Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie (ADO)

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Forum – ADO 899

Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG •1610-0379/2008/0610 JDDG | 10˙2008 (Band 6)

ADO

Studienendpunkte 1. Teil (adjuvante Therapiestudien)Die Behandlung des malignen Melanomsstellt nach wie vor eine große Herausforde-rung an die behandelnden Ärzte dar undunterstreicht die Notwendigkeit derDurchführung klinischer Studien im adju-vanten Bereich, zusammen mit translatio-naler Forschung und der Umsetzung vonForschungsergebnissen in die klinischePraxis. Die besten Behandlungsergebnissewerden beim Melanom nach wie vordurch die Chirurgie erzielt. Eine Bestrah-lungstherapie hat einen begrenzten Nutzenund Chemotherapien sind sowohl in deradjuvanten als auch in der metastasiertenSituation wenig aussichtsreich. Dem Klini-ker bleiben somit wenige Optionen umdas Risiko eines Rezidivs nach erfolgterOperation zu verringern. Trotz einer Viel-zahl randomisierter Studien mit adjuvan-ten chirurgischen Maßnahmen konnte beider Behandlung des primären Melanomsdurch a) weite Sicherheitsabstände, b) eineelektive Lymphknotendissektion, c) eineWächterlymphknotenbiopsie (WLKB)und d) durch eine prophylaktische isolierteExtremitätenperfusion keine Verbesserungdes Überlebens erreicht werden, obwohldie lokoregionäre Rezidivrate verringertwerden kann. Die WLKB erlaubt hierbeiaber eine Einschätzung der Prognose undkann zur Stratifizierung homogener Pati-entenpopulationen für die Durchführungvon adjuvanten randomisierten Phase III-Studien mit systemischen Behandlungs-ansätzen dienen. Allerdings konnten bisher durch adjuvante Studien mit Che-motherapeutika, Immunstimulantien oderVakzine kein klinisch nachweisbarer Nut-zen für die Patienten erzielt werden.Das Hauptziel einer adjuvanten Therapieist es, die Chancen eines Patienten hin-sichtlich einer Heilung der Melanomer-krankung zu verbessern. Das zweite Zielsollte es sein, ein Wiederauftreten des Tu-mors in Form eines Rezidivs zu verzögern,was selbst mit einem klinischen und psy-chologischen Vorteil verbunden sein kann.Aber der ultimative Nutzen für den Pati-enten liegt zweifelsohne in der Verbesse-rung der Heilungsrate. Interferon alpha (IFN alpha) hat in der ad-juvanten Situation einen Effekt auf das re-zidiv-freie Überleben, aber in den meistenStudien konnte kein Effekt auf das Ge-samtüberleben von Melanompatientennachgewiesen werden. Es ist deswegen vongroßer Wichtigkeit, diejenigen Patientenzu identifizieren, die durch eine IFN-The-

rapie oder durch andere systemische The-rapie profitieren können. Diese Patientensollten in qualitativ hochwertige Studieneingeschlossen werden, deren Endpunkteklar definiert sein sollten. Im Prinzip gibtes zwei Kategorien von Endpunkten in kli-nischen Studien: direkte klinische End-punkte wie das Gesamtüberleben oder dieZeit bis zum Rezidiv und sogenannte indi-rekte Surrogat-Endpunkte.Von einem idealen Surrogat-Endpunktwird erwartet, dass der Effekt einer Be-handlung auf den Surrogat-Endpunkt denEffekt der Behandlung auf den primärenEndpunkt vorhersehen lässt. Aus klinischerSicht sollte dieser Endpunkt darüber hin-aus relevant sein, den Patienten einfach zuerklären und einfach zu verstehen sein. EinBeispiel ist der Nachweis von zirkulieren-den Tumorzellen, welche z. B. mittels Tyro-sinase-spezifischer RT-PCR im Blut vonMelanompatienten nachgewiesen werdenkönnen. Obwohl technisch aufwendigkönnte ein negativ gewordener Nachweisbei Patienten, die vor Beginn einer Studienachweisbare zirkulierende Tumorzellenim Blut hatten, ein Hinweis darauf sein,dass eine Studienmedikation zur Zer-störung von Mikrometastasen geführt hat.Zu den häufig genutzten direkten klini-schen Endpunkten bei adjuvanten Studiengehören: Das Gesamtüberleben (overallsurvival) bezeichnet die Zeit von der Zu-ordnung zu einem Therapiearm (Rando-misierung) bis zum Tod und wird alsprimärer oder sekundärer Endpunkt inPhase II oder – III Studien einer adjuvan-ten oder neoadjuvanten Behandlung be-nutzt. Dies ist der wichtigste Endpunktund unterliegt am wenigsten einer Beein-flussung durch den Behandler. Das Pro-blem bei diesem Endpunkt ist aber, dass beiadjuvanten Studien mit Melanompatien-ten eine unter Umständen sehr lange Zeitvon mehreren Jahren verstreichen muss, bisUnterschiede des Gesamtüberlebens zwi-schen Behandlungsarmen deutlich werden.Das rezidiv-freie Überleben, synonym mitProgressions-freiem Überleben (progres-sion-free survival, PFS) und Erkrankungs-freiem Überleben (disease-free survival,DFS) bezeichnet die Zeit von der Rando-misierung bis zum ersten Ereignis, übli-cherweise einem Rezidiv (kann aber auchder Tod des Patienten sein). Das Rezidivwird hierbei durch die RECIST (ResponseEvaluation Criteria in Solid Tumors) Krite-rien objektiv definiert. Auch dieser End-punkt kann als primärer oder sekundärerEndpunkt in adjuvanten oder neo-adju-vanten Phase II oder Phase III verwendetwerden. Wenn der experimentelle Arm

einer adjuvanten Studie wirklich zur Era-dikation von Mikrometastasen führt,sollte dieser Effekt nach einer bestimmtenZeit (z. B. DFS nach 3 Jahren oder nach 5 Jahren) beobachtbar sein. Es ist aber vor-stellbar, dass eine zytostatische adjuvanteTherapie nicht zu einer Eliminierung vonokkulten Tumorzellen führt, sondern dieManifestierung von Makrometastasen le-diglich verzögert. Ein solcher Effektkönnte dazu führen, dass die DFS Kurveneinen signifikanten Unterschied zwischenKontroll- und experimentellem Arm nachz. B. 3 Jahren zeigen, die Kurven aber nach5 Jahren wieder deckungsgleich sind. Imungünstigsten Fall kann eine Studienme-dikation durch einen spezifischen Effektdie Manifestation von Makrometastaseninhibieren, entfaltet aber ultimativ mögli-cherweise tumorfördernde Effekte. Des-wegen sollte sichergestellt werden, dassgenügend lange Nachbeobachtungszeitenbeim Design einer adjuvanten Studie ein-geplant werden, um diese Effekte nicht zuübersehen. Diese hypothetischen Szena-rien unterstreichen, dass bei einer wach-senden Zahl zu evaluierender biologischerSubstanzen und therapeutischer Standardsdie Endpunkte in adjuvanten klinischenStudien kontinuierlich diskutiert werdenmüssen. Dies ist umso wichtiger, wenn esum eine aggressivere Therapien, z. B.höher dosiertes IFN alpha, geht, welcheein höheres Risiko für schwerwiegendeNebenwirkungen (serious adverse events,SAE) beinhalten. Umgekehrt kann dasaber auch stimmen, wenn eine zwar nebenwirkungsarme, dafür aber eine po-tentiell weniger wirksame Therapieformuntersucht werden soll. Da IFN alpha,speziell bei höheren Dosierungen, be-trächtliche Nebenwirkungen haben kannund zudem recht teuer ist, sollten als wei-tere Endpunkte bei solchen adjuvantenStudien immer auch das Nebenwirkungs-spektrum und Lebensqualitätsfragen erho-ben werden. Diese können dann denprimären und sekundären klinischen End-punkten in der Analyse der Studie gegen -übergestellt werden.

Uwe Trefzer, Berlin

KorrespondenzanschriftPD Dr. med. Uwe TrefzerCharité Universitätsmedizin BerlinHaut Tumor Centrum CharitéKlinik für Dermatologie, Venerologieund AllergologieCharitéplatz 1D-10117 BerlinE-Mail: uwe.trefzer@charite.de

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