® Jenseits von Mythen: Über die Zusammenarbeit zwischen KMU und Weiterbildungsanbietern Prof. Dr....

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Jenseits von Mythen: Über die Zusammenarbeit zwischen KMU und Weiterbildungsanbietern

Prof. Dr. Bernd KäpplingerHumboldt-Universität zu Berlin

Berliner Bildungsanbietertreffen

24.06.2015

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Beliebte, tradierte Mythen rund um die betriebliche Weiterbildung

1.) Weiterbildung in Unternehmen gewinnt in der Wissensgesellschaft zunehmend an Bedeutung   2.) Bildungsanbieter müssen zum Dienstleister werden und für die Unternehmen maßgeschneiderte Weiterbildungen anbieten

3.) Das Lernen am Arbeitsplatz wird immer wichtiger. Kursförmige Weiterbildungsangebote sind Kennzeichen einer überholten Vermittlungsdidaktik

4.) Wir stehen vor einer neuen technologischen Revolution („Internet der Dinge“), was auch das Arbeiten und Lernen grundlegend verändern wird.

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Mythencheck: Weiterbildung in Unternehmen gewinnt in der Wissensgesellschaft zunehmend an Bedeutung

Quelle: Bilger u.a. 2013, S. 30

Erst 2012 wurde das Niveau von 1997 wieder erreicht

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Mythencheck: Weiterbildung in Unternehmen gewinnt in der Wissensgesellschaft zunehmend an Bedeutung

Quelle: Bilger u.a. 2013, S. 45 Betriebliche WB größtes Segment

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Mythencheck: Weiterbildung in Unternehmen gewinnt in der Wissensgesellschaft zunehmend an Bedeutung

Quelle: Bilger u.a. 2013, S. 55 Betriebliche WB ist

zeitlich kurz

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Mythencheck: Weiterbildung in Unternehmen gewinnt in der Wissensgesellschaft zunehmend an Bedeutung

Quelle: Ambos u.a. 2015, S. 5

Anbieter der betrieblichen WB

geht es ökonomisch besser als anderen

Anbietern

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Mythencheck: Weiterbildung in Unternehmen gewinnt in der Wissensgesellschaft zunehmend an Bedeutung

Quelle: IW Köln 2014, S. 7

Betriebe geben kaum mehr aus

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Mythencheck: Weiterbildung in Unternehmen gewinnt in der Wissensgesellschaft zunehmend an Bedeutung

Wahr ist: - das Segment der betrieblichen WB wird innerhalb der

Weiterbildungsszene immer bedeutsamer- gerade in den letzten Jahren verzeichnet die betriebliche WB

einen relativen und absoluten Zuwachs- Anbieter in diesem WB-Segment geht es ökonomisch am besten

Wahr ist aber auch: - die (öffentlich unterfinanzierte) Schwäche anderer Weiter-

bildungssegmente begünstigt die Stärke der betrieblichen WB- das Wachstum in absoluten Zahlen in der betrieblichen WB ist

schwach und stark prozyklisch konjunkturabhängig- betriebliche Weiterbildungen sind zumeist von kurzer Dauer (ø = 31h versus 86h in der individuell-beruflichen WB)

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Mythencheck: Bildungsanbieter müssen zum Dienstleister werden und für die Unternehmen maßgeschneiderte Weiterbildungen anbieten

Quelle: Institut für betriebliche Bildungsforschung 2014, S. 36

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Mythencheck: Bildungsanbieter müssen zum Dienstleister werden und für die Unternehmen maßgeschneiderte Weiterbildungen anbieten

„Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass Betriebe in zunehmenden Maße individuell zugeschnittene Weiterbildungsangebote erwarten, um die Effizienz der Lernprozesse und den Transfer in den betrieblichen Alltag zu erhöhen. Daher kommt Bildungsanbietern – auch im Vorfeld der Durchführung von Weiterbildung in Betrieben– in zunehmendem Maße eine Beratungsfunktion zu, die auch institutionsbezogene Aspekte umfasst. Die Bildungsanbieter müssen konkret an den betrieblichen Problemsituationen ansetzen und maßgeschneiderte Lösungsstrategien entwickeln. Die Mitarbeiter von Bildungsanbietern werden zu Experten für die Gestaltung von betrieblichen Lern- und Veränderungsprozessen.“ (Schiersmann 2000, S. 23)

War Schiersmann 2000 prophetisch? Hat sich bis 2014 nichts verändert? Ist heute noch richtig, was schon 2000 erwartet wurde?

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Mythencheck: Bildungsanbieter müssen zum Dienstleister werden und für die Unternehmen maßgeschneiderte Weiterbildungen anbieten

Quelle: CVTS – Continuing Vocational Training Surveys

1999 2005 2010Kurse 67% 54% 61%

Interne Kurse 40% 39% 42%

Externe Kurse 61% 49% 55%

Andere Formen 72% 66% 66%Info-Veranstaltung / Vortrag 61% 58% 56%

Lernen am Arbeitsplatz 54% 48% 45%

Selbstgesteuertes, computerunterstütztes Lernen

14% 15% 15%

Lern-/Qualitätszirkel 12% 16% 12%

Job-Rotation 4% 9% 7%

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Mythencheck: Bildungsanbieter müssen zum Dienstleister werden und für die Unternehmen maßgeschneiderte Weiterbildungen anbieten

Wahr ist: - Kurse haben über die Jahre etwas an Bedeutung verloren

Wahr ist aber auch: - „Andere Formen“ boomen aber auch nicht- das Verhältnis zwischen Kursen und „anderen Formen“ ist relativ stabil- der Vortrag/die Info-Veranstaltung ist immer noch die häufigste

Weiterbildungsform- Selbstgesteuertes, internetgesteuertes Lernen hat eine eher

randständige Bedeutung

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Mythencheck: Das Lernen am Arbeitsplatz wird immer wichtiger. Kursförmige Weiterbildungsangebote sind Kennzeichen einer überholten Vermittlungsdidaktik

Quelle: CVTS – Continuing Vocational Training Surveys

1999 2005 2010Kurse 67% 54% 61%

Interne Kurse 40% 39% 42%

Externe Kurse 61% 49% 55%

Andere Formen 72% 66% 66%Info-Veranstaltung / Vortrag 61% 58% 56%

Lernen am Arbeitsplatz 54% 48% 45%

Selbstgesteuertes, computerunterstütztes Lernen

14% 15% 15%

Lern-/Qualitätszirkel 12% 16% 12%

Job-Rotation 4% 9% 7%

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Time (and money) matters most…

Quelle: Stanik/Käpplinger 2013, S. 184

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Gründe für das fehlende Weiterbildungsangebot in nicht-weiterbildenden Unternehmen in Deutschland in 2014

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Mythencheck: Das Lernen am Arbeitsplatz wird immer wichtiger. Kursförmige Weiterbildungsangebote sind Kennzeichen einer überholten Vermittlungsdidaktik

Wahr ist: - Das Lernen am Arbeitsplatz hat im europäischen Vergleich in

Deutschland eine sehr hohe Bedeutung- Die zeitliche Vereinbarkeit von Lernen und Arbeiten ist eine

zentrale Aufgabe- Der eigene WB-Bedarf ist vielen Unternehmen unklar.

Wahr ist aber auch: - Es wird nicht stärker als früher nachgefragt

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Beliebte Mythen rund um die betriebliche Weiterbildung

1.) Weiterbildung in Unternehmen gewinnt in der Wissensgesellschaft zunehmend an Bedeutung   2.) Bildungsanbieter müssen zum Dienstleister werden und für die Unternehmen maßgeschneiderte Weiterbildungen anbieten

3.) Das Lernen am Arbeitsplatz wird immer wichtiger. Kursförmige Weiterbildungsangebote sind Kennzeichen einer überholten Vermittlungsdidaktik

4.) Wir stehen vor einer neuen technologischen Revolution („Internet der Dinge“), was auch das Arbeiten und Lernen grundlegend verändern wird.

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Die Quadratur des Kreises ist logisch unmöglich

“Nicht mehr Geld”

“Immer weniger Zeit”

“Maßgeschneiderte Angebote”

“Mehr Lernformen”

“Lehrende sowohl Lern-berater, OE-Berater, Fachdozent als auch Diagnostiker”

“Lernen und Arbeiten”

“hoher Konkurrenzdruck”

“wachsende Mitarbeiteransprüche”

“Staatliche Auflagen”

Legende: Betriebe Umwelt Bildungsanbieter Mitarbeiter

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Fazit: Ideen für das „Aufeinanderzuzugehen“ von Bildungsanbietern und KMU? Welche Wege sollten Bildungsanbieter gehen?

1.) Betriebliche WB nimmt relativ an Bedeutung für die WB-Landschaft zu. Man muss mit den prozyklischen Ausgaben der Betriebe kalkulieren.

=> Diversifizierungsstrategie auf verschiedene Kunden (Branchen, Beschäftigte, öffentliche Hand, etc.)

2.) Die betriebliche WB braucht man Slogans des ständig Neuen => Diese Rhetorik/Marketing muss man bedienen können. „Nachteilsversprechen“ („Wer das nicht macht, verliert…“)

3.) Die Realität ist aber wesentlich kontinuierlicher und konservativer, aber auch differenzierter („Betriebe sind Individuen“)

=> Innovationen sind oft nur mit öffentlichen Projektförder-ungen möglich, die man kennen muss. Branchenkenntnisse sind wichtig. Ko-Finanzierung als ein Türöffner. Insbesondere

bei Weiterbildung für bestimmte Zielgruppen (z.B. Geringqualifizierte)

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Fazit: Ideen für das „Aufeinanderzuzugehen“ von Bildungsanbietern und KMU? Welche Wege sollten Bildungsanbieter gehen?

4.) Betriebe sind und bleiben sehr kosten- und arbeitszeitsensibel (O-Ton: „maximale Ergebnisse mit minimalen Aufwendungen“)

=> Kostenbewusst planen und anbieten, Effizienzerträge u.a. durch das Teilen von Ressourcen, Kooperationen mit anderen Anbietern, Beratern, Branchenakteuren suchen („Kooperation in der Konkurrenz“)

5.) Maßgeschneidertes kostet Geld!=> Selbstbewusstes Verhandeln, Qualität hat ihren Preis, Preiswettbewerb nach unten ruiniert Qualitätsversprechen. „Quick & Dirty“ als Einstieg. Kontinuierliche „Pflege“ von Betriebskontakten.

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Literaturtipps

http://www.die-bonn.de/id/4107/about/html/

http://rkw-bb.de/qubie.html

http://rkw-bb.de/qubic.html

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 Prof. Dr. Bernd KäpplingerJuniorprofessor für Lernen im Lebenslauf/Betriebliche Weiterbildung Humboldt-Universität zu BerlinPhil. Fak. IV., Abteilung Erwachsenenbildung/Weiterbildung Geschwister-Scholl-Straße 710099 BerlinTel.: ++49 (0)30 2093 4135 oder -4136Fax: ++49 (0)30 2093 4175Mail: bernd.kaepplinger@rz.hu-berlin.de

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Stagnierende Ausgabenbereitschaft der Betriebe

Quelle: IW Köln 2014, S. 8

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Informelle Weiterbildungen: Die kompensatorischen Lernformen für Geringqualifizierte?

Quelle: Brussig/Leber 2004, S. 52ff, eigene Aufbereitung der Daten und Darstellung

Nutzung verschiedener Weiterbildungsformen durch Fachangestellte und un-/angelernte MitarbeiterInnen in % der jeweiligen MitarbeiterInnengruppe

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• Käpplinger, B./Lichte, N.: Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung durch professionelles Weiterbildungspersonal. In. WSI-Mitteilungen (2012) 5, S. 374-381. • Käpplinger, B.: Bildungscontrolling – Auf die Unterschiede kommt es an. In: Zeitschrift Weiterbildung (ehemals GDWZ) (2012) 1, S. 12-15.• Egetenmeyer, Regina/Käpplinger, Bernd: Professionalisation and quality management: Struggles, boundaries and bridges between two approaches? European Journal for Research on the Education and Learning of Adults - RELA 2 (2011) 1, S. 21-35. URL: http://www.rela.ep.liu.se/issues/10.3384_rela.2000-7426.201121/rela0058/10.3384rela.2000-7426.rela0058.pdf [Abrufdatum: 13.11.2012]• Käpplinger, B, (Hrsg.): Weiterbildungsentscheidungen und Bildungscontrolling – Impulse aus der Bildungsforschung für die Bildungspraxis. Wissenschaftliche Diskussionspapiere. Schriftenreihe des Bundesinstituts für Berufsbildung, Heft 117. Bonn 2010.• Käpplinger, B.: Qualitätsmanagement in der Praxis. Studienbrief für die Deutsche Universität für Weiterbildung, Berlin 2010. • Käpplinger, B.: Professional management of CVT in enterprises. In: CEDEFOP (Hrsg.): Employer-provided vocational training in Europe. Luxembourg 2010, pp. 31-49.• Käpplinger, Bernd: Bildungscontrolling – Vor allem in Großbetrieben ein Thema – BIBB-Umfragen von 1997 und 2008 im Vergleich. BIBB-Report 13, Bonn 2009.• Käpplinger, B.: Kosten und Nutzen in der betrieblichen Weiterbildung: Bildungscontrolling = Kostencontrolling? In: Pädagogischer Blick (2009) 1, S. 4-14.• Käpplinger, B.: Bildungscontrolling revisited: Zusammenhänge und Widersprüche bei der Formalisierung von Organisationsprozessen und der individuellen Professionalisierung. In: Hof, C. u.a. (Hrsg.): Professionalität zwischen Praxis, Politik und Disziplin. Jahrestagung 2008 der Sektion der Erwachsenbildung/Weiterbildung der DGfE. Hohengehren 2010, S. 19-34.

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