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Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
Fakultät für Erziehungswissenschaft und Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Cyber-Mobbing. Was ist das eigentlich?
Ausgewählte Befunde einer Online-Studie
http://www.uni-bielefeld.de/cyberbullying
Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
Fakultät für Erziehungswissenschaft und Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Definition von Bullying/Mobbing
§ „A student is being bullied or victimized when he or she is exposed, repeatedly and over time, to negative actions on the part of one or more students.“ (Olweus 1993: 9)
§ Von „negative actions“ spricht Olweus, „when someone intentionally inflicts, or attempts to inflict, injury or discomfort upon another“ (Olweus 1993: 9).
§ Drei Definitionsmerkmale
§ Intention der Schädigung
§ Kräfteungleichgewicht der interpersonalen Beziehung
§ Wiederholung über einen Zeitraum
Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
Fakultät für Erziehungswissenschaft und Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Formen von Bullying/Mobbing
§ physisches Bullying (schlagen, treten, schubsen, beschädigen, erpressen)
§ verbales Bullying (spotten, beleidigen, beschimpfen, sich lustig machen)
§ relationales Bullying (ignorieren, isolieren, Gerüchte streuen, unbeliebt machen)
§ Cyberbullying
Quelle: Robertz 2010: 72
Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
Fakultät für Erziehungswissenschaft und Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Definition Cyberbullying/Cybermobbing
§ Cyberbullying ist kommunikatives oder symbolisches Handeln von Individuen oder Gruppen im Cyberspace, das auf die physische, psychische, emotionale oder soziale Schädigung oder Verletzung anderer abzielt.
§ Definitionsbestandteile:
§ Intention der Schädigung
§ Kräfteungleichgewicht
§ Wiederholung
§ Verwendung von IuK-Technologie Quelle: Sitzer et al. 2012
Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
Fakultät für Erziehungswissenschaft und Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Besonderheiten von Cyberbullying (im Vergleich zu „konventionellem“ Bullying)
• Digitalisierung – dadurch verlustfrei zu vervielfältigen, zu verbreiten und dauerhaft speicherbar
• Öffentlichkeit – großes Publikum möglich
• Anonymität – Täter können anonym bleiben
• Entgrenzung – nicht auf den Kontext Schule beschränkt
• Entkörperlichung, Textualität, Enträumlichung, Entzeitlichung, Entkontextualisierung (Misoch 2006)
Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
Fakultät für Erziehungswissenschaft und Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Formen von Cyberbullying/Cybermobbing
§ Belästigung
§ Sexuelle Belästigung
§ Rufschädigung
§ Bloßstellung und Verrat
§ Sozialer Ausschluss
§ Happy Slapping
§ Gezielte Gefährdung durch Dritte
§ Cyberstalking Sitzer et al. 2012; Sitzer und Marth im Erscheinen
Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
Fakultät für Erziehungswissenschaft und Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Verbreitung von Cyberbullying
§ Prävalenzraten sind abhängig von
§ Definition von Cyberbullying
§ Operationalisierung
§ Alter der Befragten
§ Erhebungsland
§ Erhebungszeitraum
§ Auswertung der Daten Quelle: Sitzer und Marth im Erscheinen
Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
Fakultät für Erziehungswissenschaft und Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Verbreitung von Cyberbullying in Europa
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Opfer Cyberbullying
Opfer Cyber- und Bullying
Quelle: Livingstone et al. 2011: 63
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Angaben zur Verbreitung in ausgewählten Studien
§ EU-Kids-online-Studie (9- bis 16-Jährige in Deutschland, Jahresprävalenz):
§ 5 % Opfer
§ Techniker Krankenkasse (14- bis 20-Jährige in Deutschland, Lebenszeitprävalenz):
§ 32 % Opfer
§ 8 % Täter
Quelle: Livingstone et al. 2011: 63
Quelle: Techniker Krankenkasse 2011
Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
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Anlage der Online-Studie „Cyberbullying bei Schülerinnen und Schülern“
§ Offene Online-Befragung
§ Februar bis Juli 2011
§ 1881 Schülerinnen und Schüler aus Deutschland
§ 11 bis 24 Jahre
§ Nicht repräsentativ
Erhebungsinstrument Opfererfahrungen Cyberbullying Antwortoptionen: „gar nicht“, „ein bis zwei Mal“, „zwei bis drei Mal im Monat“, „etwa einmal in der Woche“, „mehrmals in der Woche“.
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Erhebungsinstrument Tätererfahrungen Cyberbullying Antwortoptionen: „gar nicht“, „ein bis zwei Mal“, „zwei bis drei Mal im Monat“, „etwa einmal in der Woche“, „mehrmals in der Woche“.
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Konsequenzen für die Täter Frage: „Welche Folgen hatte dein Handeln?“ Antwortoptionen: Auswahlkästchen, Mehrfachantworten möglich. Datenbasis: Alle Täter von Cyberbullying (n = 234).
Angaben der Täter zu ihren Motiven Frage: „Was waren Deine Gründe, jemanden über das Internet oder per Handy zu mobben?“ Antwortoptionen: „trifft nicht zu“, „trifft eher nicht zu“, „weder noch“, „trifft eher zu“, „trifft zu“.
Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
Fakultät für Erziehungswissenschaft und Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Fünf-Stufen-Modell des Hilfeverhaltens in Notsituationen (Latané und Darley 1970)
§ Schritt 1: Bemerken, dass etwas geschieht
§ Schritt 2: Das Ereignis als eine Notsituation interpretieren
§ Schritt 3: Sich für die Hilfeleistung verantwortlich fühlen
§ Schritt 4: Entscheiden, wie zu helfen ist
§ Schritt 5: Helfen
Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
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Hilfebereitschaft
Eingreifen M1 M2 M3 M4
Wahrnehmung ,421*** ,421*** ,416*** ,380***
Interpretation ,003 ,018 ,041
Verantwortung -,048* ,013
Strategie
-,185***
Erklärte Varianz (von 100%)
17,7% 17,7% 17,9% 20,6%
Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
Fakultät für Erziehungswissenschaft und Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Schlussfolgerungen für Intervention und Prävention
§ Cyberbullying ist keine Lappalie. Die Folgen für die Opfer können dramatisch sein. Daher müssen die Opfer geschützt werden.
§ Das Handeln der Täter ist oft das Ergebnis unangemessener Anpassungsstrategien. Daher müssen auch die Täter unterstützt werden, ihre Rolle zu überwinden.
§ Darüber hinaus sind die Zeugen von Cyberbullying die dritte Zielgruppe für Interventions- und Präventionsmaßnahmen. Sie müssen darin bestärkt werden, Partei für die Opfer zu ergreifen und sich den Tätern entgegen zu stellen.
Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Der Ergebnisbericht der Studie ist online verfügbar unter der folgenden Adresse:
http://www.uni-bielefeld.de/cyberbullying
Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
Fakultät für Erziehungswissenschaft und Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
Verwendete Literatur
Hinduja, S. and J. W. Patchin (2010): Bullying, cyberbullying, and suicide. Archives of Suicide Research, 14 (3). In Press.
Latané, Bibb and John M. Darley (1970): The unresponsive Bystander. Why doesn't he help? New York: Appleton-Century-Crofts.
Livingstone, Sonia, Leslie Haddon, Anke Görzig und Kjartan Ólafsson (2011): Risks and safety on the internet: The perspective of European children. Full Findings. LSE, London: EU Kids Online.
Misoch, Sabina (2006): Online-Kommunikation. Konstanz: UTB.
Olweus, Dan (1993). Bullying at school. What we know and what we can do. Oxford, Blackwell.
Robertz, Frank J. (2010): Jugendgewalt 2.0: über Cyberbullying und Happy Slapping. In: Frank J. Robertz, Ruben Wickenhäuser (Hrsg.): Orte der Wirklichkeit. Springer, S. 71-78.
Sitzer, Peter, Julia Marth, Caroline Kocik und Kay Nina Müller (2012): Ergebnisbericht der Online-Studie "Cyberbullying bei Schülerinnen und Schülern." Bielefeld: Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung.
Sitzer, Peter und Julia Marth (im Erscheinen): Cyberbullying. Zur wissenschaftlichen Konstruktion eines neuen sozialen Problems, in: Axel Groenemeyer und Dagmar Hoffmann (Hrsg.): Jugend als soziales Problem – Probleme der Jugend? Diagnosen, Diskurse und Herausforderungen. Zum Gedenken an Jürgen Mansel (1956-2012). (Reihe: Jugendforschung). Weinheim: Juventa Verlag.
Specht, Tamara (2010): Vernetzt, verletzt? Cyberbullying unter Jugendlichen in Deutschland. Masterarbeit. Universität Augsburg.
Techniker Krankenkasse (2011): Cybermobbing - Gewalt unter Jugendlichen. Ergebnisse einer repräsentativen Forsa-Umfrage für Deutschland/Cybermobbing - Gewalt unter Jugendlichen. Ergebnisse einer repräsentativen Forsa-Umfrage in NRW.
Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
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Weiterführende Literatur
§ Fawzi, Nayla (2009): Cyber-Mobbing. Ursachen und Auswirkungen von Mobbing im Internet. Baden-Baden: Nomos-Verlagsgesellschaft.
§ Pieschl, Stephanie und Porsch, Torsten (2012): Schluss mit Cybermobbing! Das Trainings- und Präventionsprogramm „Surf-Fair“. Weinheim: Beltz.
§ Riebel, Julia (2008). Spotten, Schimpfen, Schlagen ... Gewalt unter Schülern – Bullying und Cyberbullying. Landau: Verlag Empirische Pädagogik.
§ Robertz, Frank J. und Ruben Wickenhäuser (2010): Orte der Wirklichkeit. Über Gefahren in medialen Lebenswelten Jugendlicher. Heidelberg: Springer.
§ Shariff, Shaheen (2008): Cyberbullying – Issues and Solutions for the School, the Classroom and the Home. London and New York: Routledge.
§ Scheithauer, Herbert, Tobias Hayer und Franz Petermann (2003): Bullying unter Schülern. Erscheinungsformen, Risikobedingungen und Interventionskonzepte. Göttingen: Hogrefe, Verlag für Psychologie.
§ Specht, Tamara (2010): Vernetzt, verletzt? Cyberbullying unter Jugendlichen in Deutschland. Masterarbeit. Universität Augsburg.
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Dr. Peter Sitzer – Jahrestagung der Aktion Jugendschutz am 13. März 2013 in Stuttgart
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Kontaktadresse Dr. Peter Sitzer Fakultät für Erziehungswissenschaft Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung Universitätsstraße 25 33615 Bielefeld E-Mail peter.sitzer@uni-bielefeld.de Telefon +49 521 1063147 Fax +49 521 1066415
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