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Investition und Handel Autor: Oliver Massmann Anstehende Gesetzesreformen in Vietnam: Segen oder Fluch für internationale Kapitalanlagen? Vietnam ist ein Land, welches zurzeit einem ökonomischen Wandel unterliegt – so auch das vietnamesische Investitionsgesetz. Dabei sind zwei anstehende Gesetzesreformen von besonderer Relevanz für internationale Investoren: der Gesetzesentwurf zum Investitionsgesetz (Draft LOI) ebenso wie der Gesetzesentwurf zum Unternehmertumsgesetz (Draft LOE). 1. Draft LOI Der Gesetzesentwurf zum Investitionsgesetz schränkt lediglich die regulierende Tragweite des Investitionsgesetzes in Bezug auf direkte Investitionsaktivitäten ein. Direkte Investitionen im Sinne des Gesetzes umfassen: die Gründung einer neuen Gesellschaft, Investitionen in Gestalt eines Vertrages, Investitionsentwicklungen, Unternehmensfusionen und Unternehmenskäufe (nicht: Wertpapiere im Sinne des Wertpapiergesetzes). Das Ziel des Entwurfes ist, eine Überschneidung zwischen dem Investitionsgesetz und dem Wertpapiergesetz zu vermeiden. Das Investitionsgesetz beinhaltet drei Schlüsseländerungen, die im Folgenden aufgelistet und beurteilt werden: (i) die erstmalige Definition eines ausländischen Investors, (ii) das abgewandelte Lizenzvergabeverfahren und schließlich (iii) die Festlegung von Investitionsbe- dingungen. Definition eines ausländischen Investors: Der Gesetzesentwurf zum Investitionsgesetz bietet eine neue und erstmalige Definition des begriffes „ausländischer Investor“. Nach Artikel 3 (3) des Gesetzesentwurfes ist der Rahmen zur Burteilung ob eine Gesellschaft als ausländischer Investor gilt auf 49% Anteile in ausländischem Hand festgelegt. Lizenzvergabeprozess: Zurzeit sind ausländische Investoren dazu gehalten, ein Investitionszertifikat zu beantragen, welches ebenso als Unternehmensregistrierungsurkunde des in Vietnam gegründeten Unternehmens dient. Nach dem Gesetzesentwurf dagegen sollen die ausländischen Investoren zuerst die Unternehmensregistrierungsurkunde erhalten und dann (erst) das Investitionszertifikat beantragen. Mit anderen Worten müssten ausländische Investoren zwei unterschiedliche Lizenzvergabeprozesse durchlaufen. Aus Sicht der internationalen Geschäftswelt würde der neue im Gesetzesentwurf vorgeschlagene Lizenzvergabeablauf den Investoren eine zusätzliche Last auferlegen, da diese zwei verschiedene Lizensierungsverfahren handhaben müssten. Des Weiteren wird angeführt, dass ausländischen Investoren, sollten sie in ein nur bedingt zulässiges Tätigkeitsfeld investieren, welches wiederum eine Untergenehmigung erfordert, nochmals an einem zusätzlichen Lizenzvergabeverfahren teilnehmen müssten. In Konsequenz wäre eine Investition in Vietnam weniger attraktiv. Obwohl der Gesetzesentwurf nicht bestimmt, dass sämtliche Projekte ein Investitionsregistrierungszertifikat erforderlich machen, erscheint der derzeitig empfohlene

Investition und Handel

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Investition und Handel Autor: Oliver Massmann

Anstehende Gesetzesreformen in Vietnam: Segen oder Fluch für internationale Kapitalanlagen?

Vietnam ist ein Land, welches zurzeit einem ökonomischen Wandel unterliegt – so auch das vietnamesische Investitionsgesetz. Dabei sind zwei anstehende Gesetzesreformen von besonderer Relevanz für internationale Investoren: der Gesetzesentwurf zum Investitionsgesetz (Draft LOI) ebenso wie der Gesetzesentwurf zum Unternehmertumsgesetz (Draft LOE).

1. Draft LOI

Der Gesetzesentwurf zum Investitionsgesetz schränkt lediglich die regulierende Tragweite des Investitionsgesetzes in Bezug auf direkte Investitionsaktivitäten ein. Direkte Investitionen im Sinne des Gesetzes umfassen: die Gründung einer neuen Gesellschaft, Investitionen in Gestalt eines Vertrages, Investitionsentwicklungen, Unternehmensfusionen und Unternehmenskäufe (nicht: Wertpapiere im Sinne des Wertpapiergesetzes).

Das Ziel des Entwurfes ist, eine Überschneidung zwischen dem Investitionsgesetz und dem Wertpapiergesetz zu vermeiden. Das Investitionsgesetz beinhaltet drei Schlüsseländerungen, die im Folgenden aufgelistet und beurteilt werden: (i) die erstmalige Definition eines ausländischen Investors, (ii) das abgewandelte Lizenzvergabeverfahren und schließlich (iii) die Festlegung von Investitionsbe- dingungen.

Definition eines ausländischen Investors: Der Gesetzesentwurf zum Investitionsgesetz bietet

eine neue und erstmalige Definition des begriffes „ausländischer Investor“. Nach Artikel 3 (3) des Gesetzesentwurfes ist der Rahmen zur Burteilung ob eine Gesellschaft als ausländischer Investor gilt auf 49% Anteile in ausländischem Hand festgelegt.

Lizenzvergabeprozess: Zurzeit sind ausländische Investoren dazu gehalten, ein

Investitionszertifikat zu beantragen, welches ebenso als Unternehmensregistrierungsurkunde des in Vietnam gegründeten Unternehmens dient. Nach dem Gesetzesentwurf dagegen sollen die ausländischen Investoren zuerst die Unternehmensregistrierungsurkunde erhalten und dann (erst) das Investitionszertifikat beantragen. Mit anderen Worten müssten ausländische Investoren zwei unterschiedliche Lizenzvergabeprozesse durchlaufen. Aus Sicht der internationalen Geschäftswelt würde der neue im Gesetzesentwurf vorgeschlagene Lizenzvergabeablauf den Investoren eine zusätzliche Last auferlegen, da diese zwei verschiedene Lizensierungsverfahren handhaben müssten. Des Weiteren wird angeführt, dass ausländischen Investoren, sollten sie in ein nur bedingt zulässiges Tätigkeitsfeld investieren, welches wiederum eine Untergenehmigung erfordert, nochmals an einem zusätzlichen Lizenzvergabeverfahren teilnehmen müssten. In Konsequenz wäre eine Investition in Vietnam weniger attraktiv. Obwohl der Gesetzesentwurf nicht bestimmt, dass sämtliche Projekte ein Investitionsregistrierungszertifikat erforderlich machen, erscheint der derzeitig empfohlene

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Wortlaut des Entwurfes trotzdem zu weitgefasst, als fast alle von Ausländern investierten Projekte ein entsprechendes Investitionsregistrierungszertifikat bedürften.

Investitionsbedingungen: Es ist im Gesetzesentwurf vorgesehen, dass die jeweiligen

Ministerien eine Liste mit Investitionsbedingungen für jedes einzelne nur bedingt zulässige Investitionsfeld herausgeben sollen.

2. Draft LOE

Der Gesetzesentwurf zum Unternehmertumsgesetz, welcher von der Nationalversammlung Vietnams zur Änderung des Unternehmertumsgesetzes Nr. 60/2005/QH11 gefasst wurde, hat grundsätzlich die unklaren, teils widersprüchlichen Streitpunkte des aktuellen Unternehmertumsgesetzes gelöst und wird zu einem detaillierten Regulierungsrahmen führen, dem sowohl vietnamesische Unternehmen als auch ausländische Investoren unterliegen werden. Artikel 9.1 des Gesetzesentwurfes zum Unternehmertumsgesetz sieht vor, dass die Unternehmen bedingt zulässige Geschäfte nur unter Erfüllung der jeweiligen Bedingungen des betreffenden Geschäftsbereiches ausführen können. Die Norm erlaubt Unternehmen im eigenen Ermessen Geschäfte durchzuführen, die nicht nur bedingt zulässig sind und zwar selbst dann, wenn diese Geschäftstätigkeiten nicht in ihrer Unternehmensregistrierungsurkunde (BRC) aufgelistet sind.

Dennoch bleibt es unklar, ob diese Norm dahingehend zu verstehen ist, dass die Unternehmen grundsätzlich ein nicht bedingtes Geschäft, ohne es bei den Behörden zu melden, durchführen dürfen oder nicht – die Zeit wird es Uns lehren.

3. Bewertung

Abschließend lässt sich sagen, dass die eingeleiteten Gesetzesreformen – abgesehen von den zuvor genannten Kritiken - eine realistische Chance bieten, den internationalen Handel in Vietnam zu fördern und die Rechtssicherheit voranzutreiben. Dennoch müssen die zwei bedeutenden Gesetzesentwürfe vollständig in den Gesetzeskontext der vietnamesischen Handels– und Investitionsreglements eingearbeitet werden: Der Gesetzesentwurf zum Investitionsgesetz und der Gesetzentwurf zum Unternehmertumsgesetz müssen sowohl unter einander als auch mit den bereits bestehenden Regelungen abgestimmt werden. In diesem Punkt muss der vietnamesische Gesetzgeber Klarheit in dreierlei Hinsicht schaffen:

Erstens, der Begriff des ausländischen Investors, so wie er in den vorgenannten

Gesetzesentwürfen definiert wird und in den Richtlinien 88 und 552 des Premierministers zur Akquise von ausländischen Investoren in nationale Unternehmen, variiert: es werden zwei verschiedene Richtwerte angeboten, eine Obergrenze von 49% sowie eine Decklung bei 51%.

Zweitens, der Gesetzesentwurf zum Investitionsgesetz legt nicht klar fest, ob die von dem Gesetzentwurf regulierten Investitionsarten nur bei privaten Unternehmen anwendbar sind und damit Investitionen in öffentliche Unternehmen vom Wertpapiergesetz reguliert werden sollen.

Drittens, eine gewisse strukturelle Kollusion zwischen den ausgearbeiteten Entwürfen zum LOI (i) und LOE (ii) einerseits und den Verpflichtungen Vietnams bei der Teilnahme an der

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Welthandelsorganisation (WTO Service Sector Commitments) andererseits kann festgestellt werden:

Ausländische Investoren geben zu bedenken, dass die Investitions- und Marktzugangsbedingungen, wie sie im Gesetzesentwurf LOI (siehe oben) vorgesehen sind, bereits in speziellen Gesetzen und den WTO Service Verpflichtungen niedergelegt wurden. Folglich wäre eine von den Ministerien aufgesetzte Liste über Investitionsbedingungen unnötig und könnten gar zu Verwirrung, Überschneidung und Unstimmigkeiten führen.

Internationale Investoren befürchten, dass die Bestimmungen bezüglich des Abstimmungsschwellenwertes einer Gesellschaft (LLC) mit mehreren Gesellschaftern, wie sie im aktuellen Unternehmertumsgesetz und im Entwurf zum Unternehmertumsgesetz (bezugnehmend zu 65% der Anteile) vorgesehen ist,

Unsicherheit und Verwirrung auslösen könnten, da sie im Widerspruch zur Resolution 71 in Folge von Vietnams Beitritt zur Welthandelsorganisation steht: die Resolution sieht vor, dass eine Gesellschaft berechtigt ist, in ihrem Gesellschaftsvertrag einen notwendigen Mehrheitsbeschluss (inklusive einer 51% Mehrheit) vorzusehen, um Entscheidungen der Mitgliederversammlung zu fassen.

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Unsicherheit und Verwirrung auslösen könnten, da sie im Widerspruch zur Resolution 71 in Folge von Vietnams Beitritt zur Welthandelsorganisation steht: die Resolution sieht vor, dass eine Gesellschaft berechtigt ist, in ihrem Gesellschaftsvertrag einen notwendigen Mehrheitsbeschluss (inklusive einer 51% Mehrheit) vorzusehen, um Entscheidungen der Mitgliederversammlung zu fassen.

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