTUR“ IN

DEUTSCHLAND

Wegen Exportrückgängen in die Euro-

zone und der langsameren Konjunktur

in den Schwellenländern leidet das

Wachstum in Deutschland. Die Binnen-

nachfrage, etwa beim Wohnungsbau,

stützt allerdings. Auch höhere Löhne

helfen hierzulande der Kaufkraft. Einer

der vielen Aspekte der Eurokrise, näm-

lich die Angst vor dem Wertverlust der

Ersparnisse, beflügelt in Deutschland

die Konjunktur auf ganz ungewöhnli-

che Weise: Das Motto „Lieber ein neu-

es Bad als Anleihen vom Staat“ sorgt

für umfangreiche Modernisierungen bei

Wohnungen und fördert die Auftrags-

lage der einschlägigen Branchen und

des Handwerks. Auch die hohe Nach-

frage gerade südeuropäischer Anleger

nach deutschen Immobilien sorgt für

eine gute Stimmung. Die im Vergleich

sehr wettbewerbsfähige Wirtschaft

Deutschlands kann aber nicht dauerhaft

für alle Schulden Europas geradestehen.

Damit wäre unser in der Außenwahr-

nehmung überschätztes Land auch an-

gesichts des eigenen Schuldenbergs

vollkommen überfordert.

Helmut Kurz

Page 3: Aktuelle Informationen aus dem Kapitalmarkt - Juli 2012

Einig ist man sich dahingehend, dass

Deutschland mehr „Verantwortung“

übernehmen soll. Insbesondere die Idee

einer Fiskal- und Bankenunion auf eu-

ropäischer Ebene wird befürwortet.

Gemeint ist dabei aber vor allem, dass

Deutschland als wirtschaftsstärkster

Staat im Euroland kurzfristig mehr

Haftung und mittelfristig am besten

gleich ganz die europäische Schul-

denlast schultern soll. Es wird dabei

nur verkannt, dass die Verschuldung

Deutschlands ebenfalls zu hoch ist und

bereits jetzt schon weit über der Maas-

tricht-Grenze von maximal 60 Prozent

des Bruttoinlandsprodukts liegt. Die

Wirtschaft Deutschlands ist im europä-

ischen Vergleich zwar sehr wettbe-

werbsfähig, der deutsche Staat kann

aber nicht dauerhaft für alle Schulden

Europas geradestehen.

Das Kernproblem der südeuropäischen

Länder liegt nicht nur im mangelnden

Sparwillen beziehungsweise der haus-

haltspolitischen Disziplin oder der Un-

fähigkeit, alle Steuern einzutreiben. Vor

allem ist der südeuropäische Wirt-

schaftsbereich schlicht nicht wettbe-

werbsfähig. Da helfen auch gemein-

schaftlich haftende Rettungsschirme,

Eurobonds oder EZB-Aufkaufprogram-

me langfristig nicht weiter. Die schmerz-

hafte Anpassung von Preisen und Löhnen

wird den südeuropäischen Krisenstaaten

nicht erspart bleiben. Auch wenn Italien

und Spanien erste positive Ansätze

zeigen, so werden von Kapitalmärkten

weitere Anstrengungen eingefordert

werden, wie die wieder steigenden

langfristigen Zinsen Italiens und Spani-

ens zeigen. Die Unsicherheit bleibt den

Marktteilnehmern defi nitiv erhalten.

Die Aktienmärkte haben in diesem Um-

feld sämtliche Gewinne des ersten

Quartals wieder eingebüßt. Die Gewinn-

prognosen der Unternehmen werden

Schritt für Schritt nach unten ange-

passt, weil viele Investoren befürchten,

dass selbst die deutsche Wirtschaft

nicht vor Abschwüngen gefeit ist. Dies

könnte die meist attraktiven Dividen-

denrenditen zukünftig etwas schmä-

lern. Solange nicht klar ist, ob in Grie-

chenland eine stabile Regierung für die

notwendige Zusammenarbeit mit der

EU sorgt, werden sich Euphorie und

Depression weiterhin täglich abwech-

seln. Im Gegensatz zum DAX sind die

europäischen Indizes im zweiten Quar-

tal in die Minuszone geraten. Die welt-

weit nachgebenden Wirtschaftsindika-

toren werden sowohl in Europa als auch

in Asien mögliche Aufwärtsbewegun-

gen zunächst hemmen. Eine defensive

Vorgehensweise ist Aktieninvestoren zu

empfehlen. Für das Jahresende zeigen

einige Frühindikatoren eine leichte Be-

lebung der Weltwirtschaft an. Diese

steht allerdings in diesem politischen

Umfeld auf fragilem Fundament.

Nichtsdestotrotz sollten Aktien als Sach-

anlage in einer Vermögensverteilung

Berücksichtigung fi nden. Ein langer

Atem und eine höhere Risikotoleranz ist

dabei allerdings vonnöten. Die kurzfris-

tige Entspannung an den Aktienmärk-

ten nach den für Deutschland folgen-

schweren EU-Gipfelbeschlüssen sorgt

zumindest für ein Durchatmen.

Die Erkenntnis, dass auch starke Staaten

wie Deutschland oder Holland nicht

endlos belastbar sind, dürfte die Märk-

te in nicht allzu langer Zeit wieder ver-

unsichern.

Michael Beck

AKTIENMÄRKTE IN UNRUHIGEM FAHRWASSER.

Inzwischen hat laut des IWF und der Weltbank die ganze Welt Angst davor, dass die EU-Schuldenkrise die Weltwirtschaft nachhaltig schädigt. Interessanterweise zeigen vor allem die US-amerikanischen Verant-wortlichen, getrieben von eigenen Schuldenbergen und nachlassenden Wirtschaftsindikatoren, immer deut-licher mit dem warnenden Zeigefinger auf Europa. Leider widersprechen sich dabei die ein oder anderen Nobelpreisträger beziehungsweise Politiker und zeigen nicht immer Einigkeit in der Einschätzung der Lage sowie der zu verwendenden Mittel.

VERGLEICH RENDITE 1. QUARTAL MIT RENDITE 1. HALBJAHR IN %

Quelle: Reuters

-12 -7 -2 3 8 13 18

US-Dollar

RexP

iBoxx

Gold

STOXX50

Dow Jones

MSCI World (€)

Hang Seng

Rohöl

Nikkei 225

DAX

1. Halbjahr 1. Quartal

Page 4: Aktuelle Informationen aus dem Kapitalmarkt - Juli 2012

Im zweiten Quartal 2012 verschärfte

sich die EU-Schuldenkrise. Die Renditen

deutscher 10-jähriger Staatsanleihen

fi elen daraufhin nahezu täglich auf

neue historische Tiefstände. Nicht für

möglich gehaltene 1,15 Prozent mar-

kierten den Tiefpunkt der Zinsentwick-

lung. Bei zweijährigen Anleihen wur-

den sogar leichte Minusrenditen akzep-

tiert, um eine zukünftige Rückzahlung

sicherzustellen. Natürlich ist dies Aus-

druck krisenverzerrter Marktzustände.

Die Schweizer Nationalbank hat alleine

im Mai zirka 60 Milliarden Euro aufge-

kauft, um den von ihr ausgerufenen

Mindestkurs von 1,20 CHF/EUR zu ver-

teidigen. Dieses Geld fl ießt sofort in

sichere Bundesanleihen und trägt zu

den massiven Kurssteigerungen bei. Die

Renditen lösten sich erst von ihren Tiefs

und bewegten sich wieder in Richtung

1,5 Prozent, als die spanische Regierung

für ihren maroden Bankensektor EU-

Hilfen beantragte. Erwartete Leitzins-

senkungen der EZB und moderate In-

fl ationsraten sorgen dafür, dass die

langfristigen Zinssätze bis auf weiteres

auf ihrem niedrigen Niveau verharren.

Der stetige Rückgang der Renditen

stürzt viele Investoren in Anlagenöte.

Gewohnt sichere Anlagen, wie zum

Beispiel deutsche Pfandbriefe oder Un-

ternehmensanleihen mit sehr guter

Bonität rentieren nur noch zwischen

0,7 und 2,5 Prozent, je nach Laufzeit

und Bonität. Vor wenigen Jahren be-

wegte sich dieser Spielraum meist zwi-

schen 3,5 Prozent und mindestens 4,5

Prozent. Aus diesem Grunde wird es

wichtiger, ergänzende Investment-

möglichkeiten in ein Rentenportfolio

mit aufzunehmen. Um dabei höhere

Renditen zu erzielen, müssen generell

höhere Risiken in Kauf genommen wer-

den. Beispielsweise bieten sich hierbei

Währungsengagements an. Idealerwei-

se in Währungen, die einen Zinsvor-

sprung zum Euroraum bieten. Des

Weiteren können über gelockerte Bo-

nitätsanforderungen höhere Renditen,

wie im Unternehmens- und High-Yield-

Segment erzielt werden. Auch Spezial-

anleihen, wie Wandelanleihen, die ein

Wandelrecht einer ursprünglich erwor-

benen Anleihe in eine bestimmte Aktie

beinhalten, können diesem Zweck die-

nen. All diese Möglichkeiten haben

eines gemeinsam. Die Risiken von Kurs-

schwankungen der Währung oder der

Anleihenkurse beziehungsweise Ausfäl-

len durch Nichtbedienung von Zinsen

oder Nichtrückzahlungen sind wesent-

lich höher als bei sicheren Bundesan-

leihen oder deutschen Pfandbriefen.

Aus diesem Grunde ist es nahezu un-

erlässlich, über Beimischungen in die-

sen Anleihegattungen nachzudenken.

Um den Risiken zu begegnen und die-

se abzumildern, sollten Fondslösungen

ins Auge gefasst werden. Mit diesen

Rentenfonds können die Vorteile der

höheren Verzinsungen in Verbindung

mit einer automatischen Risikostreu-

ung in ein Depot eingebaut werden.

Die genaue Analyse der verfolgten

Strategie und der im Fonds eingegan-

genen Risiken sowie des Preis-Leis-

tungs-Verhältnisses ist dabei unabding-

bare Voraussetzung. Auch sollte

beachtet werden, dass mehrere Anlei-

henfonds verschiedene Risiken verkör-

pern, die sich summieren können. Dies

sollte im strategischen Aufbau eines

Rentenportfolios Berücksichtigung fi n-

den. Die aktuelle Zinslage erzwingt,

diese Ergänzungslösungen in ein Ren-

tenportfolio mit aufzunehmen, will

man ein einigermaßen auskömmliches

Renditeniveau erzielen.

Michael Beck

RISIKOLOSER ZINS GLEICH NULL.

Quelle: bloomberg

RENDITE 10-JÄHRIGE BUNDESANLEIHEN IN % (JANUAR 1989 BIS MAI 2012)

10,0

9,0

8,0

7,0

6,0

5,0

4,0

3,0

2,0

1,0

0,0

1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

--- Bundesanleihen 10 Jahre

Page 5: Aktuelle Informationen aus dem Kapitalmarkt - Juli 2012

Während der Wunsch nach klassischem

Kapitalerhalt machbar ist, kann im ak-

tuellen Marktumfeld ein Werterhalt

nicht ohne das Eingehen von Risiken

erreicht werden. Bei einer offi ziellen

jährlichen Infl ationsrate von 2 Prozent

und einer Rendite für zehnjährige

Bundesanleihen, die vor Steuern bei

aktuell 1,3 Prozent pro Jahr und nach

Steuern noch bei zirka 0,95 Prozent

pro Jahr liegt, wird offensichtlich, mit

welcher Problemstellung sich Anleger

auseinandersetzen müssen.

Diese Situation kann zukünftig weiter

verschärft werden, wenn die Infl ations-

rate ansteigt und/oder die Zinsen von

der Europäischen Zentralbank gesenkt

werden.

Sachwerte und Fremdwährungen kön-

nen eine mögliche Lösung sein, um

langfristig den Wert des Geldes zu

erhalten. In diesem Zusammenhang

muss erwähnt werden, dass die ver-

schiedenen Möglichkeiten, in Sach-

werte oder Währungen zu investieren,

sowohl Chancen als auch Risiken mit

sich bringen, die individuell analysiert

und mit der persönlichen Lebenssitua-

tion abgeglichen werden sollten. Daher

ist die wichtigste, grundsätzlich gültige

Strategie die der Diversifi kation von Ver-

mögenswerten. „Never put all eggs in

one basket.“ Dieses Bild sollte jeder

Anleger im Hinterkopf behalten.

In diesem Zusammenhang ist es inte-

ressant zu beobachten, dass eine Viel-

zahl von Kunden, die über die letzten

Jahre ausschließlich auf festverzinsliche

Wertpapiere gesetzt haben, Aktien aus

oben beschriebenen Gründen als eine

mögliche Alternative betrachtet. Wäh-

rend eine Euro-Unternehmensanleihe

eines bonitätsstarken DAX-Unterneh-

mens mit zirka vier Jahren Restlaufzeit

im Durchschnitt 2 Prozent pro Jahr

Vorsteuerrendite aufweist, kann mit

einzelnen DAX-Aktien eine Dividen-

denrendite von jährlich bis zu 6 Pro-

zent erzielt werden. Die Renditen der

Rentenpapiere sind in den letzten zwei

Jahren ebenfalls kontinuierlich zurück-

gegangen, wogegen die DAX-Unter-

nehmen die Dividenden auf einem

konstant hohen Niveau halten.

Für den Anleger ist es beim Kauf von

Aktien besonders wichtig, dass er die

Schwankungsintensität der Kurse aus-

halten kann und die im Aktienmarkt

investierten Gelder nicht zu einem be-

stimmten Zeitpunkt in naher Zukunft

benötigt. Im Vergleich zu den Renditen

der festverzinslichen Wertpapiere stellt

die Renditedifferenz von zirka 4 Pro-

zent jährlich einen kleinen Risikopuffer

dar. Es gilt, für den Anleger weiter da-

rauf zu achten, dass die Dividenden-

renditen einzelner Aktien über einen

längeren Zeitraum bestätigt und aus

dem Gewinn des Unternehmens ge-

zahlt werden.

Eine weitere Alternative für Kunden,

die bisher nur in Euroanleihen inves-

tiert haben, stellen ausgewählte

Fremdwährungen oder Fremdwäh-

rungsanleihen dar. Ein höheres Zinsni-

veau, geringere Verschuldungsquoten

ausgewählter Länder, die Chance auf

eine Aufwertung der Währung gegen-

über dem Euro sowie die Euroskepsis

einiger Anleger sind die Hauptargu-

mente für ein Engagement in Fremd-

währungen als Beimischung.

Ähnlich wie im Aktienmarkt gilt es auch

hier, einerseits das richtige Timing zum

Einstieg zu fi nden und andererseits

Schwankungen in den Wechselkursen

zum Euro aushalten zu können. Als

interessante Beimischungen gelten die

skandinavischen Währungen, ausge-

wählte asiatische Währungen, der

Kanadische Dollar sowie für etwas spe-

kulativer orientierte Anleger der Brasi-

lianische Real.

Anleger können natürlich auch Aktien

und Fremdwährungen miteinander

verknüpfen. Der Kauf der norwegi-

schen Statoil-Aktie lässt den Anleger

beispielsweise an der Wertentwicklung

der Aktie und indirekt an der Wertent-

wicklung der Norwegischen Krone

zum Euro partizipieren.

Auch Gold, das als Währungsersatz

angesehen werden kann, hat in einem

breit gestreuten Portfolio seine Berech-

tigung. In unserer diesjährigen Januar-

ausgabe der Kapitalmarktbroschüre

sind wir bereits intensiv auf dieses The-

ma eingegangen. Über Goldaktien ist

auch eine Verknüpfung der Anlageklas-

sen Gold und Aktien möglich.

Natürlich müssen die unterschied-

lichen Chance- und Risikoprofile von

Fremdwährungen, Fremdwährungs-

anleihen, Gold und Aktien genau ana-

lysiert und mit den individuellen

Kundenzielen abgeglichen werden.

Andreas Rapp

WERTERHALT ANSTATT KAPITALERHALT.

Es gibt wohl kaum ein Thema, das in den letzten Monaten in fast jedem Kundengespräch direkt oder indirekt so oft zur Sprache gekommen ist. Vor allem sicherheitsorientierte Anleger stehen vor der schwierigen Aufgabe, den Vermögenswert ihrer liquiden Anlagen zu erhalten.

Page 6: Aktuelle Informationen aus dem Kapitalmarkt - Juli 2012

Dabei unterscheidet sich Wasserkraft

maßgeblich von anderen erneuerbaren

Energien wie Photovoltaik oder Wind-

kraft, denn sie wird seit über 100 Jahren

zur Stromerzeugung eingesetzt und ist

daher technisch ausgereift. Einige Was-

serkraftwerke sind bereits seit Ende des

19. Jahrhunderts in Betrieb bei gleich-

zeitig geringen Wartungs- und Instand-

haltungskosten. So erzielen sie stetige,

planbare Erträge über lange Zeiträume

– und das ohne Erzeugung von Treib-

hausgasen oder sonstigen Schadstoffen

und nahezu ohne Abwärme. Während

Atomkraftwerke nur auf einen Wir-

kungsgrad von rund 35 Prozent kom-

men und Erdgaskraftwerke immerhin

58 Prozent erreichen, belegt Wasser-

kraft mit 95 Prozent Wirkungsgrad un-

angefochten Platz eins hinsichtlich Ef-

fi zienz. Darüber hinaus produzieren

Wasserkraftwerke konstant Strom – un-

abhängig von Sonne und Wind – und

können dadurch die Energiegrundlast

absichern. Wasserkraftwerke hatten

2010 einen Anteil von rund 16 Prozent

an der weltweiten Energieerzeugung.

Die Tendenz ist steigend, da sie bereits

heute ohne staatliche Subventionen

auskommen.

Allerdings ist die Nutzung der Wasser-

kraft mit herkömmlichen Wasserkraft-

werken begrenzt. Voraussetzung für ein

wirtschaftliches Betreiben ist entweder

eine hohe Durchfl ussmenge oder eine

große Fallhöhe. In Deutschland und

den anderen europäischen Industrie-

staaten werden nahezu alle in Frage

kommenden Standorte bereits genutzt.

Ein Anlageinteressent hat nun mehrere

Möglichkeiten, an der Wasserkraft zu

partizipieren. Möchte man sich direkt

an Wasserkraftwerken beteiligen, dann

wird man in Südosteuropa und der Tür-

kei fündig. Gerade die Türkei unter-

stützt den Ausbau der Wasserkraft auch

politisch, um den hohen Anteil am

Energieimport von derzeit rund 80 Pro-

zent zu verringern.

Entspricht die Anlageregion nicht dem

Risikoprofi l des Anlegers, so hat er die

Möglichkeit einer indirekten Beteili-

gung an Wasserkraftwerken: Von den

europäischen Energiekonzernen sind

einige sehr stark in erneuerbaren Ener-

gien, speziell Wasserkraftwerken, inves-

tiert. Der Anleger kauft sich kurzerhand

die Aktie eines solchen Energieversor-

gers in sein Portfolio und kann sich

fortan über nachhaltige Erträge im dop-

pelten Sinne freuen.

Andreas Hagenlocher

WASSER – KRAFT DER ZUKUNFT.

Weltweit wächst der Energiehunger ungebremst. Doch während der Energiebedarf steigt, sind fossile Rohstoffe wie Kohle, Öl oder Gas endlich und verknappen sich zunehmend. Das treibt die Nachfrage nach erneuerbaren Energien an.

WEITERE INFORMATIONEN

BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KGBörsenplatz 1, 70174 Stuttgart

Michael BeckLeiter Portfolio ManagementTelefon 0711/2148-242Telefax 0711/[email protected]

Dieser Bericht wurde erstellt vom BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KG

Verantwortlich: Dr. Volker Gerstenmaier,Mario CaroliRedaktion: Michael Beck, Andreas Hagenlocher, Helmut Kurz, Andreas Rapp

Stand: Juli 2012Die vorliegenden Informationen dienen ausschließlich der allgemeinen Information. Es handelt sich nicht um eine Anlageberatung oder Empfehlung oder eine Finanz-analyse. Für eine individuelle Anlageempfehlung oder Beratung stehen unsere Berater gerne zur Verfügung. Eventuelle Angaben zur steuerlichen Situation können nur allgemeiner Art sein. Abhängig von der individuellen Situation des Steuerpfl ichtigen kann sich eine abwei-chende steuerliche Beurteilung ergeben. Bei Performance-darstellung handelt es sich um Betrachtungen von früheren Wertentwicklungen. Die Angaben, Vergleiche und Betrachtungen der Vergangenheit sind keine Garantie und kein verlässlicher Indikator für zukünftige Entwick-lungen. Wertentwicklungen oder Renditen einzelner Produkte werden durch diverse Faktoren wie z.B. Markt-, Kurs-, Währungsschwankungen und Transaktionskosten beeinfl usst und können zu Verlusten oder Gewinnen führen. Die vorliegenden Informationen basieren auf vertrauenswürdigen Angaben aus verlässlichen Quellen, erheben jedoch keinen Anspruch auf Genauigkeit und Vollständigkeit hinsichtlich der im Dokument erwähnten Wertpapiere, Märkte und Entwicklungen. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder. Die Urheberrechte für die gesamte inhaltliche und graphische Gestaltung liegen beim Herausgeber und dürfen gerne, jedoch nur mit schriftlicher Genehmigung, verwendet werden.

WIRKUNGSGRADE VERSCHIEDENER KRAFTWERKSTYPEN IM VERGLEICH IN %

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Atomkraftwerk

Braunkohlekraftwerk

Steinkohlekraftwerk

Erdgaskraftwerk

Wasserkraftwerk

Quelle: Umweltbundesamt, 2009, www.greeneconomy.de, 2010, www.umweltlexikon-online.de, 2011