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Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-1
2. Methode der Randelemente
● Bei allgemeinen Schall abstrahlenden Flächen lässt sich der Schalldruck an einem beliebigen Punkt im Raum aus einem Integral über auf der Fläche definierte Funktionen berechnen.
● Die Funktionen auf der Fläche müssen eine Integralglei-chung erfüllen, die numerisch gelöst wird.
● Je nach Wahl der Funktionen auf der Fläche wird zwi-schen direkten und indirekten Methoden unterschieden.
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-2
2. Methode der Randelemente
2.1 Indirekte Methode
2.2 Direkte Methode
2.3 Bewertung
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-3
2.1 Indirekte Methode
● Fundamentallösung:
– Die Funktion
ist eine Lösung der Helmholtz-Gleichung, die die Abstrahl-bedingung von Sommerfeld erfüllt.
– Sie beschreibt das Schallfeld einer Punktquelle, die sich im Ursprung des Koordinatensystems befindet.
– Befindet sich die Punktquelle im Punkt P mit den Koordina-ten y, so gilt für das Schallfeld:
P r =e−i k r
4 r
G x , y =e−i k r
4 rmit r=∣x− y∣
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-4
2.1 Indirekte Methode
– Die Funktion wird als Fundamentallösung der Helmholtz-Gleichung bezeichnet.
● Einfachschicht-Potenzial:
– Da die Helmholtz-Gleichung linear ist, ist auch jede Linear-kombination
eine Lösung der Helmholtz-Gleichung.
– Der Grenzübergang auf unendlich viele infinitesimale Punktquellen, die auf einer Fläche S angeordnet sind, führt auf
G x , y
P x =−∑k
kG x , yk
P1 x =−∫S
y G x , y dS y
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-5
2.1 Indirekte Methode
– Für alle Werte von x, die nicht auf der Fläche S liegen, ist P
1(x) eine Lösung der Helmholtz-Gleichung, die als Ein-
fachschicht-Potenzial bezeichnet wird.
● Eigenschaften des Einfachschicht-Potenzials:
C
S
noben
unten
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-6
2.1 Indirekte Methode
– Entlang jeder Kurve C, die die Fläche S schneidet, ist P1(x)
beim Durchgang durch die Fläche stetig.
– Die Ableitung in Richtung der Flächennormalen n macht beim Durchgang durch die Fläche einen Sprung.
– Ist P1
o der Schalldruck oberhalb der Fläche und P1
u der
Schalldruck unterhalb, so gilt:
– Für den Mittelwert der Ableitungen gilt:
∂ P1o
∂ n−
∂P1u
∂n=
12
∂ P1o
∂n
∂ P1u
∂n =−∫S
y ∂G x , y
∂nxdS y
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-7
2.1 Indirekte Methode
● Doppelschicht-Potenzial:
– Da die Helmholtz-Gleichung linear ist, ist auch jede Rich-tungsableitung der Fundamentallösung eine Lösung.
– Damit ist aber auch
eine Lösung der Helmholtz-Gleichung, solange x nicht auf S liegt.
– Diese Lösung wird als Doppelschicht-Potenzial bezeichnet.
P2 x =∫S
y ∂G x , y
∂n ydS y
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-8
2.1 Indirekte Methode
● Eigenschaften des Doppelschicht-Potenzials:
– Entlang jeder Kurve C, die die Fläche S schneidet, macht der Schalldruck beim Durchgang durch die Fläche einen Sprung, für den gilt:
– Die Ableitung in Richtung der Flächennormalen ist stetig.
– Für den Mittelwert des Schalldrucks gilt:
P2o−P2
u=
12
P2oP2
u =∫S
y∂G x , y
∂n ydS y
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-9
2.1 Indirekte Methode
● Randbedingungen:
– Auf der Fläche Sp ist der Schalldruck vorgeschrieben:
– Auf der Fläche Sv ist die Schallschnelle vorgeschrieben:
– Für jeden Punkt, der nicht auf der Fläche liegt, gilt:
Po=Pu=PS =0 auf S p
∂ Po
∂ n=
∂Pu
∂n=−i0V Sn =0 auf S v
P x =−∫S p
yG x , ydS y∫S v
y ∂G x , y
∂n ydS y
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-10
2.1 Indirekte Methode
– Wenn die Funktionen σ und μ bekannt sind, kann der Schalldruck an jedem Punkt im Raum berechnet werden.
– Liegt x auf Sp, so muss gelten:
– Liegt x auf Sv, so muss gelten:
– Aus diesen beiden gekoppelten Integralgleichungen können die Funktionen σ und μ berechnet weden.
P S x=−∫S p
yG x , y dS y∫S v
y ∂G x , y
∂ n ydS y
−i0V Sn x =−∫S p
y ∂G x , y
∂nxdS y∫
S v
y∂2G x , y
∂ nxn ydS y
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-11
2.1 Indirekte Methode
● Freie Ränder und Verzweigun-gen:
– Freier Rand:
– Verzweigung:
Po=Pu =0
P1
o = P2
u
P2
o = P3
uP
3
o = P1
u
μ1
μ2
μ3
μ = 0
122=P1
o−P1
uP2
o−P2
uP3
o−P3
u
=P1o−P2
uP2o−P3
uP3o−P1
u
=0
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-12
2.1 Indirekte Methode
● Numerische Lösung des Integralgleichungssystems:
– Die gekoppelten Integralgleichungen können mit einem Bubnow-Galerkin-Verfahren numerisch gelöst werden.
– Schwache Formulierung der Integralgleichungen:
∫S p
x PS x dS x=−∫S p
∫S p
x yG x , ydS ydS x
∫S p
∫S v
x y∂G x , y
∂n ydS y dS x
−i0∫S v
x V SnxdS x=−∫Sv
∫S p
x y ∂G x , y
∂nxdS y dS x
∫S v
∫Sv
x y∂2G x , y∂nx∂n y
dS ydS x
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-13
2.1 Indirekte Methode
– Diskretisierung:
– Finite Elemente:● Die Flächen werden in finite Elemente unterteilt.
● Die Koeffizienten sk bzw. d
k entsprechen den Werten von σ
bzw. μ an den Knotenpunkten der finiten Elemente.
● Die Interpolationsfunktionen Nk(x) bzw. M
k(x) werden aus den
Interpolationsfunktionen der finiten Elemente aufgebaut.
x=∑ N k x sk=[N x ] [ s ] , x =[N x ] [ s ]
x =∑ M k x d k=[M x ] [d ] , x=[M x ] [ d ]
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-14
2.1 Indirekte Methode
– Matrizen: [ S ]=∫S p
∫S p
[N x ]T
[N y ]G x , ydS ydS x
[C ]=∫S p
∫S v
[N x ]T
[M y ]∂G x , y
∂nxdS ydS x
=−∫S p
∫S v
[N x ]T
[M y ]∂G x , y
∂n ydS ydS x
[B ]=−∫S v
∫S v
[M x ]T
[M y ]∂2G x , y
∂nx∂n ydS y dS x
[F s ]=−∫S p
[N x ]TP S xdS x
[F d ]=i0∫S v
[M x ]TV Sn x dS x
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-15
2.1 Indirekte Methode
● Alle Matrizen sind komplex, voll besetzt und hängen von der Erregerfrequenz ab.
● Die Matrizen und sind symmetrisch.
– Gleichungssystem:
● Dieses symmetrische Gleichungssystem muss für jede Erre-gerfrequenz gelöst werden.
● Mit und sind σ und μ bekannt, so dass der Schalldruck in jedem Punkt des Raumes berechnet werden kann.
[ [S ] [C ]
[C ]T
[B ]][ [ s ][d ]]=[ [F s ]
[F d ]]
[ S ] [B ]
[ s ] [d ]
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-16
2.1 Indirekte Methode
● Geschlossene Flächen:
– Im mathematischen Modell befindet sich immer auf beiden Seiten der Fläche das gleiche akustische Medium
– In von geschlossenen Flächen begrenzten Raumgebieten existieren Eigenschwingungen.
– Wenn die Erregerfrequenz mit einer der zugehörigen Reso-nanzfrequenzen übereinstimmt, haben die Integralgleichun-gen keine eindeutige Lösung.
– Dieses Problem tritt auch dann auf, wenn sich in dem inne-ren Raumgebiet gar keine Luft befindet.
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-17
2.1 Indirekte Methode
– Beispiel: Schallabstrahlung eines Motorblocks● Im mathematischen Modell befindet sich auch im Innern des
Motorblocks Luft.● Für jede Resonanzfrequenz des Innenraums kann das Glei-
chungssystem nicht eindeutig gelöst werden.● Die Anzahl der Resonanzfrequenzen des Innenraums nimmt
mit steigender Erregerfrequenz stark zu.
– Abhilfe:● Im Innenraum wird eine zusätzliche absorbierende Fläche
modelliert.
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-18
2.1 Indirekte Methode
● Bewertung:
– Die indirekte Methode kann für beliebige abstrahlende Flä-chen eingesetzt werden.
– Im mathematischen Modell befindet sich auf beiden Seiten der Fläche immer das gleiche akustische Medium.
– Probleme, bei denen sich auf den beiden Seiten einer Flä-che unterschiedliche akustische Medien befinden, können mit der indirekten Methode nicht berechnet werden.
– Bei geschlossenen Flächen wird immer das Außenraum-problem zusammen mit dem Innenraumproblem gelöst.
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-19
2.2 Direkte Methode
● Aufgabenstellung:
– Für eine geschlossene Fläche S soll entweder das Schallfeld im Innern V
i
oder das Schallfeld im Äußeren Va
berechnet werden.
– Der Normalenvektor wird so ge-wählt, dass er in das akustische Medium zeigt.
– Der Schalldruck im Raum soll in Ab-hängigkeit von Schalldruck und Schallschnelle auf der Fläche dar-gestellt werden.
Vi
Va
S
n
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-20
2.2 Direkte Methode
● Lösung für das Außenraumproblem:
– Für einen beliebigen Punkt in Va gilt:
– Auf der Fläche Sp ist der Schalldruck vorgegeben:
– Auf der Fläche Sv ist die Schallschnelle vorgegeben:
P x =∫S y
∂G x , y
∂n y− y G x , ydS y
Po=P S
∂ Po
∂ n=−i0V Sn
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-21
2.2 Direkte Methode
– Aus den Eigenschaften des Einfachschicht-Potenzials und des Doppelschicht-Potenzials folgt für Punkte auf S:
– Mit und folgt daraus:
12
PoPu =∫S y
∂G x , y∂n y
− yG x , y dS y=Po−Pu =
∂ Po
∂n−
∂ Pu
∂n12
PoPu
=∫S p
PS y−Pu y ∂G x , y
∂n ydS y∫
S v
y ∂G x , y
∂n ydS y
−∫S p
y G x , y dS yi0∫S v
V Sn y−V nu G x , y dS y
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-22
2.2 Direkte Methode
– Für den Innenraum wird gefordert:
– Wenn die Erregerfrequenz nicht mit einer Resonanzfre-quenz des Innenraums zusammen fällt, ist die einzi-ge Lösung.
– Dann gilt auf dem gesamten Rand S:
∂Pu
∂ n=0 auf S p , P
u=0 auf S v
Pu=0
Pu=0 =Po=P ,∂ Pu
∂ n=0 =
∂ Po
∂n=−i0V n
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-23
2.2 Direkte Methode
– Damit gilt auf der gesamten Fläche S:
– Aus dieser Integralgleichung kann der Druck P auf der Flä-che S
v und die Schallschnelle V
n auf der Fläche S
p bestimmt
werden.
– Anschließend kann der Schalldruck an jedem Punkt im Au-ßenraum V
a berechnet werden:
12P x =∫
S P y ∂G x , y
∂n yi0V n yG x , ydS y
P x =∫S P y
∂G x , y
∂n yi0V n y G x , y dS y
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-24
2.2 Direkte Methode
– Wenn die Erregerfrequenz nicht mit einer Resonanzfre-quenz des Innenraums V
i zusammenfällt, gilt im Innenraum:
– Irreguläre Frequenzen:● Wenn die Erregerfrequenz mit einer Innenraumresonanz zu-
sammenfällt, gibt es keine eindeutige Lösung.● Eine Möglichkeit, die Lösung eindeutig zu machen, besteht
darin, zusätzlich zur Integralgleichung zu fordern, dass an ei-nigen Punkten im Innenraum der Schalldruck null wird.
● Diese Punkte dürfen nicht an Stellen liegen, an denen der Schalldruck einer Eigenschwingung null ist.
∫S P y
∂G x , y
∂n yi0V n y G x , y dS y=0
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-25
2.2 Direkte Methode
● Dieses Verfahren wird als CHIEF (Combined Helmholtz Inte-gral Equation Formulation) bezeichnet (Schenk, 1968).
● Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Integralgleichung mit ihrer Ableitung in Richtung der Flächennormalen zu kom-binieren (Burton und Miller, 1971).
● Das Verfahren von Burton und Miller ist rechnerisch aufwän-diger, aber numerisch stabiler.
● Lösung für das Innenraumproblem:
– Für das Innenraumproblem ergeben sich die gleichen Glei-chungen wie für das Außenraumproblem, wenn die Rich-tung des Normalenvektors auf dem Rand umgedreht wird.
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-26
2.2 Direkte Methode
● Numerische Lösung der Integralgleichung:
– Die Integralgleichung wird meist mit einem Kollokationsver-fahren gelöst.
– Dazu wird zunächst die Fläche in finite Elemente unterteilt.
– Für Schalldruck und Schallschnelle auf der Fläche wird ein Interpolationsansatz gemacht:
– Schalldruck und Schallschnelle werden bestimmt, indem der Ansatz in die Integralgleichung eingesetzt wird und gefordert wird, dass die entstehende Gleichung an ge-eigneten Punkten der finiten Elemente erfüllt ist.
P x =∑ N k x Pk=[N x ] [P ] , V nx =∑ N kV kn=[N x ] [V ]
[P ] [V ]
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-27
2.2 Direkte Methode
– Dieses Kollokationsverfahren führt auf das Gleichungssys-tem
– Daraus können die unbekannten Größen auf der Fläche bestimmt werden.
– Die Matrizen dieses Gleichungssystem sind komplex, voll besetzt, unsymmetrisch und hängen von der Erregerfre-quenz ab.
∑k 12 N k x l −∫
S
N k y∂G x l , y
∂n ydS yPk
=i0∑k∫S
N k y G x l , y dS yV k , l=1, , n
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-28
2.2 Direkte Methode
● Bewertung:
– Die direkte Methode kann nur angewendet werden, wenn die abstrahlende Fläche geschlossen ist und keine Ver-zweigungen hat.
– Es kann entweder das Innenraumproblem oder das Außen-raumproblem gelöst werden.
– Beim Außenraumproblem sind zusätzliche Maßnahmen er-forderlich, damit das Gleichungssystem auch gelöst werden kann, wenn die Erregerfrequenz mit einer Innenraumreso-nanz übereinstimmt.
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-29
2.3 Bewertung
● Im Vergleich zur Methode der Finiten Elemente ist der Modellierungsaufwand geringer, da nur Flächen vernetzt werden müssen.
● Da die entstehenden Matrizen komplex, voll besetzt und frequenzabhängig sind, ist der Rechenaufwand größer.
● Eigenschwingungen lassen sich nur mit sehr großem Aufwand berechnen, da dazu ein nichtlineares Eigenwert-problem gelöst werden muss.
● Bei hohen Erregerfrequenzen ergeben sich die gleichen Schwierigkeiten wie bei der Methode der Finiten Elemen-te.
Prof. Dr. Wandinger 5. Numerische Methoden Akustik 5.2-30
2.3 Bewertung
● Fast Multipole Method:
– Moderne Randelement-Methoden basieren auf der Fast Multipole Method (FMM). Sie werden auch als FastBEM bezeichnet.
– Die Gleichungen werden iterativ gelöst, ohne dass die Ma-trizen explizit aufgestellt werden.
– Der Einfluss eines Flächenstückes auf Punkte, die weit da-von entfernt liegen, wird über Multipole approximiert.
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