Beiwerke des Buches:

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Referat-Thema 4: Beiwerke des Buches: Gérard Genettes Ansatz der Paratexte

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Gérard Genette – Gérard Genette – ParatexteParatexte

Definition ParatextDefinition Paratext

»Paratexte, damit sind alle jene Begleittexte gemeint, die einem literarischen Werk auf seinem Weg durch die Öffentlichkeit zur Seite gehen: Titel und Zwischentitel, Vorworte und Nachworte, Widmungen und Motti und natürlich alle Arten von Anmerkungen – schließlich aber auch jene ›Epitexte‹ im Umfeld eines literarischen Werkes, mit denen ein Autor, beispielsweise in Form von Selbstanzeigen und Interviews, ein Werk aus seiner Sicht erläutert.«

Paratext = Peritext + Epitext

Peritext = im Umfeld des Textes, innerhalb ein und

desselben Bandes Epitext = in respektvoller Entfernung

zum Text; Mitteilungen außerhalb des

Textes (Interview, Brief, Tagebuch)

räumliche, zeitliche, stoffliche, pragmatische und funktionale Eigenschaften

Bestimmung seiner Stellung (wo?) verbale oder nicht-verbale

Existenzweise (wie?) Eigenschaften seiner

Kommunikationsinstanz, Adressant und Adressat (vom wem?

an wen?) Funktion, die hinter der Botschaft

steckt (wozu?)

TitelTitel

Definition schwierig, da der Titel ein komplexes Ganzes darstellt

Einteilung in Titel Untertitel Gattungsangabe

»reduzierter Titel« = nur Titel und Untertitel

formalformal

funktionfunktionalal

4 obligatorische Stellungen: Umschlagseite 1 Umschlagrücken Titelseite Schmutztitel (verkürzte Form)

manchmal auch auf Umschlagseite 4 oder als Kolumnentitel (links) oder auf Schutzumschlag

Titelinstanz = Mitteilung, Adressant u. Titelinstanz = Mitteilung, Adressant u. AdressatAdressat

Adressant nicht zwangsläufig auch der Autor Verantwortung für den Titel wird von Autor und

Verleger geteilt

Adressat »das Publikum« Adressat des Titels > Adressat des Textes auch viele Leute an der Verbreitung des Werkes

beteiligt, ohne es überhaupt gelesen zu haben

Funktionen des Titels:Funktionen des Titels:

Bezeichnungs- und Identifizierungsfunktion Inhaltsfunktion Verführungsfunktion zum Kauf bzw. zu Lektüre anregen »Ein Titel ist der wahre Zuhälter eines Buchs.«

(Furetière)»Ein Titel muss kein Küchenzettel sein. Je weniger

er von dem Inhalt verrät, desto besser ist er.« (Lessing)

»Ein guter Titel muss genügend aussagen, um die Neugier zu wecken, doch zu wenig, um sie zu stillen.«

Thematische Titel Formale/Rhematische Titel

• Bezug zum Inhalt • Bezug auf den Text selbst

• wörtliche Titel: Thema oder zentraler Gegenstand benannt Bsp.: Krieg und Frieden

• in Klassik: Bände mit Gattungstiteln benannt Bsp.: Epigramme, Märchen

• synekdochische/metony- mische Titel: mit marginalem Objekt verknüpft Bsp.: Der grüne Jäger• metaphorische Titel• Antiphrasis oder Ironie: Titel antithetisch zum Werk

WidmungenWidmungen

zueignen für die Widmung eines Werks widmen für die Widmung eines

Exemplars

Die Zueignung eines Werks Die Zueignung eines Werks

Ursprung im alten Rom;klassisches Verfahren der Huldigung eines Beschützer und/oder Wohltäters

selbstständige Aussage: entweder eine kurze Erwähnung des

Adressaten oder eine längere Rede an ihn

Ort: seit Ende 19. Jh. üblicherweise am Anfang; auf der ersten rechten Seite nach dem Titelblatt

Zeitpunkt: Originalausgabe, manchmal sogar schon im Vorabdruck

Zueigner: der Autor, manchmal auch der Übersetzer Zueignungsadressanten: privat oder öffentlich Funktion: Zurschaustellung einer Beziehung

Die Widmung eines ExemplarsDie Widmung eines Exemplars

Signatur der Besprechungsexemplare »ich mache dir eine schöne Widmung, damit du mir einen schönen Artikel machst«+ Signieren in den Buchhandlungen

(Verkaufsargument, da autographe Widmung)

Ort: heute Vorsatzblatt bzw. Schmutztitel Zeitpunkt: »Herauskommen des Buches«, Erstausgabe

(Besprechungsexemplare und Autorenexemplare) + Signieren

MottiMotti= Ein Zitat, das im Allgemeinen an den Beginn eines

Werkes oder eines Werkabschnittes gesetzt wird. Ort: möglichst nahe am Text auf der ersten rechten

Seite nach der Zueignung, aber vor dem Vorwort Funktionen: Kommentar und Verdeutlichung des Titels Kommentar zum Text

dessen Bedeutung wird indirekt präzisiert oder hervor- gehoben

Name des zitierten Autors ist relevanter als Zitat selbst Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines Mottos ist als solches bereits eine Signatur für die Epoche, die Gattung oder die Tendenz eines Werks

Die Instanz des VorwortsDie Instanz des Vorworts

= alle Arten von auktorialen oder allographen Texten (seien sie einleitend oder ausleitend), die aus einem Diskurs bestehen, der anlässlich des nachgestellten oder vorangestellten Textes produziert wurde

häufigste Form: Prosadiskurs (Ausnahmen: Form eines Dialogs; Umstände der Niederschrift)

Ort: Voranstellung oder Nachstellung (diese allerdings

unauffälliger)

3 wichtige Zeitpunkte: - Originalvorwort (in der Originalausgabe)

- nachträgliches Vorwort (meist in der zweiten Ausgabe)- spätes Vorwort (späte Neuausgabe)

meist ein Ort für eine »reifere« Reflexion, die oft

testamentarisch klingt

wirklichen oder fiktiven Person zugeschrieben

Adressat: Leser des Textes, nicht bloß Angehöriger des

Publikums

Die Funktion des OriginalvorwortesDie Funktion des Originalvorwortes Vorwortfunktionen weichen je nach Vorworttyp

voneinander ab 2 Aktionen des Originalvorwortes:

eine Lektüre bewirkenbewirken, dass diese Lektüre gut verläuft

Warum es zu lesen sei? Leser festhalten und Text aufwerten (Lobung des Themas, ohne Eigenlob)

Bedeutung: Themaaufwertung, religiöser Nutzen, gesellschaftlicher Nutzen, usw. Originalvorwort kann den Leser über die Geburt des

Werkes, über die Umstände seiner Niederschrift und die Etappen seiner Entstehung informieren (manchmal Angaben der Quelle oder Danksagungen)

Funktionen des VorwortesFunktionen des Vorwortes

Fiktionsverträge: Vorwort als Beteuerung der Fiktivität

Reihenfolge der Lektüre:Vorwort als Erläuterung der

Inhaltsangabe

Angabe über den Kontext Absichtserklärung: Interpretation des

Textes durch Autor

Andere Vorworte, andere Andere Vorworte, andere FunktionenFunktionen

Nachworte Nachteil: versetzte

Kommunikationsinstanz Vorteil: richtet sich an tatsächlichen

nicht-potenziellen Leser gewährleistet logische

Lektüre

nachträgliches Vorwortnachträgliches Vorwort

bei weiteren Ausgaben des Werks kann der Autor nachträglich ein Vorwort anbringen um

neues Publikum ansprechen Nachholversuche Antwort auf erste Reaktion / Kritik typographische Säuberungen

verschwindet aufgrund allmählichen Funktionsmangels

spätes Vorwortspätes Vorwort

auch als »testamentarisches Vorwort« bezeichnet

Nachholfunktion autobiographischer Natur Äußerung des Autors wird auch als letztes Vorwort zum

Gesamttext verwendet

allographes Vorwort allographes Vorwort

Allographie: Trennung zwischen Adressanten des Textes

(Autor) und des Vorwortes (Vorwortverfasser)

Funktionen: Lektüre fördern/lenken Informationsfunktion Empfehlungsfunktion

verneinende Auktorialeverneinende Auktoriale

fiktive Zuschreibung des Textes

Funktionen: Schilderung von Umständen Angaben über eventuelle Korrekturen Kurzbiographie Simulation

fiktive Auktorialefiktive Auktoriale

paratextuelles Spiel der Autorenunterschiebung

fiktive Allographefiktive Allographe simuliert authentisch allographe Vorwort Unterschied: wird imaginärem Dritten

zugeschrieben Funktion:

Detailangaben

Erwähnung eventueller Korrekturen

moralische Kommentare

ZwischentitelZwischentitel

= Binnentitel für eingeschränktes Publikum

Fälle von Abwesenheit: bei vollständigen/geschlossenen Texten wenn Texte zu sehr unterteilt sind Texttypen, die von mündlicher Funktion

geprägt sind

Zwischentitel im Wandel der Zwischentitel im Wandel der EpochenEpochen

Mittelalter: thematische Einteilung Klassische (Antike): Nüchternheit mechanische

Zahleneinteilung Barock: großer Titelaufwand Romantik: nüchternes Modell 20. Jh.: nominaler Zwischentitel vs. stumme

Betitelung

Der öffentliche EpitextDer öffentliche Epitext

Def. Epitext: Epitext ist jedes paratextuelle Element, das nicht

materiell in ein und demselben Band als Anhang zum Text steht

„anywhere out of the book“ = Ort des Epitextes Folgen:

Erreichen eines größeren Publikums; Vermittlung einer wesentlich vergänglicheren

Botschaft zeitliche Anlässe:

vorhergehend original

nachträglich/spät

Funktionen bzw. Typologie verlegerischer Epitext: werbende und

verkaufsfördernde Funktion offiziös-allographer Epitext: durch

Zustimmung o. auktoriale Inspiration »autorisierter« Epitext

öffentlich-auktorialer Epitext: wendet sich an die Öffentlichkeit allgemein; vollständig vom Autor verantwortet

privat-auktorialer Epitext Epitext besteht aus einer Menge von Diskursen;

»Brocken« des Paratextes erst finden = Paratexteffekt

Adressanten, Adressaten Adressant: meist der Autor (o. Verleger o.

autorisierter Dritter) Adressat: Publikum

Weitere Formen des Weitere Formen des öffentlichen Epitextesöffentlichen Epitextes

Öffentliche Antworten: nicht immer legitim Vermittlungen:

der Medienepitext ist meist ein Vermittelter 1. durch die Sprechsituation2. durch die Übertragung;

Der Dialog stellt hier eine Konstruktion einer Mit-teilung dar, die gemeinsam an einen virtuellenAdressaten gerichtet wird; Interviewer = Übertragungsinstanz

Weitere Formen des Weitere Formen des öffentlichen Epitextesöffentlichen Epitextes

Unterscheidung zw. Interview und Gespräch Interview: kurz; von Journalist geführt; aktueller Anlass Funktion: Werbung oder Mitteilung Gespräch: umfangreicher; interessierterer Vermittler;

irgendein Zeitpunkt; Funktion: weniger Werbung, eher Infos

über Arbeitsgewohnheiten etc.

Weitere Formen des Weitere Formen des öffentlichen Epitextesöffentlichen Epitextes

Kolloquien/Debatten: Autor tritt mit vielen Gesprächspartnern in Dialog = Art des Gesprächs

Fehlen eines laufenden Dialogs und Nähe

Kolloquiumseffekt: Fragesteller neigen zu Fragen, die

den Fragesteller valorisieren

Der private EpitextDer private Epitext

= Unterschied zwischen öffentlichem und privatem Epitext: beim privaten Epitext ist ein primärer

Adressat eingeschoben

Funktionen bzw. TypologieFunktionen bzw. Typologie

1. Vertraulicher Epitext Briefwechsel:Bezug auf das Werk oft gering; paratextueller Effekt; Briefwechsel

als ein Art Zeugnis über die

Geschichte eines Werkes Mündliche Mitteilungen

2. Intimer Epitext Def.: direkte oder indirekte Mitteilung über ein

Werk der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft, die der Autor mit oder ohne spätere Publikationsabsicht an sich selbst richtet

Tagebücher: intentional; eher Notieren von Ereignissen außerhalb der schriftstellerischen Tätigkeit; evtl. verfälschter Eindruck

Vortexte: meist Manuskripte z. B. Lesenotizen, Skizzen,

Nachtexte Tagebuch = subjektives Zeugnis; Vortext = objektives Dokument (Manuskripte)

SchlussSchluss

außerdem paratextuelle Relevanz: Übersetzung Vorabdruck Illustration Paratext ist eine Übergangszone zwischen Text

und Außer-Text mit undefinierten Rändern Funktionaler Charakter des Paratextes Wirkung des Paratextes: unbewusste Beeinflussung /Manipulation,

die man wahr- nehmen sollte

Quelle:Quelle:

GENETTE, GÉRARD: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Frankfurt a.M. et al. 1989. [07BW/H 610]

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