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Blutbildveränderungen in der Praxis

Prof. Dr. Stefan Krause

Medizinische Klinik 5 - Hämatologie und Internistische Onkologie

Wo kommen denn die (kleinen) Blutbilder her?

Was wollen sie uns sagen?

Kleines Blutbild

Leukozytenzahl

Thrombozytenzahl

Erythrozytenzahl

Hämoglobin

Hämatokrit

Färbeindices: MCH, MCV, MCHC

früher: 5 separate Messungen, 3 Berechnungen

Hämoglobin (Hb)

Hämolyse

+ Cyanid Zyanmethämoglobin

(oder heute weniger toxische Reagentien)

photometrische Konzentrationsmessung

Zellen zählen: Ery, Leuko, ThromboNeubauer-Zählkammer, separate Zählung für jede Zellreihe

1 großes Quadrat = 1 mm2

Abstand des Deckglases = 0,1 mm

Volumen in 1 großen Quadrat = 0,1 ul

HämatokritTraditionelle Methode: Zentrifugation in Kapillaren

Volumen der ErthrozytenHk = ------------------------------------

Blutvolumen

Erythrozytenindizes = „Färbeindizes“

MCH (Mittl. korpuskuläres Hb, früher HbE, Hb des Erythrozyten)

Hb (pro Volumen)MCH = ------------------------------------------------

Zahl der Erythrozyten (pro Volumen)

MCV (mittleres korpuskuläres Volumen)

HkMCV = ------------------------------------------------

Zahl der Erythrozyten (pro Volumen)

MCHC (mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration, Masse Hämoglobin pro Volumen gepackter Erythrozyten)

Hb MCHMCHC = ------- = ----------

Hk MCV

Abweichungen(fast) immer parallel

schwankt kaum

Automatisierung

Partikelzählung

1930er: Zellen durch Kapillare: Lichtmessung

keine Marktreife erreicht

1956: Impedanzmessung („Coulter Counter“)

erster Durchbruch Richtung Automatisierung

Impedanzmessung:Zellen haben höheren elektrischen Widerstand als Trägerflüssigkeit

Beispiel: kleiner Zellcounter von Sysmex (KX-21N)

3 Messkanäle:

Ery + Thrombo (Impedanz)

Hb aus lysiertem Blut

Leuko nach Erythrozytenyse

Befundausdruck im Labor

Rotes Automatenblutbild

manuell: Hk gemessen, MCV berechnet

Automat: MCV gemessen, Hk berechnet (Hk = MCV x Ery)

Keine direkte Bestimmung des Hk

Bei unplausiblen Werten bleibt

die Zentrifugation als sehr robuste Reservemethode für den Hk

Differenzialblutbild

Welche Leukozyten?

Veränderungen der Erythrozyten und Thrombozyten?

Beispiel für Analyseautomaten: Abbott Sapphire

Durchflusszytometer

Messung des

abgestrahlten Lichts

in mehreren Richtungen

Fluoreszenzfarbstoffe:

Änderung der Farbe

Automatisierung des normalen Blutbildes

Automatische Probenzuführung

Mehrere parallele Messkanäle und Messmethoden

Optimierung, Zelldifferenzierung, z.B.

• Impedanzmessung in hochfrequenten Feldern

• Vorbehandlung der Erythrozyten Kugelform

• Optische Messung (Lichtreflektion, Autofluoreszenz)

• DNA/RNA Färbung

• Peroxidasefärbung

• (Immunfärbung)

unterschiedliche kommerzielle Lösungen mit unterschiedlichen

Vor- und Nachteilen

Leuko und Diff.

normal Linksverschiebung Linksverschiebung ++ Lymphatische Zellen

Normoblasten Tote Zellen

Differenzialblutbild

Monozyten

Lymphozyten

Neutrophile

Eosinophile

Basophile

„five Part differential“

Blasten?

Atypische Lympho?

Linksverschiebung?

Alarm-“Flags“

Monozyten

Lymphozyten

Neutrophile

• segmentkernige

• stabkernige

Eosinophile

Basophile

weitere (atypische) Zellen

Erythrozyten-Morphologie

Thrombozyten-Morphologie

nur Teilinformation Umfangreiche Zusatzinformationenaber genau (mit Nachkommastelle)

gute Übereinstimmungim kleinen BB

A Hb

B Ery

C Hkt

D MVC

E Leuko

F Thrombo

Meintker et al. 2013

befriedigende Übereinstimmungim Diff-BB (außer Basophile)

A Neutrophile

B Lymphozyten

C Monozyten

D Eosinophile

E Basophile

Meintker et al. 2013

Zusatzoption

Retikulozyten = unreife Erythrozyten

Nachweis der RNA mit Vitalfarbstoff

Quantifizierung heutzutage im BB-Automaten

(Zusatzkanal)

Beispiele für Leitbefunde

Anämie

Nicht jede Anämie ist eine Eisenmangelanämie!

V.a. Eisenmangel:

Deutlich mikrozytäre Anämie

Leukozyten und Thrombozyten ohne grobe Auffälligkeit

Bestätigung durch erniedrigtes Ferritin

(in schwierigen Fällen: zusätzlich löslicher Transferrin-Rezeptor)

erst dann: Suche nach der Ursache

Färbeindices

MCH und MCV niedrig

Eisenmangel, (Thallassämie)

MCH und MCV hoch

Vitamin B12, Folsäuremangel, (Zytostatika)

Geringe Abweichungen sind wenig wegweisend

Wichtige Differenzialdiagnosen

MCV,MCH +/-

Thalassämie (LDH+/- Reti +/-)

Eisenmangel Anämie (Reti )

Vit. B12- oder Folsäuremangel (Reti , LDH)

Zytostatika, MDS (Reti )

Bi- Trizytopenieja nein

Diff. - BBpatholog. unspez.MDS, Myelofibrose

LeukämieLymphomKM-Karzinose

Aplastische AnämieZytostatika Reti

Hämolyseparameternein ja

Hämolytische Anämien:

AutoimmunPNHmechanischSphärozytoseEnzymdefekte

Anämie der chronischenErkrankungrenale Anämie

(+ Thrombopenie)TTP/HUSEvans-Syndrom

Leukozytose

am häufigsten: reaktive Neutrophilenvermehrung, z.B. bei Infekt

< 50.000 Leuko?

durch klinische Situation erklärt?

im Automaten-Diff überwiegend Neutrophile?

Thrombo und Hb ohne unerwartete Pathologie?

wenn mindestens einmal „nein“

mikroskopisches Diff-BB!

Lymphozytose?

Absolutwerte der verschiedenen Leukozytepopulationenbeachten!

Neutrophile 60/ul

Lymphozyten 1290/ul

Leukopenie

Isolierte Granulopenie

V.a. medikamentöse Ursache

(Neuroleptika? Thyreostatika? Metamizol? …)

Granulopenie plus weitere Zytopenie

an primäre hämatologische Erkrankung denken

(Leukämie, Myelodysplasie, aplastische Anämie, …)

Veränderungen mehrer Zellreihen

Ist immer ein Warnzeichen!

nach primärer hämatologischer Erkrankung suchen!

Internistische Notfälle (u.a.)

Akute Leukämien (30% aleukämisch!)

Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura

mikroskopisches Diff-BB in vielen Fällen wegweisend

Leukozyten

AML Blast

undifferenzierter Blast (ALL)

dysplastische Granulozyten

Haarzelleukämie

Aktivierter Lymphozyt

Erythrozyten und Thrombozyten

Fragmentozyten bei TTP

Plättchenaggegate bei Pseudothrombopenie

Malaria tropica

Zusammenfassung

Blutbilder heute kommen zu 98% aus dem Automaten

Für manche Fragen bliebt das Mikroskop unverzichtbar,

bei Verdacht gleich als Kliniker anfordern

Alle Parameter der Blutbildes beachten

• MCH, MCV sind wertvoll (am häufigsten für V.a. Eisenmangel)

• Im Diff-BB Absolutwerte beachten

Bei Veränderungen mehrerer Zellinien

an Erkrankungen des Knochemarks denken

Danke für Ihre Aufmerksamkeit

Fehlerquellen 1

Lange venöse Stauung Zellkonzentration, Hb, Hk zu hoch

Ungenügende Durchmischung Abweichungen in jede Richtung

EDTA-Röhrchen zu weit gefüllt Blut teilweise geronnen

Abweichungen in jede Richtung

EDTA-Röhrchen zu wenig gefüllt Schrumpfung der Erythrozyten durch die zu hohe Osmolarität Hämatokrit und MCV zu niedrig

Lipämie Trübung Hb zu hoch gemessen

Massive Leukozytose, Thrombozytose Trübung Hb zu hoch gemessen

Kernhaltige Vorläufer der Ery Leuko zu hoch gezählt

Fehlerquellen(besonders bei maschineller Messung)

Lyseresistente Erythrozyten

(Neugeborene, hohe Retikulozyten)

Leukozyten zu hoch

Erythrozytenfragmente,

Zytoplasmaabsprengungen von

Leukozyten

Thrombozyten zu hoch

Riesenthrombozyten Thrombozytenzahlen zu niedrig

Leukozytenzahlen zu hoch

Thrombozytenaggregate Thrombozyten zu niedrig

Leukozyten zu hoch

Fragile Leukozyten Leukozyten zu niedrig

Kälteagglutinine, Kryoglobuline Hk zu niedrig, MCHC zu hoch

Kryoglobuline Leukozyten zu hoch (Proteinaggregate)

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