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Aus der Klinik für Orthopädie des St. Josef Hospitals – Universitätsklinik –
der Ruhr-Universität Bochum Direktor: Prof. Dr. med. J. Krämer
Stellenwert der Laufbanduntersuchung als diagnostisches Kriterium bei lumbaler Spinalkanalstenose
Inaugural-Dissertation zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer
Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Julia Anna Knöchel aus Witten
2005
Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr Referent: Prof. Dr. med. J. Krämer Koreferent: Prof. Dr. med. Dr. med. habil. Frank.-W. Hagener Tag der Mündlichen Prüfung: 7.2.2006
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung 1
1.1 Einführung……………………………………………………………………… 1
1.2 Theoretische Grundlagen……………………………………………………….. 2
1.2.1 Anatomie des Spinalkanals……………………………………………….. 2
1.2.2 Klassifikation der Spinalkanalstenose……………………………………. 3
1.3 Ätiologie und Pathogenese der degenerativen Spinalkanalstenose…………….. 5
1.4 Klinik…………………………………………………………………………… 7
1.5 Untersuchungsbefunde und Diagnostik……………………………………….... 9
1.6 Differentialdiagnosen…………………………………………………………..10
1.7 Therapie………………………………………………………………………...12
1.7.1 Konservative Therapie……………………………………………………13
1.7.2 Operative Therapie……………………………………………………….14
1.8 Laufbanduntersuchung…………………………………………………………15
1.8.1 Laufbandstudien aus der Literatur……………………………………….16
1.8.2 Gehstreckenquantifizierung in der Literatur……………………………..18
1.8.3 Therapieevaluierung mit unterschiedlichen diagnostischen Mitteln……..18
2. Material und Methoden 20 2.1 Patienten………………………………………………………………………..20
2.1.1 Diagnostik………………………………………………………………...21
2.2 Laufbanduntersuchung…………………………………………………………22
2.3 Fragebogen und Anamnese…………………………………………………….27
2.3.1 Oswestry Low Back Pain Disability Questionaire……………………….27
2.3.2 Anamnese………………………………………………………………...29
2.4 Statistische Analyse……………………………………………………………30
2.5 Computerprogramme…………………………………………………………..30
3. Ergebnisse 31 3.1 Demographische Daten……………………………………………....................31
3.2 Laufbanduntersuchung…………………………………………………………32
3.2.1 Vergleich der Gehstrecke bei Aufnahme.…………………………..........32
3.2.1.1 Konservative vs. operative Patienten………………….……….....32
3.2.2 Vergleich der Gehstrecke zu unterschiedlichen Messzeitpunkten……....34
3.2.2.1 Konservative Patienten………...………………………………....34
3.2.2.2 Operative Patienten…………………………….………………....37
3.2.3 Vergleich der Laufzeiten bei Aufnahme……....................................37
3.3 Oswestry Low Back Pain Disability Questionnaire……………………………39
3.3.1 Vergleich der Gehstrecken……………..………………………………...43
3.3.2 Prüfung von Korrelationen……………………………………………….45
3.4 Anamnese………………………………………………………………………47
3.4.1 Sport……………………………………………………………………...47
3.4.1.1 Sportler vs. Nicht-Sportler in der konservativen Therapiegruppe..50
3.4.2 Umfrage bergan vs. bergab………………………………………………52
4. Diskussion 53 4.1 Demographische Daten und Allgemeines……………………………………...53
4.2 Ergebnisse der Laufbanduntersuchung…………………………………………54
4.2.1 Gehstreckenanalyse………………………………………………………54
4.2.2 Zeitanalyse………………………………………………………………..55
4.2.3 Steigungsanalyse………………………………………………………….56
4.3 Auswertung des OSW………………………………………………………….58
4.3.1 Aufnahme…………………………………………………………………58
4.3.2 Unterschiedliche Messzeitpunkte………………………………………...60
4.4 Sportanalyse……………………………………………………………………62
4.5 Schlussfolgerung und Ausblick………………………………………………...63
Abkürzungsverzeichnis
BVO Berufsverband der Ärzte für Orthopädie
CT Computertomographie
DGOOC Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie
EMG Elektromyographie
KHK koronare Herzkrankheit
km Kilometer
km/h Kilometer pro Stunde
L Lendenwirbel
Lig. Ligamentum
LWS Lendenwirbelsäule
m Meter
min Minute
mm Millimeter
mmHg Millimeter Quecksilbersäule
mph miles per hour
MRT Magnetresonanztomographie
Myelo-CT Myelo- und Computertomographie
ODQ Oswestry Low Back Pain Disability Questionnaire
OP Operation
OSW Oswestry-Score
pAVK periphere arterielle Verschlusskrankheit
s Sekunde
S Kreuzbeinwirbel
SKS Spinalkanalstenose
Th Brustwirbel
vs. versus
1. Einleitung
1.1 Einführung
Der Drang nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem damit verbundenen
Ziel eines langen und gesunden Lebens treibt die Medizin voran. Dabei sind stetige
Fortschritte zu verzeichnen. Neue Diagnoseverfahren und Therapieoptionen führen zu
frühzeitiger Erkennung und erfolgreicher Behandlung von Erkrankungen, die zuvor
einen sicheren Tod bedeutet hätten. Im 19. Jahrhundert zum Beispiel starben noch viele
Menschen an immer wiederkehrenden und weit verbreiteten Seuchen und Epidemien.
Eine der schlimmsten Krankheiten in dieser Zeit waren die Pocken. Seit der Erfindung
des Impfstoffes durch den englischen Arzt Edward Jenner 1796 können diese
mittlerweile als ausgerottet bezeichnet werden. Die Menschheit, zumindest die der
westlichen Welt, hat heute nicht mehr mit solchen Infektionskrankheiten als
Haupttodesursache zu kämpfen. Dafür stehen nun kardiovaskuläre und
Krebserkrankungen an vorderster Stelle. Die Menschen werden somit zwar älter, aber
nicht zwingend gesünder. Es treten neue Krankheiten auf, die in vorangegangenen
Generationen nicht bekannt waren.
Im Bereich der Orthopädie betrifft dies besonders den Formenkreis der degenerativen
Erkrankungen. So wird in zunehmendem Umfang die Diagnose der degenerativ
bedingten Spinalkanalstenose gestellt und auch therapiert. In den USA beispielsweise
ist die Spinalkanalstenose die am meisten präoperativ gestellte Diagnose bei Patienten
über 65 Jahren, die sich einer Wirbelsäulenoperation unterziehen [19].
Definitionsgemäß handelt es sich bei der Spinalkanalstenose (SKS; engl.: lumbar spinal
stenosis, LSS) um jegliche Form einer Einengung des Wirbelkanals, die nicht durch
entzündliche Prozesse wie Spondylitiden, Bandscheibenvorfälle oder Tumore
verursacht wird [32]. Diese wie auch Traumata können jedoch zu einer Dekompensation
einer bislang asymptomatischen SKS führen. Verbiest hat 1954 als erster einen
Zusammenhang zwischen der strukturellen Einengung des Wirbelkanals und der
Kompression von neuronalem Gewebe und daraus folgender Entwicklung von
Claudicatio Symptomen erkannt. Gleichzeitig definiert er die Stenose als Reduzierung
des Sagittaldurchmessers auf kleiner als 12mm. Anschließend haben andere Autoren
weitere Einteilungen gewählt. Eisenstein (1976, 1977) berücksichtigt beispielsweise die
1
Interpedikulardistanz, Postacchini (1989) schließt zusätzlich alle osteoligamentären
Strukturen ein.
Die Hauptmanifestationen der lumbalen Spinalkanalstenose, aufgrund derer die
Patienten einen Arzt konsultieren, ist die neurogene Claudicatio. Diese ist durch
Schmerzen, Schwäche und Sensibilitätsstörungen der unteren Extremitäten definiert,
wenn der Patient in aufrechter Haltung läuft oder sich belastet. Gerade diese
Beeinträchtigung ist diagnostisch schwer zu erfassen. Während der klinischen
Untersuchung befindet sich der Patient in Ruhe und bietet kaum typische Symptome. In
der radiologischen Bildgebung lässt sich eine Stenose sicher darstellen, doch die
Ausprägung der Symptomatik ist daraus nicht ableitbar. Fragebögen ermitteln zum Teil
nicht messbare Größen wie Schmerzen und psychologische Faktoren, doch
unterschiedliche Wahrnehmungen und Fehlerquellen erschweren die Auswertung.
Das Ziel dieser Studie ist es, den Stellenwert der Laufbanduntersuchung in der
Diagnostik der Spinalkanalstenose zu ergründen. Dabei stellt sich die Frage, ob das
Laufband therapierelevante, eventuell sogar therapieentscheidende Informationen
liefern kann.
1.2 Theoretische Grundlagen
1.2.1 Anatomie des Spinalkanals
Der lumbale Wirbelkanal wird ventral vom Wirbelkörper und den Bandscheiben
gebildet. Die dorsale Begrenzung stellen das Ligamentum flavum und die Wirbelbögen
dar. Die laterale Begrenzung bilden die Bogenwurzeln und die Foramina
intervertebralia. In diesem Hohlraum sind der Duralsack, die Spinalnervenwurzeln (in
ihrer Gesamtheit in diesem Abschnitt der Wirbelsäule als Cauda equina
zusammengefasst) und das peridurale Gewebe angesiedelt. Letzteres setzt sich aus
Venen und Fett zusammen und umhüllt die Nervenwurzeln. Dies soll eine starke
Kompression der Nerven auch bei starken Bewegungen im LWS-Bereich verhindern.
Im Bereich der LWS besteht die stärkste Diskrepanz zwischen dem Abgang der
Spinalnervenwurzel aus dem Rückenmark und dem Austritt aus dem zugehörigen
knöchernen Segment. Dies hat entwicklungsgeschichtliche Gründe. Beim Embryo
haben Rückenmark und Wirbelkanal noch die gleiche Länge, so dass jeder Spinalnerv
2
durch das in gleicher Höhe liegende Foramen intervertebrale austreten kann. In der
Entwicklungszeit wächst die Wirbelsäule erheblich schneller als das Rückenmark.
Daher steigt das untere Rückenmarksende in Relation zur knöchernen Wirbelsäule
immer höher. Dies führt später dazu, dass sich beim Erwachsenen das untere Ende des
Rückenmarkes etwa in Höhe Th12 – L1 befindet.
Wie oben bereits erwähnt liegen besonders lumbal der Abgang der Nervenwurzel und
der Austritt aus dem Wirbelkanal nicht auf gleicher Höhe. Die Spinalnerven verlaufen
hierbei über eine längere Strecke im Subarachnoidalraum. Anschließend treten sie
unterschiedlich steil aus dem Duralsack aus. Der Winkel richtet sich hierbei nach der
Höhe des Segmentes. Je weiter die Wurzeln nach kaudal ziehen, desto steiler ist auch
ihr Abgang. Diese Besonderheit ist für die Spinalkanalstenose auch von praktischer
Relevanz, wie im Folgenden unter 1.2.2 gezeigt wird.
1.2.2 Klassifikation der Spinalkanalstenose
Die lumbale Spinalkanalstenose lässt sich anhand einer anatomischen und einer
ätiologischen Klassifikation beschreiben.
Die ätiologische Einteilung unterscheidet angeborene und erworbene Formen, nach
Postacchini ist dies auch synonym für primär und sekundär. Dabei beinhalten die
primären Stenosen zum einen angeborene Missbildungen wie die Achondroplasie,
Osteopetrosis oder spinale Dysraphien. Zum anderen zählen auch ontogenetische Fehler
wie frühzeitige Bogenossifikationen oder thorakolumbale Kyphosen zu dieser Form.
Sekundäre Stenosen können degenerative oder traumatische Ursachen haben. Es können
ebenfalls iatrogen bedingte Stenosen nach Laminektomien oder Diskotomien auftreten
sowie Einengungen im Zusammenhang mit systemischen Erkrankungen wie der
Akromegalie oder dem Morbus Paget.
Anatomische Subklassifikationen beschreiben eine zentrale und eine laterale
Einengung. Die zentrale Stenose kann sich im Bereich der Wirbelbögen, also
sublaminär oder interlaminär befinden. Lateral finden sich durch Facettenhypertrophie
bedingte Recessusstenosen und foraminale Stenosen, denen osteophytäre Anbauten zu
Grunde liegen. Diese Einengungen finden sich am häufigsten bei L4/5 (siehe Abb. 1).
Im Gegensatz zu den darüber gelegenen Nervenwurzeln verlaufen diese relativ lang im
Wirbelkanal (siehe 1.2.1). Ab L5/S1 ist der Reserveraum wieder größer und arthrotische
3
Facetten bedrängen aufgrund ihrer Frontalstellung weder den Duralsack noch die
Wurzel. Es sind durchaus auch Mischformen aus zentraler und lateraler Stenose
möglich. Amundsen und Mitarbeiter fanden in ihrer Studie keine rein zentrale Stenose.
In allen Fällen ließ sich eine begleitende Recessusstenose nachweisen [19].
Weiterhin lassen sich generalisierte Formen, bei denen der gesamte Spinalkanal
eingeengt ist, von lokalisierten Formen der SKS unterscheiden. Bei diesen ist jeweils
nur ein umschriebenes Segment betroffen, wie beispielsweise spondylotische
Randbildungen an den Facettengelenken, was zu einer Kompression dieses Abschnittes
führt.
Abbildung 1: Schematische Zeichnung einer degenerativen Spinalkanalstenose
L4/5. Unmittelbar infradisakal werden im Recessus lateralis die
austretende Wurzel L5 und intrathekal gelegene Wurzelanteile S1
von der aszendierenden Facette (oberer Gelenkfortsatz L5)
komprimiert. Die medialen Anteile des Durasackes einschließlich
der Kaudafasern werden nicht bedrängt. (Krämer [34])
4
1.3 Ätiologie und Pathogenese der degenerativen Spinalkanalstenose
Die degenerativen lumbalen Formen stellen mit über 90% die am häufigsten
diagnostizierten Spinalkanalstenosen dar [34]. Das Durchschnittsalter der betroffenen
Patienten liegt bei über 60 Jahren [6,7,8,10,19,38,40,54]. Mehr Männer als Frauen sind
von der Erkrankung betroffen [4,8,19,32,38,40].
Im Allgemeinen ist nur ein Teil des Bewegungssegmentes betroffen, wobei man
monosegmentale sowie multisegmentale Formen findet.
Anhand der verschiedenen Klassifikationen lassen sich die häufigsten degenerativen
Spinalkanalstenosen in drei Typen einteilen (siehe Tabelle 1).
Tabelle 1: Die häufigsten degenerativen Spinalkanalstenoseformen (Krämer [34])
Typ 1 segmentale Stenose L4/5 mit und ohne Wirbelgleiten, meist
laterale Form
Typ 2 Multisegmentale Stenose L3/4, L4/5 ohne Wirbelgleiten, meist
zentrale Form
Mischtypen Bsp: multisegmental mit Wirbelgleiten in einem Segment
Die Stenosierung der degenerativen Spinalkanalstenose tritt hauptsächlich in den
Bereichen L3/4 und L4/5 auf, selten im Übergangsbereich L5/S1. Sie kann einmal
zentral zwischen den Bögen auftreten, wo sie das typische Bild einer Sanduhr
präsentiert. Der Wirbelbogen ist nicht betroffen, die Interpedikulardistanz sowie der
sagittale Wirbelkanaldurchmesser sind normal. Unterhalb der Einengung ist der Kanal
normal weit. Des Weiteren finden sich lokale Einengungen. Sie können auf einer Abstandsminderung
zweier benachbarter Wirbel beruhen, die durch degenerative Bandscheibensinterungen
bedingt sind. Dadurch kommt es einerseits, verursacht durch eine allgemeine
Erschlaffung des Bandapparates, zum Wirbelgleiten. Dura und Nervenwurzeln werden
durch die Verschiebung nach ventral zwischen der deszendierenden Facette und dem
Wirbelbogenunterrand sowie der Hinterkante des darunterliegenden Wirbels
eingequetscht. Dabei sind Facetten und Wirbelbögen im Gegensatz zur
Spondylolisthese intakt.
5
Andererseits kommt es zu einer Pseudohypertrophie und damit Vorwölbung des dorsal
gelegenen Ligamentum flavum. Anders als bei einer echten Verdickung lässt sich diese
durch Entlordosierung verringern. Teilweise kommt es auch zu echten Hypertrophien
durch Verkalkungen oder Amyloidablagerungen, deren Pathogenese noch ungeklärt ist
[20,28,39].
Eine weitere lokale Einengung beruht auf osteophytären Anbauten im Bereich der
Facettengelenke, besonders am medialen Rand der aszendierenden Facette. Zusätzlich
kommen Mitreaktionen der Synovia und der Kapsel wie Verdickungen und zystische
Erweiterungen vor, die eine zusätzliche Kompression bewirken. Dabei kann ein
hypertrophiertes Gelenk zwei Wurzeln schädigen, einmal medial die eigene Wurzel im
Recessus lateralis und zum anderen kranial die nächst höhere Nervenwurzel im
Foramen intervertebrale. Andersherum kann auch eine Nervenwurzel mehrfach durch
zwei osteophytär veränderte, benachbarte Facettengelenke komprimiert werden.
Die folgende Tabelle 2 veranschaulicht zusammenfassend die pathologisch-
anatomischen Veränderungen mit ihren typischen Kompressionsorten und der damit
verbundenen Klinik.
Tabelle 2: Pathologisch-anatomische Veränderungen und klinische Symptome bei
degenerativer Spinalkanalstenose (Krämer/Herdmann/Krämer [31])
Pathologisch-anatomisch Kompression Klinisch
Lig. flavum-Vorwölbung Durasack
Zentrales SKS-Syndrom
Wirbelgelenk
unterer Gelenkfortsatz
Durasack, intrathekale
Wurzeln lateral
zentrales und laterales
SKS-Syndrom
Wirbelgelenk
oberer Gelenkfortsatz
medial
Nervenwurzel im
Wirbelkanal
laterales SKS-Syndrom
Wirbelgelenk
oberer Gelenkfortsatz
kranial und lateral
Nervenwurzel im Foramen
intervertebrale
laterales SKS-Syndrom
6
Ein weiterer Ansatz insbesondere zur Erklärung der Claudicatio-Symptomatik der SKS
umfasst die Gefäße. Aufgrund der Enge im Wirbelkanal kommt es einmal zu einer
Kompression der zuführenden Arterien und damit zu einem Versorgungsproblem der
Nervenwurzeln, das besonders bei Belastung auftritt [34]. Gleichzeitig kommt es aber
auch zu einer venösen Aufstauung, die durch die erweiterten Epiduralvenen eine weitere
Einengung bedeutet. Porter [41] hat deutlich erhöhte epidurale Drücke (80–100mmHg)
bei Extensionshaltung der Lendenwirbelsäule gefunden. Zudem bedingt der verminderte
Abfluss eine weitere Abnahme des arteriellen Zustromes. Porter hat dies als Modell des
„venous pooling“ beschrieben.
Dai und Xu [9] haben in ihrer Studie neben erhöhten Epiduraldrücken eine
Verminderung des Duralsackvolumens und eine Steigerung des
Nervenwurzeldurchmessers bei zunehmender Extension beschrieben. Dies führt zu
einer signifikanten Änderung zwischen Spinalraum und den dortigen neuronalen
Strukturen. Sortland et al [47] beschreiben beispielsweise, dass der durale
anteroposteriore Durchmesser während der Extension bei gesunden Menschen um 9%
abnimmt, bei Patienten mit Spinalkanalstenose aber um 67%.
1.4 Klinik
Auch bei noch so ausgeprägten radiologischen Befunden ist nicht jede
Spinalkanalstenose klinisch symptomatisch. Solche asymptomatischen Verläufe werden
dann als kompensiert bezeichnet. Bis dato hat noch keine wissenschaftliche
Untersuchung eine hinreichende Erklärung für dieses Phänomen gefunden.
Treten im weiteren Verlauf doch Beschwerden auf, so spricht man von einer
dekompensierten Spinalkanalstenose. Deren Symptomatik erfährt zumeist eine
langsame Progredienz über Monate bis Jahre mit zum Teil intermittierender
Beschwerdefreiheit. Dabei sind in den Anamnesen Angaben über den Beginn der
Beschwerden von vor fünf bis zehn Jahren keine Seltenheit.
Das Erscheinungsbild ist abhängig von der Lokalisation. Beim Typ 2 mit zentraler
Stenose finden sich häufiger beidseitig diffuse Schmerzen und Sensibilitätsstörungen
sowie Schwäche und Claudicatio Symptomatik in den Beinen. Die lateralen
Einengungen wie beim Typ 1 zeigen dagegen ein- oder beidseitige, radikuläre
Reizsyndrome, wie sie auch für Bandscheibenvorfälle typisch sind. Mischtypen aus
7
zentraler und segmentaler Spinalkanalstenose sind am häufigsten. Dabei werden bei
allen Formen bevorzugt die lateral im Duralsack verlaufenden Wurzeln L5 und S1
komprimiert.
Die Lebensqualität der Patienten wird am meisten durch die Beeinträchtigung der
Gehfähigkeit eingeschränkt. Beim Laufen entwickeln 90% der Patienten Schmerzen,
Kribbelparästhesien und Schwäche in den Beinen, die den Patienten immer langsamer
werden lassen [19]. Zusätzlich wird eine immer weiter vorgebeugte Haltung
eingenommen, bis schließlich die Schmerzen zum Anhalten zwingen. Reines Stoppen
bewirkt jedoch kaum Linderung, die Patienten müssen eine entlordosierende Haltung
einnehmen, sich also setzen, mit angewinkelten Beinen hinlegen oder in die Hocke
gehen wie zum Beispiel beim Zubinden der Schuhe. Extension verstärkt die Symptome
somit, in Flexion hingegen verschwinden sie sofort. Aus dem Grund wird auch bergan
Gehen für SKS-Patienten im Vergleich zum bergab Laufen als angenehmer
beschrieben. Über diesen Mechanismus erklärt sich ebenfalls, warum die meisten
Patienten zwar nicht weit laufen, aber gut Fahrrad fahren können. Auch hierbei wird
eine Entlastung des Spinalkanals durch Flexion der lumbalen Wirbelsäule erreicht.
Ein plötzliches Einsetzen der Symptomatik ist ungewöhnlich und wird eher durch
traumatisches Wirbelgleiten, entzündliche Geschehen oder Bandscheibenverlagerungen
hervorgerufen. Dabei nimmt ein Circulus vitiosus seinen Gang, beginnend mit einer
spinalen Enge, dadurch bedingter Nervenwurzelkompression und daraus folgendem
Ödem, was zu einer weiteren Einengung führt. Nur sehr selten kommt es durch die
Erkrankung der degenerativen Spinalkanalstenose jedoch zu schweren neurologischen
Ausfällen [34]. Für gewöhnlich wird nach einer langsam zunehmenden
Beschwerdesymptomatik ein gewisses Niveau nicht überschritten. Es kommt also nur
aufgrund der Spinalkanalstenose nicht zu einer kompletten Querschnittssymptomatik
und völliger Gehunfähigkeit.
8
1.5 Untersuchungsbefunde und Diagnostik
Untersuchungsbefunde und Diagnostik sind Mittel, um möglichst schnell und effizient
die richtige Diagnose zu stellen und den Patienten der sich daraus ergebenden Therapie
zuzuführen.
Beim ersten Patientenkontakt erfolgt zunächst immer eine Anamnese und körperliche
Untersuchung, welche bei den Patienten mit dekompensierter Spinalkanalstenose relativ
unspezifisch ist, da diese in Ruhe nur wenig Klinik bieten. Häufig findet sich eine
schmerzbedingte Minderbeweglichkeit der Lendenwirbelsäule. Der Laségue-Test ist für
gewöhnlich negativ, ein positiver Ausfall spricht am ehesten für eine laterale Stenose.
Der Reflexstatus ist seitengleich und zumeist abgeschwächt. „Lebhafte Reflexe
schließen ein Spinalkanalstenosesyndrom aus.“ (Personenzitat Prof. Krämer).
Sensibilitätsstörungen und Schwächen der Motorik sind oft nicht nachweisbar, bzw. erst
nachdem der Patient die für ihn schmerzauslösende Wegstrecke zurückgelegt hat.
Demzufolge ergeben sich zwei diagnostische Ansätze. Der eine wird standardisiert
angewandt und beinhaltet den Einsatz von Fragebögen, die die Symptome wie
Schmerzen und Wegstrecken der Patienten erfassen und quantifizieren. Darüber hinaus
ermöglichen sie einen weiteren Einblick in den gesamten Patienten, sein soziales Leben
und in welchem Maße die Beeinträchtigung, die er durch seine Erkrankung erfährt, sein
Leben bestimmt. Häufig wird für degenerativ bedingte lumbale
Wirbelsäulenerkrankungen der in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für
Orthopädie und orthopädische Chirurgie (DGOOC) und im Berufsverband der Ärzte für
Orthopädie (BVO) empfohlene Oswestry Low Back Pain Disability Questionaire nach
Fairbank et al. angewandt (ODQ; OSW; siehe Anhang S. 75-78). Die Reliabilität des
Fragebogens und die Korrelation mit der Zufriedenheit der Patienten wurde in einigen
Studien nachgewiesen [16,35].
Da sich die oben beschriebenen Befunde erst nach einer gewissen Gehstrecke
entwickeln, empfiehlt sich ein zweiter Ansatz, der die Symptome kontrolliert
provoziert. Dieses lässt sich unter Anleitung auf dem Flur oder auf einem Laufband
verwirklichen. Gleichzeitig ist damit objektiv die realistische Gehstrecke der Patienten
feststellbar, anhand derer man die Einschränkung des Patienten beurteilen und einen
Therapieplan entwickeln kann. Das Laufband bietet dabei den Vorteil, dass alle Größen
feststellbar sind, Laufgeschwindigkeit und –zeit können gemessen werden, die
Gehstrecke lässt sich daraus errechnen. Dennoch ist das Laufband bis jetzt keine feste
9
Institution in der Diagnostik der Spinalkanalstenose. Nur wenige Studien haben sich bis
heute damit beschäftigt und sollen unter 1.8 genauer beleuchtet werden.
Der Standard in der Diagnostik der Spinalkanalstenose ist derzeit die radiologische
Bildgebung in Kombination mit Anamnese und Untersuchung. Dabei hat die
Magnetresonanztomographie (MRT) zum größten Teil die Computertomographie (CT)
und die Kombination aus Myelographie und CT (Myelo-CT) verdrängt. Das MRT bietet
eine hervorragende Darstellung von Knochen- und Weichteilstrukturen. Da bei der
degenerativen SKS besonders Weichteilstrukturen wie zum Beispiel das Ligamentum
flavum von den Veränderungen betroffen sind und zudem die Kompression der
neuronalen Strukturen beurteilt werden sollen, ist das MRT den anderen bildgebenden
Verfahren überlegen [22,34]. Rein knöcherne Strukturen lassen sich jedoch besser im
CT darstellen. Wie Amundsen und Mitarbeiter [2] schon feststellten, sind anhand der
bildgebenden Diagnostik Stenosen zwar sicher darstellbar, es ist aber nicht möglich,
daraus Rückschlüsse auf die klinische Symptomatik zu ziehen. Dabei finden sich
hochgradige Stenosen ohne Klinik [49], wohingegen milde radiologische Befunde mit
stärksten Schmerzen und Wegstreckenbegrenzungen verbunden sein können.
1.6 Differentialdiagnosen
Da Symptome wie Schmerzen, Parästhesien und Schwäche in den Beinen, die eine
Behinderung der Gehfähigkeit mit sich bringen, auch unabhängig von der
Spinalkanalstenose auftreten können, muss differentialdiagnostisch auch an andere
Erkrankungen gedacht werden. Dieselbe Symptomatik kann durch raumfordernde
Prozesse im Spinalkanal wie Tumore, Synovialzysten oder Bandscheibenvorfälle
ausgelöst werden. Im Gegensatz zur SKS treten die Symptome beim
Bandscheibenprolaps akut auf und verstärken sich meist beim Niesen oder Husten.
Synovialzysten sind meist einseitig und mit starken, anhaltenden Schmerzen verbunden,
die auch im Liegen und Sitzen bestehen bleiben.
Extravertebrale Erkrankungen können ebenfalls Schmerzen in den Beinen und eine
damit verbundene Gehstreckenverkürzung verursachen. Hier ist vor allem an die
Gruppe der arteriellen Gefäßerkrankungen zu denken. Die Claudicatio intermittens der
peripher arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) wird durch die Minderversorgung der
Beinmuskulatur mit oxygeniertem Blut bei Belastung verursacht. Dies kann sich
10
klinisch durch Blässe und Pulslosigkeit manifestieren. Im Gegensatz zur Claudicatio
spinalis führt bei den pAVK Patienten eine relativ konstante Wegstrecke zu Schmerzen,
die zudem bereits durch Pausieren eine Besserung erfahren. Das Aufdehnen der
Wirbelsäule durch eine vorgebeugte Haltung hat hierbei keine Bedeutung. Bei der
klinischen Untersuchung ist also auf eine genaue Anamnese, das Erheben des
Gefäßstatus mit Palpation der Pulse und klinisch-diagnostische Tests zur Erfassung der
Durchblutung, wie etwa den Ratschow-Test oder das Messen von Verschlussdrücken,
zu achten. Da beide Erkrankungen recht häufig im Alter auftreten, finden sich zum Teil
gemischte Befunde von beiden Seiten.
Ähnliche Kombinationen und Befunde finden sich für die Polyneuropathie. Diese mit
Sensibilitätsstörungen einhergehende Erkrankung ist häufig in der älteren Bevölkerung
anzutreffen. Dazu gesellt sich oft ein Diabetes Typ II. Wie bei den Gefäßerkrankungen
ist hier bei der klinischen Untersuchung besonders auf trophische Störungen an der
Haut der unteren Extremitäten zu achten, die bei der Spinalkanalstenose nicht auftreten.
Neurophysiologische Tests können zur Differentialdiagnose herangezogen werden [1],
beispielsweise die Elektromyographie (EMG). Diese kann aber auch in Fällen der SKS
mit diffuser Symptomatik die besonders betroffenen Segmente lokalisieren.
Des Weiteren ist eine Arthrose der Hüftgelenke auszuschließen. Klinisch zeigt sich
meistens eine schmerzhaft eingeschränkte Hüftbeweglichkeit. Die Patienten mit einer
Coxarthrose haben direkt beim Anlaufen Schmerzen, wohingegen SKS Patienten diese
erst nach einer gewissen, zurückgelegten Strecke entwickeln. Zum Ausschluss der
Coxarthrose ist somit bereits eine genaue Anamnese und eine Untersuchung
wegweisend. Ein Röntgenbild der Hüfte liefert den endgültigen Beweis für die
arthrotischen Veränderungen.
11
1.7 Therapie
Zwei Behandlungsansätze stehen für die symptomatische Spinalkanalstenose im
Vordergrund, einmal die konservative und zum anderen die operative Therapie, die in
1.7.1 und 1.7.2 näher beschrieben werden. In der gängigen Literatur finden sich
zahlreiche Evaluierungen der verschiedenen operativen Möglichkeiten und deren
Besserungs- und Komplikationsraten, sowie die damit einhergehende Zufriedenheit der
Patienten [6,14,23,34,43,46]. Trotz eines etwas besseren Abschneidens der operativen
Therapie in Vergleichsstudien mit einem konservativen Ansatz wird zunehmend der
Langzeiterfolg der Operation in Frage gestellt [18]. Atlas et al [6] zeigen in einer
Vierjahresstudie auf, dass operativ Behandelte im Vergleich zu den konservativ
Therapierten zwar nach einem Jahr eine deutliche Besserung zeigen, nach vier Jahren
aber ein Abfall der Zufriedenheit zu verzeichnen ist, wohingegen die konservativen
Patienten stabil oder sogar eine weitere, leichte Besserung angaben. Im Vergleich
nähern sich die Differenzen der Outcomes über die Jahre also an, aber immer noch zu
Gunsten der operativen Therapie. Zudem geht die chirurgische Intervention mit
ansteigenden Kosten und erhöhtem Morbiditätsrisiko einher [18]. Amundsen und
Mitarbeiter [3] konnten aufzeigen, dass auch eine zunächst konservative Therapie
keinen schlechten Einfluss auf das Ergebnis einer später noch durchgeführten Operation
hat.
Zur Evaluierung der Art und Effizienz konservativer Methoden liegen bis heute nur
wenige Studien vor. Immer mehr wird dieser Ansatz jedoch als Hauptstütze der
Behandlung bezeichnet [8] und auch empfohlen. Johnson et al [29] beschreiben bereits
1992, dass im natürlichen Verlauf der SKS im Beobachtungszeitraum von
durchschnittlich 49 Monaten 15% der Patienten eine Besserung verspürten und 70% auf
gleichem Niveau blieben. Swezey [48] evaluierte in seiner Studie das Outcome 5 Jahre
nach konservativer Therapie und findet eine Verbesserung von 43%. Simotas [44]
berichtet von 24% seiner konservativ behandelten Patienten, die eine anhaltende
Besserung in der Langzeituntersuchung zeigten. In einer Dreijahresanalyse finden sich
bei Simotas und Mitarbeiter [45] sogar Erfolgsraten für eine aggressive (regelmäßige
epidurale Injektionen), nichtoperative Behandlung von über 50%, nach der die Patienten
keine oder nur noch milde Schmerzen haben. Es ist also allgemein anerkannt, dass eine
konservative Therapie in vielen Fällen zunächst die Option der Wahl ist
[3,6,14,37,44,45].
12
Die Spinalkanalstenose macht sich wie oben beschrieben besonders durch Schmerzen,
Schwäche und Sensibilitätsstörungen beim Laufen bemerkbar, die sich einmal
symptomatisch und zum anderen kausal angehen lassen. Die folgende Tabelle 3 zeigt
die unterschiedlichen, auch parallel anwendbaren Möglichkeiten auf.
Tabelle 3: Schmerztherapie bei Spinalkanalstenose (Krämer und Nentwig [33])
Symptomatisch Kausal
Psychologische Schmerztherapie
Analgetika (zentral)
Stufenlagerung
Durchblutungsförderung (venös) Krankengymnastik aus der
Entlastungshaltung
Epidurale Injektionen Standradfahren
Spinalnervenanalgesie Flexionsorthese
Facetteninfiltrationen Dekompressionsoperation
1.7.1 Konservative Therapie
Die meisten Patienten mit Spinalkanalstenose werden inzwischen konservativ
behandelt. Diese Therapieoption sollte vor dem Einsatz der operativen Beseitigung der
Stenose vollständig ausgeschöpft werden, zumindest bei Patienten mit leichten bis
moderaten Stenosen. Liegen gesundheitliche Gründe gegen eine Operation oder die
Verweigerung des Patienten sowie nicht befriedigende Ergebnisse einer bereits
stattgefundenen, operativen Behandlung vor, kommt ebenfalls die konservative
Therapie zum Einsatz.
Das konservative Behandlungskonzept der orthopädischen Klinik des St. Josef
Hospitals Bochum umfasst acht bis zehn Tage stationären Aufenthalt und beruht auf
mehreren Säulen. Einen Teilbereich umschließt die Physiotherapie. Hier dienen
Bauchmuskeltraining, Standradfahren und Übungen aus der Entlastungshaltung in
Stufenlagerung zur muskulären Stabilisierung der Wirbelsäule, zur Verlängerung der
Gehstrecke und zum gesteigerten Abfluss des gestauten Blutes des Plexus venosus
vertebralis internus. Gleichzeitig wird das Programm durch ein Haltungs- und
Verhaltenstraining sowie Wärmeanwendungen intensiviert. Das vorübergehende Tragen
einer Flexionsorthese kann zur Schmerzlinderung beitragen.
13
Eine weitere Säule umfasst die medikamentöse Schmerzbekämpfung. Es kommen
nichtsteroidale Antirheumatika und - falls notwendig - höherpotente Schmerzmittel zur
Anwendung. Dabei ist diese Medikation bedarfsgerecht an zu erwartende
Schmerzsituationen anzupassen, da bei der typischen SKS Schmerzen nicht
kontinuierlich auftreten sondern geh- und stehabhängig. Lokal stehen tägliche
Injektionen zur Spinalnervenanalgesie und Facetteninfiltration im Mittelpunkt. Zugleich
können über den Zeitraum des stationären Aufenthalts insgesamt drei epidurale
Injektionen mit Glucocorticosteroiden angewandt werden. Das Ziel dieser Behandlung
ist eine Desensibilisierung der überreizten neuronalen Strukturen und die Abschwellung
der Nervenwurzel. Zugleich besteht eine antiphlogistische Wirkung sowie ein gewisser
Spüleffekt [33,34].
Ein weiterer Bereich umfasst die psychologische Betreuung der Patienten. Gleich zu
Anfang ist es sinnvoll, die Angst vor der Enge des Wirbelkanals zu nehmen, die meist
auch noch anhand von eindrucksvollen Aufnahmen gezeigt wird, und aufkommende
Depressionen zu verhindern. Dazu gehört auch die Aufklärung, dass die
Spinalkanalstenose nicht zu einer Querschnittslähmung führt. Gleichzeitig sollen auch
psychotherapeutische Sitzungen zur Schmerzbewältigung und zur progressiven
Muskelentspannung die Therapie abrunden.
1.7.2 Operative Therapie
Eine absolute Indikation zur operativen Therapie stellen akute funktionelle Ausfälle dar,
die bei der Spinalkanalstenose jedoch selten anzutreffen sind. Vor einer Empfehlung zur
chirurgischen Behandlung wird zunächst die Beeinträchtigung des Patienten durch die
Stenose an Hand der Schmerzdauer und –intensität, erfasst durch den
Schmerzmittelverbrauch sowie die visuelle Analogskala, und der schmerzfreien
Gehstrecke eingestuft. Häufig werden Patienten einer Operation unterzogen, bei denen
die konservativen Maßnahmen ausgeschöpft sind, sowie diejenigen, die eine radikuläre
Symptomatik bereits im Sitzen und Liegen aufweisen. Hier besteht der stärkste
Schweregrad der SKS, der sich meist auch mittels medikamentöser Therapie nicht mehr
beeinflussen lässt.
Das operative Angehen der Spinalkanalstenose lässt sich in reine
Dekompressionsoperationen und in Dekompressionen mit zusätzlicher Fusion einteilen.
14
Die komplette Laminektomie stellt mit der Entfernung des Wirbelbogens plus
Dornfortsatz und Ligamentum interspinale die klassische Operationsmethode dar, bei
der jedoch häufig postoperative Instabilitäten beobachtet wurden und
Beschwerdezunahmen einen erneuten Eingriff erforderlich machten. Die interlaminäre
Dekompression ist die Therapie der Wahl bei degenerativen Spinalkanalstenosen und
beinhaltet die Resektion des Ligamentum flavum und angrenzende Bogen- oder in den
Wirbelkanal reichende Facettenanteile. Die mikrochirurgische Dekompression ist somit
mehr eine Vergrößerung des zentralen wie lateralen Spinalraums, ohne eine komplette
Laminektomie zu vollführen und damit Instabilitäten zu riskieren [34,36,52]. Eine
dorsoventrale Fusion, also eine Versteifung zweier benachbarter Wirbel, kann dann
angeschlossen werden, wenn sich im operierten Segment eine Instabilität oder eine
fortschreitende Spondylolisthese zeigt [21,34]. Dabei ist eine ausreichende
Knochendichte Bedingung für den Vorgang.
Patienten des St. Josef Hospital Bochum werden nach der Mikrodekompression der
SKS am ersten Tag postoperativ sofort mobilisiert. Zur Entlastung der dorsalen Anteile
des Bewegungssegmentes tragen sie zunächst eine Orthese. Zusätzlich werden auch
diese Patienten in das konservative Programm mit Physio- und Psychotherapie
integriert.
1.8 Laufbanduntersuchung
Laufbandtests werden seit 1929 von Kardiologen für die Erkennung von
Herzkranzgefäßerkrankungen genutzt. Van Gelderen hat 1948 als erster von der
Verwendung des Laufbandes zur diagnostischen Evaluierung der Patienten mit
neurogener Claudicatio berichtet [10].
Aus drei Gründen sind die Laufbanduntersuchungen für die klinische Beurteilung von
SKS Patienten attraktiv. Wie oben beschrieben, entwickeln sich zum einen gerade beim
Laufen die typischen Symptome, die den Patienten zum Arzt geführt haben. Außerdem
hat diese Untersuchung einen exzellenten Sicherheitsstandard und ist einfach
auszuführen. Weiterhin sind die so erhobenen Daten eher quantifizierbar und damit
besser auszuwerten als Informationen, die durch Anamnese und Fragebögen vom
Patienten erhalten werden [10,11,17,53,55].
15
Viele Laufbandstudien über die Spinalkanalstenose wurden bislang mit dem Ziel
durchgeführt, den Erfolg von therapeutischen Versuchen, zumeist dekompressierenden
Operationen, zu objektivieren und zu quantifizieren [10,11,50,54]. Des öfteren wurde
unter diesem Aspekt festgestellt, dass eine solche Untersuchung auch ein gutes Mittel
ist, um den Status vor Therapiebeginn festzulegen und die Patienten dementsprechend
einzustufen. Deen und Mitarbeiter beispielsweise schreiben in ihrer Studie: „although
not used for this purpose...an unexpectedly good performance on the preoperative test
could be used to support a decision to defer surgery“ [10].
1.8.1 Laufbandstudien aus der Literatur
Dong und Porter [15] haben 1989 zunächst den möglichen Einsatz des Laufbandes als
diagnostisches Kriterium zur Differentialdiagnose von Claudicatio intermittens und
Claudicatio neuronalis untersucht. Dabei ließen sie beide Patientengruppen mit einem
Tempo von 2 km/h zuerst in aufrechter Haltung und nach fünf Minuten Pause dann in
gebeugter Haltung bis zum jeweiligen Einsetzen der Claudicatio Symptomatik laufen.
Sie mussten dabei feststellen, dass zwar ein signifikanter Unterschied der Gehfähigkeit
in vorgebeugter Haltung zwischen den beiden Patientengruppen bestand, aber eine
fehlende Verbesserung eine SKS nicht ausschloss. Erst Steigerungen der Wegstrecke
über 100% machten eine Spinalkanalstenose höchstwahrscheinlich.
Differentialdiagnostisch zu Gehstrecken verändernden Gefäßerkrankungen ist die
Laufbanduntersuchung somit ein nicht sensitives Testverfahren.
Im weiteren Verlauf wurden Laufbanduntersuchungen zu Zwecken der
Therapiekontrolle eingesetzt. Dies erforderte in der Konsequenz auch eine präoperative
Messung des Aufnahmestatus. Herno und Mitarbeiter haben in einer Anzahl von
Folgestudien [24,25,27] die Erfassung des Therapieerfolges durch radiologische
Bildgebung, einen Laufbandtest (Geschwindigkeit von 3,6 km/h, maximal 15 Minuten
Laufzeit) und den Oswestry Fragebogen miteinander verglichen. Dabei stellte sich unter
anderem heraus, dass das Laufband ein nützliches Instrument zu sein scheint, um die
Gehfähigkeit zu beurteilen.
Schließlich haben Deen und Mitarbeiter [10] 1995 die auf diesem Gebiet meist zitierte
Studie geliefert. Hier wurde primär die Therapiekontrolle durch Laufbandübungen
betrachtet, wobei aber auch zum ersten Mal die Laufbandeinstellungen differenzierter
16
untersucht wurden. Nach kardiologischen Protokollen gewählte Geschwindigkeiten
stellten sich als zu schnell heraus. Kein Unterschied konnte zwischen einem langsam
gewählten Tempo und der patienteneigenen Laufgeschwindigkeit festgestellt werden.
Das Stoppen des Tests nach 15 Minuten symptomfreier Strecke erwies sich als gut
geeignet, da darüber hinaus keine weiteren Informationen erlangt werden konnten.
Aufgrund der sicheren, leicht erhebbaren und positiven Ergebnisse haben Deen und
Mitarbeiter das Laufband als Standarddiagnostikum in ihren Klinikalltag eingeführt.
Die gleiche Studie wurde mit einem etwas größeren Patientenkollektiv und ähnlichen
Ergebnissen drei Jahre später publiziert [11]. Dabei wurde als weiterer Benefit
festgestellt, dass „an unexpectedly good performance on the „preoperative“ test would
be justification to defer surgery“. Deen et al [12] haben in einer späteren Studie
bestätigen können, dass Laufbandtests eine gute Reproduzierbarkeit der Ergebnisse und
keine Lernphänomene aufweisen. Dabei ist die Untersuchung für Patienten mit lumbaler
Spinalkanalstenose valide.
Schließlich haben Yukawa et al [54] 2002 beschrieben, dass ein positiver Laufbandtest
bei über 90% der Patienten mit der Diagnose Spinalkanalstenose und neurogene
Claudicatio übereinstimmt.
Porter [40] hat 1996 in einer allgemeinen Abhandlung über die Spinalkanalstenose und
die neurogene Claudicatio dem Laufband eine wichtige Stellung in der Diagnostik
zugestanden. Dabei stellte er fest, dass sich manchmal Patientenangaben und objektiv
gemessene Werte extrem voneinander unterscheiden. Dieser Ansatz wurde von Fritz et
al [17] näher betrachtet. Sie beschreiben, dass objektive Meßmethoden den
Einschätzungen der Patienten überlegen zu sein scheinen.
Adamova und Mitarbeiter [1] haben 14 Jahre nach Dong und Porter noch einmal das
Laufband als mögliches diagnostisches Mittel zur Differentialdiagnose untersucht, hier
aber zur Abgrenzung zwischen milder SKS und diabetischer Polyneuropathie. Laut
Studie bestätigt sich auch hier der klinische Nutzen des Laufbandes zur Diagnostik der
neurogenen Claudicatio und Erfassung der Gehfähigkeit bei SKS. Zur Vermeidung
falsch positiver Ergebnisse sollten Einschränkungen der Gehstrecke jedoch sorgsam
analysiert werden. Zum differentialdiagnostischen Ausschluss von diabetischer
Polyneuropathie tragen am ehesten elektrophysiologische Tests bei.
17
1.8.2 Gehstreckenquantifizierung in der Literatur
Die meisten Laufbandstudien sind therapie- und nicht patientenorientiert aufgebaut. Die
Diskussion der gemessenen Daten steht somit nicht im Vordergrund, wodurch auch
kaum definitive Messwerte in den Studien zu finden sind.
Bei Deen et al [10] finden sich Mittelwerte der Laufzeit zum Vergleich des
präoperativen zum postoperativen Status. Die Angaben beziehen sich immer auf den
Zeitpunkt, an dem erste Symptome eingesetzt haben. Die Patienten hatten sich in ihrem
selbst gewählten Tempo von 2,03 Minuten zu Aufnahme signifikant auf
durchschnittlich 9,43 Minuten nach OP gebessert. In ihrer Folgestudie 1998 [11] zeigte
sich eine noch deutlichere Differenz mit im Mittel 1,70 Minuten präoperativ zu 11,90
Minuten postoperativ.
Yukawa und Mitarbeiter [54] publizierten 2002 weitere Ergebnisse. Hier wurden die
Laufzeiten sowie auch die Gehstrecke in Kilometern angegeben. Beim Einsetzen von
ersten Symptomen sind die Patienten hier 1,9 Minuten präoperativ gelaufen und
verbesserten sich signifikant auf 14,8 Minuten postoperativ. Dies entsprach einer
Laufweite von 0,49 km vor Operation zu 0,78 km nach Therapie.
In der Differenzierung von Diabetikern und SKS Patienten von Adamova und
Mitarbeitern [1] 2003 finden sich Gehstrecken von durchschnittlich 236 Metern, bzw.
mittlere Laufzeiten von 380 Sekunden für die SKS Patienten.
Zeifang et al [55] haben in einer prospektiven Studie 2003 die Gehstrecke vor und
direkt nach einer dreiwöchigen konservativen Therapie evaluiert. Dabei zeigte sich eine
signifikante Besserung der durchschnittlichen Gehstrecke von 373 Metern auf 565
Meter nach Beendigung der Therapie.
1.8.3 Therapieevaluierung mit unterschiedlichen diagnostischen Mitteln
In zahlreichen Studien wurde immer wieder gezeigt, dass die radiologische Bildgebung
als Standarddiagnostik keine klinische Aussagekraft über den Schweregrad der SKS hat
[2,24,25,49]. Ebenso ist in Untersuchungen gezeigt worden, dass auch postoperative
röntgenologische Befunde und klinisches Outcome nur gering miteinander korrelieren
[2,16,24,25,26,27]. Aus diesen Gründen lässt sich laut Simotas [44] auch anhand der
18
radiologischen Diagnostik keine Aussage über die zu wählende Therapierichtung
machen.
Der Oswestry Fragebogen wurde ebenfalls auf Aussagekraft über Therapieentscheidung
und Therapieresultate untersucht. Dabei wurde beschrieben, dass gerade die in
Prozentwerten erfasste Änderung einer der besten Marker für das Therapieresultat ist,
wenn solche subjektiven Scores verwendet werden [35,42]. Gleichzeitig wird aber auch
darauf hingewiesen, dass der OSW wie alle Fragebögen unterschiedlichen Fehlerquellen
wie Verständnisproblemen, Simulations- und Dissimulationstendenzen und
Fehleinschätzungen unterliegt. Ebenso werden auch gleiche Situationen von
verschiedenen Menschen unterschiedlich bewertet [16,30,35,40]. Eine deutlich negative
Position nehmen Herno und Mitarbeiter [24] ein, die in ihrer Studie den Oswestry Score
im Vergleich zur radiologischen Meßmethode und zur Laufbanduntersuchung als das
schlechteste Mittel zur Differenzierung von Patienten mit oder ohne postoperative
Stenose befunden haben.
In der Literatur wird weiterhin beschrieben, dass der OSW gerade bei der
Spinalkanalstenose keinen Aussagewert über eine eventuelle Operationsindikation
bietet [35].
Dagegen ist der Laufbandtest zur postoperativen Erfolgskontrolle in zahlreichen Studien
für geeignet befunden worden [1,10,11,17,50,54]. Porter [40] hält diesen bereits 1996
von unschätzbarem Wert, wenn es um die Messung des operativen Therapieerfolges
geht. Einen ersten Ansatz zur Evaluierung der konservativen Behandlung haben
erstmals Zeifang und Mitarbeiter [55] 2003 vorgenommen, die eine Besserung der
Gehstrecke auf dem Laufband nach Therapieabschluss nachweisen konnten. Weitere
Studienansätze zu konservativen Behandlungsergebnissen hingegen fehlen bis heute,
ganz abgesehen von objektiven Vergleichen zwischen der konservativen und der
operativen Therapie.
19
2. Material und Methoden
2.1 Patienten
Für die vorliegende Laufbandstudie sind Patienten aus der orthopädischen
Universitätsklink des St. Josef Hospitals Bochum rekrutiert worden, die im Zeitraum
von Oktober 2003 bis Januar 2005 eine stationäre Behandlung aufgrund eines
bekannten, degenerativ bedingten Spinalkanalstenosesyndroms erhalten haben.
Vor Beginn der Laufbandstudie sind Einschluss- wie Ausschlusskriterien für das
teilnehmende Kollektiv an Patienten definiert worden. Zu den Ausschlusskriterien
zählen alle Leiden, die eine klinische Beeinträchtigung der Beweglichkeit und eine
Beeinflussung des Schmerzes zur Folge haben und damit eine differenzierte Aussage
auf dem Laufband unmöglich machen. Dies trifft besonders auf Einschränkungen an
den unteren Extremitäten zu, die durch Erkrankungen wie zum Beispiel die
Coxarthrose, Gonarthrose und Hüft- oder Kniegelenksendoprothesen verursacht
werden. Ebenso von der Studie sind Patienten ausgeschlossen worden, die sich bereits
einer Operation an der Wirbelsäule unterziehen mussten. Auch wird darauf verzichtet,
Patienten mit anderen degenerativen Erkrankungen der Wirbelsäule, z.B. mit Morbus
Bechterew, in die Studie miteinzubeziehen. Des Weiteren zählen auch neurologische
Erkrankungen mit bekannter Beeinflussung der Motorik und Sensibilität zu den
Aussschlußkriterien, beispielsweise seien hier die Multiple Sklerose oder der Morbus
Parkinson genannt. Ein ebenso wichtiges Ausschlusskriterium ist die periphere arterielle
Verschlusskrankheit, die sich unter anderem auch als Claudicatio intermittens
manifestieren kann und der Claudicatio spinalis der SKS klinisch ähnlich ist und somit
immer differentialdiagnostisch ausgeschlossen werden muss. Weiterhin sind keine
Patienten in die Studie einbezogen worden, bei denen einen Erkrankung besteht, die die
Laufleistung beeinträchtigt, bzw. die dem Patienten bei Anstrengungen gesundheitliche
Probleme bereitet haben, wie beispielsweise instabile Angina pectoris, Aortenstenosen
oder akute Infektionen.
In Folge dessen sind alle Patienten mit klinisch symptomatischer und radiologisch
gesicherter Spinalkanalstenose in die Studie eingeschlossen worden, bei denen
zusätzlich keine Ausschlusskriterien bestehen.
Unter Berücksichtigung der beschriebenen Ein- und Ausschlusskriterien ergibt sich eine
Gesamtstichprobengröße von N=64 Patienten. Davon sind n=47 Patienten
20
ausschließlich konservativ behandelt und n=17 Patienten einer Operation zugeführt
worden. Diese beiden Teilstichproben werden im Ergebnisteil auch gesondert
beschrieben.
2.1.1 Diagnostik
Im Vorfeld sind bei allen teilnehmenden Patienten am Aufnahmetag nochmals die
Diagnose der Spinalkanalstenose und deren Symptomatik durch radiologische Mittel,
eine Anamnese, eine gründliche körperliche Untersuchung und Konsultationen anderer
Fachbereiche gesichert, bzw. andere Diagnosen ausgeschlossen worden wie z.B. die
einer arteriellen Verschlusskrankheit.
Jeder Patient hat sich einer bildgebenden Diagnostik der Lendenwirbelsäule und der
Hüfte (Röntgenbilder in zwei Ebenen), sowie des Spinalkanals (MRT) unterzogen. In
der Anamnese werden Symptome der SKS, darüber hinausgehende weitere
Beschwerden, Begleiterkrankungen und eventuelle, sonstige Operationen erfragt. Art
und Häufigkeit der Einnahme von Schmerzmitteln und die jeweilige sportliche
Vorgeschichte ergänzen das Eingangsgespräch mit den Patienten.
Im Rahmen der körperlichen Untersuchung wird die Wirbelsäule auf
Haltungsanomalien oder Fehlformen, auf Beweglichkeit und auf Druck- und
Klopfschmerzhaftigkeit getestet. Das gleiche Procedere erfolgt für die Iliosakralgelenke
und Hüften. An den unteren Extremitäten werden Gangstörungen und Paresen,
Ausdehnung des Schmerzes und Sensibilitätsstörungen erhoben. Es wird auch der
Reflexstatus und ein Dehnungsschmerz im Sinne eines positiven Laségue-Zeichens
geprüft.
Ebenso ist ein gefäßchirurgisches Konsil und ein neurologisches Konsil durchgeführt
worden.
Wenn sich auch nur ein Ausschlusskriterium in mindestens einem der oben genannten
diagnostischen Mittel gefunden hat, ist der Ausschluss des betreffenden Patienten von
der Studie erfolgt.
21
2.2 Laufbanduntersuchung
Alle Patienten sind bereits am Tag ihrer Aufnahme oder am ersten Behandlungstag zur
Laufbanduntersuchung gebeten worden.
Genutzt wurde das Laufband „marquette 2000“ aus der Medizinischen Klink des St.
Josef Hospitals Bochum. Computergesteuert mit dem Programm Cardio Soft V4.14 von
Marquette Hellige GmbH lassen sich Geschwindigkeit in Kilometer pro Stunde und
Steigung in Prozent wie auch das Starten und Stoppen des Laufbandes einstellen. Zur
Patientensicherheit hat das Laufband ein festes Geländer in Hüfthöhe und einen
manuellen Notaus-Knopf. Bei der Untersuchung ist jedoch darauf geachtet worden, dass
die Patienten sich während des Laufens nicht auf das Geländer stützen, sondern eine
möglichst natürliche Laufbewegung mit locker mitschwingenden Armen ausführen. Um
diesem gerecht zu werden, kann jeder Patient zudem eine für ihn angenehme
Laufgeschwindigkeit wählen.
Jeder Patient wird von seinem Zimmer im Rollstuhl oder zu Fuss abgeholt. Nach der
kurzen Strecke von höchstens 50 Metern inclusive der Fahrt im Aufzug legen die
Patienten vor den Laufbandübungen eine Pause ein, die zur klinischen Anamnese und
Untersuchung genutzt wird. Die Untersuchung auf dem Laufband erfolgt anschließend
in drei Teilschritten.
22
Als erstes wird das Gehen auf ebener Strecke, also bei 0% Steigung simuliert. Dazu
werden die Patienten aufgefordert, möglichst aufrecht und gerade zu laufen (siehe
Abbildung 2).
Abbildung 2: Beispiel der Laufbandübung 1; aufrechte Haltung bei 0% Steigung
23
Im zweiten Teil dürfen die Patienten auf derselben ebenen Strecke in entlordosierter
Haltung laufen, wie sie es z.B. beim Schieben eines Einkaufswagens gewohnt sind
(siehe Abbildung 3). Um eine bestmögliche Flexion der Wirbelsäule und damit eine
Weitung des Spinalkanals und der Foramina intervertebralia zu erreichen, ist es den
Patienten nunmehr erlaubt, sich am vorderen Geländer festzuhalten. Gleichzeitig wird
aber genau darauf geachtet, dass der Körperschwerpunkt nicht über die Körpermitte
nach vorne verlagert wird.
Abbildung 3: Beispiel der Laufbandübung 2; gebeugte Haltung bei 0% Steigung
24
Im dritten Schritt wird die Bewegung des bergauf Gehens simuliert, wobei eine
Steigung von 15% eingestellt wird (siehe Abbildung 4).
Abbildung 4: Beispiel der Laufbandübung 3; gerade Haltung bei 15% Steigung
Bei allen drei Untersuchungsteilen ist den Patienten aufgegeben worden, die
Untersuchung abzubrechen, sobald sich erste, im Anamnesegespräch erfragte und
dokumentierte, patienteneigene Beschwerden der Erkrankung einstellen, wie
beispielsweise Schmerzen im Lendenwirbelbereich, Ausstrahlung derselben in ein oder
beide Beine, Parästhesien oder Schwächegefühl. Nach jedem Test können die Patienten
sich so lange ausruhen, bis die komplette Symptomatik, wegen derer sie stoppen
mussten, abgeklungen ist und der Status quo wieder erreicht ist. Darauf folgt die nächste
25
Übung oder die Beendigung des Laufbandtests und die Rückkehr der Patienten auf ihr
Zimmer.
Allen Patienten ist es möglich gewesen, die Laufbanduntersuchung unter diesen
Bedingungen durchzuführen. Wenn sich keine Beschwerden einstellen, wird der
jeweilige Teil nach 15-minütigem Laufen beendet und der Patient kann wie alle
Patienten nach der jeweiligen Übung eine Pause einlegen. Die folgende Tabelle 4 fasst
eine komplette Laufbanduntersuchung an einem Tag zusammen.
Tabelle 4: Versuchsdurchführung auf dem Laufband
Laufbandtest Einstellung Ende
Übung 1
ebenes Band (0% Steigung)
aufrechte Haltung
selbst gewählte
Geschwindigkeit
bei Beginn der Beschwerden
oder nach 15 Minuten
P A U S E
Übung 2
ebenes Band (0% Steigung)
vorgebeugte Haltung
selbst gewählte
Geschwindigkeit
bei Beginn der Beschwerden
oder nach 15 Minuten
P A U S E
Übung 3
bergan (15% Steigung)
frei gewählte Haltung
selbst gewählte
Geschwindigkeit
bei Beginn der Beschwerden
oder nach 15 Minuten
26
Der Laufbandtest wird in gleicher Art und Weise kurz vor Entlassung der konservativ
behandelten Patienten wiederholt, also zwischen dem 8. und 10. Kliniktag. Von den 47
konservativ Behandelten haben 41 an dieser Untersuchung teilgenommen. Die
restlichen sechs Patienten konnten von der Untersucherin nicht erreicht werden. Da die
chirurgisch behandelten Patienten postoperativ und über den Entlassungstermin hinaus
eine den LWS-Bereich fixierende und die Wunde stabilisierende Orthese tragen, ist eine
Entlassungsuntersuchung nicht möglich gewesen, bzw. wäre eine solche nicht
aussagekräftig gewesen.
Des weiteren sind alle Patienten nach einem Zeitraum von 3 Monaten nach der
Entlassung aus dem Krankenhaus angeschrieben und zu einer Nachuntersuchung
eingeladen worden, die wieder in gleicher Weise auf dem Laufband stattgefunden hat.
Nur wenige Patienten sind dieser Einladung gefolgt, den meisten war die Anreise nach
Bochum für einen Tag zu weit oder es haben zur Zeit andere Erkrankungen vorgelegen,
die eine Therapie erfordern. Letztendlich konnte nur mit elf der 47 konservativen
Patienten und sechs der 16 operativen Patienten der Laufbandtest nach drei Monaten
wiederholt werden.
2.3 Fragebogen und Anamnese
2.3.1 Oswestry Low Back Pain Disability Questionaire
Um das objektiv gemessene Ergebnis der Laufbandstudie mit der subjektiven
Einschätzung der Situation durch den Patienten vergleichen zu können, wird der häufig
für degenerativ bedingte lumbale Wirbelsäulenerkrankungen genutzte Oswestry Low
Back Pain Disability Questionaire nach Fairbank et al. gewählt (ODQ; siehe Anhang S.
75-78). Dieser wird im Folgenden auch vereinfacht als Oswestry Score (OSW)
bezeichnet.
Zu jedem der drei Untersuchungszeitpunkte (Aufnahme, Entlassung,
Nachuntersuchung) ist der Patienten gebeten worden, diesen Fragebogen auszufüllen
und die jeweils für sie zutreffendste Aussage anzukreuzen. In zehn Fragen können die
Patienten die Intensität ihres Schmerzes in unterschiedlichen Situationen des täglichen
Lebens einstufen. Dabei stehen pro Frage minimal 0 bis maximal 5 Punkte zur
Verfügung. Beispielsweise sei hier die Frage 4 angeführt, die die Gehstrecke der
27
Patienten umfasst. So erhalten Patienten, die keine schmerzhafte Einschränkung der
Gehstrecke haben null Punkte. Stufenweise bei einer Einschränkung von maximal 1600
Meter zu 800 Meter zu 400 Meter wird jeweils ein Punkt dazugegeben. Ist nur ein
Gehen mit Gehstock möglich werden dafür 4 Punkte vergeben, die maximale Zahl von
5 beinhaltet Bettlägerigkeit.
Um die Gesamtpunktzahl des Fragebogens von höchstens 50 erreichbaren Punkten in
Prozentwerte umzuwandeln, wird folgende Formel verwendet:
Erreichte Punkte x 100 / 50 Punkte = .....%
Im Rahmen der vorliegenden Studie wollen oder können jedoch 28 der 64
aufgenommenen Patienten die achte Frage, in der es um den Einfluss der Schmerzen auf
das Sexualleben geht, nicht beantworten. Damit sind beim Wegfall dieser einen Frage
nur noch maximal 45 Punkte zu erreichen. Die oben genannte allgemeine Formel muss
dementsprechend modifiziert werden. Die Prozentwerte werden nun wie folgt errechnet:
Erreichte Punkte x 100 / 45 Punkte = .....%
Die erreichten Punkte, bzw. die Prozentwerte aus deren Umrechnung lassen sich in fünf
Gruppen aufteilen. Erreichen die Patienten 0 bis 20%, liegt - wenn überhaupt - nur eine
geringgradige Behinderung im Alltag vor, diese Patienten kommen gut zurecht. Mit
zunehmender Prozentzahl steigt die Beeinträchtigung und fällt die Lebensqualität. Bei
20 bis 40% leiden die Patienten unter einer mäßigen, bei 40 bis 60% unter einer
schweren und bei 60 bis 80% unter einer schwersten Behinderung. In der letzten Gruppe
mit 80 bis 100% erleiden die Patienten stärkste Schmerzen und sind meistens
bettlägerig.
Tabelle 5: Gruppeneinteilung des OSW
Gruppe Erreichte Punktzahl Prozentbereich Behinderungsgrad
5 41 - 50 80 – 100 bettlägerig
4 31 - 40 60 - 80 schwerst
3 21 – 30 40 - 60 schwer
2 11 – 20 20 – 40 mäßig
1 0 - 10 0 - 20 leicht
28
Von allen konservativ behandelten Patienten mit Laufbandergebnissen bei Aufnahme
und Entlassung gibt es auch zum jeweiligen Untersuchungszeitpunkt einen Oswestry
Score. Genauso gibt es für jeden operativen Patienten zum Aufnahmebefund einen Wert
des Fragebogens. Aufgrund der Tatsache, dass zur Abschlussuntersuchung nach drei
Monaten nur wenige Patienten persönlich erschienen sind, sind nach der schriftlichen
Einladung alle Patienten zusätzlich telefonisch kontaktiert worden, wobei ihnen die
Fragen und die Antwortmöglichkeiten des OSW vorgelesen und sie gebeten wurden, die
zu dem Zeitpunkt für sie am besten zutreffende Antwort auszuwählen. Es sind 41
Patienten erreicht worden, davon haben 14 eine operative Therapie und 27 eine
konservative Therapie erhalten.
2.3.2 Anamnese
Wie eingangs erwähnt, werden die Patienten bei der Anamnese eingehend zu ihrem
sportlichen Verhalten befragt. Demzufolge lassen sich die Patienten in zwei Gruppen
fassen. Die eine Gruppe gibt regelmäßige sportliche Aktivitäten seit der
Kindheit/Jugend an, die auch bis ins jetzige Alter, wenn auch in reduzierter Form,
fortgeführt werden. Diese Gruppe erklärt auch, dass gerade seit der Erkrankung am
Spinalkanal der Sport schmerzbedingt leider deutlich eingeschränkt werden musste. Die
zweite Gruppe hat praktisch nie im Leben irgendeinen Sport ausgeführt. Dieser Sparte
werden etwas weiter gefasst auch all die Personen zugeordnet, die angeben, dass sich
ihre sportlichen Aktivitäten seit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben in mehr oder
weniger regelmäßiger Gartenarbeit, gelegentlichem Wandern, Spazierengehen oder ab
und zu Fahrrad Fahren äußern.
Ein weiterer Punkt in der Anamnese ist die Frage zur Schmerzentwicklung im
alltäglichen Leben beim bergan/treppauf oder bergab/treppab gehen. Im besonderem
sollen sich die Patienten dazu äußern, wie sich diese Strecken im Vergleich zum Laufen
in der planen Ebene verhalten.
29
2.4 Statistische Analyse
Die statistische Auswertung der Daten erfolgt in Mittelwert und Standardabweichung
oder in Häufung in Prozentangaben. Als Testverfahren für den Vergleich zweier
verbundener oder unverbundener Stichproben wird der gepaarte, bzw. der ungepaarte t-
Test verwendet. Ein p-Wert kleiner 0,05 wird als signifikant angenommen.
Korrelationen werden mit dem Pearson-Korrelationskoeffizienten berechnet. In dieser
Größe kommen sowohl die Richtung als auch die Stärke der Korrelation zum Ausdruck.
Er ist auf den Bereich von –1 bis +1 normiert.
Tabelle 6: Korrelationsstärke (nach Degen und Lorscheid [13])
Korrelationskoeffizient r Korrelationsstärke
0,8 bis 1,0 stark
0,5 bis 0,8 mittel
0,3 bis 0,5 schwach
< 0,3 keine
2.5 Computerprogramme
Der Datensatz wird im Statistikprogramm SPSS 11.5 für Windows dokumentiert und
bearbeitet. Die weitere Textverarbeitung erfolgt in Microsoft Word 2000 (Microsoft
Corporation, Redmond, WA, USA). Die Gestaltung der Abbildungen wurde in
Microsoft Exel 2000 vorgenommen.
30
3. Ergebnisse
3.1 Demographische Daten
Die Laufbandstudie umfasst N=63 Patienten, die im Zeitraum von Oktober 2003 bis
zum Januar 2005 eine stationäre Behandlung ihrer Spinalkanalstenose im St. Josef
Hospital Bochum erfahren haben. Die Tabelle 7 verdeutlicht die Verteilung der
Probanden auf die Therapiegruppen. Drei Viertel der Patienten sind konservativ
behandelt worden, ein Viertel ist einer operativen Therapie zugeführt worden. Im
Durchschnitt sind die konservativen Teilnehmer mit 67,4 Jahren nicht signifikant jünger
als die Operativen mit 70,1 Jahren. In beiden Gruppen ist das Verhältnis von Frauen zu
Männern etwa zwei zu eins.
Tabelle 7: Durchschnittsalter und Geschlechtsverteilung in den Therapiegruppen
Gesamtgruppe
Konservative
Operative
Gesamtzahl
Alter
63
68,1
47 (74,6%)
67,4
16 (25,4%)
70,1
Frauen
Alter
40 (63,5%)
68,1
30 (63,8%)
67,1
10 (62,5%)
71,0
Männer
Alter
23 (36,5%)
68,0
17 (36,2%)
67,8
6 (37,5%)
68,5
31
3.2 Laufbanduntersuchung
3.2.1 Vergleich der Gehstrecke bei Aufnahme
Zum Aufnahmezeitpunkt lassen sich bei den N=63 teilnehmenden Patienten folgende
Werte der Gehstrecke in Metern für die einzelnen Übungen im Mittel messen: im ersten
Versuch des reinen geradeaus Laufens sind durchschnittlich 114 Meter erreicht worden.
In vorgebeugter Haltung laufen die Patienten im Durchschnitt 196 Meter. Die
Simulation von bergan Gehen mit 15%iger Steigung des Laufbandes erweist sich als der
am stärksten beeinträchtigende Test mit im Mittel erreichten 100 Metern.
Hierbei ist deutlich zu sehen, dass die entlordosierende Haltung eine Steigerung der
Wegstrecke von über 70% im Vergleich zur aufrechten Position hervorbringt. Im
Verhältnis zum bergan Gehen kann der vorgebeugte Patient sogar fast doppelt so weit
laufen, bevor sich Symptome der Spinalkanalstenose einstellen.
Der t-Test bei gepaarten Stichproben verdeutlicht noch einmal, dass sich die Gehstrecke
vom Laufen in der geraden Ebene signifikant von der in gebeugter Haltung
unterscheidet (p=0,00). Ebenso signifikant verhält sich auch das bergauf Laufen zum
vorgebeugten Laufen (p=0,00). Kein wesentlicher Unterschied findet sich beim
Vergleich der geraden mit der ansteigenden Strecke.
3.2.1.1 Konservative vs. operative Patienten
Um mögliche Unterschiede zwischen dem Laufverhalten der konservativen und
operativen Patienten herauszustellen, werden beide Gruppen einzeln beleuchtet.
Die 47 konservativen Probanden erreichen in der ersten Übung eine mittlere Strecke
von 140 Metern. Dabei liegen die Werte zwischen 5 und 1250 Metern. In vorgebeugter
Haltung können diese eine 56%ige Steigerung ihrer zuvor erlaufenen Gehweite auf
durchschnittlich 218 Meter erreichen. Beim bergan Steigen fällt die Gehtrecke auf im
Mittel 121 Meter zurück, was im Vergleich zur zweiten Übung einen Abfall von 80%
darstellt.
Hier zeigt sich ein deutlich signifikanter Unterschied zwischen der Wegstrecke in
aufdehnender Haltung einmal zu der in gerader Ebene (p=0,001) und zum anderen zu
der bei ansteigendem Gefälle (p=0,00).
32
Die operativen Patienten erreichen auf ebenem Laufband eine mittlere Strecke von 39
Metern. Hier liegen die Werte in einem Spektrum zwischen 5 und 165 Metern. Bei
15%iger Steigung werden durchschnittlich nur 36 Meter gelaufen. Im Verhältnis dazu
bedeuten die in vorgebeugter Position geschafften 130 Meter eine Steigerung der Weite
um mehr als 200%. Die Gehstrecken unterscheiden sich jedoch nicht signifikant
voneinander (p>0,05).
0
50
100
150
200
250
gerade gebeugt bergan
Laufbandtest
Stre
cke
in m
konservative Patientenoperative Patienten
Abbildung 5: Gehstreckenvergleich der konservativen und der operativen
Patienten bei Aufnahme
Im Vergleich der Mittelwerte der konservativen Probanden mit denen der operativen
Probanden ist deutlich zu erkennen, dass gerade die Haltungen, die alltäglich ausgeführt
werden müssen, am stärksten divergieren. In der geraden Ebene schaffen es die
konservativen Patienten mit 140 Metern 3,5 mal so weit wie die operativen Patienten
mit 39 Metern. Dieses Verhältnis bleibt auch bei bergan steigender Strecke zwischen
diesen beiden Behandlungsgruppen (121 m der konservativen zu 36 m der operativen)
identisch. In gebeugter Haltung legen die operativen Probanden etwas mehr als die
Hälfte des Weges (130 m) zurück, den die konservativen Patienten erreichen (218 m).
In der Laufweite bei geradem Gehen und bei bergan Gehen unterscheiden sich also die
zur konservativen Therapie aufgenommenen Patienten signifikant von denen, die einer
33
operativen Therapie zugeführt werden. Es besteht keine Signifikanz (p>0,05) zwischen
den beiden Therapiegruppen in der Gehstreckenweite bei entlordosierender Haltung.
3.2.2 Vergleich der Gehstrecke zu unterschiedlichen Messzeitpunkten
3.2.2.1 Konservative Patienten
Von den n=47 konservativen Patienten haben 41 (87%) auch an der
Entlassungsuntersuchung nach 8 bis 10 Tagen teilgenommen. Von diesen Patienten sind
im Mittel die in der folgenden Tabelle 8 dargestellten Weiten gelaufen worden.
Tabelle 8: Aufnahme- und Entlassungsstrecke in Meter der konservativen
Patienten, N = 41
Aufnahmestrecke in m Entlassungsstrecke in m
Weite bei aufrechter Haltung 154 207
Weite bei vorgebeugter
Haltung
211 253
Weite bei 15% Steigung 126 206
Bereits zum Entlassungszeitpunkt ist eine signifikante Besserung der Gehstrecke bei
allen drei Untersuchungsteilen sichtbar. Beim Laufen auf gerader Ebene wird eine
Steigerung um 34% erzielt. In der Übung, in der jeweils am frühesten SKS
Beschwerden aufgetreten sind, nämlich dem bergan Gehen, werden die Weite sogar um
63% verbessert. Der Unterschied zwischen Therapieanfang und Therapieende bei
entlastender Wirbelsäulenhaltung beläuft sich auf 20%.
Zu Beginn liegt noch eine 22% bessere Strecke bei Gang auf ebenem Boden vor im
Vergleich zum bergan Laufen. Am Ende des stationären Aufenthaltes haben sich diese
beiden Weiten angeglichen.
Wie auch zum Zeitpunkt der Aufnahme bestehen bei der Entlassung nur zwischen der
gebeugten zu den jeweiligen anderen beiden Übungen signifikante Unterschiede
34
hinsichtlich der Gehstrecken. Ebenerdiges zu bergan Laufen verhält sich nicht
signifikant (p=0,05).
0
50
100
150
200
250
300
gerade gebeugt bergan
Laufbandtest
Stre
cke
in m
AufnahmeEntlassung
Abbildung 6: Gehstrecke der konservativen Patienten bei Aufnahme und
Entlassung
Alle Patienten sind 3 Monate nach der Entlassung zu einer weiteren
Laufbanduntersuchung gebeten worden. Aus den unterschiedlichsten Gründen sind 36
der Patienten dieser Einladung nicht nachgekommen. Der Vollständigkeit halber sollen
trotz der geringen Probandenzahl von 11 (23%) die Ergebnisse hier kurz vorgestellt
werden (siehe Tabelle 9 und 10).
35
Tabelle 9: Gehstrecken zu allen Untersuchungszeitpunkten bei konservativen
Patienten, N = 11
Aufnahme-
strecke in m
Entlassungs-
strecke in m
Strecke nach 3
Monaten in m
Weite bei aufrechter Haltung 155 238 295
Weite bei vorgebeugter
Haltung
205 290 356
Weite bei 15% Steigung 82 249 295
Tabelle 10: Gehstreckenbesserung in % bei konservativen Patienten
Besserung des
Entlassungs- zum
Aufnahmewert in %
Besserung des 3
Monats- zum Ent-
lassungswert in %
Besserung des 3
Monats- zum
Aufnahmewert in %
gerade Haltung 54 24 90
vorgebeugte
Haltung
41 23 74
15% Steigung 204 18 260
Alle Änderungen der Gehstrecke zum Entlassungs- und zum
Nachuntersuchungszeitpunkt nach 3 Monaten zeigen im Mittel eine Verbesserung des
Ausgangswertes. Ein deutlicher Aufschwung ist bereits bei Beendigung des
Krankenhausaufenthaltes zu verzeichnen. Signifikant ist die Steigerung der Laufweite
beim bergan Gehen. Innerhalb einer Spanne von 3 Monaten ist es zur weiteren Erholung
der Patienten mit nochmaligen Besserungen der Strecken um etwa 20% gekommen.
Blickt man auf die Möglichkeiten der Patienten bei Aufnahme und vergleicht diese mit
dem Status nach 3 Monaten, so findet man eine signifikante Verbesserung der
allgemeinen Gehfähigkeit in allen drei Positionen.
36
3.2.2.2 Operative Patienten
Wie oben beschrieben, ist es nicht sinnvoll gewesen, die operativen Patienten zum
Entlassungszeitpunkt zu untersuchen. Im Weiteren wurden aber auch alle operativ
Behandelten nach 3 Monaten angeschrieben. 6 (38%) dieser 16 Probanden sind der
Einladung gefolgt. Die Ergebnisse stellen sich wie folgt dar (siehe Tabelle 11).
Tabelle 11: Aufnahme- und Nachuntersuchung der operativen Patienten, N=6
Aufnahmestrecke in m Strecke nach 3 Monaten in m
Weite bei aufrechter Haltung 23 261
Weite bei vorgebeugter Haltung 19 279
Weite bei 15% Steigung 18 231
Im Vergleich der Strecke bei Aufnahme zu der nach 3 Monaten zeigt sich eine
signifikante Besserung. Die Operation hat eine Steigerung der Laufweite auf ebener
Fläche um etwa das elffache bewirkt, bei 15%iger Steigung um das 13fache. In
vorgebeugter Haltung gehen die Patienten sogar 15 mal so weit als zuvor.
Kritisch anzumerken ist hier insbesondere, dass bei dem allgemeinen Stopp des
jeweiligen Tests nach 15 Minuten 4 der 6 Patienten noch keinerlei Symptomatik gehabt
haben. Die Gehstrecke im Alltag ist also deutlich länger, eventuell sogar der eines
Gesunden entsprechend.
3.2.3 Vergleich der Laufzeiten bei Aufnahme
Jedem Patienten war es möglich, die Laufbanduntersuchung in der für ihn oder sie
angenehmen Geschwindigkeit durchzuführen. Somit ist diese zwar für jede Person
unterschiedlich gewesen, hat aber doch die Gemeinsamkeit des „Alltags“. Daher soll
hier noch die Zeit verglichen werden, in der die Probanden eine SKS Symptomatik
entwickelt haben.
37
Bei der ersten Übung, in der alltägliches geradeaus Laufen simuliert wird, sind die
konservativen Patienten durchschnittlich 4.56 Minuten gelaufen. Dabei liegen die Werte
zwischen minimal 25 Sekunden und maximal 15 Minuten Laufzeit.
Im zweiten Test mit vorgebeugtem Oberkörper laufen die Teilnehmer etwa 7,22
Minuten. Wieder liegen die Werte zwischen 33 Sekunden und 15 Minuten.
Die 15%ige Steigung des Laufbandes wird im Mittel mit 4,18 Minuten bewältigt. Auch
hier spannen sich die Werte zwischen minimal 10 Sekunden bis zum Untersuchungsstop
bei 15 Minuten auf.
Wie schon im Vergleich der Gehstrecke zeigen sich auch in der Laufzeit signifikante
Unterschiede zwischen der Laufbandübung eins und zwei (p=0,00) sowie den Tests
zwei und drei (p=0,00). Kein großer Unterschied besteht zwischen geradem Laufen und
15%iger Steigung. Der Trend weist jedoch auch hier darauf hin, dass bergan gehen am
ehesten zum Abbruch des Laufens führt und eine Erholungsphase erfordert.
Die operativen Patienten zeigen deutlich geringere Laufzeiten. Im ersten Versuch
müssen diese bereits nach ca. 1,52 Minuten pausieren. Dabei erreichen ihre Zeiten ein
Spektrum zwischen 15 Sekunden bis zu 5 Minuten und einer Sekunde.
Das vorgebeugte Laufen führt bei den Teilnehmern durchschnittlich nach 3,60 Minuten
zu klinischen Symptomen. Minimal werden 10 Sekunden, maximal 15 Minuten
gelaufen.
Die 15% Steigung sind mit durchschnittlich 1,35 Minuten gemeistert worden. Auch hier
liegen die Zeiten zwischen 11 Sekunden und maximal 3 Minuten und 58 Sekunden.
Dem Ergebnis des Gehstreckenvergleiches ähnlich unterscheiden sich die einzelnen
Laufbandtests der operativen Patienten nicht signifikant. Dennoch lässt sich zeigen,
dass eine entlordosierende Haltung bei diesen Patienten etwa eine Verdreifachung der
Zeit gebracht hat, die sie symptomfrei laufen können.
Zum Aufnahmezeitpunkt unterscheiden sich die operativen Patienten in ihrer Laufzeit
von den konservativen Patienten in allen drei Übungen signifikant (p<0,05). Auf ebener
Strecke laufen die konservativen Teilnehmer dreimal länger als die operativen. Dasselbe
trifft für die Zeitdifferenz beim bergan Gehen zu. In vorgebeugter Haltung liegt ein
Unterschied von 100% vor.
Interessanterweise hat kein operativer Patient es geschafft, in den beiden am ehesten die
SKS Symptomatik provozierenden Übungen des gerade und bergan Laufens länger als
5 Minuten (und eine Sekunde) zu laufen.
38
0
1
2
3
4
5
6
7
8
gerade gebeugt bergan
Laufbandtest
Zei
t in
min
konservative Patientenoperative Patienten
Abbildung 7: Laufzeit bei Aufnahme bei den konservativen und operativen
Patienten
3.3 Oswestry Low Back Pain Disability Questionaire
Für den Oswestry Score zum Aufnahmezeitpunkt liegt ein durchschnittlicher
Prozentwert von 45,3% vor mit einer Spanne von neun bis 71 Prozent. Werden die
Therapiegruppen dabei noch einzeln betrachtet, so findet man bei den konservativen
Patienten einen mittleren Score von 41,9%. Dieser unterscheidet sich signifikant
(p<0,01) von dem der operativ Behandelten, die einen um ca. 10 Punkte höheren
Durchschnittswert von 54,2% haben.
Teilt man die Patienten anhand ihrer Prozentwerte in die wie in 2.3.1 beschriebenen
Gruppen von 1 bis 5 ein, so finden sich die meisten Patienten in der dritten Gruppe,
dicht gefolgt von den etwa gleichstarken Gruppen zwei und vier. Keiner der Patienten
ordnete sich in die Gruppe 5 der bettlägerigen Patienten ein. Die Gruppe 1 mit leichter
Beeinträchtigung ist mit nur vier Patienten vertreten. Auch hier ist ein Unterschied
zwischen den beiden Behandlungsgruppen zu verzeichnen. Während sich die
konservativ Therapierten in etwa gleich stark auf die Gruppen zwei und drei aufteilen
und die Gruppen eins und vier den Rahmen bilden, finden sich die meisten operativen
Patienten in der dritten und vierten Gruppe mit schwerer bis schwerster Behinderung
39
wieder. Die Gruppe zwei ist hier mit zwei Patienten vertreten, keiner fühlt sich nur
leicht beeinträchtigt.
02468
1012141618
1; lei
cht
3; sch
wer
4; sch
werst
Beeinträchtigungsgrad
Anz
ahl d
er P
atie
nten
konservative Patientenoperative Patienten
Abbildung 8: Verteilung der Patienten auf die Gruppeneinteilung 1 bis 5 des OSW
bei Aufnahme.
Zum nächsten gemeinsamen Auswertezeitpunkt, also drei Monate nach dem stationären
Aufenthalt, ist der Prozentwert auf 28,4% gefallen bei einer Spanne von null bis 69
Prozent. 13 der 16 operativen Patienten wurden zur Nachuntersuchung erreicht. Dabei
haben diese eine signifikante Besserung (p = 0,00) vom Aufnahmewert von 53,1% um
29 Prozentwerte auf einen Durchschnittswert von 24,1% erfahren.
Von den konservativ Behandelten haben 27 Patienten nach drei Monaten den
Fragebogen ausgefüllt. Diese Gruppe hatte bei Aufnahme einen mittleren Wert von
42,2% und hat schlussendlich ein um ca. 10 Prozent besseres, signifikantes Ergebnis
von 30,4% erreicht.
Im Vergleich der beiden Behandlungsgruppen unterscheiden sich deren Ergebnisse bei
der Nachuntersuchung nicht mehr. Im Verlauf ist zu beobachten, dass die operativen
Patienten von einer schlechteren Position starten, nach drei Monaten aber ein dem der
konservativen Patienten ähnliches, sogar leicht besseres subjektives Empfinden
erreichen.
40
In der Aufteilung in die Gruppen von 1 bis 5 zeigt sich, bedingt durch die Besserung des
Scores bei der Nachuntersuchung, eine Änderung hin zu den Gruppen 1 und 2. Dabei ist
unter den konservativ Behandelten die Gruppe 1 am stärksten vertreten, dicht gefolgt
von Gruppe 2 und schließlich 3. Die operative Therapie hat eine deutliche Verschiebung
zur ersten und zweiten Gruppe gebracht.
02468
1012141618
1; lei
cht
2; mäß
ig
3; sch
wer
4; sch
werst
5; be
ttläge
rig
Beeinträchtigungsgrad
Anz
ahl d
er P
atie
nten
AufnahmeNachuntersuchung
Abbildung 9: Verteilung der konservativen Patienten auf die Gruppen 1 bis 5 des
OSW bei Aufnahme- und Nachuntersuchung
41
0123456789
1; lei
cht
2; mäß
ig
3; sch
wer
4; sch
werst
5; be
ttläge
rig
Beeinträchtigungsgrad
Anz
ahl d
er P
atie
nten
AufnahmeNachuntersuchung
Abbildung 10: Verteilung der operativen Patienten auf die Gruppen 1 bis 5 des
OSW bei Aufnahme- und Nachuntersuchung
In der konservativen Gruppe wurden Oswestry Scores zu drei unterschiedlichen
Messzeitpunkten erhoben. Schon im Vergleich der Ergebnisse von der Aufnahme zur
Entlassung nach 8 bis 10 Tagen zeigt sich eine signifikante Besserung. Die von 41
Patienten bei Aufnahme und Entlassung vorliegenden Prozentwerte sind von 41,8% um
etwa fünf Prozent auf 36,4% gefallen. In den drei Monaten nach dem stationären
Aufenthalt hat sich noch einmal eine signifikante Veränderung um weitere fünf Prozent
eingestellt. 26 der konservativen Patienten haben zu allen drei Zeitpunkten einen
Fragebogen ausgefüllt. Dabei hat sich der Aufnahmewert von durchschnittlichen 42,1%
auf 36,3% bei Entlassung und von dort auf 29,9% bei der Nachuntersuchung gebessert.
42
3.3.1 Vergleich der Gehstrecken
Bezogen auf die in Frage 4 des OSW erfragte Gehstrecke wird dem Wert 0 eine
unbegrenzte Wegstrecke zugeordnet, dem Wert 1 eine noch mögliche Weite bis 1600 m.
In der Einteilung sinkt die Strecke immer weiter ab, die bis 800 m entspricht einem
Wert von 2, die bis 400 m einem Wert von 3, bis zu der Aussage, dass die Schmerzen
ein Gehen unmöglich machen, der ein Wert von 5 zugeordnet ist (siehe auch Anhang,
Seite 76).
Durchschnittlich können die Patienten bei Aufnahme noch eine Strecke von bis zu 800
m zurücklegen. Dabei teilen sich 50% der konservativ Behandelten relativ gleichmäßig
in die Gruppe derjenigen auf, die 800 m (29%) bis 1600 m (21%) laufen können. Noch
mal 24% geben an, dass die Schmerzen sie hindern würden, mehr als 400 m zu gehen.
Einigen wenigen dieser Behandlungsgruppe ist es möglich, unbegrenzt zu laufen, etwa
gleich viele benötigen jedoch eine Gehhilfe, um überhaupt eine Strecke zu meistern.
0
5
10
15
20
25
30
35
unbe
grenz
t
bis 16
00 m
bis 80
0 m
bis 40
0 m
Gehsto
ck
Gehstrecke
Proz
ent Aufnahme
EntlassungNachuntersuchung
Abbildung 11: Gehfähigkeit der konservativen Patienten zu den verschiedenen
Messzeitpunkten
43
Bei Entlassung haben sich die Patienten durchschnittlich um einen Wert nach oben
verbessert. Wie in der Abbildung 11 zu sehen, kann da die Hälfte der Patienten über 800
m laufen, 20% sogar unbegrenzt. Weitere 24% können bis 800 m laufen. Ein relativ
großer Teil von etwa einem viertel gibt jedoch noch an, nur mit Gehstock oder bis 400
m weit gehen zu können. Bei der Nachuntersuchung sind sogar 30% fähig, unbegrenzt
zu laufen. Etwa ein Viertel haben jedoch wieder 400 m oder weniger angegeben.
0
10
20
30
40
50
60
70
unbe
grenz
t
bis 16
00 m
bis 80
0 m
bis 40
0 m
Gehsto
ck
Gehstrecke
Proz
ent
AufnahmeNachuntersuchung
Abbildung 12: Gehfähigkeit der operativen Patienten bei Aufnahme und
Entlassung
Die operativen Patienten geben bei Aufnahme zu 63% an, dass sie höchstens bis zu
400 m laufen können, bevor die Schmerzen zu heftig werden, um weiterzugehen. Nur
einer erreicht ca. 1600 m, bevor sich Schmerzen einstellen. Kein Teilnehmer kann
unbegrenzt laufen. Nach drei Monaten hat sich auch in dieser Behandlungsgruppe das
Ergebnis verbessert. 69% können über 800 m zurücklegen, ohne von Schmerzen geplagt
zu werden. 38% können sogar unbegrenzt laufen. Auch hier kann jedoch ein Viertel der
Patienten nur mit Gehstock oder bis 400 m laufen.
44
3.3.2 Prüfung von Korrelationen
An dieser Stelle wird nun geprüft, inwieweit die Einschätzung der Patienten über die
Beeinträchtigung ihres Lebens durch die symptomatische Spinalkanalstenose gemessen
an Hand des Oswestry Fragebogens mit den auf dem Laufband erzielten Werten
übereinstimmt. Die Korrelationsstärke wird wie in Tabelle 6 aus 2.4 aus Degen und
Lorscheid [13] interpretiert.
Der Score in Prozentwerte gefasst im Zusammenhang mit der Gehstrecke bei geradem
Laufen zum Aufnahmezeitpunkt ergibt einen Pearson-Korrelationskoeffizienten von
r = –0,28, bei gebeugter Haltung von r = -0,34 und bei 15%iger Steigung von r = -0,23.
Somit besteht eine schwache Korrelation des Fragebogens nur mit der
Laufbanduntersuchung bei gebeugter Haltung.
Werden hier die Behandlungsgruppen einzeln angesehen, so zeigen die konservativen
Patienten ein Ergebnis, das dem der Gesamtgruppe fast identisch ist mit r = -0,21 bei
gerader Strecke, r = -0,32 bei gebeugter Haltung und r = -0,17 bei Steigung. Die
Einschätzung der Gehfähigkeit der operativen Patienten stimmt mit den gemessenen
Strecken besser überein. Übung 1 zeigt eine mittlere Korrelation (r = -0,54), Übung 2
(r = -0,32) und 3 (r = -0,44) eine schwache.
Als differenziertere Betrachtung soll zusätzlich nur die Frage 4 des Oswestry
Fragebogens mit der Laufbanduntersuchung korreliert werden. In dieser Frage können
die Patienten, wie oben bereits beschrieben, zwischen sechs Aussagen wählen, die die
Gehfähigkeit kategorisieren. Bei relativ hoher Streuung der einzelnen Werte finden sich
mittlere Korrelationen der geraden (r = -0,52 ) und der gebeugten (r = -0,50) Gehstrecke
mit den angegebenen Werten der Frage 4 des Fragebogens. Die bei 15% Steigung
erlaufene Weite weist nur einen schwachen Zusammenhang (r = -0,45) mit der
Einschätzung der Gehfähigkeit auf. Tabelle 12 zeigt die errechneten Korrelationen für
die einzelnen Therapiegruppen auf.
45
Tabelle 12: Korrelation der Gehfähigkeit nach dem OSW Score der Frage 4 mit
der gemessenen Gehstrecke der Laufbanduntersuchungen bei den
konservativen und den operativen Patienten
Korrelationskoeffizient n. Pearson
konservativ operativ
OSW Frage 4 zur Gehstrecke in gerader Haltung -0,49 +0,02
OSW Frage 4 zur Gehstrecke in gebeugter Haltung -0,59 -0,17
OSW Frage 4 zur Gehstrecke bei 15% Steigung -0,44 -0,49
-200
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
0 1 2 3 4 5
Score der Frage 4 des OSW
Stre
cke
in m
PatientenLinear (Patienten)
Abbildung 13: Korrelation der in Frage 4 angegebenen Gehfähigkeit mit der auf
dem Laufband gemessenen geraden Strecke; 0 = unbegrenzt, 1 = bis
1600 m, 2 = bis 800 m, 3 = bis 400 m, 4 = Gehstock, 5 = nicht
möglich
46
Anhand der Entlassungsuntersuchung, die nur die konservativen Patienten umfasst, lässt
sich der Zusammenhang zum Wert des kompletten Fragebogens mit dem
Zusammenhang zur Frage 4 vergleichen. Wieder korreliert der Score des OSW nur
schwach mit den jeweiligen Laufbanduntersuchungen (r = -0,33 bei gerader Strecke,
r = -0,43 bei gebeugtem Laufen, r = -0.39 bei Steigung). Hingegen erreichen die
Punktwerte der Frage 4 mittlere Korrelationen bei dem Vergleich der Gehstrecke in
gerader (r = -0,52) und gebeugter Haltung (r = -0,58). Bei der Weite des bergan Laufens
erhält man einen Koeffizienten von r = -0,48.
Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung errechnen sich mit dem Score des Oswestry
Fragebogens sowie mit den Punkten der Frage 4 jeweils zu den Gehstrecken der
einzelnen Laufbandübungen mittlere Korrelationen bei Pearson-Koeffizienten r von um
die –0.70. Wird die konservative Therapiegruppe einzeln betrachtet, so weichen die
Werte in beiden Fällen von denen aller nur unwesentlich ab. Für die operativen
Patienten errechnet sich zwischen OSW Score und gerader Wegstrecke ein r = -0,90,
gebeugt gelaufener Weite ein r = -0,84 und einer bergansteigenden Strecke ein r = -0,86.
Dies zeigt eine starke Korrelation. Wird die Korrelation zwischen der Frage 4 und den
jeweiligen Laufbanduntersuchungen untersucht, so zeigt sich bei den operativen
Patienten nur für die bergan gelaufene Strecke eine starke Korrelation (r = -0,90).
Gerade und gebeugte Strecke finden sich im mittleren Bereich mit Koeffizienten von
r = -0,76 und r = -0,56.
3.4 Anamnese
3.4.1 Sport
Wie oben beschrieben, sind alle Patienten eingangs befragt worden, ob und seit wann
sie einer sportlichen Tätigkeit nachgehen. Die Ergebnisse lassen sich in zwei Gruppen
unterteilen. 34 der Untersuchten (54%) geben mindestens eine Sportart als langjähriges,
wenn nicht sogar seit der Jugend bestehendes Hobby an. Die restlichen Teilnehmer,
nämlich 29 der insgesamt 63 (46%) betreiben keinen Sport oder bezeichnen
gelegentliches Wandern, Fahrrad Fahren oder Gartenarbeit seit dem Ende des
Berufslebens als solchen.
47
konservative Patienten
55%
45%
Sportler
Nicht-Sportler
operative Patienten
50% 50%
SportlerNicht-Sportler
Abbildung 14: Verteilung Sportler und Nicht-Sportler in den Therapiegruppen
Werden die mittleren zurückgelegten Strecken von Sportlern und Nicht-Sportlern für
die jeweiligen Übungen auf dem Laufband verglichen, zeigt sich ein signifikanter
Unterschied nur bei vorgebeugter Haltung. Es ist jedoch ein deutlicher Trend zu sehen,
dass die sportlichen Teilnehmer bei jedem Test mindestens 50% weiter laufen können
als die unsportlichen Probanden.
Vergleicht man innerhalb dieser Gruppen die operativen und die konservativen
Patienten miteinander, ist festzustellen, dass der Anteil von konservativen Probanden
mit egal welcher Sportanamnese zumeist das dreifache der Wegstrecke der operativen
Teilnehmer zurücklegt. Ausgenommen davon ist die Gehweite der Sportler bei
vorgebeugter Haltung. Hier halten die operativen Patienten mit 77% der Gehstrecke der
konservativ Therapierten relativ gut mit.
Signifikante Unterschiede bestehen bei den sportlichen Patienten in der Laufbandübung
mit aufrechter Haltung und bei den unsportlichen Probanden bei gebeugter Haltung.
Werden die Patienten mit der konservativen Therapie getrennt von denen mit der
operativen Therapie betrachtet, so ist in beiden Gruppen zu erkennen, dass die
sportlichen Teilnehmer im Durchschnitt bessere Ergebnisse erzielt haben.
48
162
269
149
112
156
87
0
50
100
150
200
250
300
gerade gebeugt bergan
Laufbandtest
Stre
cke
in m
SportlerNicht-Sportler
Abbildung 15: Vergleich der Gehstrecke der konservativen Patienten bei
Aufnahme mit Sportanamnese
43
208
403551
33
0
50
100
150
200
250
gerade gebeugt bergan
Laufbandtest
Stre
cke
in m
SportlerNicht-Sportler
Abbildung 16: Vergleich der Gehstrecke der operativen Patienten bei Aufnahme
mit Sportanamnese
49
3.4.1.1 Sportler vs. Nicht-Sportler in der konservativen Therapiegruppe
Werden die Patienten mit der konservativen Therapie getrennt von denen mit der
operativen Therapie betrachtet, so ist in beiden Gruppen zu erkennen, dass die
sportlichen Teilnehmer bei Aufnahme im Durchschnitt bessere Ergebnisse erzielt haben.
Das Programm der konservativen Therapie beinhaltet für jeden Patienten sportliche
Aktivitäten wie Fahrrad Fahren, physiotherapeutische Übungen und Bewegungen sowie
Rückenschule. Hierbei ist es interessant zu beobachten, ob in der Gruppe der
konservativen Patienten eine sportliche Vorgeschichte auch einen Vorteil für den
Verlauf mit sich bringt. Von 22 sportlichen und von 19 unsportlichen Patienten gibt es
Messungen zum Aufnahme- und zum Entlassungszeitpunkt. Wie unter 3.2.1.1
beschrieben, unterscheiden sich die Aufnahmewerte in aufrechter Haltung und bei 15%
Steigung zu der in gebeugter Haltung signifikant. Dies trifft für die Gehstrecken der
sportlichen wie unsportlichen Teilnehmer zu.
Im Ganzen hat sich die Gehstrecke zum Entlassungszeitpunkt bei den sportlichen
Patienten in allen drei Laufbanduntersuchungen signifikant gebessert (p<0,05), siehe
Abbildung 17. Bei den unsportlichen Teilnehmern ist ein Trend zu erkennen, aber zu
einer signifikanten Steigerung der Laufweite ist es nur beim bergan Gehen gekommen,
siehe Abbildung 18.
50
183
256
157
264
315
254
0
50
100
150
200
250
300
350
gerade gebeugt bergan
Laufbandtest
Stre
cke
in m
AufnahmeEntlassung
Abbildung 17: Vergleich der Gehstrecke der sportlichen konservativen Patienten;
alle p<0,05
120
160
90
140
181151
0
50
100
150
200
250
300
350
gerade gebeugt bergan
Laufbandtest
Stre
cke
in m
AufnahmeEntlassung
Abbildung 18: Vergleich der Gehstrecke der nicht Sport treibenden konservativen
Patienten; bergan: p<0,05
51
3.4.2 Umfrage bergan vs. bergab
Die Patienten sind alle bei Aufnahme zusätzlich befragt worden, ob es einen
Unterschied für das Auftreten ihrer SKS Symptomatik beim Laufen macht, wenn sie
bergauf oder bergab gehen müssen. Dabei lassen sich vier Hauptgruppen
herauskristallisieren. 22 (35%) Patienten geben an, dass bergauf Laufen am
schlechtesten funktioniert. Bei 13 (21%) Leuten verursacht bergab Gehen die meisten
Probleme. 19 (30%) Teilnehmer finden, dass keines der beiden einen großen
Unterschied zum Laufen auf gerader Strecke darstellt. Der Meinung, dass bergauf wie
bergab Gehen schlechter geht, waren 9 (14%) Probanden.
35%
21%
30%
14%
berganbergabbergan und bergabgleich
Abbildung 19: Patientenumfrage, welche Neigung im Vergleich zur geraden
Strecke eher ein Auftreten der SKS Symptomatik provoziert
52
4. Diskussion
4.1 Demographische Daten und Allgemeines
Die Patienten dieser Studie haben ein Durchschnittsalter von 68 Jahren. Dieses findet
sich auch in zahlreichen anderen Studien über die Spinalkanalstenose
[6,7,8,10,19,38,40,54]. Die operativen Patienten sind mit im Mittel 70 Jahren
tendenziell etwas älter als die konservativ Behandelten.
Mit einem Anteil von 63,5% an Frauen zu 36,5% an Männern besteht ein deutliches
Verhältnis zugunsten des weiblichen Geschlechtes. Zwar wird im Allgemeinen
beschrieben, dass mehr Männer von der Erkrankung betroffen sind [4,8,19,32,38,40],
einige Studien über die Spinalkanalstenose zeigen aber ebenfalls einen höheren Anteil
an weiblichen Patienten [5,6,25,34,54,55]. Das Geschlechterverhältnis von etwa zwei zu
eins fand sich in beiden Therapiegruppen.
Jeder Patient hat die Laufbanduntersuchung in dem für ihn üblichen Tempo absolviert,
mit dem er auch den Alltag meistert. Damit hat diese Größe für alle Patienten eine
Gemeinsamkeit, auch wenn die Geschwindigkeiten unterschiedlich sind. Es sollte
ausgeschlossen werden, dass zu dem ungewohnten Gehen auf dem Laufband noch
zusätzlich ein unnatürliches Tempo ein beschleunigtes Einsetzen der SKS Symptomatik
provoziert. Deen und Mitarbeiter [10,11] haben in ihrer Laufbandstudie einmal mit
einer konstanten vorgegebenen Geschwindigkeit von 1,2 mph gearbeitet und zum
Vergleich dazu den Patienten auch noch einmal in seinem bevorzugten Tempo laufen
lassen. Die Ergebnisse waren praktisch identisch, was zeigt, dass beide Möglichkeiten
anwendbar sind. Watson und Mitarbeiter [53] stellen in ihrer Studie mit pAVK
Patienten fest, dass die Patienten in ihrer eigenen Geschwindigkeit deutlich weiter
laufen können, als bei einem langsameren Tempo auf dem Laufband.
Jeder Laufbandtest ist abgebrochen worden, sobald der Patient erste Anzeichen von
Schmerzen, Schwächegefühl oder ähnlichem bemerkt hat oder wenn er nach Ablauf von
15 Minuten immer noch symptomlos gehen konnte. Diese Obergrenze ist in Anlehnung
an mehrere Laufband-Studien gewählt worden [10,11,24,27,51]. Deen und Mitarbeiter
[10,11] beschreiben, dass über diese Zeitdauer hinaus keine weiteren neuen
Informationen gewonnen werden. In früheren Studien haben postoperative Patienten
auch nach dem Ende dieser 15 Minuten Laufzeit durch längeres Gehen bis zu 30
Minuten keine neurologischen Symptome entwickelt.
53
Für die Interpretation der Gehstrecke ist die 15 Minuten Grenze ein wenig
problematisch. Möchte man nicht in Spekulationen verfallen, so muss mit der
tatsächlich erlaufenen Weite gerechnet werden. Dabei ist es durchaus möglich, dass ein
Patient mit einer Laufzeit von 15 Minuten in einem langsamen Tempo einen kürzeren
Weg zurücklegt, als ein Patient, der deutlich schneller läuft, aber bereits nach 8 Minuten
stoppen muss. Daher erscheint es im Folgenden sinnvoll, nach der Gehstreckenanalyse
auch die Zeiten der einzelnen Untersuchungen zu vergleichen.
4.2 Ergebnisse der Laufbanduntersuchung
4.2.1 Gehstreckenanalyse
Bei der Aufnahmeuntersuchung findet sich ein signifikanter Unterschied zwischen der
Strecke in vorgebeugter Haltung zu der auf gerader Ebene und der bergan
zurückgelegten. Die Besserung der Laufweite durch das Aufdehnen des Wirbelkanals,
welches sich die Erkrankten auch im alltäglichen Leben durch Hinsetzen oder Bücken
zunutze machen, ist ein typisches Bild für die Spinalkanalstenose.
Betrachtet man die beiden Therapiegruppen nun einzeln, lassen sich anhand des
Laufbandes innerhalb der jeweiligen Tests und zwischen diesen deutliche Unterschiede
feststellen. Am meisten sind die Übungen betroffen, die das alltägliche Leben
simulieren sollen, zu dem der Weg geradeaus zur Haltestelle, aber auch der Berg zum
nächsten Geschäft gehört.
Die operativen Patienten erreichen dabei gerade mal ein Viertel bis ein Drittel der
Wegstrecke im Vergleich zu den konservativen Probanden und haben damit einen
signifikant kleineren Bewegungsradius. Betrachtet man zusätzlich die kürzeste sowie
die weiteste Strecke bei geradem Laufen, so unterscheiden sich die
Behandlungsgruppen nicht in dem Minimalwert mit jeweils 5 Metern. Dafür zeigen sich
aber Differenzen bei den Maximalwerten. Bei den operativen Patienten liegt dieser bei
165 Metern, nur 2 von ihnen haben überhaupt mehr als 100 Meter zurückgelegt. Die
konservativen Patienten hingegen haben eine maximale Strecke von 1250 Metern
erreicht. 15% sind 400 Meter oder weiter gelaufen. 36% erreichen Weiten über 100
Meter, bevor Probleme beim Laufen beginnen.
54
Die Möglichkeit, in entlordosierender also entlastender Haltung einen gewissen
Aufschub der Symptomatik zu erzielen, ist bei den operativ Behandelten mit etwas
mehr als der Hälfte der Strecke, die die konservativen Patienten zurückgelegt haben,
tendenziell eingeschränkt. Gleichzeitig sieht man aber auch, dass die
Kompensationschancen bei aufdehnender Haltung nicht linear zu der Verschlechterung
der geraden Gehstrecke abfallen. Bei den konservativen Patienten wird eine 56%ige
Steigerung der zurückgelegten Weite in vorgebeugter im Vergleich zur geraden Position
erreicht. Die operativen Teilnehmer hingegen können die in aufrechter Haltung
erlaufenen 39 Meter auf 130 Meter verbessern, wenn sie den Lendenwirbelbereich
erweitern. Dies bedeutet eine Steigerung um über 200%.
Im Ganzen zeigt die Laufbandanalyse zunächst, dass SKS typische Symptome
provoziert werden können und damit verlässliche Messungen der aktuellen Gehstrecke
für jeden Patienten erstellbar sind. Allein dadurch ist dem Laufband ein Platz in der
Diagnostik zu sichern. Weiterhin lassen sich signifikante Unterschiede in der Laufweite
zwischen operativ und konservativ Behandelten darstellen, die zu weiteren
Untersuchungen animieren. Ließen sich dort genauere Abgrenzungen finden, hätte das
Laufband auch therapieentscheidende Bedeutung. Um ein Beispiel aus diesen Daten zu
wählen, ließe sich hier postulieren, Patienten mit einer Gehstrecke von über 200 Metern
sollten dem Versuch einer konservativen Therapie zugeführt werden.
4.2.2 Zeitanalyse
Übereinstimmend mit den Ergebnissen der Gehstreckenvergleiche findet sich auch
hinsichtlich der Zeit bei Aufnahme ein signifikanter Unterschied zwischen dem Gehen
in vorgebeugter Haltung zu jeweils dem auf gerader Strecke und bei ansteigendem Weg.
Des Weiteren sind auch die Laufzeiten der operativen Patienten in allen drei
Laufbandübungen signifikant kürzer als die der konservativen Probanden.
Betrachtet man nun die Zeitspanne, in der sich die beiden Behandlungsgruppen
bewegen, so unterscheiden sich die Minimalwerte nicht voneinander. In der geraden
Ebene erreichen die operativen Patienten jedoch maximal nur fünf Minuten und eine
Sekunde, bergan sogar nur knapp vier Minuten. Im ersten Test liegen 87,5% sogar unter
zweieinhalb Minuten.
55
Im Vergleich dazu schaffen 28% der konservativen Probanden mehr als 5 Minuten und
43% liegen über 2,5 Minuten. 21% überwinden beim bergan Gehen die 5 Minuten.
Acht konservative Patienten laufen sogar bei beiden Versuchsanordnungen bis zu 15
Minuten, die den Abbruch des Tests aufgrund des Ausbleibens neurologischer Probleme
bedeuten. In gebeugter Haltung entwickeln sogar 17 Patienten keine SKS Symptomatik.
15% der konservativen Patienten können alle drei Übungen ohne Schmerzentwicklung
absolvieren. Über 15 Minuten Laufzeit erreichen hingegen nur zwei der operativen
Teilnehmer und dies auch nur in gebeugter Haltung.
Ähnlich wie die Gehstrecke scheint auch die Zeit ein guter Parameter für die
Lauffähigkeit der Patienten zu sein. Hier würden sich ebenfalls weitere Untersuchungen
empfehlen, um deutliche Unterschiede zwischen den Patienten herauszufinden und um
daran schließlich Therapieoptionen anzuknüpfen.
4.2.3 Steigungsanalyse
In der letzten Laufbandübung haben die Patienten eine Steigung von 15% zu
bewältigen. In der Literatur wird allgemein angegeben, dass es für Menschen mit
Spinalkanalstenose angenehmer sei, bergauf als bergab zu laufen [15,32,34]. Somit ließ
sich zunächst vermuten, dass sich beim dritten Test die Ergebnisse zwischen denen des
gerade Laufens und denen des gebeugten Gehens einordnen lassen, mit Tendenz in
Richtung des letzteren. Überraschenderweise liefert das bergan Laufen aber die
durchschnittlich schlechtesten Ergebnisse. In beiden Behandlungsgruppen besteht kein
signifikanter Unterschied zur geraden Strecke, vom Trend her ist bergan Laufen sogar
etwas schlechter. Nun liegt zunächst die Vermutung nahe, dass das bergan Gehen auf
dem Laufband keine natürliche Haltung mit sich bringt und damit falsche Ergebnisse
erzeugt.
Um dies differenzierter beurteilen zu können, wäre es nötig, Vergleichsmessungen im
Alltag aufzustellen oder zumindest die Erfahrung der Patienten, welche täglich mit
Steigungen konfrontiert werden, zu nutzen. In der Folge sind in dieser Studie alle
Teilnehmer befragt worden, welche Neigung im Vergleich zur geraden Strecke eher ein
Auftreten der SKS Symptomatik provoziert. Dabei haben 35% der Probanden mehr
Probleme, bergan zu laufen im Vergleich zu 21%, die bergab früher Schwierigkeiten
bekommen. 51% sehen keinen Unterschied zwischen den beiden Gefällen. Innerhalb
56
dieser Gruppe finden aber 21%, dass bergan wie bergab gehen ihnen mehr
Schwierigkeiten bereite als das Laufen auf einer ebenen Strecke.
Dong und Porter [15] beschreiben eine ähnliche Umfrage über Symptome bei bergan
oder bergab Laufen, die bei ihren Patienten ergab, dass sich nur 16% beim Laufen von
ansteigenden Strecken wohler fühlten, während bergab Gehen bei 31,5% weniger
Probleme erzeugte. 52,5% konnten keinen Unterschied für sich feststellen.
In Kombination mit der Umfrage wird die Vermutung, dass das Laufband falsche
Ergebnisse produziert, eher unwahrscheinlich. Es sind nun verschiedene Erklärungen
denkbar, die eventuell zusammenspielen. Eine Vermutung wäre, dass nur bei einem
maximalen Gefälle die beschriebenen Haltungsänderungen eingenommen werden,
wohingegen leichtere Steigungen durch vermehrte Beinarbeit bewältigt werden. Dong
und Porter [15] nehmen an, dass die SKS Patienten, bei denen durch degenerative
Veränderungen eine Minderbeweglichkeit der Wirbelsegmente resultiert, nur scheinbar
eine Flexion der lumbalen Wirbelsäule zeigen. In Wirklichkeit spielt sich die Beugung
eher in einer Kippung des Beckens nach vorn ab. Für dieses Gedankenmodell spricht
weiterhin, dass der Mensch im Allgemeinen den Blick nach vorn gerichtet lässt. Somit
beugen wir uns auf Grund des Schwerpunktes beim bergan Gehen zwar nach vorne,
müssen aber, um weiterhin geradeaus sehen zu können, wieder nachregulieren. Am
ehesten ist dies durch eine Kippung des Beckens mit gleichzeitiger Hyperlordosierung
zu erreichen. Diese wiederum führt eher zum Auftreten klinischer SKS Symptome.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei einer Laufbanduntersuchung die Erfassung
der Gehstrecke bei Steigung keinen zusätzlichen Aussagewert über die Lauffähigkeit
besitzt. Sie ist praktisch mit der Gehweite auf gerader Ebene identisch und trägt damit
keine weiteren Informationen für die Entscheidung bei, welche Therapierichtung
eingeschlagen werden soll.
57
4.3 Auswertung des OSW
4.3.1 Aufnahme
Anhand des Oswestry Scores werden die Patienten in Gruppen von 1 (leichte
Beeinträchtigung) bis 5 (Bettlägerigkeit) eingeteilt. Die konservativen Patienten
befinden sich hauptsächlich in den Gruppen 2 und 3 mit mittlerer bis schwerer
Beeinträchtigung. Dagegen schätzen die operativen Patienten ihre Behinderung eher als
schwer (Gruppe 3) bis schwerst (Gruppe 4) ein. Nur Patienten der konservativen
Therapiegruppe fallen in die Gruppe 1 mit leichter Beeinträchtigung.
Die Frage 4 bezieht sich genauer auf die Gehstrecke, die noch schmerzfrei zurückgelegt
werden kann. Zum Aufnahmezeitpunkt geben drei Viertel der konservativ Behandelten
eine Strecke zwischen 400 Metern und 1600 Metern an, 63% der operativen Teilnehmer
meinen bei Aufnahme, höchstens 400 Meter laufen zu können.
Der Fragebogen sowie die Frage 4 im Speziellen zeigen, dass die operativ Behandelten
von vornherein schwerer durch die Spinalkanalstenose eingeschränkt sind.
Vergleicht man nun die Ergebnisse des OSW mit der auf dem Laufband gemessenen
Gehstrecke, so korreliert bei den konservativen Teilnehmern lediglich die in gebeugter
Haltung zurückgelegte Strecke schwach mit dem Oswestry Score. Die operativen
Patienten zeigen eine mittlere Korrelation (r=-0,54) der Werte der geraden Strecke mit
den Prozentwerten des OSW. Überprüft man dazu die Ergebnisse der Frage 4 mit den
Laufbandmessungen, findet sich genau das Gegenteil.
Dass eine doch relativ große Differenz zwischen eigener Einschätzung und tatsächlich
gemessener Gehstrecke liegt, lässt sich sicher auf mehrere Gründe zurückführen. Der
OSW ist zunächst einmal ein allgemeiner Fragebogen, der funktionelle
Einschränkungen durch die Rückenschmerzen erfasst. Studien beschreiben, dass gerade
bei chronischen Rückenschmerzpatienten der Zusammenhang zwischen subjektivem
Schmerzempfinden und klinischen Befunden gering ist [30]. Zudem kommt es bei
solchen Fragebögen oft zu falschen Antworten durch Verständnisprobleme, Tendenz
zur Mitte oder zur Simulation, bzw. Dissimulation. Die Patienten müssen außerdem
sehr ehrlich sein, da durch die Fragestellung auch auf das Ziel geschlossen werden
kann.
Die Frage 4 im Vergleich zur Laufbandmessung hält einen unterschiedlichen Zeitpunkt
fest. In der Versuchsanordnung sind die Patienten gebeten worden, den jeweiligen Test
58
beim Einsetzen erster Symptome zu stoppen. Das ist für die meisten Teilnehmer zwar
der Zeitpunkt, an dem sich ihre Erkrankung bemerkbar macht, aber im Alltag noch nicht
zum Anhalten zwingt. Dieser Punkt wiederum wird aber auf dem Bogen erfragt. Des
Weiteren ist es auch möglich, dass viele Patienten ihre Wegstrecke nicht realistisch
beurteilen können. So kann es sein, dass die Anzahl der tatsächlichen Meter einer
Strecke falsch eingeschätzt oder nicht gewusst wird.
Zum anderen kann auch die Wahrnehmung verzerrt sein. Die Lauffähigkeit ist zwar
eingeschränkt, aber doch noch nicht so sehr, wie der Patient es durch den Vergleich mit
dem früheren Laufen empfindet. Anders herum betrachtet erscheint eine Strecke
plötzlich viel länger, wenn das Tempo herabgesetzt wird. Schon Watson und
Mitarbeiter [53] verglichen in ihrer Studie die Gehstreckenangaben der Patienten mit
einer anschließend durchgeführten Laufbandübung. Dabei mussten sie feststellen, dass
die Distanzen oft falsch geschätzt, angegeben oder gemessen werden und für
gewöhnlich zudem missinterpretiert werden. Sie schlossen, dass objektive
Meßmethoden zu einer vernünftigen Planung und Entscheidung gebraucht werden.
Wahrscheinlich trägt auch das Laufband an sich zu kürzeren Weiten bei. Durch das sich
ständig bewegende Band ist der Widerstand beim Gehen anders als auf festem Boden
und die Patienten müssen ständig ihre Balance halten und anpassen. Tokuhashi und
Mitarbeiter [51] postulieren, dass die Mikrobewegungen des Laufbandes sich auf die
Wirbelsäule übertragen und sofortige Ausgleichsbewegungen erfordern. Patienten mit
einer instabilen Wirbelsäule können das nicht mehr und entwickeln Symptome beim
Gehen auf dem Laufband.
Der Oswestry Fragebogen erfasst erfolgreich das subjektive Empfinden der Patienten,
auch wenn dieser Test zahlreichen Fehlerquellen unterliegt. Die operativen Teilnehmer
zeigen hier ebenfalls eine stärkere Einschränkung als die konservativen Probanden,
sowohl in allgemeiner Hinsicht wie auch nur in der Betrachtung der Gehstrecke. Dabei
ist der Zusammenhang zum klinischen Befund in dieser Studie nur gering ausgeprägt.
Wie in dieser Studie und in einigen anderen [16,35] gezeigt wird, ist der OSW
Fragebogen somit ein gutes Maß, um den Therapieerfolg anhand der
Patientenzufriedenheit zu beurteilen, er bietet zu Behandlungsbeginn aber keine
Aussage über die Therapierichtung. Objektive Meßmethoden wie die
Laufbanduntersuchung liefern hingegen vergleichbare Werte bei Patienten mit
eingeschränkter Gehfähigkeit. Weitere Studien müssen zeigen, ob und wie weit die
59
Ergebnisse von Laufbanduntersuchungen in die Therapieplanung einbezogen werden
können.
4.3.2 Unterschiedliche Messzeitpunkte
Für die konservativen Patienten lässt sich bereits nach den acht bis zehn Tagen
stationärer Therapie ein Vergleich zur Aufnahmesituation ziehen. Auf dem Laufband ist
eine signifikante Besserung der Gehstrecke in allen drei Tests zu verzeichnen. Nach drei
Monaten hat sich bei den Teilnehmern eine weitere Erholung von nochmals um etwa
20% bei jeder Übung eingestellt.
Die gemessenen Werte zur Entlassung haben nur einen schwachen Zusammenhang mit
dem OSW Score. Dennoch zeichnet sich auch in den allgemeinen Prozentwerten eine
signifikante Besserung der konservativen Teilnehmer ab. Dasselbe zeigt sich dann
nochmals nach drei Monaten. Dabei finden sich letztendlich mittlere Korrelationen. Von
der Aufnahme zur Nachuntersuchung haben die konservativen Patienten insgesamt eine
Besserung von etwa 10 Prozentpunkten auf 30,4% erfahren. In der Einteilung in die
Gruppen 1 bis 5 hat sich eine Verschiebung von den Gruppen 2 mittlerer und 3
schwerer Beeinträchtigung in die Gruppen 1 und 2 ergeben.
Die Frage 4 im Einzelnen betrachtet korreliert hingegen schon bei Entlassung mittel mit
der geraden und der gebeugten Strecke. Bei der Nachuntersuchung ist die Einschätzung
der Laufweite nicht weiter besser geworden.
Drei Viertel der konservativen Patienten haben bei Entlassung ihre Gehstrecke in dem
Bereich zwischen 800 Metern und unbegrenztem Laufen (20%) eingeschätzt. Nach drei
Monaten hat sich innerhalb dieses Bereiches die Säule des unbegrenzten Laufens auf
30% erhöht. Die Patienten, die bei Entlassung angegeben haben, Gehen ist bis 400
Meter oder nur mit Gehstock möglich, erfahren nach eigener Einschätzung nach drei
Monaten keine Besserung.
Die operativen Teilnehmer zeigen zur Nachuntersuchung ebenfalls eine signifikante
Besserung der Gehstrecke bei der Laufbanduntersuchung in allen drei Tests. Diese
steigern die Laufweite auf ebener Fläche um das elffache, bei gebeugter Haltung um das
15fache und bei 15%iger Steigung um das 13fache.
Hier findet sich nun auch eine starke Korrelation der Gehstrecke aller drei Übungen zu
dem OSW Score. Der OSW Score bei Aufnahme ist im Vergleich zu den konservativen
60
Patienten etwa 10 Prozentwerte höher (42,2% zu 53,1%). Bei der Nachuntersuchung
haben die operativen Probanden sich signifikant auf einen mittleren Wert von 24,1%
gesteigert. Beide Therapiegruppen befinden sich schlussendlich auf dem gleichen
Niveau, auch wenn die operativen Teilnehmer insgesamt eine stärkere Besserung
bemerken. Die operativ Behandelten sind zum Aufnahmezeitpunkt hauptsächlich in den
Gruppen 3 und 4 mit schwerer bis schwerster Behinderung vertreten, bei der
Nachuntersuchung jedoch dann in den Gruppen 1 und 2.
In der Frage 4 wiederum finden sich eher mittlere Zusammenhänge zu der gemessenen
Strecke. Nur die gebeugte Haltung zeigt eine starke Korrelation. 63% der operativen
Teilnehmer geben bei der Aufnahme an, höchstens 400 Meter laufen zu können, nach
drei Monaten legen 69% über 800 Meter zurück. 38% können schmerzfrei laufen.
Im Ganzen betrachtet haben die operativen Patienten trotz eines schlechteren
Ausgangwertes in der Laufbanduntersuchung wie auch in der eigenen Einschätzung
nach drei Monaten ein ähnliches, sogar etwas besseres Niveau erreicht als die
konservativen Patienten und damit eine größere Differenz überwunden. Dies begründet
eventuell auch, warum bei den operativen Patienten eine deutliche Korrelation zwischen
dem OSW Score und der Laufstrecke besteht. Trotz ähnlicher Durchschnittswerte bei
den konservativen Patienten ist deren Korrelation geringer, da die Besserung im
Vergleich zum Ausgangswert weniger deutlich ausfällt. Dies wiederum zeigt, dass die
Scores nicht unbedingt vergleichbar sind, denn unterschiedliche Menschen
interpretieren ihre Situation unterschiedlich [16,35]. Herno und Mitarbeiter [25]
beschreiben zudem in ihrer Studie einen weiteren Aspekt. Dabei ist die allgemeine
Patientenzufriedenheit ausschlaggebend für den Oswestry Score, nicht die Gehfähigkeit
für sich genommen. Ähnliche Ergebnisse haben auch Atlas und Mitarbeiter [6]
gefunden, deren operative Patienten signifikant schlechtere Ausgangs- und bessere
Abschlussergebnisse zeigten als die konservativ behandelte Gruppe. Über Monate bis
Jahre zeigt sich aber schließlich eine Annäherung des Outcomes beider
Therapiegruppen, wobei die operativen Patienten eher wieder ein bisschen abfallen, die
konservativen Probanden aber stabil bleiben oder eine leichte Besserung zeigen.
Die Frage 4 betrachtet nur einen Einzelaspekt, der sich mit auf das allgemeine Befinden
auswirkt, aber nicht einzig allein bestimmender Faktor ist. Somit ist eine weiterhin
schwache oder mittlere Korrelation mit der Gehstrecke aufgrund der oben genannten
Vermutungen erklärbar, wohingegen mit der erheblichen Steigerung der Gehstrecke
61
auch die allgemeine Zufriedenheit, die auch das soziale Leben umfasst, deutlich
ansteigt.
4.4 Sportanalyse
Ein weiterer interessanter Aspekt der Arbeit ist die Frage, ob sportliche Aktivität einen
Unterschied für das Outcome der Laufstrecken macht und damit auch für die
Therapieplanung relevant ist. Die Teilnehmer lassen sich relativ gut in Sportler (54%)
und Nicht-Sportler (46%) unterscheiden und sind somit gleichmäßig vertreten.
Sportliche Patienten haben in beiden Therapiegruppen tendenziell bessere Werte. Das
sportliche Verhalten der Patienten hat dennoch wenig zusätzliche Aussagekraft für die
Unterscheidung zwischen operativen und konservativen Patienten. Die konservativen
Patienten können unabhängig von der Sportanamnese bei jeder Laufbanduntersuchung
zumeist dreimal weiter laufen als die operativen Teilnehmer. Dies ließ sich bereits ohne
Anamnese allein durch die Gehstreckenanalyse herausfinden. Interessant ist allerdings,
dass unter den sportlichen Patienten die operativen mit 77% der Gehstrecke der
konservativen Patienten bei vorgebeugtem Laufen mit diesen relativ gut mithalten. Im
Vergleich dazu haben die nicht sportlichen operativen Teilnehmer hingegen nur 33%
erreicht. Setzt man noch einmal an dem Punkt an, dass die Möglichkeit der
Kompensation nicht linear mit der Verschlechterung bei aufrechtem Gehen abnimmt, so
zeigt sich hier noch zusätzlich, dass diese aber womöglich durch Faktoren beeinflussbar
ist. Sport scheint einer dieser Einflussfaktoren zu sein. Denkbar ist dabei, dass
stabilisierende Muskelgruppen lumbal wie abdominal eine stärkere Aufdehnung der
Wirbelsegmente und auch eine langsamere Ermüdung der Ausgleichsbewegungen mit
sich bringen [33].
Anhand der konservativen Patienten lässt sich zusätzlich in dieser Studie überprüfen, ob
ein sportlicher Lebensstil einen Vorteil für den Genesungsverlauf mit sich bringt. Dabei
stellt sich heraus, dass sich bei der Entlassung die Sport treibenden Probanden im
Vergleich zu dem Aufnahmewert in allen drei Laufbandübungen signifikant gebessert
haben. Die unsportlichen Teilnehmer zeigen jedoch nur im Trend eine Besserung. Somit
scheinen die sportlichen Patienten einen höheren Nutzen von der konservativen
Therapie davonzutragen. Die Behandlung beruht zu einem nicht ganz unwesentlichen
Teil auf bewegungssteigernden Elementen wie Fahrrad Fahren, physiotherapeutischen
62
Übungen und der Rückenschule, mit der Bauch- und Rückenmuskulatur gestärkt
werden sollen [33]. Es lässt sich vermuten, dass sportliche Patienten an Training
gewohnt sind und diesen Teilaspekt der konservativen Therapie ernster, disziplinierter
und intensiver betreiben. Ihre Motivation, wieder ein höheres, beziehungsweise altes
Aktivitätsniveau zu erreichen, ist ungleich höher als bei nicht sportlichen Probanden.
Damit ließen sich Patienten, deren sonstige Werte keine eindeutige Tendenz für ein
therapeutisches Vorgehen liefern, anhand ihrer Sportlichkeit weiter differenzieren. So
würde man beispielsweise einen sportlichen Patienten mit mittlerer erreichter
Wegstrecke zunächst konservativ zu behandeln versuchen.
Von einer anderen Seite her betrachtet, wäre es auch denkbar, dass Patienten, die
untrainiert sind, eine längere Anlaufzeit brauchen, um denselben Effekt wie die
sportlichen Probanden zu erzielen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass im Zuge der Laufbanduntersuchung auch eine
kurze Sportanamnese stattfinden sollte. Primär trägt diese zwar nicht zur diagnostischen
Einteilung der Patienten zu den Therapiegruppen bei, aber bei Fällen im Grenzbereich
steht damit eine zusätzliche Entscheidungshilfe für oder gegen ein konservatives
Vorgehen zur Verfügung.
4.5 Schlussfolgerung und Ausblick
Die Diagnose der Spinalkanalstenose lässt sich gut und schnell durch die Kombination
von Anamnese und radiologischer Bildgebung stellen. Doch wie fortgeschritten diese ist
und welche Therapie dementsprechend anzuwenden ist, kann dadurch nur unzureichend
herausgefunden werden. Im Ganzen zeigt die Studie, dass das Laufband zuverlässig die
aktuelle Gehfähigkeit der Patienten misst und damit dem behandelnden Arzt ein
fassbares Instrument an die Hand gibt, mit dem sich weitergehende Entscheidungen
über das Therapiekonzept fällen lassen. Der Arzt ist hierdurch nicht mehr allein auf die
subjektiven Angaben der Patienten angewiesen, die, wie unter 4.5.1 gezeigt, aus den
verschiedensten Gründen nicht immer verlässlich sind. Sicherlich erfordert die
Erfassung der Gehstrecke die Mitarbeit der Patienten und ein gewisses Verständnis für
den Test, unter praktischen Bedingungen stellte sich das jedoch nie als Problem dar.
Somit ist die Laufbanduntersuchung bereits zu Anfang des Patientenkontaktes von
63
hohem Wert, um ein exaktes Bild der Klinik zu erhalten und damit schnell und effizient
eine Therapie einleiten zu können.
Interessant sind zudem die Bereiche, in die keiner der operativen Probanden vordringt,
wie zum Beispiel die 5 Minuten Grenze. In Langzeituntersuchungen ließen sich
dahingehend genauere Grenzen prüfen, die eine Entscheidung zwischen operativer und
konservativer Therapie deutlich beeinflussen könnten. Wahrscheinlich wird sich dabei
ein Graubereich herauskristallisieren, für den es keine ausschließliche Richtung gibt.
Dabei könnten dann zusätzliche Informationen wie die sportliche Anamnese oder die
subjektive Einschätzung der Lage anhand des Oswestry Scores den Ausschlag für das
Therapieregime geben.
Gerade bei der Therapie der Spinalkanalstenose heißt es nicht entweder konservativ
oder operativ. Die Option der Operation bleibt auch bei konservativer Behandlung
jederzeit bestehen. Ließen sich mit der Laufbanduntersuchung als diagnostisches
Kriterium genaue Einteilungen finden, so wäre dessen Stellenwert in vorderster Reihe
einzuordnen.
64
5. Zusammenfassung
Durch degenerative Veränderungen von knöchernen Strukturen und Weichgeweben an
der Wirbelsäule kommt es zur Einengung des Spinalkanals. Es entsteht eine
Spinalkanalstenose. Wird die SKS durch Kompression von Rückenmark und
Nervenwurzeln symptomatisch, manifestiert sich dies typischerweise als Claudicatio
spinalis – beim Gehen kommt es zu Schmerzen, Schwäche und Sensibilitätsstörungen in
den unteren Extremitäten. Je nach Schwere der Erkrankung sollte diese konservativ oder
operativ behandelt werden.
Klinische Symptome, subjektive Beeinträchtigung und Befunde bildgebender Verfahren
der SKS korrelieren jedoch nicht unbedingt. Mit einer Laufbanduntersuchung lassen
sich die typischen Symptome gezielt provozieren. Bis dato finden sich jedoch nur
wenige Studien, die sich mit der Laufbanduntersuchung als diagnostisches Kriterium für
die Spinalkanalstenose auseinandergesetzt haben.
Um den diagnostischen Stellenwert des Laufbandes, auch in Hinsicht auf
therapierelevante oder therapieentscheidende Informationen, zu untersuchen, sind 63
stationäre Patienten (47 konservative und 16 operative Teilnehmer) der orthopädischen
Universitätsklinik des St. Josef Hospitals Bochum zwischen Oktober 2003 und Januar
2005 untersucht worden. Der Laufbandtest ist zum Aufnahme- und zum
Entlassungszeitpunkt sowie erneut nach 3 Monaten durchgeführt worden und hat
jeweils drei Teilbereiche. Übung 1 besteht aus Gehen in aufrechter Haltung, Übung 2
aus Gehen in vorgebeugter Haltung und Übung 3 aus Gehen bei 15%iger Steigung.
Die Gehstrecken sowie die Laufzeiten bei Übung 1 und 3 sind für die SKS typisch
signifikant schlechter als die Gehstrecke und die Laufzeit bei aufdehnender Haltung in
Übung 2. Weiterhin lassen sich signifikante Unterschiede zwischen den operativen und
den konservativen Patienten aufzeigen, die sich besonders in ihren Maximalwerten
unterscheiden. Kein operativer Patient ist beispielsweise länger als 5 Minuten gelaufen.
Die konservativen Teilnehmer erzielen unabhängig von der Sportlichkeit der Patienten
in allen Untersuchungen durchschnittlich bessere Werte. Es kann ebenfalls gezeigt
werden, dass der Oswestry Score zwar erfolgreich das subjektive Empfinden vor wie
nach Therapie erfasst, der Zusammenhang zum Ergebnis der Laufbanduntersuchung zu
allen Messzeitpunkten in dieser Studie jedoch nur gering ausgeprägt sind.
Überraschenderweise fällt bei der Übung 3 mit 15% Steigung eine Diskrepanz zu der
65
bis dato bestehenden Annahme auf, dass SKS Patienten besser bergan als bergab laufen
können. Hier provoziert bergan Gehen am ehesten die neurogene Claudicatio.
In dieser Studie wird deutlich, dass das Laufband zuverlässig die aktuelle Gehfähigkeit
der Patienten misst und damit zu Anfang des Patientenkontaktes von hohem Wert ist,
um ein exaktes Bild der klinischen Beeinträchtigung zu erhalten und damit schnell und
effizient eine Therapie einleiten zu können. Langzeituntersuchungen sollten
durchgeführt werden, um genauere Einteilungen zu finden, die eine Entscheidung
zwischen operativer und konservativer Therapie deutlich beeinflussen könnten. Der
diagnostische Stellenwert des Laufbandes wäre so in vorderster Reihe einzuordnen.
66
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7. Anhang
Oswestry-Score nach Fairbank et al.
Bitte kreuzen Sie jeweils nur eine Antwort an. Die Angaben beziehen sich auf Ihre
heutige Situation. Wenn keine Antwort zutrifft, markieren Sie bitte die am meisten
zutreffende Antwort.
1. Schmerzintensität
Ich kann meinen Schmerz ertragen, ohne Schmerzmittel zu nehmen O
Der Schmerz ist heftig, aber ich komme ohne Schmerzmittel zurecht O
Schmerzmittel machen mich völlig schmerzfrei O
Schmerzmittel führen zu einer mäßigen Besserung des Schmerzes O
Schmerzmittel führen zu einer geringen Besserung des Schmerzes O
Schmerzmittel haben keinen Einfluss auf meinen Schmerz und ich nehme sie nicht O
2. Persönliche Pflege (waschen, anziehen,...)
Ich kann mich normal um mich selbst kümmern, ohne das dadurch Schmerzen
ausgelöst werden O
Ich kann mich normal um mich selbst kümmern, aber es bereitet mir zusätzliche
Schmerzen O
Es bereitet mir Schmerzen und ich bin langsam und vorsichtig O
Ich benötige ein wenig Hilfe, aber das meiste schaffe ich schon O
Ich brauche jeden Tag Hilfe in allen Belangen der Selbstpflege O
Ich kann mich nicht anziehen, nur mühsam waschen und bleibe im Bett O
75
3. Heben (Tragen)
Ich kann schwere Sachen ohne zusätzliche Schmerzen heben O
Ich kann schwere Sachen heben, aber es verursacht zusätzliche Schmerzen O
Schmerzen hindern mich daran, schwere Sachen vom Boden zu heben, aber ich
schaffe es, wenn sie günstig liegen z.B. auf Tischen O
Schmerzen hindern mich, schwere Sachen zu heben, aber ich schaffe es leichte bis
mittelschwere zu heben, wenn sie günstig liegen O
Ich kann nur sehr leichte Sachen heben O
Ich kann nichts heben oder tragen O
4. Gehen
Schmerzen hindern mich nicht, ich kann unbegrenzt gehen O
Schmerzen hindern mich daran mehr als 1.600 m zu gehen O
Schmerzen hindern mich daran mehr als 800 m zu gehen O
Schmerzen hindern mich daran mehr als 400 m zu gehen O
Ich kann nur mit Gehstock oder Krücke gehen O
Ich liege die meiste Zeit im Bett und muss mich zur Toilette schleppen O
5. Sitzen
Ich kann in jedem Stuhl sitzen, so lange ich will O
Ich kann nur in meinem Lieblingsstuhl sitzen, so lange ich will O
Die Schmerzen hindern mich daran, länger als 1 Std. zu sitzen O
Die Schmerzen hindern mich daran, länger als 1/2 Std. zu sitzen O
Die Schmerzen hindern mich daran, länger als 10 min zu sitzen O
Die Schmerzen hindern mich daran, überhaupt zu sitzen O
76
6. Stehen
Ich kann so lange stehen wie ich will, ohne zusätzliche Schmerzen O
Ich kann so lange stehen wie ich will, aber ich habe dabei zusätzliche Schmerzen O
Die Schmerzen hindern mich daran, länger als 1 Std. zu stehen O
Die Schmerzen hindern mich daran, länger als 1/2 Std. zu stehen O
Die Schmerzen hindern mich daran, länger als 10 min zu stehen O
Die Schmerzen hindern mich daran, überhaupt zu stehen O
7. Schlafen
Die Schmerzen hindern mich nicht, gut zu schlafen O
Ich schlafe nur gut, wenn ich Tabletten einnehme O
Auch wenn ich Tabletten einnehme, schlafe ich weniger als 6 Std. O
Auch wenn ich Tabletten einnehme, schlafe ich weniger als 4 Std. O
Auch wenn ich Tabletten einnehme, schlafe ich weniger als 2 Std. O
Ich kann aufgrund der Schmerzen überhaupt nicht schlafen O
8. Geschlechtsleben
Mein Geschlechtsleben ist normal, es verursacht keine zusätzlichen Schmerzen O
Mein Geschlechtsleben ist normal, verursacht aber zusätzliche Schmerzen O
Mein Geschlechtsleben ist annährend normal, aber es ist sehr schmerzhaft O
Mein Geschlechtsleben ist stark eingeschränkt durch den Schmerz O
Ich habe nahezu kein Geschlechtsleben wegen der Schmerzen O
Die Schmerzen verhindern jegliches Geschlechtsleben O
9. Soziales Leben (gesellschaftliche Aktivitäten)
Mein soziales Leben ist normal und verursacht keinen zusätzlichen Schmerz O
Mein soziales Leben ist normal, aber verstärkt den Schmerz O
Schmerz hat keine wesentlichen Auswirkungen auf mein soziales Leben, abgesehen
davon, dass er die anstrengenden Interessen wie z.B. Tanzen etc. einschränkt O
Die Schmerzen haben mein soziales Leben eingeschränkt, ich gehe seltener aus O
Die Schmerzen haben mein soziales Leben auf mein zu Hause reduziert O
Aufgrund der Schmerzen habe ich kein soziales Leben mehr O
77
10. Reisen
Ich kann überall hin Reisen, ohne zusätzliche Schmerzen O
Ich kann überall hin Reisen, aber es bereitet mir zusätzliche Schmerzen O
Die Schmerzen sind schlimm, aber ich schaffe einen Ausflug von mehr als
2 Stunden O
Die Schmerzen hindern mich an Strecken über 1 Std. O
Die Schmerzen hindern mich an kurzen Strecken unter einer 1/2 Std. O
Die Schmerzen hindern mich an jeglichen Fahrten, Ausnahme zum Arzt oder ins
Krankenhaus O
Untersuchungszeitpunkt
Aufnahme O Entlassung O 3 Monate O 6 Monate O 12 Monate O
78
8. Danksagung
An erster Stelle möchte ich mich bei meinem Doktorvater Prof. Krämer für die gute
Betreuung und Hilfestellung bedanken.
Meinen Eltern danke ich für die stetige Unterstützung die sie mir in allen Bereichen
haben zukommen lassen. Damit haben sie mir alle Wege ermöglicht. Meiner Mama
gebührt ein zusätzlicher Dank für die zahlreichen Bleistiftanmerkungen.
Zudem möchte ich mich bei Sonja Zirke de Rodriguez bedanken, die mir durch
zahlreiche Irrungen der statistischen Welt geholfen hat. Ebenfalls gilt mein Dank Dr.
Kleinert, der mir mit kritisch-konstruktiven Anmerkungen zur Seite stand.
Die sprachlichen Irrungen haben indes das Aus durch die Rotstifte meiner Freunde
gefunden. Großen Dank an Niels Wolter, Kathrin Rüberg, Stefanie Werner, Julia
Kramer und Sebastian Linke (Retter des Computers). Dabei geht ein besonderer Dank
an zwei Leute, die mit einer Engelsgeduld gesegnet sind (denn sie haben mich ertragen).
Einmal an meinen Freund Niels, der mich mit viel Zuversicht aus allen Tiefen geholt
hat. Und ebenso an meine Freundin Kathrin, die mir mit allem und stets zur Seite stand
und keinen Weg scheute.
79
9. Lebenslauf
Name: Julia Anna Knöchel
Geburtsdatum: 11.08.1980
Geburtsort: Witten
Anschrift: Teimannstr. 6
44894 Bochum
Tel.: 0234/6875911
Familie: Peter Knöchel
Elke Knöchel-Eysel, geb. Eysel
Benjamin Knöchel
Schulausbildung:
1986-1990 Amtmann-Kreyenfeld Grundschule in Bochum
1990-1999 Lessing Gymnasium in Bochum
1996-1997 Lafayette High School in Virginia/USA
Juni 1999 Allgemeine Hochschulreife
Studium:
Oktober 1999 Aufnahme des Medizinstudiums an der Ruhr-Universität
Bochum
September 2001 Ärztliche Vorprüfung
September 2002 Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
September 2004 Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
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