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Prof. Dr. Otto Seifert, Leipzig Werkzeitschriften deutscher Verlage und Druckereien - nationalsozialistische Führungsinstrumente der Medienunternehmen im NS-Staat Werkzeitschriften erschienen um 1935/36 im Buchhandel sowie in den mit ihm verflochtenen Bücher und Zeitschriften produzierenden Bereichen. Sie verschwanden Ende 1944 bis Anfang 1945. Die Funktion und den Inhalt von Werkzeitschriften industrieller Großunternehmen untersuchte Alexander Michel für die Zeit von 1890 bis 1945. Am Beispiel von fünf Werkzeitschriften großer Konzerne wie der I. G. Farbenindustrie AG analysierte er ihre Führungsrolle für das NS- System, den Großkonzern und als Propagandaorgan im Dienste nationalsozialistischer Weltanschauung. 1 Über die gesamte Anzahl von diesen spezifischen Zeitschriften liegen unterschiedliche Angaben vor. Nach Angaben von Michel hätten 1936 nur 32 Firmen in Deutschland von ca. 3000 möglichen Unternehmen eine von der NSDAP sowie der Deutschen Arbeitsfront (DAF) inspirierte und von der Betriebsführung gegründete Werkzeitschrift herausgegeben. Für die Kriegszeit 1944 nannte er 670 mit einer Auflagenhöhe von insgesamt vier Millionen Exemplaren sowie einem geschätzten Leserkreis von 8 bis 10 Millionen, die Angehörigen mit eingeschlossen. 2 Allein in den Jahren 1938/39 schuf das NS-System in annektierten Gebieten 11 neue Reichsgaue, in denen nach dem Muster des „Altreiches“ in Großbetrieben Werkzeitschriften entstanden. Mit Kriegsbeginn nahm die Zahl der Werkzeitschriften nochmals zu. Auch die NS-Unternehmen gaben eigene Werkzeitschriften heraus. Neben Verlagen der Deutschen Arbeitsfront und den von der NSDAP gesteuerten, begannen mehrere der über 50 Gau- und Presseverlage der NSDAP Werkzeitschriften zu editieren. Einige von ihnen erschienen mit dem Titel „Feldpost“. Mit Beginn des Krieges verschwanden verlässliche Aussagen über die Zahlen der Werkzeitschriften, oft aus Gründen der Geheimhaltung. 1 Alexander Michel: Von der Fabrikzeitung zum Führungsmittel. Werkzeitungen industrieller Großunternehmen von 1890 bis 1945. Stuttgart 1997 ( bes. S. 275 bis 378). 2 Alexander Michel:... S. 283, 288. Die „GD Nachrichten“ von Giesecke & Devrient vom November 1939 (S.2) gaben für 1939 550 Werkzeitungen in Deutschland an mit einer monatlichen Auflage von 3,5 Mill. Exemplaren. Johannes Mähnicke, stellvertretender Schriftleiter der „BGT“ von B.G. Teubner berichtet in dieser Zeitschrift (S. 11) im April 1942, dass die DAF Sachsen 80 Schriftwalter aus Sachsen in Meißen geschult hätte und im Gau Sachsen ca. 100 Firmen über eine Werkzeitschrift verfügten. 1

Werkzeitschriften als Führungsinstrument des NS-Systems

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Prof. Dr. Otto Seifert, Leipzig

Werkzeitschriften deutscher Verlage und Druckereien - nationalsozialistische Führungsinstrumente der Medienunternehmen im

NS-Staat

Werkzeitschriften erschienen um 1935/36 im Buchhandel sowie in den mit ihm verflochtenen Bücher und Zeitschriften produzierenden Bereichen. Sie verschwanden Ende 1944 bis Anfang 1945. Die Funktion und den Inhalt von Werkzeitschriften industrieller Großunternehmen untersuchte Alexander Michel für die Zeit von 1890 bis 1945. Am Beispiel von fünf Werkzeitschriften großer Konzerne wie der I. G. Farbenindustrie AG analysierte er ihre Führungsrolle für das NS-System, den Großkonzern und als Propagandaorgan im Dienste nationalsozialistischer Weltanschauung.1 Über die gesamte Anzahl von diesen spezifischen Zeitschriften liegen unterschiedliche Angaben vor. Nach Angaben von Michel hätten 1936 nur 32 Firmen in Deutschland von ca. 3000 möglichen Unternehmen eine von der NSDAP sowie der Deutschen Arbeitsfront (DAF) inspirierte und von der Betriebsführung gegründete Werkzeitschrift herausgegeben. Für die Kriegszeit 1944 nannte er 670 mit einer Auflagenhöhe von insgesamt vier Millionen Exemplaren sowie einem geschätzten Leserkreis von 8 bis 10 Millionen, die Angehörigen mit eingeschlossen.2 Allein in den Jahren 1938/39 schuf das NS-System in annektierten Gebieten 11 neue Reichsgaue, in denen nach dem Muster des „Altreiches“ in Großbetrieben Werkzeitschriften entstanden. Mit Kriegsbeginn nahm die Zahl der Werkzeitschriften nochmals zu. Auch die NS-Unternehmen gaben eigene Werkzeitschriften heraus. Neben Verlagen der Deutschen Arbeitsfront und den von der NSDAP gesteuerten, begannen mehrere der über 50 Gau- und Presseverlage der NSDAP Werkzeitschriften zu editieren. Einige von ihnen erschienen mit dem Titel „Feldpost“. Mit Beginn des Krieges verschwanden verlässliche Aussagen über die Zahlen der Werkzeitschriften, oft aus Gründen der Geheimhaltung.Michels Beitrag zur Unternehmensgeschichte sowie die wenigen, begrenzten Äußerungen zu Werkszeitschriften konzentrieren sich auf Großkonzerne, besonders den industriellen Bereich. Die großen und mittleren Firmen des Verlages, des Buchvertriebes und der Herstellung von Büchern (Satz, graphische Gestaltung, Druck, Buchbindereien) sind nicht mit einbezogen. Einige wurden höchstens im Zusammenhang mit Untersuchungen einzelner Verlage genannt. Welche Funktion die Werkzeitschriften im Buchhandel und in Buch herstellenden Unternehmen im politischen System von 1933 bis 1945 besaßen ist kaum zusammenhängend analysiert. Von Interesse sind dabei Fragen nach der „Visitenkarte“ der Werkzeitschrift für das einzelne Unternehmen und wie sie den Platz, die Funktion und Ausstrahlung des Unternehmens im Propagandamechanismus reflektieren. Die nationalsozialistischen Rahmenbedingungen für die Werkzeitschriften geben einen ersten Einblick, wie weit die Zeitschriften gleichgeschaltet und gegängelt wurden. Sie vermitteln aber auch die ihnen zugedachten Aufgaben sowie die vorgegebenen Spielräume. Anfang Mai 1933 erklärte Reichsminister Goebbels vor den deutschen Zeitschriftenverlegern, dass die „Zeitschrift ein gewaltig wirkendes Medium der Propaganda“ sei. Sie müsse die neue nationalsozialistische Gesinnung und Politik als Mittler umsetzen. Strengste Maßstäbe seien an Verlage und Redaktionen zu stellen, die die Zeitschrift vorrangig als ein nationalsozialistisches „Volksbildungsmittel“ einsetzen müssten.3

Zugleich verkündete Goebbels: „Mit unerbittlicher Rücksichtslosigkeit und erbarmungsloser Strenge aber werden wir gegen jeden vorgehen, der bewusst diesen schweren Weg zu sabotieren versucht.“4

1 Alexander Michel: Von der Fabrikzeitung zum Führungsmittel. Werkzeitungen industrieller Großunternehmen von 1890 bis 1945. Stuttgart 1997 ( bes. S. 275 bis 378).2 Alexander Michel:... S. 283, 288. Die „GD Nachrichten“ von Giesecke & Devrient vom November 1939 (S.2) gaben für 1939 550 Werkzeitungen in Deutschland an mit einer monatlichen Auflage von 3,5 Mill. Exemplaren. Johannes Mähnicke, stellvertretender Schriftleiter der „BGT“ von B.G. Teubner berichtet in dieser Zeitschrift (S. 11) im April 1942, dass die DAF Sachsen 80 Schriftwalter aus Sachsen in Meißen geschult hätte und im Gau Sachsen ca. 100 Firmen über eine Werkzeitschrift verfügten.3 Die Zeitschrift, Berlin, 1933, H.1, S. 75 – 79. Ansprache Goebbels vor deutschen Zeitschriftenverleger.4 Die Zeitschrift... S.78.

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Dem folgte ein Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933, das von Personen im Zeitschriftengewerbe eine Zulassung von der Reichspressekammer oder der Reichsschrifttumskammer, geistige Haltung im Sinne der NSDAP, eine Ausbildung, arische Abstammung und nicht mit einer Person nichtarischer Abstammung verheirate zu sein, forderte.5 Nach einigen für die Werkzeitschriften sehr allgemeinen Weisungen, erließ der Präsident der Reichspressekammer, Reichsleiter der NSDAP und zugleich Direktor des Zentralverlages der NSDAP, Max Amann im Zusammenhang mit einer Anordnung über das Zeitschriftenverlagswesen (30.April 1936) eine besondere „Anordnung betr. Werkzeitschriften“ vom 22. September 1936. Die „Anordnung betr. Werkzeitschriften“ legte folgende Grundsätze und Inhalte für diese spezielle Art Zeitschrift fest:1. „Für die vom Betrieb herausgegebene Werkzeitschrift trägt grundsätzlich der Betriebsführer die

Verantwortung und hat auch für die aus ihrer Herstellung sich ergebenden wirtschaftlichen Verbindlichkeiten einzustehen. Der Betriebsführer bestimmt in Einvernehmen mit dem Presseamt der Deutschen Arbeitsfront aus den Reihen seiner Gefolgschaft einen Schriftwalter.“6

2. Die Werkzeitschrift ist ausschließlich für die Angehörigen des Betriebes bestimmt. Sie darf nicht an Kunden des Betriebes und zu Werbezwecken abgegeben werden.

3. Ihr Inhalt wird auf folgende Gebiete beschränkt: Das Betriebsleben, Verbreitung nationalsozialistischer Weltanschauung und Erziehung zur Betriebsgemeinschaft, Sozialpolitik des Betriebsführers und Bestrebungen der DAF, Nachrichten des Betriebsführers, sonstiges über Beschäftigte, Dienst an der Partei sowie ihren Gliederungen, KDF-Reisen und ähnliches.

4. Verboten sind tagespolitische Unterhaltungsteile und Anzeigen. Neugründungen von Werkzeitschriften bedürfen der Genehmigung des Presseamtes der DAF.7

Diese Anordnung der NS-Führung für Werkszeitungen zielte zudem darauf ab, sie taktisch einzusetzen, um die demokratischen freien Gewerkschaften restlos zu liquidieren, Unternehmensstrukturen mit demokratischen Beschlüssen von Führungsgremien aufzulösen und die Wirtschaft nach „soldatischen“, militärischen Prinzipien führen zu lassen. Am 20. Januar 1934 hatte die Reichsregierung das „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“ in Kraft gesetzt. Bereits im ersten Paragraph schrieb es das Führer- und Gefolgschaftssytem für Betriebe vor. Der Führer des Betriebes (Betriebsführer) erhielt absolute Vollmachten. Er entschied über die Betriebsordnung, die Arbeitszeit, die Höhe des Lohnes, die Grundsätze für die Entlohnung, die Kündigungen, die Höhe und Art von Strafen sowie über das Vorgehen bei „Störung des Arbeitsfriedens“. Gleichzeitig sicherte die NSDAP ihren Einfluß auf die einzelnen Betriebe. Das Gesetz setzte deshalb im Grunde die Mitgliedschaft von Arbeitern und Angestellten in der DAF und ihre „Vertretung“ durch deren „Vertrauensmänner“ voraus. Schließlich garantierte es zudem eine Machtstellung der Nationalsozialistischen Betriebszellen-Organisation (NSBO) in allen Unternehmen. Den Führer des Betriebes verpflichtete der § 8, dass er die „Liste“ der als „Vertrauensmänner“ (DAF-Mitglieder) der „Gefolgschaft“ vorgesehenen mit dem „Obmann der NSBO“ gemeinsam aufzustellen habe.8 In NS-Betrieben und Gliederungen der NSDAP herrschte grundsätzlich das Führerprinzip. Die Betriebsleitungen im Gesamtbuchhandel, den Druckereien und Buchbindereien hatten 1934 das Führer- und Gefolgschaftssystem relativ schnell eingeführt und es besonders genutzt, um die Betriebsangehörigen zu disziplinieren sowie die Arbeitsleistungen und die Gewinne zu steigern. Der Vorsteher des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler Wilhelm Baur war jedoch mit der geistigen Formierung der Belegschaft und ihrer Führer sowie deren aktiven nationalsozialistischen Propaganda „als Visitenkarte des Reiches“ noch nicht völlig zufrieden. Deshalb forderte er auf der Kantate des deutschen Buchhandels 1936 in Leipzig: „Vom Betriebsführer sowohl als auch vom Gefolgschaftsmitglied wird unbedingte restlose Einfügung in den nationalsozialistischen Gedanken gefordert.“ 9 Schon am 25. September 1934 hatten der Vorsteher Wilhelm Baur und der Geschäftsführer Dr. Heß für die Geschäftsstelle des Börsenvereins mit ihren ca. 150 Mitarbeitern (einschließlich der Bibliographischen Abteilung, die auch die Verbotslisten für Literatur und Autoren

5 Handbuch der Zeitungswissenschaft. Hrsg.: Walter Heide, Leipzig 1940, S. 509 ff.6 Pressehandbuch. Gesetze, Anordnungen, Erlasse, Bekanntmachungen. Hrsg.: Reichsverband der deutschen Zeitungsverleger. Berlin 1938, S. 84, 85.7 Pressehandbuch....S. 85 - 86.8 Hans Crone: Das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit. München, Berlin, Leipzig 1934, S. 137 – 152.9 Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Leipzig, 22. Mai 1936, S. 454, (Verhandlungsniederschrift).

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entwarf) verfügt, die Führer- und Gefolgschaftsordnung, verbunden mit einer neuen Betriebsordnung, einzuführen. Den Geschäftsführer der Geschäftsstelle des Börsenvereins, Dr. Heß, berief Baur zusätzlich zum Betriebsführer.Rivalität in der Partei und dem Machtapparat wirkten auf die komplizierten und sich zum Teil widersprechenden Organisationsstrukturen im Nationalsozialismus, besonders auch auf das Umfeld der Werkzeitungen von Verlagen, Druckereien, Buchbindereien und Buchvertrieb. Der Gesamtbuchhandel, den Nationalsozialisten als Mittler nationalsozialistischer Kultur, als „geistiges Schwert“ des Nationalsozialismus, sowie als wichtigen Teil der Propaganda und Kultur ansahen, hatte sie bereits aus der Organisation der Wirtschaft ausgegliedert und dem Ministerium von Goebbels unterstellt. Es bestand für Verleger von Büchern und deren Angestellte sowie Vertriebsunternehmer und deren Angestellte die Pflichtmitgliedschaft in der Reichsschrifttumskammer, ein Teil von Verlegern von Zeitschriften mussten sich in der Reichspressekammer organisieren. Für andere Verleger und Angestellte existierte eine Pflichtmitgliedschaft in der Reichsmusikkammer und für einige wenige sogar in der Reichskammer der bildenden Künste. Betriebsleiter großer Druckereien dagegen gehörten oft dem Fachbereich Druck und Papier der Reichsgruppe Industrie an und deren Beschäftigte der Deutschen Arbeitsfront (DAF). Die Mehrzahl der Eigentümer dieser Firmen oder deren im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer besaßen ein doppelte Mitgliedschaft, zählten obendrein als Mitglied des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig und waren dort auch aktiv. Der Präsident der Reichspressekammer Max Amann versuchte, sowohl abgestimmt mit der Reichsschrifttumskammer, als auch im Alleingang, meist gestützt auf das Presseamt der DAF, die Werkzeitschriften in diesem Bereich relativ einheitlich zusteuern.Verleger von Zeitschriften, die in die Leitung der Reichsschrifttumskammer und den Reichsverband Deutscher Zeitschriften Verleger e.V. von der NS-Führung berufen worden waren, unter ihnen der „alte Kämpfer“, Pg. Willi Bischoff vom Brunnen und Widder-Verlag, der Spitzenfunktionär des Alldeutschen Verbandes, Förderer von Hitler seit 1922 sowie extremer Propagandist der Rassentheorie mittels Zeitschriften und Büchern, Dr. Friedrich Lehmann vom J. F. Lehmann Verlag und der SA-Obersturmbannführer, Teilnehmer am Hitlerputsch gegen die demokratische Republik, Mitglied der Leitung des Deutschen Verlegervereins, des Aktionsausschusses, später des Großen Rates des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leiter der Fachschaft Verlag des Börsenvereins und der Fachschaft Verlag Gruppe Buchhandel, Karl Baur vom Verlag Callwey sowie ab 1936 Geschäftsführer im bekannten Verlag B.G. Teubner nach dessen „Teilarisierung“, unterstützten aus ihrer geistigen und politischen nationalsozialistischen Positionen heraus das NS-Projekt Werkzeitschriften. Gleichzeitig traten sie für einen engen, begrenzten Bewegungsraum für sie ein, um mögliche wachsende Konkurrenz auf den Zeitschriftenmarkt zu unterbinden. Aber auch Prof. Dr. Gerhard Menz, ehemaliger Hauptschriftleiter des Börsenblattes für den Deutsche Buchhandel, enger Mitarbeiter der Geschäftsstelle des Börsenvereins für wirtschaftliche Fragen und Bildungspolitik sowie vom Börsenverein finanzierter Professor (mit Seminar) an der Handelshochschule Leipzig für Buchhandelsbetriebslehre, ordnete der Werkzeitschrift die Funktion zu, „Pionierdienste für die Idee des Dritten Reiches zu leisten“. Er setzte sich zunehmend dafür ein, diese Zeitschriften in vielen Betrieben entstehen zulassen, mehr zu beachten, aber deren Profil von den anderen Zeitschriften abzugrenzen.10

Schließlich bestimmte die Grundorientierung der Nazis für die Betriebsführer und die Belegschaft, Träger, Mittler nationalsozialistischer Politik und Ideologie zu seien, die Aufgaben im Betrieb und die Funktion der Unternehmen im NS-Herrschaftssystem. Das erforderte, den NS-Geist zu verbreiten und zugleich alle von der NS-Führung festgelegten geistigen Gegner mit zu bekämpfen, sogar zu vernichten. Anfangs galten als wichtigster Gegner der Marxismus, seine verschiedenen Vertreter sowie „Gottlose“. Nach und nach rückte aber das bereits von Goebbels auf der Kantate der Buchhändler und Verleger 1933 unter deren Beifall verkündete „Wesen des Kampfes“ in den Mittelpunkt. Er charakterisierte es als autoritär, rassistisch und soldatisch, auf Führertum orientiert, vor allem aber grundsätzlich „antiinternational, antipazifistisch und antidemokratisch“. Ein Hauptanliegen sei, im deutschen Buch den „liberalen Individualismus“ auszumerzen.11 Dies ergänzte 10 Gerhard Menz: Die internationale Lage des Zeitschriftenwesens. In: Der Zeitschriften-Verleger (bis Oktober 1933 Die Zeitschrift), Berlin, 1934, H.2, S. 9 ff. Gerhard Menz: Grundfragen der Publizistik und der Zeitschriftenkunde. In: Der Zeitschriften -Verlger, Berlin, 1936, H.48, S. 585 ff. u. 1939, H.8, Vortragsankündigung von Prof. Dr. G. Menz zum Thema Werkzeitschriften.11 Börsenblatt...16. Mai 1933, S. 353, 355, ( Kantate 1933, Rede von Goebbels).

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eine weitere Absicht der deutschen Faschisten, das Judentum im deutschen und danach im europäischen Buchhandel zu vernichten. Das hatte ein System von Listen über Verbote von Büchern, Autoren und Unternehmen sowie auch Listen für zu fördernde Literatur und Autoren zur Folge. In Deutschland reduzierte die Politik der NSDAP die Zahl der Verlage von 1932 mit 4050 auf 2000 im Jahre 1941 und 1800 Anfang 1943.12 Im Jahre 1938 existierte kein jüdisches Buchhandelsunternehmen in Deutschland mehr. In gleichen Jahr beseitigten die Nationalsozialisten in Österreich in kurzer Zeit und mit großer Härte alle jüdischen Verlage und Buchhandlungen und zum großen Teil ihre Besitzer. Allein im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig befinden sich ca. 60 Firmenakten des Börsenvereins von Verlagen und Buchhandlungen aus der Stadt Wien, die alle von vor 1938 zusammengetragene Vermerke zur „Rassenzugehörigkeit“ und zur politischen Gesinnung tragen und dem Antisemitismus dienten.13 All diese Liquidationen brachten den im NS-System verbliebenen Buchhandelsunternehmen anfangs einige Schwierigkeiten aber auch weniger Konkurrenz und einen riesigen Markt mit wachsenden Gewinnen.

Werkzeitschriften traditioneller Verlage, der mit ihnen verbundenen Druckereien sowie Buchbindereien

Unter den traditionellen, historisch gewachsenen Unternehmen des Gesamtbuchhandels, ihren großen Verlagen, Druckereien und Buchbindereien gab es sechs, die beachtenswerte und aussagefähige Werkzeitschriften für ihre Mitarbeiter herstellten und verbreiteten. Es waren die „BGT“ von B. G. Teubner, Leipzig, Dresden, „Der Fabianer“ von F. A. Brockhaus, Leipzig, die „Meyers Nachrichten“ vom Bibliographischen Instituts, Leipzig, der „Spamer-Bote“ von der Spamer AG, Leipzig, die „Bertelsmann-Illustrierte“ vom C. Bertelsmann, Gütersloh und die „GD Nachrichten“ von Giesecke & Devrient, Leipzig, Berlin.14 Zwei weitere Werkzeitschriften, die „GD Gemeinschaft“ von der C. Dünnhaupt KG, Dessau sowie „Das Pressehaus meldet“ vom Droste Verlag, Düsseldorf, deren Hefte heute nur sehr begrenzt verfügbar sind, haben deshalb nur in Detailfragen einen Aussagewert.15

Die Anordnung für die Werkzeitschriften legte fest, sie besonders auf Probleme des Betriebes zu konzentrieren. Dazu gehörten die Unternehmensgeschichte, die historische und aktuelle Entwicklung der Firma, die Produktion, die Verlagstätigkeit, die Führungsstrategien der Betriebsführungen, Maßnahmen, um die Beschäftigten der Unternehmensstrategie unterzuordnen, sie an das Unternehmen zu binden, das Betriebsklima und vor allem die Rolle der Firma in der NS-Zeit. Sie lieferten auch verwertbare Anhaltspunkte aus der Vergangenheit für die schnelle Gleichschaltung dieses sensiblen Gewerbes 1933.

12 Sächs. Staatsarchiv Leipzig, BV I 600/599 (W. Baur, Zur Lage im Buchhandel), Adressbücher des Deutschen Buchhandels 1932 bis 1936.13 Nicht verständlich ist, daß Jan-Pieter Barbian erneut in seinem Beitrag Der Börsenverein in den Jahren 1933 bis 1945 in: Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels 1825 – 2000. Ein geschichtlicher Aufriss“, Frankfurt am Mai 2000, S. 91 ff. die Existenz der Mitglieds- und Firmenakten leugnet und gegen Aussagen aus ihnen polemisiert, obwohl er in diesem Archiv gearbeitete hatte.14 BGT, Leipzig, Dresden. Werkzeitschrift der Betriebsgemeinschaft B.G. Teubner. Schriftleitung: Dr. Hermann Gieslbusch, später Johannes Mähnicke, Leipzig 1936 bis 1944, (die erste Nummer noch mit der Bezeichnung Hauszeitung). Der Fabianer. Werkzeitschrift der Betriebsgemeinschaft F. A. Brockhaus. Verantwortlich: Dr. Georg Bock, Leipzig 1936 bis 1944, (vorhanden erst ab Nr. 9). Meyers Nachrichten. Werkzeitschrift der Betriebsgemeinschaft des Bibliographischen Institutes AG, Leipzig. Verantwortlich: Dr. Otto Mittelstaedt, Schriftleitung: Werner Schmidt, dann Heinz Walbrück, ab 1942/3 Ernst Pinther, Leipzig 1935 bis 1944, (die 1. Nr. noch als Werkzeitung). Spamer-Bote. Mitteilungen für die Betriebsgemeinschaft der Spamer AG, Leipzig. Schriftleitung: Wilhelm Eule. Leipzig 1936 bis 1943. Bertelsmann-Illustrierte, Werkzeitung des Verlages C. Bertelsmann, Gütersloh, oft als Gemeinschaftsarbeit der Gefolgschaft unter freundlicher Mitarbeit aus dem Autorenkreis, später als Werkzeitung und Soldatengruß bezeichnet. Schriftwalter: Theodor Berthoud. Gütersloh 1934 bis 1943/44. GD Nachrichten. Betriebszeitung der Firma Giesecke & Devrient AG, Leipzig, Berlin. Hrsg. v. Betriebsleiter, Schriftwalter: Otto Schmidt. Leipzig 1935 bis 1943.15 CD Gemeinschaft. Werkzeitung der Hofbuchdruckerei C. Dünnhaupt K.-G. Dessau. Verantwortlich: Betriebsführer Heinrich Dünnhaupt. Dessau 1937 bis 1944 (nur einige Hefte ab 1939 verfügbar). Pressehaus, Werkzeitschrift. Werkzeitschrift des Droste Verlages Düsseldorf. Verantwortlich: Heinz Gorrenz. Düsseldorf 1941 bis 1942/43 (nur begrenzt verfügbar).

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Das Titelblatt der ersten Werkzeitschrift von B.G. Teubner, die „BGT“, zierte das Bild des Gründers des Unternehmens, Benediktus Gotthelf Teubner, geboren am 16. Juni 1788, in guter Qualität. Ein Geleit zu der im Mai 1936 erschienenen Nummer 1 schrieb der Betriebsführer Dr. Alfred Giesecke. Er knüpfte an die vergangenen 125 Jahre des Unternehmens an, das mit zahlreichen Autoren gearbeitet habe, deren Schriften durch Satz Gestalt erhielten und die dann Bogen um Bogen gedruckt und zu einem Buch zusammengefügt wurden. Darauf aufbauend betonte der Betriebsführer, die NS-Volksgemeinschaft des Dritten Reiches im Betrieb (das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit) durchzusetzen, besonders die Ein- und Unterordnung der Werksmitarbeiter sowie deren Verbundenheit zum Betrieb zu festigen. „So greift immer eins in das andere, und dieses Gefühl zu wecken und zu stärken in uns allen, dazu will die BGT Zeitung helfen.“ Johannes Mähnicke, der DAF-Betriebswalter der Firma in Leipzig, schrieb im Geleit, dass es Aufgabe der Werkzeitschrift sei, die Gefolgschaft enger an die Betriebsführung zu binden, ein „Gemeinschaftsbewußtsein“ zu entwickeln und den Geist von Adolf Hitler umzusetzen. Ähnliches verkündete Franz Stitzel, der Betriebsführer der Zweigstelle in Dresden. 16 Die Nummer 2 von 1936 der „BGT“ widmete sich unter der Überschrift „Die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Betriebsführung und Gefolgschaft“ nochmals konzentriert diesem Thema. „Der Nationalsozialismus hat aus dem Unternehmer den Betriebsführer gemacht, aus dem Arbeiter den Gefolgsmann. Nicht von ungefähr hat der Nationalsozialismus die Begriffe Betriebsführer und Gefolgschaft eines Betriebes geprägt. Diese Wortbilder entstammen den Sprachschatz und dem Empfindungsgut einer Armee und sind soldatischem Verbundenheitsdenken entlehnt. Warum? Ja, Betriebsführer und Gefolgschaft sind in Wahrheit eine Armee.“17 Dieser Grundgedanke durchzog nicht nur die „BGT“ in den verschiedensten Ausgaben, sondern auch die anderen Werkzeitschriften, manchmal etwas verschlüsselter oder sogar in noch härteren, offeneren Form.Im Festprolog zur Feierstunde „125 Jahre BGT“ in der Nummer 1/1936 stellte Paul Melzer wiederholt eine nationalsozialistische, völkische Orientierung von B.G. Teubner in das Zentrum. Betriebswalter Johannes Mähnicke interpretierte die Geschichte des Unternehmens zudem in einer sehr einseitigen, auf den NS-Geist zugeschnittenen Auslegung. Er überreichte dem Betriebsführer eine „Büste des Führers“ im Namen der Gefolgschaft. Martin Giesecke dankte im Namen der Betriebsführung für dieses Geschenk und verband dies mit einem erneuten Treuegelöbnis an den Führer. All das verweist darauf, dass die Betriebsführung das Unternehmen relativ stark selbst gleichgeschaltete wurde. Die jüngeren Führungsschicht, insbesondere der 1932 berufene, einst national-konservative Geschäftsfrühere, Dr. Gerhard Aengeneydt, pflegten sehr frühzeitig den Führerkult. Dr. Alfred Giesecke sprach in seinem Referat auf dem Fest „125 Jahre BGT“ den Arbeitern den Dank der Leitung aus, beschrieb Entwicklungsrichtungen der Firma sowie für die im Geiste „deutscher Idealen“ zu gestaltenden Bücher, Zeitschriften und besonders des Schulbuchverlages. Dem schloss er eine aufschlussreiche Bilanz des Unternehmens an. Für 1934 meldete er eine Druckleistung in Leipzig und Dresden von 43 165 000 Drucken, davon 1 650 000 Bücher und 915 000 Zeitschriften. 1935 habe B.G. Teubner 2 250 000 Bücher ausgeliefert, 10 000 lieferbare bereitgestellt und täglich sogar durchschnittlich 1200 eingehend Bestellungen realisiert. Der Verlag allein besaß 193 Angestellte, saisonbedingt sogar zeitweise 257 Beschäftigt. Der technische Bereich in Leipzig beschäftigte 389 Personen, davon ca. 9 Prozent Angestellte. In Dresden verfügte die Firma über 131 Personen, davon ca. 10 Prozent Angestellte.18 Der relative zeitige und schnelle Aufschwung von B.G. Teubner, im Vergleich zu anderen Betrieben des Gesamtbuchhandels in den ersten Jahren der NS-Zeit, führte dazu, dass zum Stammhaus des Verlages in Leipzig und zum Ausbau in Dresden am 5. Februar 1935 eine „Verlags-Redaktion Berlin“ in Berlin, Mohrenstraße 13/14 gegründet wurde, deren Aufgabe darin bestand, Verbindungen zur NSDAP, ihren Gliederungen, staatlichen Stellen, der Wehrmacht, der Reichsschrifttumskammer und den „Prüfstellen“ für Literatur herzustellen.19 In die Geschichte des Buches und des Verlages geben die Beiträge zu „45 Jahre Verlagsarbeit“ mit Angaben zur Gliederung des Verlages, seinen geisteswissenschaftlichen sowie naturwissenschaftlichen Schwerpunkten und „30 Jahre Schulbuch-Abteilung“, zurückverfolgt oft bis

16 BGT,...1936, Mai, 1 u.2.17 BGT... 1936, Dezember, Nr. 2, S. 3.18 BGT... 1936, Mai, Nr. 1. S. 8 bis 16.19 BGT... 1937, Dezember, Nr. 4, S.6 / 7.

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1900, größere Einblicke.20 Dagegen tragen die Veröffentlichungen anlässlich des 70. Geburtstages von Dr. Alfred Giesecke in der Werkzeitschrift vom November 1938 fast ausschließlich propagandistischen Charakter. In der Juni Nummer von 1943, wo große Teile der Schrift dem 75. Geburtstag von Dr. Alfred Giesecke gewidmet sind, findet sich, neben Treuerklärungen an das NS-Regime und einem Glückwunschtelegramm von Reichsminister Goebbels, ein umfangreicher Teil, der die Pionierarbeit dieses Mannes für das Buch und sein geistiges und verlegerisches Schaffen würdigte.Auffallend berichten die „GD Nachrichten“ der Firma Giesecke & Devrient (seit 1931 Aktiengesellschaft), dass das Führer- und Gefolgschaftssystem relativ schnell im Betrieb durchgesetzt wurde. Diesen Prozess forcierte besonders der Betriebsführer Ludwig Devrient. Er äußerte, dass sich der „nationalsozialistische Umbruch“ revolutionierend auf das Unternehmen ausgewirkt habe. „Mit Befriedigung kann festgestellt werden, dass diese ‚Umschaltung‘ ohne nennenswerte Störungen vor sich gegangen ist.“21 Der Bericht zum Geschäftsjahresabschluss 1938/39 hob hervor: „Unsere Gesellschaft ist Mitglied der Wirtschaftsgruppe ‚Druck‘ und ‚Papier‘ und der ihr unterstellten zuständigen Fachgruppen. Sie gehört außerdem dem Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, der Reichskulturkammer und mit der gesamten Gefolgschaft der Deutschen Arbeitsfront an.“22 Oft gaben politisch abgesegnete, vorbereitete Artikel Einblicke in die Geschichte des 1852 gegründeten traditionsreichen Unternehmens. Dazu zählten beispielsweise Ausführungen in den „GD Nachrichten“ vom Juli 1935 zur Geschichte der Firma, vom Oktober 1935 zu Aspekten der Entwicklung von Führungskräften, vom August 1937 erneut zur Geschichte der Firma, die Gedanken zum siebzigsten Geburtstag von Dr. Alfred Giesecke, der Artikel von Ludwig Devrient „Zehnjahre Aktiengesellschaft“ vom Dezember 1941 und viele andere. Besprechungen von Appellen, Betriebsversammlungen, die Berichte zum Geschäftsjahresabschluss 1935/36 (März 1937) und 1938/39 (Juli 1940) ergänzen Einsichten in innere Vorgänge. Sie informierten zum Beispiel darüber, daß der wirtschaftliche Aufschwung für das Unternehmen eigentlich erst 1935/36 einsetzte, daß das weltweite Geschäft zurück ging und es sich immer mehr - neben Ausnahmen - auf das NS-Regime in Deutschland und das faschistische Europa konzentrierte. So belieferte die Firma von Anfang an die gegen die Republik putschende Franko-Regierung mit Banknoten. Am 8. März 1941 zeichnete die spanische Regierung als Belohnung dafür Ludwig Devrient mit dem Titel eines Vizekonsuls und als Chef der Leipziger spanischen Vertretung aus.23 Aber auch die „Balkanstaaten“ standen im Mittelpunkt von Auslandsgeschäften. Das Ustascha-Sytem in Kroatien, das sich mit starker deutscher militärischer und geistig-materieller Hilfe sowie Unterst6ützung Italiens als Staat konsultierte, belieferte die Firma von den ersten Tagen an mit Banknoten und Wertpapieren. In einem umfangreichen Artikel der Betriebsführung unter der Überschrift „Kroatien, das jüngste Land Europas“, der die Leistungen des Unternehmens für das faschistische Kroatien gegenüber der Belegschaft eine Begründung geben sollte, lobte sie „die Erneuerung des kroatischen Volkes“ und stellte die Ustascha als SA dieses Staates hin. Wohlwollend wurde geschlussfolgert: „Aus diesem Grunde wird auch die Judenfrage in Kroatien in gleicher Weise wie in Deutschland behandelt.“24 Die „GD Nachrichten“ meldeten zwar weiter über die Herstellung von Wertpapieren (Banknoten, Aktien, Briefmarken, Pfandbriefe, Beitragsmarken, zum Beispiel für die DAF, Karten u.a.), aber mit dem Kriegsverlauf immer mehr äußerst allgemein. Nur manchmal finden sich Hinweise über Auftraggeber, das Hauptgeschäft im Zusammenhang mit der NS-Politik und der Kriegsführung sowie die wechselnden Länder als Auftraggeber. Unerklärlich ist bei der Durchsicht der einzelnen Ausgaben der „GD Nachrichten“, warum ein Pfeiler des Unternehmens lediglich indirekt genannt und dessen Produkte sogar nicht aufgeführt wurden. So berichtete die Betriebsführung über den Ausbau der Setzerei, des Buchdruckes, darüber hinaus für 1939 über eine neu beschaffte moderne „Buchdruck-Zweifarbmaschine“ und 1941 über neue

20 BGT... 1938, April, Nr. 5, S. 3 - 5. (G. Aengeneyndt: 45 Jahre Verlagsarbeit). BGT...1938, April, Nr. 5, S. 5-7 (W. Oltmanns: 30 Jahre Schulbücher-Abteilung). 21 GD Nachrichten. Werkzeitschrift für die Angehörigen der Firma Giesecke & Devrient AG, Leipzig und Berlin. Leipzig, 1941, Dezember, S. 4 u.5. (Ludwig Devrient: Zehn Jahre Aktiengesellschaft).22 GD Nachrichten... 1940, Juli, S. 5.23 GD Nachrichten... 1941, August, S. 12 u. Dezember, S. 2.24 GD Nachrichten... 1941, August, S. 6 u.7.

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modernste „Maschinen für den Offsett- und Buchdruck“.25 Ebenso zeigte die Werkzeitschrift an, die Betriebsführung habe Buchdrucker aus dem Bereich Buchdruck, Buchbinder aus der Buchbinderei ausgezeichnet sowie Lehrlinge in den beiden Zweigen ausgebildet.26 An keiner Stelle sind jedoch die Bücher und Broschüren, deren Titel, die Auftraggeber und selbst die durch verwandte Personen bestehende Geschäftsverbindungen zu B.G. Teubner genannt. Bei aller kritischer Sicht, liefern die „GD Nachrichten“ einzelne Mosaiksteine für ein Bild zur Geschichte des Buches, des Buchhandels, der Leistung des Unternehmens, der Haltung der Betriebsführer und der Lage der Belegschaft in dieser Zeit. Die Spamer AG, Leipzig veröffentlichte ab 1. Januar 1936 den „Spamer-Bote“ mit ansprechender drucktechnischer Qualität. Gustav Kirstein vom Verlag E. A. Seemann, Leipzig, der als Mitglied des Verlagsausschusses des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig die Festschrift des Vereins für Hundert Jahre Börsenverein langfristig vorbereitet hatte, lobte im März 1925 bereits die „buchgewerbliche“ und „drucktechnische “ Leistung, besonders auch bei den 135 Abbildungen, des Spamerschen Unternehmen für die Festschrift.27 Zum Geleit der 1. Nummer des „Spamer-Bote“ schrieb der Betriebsführer Arnold Petersmann: „Jährlich gleiten 120 Millionen Druckbogen, sorgfältig überwacht, durch unsere Druckpressen und gehen hinaus, um deutschen Geist und den Ruf deutscher Ware in die Welt zu tragen. Still tritt hinter dem Inhalt das schöne Buch oder der künstlerischen Werbung unsere eigene Arbeit zurück[...].“28 Noch formulierte der Betriebsführer die Aufgabe, mittels des „Spamer-Boten“ zu helfen, das Führer- und Gefolgschaftssystem umzusetzen, zurückhaltend. Das sollte sich schrittweise ändern und unter dem Geschäftsführer Otto Schaffer einen Höhepunkt erreichen. Ein Teil der Gefolgschaft steckte man, wie auch das Titelbild der Nummer Mai 1938 zeigte, in Uniformen. Die Betriebsführung verlangte in den Mitteilungen für die Betriebsgemeinschaft im März 1943 unter dem Motto „Dienst im Spamer-Haus ist fortan Kriegsdienst“ von der Gefolgschaft den zivilen Lebensstandard noch mehr einzuschränken, vorbildlich alle Aufgaben zu erfüllen, „Einsatzbereitschaft bis zum Äußersten“, zusätzliche Arbeitsgebiete und Arbeiten zu übernehmen sowie die geforderten Arbeitsstunden zu leisten. „Was bisher als ein verhältnismäßig unbedeutender Verstoß gegen die Betriebsordnung galt, wird künftig nach neuen schärferen Richtlinien geahndet werden müssen.“29

Betrachtungen zur Geschichte der Spamer AG und deren Gründer und Leiter fanden oft in besonders hervorgehobenen Mitteilungen einen relativ großen Platz. Schon die erste Nummer (Januar 1936) stellte das Spamer-Haus vor. Die vom Mai 1938 setzte historische Betrachtungen unter der Überschrift „Erst Kohlgartendorf, dann Buchdruckerviertel“ fort. Ausführungen zum 75. Geburtstag des Seniorchef Dr. Josef Petersmann im Januarheft von 1939 boten weitere Einblicke in die Firmengeschichte. Im gleichen Heft begann eine interessante Analyse von Arno Kapp zum Thema „Aus der Entstehungsgeschichte des Spamer-Hauses“, die im Septemberheft 1939 sich fortgesetzte. Sie beschreibt die Buchhändlerlehre von Otto Spamer und seinen Weg nach Leipzig. Dabei stellt er einen umfangreichen Brief Otto Spamers vom 15. Dezember 1844 an die Stadt Leipzig vor, in dem er mit „größter Ehrerbietung“ den Stadtrat bat, ihm gegen Gebühren die Schutzrechte der Stadt zu erteilen, um Rosamunde Adelheide Schmidt heiraten zu können. Der Rat verlangte eine zusätzliche Befragung Spamers und die Vorlage seines Vermögens.30 Nach dem Spamer weitere Unterlagen vorzeigen musste, der Rat der Stadt ein Zeugnis der Polizei anforderte, er einen Militärbefreiungsschein zusätzlich erbrachte, erhielt der Antragsteller am 22. Januar 1845 den Schutzschein der Stadt. Mit weiteren Quellen belegte Kapp, dass Otto Spamer erst am 17. November 1845 das Bürgerrecht von

25 GD Nachrichten... 1940, Juli, S. 6 u. 1941, Dezember, S. 3.26 GD Nachrichten... 1940, Juli, S. 8.27 Gustav Kirstein: Hundert Jahre. In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Leipzig, 31. März 1925, S. 5446. Die Festschrift: Friedrich Schnulze: Der deutsche Buchhandel und die geistigen Strömungen der letzten hundert Jahre. Leipzig 1925. Den Inhalt des Artikels von Kirstein vom 31. März 1925 wertete in der NS-Zeit die Geschäftsführung des Börsenvereins und der Geschäftsführer Dr. Heß als nicht zutreffend, jüdisch. (Sächsisches Staatsarchiv Leipzig. BV I, 771, S. 1 ff.). Gustav Kistein starb 1934, seine Frau, (Jüdin) nahm sich vor dem Verhör durch die Gestapo 1939 das Leben. 28 Spamer-Bote, Mitteilungen für die Betriebsgemeinschaft der Spamer AG, Leipzig, 1936, Januar, S. 1.29 Spamer-Bote...,1943, März, S. 2.30 Spamer-Bote...,1939, Januar, S. 5 u. 6.

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Leipzig erhielt und erst danach eine eigene Buchhandlung gründen durfte.31 Dieser faktenreiche Bericht öffnet den Blick dafür, dass es selbst für vermögende und gelernte Buchhändler langwierig und mit vielen bürokratischen Hürden verbunden war, in der Buchstadt Leipzig vom Rat der Stadt die Genehmigung für ein Unternehmen im Buchhandel erteilt zu bekommen. Im Zusammenhang mit dem Gutenberg-Jahr stellte die Spamer AG im Oktober 1940 in ihren Mitteilungen zusammen gefasst die Etappen des 1847 in Leipzig gegründeten Verlages und seine Wandlung zu einer modernen Druckerei und Buchbinderei dar. Gleichzeitig veröffentlichte sie einen Wiegendruck des Verlages von 1877.32 Aber auch Berichte über Betriebsversammlungen, Appelle und Feiern gaben Aufklärungen über die Entwicklung des Betriebes von 1933 bis 1944. Selbst die Strukturen der DAF in der Spamer AG sowie die personelle Zusammensetzung der Leitung und der fünf Zellen des Unternehmens in Leipzig (mit ca. 1200 Mitarbeitern (?) Anfang 1937 in Leipzig) wurden aufgelistet.33 Nach den Krisenjahren expandierte das Unternehmen und verzeichnete zunehmend Wachstum. Es baute auf Qualität im Druck und der Buchbinderei auf. 1937 erlangte das Spamer-Haus auf der Internationalen Ausstellung in Paris eine Goldene Medaille.34 Gleichzeitig wuchs aber ebenso die Stellung des Hauses im NS-Propagandamechanismus. So besuchten bereits am 20. Juli 1936 der Reichsorganisationsleiter der NSDAP, Robert Ley, der sächsische Reichsstatthalter Martin Mutschmann mit einem Stab von Nazigrößen, feierlich von der Betriebsführung begrüßt, die Spamer-Betriebe und ließen sie als ein vorbildliches NS-Unternehmen erscheinen.35 Die äußere Aufmachungen und die Texte des „Spamer-Boten“ unterstrichen bis 1944 dieses Bild.„Meyers Nachrichten“, Werkszeitschrift für die Betriebsgemeinschaft des Bibliographischen Instituts AG, Leipzig (die ersten Nummern trugen die Bezeichnung Werkzeitung), erschien anläßlich des 1. Mai 1935. Gleich die erste Nummer spiegelt demonstrativ wider, dass das Unternehmen sich völlig auf das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit ausgerichtet hatte. Der Betriebsführer verkündete der Gefolgschaft den 1. Mai 1935 als Tag der Arbeit und ließ die nationalsozialistische Maifeier im Krystall-Palast von Leipzig stattfinden. Zugleich stellte sie die ab 1933 tätige Betriebsführung, den Vorstand der AG und die Führer des NS-Apparates vom Betriebszellenobmann, Propagandawalter über den Pressewalter bis zu den Betriebswarten vor. Die Mai Ausgabe der Werkzeitschrift von 1937 drückte diese Entwicklung im Betrieb noch stärker aus. Der Leitartikel zum Tag der Arbeit verlangte eine Hebung der „qualitativen Arbeit“ als unbedingte Pflicht der Gefolgschaft. Teil der Pflichten sei aber auch „Drohnen und Maden“ im „noch kranken Volkskörper“ zu bekämpfen. Dem schlossen sich Grundsatzartikel zur „Bereitschaft zur neuen Zeit“, „Warum ‚Drittes Reich‘“ („Das Dritte Reich ist das Reich der Erfüllung deutscher Sendung“) und „Volksgemeinschaft - Betriebsgemeinschaft“ an. Der letzte Beitrag hob die Aufgabe des Betriebsleiters, gegen Drohnen im Betrieb vorzugehen und fleißige, treue, richtige Arbeitsbienen zu fördern, nochmals hervor. „Mitteilungen der Betriebsführung und der Betriebsgemeinschaft“ erklärten die Teilnahme am Aufmarsch zum 1. Mai zur Ehrenpflicht. Das mit dem Lohn ausgegeben „Betriebsfeier-Abzeichen“ sei unbedingt zu tragen, um in die Maifeier, mit fester Platzordnung, eingelassen zu werden. Schließlich meldete die Zeitschrift: „Den Posten des Werkzeitungs-Schriftleiters übernimmt ab 1. Mai, auf Anordnung des Betriebsführers, der Betriebskamerad Pg. Prof. Dr. Heinrich Schmitz, Lexikon-Redaktion.“36 „10 Jahre nationalsozialistischer Aufbau im Bibliographischen Institut (BI) 1933 – 1943“ faßten zusammen: „Am 1.Oktober 1934 trat die erste Fassung der Betriebsordnung des BI in Kraft, die den äußeren Rahmen der neuen Betriebsgemeinschaft im nationalsozialistischen Geist festlegte.“37 Diese Art Bilanz in „Meyers Nachrichten“ vom 30. Januar 1943, versehen mit einem Großen Titelbild von Adolf Hitler, unterstrich die Bedeutung der Übernahme des Führer- und Gefolgschaftssytem für die Unternehmensführung, verbunden mit dem Vorgang, dass die alte Führung durch eine „neue Generation“, durch Dr. Helmut Bücking und Dr. Otto Mittelstaedt im Betrieb und Vorstand abgelöst

31 Spamer-Bote...,1939, Mai, S. 12 u. 13.32 Spamer-Bote... 1940, Oktober, S. 2. u. .3.33 Spamer-Bote... 1942, September, S. 12.34 Spamer-Bote... 1938, September, Titelblatt.35 Spamer-Bote... 1936, September, Titelblatt u. S.1 ff.36 Meyers Nachrichten. Werkzeitung (später Werkzeitschrift) für die Betreibsgemeinschaft des Bibliographischen Instituts AG, Leipzig, Verantwortlich: Dr. Otto Mittelstaedt, Schriftleitung: Walter Schmidt, Leipzig, 1937, 1. Mai, S. 8. 37 Meyers Nachrichten... 1943, Januar, S. 2.

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worden war. In der von Dr. Mittelstaedt sodann verantwortlich gezeichneten Werkzeitschrift trat die Tendenz zutage, dass in den Jahren nach 1938 der Betrieb zunehmend offen wie eine militärische Einheit geführt wurde. Diskussionen über Arbeitszeit (nach 1943 bis zu 12 Stunden), Löhne, Freistellungen und Urlaub waren, wie in anderen Betrieben, untersagt. Schließlich verbreitete später die Werkzeitschrift, die Gefolgschaft sei wie Soldaten der Pflichterfüllung unterworfen, da seit Kriegsausbruch die gesamte Belegschaft auch „Dienstverpflichtet“ sei.38

Rückblicke auf die Geschichte des BI, wie in der Nummer vom 1. August 1936 unter dem Titel „Von der ‚Erfurter Vorstadt‘ in Gotha zum Täubschenweg“, waren selten zu finden. Dagegen erschienen Artikel und Erklärungen im Stile „10 Jahre nationalsozialistischer Aufbau im BI“ und zur Verbreitung der NS-Ideologie. Widersprüchlich entwickelte sich die Sozialpolitik des Unternehmens. Einerseits wuchs ein Zwang, die zerstörten demokratischen Spielräume der Werktätigen und den wachsenden Leistungsdruck, verbunden mit erhöhter Arbeitszeit, weniger Urlaub, keine Kündigungsrecht u.a., durch einige soziale Zugeständnisse zu mindern. Andererseits zeigten sich Erscheinungen, die darauf verwiesen, dass Aspekte der von Hermann Julius Meyer begründeten Sozialpolitik nach 1933 fortbestanden. So legte die Betriebsleitung Anfang 1938 ein „Großes Umbauvorhaben der BI-AG“ vor, das insbesondere den Ausbau des Dachgeschosses des riesigen Gebäudes des BI für soziale Einrichtungen (Freiterrasse, Kaffee, Bad u. a.) vorsah. Mit den Umbauten begann das Unternehmen noch im April 1938.39 Ebenso führte das BI Hermann Julius Meyers „Stiftung für Erbauung billiger Wohnungen in Leipzig“ fort. Bis 1937 entstanden durch diese Stiftung 290 Häuser mit 2687 für einfache Leipziger Bürger bezahlbare Wohnungen und einer für damaligen Verhältnisse guten Ausstattung. Die „Wohnhauskolonien“ in Lindenau und Kleinzschocher verfügten über Park- und Spielflächen. Den Plan, diesen Beitrag zur Lösung der Wohnungsfrage in Leipzig durch weitere Bauten auf einem Gelände des BI an der Russenstraße fortzusetzen, verhinderte die Kriegsvorbereitung.40

Das BI informierte, im Vergleich mit anderen Betriebszeitschriften der Branche, mehr und offener über seine Produkte. In der Dezembernummer von 1940 stellte es zum Beispiel die gesamten „diesjährigen Herbstneuerscheinungen“ vor, die allein schon auf eine große Leistungsfähigkeit des Unternehmens schließen ließ. In der Bilanz (10 Jahre BI) von 1933 – 1943 führte es die verlegten Zeitschriften, Lexika, einschließlich der Neu- und Nachauflagen, der Wörterbücher, der Nachschlagwerke, Duden und Atlanten auf. Dabei trat ein, bei der Durchsicht nur der Werkzeitschrift nicht voll durchschaubarer, Widerspruch auf. Die Handschrift und das liberale, humanistische Grundanliegen des Verlegers Hermann Julius Meyer durchdrang noch einige Verlagswerke, wie das umfangreicher Meyers Lexikon. Gleichzeitig nahm die geistige und politische Anpassung an den Nationalsozialismus zu und bestimmte den Grundgehalt vor allem vieler neuer Ausgaben. Es erschienen neben Lexika, Handbüchern, der „Atlas des deutschen Lebensraums“, „Soldatenblätter“, „Schlag nach“ für Soldaten oder allein im Herbst 1940 zehn „Schlag nach“, die in über 17 von den Nazis besetzten Gebieten oder mit ihnen sympathisierenden Länder als Handbücher dienen sollten.41

Das gesamte Programm an Handbüchern und Karten für die Wehrmacht und die SS wurde jedoch nicht veröffentlicht.Zudem finden sich widersprüchliche Einschätzungen und Meldungen der Betriebsführer. Einerseits propagierten sie eine schnelle und große Wende mit Erfolgen für das Unternehmen durch den Nationalsozialismus. Andererseits tauchten verstreute, oft versteckte Einschätzungen der BI-Leitung auf, die mit der nach außen propagierten großen Wende und den schnellen Erfolgen durch den Nationalsozialismus nicht übereinstimmten. So fasste ein Bericht zusammen: „Das Jahr 1933 fand das graphische Gewerbe in seiner tiefsten Depression, die sich in besonders großer Arbeitslosigkeit und außerordentlich gedrückten Preisen zeigte. Und die mit der nationalsozialistischen Machtergreifung notwendigen Maßnahmen in Presse und Kulturleben zur Schaffung einer einheitlichen Willensbildung (Einstellung von Zeitschriften, Ausmerzung jüdischer und judenhöriger Autoren usw.) schienen zunächst die Lage des graphischen Gewerbes eher zu erschweren als zu erleichtern. Und unser BI befand sich in einer besonders schwierigen wirtschaftlichen Situation: Seit 1932 (bis 1937) konnten keine Dividende ausgeschüttet werden, im Gegenteil das BI arbeitete mit Verlust [...].42 An anderer 38 Meyers Nachrichten... 1944, August, S. 1.39 Meyers Nachrichten... 1938, April, insbes. Skizze S. 1.40 Meyers Nachrichten... 1937, Dezember, S. 1 - 3.41 Mayers Nachrichten... 1940, November, S. 3 ff u. Dezember S.11 ff. 42 Meyers Nachrichten... 1943, Januar, S. 2.

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Stelle hieß es, daß im BI im Jahre 1939 die Verlagsproduktion noch vorwiegend der Frieden bestimmt und der Krieg in das wirtschaftliche und soziale Leben der Firma tief eingegriffen hätte. 43 Gleichzeitig erfolgten aber wachsende Investitionen und ab 1935 stieg die Anzahl der Beschäftigten sprunghaft an (1933 noch 522, 1935 bereits 711, 1939 schon 987).44 Der Verlag C. Bertelsmann, Gütersloh verlegte bereits 1934 die erste „Bertelsmann-Illustrierte“. Weitere Ausgaben folgten in großen Abständen. Im Impressum trug sie im Vergleich zu den anderen Werkzeitschriften den Vermerk: „Sie ist eine Gemeinschaftsarbeit der Gefolgschaft unter freundlicher Mitwirkung aus dem Autorenkreis“.45 Nach 1939 folgte der Zusatz „Soldatengruß und Werkzeitung“. In der Nummer von 1934 wurde noch christliche Literatur, die, neben anderen Büchern und der Schriftenreihe „Christentum und Judentum“ eine wichtige Säule des Verlages einst war, besprochen. Aber im Beitrag von Werner von Langsdorf begannen sich schon „Flieger am Feind“, alte Frontkämpfer, das Dritte Reich und die Losung „Luftfahrt ist Not“ in den Mittelpunkt zu schieben. Die „Illustrierte“ von 1935 gewährte in einen offenen Brief von Dr. H. Martin Elster nur „volksverbundene Dichtung“ Existenzberechtigung auf dem Buchmarkt. Elster hob hervor: „Ich bin gewiß, daß alle ebenso denken, die sich der Worte des Führers in seiner Kulturrede zu Nürnberg erinnern.“46 Dann propagierte die Zeitschrift der Betriebsführung Heimatdichter, lobt völkische und nordische Literatur und kaum noch christliche. Ein Jahr danach (1936) stellte die „Bertelsmann-Illustrierte“ den von Goebbels außerordentlich geförderten und vom Hauptschriftleiter des „Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel“, Hellmuth Langenbucher als Dichter der nationalsozialistischen Schicksalswende sowie als Verkünder des „Opfertodes als Vollendung von Leben“ gefeierten P .C. Ettighoffer als die Visitenkarte des Verlages vor. Der Bertelsmann Verlag editierte bis 1937/38 neun Schriften von Ettighoffer, „Verdun - Das große Gericht“ allein mit einer Auflage von 200 000.47 Die Verlagsarbeit, hieß es weiter, sei immer unter Vorsitz von Herrn Mohn gestanden, die die Autoren wie Hans Grimm, Werner Bergengruen, Heinz Steguweit und auch Will Vesper gewonnen habe.48 Vesper schrieb 1943 einen großen Aufsatz in der Werkszeitschrift zum 1. Mai. Er lobte die Rolle Hitlers und verlangte Entschlossenheit, äußerste Anstrengungen und höchste Leistungen für das Vaterland von der Gefolgschaft. Will Vesper, NS-Dichter, Reichsredner war auch Herausgeber der Zeitschrift „Die neue Literatur“, die in Leipzig in den zu den NS-Verlagen zählenden Avenarius Verlag erschien. Vesper hetzte die Leser nicht nur zur Verfolgung von linken und liberalen Autoren und zur Vernichtung deren Schriften auf, sondern er propagierte auch einen extremen Antisemitismus, der manchmal den von Goebbels überholte. So verbreitete er in seiner Zeitschrift im Januar 1938 eine Liste der in Österreich vorhandenen „Judenverlage“ und feierte im Mai 1938 die Liquidierung „des jüdischen und undeutschen Verlegertums in Wien“ und ganz Österreich als „Befreiung“.49 Den Geist der Verlagsarbeit charakterisierend schrieb der Betriebsführer Heinrich Mohn, unterstützt von seinem Betriebsobmann: „Mit seinem Werk ‚Mein Kampf‘ schenkte der Führer der deutschen Nation ein solches Buch, das Buch, dessen Erkenntnisse zu den heiligsten Gütern gehören, die uns zur geistigen Entscheidung rufen und um die letztlich heute das Ringen der Völker geht.“50 Anschließend forderte er seine Werkleute auf, zu geloben, die „Herstellung und Betreuung deutschen Buchschaffens“ im Sinne des Führers als „Waffenträger der Nation“ zu leisten.Die Werkzeitschriften (abgesehen von der Werkzeitschrift der Betriebsgemeinschaft F. A. Brockhaus, Leipzig, „Der Fabianer“, die erst ab Nr. 9 / 139 verfügbar ist) reflektieren die Gleichschaltung der

43 Meyers Nachrichten... 1943, Januar, S .7.44 Mayers Nachrichten... 1943, Januar, S. 2 u. 7.45 Bertelsmann-Illustrierte. Gemeinschaftsarbeit der Gefolgschaft unter freundlicher Mitarbeit aus dem Autorenkreis, Schriftwaltung: Theodor Berthoud. Gütersloh, 1934 bis 1943.46 Bertelsmann-Illustrierte... 1936, S. 2.47 P. C. Ettighoffer: Wo bist du – Kamerad?. Essen 1938, Anhang des Verlages C. Bertelsmann. Hellmuth Langenbucher: Volkhafte Dichtung der Zeit. Berlin 1940, S. 531, 532, 537.48 Bertelsmann-Illustrierte...Kriegsweihnachten 1942.49 Die neue Literatur. Leipzig, 1938, Heft 1 (Januar), S. 45/46 u. Heft 5 (Mai), S. 264. Heinz Steguweit, Hans Grimm, Will Vesper und viele andere NS-Autoren spielten nach 1945 eine wichtige Rolle in der Remilitarisierung, der rechten und rechtsextremen Medienwelt sowie in der „Gründergeneration“ der rechtsextremen Zeitschrift „Nation Europa“, die in Coburg erschien. Vgl.: Peter Dehoust: 50 Jahre Nation & Europa. In: Nation Europa, Coburg, 2001, Heft 1, S. 6.50 Bertelsmann-Illustrierte...1943, (Nationaler Feiertag des deutschen Volkes).

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Firmen bereits schon in den ersten Jahren der NS-Herrschaft. Sie öffnen zudem ein Fenster für innere Vorgänge in den einzelnen Betrieben. Alle Betriebsführungen übernahmen zügig die nationalsozialistischen Herrschaftsmethoden im Unternehmen und wandelten sich, mit Nuancen, zu Stützpunkten und Multiplikatoren nationalsozialistischer Ideologie und Politik.

Schub zur Modernisierung der Technik

Beachtenswerte Aussagen bot die Werkszeitschrift der Firma C. Bertelsmann über umfangreiche Neu- und Erweiterungsbauten für die Druckerei, den Verlag und Versand in den Jahren 1937/1938.51 Dabei stellte sie auch einige soziale Maßnahmen vor. Den umfangreichen technischen Ausbau des Betriebes deutete dagegen das Führungsblatt der Betriebsleitung nur an. Andere Werkzeitschriften berichteten ebenso über Aus- und Neubauten sowie über neue oder erweiterte Zweigstellen. Bei ihnen rückt aber meist die technische Erneuerung, die abgesehen von Ausnahmen 1935/1936 einsetzte, mehr in den Vordergrund. Die Betriebsleitung von Giesecke & Devrient fasste ihre Investitionen wie folgt zusammen: „Es erfolgte die Vermehrung des Schriftenbestandes, die Anschaffung moderner Maschinen für den Offset- und Buchdruck bis in die letzte Zeit vor Kriegsbeginn hinein. Im Zusammenwirken mit der Schnellpressenfabrik Koenig & Bauer in Würzburg gelang die Entwicklung einer neuen deutschen Zweifarben-Zweitourenpresse. Die Reproduktionsphotgraphie und Photolithographie wurden vollständig erneuert, die Offsetdruckerei durch Aufstellung großer Mehrfarbenschnelläufer in ihrer Leistungsfähigkeit erheblich gesteigert. Neu aufgenommen wurde der maschinelle Kupferdruck mit Runddruckmaschinen, um auf diesem Gebiet im Ausland die englische und amerikanische Konkurrenz zu brechen und der wertvollen Technik den Inlandsmarkt zu erschließen. Die Entwicklung eines besonderen Sicherheitsschecks vervielfachte die Aufträge der Banken auf diesem Gebiet.“52 Zu dem richtete das Unternehmen ein eigenes chemisches Forschungslabor ein und erklärte, daß die technischen Erweiterungen weniger neuen Raum erforderten, als die damit verbundenen neuen Arbeitskräfte und deren Handarbeit.BG Teubner, bereits ein leistungsfähiges Unternehmen, modernisierte vor allem 1937/1938, wie beispielsweise die „BGT“ vom April 1938 gesondert berichtete, umfangreich seine technischen Betriebe, vor allem durch einen modernen Maschinenpark. Aus dem „Spamer-Bote“ kann ebenso entnommen werden, dass die Spamer AG sich räumlich ausdehnte, Vertretungen in Stuttgart, Dresden, Hamburg, Bremen, Rodenkirchen besaß und ihren Sitz in Berlin in das Europa-Haus in der Wilhelmstraße verlegte.53 Noch im Frühjahr 1939, wenige Monate vor Kriegsbeginn, hob der „Spamer-Bote“ hervor, dass, über „10 Wochen dauernd“, eine völlig neue Mehrfarben-Tiefdruck-Rotationsmaschine aufgebaut wurde, ein „Gigant aus Eisen und Stahl“ von 2000 Zentner und einer Länge von 23 Meter. Die Firma F.A. Brockhaus unterrichtete ihre Mitarbeiter über die Entwicklung der Druck- und Bildtechnik in der Form von Fortbildung in den Nummern der „Der Fabianer“ vom April 1939 bis Oktober 1939, um die Arbeiter an die neue Technik heranzuführen.Bei allen Grenzen der Aussage der Werkzeitschriften privater Buchandelsgroßunternehmen und ihrer Druckereien, kann aber geschlussfolgert werden, dass sich von 1935/1936 bis Sommer 1939 eine schnelle und zugleich auf wenige Jahre konzentrierte Expansion der Unternehmen vollzog, die vor allem ein außerordentlicher Prozess der technischen Modernisierung charakterisierte. Selbst wenn dieser Vorgang im Zusammenhang mit dem gesamten Entwicklungsprozess (Säuberung, Verfolgung, Anpassung usw.) gesehen wird, kann er als großer, sich in einem kurzen Zeitabschnitt durchsetzender technischer Schub angesehen werden. Den internationalen Vorsprung konnten deutsche Firmen jedoch nur im Rahmen des Krieges und der besetzten europäischen Länder kurzfristig nutzen. Er zerbrach an den furchtbaren Auswirkungen des faschistischen Krieges für Deutschland.

51 Bertelsmann-Illustrierte...Kriegsweihnachten 1941, Bilder u. 1943,(Nationaler Feiertag des deutschen Volkes), Bilder mit Text über soziale Einrichtungen.52 GD Nachrichten...1941, Dezember, (Zehn Jahre Aktiengesellschaft), S. 3.53 Spamer-Bote... 1937, Mai, S. 8 und 1938, August, S. 7.

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Kriegsvorbereitung und differenzierte Reaktion

Fast alle Werkzeitschriften reflektierten unterschiedlich die Wirkungen einer Politik von Kriegsvorbereitung und Krieg auf den Verlag, das Buch, den Buchmarkt sowie die Herstellung und Gestaltung des Buches. Kriegsverherrlichende Schriften spielten in der Weimarer Republik schon eine wichtige Rolle. Nach der NS-Wehrgesetzgebung vom Mai 1935 nahm der Druck auf eine geistige Militarisierung und Kriegsvorbereitung zu. Das „Börsenblatt für den Deutschen Buchhandels“ begann im Oktober 1935 eine Artikelserie über ihre Vorstellungen und die der Wehrmacht zu verbreiten, wie die Literatur für die Truppenteile und die Massenmanipulation für einen Krieg inhaltlich gestaltet sein sollte. 1937 gab das Reichskriegsministerium inhaltliche Schwerpunkte (Tapferkeit, Heldentum, Disziplin, Gehorsam, Todesbereitschaft usw.) für deutsches Schrifttum bekannt. Im Frühjahr legte das OKW eine Liste der von ihm geförderten und zu förderten Bücher dem Börsenverein vor und begann, verstärkt selbst Verlage zu beeinflussen. Der General von Cochenhausen referierte auf der Kantate des deutschen Buchhandels im April 1939 vor den Mitgliedern des Börsenvereins und der Gruppe Buchhandel der Reichsschrifttumskammer über die Bedeutung von Wehrerziehung und Schrifttum für das Militär und stimmte indirekt auf den bevorstehenden „Polenfeldzug“ ein.54

Zweifellos wuchs die Zahl der Schriften, die direkt und indirekt der geistigen Kriegsvorbereitung dienten. Ebenso verbreitete sich die NS-Rassentheorie in den Werkzeitschriften und der Buchproduktion. „Mayers Nachrichten“ stellten in redaktionellen Grundsatzartikeln fest, dass dieser Geist, der über Deutschland „weht“, Volksgeist wäre. „Und schon beginnt er, die Brudervölker zu erfassen und sich über die Erde zu breiten. Aus der deutschen Wiedergeburt wächst das Erwachen Europas und damit das erwachen der weißen Rasse, unerbittlich, unaufhaltsam.“55 Sie sprach ganz im Sinne der Goebbelspropaganda von einer angeblichen „Wiedergeburt der heldischen Seele des Nordens“, einer neuen Sendung. Betriebsführer Martin Giesecke überreichte demonstrativ Gauleiter Martin Mutschmann, SS-Obergruppenführer Udo von Woyrsch und einem NS-Kreisleiter die extra handgebundenen Schriften „Das Bauerntum als Lebensgemeinschaft“ vom NS-Rassentheoretiker Hans F. K. Günther.56 „Mayers Nachrichten“ berichteten im Januar 1936 „Über die Liebe zu unserem Acker und zu unseren Waffen“ und stellten einem Monat darauf den „Heldengedenktag“ heraus. In den genannten Beiträgen der „Meyers Nachrichten“ befandet sich jedoch immer wieder Illusionen über den „Willen Deutschland zum Frieden“. Auch ließ die Werkzeitschrift erkennen, dass sie die Eingliederung Österreichs und ein „Großdeutsches Reich“ als Taten des Führers bejubelte, aber ebenso so, dass sie „ohne Opfer an Blut“, ohne Krieg geschah.57 „Der Fabianer“, die Werkzeitschrift der Betriebsgemeinschaft F.A. Brockhaus befürwortete die Annexion des Sudetenlandes, den Wachstum des „Großdeutschen Reiches“ und seine Bedeutung für das graphische Gewerbe, verbreitete jedoch gleichfalls Vorstellungen über eine zukünftige mögliche friedliche Entwicklung. Hier sind Tendenzen verborgen, die Hinweise geben, warum eine Reihe Unternehmen des Gesamtbuchhandels, die über eine breite Palette von Printmedien verfügten, sich nicht oder nicht voll auf den Kriegsbeginn 1939 eingestellt hatten und eine allgemeine bedenkenlose Kriegsbereitschaft selbst unter ihnen nicht erreicht worden war. Das von der Reichsleitung der NSDAP gewünschte extreme Feindbild war in den Köpfen von einigen Betriebsführern noch nicht voll herangereift.Im Jahre 1938 ergab sich eine politische und geistige Situation in Deutschland, dass sich Hitler gezwungen sah, selbst einzugreifen. Er ließ am 10. November 1938 ca. 400 deutsche Journalisten und namhafte Verleger in München versammeln, um seine neue Linie in der Propaganda nachdrücklich durchzudrücken. Nur aus taktischen Gründen hätte er, so Hitler, einen deutschen Friedenswillen vor allem nach außen vertreten. Das habe bei vielen Menschen Auffassungen erzeugt, dass sein Regime unter allen Umständen Frieden wolle. Das Volk hätte die Propaganda psychologisch eingestellt, dass bestimmte Dinge mit friedlichen Mitteln oder aber mit Gewalt erreicht werden müssten. Jetzt soll das Volk zur Geschlossenheit, zum Selbstbewusstsein und zum absoluten Glauben an die Führung beeinflusst werden. Es müsse „so fanatisch an einem Endsieg“ glauben, dass selbst Niederlagen es nicht davon abbringen könnten. Hitler rückte die Gewalt, den Krieg als nun sein

54 Otto Seifert: …, S. 87 u. 88.55 Mayers Nachrichten...1937, Mai, S. 3. 56 BGT...1941, Dezember, S. 3.57 Mayers Nachrichten... 1938, April, S. 1 u.3.

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einziges Mittel seiner Politik in den Mittelpunkt. Der „ungeheuren Macht der Presse“, den Medien als „Instrument der Führung“ erteilte jetzt Hitler die Aufgabe, das Volk in diese Richtung zu manipulieren.58 In den Werkzeitschriften traten aber Tendenzen an den Tag, dass sich Teile des Management in ihrer Unternehmensstrategie, im Gegensatz zur Rüstungsindustrie, nicht mit dem nötigen Tempo und aller Konsequenz auf einen Krieg eingestellt hatten, sogar eventuell noch Illusionen über die Politik Hitlers besaßen. In einem Rückblick vermerken die „GD Nachrichten“, dass kriegsbedingte Hindernisse und Schwierigkeiten, neue Gesetzte und die neue Lage, sich auf das Unternehmen ausgewirkt hätten.59

Später meldete der Geschäftsbericht, dass der Inlandsumsatz in den folgenden Jahren zwar eingehalten werden konnte, jedoch nicht der Auslandsumsatz. Der „Ertrag“ wäre deshalb insgesamt niedriger.60

„Meyers Nachrichten“ fassten diese Problematik zusammen: „Der Krieg hat in das wirtschaftliche, technische und soziale Leben des BI tief eingegriffen. Immer mehr Mitglieder der Gefolgschaft wurden zur Fahne gerufen oder für die Rüstungsindustrie dienstverpflichtet. Viele Verlagsplanungen und Aufgaben des Friedens wurden verzögert und verhindert; an ihre Stelle traten kriegswichtige Aufgaben, die einen immer größeren Teil der Kräfte des BI in Anspruch nahmen. Nach vorübergehender Kurzarbeit im Herbst 1939 stiegen die Anforderungen bald so sehr an, daß die tägliche Arbeitszeit in fast allen Abteilungen auf 10 Stunden erhöht werden mussten. Es war notwendig, die wegen Einberufung oder Dienstverpflichtung ausscheidende Gefolgschaftsmitglieder möglichst weitgehend zu ersetzen, vor allen durch Frauen und zuletzt durch ausländische Arbeitskräfte.“61 Die „Bertelsmann-Illustrierte“ stellte in einem Werksbericht Zwänge zur Veränderungen in der Produktion und Schwankungen in der Gefolgschaft fest. Das habe ergeben, „daß die Zahl der Männer, die vor zwei Jahren noch fast die Hälfte der ganzen Gefolgschaft ausmachte, nun unter einem Drittel gesunken ist. Unter den weiblichen Gefolgschaftsmitgliedern sind viele verheiratete Frauen, die oft nur halbtagsweise ihre Kraft zur Verfügung stellen können, außerdem 63 Jugendliche unter 18 Jahre.“ 62 Über die Werkzeitschrift „CD Gemeinschaft“ vom April 1940 teilte die C. Dünnhaupt K.G, Dessau der „Betriebsgemeinschaft“ mit: „Bei Beginn des Krieges gab es für die verschiedenen Betriebe unseres Gewerbes keine anwendbaren Lösungen, wie man die Lage meistert, sondern es war ureigenste Aufgabe jedes einzelnen Betriebes, mit den auftretenden Schwierigkeiten fertig zu werden.“ Auf Grund des einsetzenden Produktionsrückgangs sei für die Monate September bis November 1939 eine erhebliche Minderbeschäftigung entstanden und die Gefolgschaftsstärke sogar um 30 Prozent zurückgegangen. Insgesamt brachen fast alle technischen Erneuerungen in den Betrieben 1939/40 ab.

Differenzierte Sicht von Kriegsfolgen

Die Werkzeitschriften geben (zum Teil differenzierte) Einblicke in bestimmte länger wirkende negative Folgen des faschistischen Krieges für die Unternehmen. Sie nennen stetige Verluste an qualifizierten Arbeitskräften, die sich bereits schon 1938 bemerkbar machten und ansteigenden Mangel an Nachwuchs, da Lehrlinge, die gerade ihre Lehre abgeschlossen hatten, die Wehrmacht oder der Arbeitsdienst sofort einzogen. Zudem veränderte sich einschneidend die Sozialstruktur in Verlagen und im graphischen Gewerbe durch den anwachsenden Frauenanteil, oft ohne Facharbeiterabschluss. Lehrausbildung und Teilqualifizierung entwickelten sich zu einer stetigen Führungsgröße des Managements. Schon in der Weihnachtsausgabe 1939 berichtete die Spamer AG, dass es notwendig gewesen sei, ein „Berufserziehungswerk“ zu schaffen, wo die Lehrlinge zusätzliches praktisches und theoretisches Wissen sowie eine „systematische weltanschauliche Schulung“ vermittelt bekamen. Von der Betriebsführung des Unternehmens B.G. Teubner ging sogar 1942 die Initiative aus, für Leipziger

58 Hitler vor Vertretern der deutschen Presse am 10. November 1938 in München. In: „Es spricht der Führer“. 7 exemplarische Hitler-Reden. Herausgegeben von Hildegard von Kotze, Helmut Krausnick. Gütersloh 1966, S. 268 – 286. Noch im Juni 1936 hatte der Stellvertreter des Führers R. Heß, abgestimmt mit dem Reichsschatzmeister der NSDAP, die Dienststellen der Partei angewiesen, die im Zentralverlag der NSDAP gedruckte Broschüre „Hitlers Kampf um den Weltfrieden“ zu vertreiben und möglichst große Sammelbestellungen zu erwirken. Vergl.: Führerblatt. Gau Schlesien der NSDAP, Breslau, 1936, 1. Juni, S.15.59 GD Nachrichten...1941, Februar, S. 2.60 GD Nachrichten... 1943, August, S. 7.61 Meyers Nachrichten... 1943, Januar, S. 2.62 Bertelsmann-Illustrierte...1941, Kriegsweihnachten, Werksberichte.

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Betriebe „Gemeinschaftslehrwerkstätten“ zu gründen, in denen in drei gesonderten Lehrwerkstätten Buchbinder, Buchdrucker und Schriftsetzer eine qualifizierte Ausbildung erhielten. Für diese Werkstätten, die in Absprache mit Leipziger graphischen und papierverarbeitenden Betriebe und der DAF entstanden, stellte Teubner, so die „BGT“ vom November 1942, sogar fast die gesamten Räume und Neuausbauten zur Verfügung.Hinzu kamen Zwänge, das fachliche Profil teilweise oder fast ganz zu verändern. Gleichzeitig wuchs der Leistungsdruck auf die verfügbaren Arbeitskräfte, die erst 10 später sogar 12 Arbeitsstunden pro Tag zu leisten hatten, ab 1943/44 oft verbunden noch mit Wach- und Luftschutzdienst.63

Alle Werkzeitschriften signalisierten, wenn auch in unterschiedlicher Form und Intensität, daß die Papierkontingentierung sowie die Qualität des Papiers auf den Umfang und den Inhalt sowie die Endprodukte von Druckerei und Verlag nachhaltig einwirkten. Die Wehrmacht verfügte im Verlaufe des Krieges über das größte Kontingent an Papier, aber auch die Waffen SS, die Organisation Todt und die Reichsbahn verteilten Anteile. Der riesige NS-Medienkonzern mit ca. 160 Unternehmen (einschließlich der Gauverlage) sowie zahlreichen neugegründeten Verlagen in den besetzten Gebieten besaßen einen eigenen, undurchschaubaren Zugriff auf Papier und nutzten zudem auch das Kontingent der Wehrmacht.

Der Kampf um den „neu geordneten“ Buchmarkt Europas

Ausgehend davon, daß die Wehrmacht und die SS den größten Teil von Europa besetzt sowie faschistischen Regime in Europa sich mit Deutschland verbundenen hatten, begann ein Schlacht um diesen großen, meist mit Schließungen, Verboten, Vertreibung und Vernichtung, mit Gewalt geschaffenen Buchmarkt. Der Vorsteher des Börsenvereins und Leiter der Gruppe Buchhandel der Reichsschrifttumskammer forderte bereits Anfang 1941 vom deutschen Verlagsbuchhandel, er solle seine „Neuproduktion“ in „Normalschrift, der sogenannten Antiquaschrift“ herstellen, da die „Frakturschrift“ außerhalb der Reiches schlecht angenommen werde und so der Konkurrenz helfe. Vor dem deutschen Buchhandel und dem Börsenverein bestehe nun das Ziel, im Zusammenhang mit der politischen europäischen Neuordnung eine „einheitliche europäische Buchhandelsordnung“ unter deutscher Führung durchzusetzen.64 So stellten beispielsweise nach dieser Vorgabe der „Spamer-Bote“ und die „Meyers Nachrichten“ in der folgenden Zeit den Schriftsatz der Werkzeitschriften um. Noch 1936 hob das Spamer-Haus hervor: „Bücher sind nicht nur zum Lesen da, sonder auch zum Betrachten.“65 Gutenbergs Erbe müsse heute auch durch das künstlerisch gestaltete Wort und Bild im Buch gepflegt werden. Eine Reihe andere Verlage und graphische Unternehmen versuchten gleichfalls, diese Tradition weiter zu führen. Im Verlaufe des Krieges verbot die NS-Führung erst „Brachtbände“, danach gebundene Bücher (mit Ausnahmen für den Export, Kunst- und Bildbände sowie speziellen Einbänden für Bibliotheken) und forderte sogar die Verlage, Druckereien und den Versand im September 1944 auf, alle gebundenen Bücher an den Vertrieb der Gaue zu veräußern sowie die in Ganz- oder Halbleinen gebundenen an die Firma Lühe & Co nach Ölsnitz im Vogtland abzuliefern. Die Masse des Schrifttums sollte nur noch broschiert verlegt werden.66 Lühe & Co war zum größten Vertriebsunternehmen des Zentralverlages der NSDAP und andere NS-Verlage aufgestiegen. Es steuerte ab 1943 maßgeblich die Frontbelieferung. Der Börsenverein beteiligte sich mit einem Drittel am Kapital des Unternehmens sowie an dessen Gewinn. Der Geschäftsführer des Börsenvereins Dr. Heß galt als geheimer, vertraglich festgelegter Berater des Unternehmens der NSDAP.67 In der Werkszeitschrift des Bibliographischen Instituts informierte die Betriebsleitung allgemein über die Verlagsneuerscheinungen und Nachauflagen nach Sachgebieten und mit Kurztiteln. Die von Brockhaus und Teubner publizierte ihre Veröffentlichungen jedoch zurückhaltender. Der Droste Verlag Düsseldorf nannte in seinem „Pressehaus“ beispielsweise im Januar/Februar 1944 „Neue

63 GD Nachrichten...1943, S.6.64 W. Baur: Ansprache des Leiters des Deutschen Buchhandels auf der Kundgebung. In: Der Deutsche Buchvertreter, Leipzig, Nr. 11/12, 5. Juni 1941, S. 64. 65 Spamer-Bote...1936, Januar, S. 5.66 Beilage zum Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Leipzig, Nr. 70, 9. September 1944. Merkblatt zur totalen Mobilmachung des Buchhandels (bes. Absch.I.a). Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, BV I 735. Weisung des Goebbelsministeriums „schöngeistige Schriften“ nur noch broschiert herzustellen.67 Otto Seifert:...S. 237 u. 138.

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Bücher des Droste Verlages“, gab aber nur den Autor, den Titel, seinen Verlag und kurz den Inhalt an, aber nicht die Art des Einbandes. Nur die „Bertelsmann-Illustrierte“ meldete Ende 1941 offen die Veränderungen in der Buchgestaltung. Die Arbeit in der Buchbinderei sei gemindert, Halbleineneinband existiere noch, aber mehrere Maschinen in der Buchbinderei hielten „zugedeckt den Winterschlaf“. Die gesamten Feldausgaben – so der Bericht „Aus unserer Buchbinderei“ - würden nur noch von auswärtigen Firmen hergestellt und dann vom Unternehmen versandt.68 Die Broschur dominierte.Andere grundsätzliche Vorgaben für inhaltliche Schwerpunkte in der Literaturproduktion reflektieren die Werkzeitschriften so gut wie nicht. Nach der geförderten Welle der Publikationen zur NS-Ideologie und Politik sowie zur Kriegspropaganda korrigierte die NS-Führung nach den ungeheuren Verlusten im Krieg diese Richtlinie. So verkünde der Vorsteher des Börsenvereins Wilhelm Baur auf der Sitzung der Kleinen Rates des Börsenvereins und der Gruppe Buchhandel am 5. Mai 1943 noch etwas halbherzig, dass der Führer die Unterhaltungsschriften als kriegswichtig eingestuft habe. 69

Ministerialrat Wilhelm Haegert von der Schrifttumsabteilung des Reichsministeriums für Propaganda und Volksaufklärung verlangte am 9. März 1944 energisch von den Verlegern, die „Flut der sogenannten ‚politischen‘ Werke“ zu drosseln, endgültig mehr unterhaltende Schriften herzustellen und bei militärischen Schriften nicht nur Kampfhandlungen zu schildern.70

Nur ganz selten geben die Werkzeitschriften Hinweise, dass Verlage und Druckereien sich auf kriegswichtige Bücher, Broschüren, Truppenhandbücher, Handbücher für Regionen, Landkarten u. a. konzentrierten. Dieser Bereich unterlag der Geheimhaltung. Der „Spamer-Bote“ vermerkte ganz im diesem Sinne 1943: „Der Betrieb ist seit langem in stärkstem Maße für wichtige Sonderaufgaben eingesetzt und hat sich in vorbildlicher Erfüllung dieser Aufgaben ausgezeichnet.“71 Vom Unternehmen Giesecke & Devrient richtete die Werkzeitschrift die Aufmerksamkeit in der Nummer vom August 1941 auf Kroatien. Mit Hilfe der deutschen Wehrmacht sei hier das „jüngste Land Europas“ entstanden, geführt von Ante Pawlowitsch, der mit seiner Ustascha die Serben vertrieben hätte, an der Seite Deutschlands stehe und in gleicherweise wie in Deutschland die Judenfrage löse. Der Sinn dieses Artikels, der gezielt auf die Beschäftigten einwirken sollte, wird erst im Zusammenhang mit dem Berichte des Betriebsführers klar. Für Kroatien stellte die Firma die gesamten Wertpapiere und andere Druckerzeugnisse her.72 „Meyers Nachrichten“ lassen im April 1943 durchblicken, dass in den Lehrwerkstätten Landkarte im Maßstab von 1:160000 gedruckt werden. Über F. A .Brockhaus vermerkten die einzelnen Ausgaben der Werkzeitschrift nur Leistungen für spezielle Handbücher für einzelne besetzte Gebiete. Selbst in den Verlagsunterlagen von F. A. Brockhaus tauchte nur ein Hinweis über die Fertigung von speziellen Fliegerkarten für Nachtjäger auf.73 Die Werkzeitschriften boten für die Erforschung der Fertigung von sogenannten kriegswichtigen Druckerzeugnissen kaum ausreichende Anhaltspunkte. Die wenigen meist verschlüsselten Andeutungen, sind, wegen der damaligen Geheimhaltungspflicht mit Vorsicht zu verwerten.Auf die veränderten Vertriebsstrukturen von Büchern und Zeitschriften in der Zeit des Krieges reagierten die Werkzeitschriften nur mit vereinzelten Hinweisen.74 Ein Brief von Hans Langewiesche aus Eberswalde, Buchhändler und Mitglied des Kleinen Rates des Börsenvereins, an Wilhelm Bauer, Vorsteher des Börsenvereins und Leiter des deutschen Buchhandels, vom Dezember 1944 richtete die Aufmerksamkeit auf diese Problematik. Er klagt an, daß die Schüler, Schulbüchereien, die Volksbüchereien, die Werkbüchereien und die Zentrale des Frontbuchhandels (mit einem Anteil von über 50 Prozent) am Sortiment vorbei beliefert werden, das Sortiment aber höchstens nur noch 5-6 Prozent der zum Vertrieb freigegebene Bücher erhalte.75 Seine Aufstellung übersah die Belieferung

68 Bertelsmann-Illustrierte...1941, Kriegsweihnachten. 69 Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, BV I 735.70 Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, BV I 733. 71 Spamer-Bote...1943, März, S. 2.72 Spamer-Bote... 1941, Dezember, S. 3.73 Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, Teilbestand F. A. Brockhaus, 569/1 (Schreiben über vorgesehene Aufträge).74 Einen ersten Einblick in die gewandelten Vertriebsstrukturen, besonders in den Frontbuchhandel bietet: Otto Seifert....S.249 –252. Einige größere Einblicke bieten die „Deutschen Zeitungen“ in den besetzten Gebieten und in mit den Nazis verbundenen Staaten sowie die Truppenzeitungen.75 Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, BV I 738, Brief H. Langewiesche an W. Baur vom 29.12. 1944.

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der deutschen Volksbibliotheken in Deutschland und im Ausland, der NSDAP-Bibliotheken, der Bibliotheken der Wehrmacht, der SS, der Organisation Todt, der DAF, bes. in den neuen Gauen und in den besetzten Gebieten, der Bibliotheken der Lazarette sowie der Auslandsorganisation der NSDAP. Langewiesche schlussfolgerte im Zusammenhang mit der Gesamtrichtung der Buchhandelspolitik des Börsenvereins in seinem Schreiben, dass sie in eine Katastrophe führe und die Akteure Totengräber des Buchhandels genannt werden könnten.Während viele Werkzeitschriften die Masse der Bücher und Zeitschriften, die in die besetzten Gebiete und an die Front gingen, nur mit allgemeinen propagandistischen Äußerungen oder mit einzelnen Beispielen von Frontbuchhandlungen oberflächlich behandelten, gingen nur wenige direkt auf den Frontbuchhandel ein. Der Hauptlektor des C. Bertelsmann Verlages berichtete in der „Bertelsmann-Illustrierten“ ausführlich über die „Feldpostausgaben“ des Unternehmens. Die Reihen würden sich in drei Sammlungen unterteilen: Bertelsmann-Feldpostausgaben, Kleine Feldpost-Reihe und Bertelsmann-Feldposthefte.76 Zu den einzelnen Reihen erfolgte eine fast genaue Nennung von Autoren und Titeln, mit Hinweisen auf Lizenzen und Preise. Zahlreiche Druckereien und Buchbindereien hätte die Firma für diese Aufgabe herangezogen. “Fast die Hälfte der Produktion wurde und wird in den besetzten Gebieten und auch in einigen befreundeten Ländern hergestellt. Insgesamt sind bis jetzt rund zehn Millionen Bertelsmann Feldpostausgaben verbreitet worden. Weitere neuneinhalb Millionen befinden sich in der Herstellung.“77 Viele Werkszeitschriften vermittelten, dass das Unternehmen aktiv in die NS-Literaturpolitik und die neuen Vertriebsstrukturen einbezogen waren. Obendrein berichtete C. Bertelsmann in einer von anderen Unternehmen nicht bekannten Offenheit über seine Arbeit in der Zeit des Krieges (Produktion von mehr als 20 Mill. Feldpostausgaben) und bot und bietet auch für heute einmalige Informationen. Verbindungen des Verlages Bertelsmann mit dem NS-System, die für einen derartigen Massenvertrieb notwendig waren, bleiben im Dunkeln. Wenn es gelang, daß selbst die „Deutsche Polarzeitung“ für das besetzte Nord-Norwegen allein in ihrer Ausgabe vom 9. September 1942 für sieben Titel des Verlages von P. C. Ettinghofer warb, können die Beziehungen nicht gering gewesen sein. Interessant ist zudem, dass die Werbung sich mit einem Text von Ettinghofer verknüpfte, der mit einem Glaubensbekenntnis an Hitler, dessen Sieg und an das Soldatentum endete. Über Leistungen der Firma F.A. Brockhaus für das Frontbuchgeschäft finden sich nur Vermerke in den Verlagsunterlagen. Sie sagen aus, dass allein im Januar 1944 noch diverse Aufträge und Anforderungen für ca. 710 000 Feldpostausgaben und für ca. 530 00 Druckerzeugnisse mit Sonderzuweisungen vorlagen.78 Ein Vorläufiger Bericht der Zentrale der Frontbuchhandlungen stellte einen Jahresumsatz von 35 000 000 RM für 1943 fest. Hinzu kamen noch Verluste „durch Zerstörungen“ von 1 500 000 RM.79 Diese Angaben betreffen ausschließlich den Frontbuchhandel, die Lieferungen an die Front- und Truppenbüchereien (Goebbels plante 1939 60 000, im Januar 1941 sollen es bereits 41 000 gewesen sein), Lazarettbüchereien, die Einrichtungen der Militär- und Zivilverwaltungen in Ost und West und die von Organisationen und Personen betriebenen organisierten Postsendungen klammerte der Bericht aus. Abgesehen von Ausnahmen, sind die Werkzeitschriften von privaten Firmen (die NS-Firmen ausgeklammert) nur minimale oder eingeschränkte Quellen zur Erforschung des gesamten Frontbuchhandels sowie des riesigen Geschäftes der Verlage im Krieg am Sortiment vorbei.Wilhelm Baur, der Vorsteher des Börsenvereins und Leiter des Deutschen Buchhandels hatte am 17. Oktober 1939 im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel die Gründung einer Zentrale der

76 Es muss vermerkt werden, dass die einzelnen Bezeichnungen oft sehr willkürlich oder ungenau verwand wurden. Für die Front und die Truppe in den besetzten Gebiete existierten die Namen Frontbücher, nach und nach alle in Broschur, (broschierte) Feldpostbücher, (gekürzte) Bücher, Tornisterbücher, Feldposthefte und auch Feldpostbriefe, die durch ihr sehr geringes Gewicht auch verschickt werden konnten. Zudem produzierte man Bücher für die Frontbücherein. 77 Bertelsmann- Illustrierte...Nationaler Feiertag des deutschen Volkes 1943. Gustav Dessin: Unsere Feldpostausgaben. In einer Art Bilanz der Leistungen verschiedener Verlag für die Feldpostausgaben kamen die Straßburger Neuesten Nachrichten vom 18. 12. 1943 zu dem Schluss: „Vorbildlich auf dem Gebiet der Feldpostausgaben wirkt der Verlag C. Bertelsmann, der fast seine ganze Kraft nur noch dieser Aufgabe widmet.“78 Sächsisches Staatsarchiv Leipzig. Teilbestand Verlag F. A. Brockhaus, 569/1, Bericht von F.A. Brockhaus vom 24. 1. 1944 an das Arbeitsamt Leipzig.79 Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, BV I 792. Vorläufiger Bericht über das Geschäftsjahr 1943 der Zentrale der Frontbuchhandlungen.

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Frontbuchhandlungen bekannt gegeben. In den Gremium saßen anfangs das Oberkommando der Wehrmacht, das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, die Deutsche Arbeitsfront, die Reichsschrifttumskammer und der Börsenverein. Diese Zentrale mit Sitz in Berlin unterschied sich von der Frontbuchorganisation im 1. Weltkrieg, wo die Oberste Heeresleitung im Grunde die alleinige Führung besaß. „Die Brücke“, für Front und Heimat, Werkzeitschrift des Verlages der Deutschen Arbeitsfront und der Büchergilde Gutenberg, Berlin stellte in einem größeren Bericht über Frontbuchhandlungen in Frankreich und Belgien nachdrücklich heraus, die Gründung der Zentrale der Frontbuchhandlungen sei eine „einzigartige Idee“ von Wilhelm Baur gewesen.80 Sie war somit ein Gründungsakt der Reichsleitung der NSDAP durch ihren Hauptamtsleiter der Reichsleitung Baur, des Goebbelsministeriums und des dominierenden Zentralverlages der NSDAP mit den Verlagen der Gliederungen der Partei, der Gaue und der von der NSDAP beherrschten Verlagen. Sie sicherte die Führungsrolle und die Kontrolle dieser Institutionen über den riesigen Markt im Unterschied zum 1. Weltkrieg. Baur ließ die Zentrale in den Verlag der Deutschen Arbeitsfront setzen und bestellte den Chef dieses Verlages Eberhard Heffe, Parteimitglied der NSDAP seit 1921, zum Leiter der Zentrale. Baur sicherte seine Führungspositionen zudem als Vorsteher des Börsenvereins über die Kompetenzen des Vereins doppelt ab. So mussten alle Verlage und Auftraggeber beim Börsenverein einen Antrag für Rabatt für die auszuliefernden Frontbücher stellen. Dazu entwickelte der Börsenverein Grundsätze und führte Listen über die größten Rabattgenehmigungen, den Auftraggeber für die Ware sowie die Auflagenhöhe, die oft über 100 000 bis 200 000 lag. 81 Die Höhe der Rabatte hing in der Regel vom Papierkontingent ab. Selbst das SS-Hauptamt, Verbände der SS und die von der SS geführten KZ mußten sich Genehmigungen einholen. Aus diesen Vorgängen und den Meldungen „Der Brücke“ wird ersichtlich, daß sich die NS-Führung mit der Zentrale in Berlin sowie mit Hilfe des Börsenvereins die Kontrolle, die Führung und vor allem das Hauptgeschäft auf dem Markt des Frontbuchhandels gesichert hatte. Im Vergleich zu den privaten Unternehmen, lieferten die Werkzeitschriften von NS-Druckereien und Verlagen, von eingegliederten großen Firmen wie Ullstein, später Deutscher Verlag, Berlin, Gliederungen der NSDAP und der Masse der Gauverlage (1939 ca. 59) zum Teil sondenhafte, insgesamt jedoch mehr Informationen über den riesigen Medienkonzern der NSDAP und vor allem über das riesige Geschäfte mit dem Frontbuchhandel und in den besetzten Gebieten.

Kriegsverluste und Durchhaltepolitik

Alle Werkzeitungen der privaten Verlage und Buchdruckereien gewährten einen Einblick in das damals in den einzelnen Firmen organisierte, vorherrschende geistige Klima. Einen großen Platz nahm der vor allem seit Kriegsbeginn verstärkt propagierte Führerkult ein, verbunden mit dem Ziel, die Massen so zu manipulieren, dass sie Adolf Hitlers Politik „fanatisch“ bis in den Tod folgten. Neben Texten zu dieser Thematik zierte das Titelblatt von „Meyers Nachrichten“ vom Dezember 1940 ein groß aufgemachtes Hitlerzitat und das vom April 1941 ebenso. „Der Fabianer“ brachte auf der ersten Seite der Nummer vom Juli 1943 groß heraus, die Firma Brockhaus habe vom „wohl größte(n) lebende(n) deutsche(n) Bildhauer“, Fritz Klimsch, eine Büste von ihrem Autor Sven Hedin, der auch die nationalsozialistische Neuordnung Europas in der Presse verteidigte, Adolf Hitler zum Geburtstag geschenkt. Die Titelseite veröffentlichte zugleich das Schreiben an die Herren Dr. Fritz und Hans Brockhaus, in dem Hitler den Herren und dem Verlag für die „große Freude“ herzlichst dankte. Im „Spamer-Bote“ fanden sich bereits 1937 und 1939 Bilder von Hitler auf der Titelseite, die Mai- Nummer von 1940 verlangte auf der ersten Seite alles für den Führer zu tun und stellte auf der nächsten Seite die Losung auf: „Führer befiehl, wir folgen!“, im Mai 1943 zierte die Titelseite erneut ein großes Führerbild. Dieser Kampagne schloss sie eine Propaganda zur noch stärken Verbreitung des nationalsozialistischen Ungeist an. Wichtige Aussagen liefern die Werkzeitschriften über den Verlust an einst mit großem Aufwand gut ausgebildeten Arbeitskräften. So schrieb der „Spamer-Bote“ vom Juli 1941, es wären Feldpostbriefe von 87 aus der Druckerei und 40 aus der Buchbinderei zur Wehrmacht Eingezogenen eingegangen.

80 Die Brücke, Für Front und Heimat. Werkzeitschrift des Verlages der Deutschen Arbeitsfront und der Büchergilde Gutenberg, Berlin, 1940, August, Buchhandlungen in Frankreich und Belgien. S.1-4.81 Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, BV I, 792, Stellungnahme, Rabattabkommen, Anträge, Schreiben zum Vertrieb.

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Im März erhielt er über 150 „Feldpost- Eingänge“ von ehemaligen Beschäftigten aus der Druckerei und von über 90 aus der Buchbinderei. Wenn die zunehmenden Dienstverpflichteten, die zum Arbeitsdienst Eingezogen und die angewachsene Zahl der im Krieg umgekommenen, die nicht mehr alle in der Werkzeitung gemeldet wurden, beachtet werden, entsteht ein Bild vom ungeheuren Aderlaß an Fachkräften im Verlag, in der Druckerei und Buchbinderei, einer schnell wachsenden Überalterung der noch vorhandenen Kräfte sowie eine Strukturveränderung in Folge des anwachsenden Frauenanteils und von Angelernten. Eine zusätzliche Funktion übten alle Werkzeitschriften seit Kriegsausbruch aus. Sie wirkten als „Brücke“ zwischen „Heimat und Front“ sowie geistiger Betreuer von Soldaten, um vor allem die Kriegsbereitschaft zu stimulieren. Dem schließen sich vielfältige Aussagen an, die erkennen lassen, wie das Management und der politische Apparat die Betriebe zur „inneren Front“ gestalteten. Diese politische Grundorientierung der NS-Führung nahm auch der Börsenverein auf. Er verlangte in seinem Börsenblatt, eine „Innere Front“ im Gesamtbuchhandel gegen die „internationalen jüdischen Kriegshetzer“ zu schaffen und schrieb: „Die Front im Inneren wird ihre Mission darin sehen, mit ihrem Fanatismus und ihrer Opferwilligkeit der deutschen Nation zweite Schutzstellung zu sein, angetreten nach dem Befehl des Führers, erfüllt von den Ideen der nationalsozialistischen Bewegung - ein unerschütterlicher Wall des deutschen Lebenswille zu sein.“82 Ähnliche Ideen verbreitete „Der Fabianer“ auf seine Titelseite vom Oktober 1939. In der Weihnachtsausgabe 1939 des „Spamer-Boten“ legte die Werkleitung ihr Konzept über die „Aufgaben der inneren Front“ der Spamer AG vor. Teubners „BGT“ charakterisierte in der Juliausgabe 1940 die Mission der Betriebsgemeinschaft im Kriege und der „Sparmer-Bote“ vom März 1943 erklärte: „Dienst im Spamer-Haus ist fortan Kriegsdienst.“ Alle Werkzeitung geben in Leitartikeln, Aufsätzen, Bilanzen, Berichten von Werkappellen, Werkscharen, Werkfrauengruppen ausführlich über die Aktivitäten des Management, der NS-Organisationen beim Ausbau der „Inneren Front“, der Militarisierung der Betriebe und das sich dabei entwickelnde Betriebsklima tiefe Einblicke. In diesem Zusammenhang gilt für die Werkzeitschriften des graphischen Gewerbes und der Verlage die von Alexander Michel getroffen Feststellung, dass die Zeitschriften fest in die „Kriegs- und Durchhaltepropaganda“ des Regimes eingebunden waren.83 Hitler und Goebbels beschworen wiederholt in ihren Reden, einen neuen November 1918 in Deutschland mit den Mitteln der geistigen Manipulation, einer straffen, totalen Organisation und des Terrors auszuschalten. Das „Börsenblatt für den Deutsche Buchhandel“ erklärte dazu: „Diese Innere Front wird etwas anderes sein als die Heimat unsere Kämpfer von 1914 bis 1918, sie wird nicht eine Stätte der Mutlosigkeit, eine Sammelstelle der innerlich Schwachen sein, sondern sie wird [...] dem Begriff einer inneren Front Ehre machen.84 Ganz in diesem Sinne setzte „Der Fabianer“ im Januar 1942 auf die Titelseite: „In diesem Krieg gibt es nur eine Front: jeder ist in sie eingerückt und tut seine Pflicht auf dem Platz, an den er gestellt ist [...] Wie der Soldat mit der Waffe in der Hand die Stellung hält, angreift und siegt, so wankt die Front in der Heimat nicht und schafft weiter. Einen 9. November gibt es für Deutschland nie wieder.“ Im Gegensatz zu einigen nur schwach behandelten Problemen, unterrichten die Zeitschriften gründlicher über die Art und Weise der geistigen Manipulation der Arbeiter und Angestellten, die sich in den einzelnen Betrieben mit entsprechenden Führungsmaßnahmen sowie auf der Basis des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit und dessen extensiven Auslegung vollzog. Unterschiedlich zeigte sich das Ende der Werkzeitschriften an. Es fiel mit dem differenzierten, in wenigen Monaten verlaufenden Zusammenbruch der meist erst vor fünf, sechs Jahren modernisierten Verlage, Druckereien und Buchbindereien zusammen. Der „Spamer-Bote“ erschien im September 1943 als letzte Nummer, vor dem Luftangriff am 4. Dezember 1943 auf Leipzig und besonders auf das graphische Viertel. Ebenso gab Giesecke & Devrient im Mai 1943 die letzte Ausgabe der Werkzeitschrift heraus, in der noch Ludwig Devrient die Mitarbeiter seines Unternehmens zum „totalen Krieg“ aufrief, bevor der Krieg mit voller Härte auf das Unternehmen zurückschlug. Die Dünnhaupt KG, Dessau konnte dagegen 1944 noch drei Hefte verbreiten und forderte sogar noch fast Ende 1944 im 3. Heft mit „Kraft“ und „Stolz“ den „Opfer Sieg“ von der Belegschaft. Aus der Werkzeitschrift des Droste Verlages Düsseldorf vom August 1944 wird ein anderer Vorgang

82 Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel...Nr. 208, 7. September 1939, S. 641 (Die Innere Front).83 Alexander Michel... S. 289.84 Börsenblatt, ebenda.

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ersichtlich. Der Verlag führte in diesem Monat mit noch 340 Belegschaftsmitgliedern den letzten Betriebsappell durch, weil er seine Hauptprodukte an die Gauleitung Düsseldorf und deren Verlag überstellen musste.

Systembedingte Grenzen und Tabus

Die Werkszeitschrift von B. G. Teubner, die für die Entwicklung des Unternehmens eigentlich von grundsätzlicher Bedeutung waren, behandelte beispielsweise viele betriebsinterne Veränderungen nicht. Nach 1936 traten Martin Giesecke als Betriebsführer und später der Geschäftsführer Dr. Gerhard Aengeneyndt immer mehr in den Vordergrund. Dr. Hermann Gieselbusch und Dr. Hans Ehlers dagegen erhielt 1939/40 eine Einberufung. Weshalb erhielt gerade sie keine Freistellung, die möglich war? Nach dem Luftangriff im Dezember 1943, der auch für B.G. Teubner großen Schaden gebracht hatte, erschien die Werkzeitschrift „BGT“ in veränderter Form, mit kleinerem Format und mit anderem Papier sowie mit Aufrufen zum Durchhalten und „Sieg“, deren Inhalt aber immer mehr vorrangig NS-Vertreter bestimmten, wie Johannes Mähnicke, Betriebswalter und Betriebsobmann, ehemals auch Schriftwalter der „BGT“, oder Paul Melzer. Zwar setzt B.G. Teubner einige Elemente der traditionellen Verlagspolitik seiner Gründer fort, vermerkte aber kaum in der Zeitschrift, daß das Unternehmen bereits in den zwanziger Jahre begann, sich geopolitischen, völkischen und sogenannten Grenzlandfragen verstärkt zu widmete. Über das frühzeitig errichtete Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie ist ebenso nichts vermerkt. B. G. Teubner übergab es 1922 an den die NSDAP fördernden und rassistisch orientierten Verlag J. F. Lehmann, München im guten Einvernehmen.85 Nach 1933 profilierte sich der Verlag besonders auf dem Gebieten der NS-Rassenpolitk, der nationalsozialistischen Vererbungslehre und Rassenhygiene. So legt er beispielsweise die Schrift von Wilhelm Grau, „Die Judenfrage in der Geschichte“ in fünf Auflagen und mehrere Schriften des NS-Rassentheoretikers Hans F. K. Günther auf. Der Verlag entwickelte sich zudem zu einem wichtigen Herausgeber von Schriften der nationalsozialistischen Geopolitik, Außenpolitik und Schulpolitik.86 Schon allein diese wenigen Beispiele verwiesen auf eine einschneidende Veränderung des Profils des Unternehmens, die in der Werkzeitschrift sowie in der in Leipzig 1961 erschienenen Festschrift zum 150. Jahrestag des Betriebes nicht erkennbar ist.87

Auch die Halbmonatszeitschrift für politische Bildung „Der Zeitspiegel“ verwandelte sich 1933 schrittweise in ein Organ für die NS-Pressepolitik und Fragen der Massenpropaganda. Ab 1934 brachte dann der Verlag B. G. Teubner, Leipzig und Berlin die Monatszeitschrift der Nordischen Bewegung „Rasse“ in Verbindung mit dem Nordischen Ring und führenden Rassentheortiker besonders von Hochschulen heraus, die die angebliche Überlegenheit der Nordischen Rasse und einen „weltanschaulichen“ Kampf, einen extremen Antisemitismus propagierten. Nach und nach stieg diese Zeitschrift zum Sprachorgan führender faschistischer Rassenpolitiker, wie Hauptdienstleiter Prof. Dr. W. Groß, Leiter des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP, SS Obergruppenführer Hildebrandt, Chef des Rassen- und Siedlungshauptamtes der SS und anderer maßgebliche NS-Rassentheoretiker auf.88 Auf Grund dieses Verlagsprogrammes, der Möglichkeiten und Tendenz des Verlages sowie des graphischen Betriebes wuchsen Aktivitäten nationalsozialistischer Politiker im und um das Unternehmen. Die Werkszeitschrift geklammerte diese Vorgänge völlig aus. Karl Baur, Leiter des Georg D.W. Callwey Verlages, München schrieb in seinen taktisch geschickt formulierten Erinnerungen, dass er 1935 bei B. G. Teubner „einstieg“.89 Karl Baur war Freikorpskämpfer, Teilnehmer am Hitlerputsch, Blutordensträger der NSDAP, SA-Obersturmbannführer, zeitweise Mitglied des Aktionsausschusses des Börsenvereins und der Leitung des Verlegervereins, Mitglied der Leitung des Reichsverbandes Deutscher Zeitschriftenverleger, dann Mitglied des Großen Rates des Börsenvereins, Vertreter der Fachschaft Verlag im Börsenverein und Leiter der Fachschaft Verlag in

85 Fünfzig Jahre Dienst am Deutschtum 1890 – 1930, J. F. Lehmann Verlag, München 1930, S. 42 ff.86 Vgl.: Verlegerkartei der Deutschen Bücherei, Leipzig.87 Teubner, B. G.: Festschrift zum 150 jährigem Bestehens des Verlages und des Graphischen Betriebes B. G. Teubner. Leipzig 1961.88 Rasse. Monatszeitschrift für den Nordischen Gedanken. Leipzig, 1944, H.3.89 Karl Baur: Wenn ich so zurückdenke. Ein leben als Verleger in bewegter Zeit. München 1985, S. 227. Den Einstieg in andere Verlage gilt es noch zu untersuchen.

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der Gruppe Buchhandel der Reichsschrifttumskammer. Wilhelm Baur, den sogenannten Leiter des Deutschen Buchhandels, NS-Spitzenfunktionär und Vorsteher des Börsenvereins kannte er schon seit 1925 ebenso andere hohe Führer der NSDAP. Mit den faschistischen Rassengesetzen von 1935 trat nach den „Säuberungen“ von politisch Unliebsamen die Verfolgung von Juden im Buchhandel in den Mittelpunkt der Arbeit der Reichsschrifttumskammer und des Börsenvereins. Aber auch die Gestapo und vor allem der SD, der direkt und über V-Leute ca. 400 Verlage überwachen ließ, konzentrierten sich auf die antisemitischen Aktionen.90

Für den 8. Dezember 1936 vermerkte das Amtsgericht Leipzig im Handelsregister den „Einstieg“ Karl Baurs bei Teubner als Geschäftsführer, ohne - auch später - eine Kapitalbeteiligung oder eine Verflechtung von Firmen zu registrieren. Im gleichem Jahr forderte Herr Freyer von der Geschäftsführung des Börsenvereins, die auch die Geschäfte des Bundes Reichsdeutscher Buchhändler wahrnahm, in deren Namen vom Leipziger Amtsgericht Auskünfte über die Beziehungen der Herren Domherr Hofrat Dr. Ing. Alfred Ackermann und Erich Ackermann zur Firme Teubner. Dr. Alfred Ackermann und Dr. Alfred Giesecke galten 1932 als die persönlich haftenden Geschäftsführer der eingetragenen Firma B.G. Teubner mit der Teubnerbuchgesellschaft und Teubner-Redaktions-Gesellschaft mit gleichen Aufgaben und Zweigniederlassungen. Erich Ackermann war an der Firma B. G. Teubner zu 50 Prozent beteiligt. Auf einer Liste der Reichsschrifttumskammer, die mit dem Stand vom 15. März 1937 noch 260 Juden oder mit Juden Verheiratete im Buchhandel führte, erschienen Dr. A. Ackermann als mit einer Halbjüdin verheiratet und E. Ackermann als mit einer Vierteljüdin verheiratet. Zu beiden lautete der Vermerk, daß ein Verfahren gegen sie laufe und Druck auf Verkaufsverhandlungen geführt werde.91 Im Handelsregister und im Adressbuch des Deutschen Buchhandels verschwanden nach diesem Zeitpunkt die beiden Namen, dagegen tauchte der des Verlegers und Blutordensträgers Karl Baur auf. B. G. Teubner hatten die Nazis mit willigen Helfern von „Artfremden ausgemerzt“. Im Sommer 1944 setzte Karl Baur, der sich selbst als Opfer nach 1945 präsentierte und dies in verschiedenen Schriften gestützt bekam, kurzerhand die Geschäftsführer und Direktoren der Teubner-Redaktions-Gesellschaft Dr. Gerhard Aengeneyndt und Dr. Hans Ehlers, der Dienst bei der Wehrmacht leistete, ab und kündigte den beiden Geschäftsführern fristlos. Karl Baur teilte sein Vorgehen im Namen der „Gesellschaft“ dem Amtsgericht Leipzig am 28. Juli 1944 mit. Ein von einem Münchner Notar beigefügtes Schreiben beglaubigte die wegen „wichtigen Gründen“ vorgenommene fristlose Kündigung (Gesellschafterbeschluss einer Person) und informierte, dass K. Baur als Geschäftsführer mit allen notwendigen Maßnahmen betraut sei.92

Die hier angeführten wenigen Beispiele verweisen nachdrücklich auf die Grenzen der Aussagefähigkeit der Werkzeitschrift von B. G. Teubner, die die Eigentümer, die Betriebsführung, die NSBO und die Führungsgremien des nationalsozialistischen Literaturapparates gezogen hatten.Aber auch „Meyers Nachrichten“ waren mit Tabus von der Betriebsführung belegt. Sie ließen einfach aus, daß das BI in den Krisenjahren ab 1934 bis 1939 regelmäßig ihre Geschäftsberichte der Gauleitung Sachsen übergab und sie über interne Probleme des Betriebes informierte. Da das BI in seinen Lexika Grundfragen der nationalsozialistischen Politik und Ideologie abhandelte, musste es inhaltliche Fragen mit NS-Dienststellen abstimmen. Die enge Bindung an den NS-Apparat wird auch daran erkennbar, dass der Reichstatthalter und Gauleiter von Sachsen einen Kapitalzuschuss (für finanzielle Probleme und Grundstückkauf) am 29. Oktober 1937 für das BI bewilligte. 93 In anderen Firmen vollzogen sich ähnliche Vorgänge. Welche Verbindungen und Abhängigkeiten dabei von der NSDAP, dem Staatsapparat und der Wehrmacht entstanden, blieben für die Öffentlichkeit zum großen teil bis heute Tabu.

Bis zum bitteren Ende

90 Vgl.: Leitheft Schrifttumswesen und Schrifttumspolitik. Reichsführer SS, Chef des Sicherheitshauptamtes, (Berlin) 1937. Leitheft Verlagswesen. Der Reichsführer SS, Der Chef des Sicherheitshauptamtes, (Berlin) 1937.91 Bundesarchiv, Reichsschrifttumskammer, R 56 V/102, Reichsschrifttumskammer, Liste der noch tätigen Juden, Halbjuden..., Stand 15. März 1937.92 Sächsisches Staatsarchiv Leipzig. Amtsgericht Leipzig, Handelsregister, HR B 370, HR A 243.93 Sächsisches Hauptarchiv Dresden, Wirtschaftsministerium 1653, Bibliographisches Institut AG Leipzig.

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Die „Meyers Nachrichten“ verfolgten das Schicksal des BI bis in die letzte Ausgabe am 15. Februar 1945. Im Heft vom März 1944 berichteten sie bereits detailliert über den Bombenangriff vom 3. Dezember 1943 und seine Folgen für das Unternehmen. Sie schilderten ebenso, wie sich die Beschäftigten unter schwierigen Umständen einsetzten, um die größten Schäden zu mindern. Für die Generation, die diese Zeit nicht miterlebte, sind sie ein wichtiges Zeitzeugnis. Wenige Tage nach dem Angriff im Dezember 1943 nahm der Betriebsführer Dr. Mittelstaedt die Gefolgschaft auf den Hof der Firma zusammen und versicherte, den Betrieb in Leipzig teilweise wiederherzustellen. Gleichzeitig sagte er, dass die Betriebsführung schon vor dem Angriff Ausweichbetriebe in Leipzig und außerhalb errichtet hätte, wo unter komplizierten Bedingungen die Arbeit weiter liefe.94 Hier spielte aber die Geheimhaltungspflicht des „kriegswichtigen“ Unternehmens eine Rolle. Selbst in einem Bericht über „Gespräche im Ausweichbetrieb“ wird weder der Ort noch die Richtung der wortreich sehr allgemein beschriebenen Eisenbahnfahrt zu ihm angegeben.95 Ausweichbetriebe bestanden für Kartographie in Meinersdorf im Erzgebirge und für Offsetdruck und Kartographie im Vogtland. Beide Betreibe leitete Dr. Edgar Lehmann als Direktor. Ähnliche Probleme bestanden vor anderen kriegswichtigen Firmen, wo die Standorte der Ausweichbetrieb selbst heute noch schwer zu ergründen sind. Über die dort erzeugten Produkte gibt es kaum aussagefähigen Unterlagen. Dies trifft auch in vielen Fällen auf die kriegswichtige Produktion in den Stammbetrieben zu.Das BI konnte von 1931 bis 1939 die Zahl seiner Mitarbeiter um mehr als 100 Prozent auf ca. 840 steigern. Von ihnen blieb Ende 1944 nur noch ein Drittel (ca. 280). Diese Mitarbeiter, oft kaum genannt, garantierten eine hohe Qualität der hergestellten Landkarten, Atlanten, Bücher und sonstige hochwertige Verlagserzeugnisse. Über ihr Schicksal in diesen schweren Zeiten sagen die „Meyers Nachrichten“ auch einiges aus. Im Februarheft von 1944 erklärte der Betriebsführer, daß alle Aufbauarbeit leisten mussten, die Arbeitszeit vorerst wegen Strommangel von 9-16 Uhr galt, Bombengeschädigte sich nur bei ihm entschuldigen konnten und fehlende Mitarbeiter (die zerstörte Infrastruktur für die Arbeitswege nicht beachtend) keinen Anspruch auf Lohn und Lebensmittelkarte für Arbeiter hätten. Im gleichen Heft präzisierte der Direktor und Chefredakteur Dr. Christoph Lehmann die verordneten Bedingungen für die Belegschaft: Nur wer auf einer Liste des BI vom 22. Dezember 1943 aufgeführt war, galt als weiter beschäftigt. Alle anderen wurden dem Arbeitsamt für den Einsatz in der Rüstung für den „deutschen Sieg“ zugeführt. Nur die, die sich nach dem 3. Dezember 1943 an Räumungsarbeiten beteiligten und Ausgebombte erhielten bis zum 21. Dezember 1943 noch Lohn. Die „Rechtslage“ sei die, so der Direktor, dass für alle anderen, die nicht auf der Liste standen, die Arbeitsverhältnisse ohne Kündigung und Kündigungsfristen aufgelöst seien. In der Mischung von „Durchhaltepolitik“ und Überlebenstaktik der Betriebsführung hatte am Ende ein großer Teil der „treuen Gefolgschaft“ keinen Platz. Die letzte herausgegebene Werkzeitschrift vom 15. Februar 1945 meldete, daß infolge des Krieges am 30. November 1944 im Verlag und in der Produktion des BI in Leipzig zehn Männer und elf Frauen, vorwiegend jüngere, umgekommen seien. Sie gedachte auf zwei Seiten mit Bildern dieser Opfer. Ein Hinweis von Dr. Mittelstaedt über eine Mitschuld fehlt.Die Werkzeitungen aller Firmen des Buchhandels richteten, in verschiedener Form, indirekt die Aufmerksamkeit auf den außerordentlichen hohen Blutzoll, den die qualifizierten Facharbeiter, die Ungelernten, die Angestellte und Ingenieure im Verlag, im Buchdruck, in der Buchbinderei und dem Vertrieb leisteten und den unermesslichen Schaden des Krieges an der Front und im Hinterland für den deutschen Buchhandels und seine Stellung in der Welt.Abgesehen von Durchhalteparolen und Führerbekenntnissen im „Der Fabianer“ noch 1943, erklärt er im April 1944, daß die „schlimmsten Befürchtungen“ für des Unternehmen durch Brand- und Sprengbomben am frühen Morgen des 4. Dezember 1943 übertroffen wurden und nur noch das Denkmal des Gründers der Firma Friedrich Arnold im Garten erhalten wäre. Nur in vier behelfsmäßigen Ausweichstellen in Leipzig und einem Lager außerhalb der Stadt ginge die Arbeit weiter. Ein Teil der Gefolgschaft des graphischen Bereiches sei in die Rüstungsindustrie eingezogen

94 Meyers Nachrichten...1944, Februar, Ansprache von Dr. Mittelstaedt. 95 So gibt ein Bericht des BI Auskunft über den Leiter der Ausweichbetriebe, Dr. Edgar Lehmann, den Sitz der Betreibe und ihr Profil, Meinersdorf im Erzgeb. ( Kartographie) und Ölsnitz im Vogtland (Offsetdruck und Kartographie), die vermutlich mit Hilfe der Wehrmacht entstanden. Bericht des BI an die Zentralstelle für Buch- und Bibliothekswesen, Leipzig vom 22. 8. 45 abgedruckt in: Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, Findbuch, Bibliographisches Institut. Bearbeitet von B. Kegler, A. Schreiber. Leipzig 1999/2000. S. VII.

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worden. Der Verlag galt zu dieser Zeit noch als „kriegswichtig“ für den „totalen Kriegseinsatz.96 Im Dezember 1944 schreiben Dr. Fritz Brockhaus und Hans Brockhaus in der letzten Nummer des „Der Fabianer“, dass nur noch wenige treue Beschäftigte unter denkbar ungünstigen Bedingungen für das Unternehmen arbeiten würden. In dieser Ausgabe versicherten beide, wie schon im April 1944, alles zu tun, um ihr nun 138 Jahre altes Unternehmen neu entstehen zu lassen und den Namen Brockhaus wieder in der Welt Geltung zu verschaffen. Bei aller kritischer Sicht der Zeit von 1933 bis 1945 und des Verlagsprofils in den fünfziger Jahren, gilt es zu beachten, dass es Hans Brockhaus war, der sich schon im April / Mai 1945 konzeptionell und in der Praxis um einen Neubeginn des deutschen Buchhandels bemühte. Unter den damaligen komplizierten Bedingungen und der amerikanischen Besatzung, setzte er sich anfangs für Einheit des Börsenvereins sowie des Buchhandels in Deutschland ein und äußerte Bedenken gegen seine Spaltung durch die Vertreter der USA.97 Insgesamt offenbaren die Werkzeitschriften, dass sich nicht nur aus ausschließlich wirtschaftlichen Interessen die Unternehmensführungen bewegten, sich dem Nationalsozialismus anzupassen. Die nationalsozialistische Politik, das darauf beruhende Rechtssyten, besonders das NS-Arbeitsrecht mit den absolut autoritären Führungsstrukturen, die militärische Organisation (Soldaten der inneren Front) der Gefolgschaft und die neuen Möglichkeiten, die Beschäftigten politisch und ideologisch zu manipulieren, waren, neben anderen, wichtige Faktoren für den fast nahtlosen Übergang in das Herrschaftssytem der Nazis. Geistige nationalkonservative, nationalistische Positionen unter den Führungskräften spielten ebenso eine bestimmte Rolle, genauso wie Hoffnungen auf große Geschäfte erst in Deutschland und dann auf den mit Gewalt gleichgeschalteten riesigen europäischen Buchmarkt. Rein personelle Ursachen für den schnellen Übergang auf nationalsozialistische Standpunkte finden sich in den Werkzeitschriften selten.Viele Fragen bleiben offen. Half ein Generationswechsel, der vor allem ab 1929/30 in den Führungsgremien der Unternehmen stattfand, zeigte in einigen Firmen eine Überalterung unter den Eigentümern, nicht Betriebsführern, (Dr. Fritz Brockhaus wurde 1940 70 und Dr. Alfred Giesecke 1943 75 Jahre) Wirkungen, entstand bereits schon vor dem 1. Weltkrieg eine politische und geistige Differenzierung im Buchhandel, wurde sie nach dem November 1918 noch extremer, fand bereits zur Jahrhundertfeier des Börsenverein 1925 diese Entwicklung ihren klaren Niederschlag, waren liberale, sozialdemokratische Vertreter aus den Interessenverbänden ausgeschaltet oder hatten sie sich selbst isoliert? Die Festschrift „Hundert Jahre Bibliographisches Institut“ hob beispielsweise 1926 die noch tragenden Grundideen des Gründers des Unternehmens Carl Joseph Meyer hervor, für die nicht Gebildeten und nicht nur für Besitzenden Bücher zugänglich zumachen sowie eine liberale Ausgangsposition zu vermitteln, die sich immer mehr in eine demokratische Anschauung fortentwickeln sollte. Ab 1933 hatten sie sofort keine Gültigkeit mehr.98 Für alle diese Frage gewähren die Werkzeitschriften Einblicke, geben jedoch keine endgültigen Antworten.

Werkzeitschriften nationalsozialistischer Verlage und Druckereien

Die Werkzeitschriften der NS-Betriebe ähnelten auf den ersten Blick in ihrer allgemeinen Grundorientierung fast den oben behandelten privaten Unternehmen. Zweifellos tritt in den von den NS-Betrieben geführten die Propaganda nationalsozialistischer Ideen, die totale Organisation der Gefolgschaft und ihre Militarisierung noch mehr hervor. Hinzu kommt, dass sie auch viel stärker nationalsozialistisch beeinflusste Rezepte zur Betriebsführung verbreiteten und anderen Verlagen des NS-Medienkonzerns zuarbeiteten. Schließlich entstand die Mehrzahl der Zeitschriften der NS-Unternehmen erst mit Kriegsbeginn. Sie trugen oft den Titel „Feldpost“, „Feldpostbrief“, „Nachrichten“ oder „Betrieb und Front“. Viele NS-Firmen verlegten mehrere oder sogar alle Printmedien. So standen in den ca. 59 Gauverlagen 1939 meist Zeitungen im Vordergrund. Die Buchproduktion erschien als zweites Standbein, oft differenziert entwickelt sowie unterschiedlich von

96 Der Fabianer ...1944, Dezember.97 Otto Seifert: „Falle der eiserne Vorhang durch den Einmarsch der Russen, so ergebe sich vielleicht ein ost- und westdeutscher Börsenverein...“. Der Buchplatz Leipzig im Frühjahr 1945. In: Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte 10 (2000). Herausgegeben von Mark Lehmstedt und Lothar Poethe. Wiesbaden 2000, S.143 –174. 98 Hundert Jahre Bibliographisches Institut, Gotha – Hildburghausen – Leipzig. Leipzig 1926, S. 5-7.

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der Gauleitung beeinflusst, neben der Herstellung von Druckerzeugnissen für die Gauführung und Gaupropaganda. Nach 1939 nahm jedoch das Buch schrittweise in diesen Verlagen einen größeren Platz ein. Die Zahl der Gauverlage stieg mit der Gründung von „Reichsgauen“ in besetzten Gebieten in Ost und West nochmals an. Zu ihnen kamen vor allem ab 1940 die in den besetzen, meist gesondert oder militärisch geführten Gebieten gegründeten NS-Verlage, die fast alle auch Bücher für die Front und zur Verbreitung der NS-Ideen produzierten.

Verlage der NSDAP

Offiziell beherrschten die Nationalsozialisten ab 1934 den Ullstein Verlag mit seinen Zweigunternehmen. Er gab ab 1934 die Werkzeitschrift „Ulenspiegel“ heraus.99 Der Verlag, den die Nazis selbst als Gigant bezeichnete hatten, steigerte schon von 1936 bis 1938 seine „Gefolgschaft“ von 8 000 auf 13 000 Personen.100 Obwohl die NS-Führung ausgehandelt hatte, den Propyläen-Verlag 1937, der bis dahin als Teil von Ullstein galt, gesondert zu führen, wuchsen die Beschäftigten weiter sprunghaft an.101 Die ehemaligen Ullstein Unternehmen trugen ab 1937 die Bezeichnungen: Deutscher Verlag, Berlin, Kochstraße, Druckhaus Tempelhof, Filialen des Deutschen Verlages, Deutsche Verlagsdruckerei GmbH, Ultra-Schnitte, Ultra-Modealben, Reisebüro des Deutschen Verlages, Betriebssportgemeinschaft des Deutschen Verlages.102 Allein dieses nationalsozialistisch geführte Unternehmen Ullstein gab acht regionale und überregionale Zeitungen und 20 verschiedene Zeitschriften heraus. Für das Jahr 1935 zählte es folgende veröffentlichte Bücher auf: Ullstein-Buchverlag 109 (davon 56 Neuerscheinungen), Propyläen-Verlag 27 (davon 19 Neuerscheinungen), Bauwelt-und BZ-Karten-Verlag 44 (davon 3 Neuerscheinungen), insgesamt 180.103 Im Oktober 1938 brachte Ullstein sieben und im Dezember 1938 12 Bücher heraus.104 Im Vergleich zu anderen Werkzeitschriften zeigte der NS-Betrieb die einzelnen Bücher mit dem Namen des Verfassers, dem Titel, einer kurzen Beschreibung des Inhaltes, der Seitenzahl, der Art des Einbandes und dem Preis an und setzte das bis in die vierziger Jahre fort. Schon von 1934 bis 1936 konnte der Buchverlag dieses NS-Unternehmen seinen Umsatz um fast 60 Prozent auf 3 465 000 RM steigern.105 Der Verlag Ullstein verfügte schon zu Beginn der dreißiger Jahre über eine moderne technische Ausrüstung, die bis zum Kriegsbeginn, nun Deutscher Verlag, Berlin, weiter ausgebaut wurde. Fast durch alle Nummern des „Ulenspiegels“ hindurch, stellte er, oft in „Streifzügen“ durch das Haus oder Zweigstellen, den technischen Bereich und dessen Wachstum vor.In den ersten Tagen des Krieges verordnete der Betriebsführer Max Wießner, so der „Ulenspiegel“ vom Oktober 1939, für die Gefolgschaft Kriegsrecht. In einem nachfolgenden Aufruf verfügte die Betriebsführung: „Arbeitsrecht in der Kriegswirtschaft“ sei mit totalen Veränderungen für die Arbeitsbedingungen, die Löhne und die Arbeitszeitordnung verbunden. Zu dem veröffentlichte sie „Zehn Gebote“ für die Mitarbeiter. Entsprechend des ersten Gebotes musste jeder ein „Kämpfer für Deutschland“ sein, der freudig seine Pflicht erfüllen sollte. “Jeder, der sich weigert ihm nachzukommen und zumutbare Arbeiten auszuführen, versündigt sich [...]“.106 Nach acht Forderungen nach Disziplin und Sparsamkeit schlossen die Gebote mit dem dienstlichen Auftrag: „Pflichterfüllung“. Das veränderte Betriebsklima spiegelte sich auch im Bild und der Herstellung der Werkzeitschrift wider.

99 Ulenspiegel, Werkzeitschrift der Betriebsgemeinschaft Ullstein ( ab 15. November 1937 Deutscher Verlag) Berlin, 1934, Nr.1. Helmut Sacher war Pressewart der Betriebszelle Ullstein A G der NSDAP und für den Inhalt der Werkzeitschrift verantwortlich. Sie erschien Ende 1936 bereits mit einer Auflage von 10 500 Exemplaren.100 Ulenspiegel...1938, Juni, Nr.8, S. 4/5.101 Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, BV F 9426, Unterlagen für Firmenakte, 20. November 1937.102 Ulenspiegel... 1937, Dezember, Nr. 2, S. 2.103 Ulenspiegel...1936, Juni, Nr.8, S. 4.104 Ulenspiegel... 1938, Dezember, Nr.2, S. 4.105 Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, BV F 9426, Auskunftsbogen.106 Ulenspiegel... 1939, Oktober, S. 7.

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Neben anderen neuen Zeitschriften verlegte die Firma ab 1940 für das OKW die Zeitschrift „Signal“ in 19 verschiedenen Sprachen. Der Buchverlag stellte sich zunehmend auf die „Truppenbetreuung“ ein, wo er „Millionen Auflagen von Büchern“ umsetzte.107

Der „Ulenspiegel“ bot zwar mehr Informationen als viele andere NS-Betriebe. Er lieferte aber keine wichtigen Hinweise über die Verflechtung des Unternehmens mit dem Zentralverlag der NSDAP sowie den Medienunternehmen des gesamten NS-Konzern, der mehr als 160 Betriebe zählte (die verschlüsselten Gründungen in den besetzten Gebieten und neue Gründungen der Europa Verlags GmbH nicht erfasst). 108 Der Leiter des Buchverlages des Zentralverlages der NSDAP, Hauptamtsleiter im Amt für Presse der NSDAP, Vizepräsident der Reichsschrifttumskammer, Leiter des deutschen Buchhandels, ab 1938 SS-Standartenführer, Mitglied zahlreicher anderer Aufsichtsräte und erster Vorsteher des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler stieg wenige Monate nach Kriegsausbruch auch zum Generalbevollmächtigten des Deutschen Verlags, Berlin auf.109

„Der Alemane“, die Werkzeitschrift der nationalsozialistischen Verlags- und Druckerei GmbH „Der Alemanne“, Freiburg im Breisgau, erschien erstmalig im November 1934. Sie dokumentiert, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, die Entwicklung und die Aufgaben eines nationalsozialistischen Medienbetriebes im regionalen, badischen Raum.110 Das Heft „10 Jahre Kampfblatt der Nationalsozialisten Oberbadens“ von 1941 fasste die Geschichte dieses Unternehmens in einer Art Sonderausgabe zusammen. Der NS-Betrieb hatte sich am 21. Mai 1933 relativ stark erweitert. Ihm wurde der gesamte Besitz des beschlagnahmten „marxistischen“, sozialdemokratischen Unternehmens, „Volkswacht“ zugeschanzt. 1936 eignet er sich zudem die unter Treuhand stehende C. A. Druckerei Wagner AG an. Im Mai 1940 „übernahm“ die NS-Firma auch die Druckerei H. M. Muth aus Freiburg. „Der Alemanne“ entwickelte sich zu einem wichtigen Medienunternehmen („Großverlagshaus“) in Baden, das der faschistische Propagandaapparat, besonders der fanatische Gauleiter Robert Wagner wirksam einsetzten. Schon vor 1933 führte die Betriebsleitung die Mitarbeiter außerordentlich autoritär. Zu Beginn des Krieges ordneten der Betriebsführer sowie die DAF den „Kriegszustand“ für Verlag und Druckerei an und ernannte die Belegschaft zu „Soldaten der Arbeit“.111 In diesem Zusammenhang wuchsen sprunghaft die Arbeitsanforderungen. Die Produktion von Schrifttum stellte der Stellvertretende Betriebsführer Franz Seidelmann als Herstellung von „Waffen“ für die „Meinungsfront“ hin.112 In den einzelnen Heften der Werkszeitschrift orientierte die Führung des Unternehmens seit 1936 auf eine vorgeschriebene Qualifikation der Mitarbeitet und intensive Lehrausbildung mit vorgegebenen Ausbildungsplänen. Zudem verbreitete die Betriebsleitung über die Werkszeitschrift nationalsozialistische Führungsrichtlinien für die Wirtschaft und die Führung von Menschen.Der Verlag konzentrierte sich anfangs vorwiegend auf regionale Presseerzeugnisse und Propagandamaterialien. Für die sogenannte Grenzarbeit nach dem Elsass fertigte die Firma Bücher und Propagandaschriften an. Dem folgen Aufträge für die Eingliederung Österreichs. Mit Kriegsbeginn stellte das Unternehmen Propagandamaterial für das Heer im Westwall und ein „Armee-Nachrichtenblatt“ für eine Propagandakompanie im Westen her. Nachdem Einmarsch im Westen produzierte sie zudem eine Soldatenzeitung „Wacht im Westen“. Der Börsenverein der Deutschen Buchhändler regelte einige Monate 1940 den Buchmarkt im Elsass. Hitler gliederte kurz darauf die annektierte Region Elsaß dem Gau Baden an und unterstellte sie dem Gauleiter Wagner. Jetzt viel dem „Alemanne“ zusätzlich die Aufgabe zu, mittels Zeitungen, Zeitschriften und Büchern zu helfen, diesen besetzten Raum geistig gleichzuschalten. Eine Reihe von neuen vorgegebenen Angaben zur Struktur und Arbeitsergebnisse des Unternehmens verwiesen darauf, dass der NS-Betrieb zunehmend in der Buchproduktion einstieg. So stellte die Bilanz über zehn Jahre „Kampfverlag“ von 1941 ausdrücklich

107 Ulenspiegel... 1943, Dezember, S. 6/7.108 Verlage von vier „Großgruppen“ des gesamten Verlagskonzerns führt Thomas Tavernaro in: Der Verlag Hitlers und der NSDAP. Die Franz Eher Nachfolger GmbH, Wien 2004, S. 71 bis 76 auf. 109 Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, BV F 9426, Zentralverlag der NSDAP an Börsenverein, 7. Oktober 1940.110 Der Alemane, Werkzeitung unserer Betriebsgemeinschaft, Freiburg im Breisgau, 1936, November/Dezember. (Der Alemanne, Verlag- und Druckerei GmbH Freiburg i. Breisgau, Betriebsführer: Helmut Lehr, hrsg. mit Einverständnis der Hauptabt. Werkzeitschriften der DAF, Verantwortlicher für die den Inhalt der Zeitschrift: W. Hanstein).111 Der Alemanne, 1939, August/ September/ Oktober.112 Der Alemanne, 10 Jahre Kampfblatt der Nationalsozialisten Oberbadens, 1941.

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wichtige Arbeiten im Buchdruck in der Buchbinderei heraus. Auch bei dem umfangreichen technischen Ausbau der einzelnen Betriebsteile von 1935 bis 1938 waren Anschaffungen für den Buchdruck enthalten. Über die Titel und die Zahl der hergestellten Bücher sind jedoch keine Angaben zu finden. Ebenso nennt die Werkzeitschrift an keiner Stelle die Auftraggeber der Buchproduktion. „Der VB-Aktivist“ erschien ab September 1938 und war vorwiegend für den Bereich des „Völkischen Beobachters“ im Zentralverlag der NSDAP, Franz Eher Nachf. konzipiert.113 In seinen Verlagshäusern in Berlin, München und Wien ließ er „neben Tausenden von Gefolgschaftsmitglieder mehrere hundert Schriftleiter“ für die NS-Propaganda wirken.114 Nach einer Bilanz 20 Jahre Zentralverlag hatte der „Völkische Beobachte“ seine Auflage von 1933 mit 300 000 Exemplaren auf etwas über 500 000 im Jahre 1938 langsam steigern könne. Von 1938 bis 1940, innerhalb von drei Jahren, soll dann die Auflage auf 1 888 000 geklettert sein. Dabei nahm die Norddeutsche Ausgabe sprunghaft zu und erreichte eine Auflagenhöhe von ca. 780 000. Die Berliner Ausgabe wuchs auf 480 000 Exemplare, die Süddeutschen und Münchner Ausgaben verzeichneten dagegen nur ein relativ geringeres Wachstum. Die Wiener Ausgabe erschien erst ab 1938. Der Wiener Zweigverlag produzierte 1940 130 000 Exemplare.115 In seinen einzelnen Folgen war die Betriebsleitung bemüht, die Belegschaft mittels Propaganda und Druck zu hohen Leistungen zu bewegen und zur Treue zu Führer und Partei zu mobilisieren. Abgesehen von sehr allgemeinen Bemerkungen über den Druck von Schriften und Verbindungen zum Buchverlag des Zentralverlages, schrieb der „VB-Aktivist“ nur über die Herstellung von Hitlers „Mein Kampf“ mit einer Auflage von über sieben Millionen. Rosenberg wurde als Autor erwähnt, aber seine einzelnen Schriften nicht genannt.116 Die Leistungen für NS-Zeitungen in besetzten Gebieten blieben im Dunkeln. Angaben über Lieferungen an die Zentrale der Frontbuchhandlungen oder zur Auslastung des modernen technischen Bereiches für die Buchproduktion fehlen ebenfalls. So ist der Anteil an den Auflagen des Zentralverlages zum Beispiel von 1940 mit 29,8 Mill. Broschüren und 6,1 Mill. Büchern (einschließlich Bühnenwerke und Musikalien), die die Bibliographische Abteilung Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig ermittelte, in der Werkzeitschrift nicht erkennbar.117 Es könnte möglich sein, dass die Führung des Zentralverlages die Werkzeitschrift in den letzten Kriegsmonaten durch „Feldpostausgaben“ der einzelnen Standorte des Verlages ersetzte. Keine Angaben liefert die Werkzeitschrift ebenso über die riesigen Gewinne des Zentralverlages der NSDAP Franz Eher Nachfolger GmbH, dessen Umsatz beispielsweise von 1943 auf über 113 Mill. RM geschätzt wurde. Angaben über Führungspersonal und deren Wechsel im NS-Medienkonzern sind so gut wie kein Thema der Werkzeitschrift. So fehlt jeder Hinweis, daß der Verlag Anfang 1943 ein Zentrallektorat eingerichtete sowie auf den Kampf um diesen einflussreichen und gewinnbringenden Posten eines neuen Cheflektors, den Pg. Bernhard Payer, NS-Ideologe für Literatur und psychologische Kriegführung gegen und in Frankreich, aus dem Hauptamt von Rosenberg zugeschanzt bekam.

Funktion und Wege von Verlagen der Gliederungen der NSDAP

Im Oktober 1939 verlegte die Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg die 1. Nummer der „Hanseaten Feldpost“.118 In dem Heft gab sie bekannt, dass von den 820 Gefolgschaftsmitgliedern sich schon viele an der Front befänden. Ein Bericht vom August 1940 der Werkzeitschrift gab noch 755 Mitarbeiter an. Verlag und Vertriebsapparat verfügten dennoch über eine große Leistungsfähigkeit. Im Krieg editierte der Verlag anfangs acht überregionale Zeitschriften (angefangen vom „Wirtschaftsdienst“ über die „Afrika-Rundschau“ bis zur „Monatszeitschrift für das deutsche Geistesleben“).119 Meisten rückte jedoch die „Hanseaten Feldpost“ in den einzelnen Heften die von Verlag herausgegeben gut gehenden

113 Der VB-Aktivist, Nachrichtenblätter für die Gemeinschaft unserer „VB“- Aktivisten. Berlin, 1938, September, (1. Folge).114 Der VB-Aktivist, 1941, Januar.115 Der VB-Aktivist, 1941, Januar.116 Der VB-Aktivist, 1941, Januar.117 Die Verlagserscheinungen des Zentralverlages der NSDAP Franz Eher Nachf. GmbH, München, Berlin, Wien 1821 –1941, Zusammengestellt und bearbeitet von der Bibliographischen Abteilung des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, (Leipzig 1942), S. 226.118 Hanseaten Feldpost, für Gefolgschaftsmitglieder der Bavagbetreibe in Front und Heimat. Hamburg, 1939, Nr.1, Oktober.119 Hanseaten Feldpost, 1940, Januar.

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Bücher und deren Autoren im Mittelpunkt. Zur geistigen Aufrüstung der Belegschaft nutzte die Betriebsführung Autoren des Verlages für zahlreiche Artikel in der Werkszeitschrift. So schrieben zum Beispiel Ernst Jünger, Richard Euringer, Hans Friedrich Blunck u.a. in ihr.Mit der Verlagsproduktion im Kriege und bestimmten Schwierigkeit befasste sich der Verlagsdirektor Benno Ziegler im Januarheft von 1940. Öfter (Oktober 1939, Mai 1941 u. a.) verfolgte die Feldpost, wie sich ihre „Hausbücherei“, ein Standbein des Unternehmens mit Auflagen einzelner Bücher von 80 000 bis über 120 000, entwickelte und im Krieg organisiert wurde. Neben der Verlagsarbeit behandelte sie wachsende Probleme von Liefer- und Vertriebsfragen in Deutschland und den besetzten Gebieten im Kriegsverlauf, zum Beispiel im Juni/Juli Heft von 1942. Zunehmend nahm die Redaktion zum Frontverlauf und zu ausgesiebten Problemen der Soldaten Stellung, um die Belegschaft in Hamburg aufzumuntern. Die letzte Nummer der „Hanseaten Feldpost“ (schon zusammengelegt auf Januar/Februar/März/April 1943) versuchte, die Luftangriffe auf Hamburg sowie deren Auswirkungen für den Betrieb zu verarbeiten. Im Mittelpunkt stand aber der „Abschied“ vom Unternehmen. Nach Informationen der „Hanseaten Feldpost“ sollten die Hanseatischen-Verlagsanstalt, Hamburg und die „Deutsche Hausbücherei“ mit anderen (nationalsozialistischen) Unternehmen zusammengeführt und der Bücherborn aufgelöst würden. Nur die Hanseatische Druckanstalt GmbH bestehe verändert in Hamburg fort. Dies bedeutete die Auflösung der Hanseatischen Verlagsanstalt mit den zu ihr gehörenden Firmen als DAF-Unternehmens. Der Zentralverlag der NSDAP führte nun die formal aufgelösten Teilbetriebe der HVA selbst. Damit treib er seine Politik, den Buch- und der Zeitschrifteinhandels in seine Hände zu konzentrieren, sogar innerhalb von Betrieben der NS-Gliederungen voran. „Die Brücke“, die Werkzeitschrift des Verlages der Deutschen Arbeitsfront und der Büchergilde Gutenberg, Berlin, erschien mit Beginn des zweiten Kriegsjahres 1940.120 Im Vergleich zum „Der VB-Aktivist“ ermöglicht sie größere Einblicke in die Praxis der Manipulation von Betriebsangehörigen und in die Medienpolitik der NSDAP. Sie besaß zugleich die Funktion, eine „Brücke“ zwischen Front und Heimat zu sein, sowie die Durchhaltepolitik zu fördern. Sie agierte vorbildlich auf dem Gebiet der nationalsozialistischen Propaganda mit aller Demagogie. So verbreitete die Nummer vom September/Oktober 1941 beispielsweise einen von Ministerialrat, SS-Standartenführer Wolfgang Diewerge vom Propagandaministerium (er soll sich nach 1945 aktiv in FDP-Kreisen in Nordrhein-Westfalen und im „Naumann-Club“ des ehem. Staatssekretär bei Goebbels betätigt haben) verfassten extrem antisemitischen Artikel, der das Judentum für den Krieg als verantwortlich hinstellte.Aufschlussreich berichtete die Werkzeitschrift über das bis 1940/41 relativ selbständige Medienunternehmen einer Gliederung der NSDAP, der Deutschen Arbeitsfront. Sie informierte über die Tochtergesellschaften des Verlages der DAF. Die Nummer vom Dezember 1940 führte, die Hanseatische Verlagsanstalt auslassend, folgende Unternehmen auf: Buchmeister Verlag, Berlin, Buchdruckerwerkstätte, Berlin, August Preis GmbH, Leipzig, Großbuchbinderei Franz Wermke, Berlin, Adam Kraft Verlag, Karlsbad, Adolf Luser Verlag, Wien, Verlag der DAF, Prag, Lehrmittelzentrale der DAF Verlag GmbH, Berlin und Modeverlag Bachwitz AG, Wien. Beachtenswert sind zudem Hinweise, wie der Verlag der DAF weitere Filialen in Europa aufbaute, zum Beispiel in Bukarest, Sofia, Rom, Brüssel Amsterdam und Oslo.121 In Paris gab sie, wie in vielen anderen Zentren, ein eigenes „Mitteilungsblatt“ heraus, um deutsche Zivilangestellte zu informieren, politisch zu steuern, die Parteiorganisation der NSDAP zu unterstützen und zudem für deutsche Bücher, besonders für die eigenen Großauflagen der Büchergilde, der „billigen“ Bücher und der Fachliteratur zu werben.122 Dazu kamen Zweigstellen in den besetzten Gebieten im Osten, von Polen über Litauen, Lettland bis in die Ukraine.123 Zusammenhängend mit diesen Vorgängen setzte sich immer mehr ein unmittelbarer Steuerung des entstehenden Verlagssystem durch die NSDAP, die Propagandaabteilungen des Reichspropagandaministeriums und der von Hitler eingesetzten Gouverneure oder Reichskommissare im besetzten Europa durch.

120 Die Brücke, für Front und Heimat, Werkzeitschrift des Verlages der Deutschen Arbeitsfront und der Büchergilde Gutenberg Berlin, 1940, Nr.1, April. (als Schriftwalter wirkte zeitweise W. Spiralke).121 Die Brücke, 1940, November, Dezember.122 Die Deutsche Arbeitsfront, Auslands-Organisation, Landesgruppe Frankreich, Paris, 1942, Dezember bis 1944, Juni.123 Die Brücke, 1943, Januar/Februar.

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Der Verlag und Vertrieb der DAF besaß eine fast monopolartige Stellung auf dem Gebiet der Literatur der Berufserziehung, der Fachbuchproduktion, der Herstellung von Fachzeitschriften (ca.38) sowie der Lehrmitteln in Deutschland und in den besetzten Gebieten.124 Dabei spielten die Produktion und der Vertrieb von Büchern mit politisch-ideologischem Charakter sowie von schöngeistiger Literatur eine ebenso schon fast bestimmte Rolle, genauso wie für die Akzidenzen für die eigene Organisation. Eine Beilage zur Werkzeitschrift vom Dezember 1940 zählte die zur Wehrmacht eingezogenen Mitarbeiter des Verlages, seiner Gaufilialen sowie der der Büchergilde Gutenberg in den Gauen auf (ca. 350) und gab somit Rückschlüsse auf die hohe Beschäftigungszahl und umfangreiche regionalen Strukturen, besonders für den Vertrieb. Auch als Organisator und Mittler dienten der Verlages und seine Mitarbeiter, um europäische Schriftsteller für das nationalsozialistische Europa zu gewinnen. Auf dem Weimarer Dichter Treffen von 1941 sprach Goebbels über „deutsche Größe“, „deutschen Geist“ und die angeblichen geistigen Kräfte, die ein neues Europa schaffen würden. Goebbels ließ mit Hilfe seines Apparates und der DAF „unter Führung des Deutschen Hans Carossa“ einen europäischen Schriftstellerverband gründen. Von den eingeladenen Schriftstellern nannte „Die Brücke“ als Sprecher Grigol Robakidse, Georgien, Ximines Caballero, Spanien, Abel Bonnard, Frankreich, Einar Hovald, Dänemark, Klara Nordström, Schweden, John Knittel, Schweiz.125 Anlässlich des sogenannte deutschen und europäischen Dichtertreffens in Weimar im Oktober 1942, versammelten Goebbels, wieder unterstützt von der DAF, auf einem anschließenden gesonderten „Europäischen Dichtertreffen“ auf der Wartburg Schriftsteller aus 15 europäischen Ländern, um sie als Propagandisten für ein Europa unter deutscher Führung zu gewinnen.126 Aus „Der Brücke“ war zu entnehmen, dass die DAF mit ihren Verlagsnetz zusätzlich die Aufgaben hatte, das „Deutschtum“ im Ausland zu festigen, Kollaborateure, besonders unter Schriftstellern Europas, zu sammeln sowie geistige Diversion zu betreiben.In fast allen Ausgaben der Werkzeitschrift spielte der Frontbuchhandel eine Rolle. Die Zentrale der Frontbuchhandlungen, in der die Truppenteile, der Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig und die Deutsche Arbeitsfront vertreten waren, erhielt ihr Zentrum im Verlag der DAF in Berlin. Zum verantwortlichen Leiter für Organisation und Belieferung ernannte die Führung der NSDAP den Pg. Eberhard Heffe, den Direktor des Verlages der DAF. Die Leitung und Organisation des Frontbuchhandels unterschied sich damit ab 1939 völlig von der im 1. Weltkrieg. „Die Brücke“ hob ausdrücklich hervor, dass dies alles die „einzigartige Idee des Leiters des Deutschen Buchhandels, Wilhelm Baur“ gewesen sei.127 Damit kontrollierte die NSDAP über W. Baur, Hauptamtsleiter der Reichsleitung der NSDAP, Vizepräsident der Reichsschrifttumskammer, Leiter der Gruppe Buchhandel, Direktor des Zentralverlages sowie anderer Verlage und Vorsitzender des Börsenvereins den Frontbuchhandel und steuerte gleichzeitig den Umsatz der NS-Unternehmen. Der Börsenverein übte eine zweite Kontrolle aus, indem nur er die genehmigungspflichtigen Rabatte für Frontbücher gewährte.Fahrbare Frontbuchhandlungen sollten den Frontbuchhandel eröffnen. Anfang Oktober 1941 verabschiedete Pg. Heffe gemeinsam mit Vertretern des Propagandaministeriums und dem SS- Obergruppenführer Oswald Pohl, Chef des SS-Hauptamtes, verantwortlich für die Waffen-SS, die SS-Wirtschaft und die KZ, einige weitere fahrbare Frontbuchhandlungen an die Ostfront. Grundsätzlich sollten aber stationäre Frontbuchhandlungen zur Propaganda unter den Soldaten und als „Inseln des Deutschtums“ in den besetzten Ländern dominieren. Pg. Heffe verhandelte beispielsweise im Sommer 1940 mit den Militärkommandanten in Frankreich und Belgien, Frankreich Nord über den Aufbau der Frontbuchhandlungen. Er eröffnete die ersten davon in Paris und Brüssel gemeinsam mit dem Reichsleiter der NSDAP Ley und veranlasste, daß in Paris ein Zentrallager für die Belieferung der zu schaffenden Buchhandlungen bei den Truppenteilen entstand.128 Bis Ende 1940 baute die DAF gemeinsam mit der Wehrmacht derartige stationäre Buchhandlungen in Antwerpen, Brügge und in größeren Orten Frankreichs auf.129 Heffe und sein Apparat schufen, so „Die Brücke“, in den

124 Die Brücke, 1940, November und Dezember.125 Die Brücke, 1941, November/Dezember.126 Die Brücke 1941, November/Dezember und 1942, September1942.127 Die Brücke, 1940, August. Heffe soll 1944 abgelöst wurden sein.. Hans-Eugen Bühler: Der Frontbuchhandel 1939-1945, Organisation, Konzepte Verlage Bücher, Eine Dokumentation, Franfurt a. Main 2002, S. 91.128 Die Brücke, 1940, Mai, August, November und Dezember.129 Die Brücke, 1941, Januar.

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folgenden Jahren ein Netz von Frontbuchhandlungen im besetzten Europa und steuerten auf diesem Wege den Umsatz von ca. 50 bis 60 Prozent der Buchproduktion in Deutschland sowie zusätzlich die Leistungen von Druckereien in den besetzten Gebieten. 1943 erreichte die Zentrale einen Umsatz von 35 Mill. RM sowie einen Verlust (sehr niedrig angesetzt) durch Kriegseinwirkungen von 1,5 Mill. RM. Bei diesen Berechnungen sind die Lieferungen an die Frontbüchereien (1939 von Goebbels 60 000 geplant) und Lazarette nicht mit einbezogen. Nach NS-Staatssekretär Leopold Gutterer sollen bis Ende 1943 60 Millionen Bücher an die Front geliefert worden seien. 130

„Zwischen der Zentrale der Frontbuchhandlungen und dem Reichsführer SS und dem Chef der Deutschen Polizei und auch dem Reichsminister Todt sind Vereinbarung zustande gekommen, die den Einsatz der Frontbuchhandlungen bei den im auswärtigen Dienst befindlichen Einheiten [...] regelt.“ 131

Damit weiteten sich 1941 die Aufgaben der Zentrale extrem aus. Der Verlag der DAF übernahm zudem gemeinsam mit der Reichsschrifttumskammer und dem Börsenverein die Schulung für die Leiter der Frontbuchhandlungen. Als ab 1943 immer mehr Soldaten an die zusammenbrechende Front versetzt wurden, bildete die DAF, der Börsenverein und Vertreter der SS, wie „Die Brücke“ ausführlich berichtete, in sechs Wochen-Kursen DRK-Schwestern als Ersatz von Soldaten für den Frontbuchhandel aus.132

Die NS-Führung verlangte von allen Verlegern und Buchhändlern, Träger und Mittler nationalsozialistischer Politik und Ideologie zu sein. Die Aufgaben des Verlages der DAF gingen jedoch, wie dessen Werkzeitschrift vielfach offen berichtete, weit über diese Anforderung hinaus. Zur Führung und Manipulation der Werktätigen in den Betrieben und der NS-Propaganda in Europa gesellten sich mit Kriegsbeginn die geistige Formierung der Wehrmacht besonders durch das Buch, die Steuerung dieses Vorganges und die Einflussnahme auf die in den besetzten Gebieten weilenden deutschen Zivilisten. Eine besondere Mission hatte sie in den mit dem deutschen Faschismus verbundenen Ländern. Verlage der DAF als ausgebaute politische Institutionen und deren Schriften sollten dort auf die jeweiligen Bevölkerungsgruppen im Sinne des deutschen Faschismus eingewirkten. Die „Brücke“ verschweigt dagegen die mit großem Aufwand betriebene kulturelle Betreuung der Besatzer gemeinsam mit der Organisation der DAF „Kraft durch Freude“. In der Werkzeitschrift sind auch keine Informationen enthalten, dass die DAF-Verlage in Deutschland und in den unterworfenen Ländern fremdsprachige Zeitungen und Bücher für ausgewählte Bevölkerungsgruppen (zum Beispiel Flamen) sowie die Millionen Zwangsarbeiter herstellte und verbreitete. Der Verlag der DAF galt als nationalsozialistischer Kampfverlag. Er war ein Instrument, um ein Monopol der Nazis auf dem europäischen Buchmarkt zu errichten.

Tendenzen in Gauverlagen

Die Mehrzahl der von den Gauverlagen ausgewählten und untersuchten Werkzeitschriften erscheinen als „Blätter“, „Nachrichten“, „Betriebspost“, „Heimatpost“ oder sogar mit dem Titel „Feldpostbrief“. Sie wurden meist ab 1940/41 herausgegeben. Vor allem nach 1943/44 drückte die zentralen Leitungen der NSDAP, ihre Kreisleitungen, Gliederungen, staatliche Einrichtungen, Hochschulen, Bibliotheken und selbst Vereine „Feldpostbriefe“ oder „Heimatbriefe“ an die Front zu versenden. Es entstanden in diesem Zusammenhang mehrere Hundert derartige Schriften. Sie umfassten meist nur wenige Seiten (manche nur sogar nur vier) und waren ausschließlich für den Versand an die zur Wehrmacht eingezogenen ehemaligen Werksangehörigen bestimmt. Mit allgemeinen Sprüchen sollten sie die Soldaten zum Durchhalten aufzumuntern und ihre Sorgen über Schäden und Verlusten durch die Bombenangriffe in der Heimat verdrängen. 133 Diese Feldpostsendungen unterschieden sich durch ihre Aufgabe und ihren Charakter von den Werkszeitschriften.Die „Feldpostbriefe“ des NS-Gauverlages Sachsen trugen den Charakter von Werkszeitschriften, die aber auch zugleich als „Brücke“ zur Front dienten. Sie stellten deshalb für die Beschäftigten und die zu betreuenden Soldaten im Dezember 1943 in den Mittelpunkt: „Es mag dieser Krieg dauern, solange

130 Otto Seifert: Die große Säuberung des Schrifttums. Der Börsenverein der deutschen Buchhändler zu Leipzig 1933 bis 1945, Leipzig 2000, S. 249 bis 256. Über Strukturen des Frontbuchhandel: Hans-Eugen Bühler, Edelgard Buhler: Der Frontbuchhandel 1939 – 1945, Frankfurt am Main 2002.ü131 Die Brücke, 1941, Juni/Juli.132 Die Brücke, 1943, Herbst. Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, BV I 581.133 Diese sehr zahlreichen und z..Z. kaum überblickbaren Feldpostsendungen sind kaum erforscht.

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er will, niemals wird Deutschland kapitulieren! Niemals werden wir den Fehler des Jahres 1918 wiederhole, [...].134 Zweifellos gaben die Zeitschriften der Gaue eine bestimmte Übersicht über die Pressearbeit in den Gauen und die angefertigten Propagandamaterialien. Der Gauverlag Sachsen dirigierte zum Beispiel seine „Schwestergesellschaft“, die Dresdner Zeitung KG sowie sieben Zeitungen, vom den „Zittauer Nachrichten“, der „Chemnitzer Zeitung“ bis zur „Neuen Leipziger Tageszeitung“, in sächsischen Städten. Entsprechend der zentralen Weisung stellte er das Gauorgan „Der Freiheitskampf“ und die „Dresdner Zeitung“ am 1. Oktober 1943 auf Antiqua um.135 Enteignungen und Konzentrationen durch die Nazis setzte sich auf dem Gebiet der Presse in den nach 1938 neu geschaffenen Gauen fort. Der NS-Gauverlag Salzburg gab die „Salzburger Landeszeitung“, den „Salzburger Volksbote“ und das „Wochenblatt der Landesbauernschaft Alpenland“, neben Zeitschriften, heraus.136 Im NS-Gau Steiermark vollzog sich der Konzentrationsprozess der Presse in die Hände des Gauverlages bis in den Herbst 1942. Im September/Oktober 1942 übernahm er den „Südostdeutschen Zeitungsverlag“ und drei regionale Zeitungen.137 Im Warthegau, Oberschlesien und im Elsaß ordneten die Nazis die Presse beispielsweise mittels Schließungen und Listen völlig neu, meist zu Gunsten der Gauverlage.Fast alle Werkzeitschriften der Gauverlage hoben hervor, dass ihre NS-Firmen zunehmend in der Buchproduktion wirkten und im Buchvertrieb oft selbstständig agierten. Sie hatten moderne technische Ausrüstungen erhalten, schufen sich eigene Abteilungen Buchverlag und Buchbindereien sowie für den Vertrieb. Ihre Werkzeitschriften behandelten im Grunde die realen Vorgänge im Buchverlag jedoch nur sehr allgemein und wie Amtsgeheimnisse. In den Gauen der NSDAP ergab sich aber eine Besonderheit. Die Gauleitungen ließen zudem „NSG Nationalsozialistischen Gaudienste“, angefangen von Mecklenburg bis nach Salzburg herausgeben. Einige andere verbreiteten, wie Schlesien, ein „Führerblatt, der Gau Schlesien“ „Befehlsblätter“ oder „Mitteilungsblätter“. Sie galten als vertrauliche Dienstsache. Diese Blätter steuerten die NS-Führungskräfte, die Gliederungen der NSDAP, die wichtigsten politisch-ideologischen Kampagnen, die Rassenpolitik aber auch die NS-Verlage und die Buchpolitik direkt. Zudem verkündeten diese Gaudienste zentrale Vorgaben der NSDAP und der Reichsleiter sowie besonders die taktischen Aufgaben der jeweiligen NS-Gaue. Sie wirkten unmittelbar auf die Werkzeitschriften der Gaubetriebe ein. Wichtiger ist aber, dass diese vertraulichen Dienste viel offener über die Literaturpolitik im Gau und dem Gauverlag berichteten, somit die sehr allgemeinen Bemerkungen in den Werkzeitschriften in vielen Fällen entschlüsselten. Der NSG Gau Wien erweiterte seinen Gaudienst ab Dezember 1938 durch eine Beilage „NS Kulturdienst Wien“ mit regelmäßigen Nachrichten über Theater, bildende Kunst und Literatur, wo die geförderte Literatur, die geförderten NS-Dichter, deren Lesungen sowie politischen Reden, der „Wiener Dichterkreis“, die Verlagspolitik und die Verleger im Gau Wien einen wichtigen Platz einnahm138 Der Präsident der Reichsschrifttumskammer berief Mirko Jelusich, der schon lange vor 1938 als Vertrauensmann der NSDAP galt, zum Leiter des Wiener Dichterkreis,. Zu den für den Dichterkreis genehmigten Personen gehörten Bruno Brehm, Hermann Graedener, Franz Spunda, Max Stebich, Hermann Stuppäck, Josef Weinheber, u.a.Gauleiter und Reichsstatthalter Baldur von Schirach legte im April 1941 in einem „Wiener Kulturprogramm“ spezifische Aufgaben der Literatur während des Krieges fest. 139 Neben der NS-Propaganda nach innen, sollte der Gau, besonders die Stadt Wien, ein politisch-ideologisches „Ausfallstor“ nach dem Osten und Südosten werden.140 Auch der Gau Salzburg hielt eigene Gau-Dichtertage ab, schuf 1941 einen Dichterkreis und steuerte über seinen NSG Gaudienst die Literaturpolitik in seiner Region. Als der Höhere SS- und Polizeiführer Gustav Scheel,

134 NS-Gauverlag, Feldpostbriefe, Dresden,1943, Dezember, Titelblatt.135 NS-Gauverlag, Feldpostbriefe, 1943, Dezember.136 Betrieb und Front. Nachrichtenblatt für Soldatenkameraden der Betriebsgemeinschaft des NS-Gauverlag Salzburg, 1942, H.10.137 Betriebspost. NS-Gauverlag und Druckerei Steiermark, GmbH, (Graz) 1942, Oktober.138 NSG Gau Wien, Nationalsozialistischer Gaudienst, Pressedienst der Gauleitung der NSDAP und

aller Gliederungen, Wien. NS Kulturdienst Wien , Beilage des NSG Wien, Nachrichten aus Theater, Literatur und bildende Kunst, Wien 20. Dezember 1938.139 Baldur von Schirach: Das Wiener Kulturprogramm, Wien 1941.140 NSG Gau Wien,... 11. Juli 1941.

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Reichsstudentenführer, bewährt bei der Gleichschaltung der Hochschulen, als SD-Chef im Stuttgarter Raum bei der Verfolgung von Juden und der „Säuberung“ des Elsass, Reichsstatthalter und Gauleiter in Salzburg wurde, Himmler ihn zudem zum Beauftragten des Reichskommissars für die Festigung des Volkstums in Salzburg ernannte, versuchte dieser Salzburg aus dem Schatten von Wien zu lösen. Scheels Grundsätze für die Literaturpolitik waren extrem völkisch und an der Rassenpolitik orientiert. Es traten schon 1942/43 vorbereitende politische und ideologische Elemente für eine „Alpenfestung“ der SS hervor.141 Zweifellos, die Gauleitungen hatten zentrale Vorgaben in der Literaturpolitik umzusetzen. Aber es existierten auf diesem Gebiet bestimmte unterschiedliche Machtpositionen und Rivalitäten. Aus den NSG Gaudienste von Wien und Salzburg kann auf Vorgänge in der Literaturpolitik im Gau und dem Gauverlag geschlossen werden, die die Werkzeitschriften verschleierten oder sogar nicht meldeten. Diese Erscheinungen lassen sich, etwas motiviert, auch in den anderen fünf Gauen im eingegliederten Österreich feststellen. Erstens: Die Buchwerbungen, Buchlesungen und politische Agitation konzentrierte sich auf die vom Goebbelsministerium geförderten und bestätigten NS-Dichter des „Altreiches“ wie Hanns Johst, Präsident der Reichsschrifttumskammer, Hans Friedrich Blunck, Altpräsident der Kammer, Will Vesper, NS-Dichter, Herausgeber einer NS-Zeitschrift, extremer Antisemit und Propagandaredner, Werner Beumelburg und viele andere. Zweitens: Der genannten NS-Dichter folgten rund 65 österreichische Schriftsteller, die sich ab 1936/37 im Bund Deutscher Schriftsteller Österreich organisiert hatten, der als getarnter Zweig der NSDAP galt. Zehn Prozent von ihnen waren bereits vor 1933 Mitglieder der NSDAP und weitere siebzig Prozent traten der NSDAP in der Zeit von 1933 bis 1938 bei. Diesen Personenkreis unterstützten die Nazis außerordentlich stark. Aber nur wenige von ihnen ließen ihre Schriften in Gauverlagen und anderen Verlagen in Österreich auflegen. Sie machten ihr großes Geschäft mit den Verlagen des „Altreiches“ und dem Franz Eher Verlag und seinen Töchtern. Drittens: In den Gauen Osterreichs erhielten zudem jeweils ausgewählte „zuverlässige“ Heimatdichter Möglichkeiten für Lesungen und vor allem zur Veröffentlichung in den Gauverlagen, um die regionale Politik und „Boden- und Blutsverbundenheit“ im Sinne der Partei zu demonstrieren. Alle neuen Gaue in Österreich griffen mittels Verbotslisten, Grundlisten für Kreisbüchereien und Kreisschulungsbüchereien sowie Listen aller Gau- und Kreisredner in die Buchproduktion, Buchwerbung und den Vertreib steuernd ein.Im „Altreich“ hatte sich schon unmittelbar nach 1933 die Tendenz herausgebildet, daß die Gauleitungen, neben den zentral empfohlenen, einen ausgewählten Kreis von NS-Heimatdichtern förderten. Selbst die Gauleitung von Mecklenburg hielt ab 1936 in Bad Doberan sogenannte Doberaner Dichtertage ab. Auf diesen Dichtertagen traten gekannte Funktionäre des Reichspropagandaministeriums, des Börsenvereins und des Gaues auf. Besonders lud die Gaupropagandaleitung aber niederdeutsche und Mecklenburger Heimatdichter ein. Sie erhielten auf den Tagungen die politisch ideologische Ausrichtung, aber auch die Möglichkeit, ihre Schriften vorzustellen, die dann auch gefördert wurden. Die 4. Doberaner Dichtertage verknüpfte die Gauleitung Mecklenburg mit der „Arbeitswoche der Buchhändler“, um diese ebenso auf den nationalsozialistischen Kurs festzusetzen. Gleichzeitig steuerte die Leitung den Absatz ihrer in Norddeutschland genehmen Heimatdichter, die auf ihren Listen standen.142 Auf den ersten Blick scheint es unverständlich, aber die Gauleiter griffen zum größten Teil selbst in die nationalsozialistische Buchsteuerung ein. Sie wollten die Tatsache, dass der Nationalsozialismus Literatur massenhaft vernichtete und verbot, Schriftsteller mit Rang und Ansehen verfolgte und ausgrenzte sowie Juden „ausmerzte“ verschleiern. Die Gauleiter und ihr NS-Apparat sollten als große Mäzen von Kunst und Literatur erscheinen. So nutzte zum Beispiel Friedrich Hildebrand, SS-Obergruppenführer, Gauleiter und Reichstatthalter von Mecklenburg, den Heimatdichter und „Volkstumsforscher“ Richard Wossidlo für diese Zwecke. Er ließ Wossidlo 1934 mit der Goethemedaille und 1938 mit der Leibnitzmadaille auszeichnen, zum Professor ernenne, gründete eine Wossidlo-Stiftung und stellte ihn, unterstützt vom Propagandaministerium, als den NS-Dichter demonstrativ heraus. Gleichzeitig verkündete der Gauleiter und seine Propagandisten Grundthesen nationalsozialistischer Kulturpolitik. Selbst der Geburtstag und Tod von Wossidlo wurde politisch ausgeschlachtet. Als der 2. Band von Wossidlos

141 NSG Nationalsozialistischer Gaudienst, Gau Salzburg, Salzburg, 14. Mai 1942.142 NSG Nationalsozialistischer Gaudienst Gau Mecklenburg, Schwerin, 8. August 1939 bis 19.August 1939.

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„Mecklenburger Sagen“ im Carl Hinsdorffs Verlag in Rostock erschein, hatte der Gauleiter und Leiter der Wosidlo-Stiftung für den „Volkstum fördernden Verlag“ und das Buch eine große Werbekampagne festgelegt. „Der Band ist auf Wunsch des Verfassers (Wossidlo, d. A.) dem Herrn Reichsstatthalter von Mecklenburg, Gauleiter Friedrich Hildebrand, dem großzügigen Förderer Mecklenburger Volkstumsarbeit, gewidmet.“143 Während des Krieges, Anfang 1940, diente dem Gauleiter und dem Kuratorium der Wossidlo-Stiftung der Dichter wieder für die NS-Volkstumspolitik. Mit großen propagandistischen Vorbereitungen wurde der Universität Rostock ein Ölgemälde von Wossidlo am 27. Januar 1940 überreicht.Im Krieg dienten die Gauverlage auch die Druckereien ihrer Presse für den Frontbuchhandel, weil dort die geforderten Frontbücher als Broschüre (besonders ab 1942/43) produziert werden konnten. So schrieb „Betrieb und Front, der Nachrichtenbrief der Soldatenkameraden“ der Betriebsgemeinschaft des NS-Gauverlages Salzburg in seiner Nummer 11/1942, dass der Verlag in seiner Druckerei und Buchbinderei in der letzten Zeit ca. 500 000 Bücher und in der Tagesproduktion, besonders für die Front, jeweils 1 000 bis 2 000 Bücher fertiggestellt habe.144 Der Gauverlag Bayrische Ostmark GmbH, Bayreuth, der von diesen NS-Verlagen die größte Anzahl von Büchern und besonders Broschüren auf den Markt brachte, leistete auch überdurchschnittliches in der Frontbuchproduktion.145 Viele Gau-Verlage, angefangen in Mecklenburg über Baden bis nach Salzburg, widmeten sich der Edition von Schriften ihrer Heimatdichter. Die Verlage der NS-Gauleitungen dominierten nicht nur auf dem Markt der regionalen Presse, sondern sie wuchsen zu ernstzunehmende Konkurrenten ab 1940 auf den deutschen und europäischen Buchmarkt heran. Wie die Arbeitsteilung zwischen großen NS-Verlagen und den Gauverlagen im Rahmen der NS-Literaturpolitik erfolgte, ist zum großen Teil noch ein offenes Feld. Die Werkzeitschriften der Gauverlage eröffneten zudem Einblicke, wie sie in die Besatzungspolitik der Nationalsozialisten in Europa einbezogen wurden. Ab 1940 unterteilten die Nazis auf den Doberaner Dichtertag die von ihnen im Gau geförderten Dichter in mecklenburger und niederdeutschen Dichter. Ein Teil der ausgewählten niederdeutschen NS-Dichter und ihre Schriften wurden eingesetzt, um im besetzten flämischen Sprachraum und der Deutsch-Flämischen Arbeitsgemeinschaft „als geistige Waffe im Westen“ NS-Ideologie zu verbreiten.146 Die „Feldpostbriefe“ aus Sachsen wiesen im September 1944 darauf hin, dass der Gauverlag ab Herbst 1943 die „Deutsche Ukraine Zeitung“ herstelle und nach und nach ihren Druck und das Personal über Lemberg in den Osten verlege. Spezielle Informationen für diese Zeitungen lieferte das Propagandaamt in Luzk, das für den Vertreib verantwortlich zeichnete.147 Allein beim Generalkommissar Ukraine bestanden ein Landespropagandaamt, neun Propagandaämter und eine selbständige Dienststelle.148 Der Gau Tirol-Vorarlberg dirigierte Teile seines Gauverlages 1943 nach Bozen, um dort beim „Obersten Kommissar für die Operationszone Alpenvorland“ deutsche Volksgruppenpropaganda mittels eines Verlages zu betreiben. Die NS-„Arbeitskameraden“ übernahmen die Bozner- und Meraner Druckerei für die „Operationsarbeit“ sowie das „Bozner Tageblatt“ für nationalsozialistische Propaganda. Sie bauten zugleich in Bozen eine Buchhandlung auf, die mit Zweigstellen in Meran, Brixen, Sterzing und Bruneck deutsche Literatur im besetzten Südtirol verbreiten sollten.149 „Der Alemanne“ gab Hinweise, wie schon erwähnt, über Leistungen des Verlages im annektierten Elsaß. Gauleiter Robert Wagner setzte zum Beispiel vorrangig den NS-Dichter Hermann Burte als NS-Propagandist zum „Eindeutschen“ und zum „Ausbau der deutschen Sprachinsel im Westen“ im Elsaß ein.150 Der ursprüngliche Gau Schlesien leistete Schützenhilfe für die neugegründeten Gaue Oberschlesien und Warthegau sowie das Generalgouvernement. Ab Ende

143 NSG Nationalsozialistischer Gaudienst Gau Mecklenburg, Schwerin, 16. November 1939.144 Betrieb und Front, Nachrichtenbrief für die Soldatenkameraden der Betriebsgemeinschaft des NS-Gauverlages Salzburg, Salzburg, 1942, Folge 11, S 2.145 Vergl.: Verlegerkartei der Deutschen Bücherei.146 NSG Nationalsozialistischer Gaudienst Gau Mecklenburg, Schwerin, 22. August 1940, 30. Juli 1941, 18. August 1941, 5. September 1942.147 NS-Gauverlag, Feldpostbriefe, Dresden, 1944, September.148 Nachrichtenblatt des Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda, Berlin, 1943, 23. Dezember, Anordnung von Goebbels.149 Monatsbrief unserer Betriebsgemeinschaft in der NS-Gauverlag und Druckerei Tirol-Vorarlberg GmbH, Innsbruck, März/April 1943 ,März 1944, April 1944.150 Mühlhausener Tageblatt, Mühlhausen 16. November 1940, 6. Juni 1942.

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1943 dehnte das Reichspropagandaamt Kärnten seine Vollmachten auf die „Operationszone Adriatisches Küstenland“ mit Sitz in Triest aus und dirigierte dort auch die Literaturpolitik.151 Im besetzten Europa verbreiteten das Militär, Beauftrage der NSDAP, die SS und andere NS-Gliederungen über dreißig „Deutsche“ Zeitungen, zahllose Soldaten-Zeitungen, von der Adria bis an das Polarmeer. Hinzu gesellten sich nicht überblickbare Auflagen, oft in beschlagnahmten oder kollaborierenden Verlagen produziert, von deutschsprachigen und ausgewählten fremdsprachigen Büchern. In den Gauverlagen erschienen auch vertrauliche Informationen der NSDAP, interne Übersichten über den NS-Apparat sowie nur für den Dienstgebrauch bestimmte Weisungen und Informationen. Es gab auch gedruckte Materialien über die geistige Lage, die Massenmanipulation und den Einfluss des „Feindes“. So publizierte anfangs eine Pressestelle in Wien ab August 1941 „Vertrauliche Mitteilungen, Kulturbericht Südosteuropa“ in Wien, die mehrmals im Monat erscheinen. Sie informierte zusätzlich über Aktivitäten der NS-Führer, geplante Propagandaaktionen, Verbündete auf dem Feld der geistigen Kriegführung, so zum Beispiel in Kroatin. Vom Januar 1942 bis 1944 erarbeitete dann speziell ein NSDAP, Grenzlandamt, Niederdonau, Wien 1, den „Kulturbericht Südosteuropa“ und verbreitete ihn weiter mehrmals monatlich nun als „Streng vertrauliche Dienstsache, Nur für den Empfänger bestimmt“.Die Werkszeitschriften, Feldpostbriefe oder Nachrichten bieten Informationen über die Rolle der NS-Betriebe auf dem Buchmarkt in den von deutschen Truppen besetzten Gebieten sowie über die deutsche Pressepolitik ab 1939/40. Sie sind aber sehr stark von der der Betriebsführung vorgegebenen Gestalt und Funktion, den Geheimhaltungsstufen sowie einer gezielten Verschleierung der Funktion der NS-Verlage abhängig. Wie viele gedruckte Quellen aus den Jahren der nationalsozialistischen Diktatur, weisen die Werkzeitschriften Grenzen auf, die durch das System, die psychologische Kriegführung und handelnde Personen gezogen wurden. Das erfordert eine kritische Bewertung. Bestimmte Aussagen regen an, die genannte Problematik weiter zu verfolgen. Einige Artikel und Berichte ergänzen andere Quellen. Die Werkzeitschriften liefern aber auch viele neue Mosaiksteine für die Literaturpolitik und den gesteuerten Buchhandel. Sie bieten zudem seltene Einblicke in die Printunternehmen privater Eigentümer und der NSDAP, ihre Führung und deren Platz in der NS-Gesellschaft. Insgesamt stellen die Werkzeitschriften ein wichtiges, noch weiter zu erschließendes, oft nicht beachtetes Potential für die Forschungen zur nationalsozialistischen Herrschaft, zur Massenmanipulation und des derzeitigen Buchmarktes dar. Die Werkzeitschriften der Verlage, die Hunderte von „Feldpostbriefen“ nicht eingerechnet, verbreiteten NS-Ideologie und Politik, produzierten Feindbilder und förderten rassistisches Überlegenheitsdenken. Sie halfen direkt oder indirekt bei der Zerstörung eines Teiles der europäischen Kultur, den Versuch, den europäischen Buchmarkt zu beherrschen sowie der Verfolgung von Menschen. Die Träger der Werkszeitschriften profitierten von der NS-Herrschaftspolitik. In den Werkzeitschriften widerspiegelt sich durchgehend der Widerspruch zwischen technisch modern ausgerüsteten Medienunternehmen und der Literatur, die sie in der Sprache des „Dritten Reiches“ mit antidemokratischer, antiliberaler, antihumanistischer, kriegsverherrlichender und den Führerkult fördernden Grundrichtung für die Massenmanipulation produzierten. Der Franz Eher Nachfolger Verlag / Zentralverlag der NSDAP verfügte 1943, die anderen Verlage der NSDAP und ihrer Gliederungen nicht mit gerechnet, über 161 Verlage mit einem Umsatz 1943 von 113 330 178 RM, damit aber über das damals größte Medienunternehmen Europas.

151 Nachrichtenblatt...a. o. O.

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