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Arbeit und Gesundheit

Eva Bamberg

1Arbeit und Gesundheit Eva Bamberg 1

Anne-Kathrin Hoppe

Die Kosten• Die Kosten von Fehlzeiten wird in Deutschland auf ca. 65 

Milliarden Euro geschätzt (Brandenburg & Nieder, 2009)• Muskel‐Skelett‐Erkrankungen, Erkrankungen der 

Atemorgane und psychische Störungen sind die häufigsten Ursachen für Krankmeldungen

• Bedeutung der psychischen Erkrankungen hat in den letzten Jahren an Bedeutung zugenommen: Diagnosen haben sich verdreifacht und machen ca. 30% der Frühverrentungsdiagnosen aus (Maaz, Winter & Kuhlmay, 2007)

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Zentrale Fragen

• Welche Faktoren sind maßgeblich für den Zusammenhang zwischen Arbeit und Gesundheit? 

• Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es?

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Themen• Konzepte zu Arbeit und Gesundheit: Zentrale Aussagen 

• Arbeit: Drei Merkmalsbereiche

• Belastungen und Ressourcen

• Entwicklungen im Arbeitsleben 

• Projekte zu Arbeit und Gesundheit

• Gesundheitsbezogene Interventionen

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Konzepte ‐ Zentrale Aussagen I

• Bedeutung von Arbeitsbedingungen undMerkmalen der Person

Anforderungen vs. Qualifikation

Möglichkeiten vs. Bedürfnisse (P‐E‐Fit‐Model, Holland, 1959)

Einsatz vs. Ertrag (Modell der Gratifikationskrisen, Siegrist, 1996)

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Konzepte ‐ Zentrale Aussagen II• Belastungen und Kontrolle/Ressourcen (Job Demand‐Resources Model)

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ANFORDERUNGEN BELASTUNGEN RESSOURCEN

Arbeitsaufgabe Arbeitsbedingungen

Arbeit

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Arbeit: Drei Merkmalsbereiche

Arbeit und Gesundheit

Gesundheitarbeitsbezogene Belastungen und Ressourcen

personenbezogeneRisikofaktoren und Ressourcen

Bewertungs-/ Bewältigungsprozesse

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Arbeitsbezogene Belastungen I

• Arbeitsumgebung (z.B. Lärm, Staub) 

• Arbeitsaufgabe (z.B. Arbeitsunterbrechungen, qualitative und quantitative Über‐ und Unterforderung)

• zeitliche Belastungen (z.B. Nacht‐ und Schichtarbeit)

• soziale Belastungen (z.B. Konflikte mit Kollegen oder mit Kunden)

• Bedingungen der Organisation

• wirtschaftlichen Bedingungen/ Lebenslage (z.B. Arbeitsplatzunsicherheit) 

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Arbeitsbezogene Belastungen II

Beeinträchtigungen der Handlungsregulation 

• Verletzung übergeordneter Normen und Ziele

• Unklare Ziele

• Zu hohe Anforderungen

• Unklare Wege der Zielerreichung 

• Erschwerungen, die zusätzlichen Regulationsaufwand 

• erforderlich machen (Semmer, 1984)

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Ressourcen und Risikofaktoren

Arbeitsbezogene Ressourcen• Handlungsspielraum• Soziale UnterstützungPersonenbezogen Ressourcen• Kohärenzsinn• SelbstwirksamkeitPersonenbezogene Risikofaktoren• Neurotizismus• Typ A Verhalten

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Ebenen der Gesundheit

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kurzfristig mittel- und langfristige Folgen

Individuum: somatisch

• Kardiovaskuläre Aktivität, hormonelle Aktivität

• Psychosomatisches Befinden

kognitiv-emotional • Bewertung von Situation und Person • Psychisches Befinden

verhaltensbezogen • Arbeitsverhalten • Gesundheitsverhalten, Freizeitverhalten

(Bezugs-)Gruppe • Soziale Interaktion, Beziehungen • Soziale Interaktion, Beziehungen

Organisation • Effektivität, Engagement • Effektivität, Engagement

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Entwicklungen des Arbeitslebens• Leistungsverdichtung

• Zunehmende Bedeutung der Dienstleistungsarbeit

• Flexibilisierung und damit unklare Grenzen zwischen Arbeit und 

Nichtarbeit

• Internationalisierung der Organisationen, der Arbeitsprozesse und der 

Belegschaften 

• Demografischer Wandel

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Emotionsarbeit

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EmotionsbezogeneAnforderungen

EmotionsbezogeneRessourcen

Emotionsbezogene Belastungen

Rufbereitschaft

• Rufbereitschaft: Möglichkeit eines Arbeitseinsatzes vs. realer Arbeitseinsatz

• Nicht allein die Arbeitstätigkeit ist für den Zusammenhang zwischen Rufbereitschaft und Wohlbefinden entscheidend.

• Abrufsituation kann unabhängige Wirkung entfalten

Gedankliche Präsenz der Arbeit Einschränkungen der Aktivitäten

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Belastungsanalyse bei ÄrztInnen in Kliniken

• Um Belastungen zu identifizieren bedarf es eines    zielgruppenspezifischen Analyseinstrumentes

Entwicklung eines Instrumentes zur stressbezogenen Arbeitsanalyse für Klinikärztinnen und ‐ärzte                              (Keller, Bamberg, Böhmert & Nienhaus, 2010)

• Fokus auf bedingungsbezogenen Merkmalen

• Zusätzliche Erfassung ausgewählter Aspekte psychischen                  Befindens (als potentielle Stressfolgen)

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(Monika Keller & Grit Tanner)

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• Rückschlüsse ziehen: Wo sind in den Arbeitsbedingungen Ansatzpunkte um Stressfolgen zu vermeiden bzw. zu reduzieren?

• Längsschnittuntersuchung (2 Messzeitpunkte) zur kausalen Interpretation der Zusammenhänge zwischen Arbeitsbedingungen und Befinden

Stressoren

Ressourcen

StressfolgenZeitdruck

UnsicherheitSoziale Stressoren

Depressivität

Schlafstörungen

BurnoutPartizipation

Weiterbildungsmöglichkeiten

Soziale Unterstützung

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Gesundheitsbezogenes Führen

„fordern und fördern ohne zu überfordern“ - aber wie?

• Die Führungskraft als gesundheitsrelevanter Faktor

Führungsverhalten

Wie können Führungskräfte die Gesundheit ihrer Mitarbeiter fördern und ihre Potentiale entwickeln?

BurnoutIrritationpsychosomatische Beschwerden affektives WohlbefindenSelbstwirksamkeitserwartung

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(Sylvie Vincent)

Modell Gesundheits‐ und entwicklungsförderlicher Führung 

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Entwicklungsorientierte Führung

Unterstützungsorientierte Führung

qualitative –und quantitative Überforderung

Komplexität,Handlungsspielraum,Partizipation, Vertrauen in die Fähigkeiten derMitarbeiter

z.B. Transparenz, Information,instrument. Unterstützung,Feedback, Anerkennung,Konfliktmanagement, Fairness, Integrität, Fürsorge

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Relation Belastungen ‐ Ressourcen

Gesundheitarbeitsbezogene Belastungen und Ressourcen

personenbezogeneRisikofaktoren und Ressourcen

verhaltensbezogene Interventionen

verhältnisbezogene Interventionen

Bewertungs-/ Bewältigungsprozesse

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BGF ‐ Beispiele

• Beispiele verhaltensbezogener Maßnahmen:

• Besonders häufig: Stressmanagement 

• Sucht, Ernährungs‐ und Bewegungsprogramme  

• Beispiele verhältnisbezogener Maßnahmen: 

• Gestaltung der Arbeitsaufgabe

• Gestaltung der Arbeitszeit

• Verbesserung der ergonomischen Bedingungen

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Jüngere Entwicklungen der BGF• Maßnahmen zu Work‐Life‐Balance: z.B. Selbstregulation, Kinderbetreuung, Laufbahnentwicklung für Partner

• Maßnahmen zur internationalen Kooperation: v.a. Trainings

• Unterschiedliche Methoden: Training, Coaching, Supervision

• Gesundheitsmanagement – Integration mit anderen Methoden und Steuerungsinstrumenten

• Unterstützung in der Region, durch Politik, Verbände und Kassen 

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Wirksamkeit

Personenbezogene Risikofaktoren und Ressourcen

- Selbstwirksamkeit - Bewältigungsstrategien

Arbeitsbezogene Belastungen und Ressourcen

- Arbeitsorganisatorische Probleme- Handlungsspielraum

Gesundheit

- somatisch- kognitiv-emotional- verhalten

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ReSuM – Teamentwicklung bei UAB und Schulung der unteren Führungskräfte

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ReSuDi – Aufbau einer Peer‐Mentoren‐Struktur und Schulung der unteren Führungskräfte

Schulung von Peer-Mentoren:

Stress- und Ressourcenmanagement Interkulturelle Zusammenarbeit

Problemlösen und Konfliktmanagement

Workshop mit BGF-Akteuren:

Rückmeldung

Unterstützung der Peer-Mentoren-Struktur und der Führungskräfteaktivitäten

Schulung der Führungskräfte:

Gesundheitsförderliche Führung kulturell

diverser Belegschaft

Partizipative, gesundheitsförderliche

Arbeitsgestaltung

Quelle: Busch, Cao, Clasen & Deci (i.V.). ReSuDi-Programmmanual.

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Zitat

„Andererseits ist es nicht einfach, einerseits 150% aus dem Mitarbeiter an Leistung herausquetschen zu müssen, andererseits aber auf seine Stressbelastung und seine Gesundheit zu achten. Ich sag’ mal, wenn

Sie sich damit beschäftigen, müssen Sie damit rechnen, dass die Leistung zwangsweise erst einmal

zurückgeht. Dann hat der Mitarbeiter zwar keine Magengeschwüre mehr, Sie selbst aber dafür umso

mehr, weil Sie nicht wissen, wie Sie die Zielvorgaben erreichen sollen.“

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Variablenspezifische Effekte• Vergleichsweise hohe Effekte:

Befindensbeeinträchtigungen Personenbezogenen Ressourcen Qualität der Arbeit

• Geringe/nicht signifikante Effekte: Arbeitszufriedenheit Verhaltensmerkmale, die die Organisation betreffen

(Absentismus, Leistung)• Uneinheitliche Ergebnisse:

Psychophysiologische Symptome Effekte von physiologischen Variablen bei Entspannungstrainings

vergleichsweise höher, bei kognitiv-behavioralen Programmen geringer

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Trainingsspezifische Effekte

• Kognitiv-behaviorale Trainings

• Entspannungstrainings

• Emotionsbezogene Trainings

• Multimodale Trainings

• Organisationsbezogene Trainings

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Der idealtypische Ablauf von BGF

Konstituierung und Zielfindung

Durchführung von Interventionen

Planung und Analyse

Auswertung/Evaluation

Phasen

Steuerkreis Gesundheit

Fehlzeitenstatistiken, Arbeitsanalyse

Steuerungsinstrumente / Methoden

Arbeitsgestaltung

Gesundheitszirkel

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Literaturangaben

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• Brandenburg, U. & Nieder, P. (2009). Betriebliches Fehlzeiten‐Management. Instrumente und Praxisbeispiele für ein erfolgreiches Anwesenheits‐ und Vertrauensmanagement (2. überarb. und erw. Ausg.) Gabler Verlag: Wiesbaden.

• Busch, C., Cao, P., Clasen, J. & Deci, N.(i.V.). ReSuDi ‐ ein Programm zu Stress‐ und Ressourcenmanagement für un‐ und angelernte Belegschaften bei hoher kultureller Diversität.

• Holland, J. L. (1959). A theory of vocational choice. Journal of Counseling Psychology, 6, 35‐45.

• Keller, M., Bamberg, E., Böhmert, M. & Niehaus, A. (2010). Entwicklung eines Instruments zur stressbezogenen Arbeitsanalyse für Klinikärztinnen und –ärzte (ISAK). Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 64, 4, 337‐353.

• Maaz, A., Winter, M. & Kuhlmey, A. (2007). Der Wandel des Krankheitspanoramas und die Bedeutung chronischer Erkrankungen; Auswirkungen chronischer Krankheiten auf Arbeitsproduktivität und Absentismus. In Baduara et al. (2007), Fehlzeiten‐Report 2006, Kapitel 1 und Kapitel 3.

• Mohr, G., Müller, A., Rigotti, T., Aycan, Z. & Tschan, F. (2006). The Assessment of Psychological Strain in Work Contexts. European Journal of Psychological Assessment, 22 (3), 198‐206. 

• Semmer, N. (1984). Streßbezogene Tätigkeitsanalyse: Psychologische Untersuchungen zur Analyse von Streß am Arbeitsplatz. Weinheim: Beltz.

• Siegrist, J. (1996). Soziale Krisen und Gesundheit. Hogrefe: Göttigen. 

• Wilhelm, P. & Schoebi, D. (2007). Assessing mood in daily life. Structural validity, sensitivity to change, and reliability of a short‐scale to measure three basic dimensions of mood. European Journal of Psychological Assessment, 23 (4), 258‐267. 

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