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Das Elaboration – Likelihood – Modell von Petty & Cacioppo

Verarbeitung sozialer InformationDozent: Dr. Rainer RothReferentin: Nadine HeinzDatum: 21.06.2006

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Gliederung

Einführung Einstellungen Grundidee des ELM: Zwei-Wege-Modell Grundannahmen des ELM: 7 Postulate Empirische Überprüfung

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Elaboration – Likelihood – Modell

„Das ELM gilt als eine umfassende Theorie der Einstellungsänderung und bietet einen allgemeinen Bezugsrahmen, um die vermittelnden Mechanismen zu verstehen, die bei erfolglosen und erfolgreichen Einstellungsänderungsversuchen wirksam werden.“

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Einstellungen - Definition

Einstellungen werden als allgemeine Bewertungen der eigenen Person, anderer Menschen, Objekte oder Sachverhalte verstanden. Diese allgemeinen Bewertungen beruhen auf Verhaltens-, affektiven und kognitiven Erfahrungen und beeinflussen wiederum Verhalten, Affekte und Kognitionen.

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Zwei – Wege – Modell

Einstellungsänderung über:

zentraler Weg peripherer Weg- tiefe Verarbeitung - oberflächliche Verarbeitung

- Person motiviert & fähig, - keine Motivation oder Fähigkeit

zu verarbeiten / bewerten

- E-änderung durch - E-änderung durch periphere Reize

Qualität der Argumente der Situation

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Postulat 1:

Personen sind motiviert, adäquate

Einstellungen zu erwerben bzw. zu besitzen.

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orientiert an Festingers „Theorie der sozialen Vergleichsprozesse“

↓ Motivation zu korrekten Einstellungen

↓ Heranziehen von Bezugsperson(en) zur

Bestätigung der Gültigkeit der eigenen Einstellung

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Postulat 2:

Die Intensität und die Art und Weise, in der Menschen bestimmte einstellungsrelevante Informationen verarbeiten, hängt von ihren Fähigkeiten und ihrer Motivationslage ab. Diese beiden werden wiederum von individuellen und situativen Faktoren beeinflusst.

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Kontinuum der Verarbeitungstiefe:oberflächlich

intensiv(peripherer Weg) (zentraler Weg)

Hohe Motivation & Fähigkeit → hohe W.keit zur tiefen Verarbeitung der Info=> hohe Aufmerksamkeit, Integration der Info in Einstellungsstruktur

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Beeinflussung der Motivation

durch individuelle und situative Faktoren:

– Eigenschaften der Kommunikation selbst– Eigenschaften des Kommunikationskontextes– Eigenschaften der Rezipienten– Eigenschaften der Kommunikatoren– Medium der Botschaft

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Postulat 3:

Eine Vielzahl von Variablen kann das Ausmaß und die Richtung der Einstellungsänderung auf 3 verschiedenen Wegen beeinflussen:

a) indem sie als Argumente wahrgenommen werden,

b) indem sie als periphere Reize wirken,c) indem sie das Ausmaß und die Richtung der Verarbeitung des Botschaftsinhaltes bestimmen.

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Beispiel: Michael Ballack

Werbung für Sportschuhe a) Argument für die Güte dieser Schuhe

b) Ästhetik und Attraktivität als periphere Reize

c) Determinante der Verarbeitungstiefe

Dasselbe Merkmal wird von verschiedenen Personengruppen unterschiedlich eingesetzt.

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Postulat 4:

Variablen, die die Motivation und/oder die

Fähigkeit einer Person beeinflussen, eine

Botschaft relativ objektiv zu verarbeiten,

können sowohl zu einer intensiveren als

auch zu einer oberflächlicheren

Argumentenverarbeitung führen.

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Methoden zur Erfassung der Verarbeitungstiefe

Argumentengüte:– Bei hoher Motivation / Fähigkeit zu objektiver Verarbeitung

werden überzeugende Argumente erkannt und von weniger überzeugenden getrennt→ Unterschiede im Einfluss starker und schwacher Argumente auf E-änderung bei hoher Motivation maximal

– Bei niedriger Motivation: Nivellierung der Effekte starker und schwacher Argumente

Direkte Befragung Gedanken – Auflistungstechnik Psychophysiologische Messungen

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Postulat 5:

Variablen, die dazu führen, dass Botschaften in

relativ verzerrter Weise verarbeitet werden,

verstärken oder verhindern (aufgrund

motivationaler oder fähigkeitsbedingter

Voreingenommenheit) positive oder negative

kognitive Reaktionen auf bestimmte

Botschaftsinhalte.

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objektiv vs. verzerrt

Tiefe, objektive Verarbeitung: schlüssige Argumentation wird erkannt

Intensive, verzerrte Verarbeitung: bestimmte positive / negative Gedanken und Assoziationen werden zu bestimmten Botschaftsinhalten evoziert.

→ ursprüngliche Einstellung wirkt als Schema bei der Verarbeitung

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Postulat 6:

Wenn die Motivation und/oder die Fähigkeit zur intensiven Verarbeitung von Argumenten gering ist, so werden periphere Hinweisreize wichtige Einstellungsdeterminanten. Umgekehrt werden periphere Hinweisreize relativ unwichtige Einflussfaktoren, wenn sich die Intensität oder Sorgfalt, mit der Informationen verarbeitet werden, erhöht.

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Postulat 7:

Einstellungsänderungen, die durch die intensive Verarbeitung von Argumenten oder Informationen und damit auf dem zentralen Weg der Infoverarbeitung hervorgerufen werden, sind stabiler über die Zeit, erlauben bessere Verhaltensvorhersagen und weisen gegenüber Gegenargumenten eine größere Resistenz auf als Einstellungsänderungen, die lediglich Folge der Reaktion auf periphere Reize sind.

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Stabilität der neuen Einstellung

Zentraler Weg: intensives Auseinandersetzen mit Botschaftsinhalten, Integration neuer Info in Einstellungsschema

→ Schema wird häufig aufgerufen, überprüft und modifiziert → Schema wird in sich konsistenter und verfügbarer

Auch Motivation hat Einfluss auf Stabilität, Resistenz und prognostische Validität

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Zusammenfassung der theoretischen Grundlagen

Menschen möchten adäquate Einstellungen besitzen / erwerben

Motivation & Fähigkeit als Voraussetzung für tiefe Verarbeitung (zentraler Weg)

objektive vs. verzerrte Verarbeitung Keine Motivation / Fähigkeit → E.änderung nur über

periphere Reize möglich Einstellungen über zentralen Weg sind stabiler,

resistenter gegenüber Angriffen und bessere Prädiktoren für Verhalten

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Empirische Überprüfung

1. Faktoren, die das Ausmaß objektiver Verarbeitung beeinflussen

2. Faktoren, die das Ausmaß voreingenommener Informationsverarbeitung beeinflussen

3. Verarbeitungstiefe und der Einfluss peripherer Reize

4. Konsequenzen des Einstellungserwerbs auf peripherem oder zentralem Weg

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Empirische Überprüfung I:a) Effekte der Ablenkung

Ablenkung → stärkerer Einstellungswandel Grund:

– Festinger & Maccoby: Ablenkung behindert Produktion von Gegenargumenten

– Petty & Cacioppo: Ablenkung reduziert Fähigkeit zur tiefen Verarbeitung

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Experiment:

Petty, Wells & Brock (1976): Hypothese:

– Abgelenkte Vpn werden durch starke (schwache) Argumente in geringerem (stärkerem) Maße überzeugt als nicht-abgelenkte Vpn

UV: Argumentengüte (stark vs. schwach), Stärke der Ablenkung (Wahrnehmungsaufgabe)

Bestätigung der Hypothese

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Empirische Überprüfung I:b) Der Einfluss von Stimmungen

Personen in guter Stimmung vermeiden kognitiven Aufwand

peripherer Reiz → erleichtert Annahme der Botschaft

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Experiment:

Bless, Bohner, Schwarz & Strack (1990): Hypothese: gute Stimmung beeinflusst

Verarbeitungstiefe UV: Argumentengüte, Stimmung

(Erinnerungen)

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Ergebnis:

0

1

2

3

4

5

6

traurig glücklich

schwacheArgumente

starkeArgumente

Ein

stel

lung

sänd

erun

g

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Erklärung (Mackie & Worth, 1989)

Motivationale Erklärung:

Vermeidung von intensiver Auseinandersetzung bei guter Stimmung, um diese nicht zu beenden

Verarbeitungskapazitätserklärung:

positive Stimmung mit positiven Erinnerungen und Assoziationen verbunden → beansprucht Kapazität → Ablenkung von der Verarbeitung externer Reize

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Empirische Überprüfung I:c) Wiederholung der Botschaft

Annahme von 2 Stufen:1. Durch angemessene Anzahl an Wiederholungen

wird tiefe Verarbeitung erleichtert, insb. bei komplexen Themen

Nach Verarbeitung der Botschaft:2. Weitere Wiederholungen führen zu negativeren

Reaktionen aufgrund von Reaktanzeffekten oder Langeweile

experimentell bestätigt

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Empirische Überprüfung I:d) Need for Cognition

Vorhersage des ELM:

Personen mit hohem Need for Cognition sollten relevante Argumente tiefer verarbeiten als Personen mit niedrigem NfC

Durch Experimente bestätigt:– NfC hoch: stärkere E-änderung bei starken als bei

schwachen Argumenten– NfC niedrig: geringere Unterschiede

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Empirische Überprüfung I:e) Persönliche Relevanz

Persönliche Relevanz, wenn das Thema wichtige Implikationen für das eigene Leben besitzt

Annahme des ELM: bei persönlicher Relevanz sollte die Person stärkere Motivation zur intensiven Verarbeitung haben – unabhängig von der Ausgangseinstellung

konnte bestätigt werden (Zusammenhang zwischen persönlicher Relevanz und

Argumentenqualität)

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Empirische Überprüfung I:f) weitere Faktoren

Persönliche vs. kollektive Verantwortlichkeit Körperhaltung der Rezipienten Komplexität & Verständlichkeit der Botschaft Intelligenz & Bildung der Rezipienten Medium der Botschaft Herzrate Zahl der Kommunikatoren

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Empirische Überprüfung

1. Faktoren, die das Ausmaß objektiver Verarbeitung beeinflussen

2. Faktoren, die das Ausmaß voreingenommener Informationsverarbeitung beeinflussen

3. Verarbeitungstiefe und der Einfluss peripherer Reize

4. Konsequenzen des Einstellungserwerbs auf peripherem oder zentralem Weg

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Empirische Überprüfung II:a) Vorkenntnisse

Je mehr Vorwissen vorhanden ist, umso größer ist die Tendenz, Informationen zu widerlegen, die dem vorhandenen Schema widersprechen

Bestehende Wissensstrukturen begünstigen positive Reaktionen zu einstellungskongruenten Inhalten

Großes Vorwissen erhöht bei einstellungs-diskrepanten Inhalten die Produktion von Gegenargumenten

experimentell bestätigt

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Empirische Überprüfung II:b) Vorwarnungen

Warnung vor dem Botschaftsinhalt– Verhinderung der E-änderung bei großer Zeitspanne

zwischen Warnung und Präsentation

Warnung vor der Überzeugungsabsicht– Peripherer Reiz-Effekt bei geringer persönlicher Relevanz:

Quelle und Botschaft selbst werden abgewertet / nicht näher betrachtet

– Hohe persönliche Relevanz: intensive voreingenommene Informationsverarbeitung („biased processing“)

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Empirische Überprüfung II:c) weitere Faktoren

Häufige Wiederholung führt zu verstärkter Gegenargumentation

Wertrelevanz motiviert zur intensiven voreingenommenen Verarbeitung

Reaktionen des Publikums

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Empirische Überprüfung

1. Faktoren, die das Ausmaß objektiver Verarbeitung beeinflussen

2. Faktoren, die das Ausmaß voreingenommener Informationsverarbeitung beeinflussen

3. Verarbeitungstiefe und der Einfluss peripherer Reize

4. Konsequenzen des Einstellungserwerbs auf peripherem oder zentralem Weg

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Empirische Überprüfung III:a) Persönliche Relevanz & Eigenschaften des Kommunikators

Petty, Caccioppo & Goldman (1981): Hypothese: Wechselwirkung zwischen

Einfluss peripherer Reize und der Intensität der Informationsverarbeitung

UV: persönliche Relevanz, Argumentengüte, Quellenkompetenz

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Ergebnisse:

Starke Argumente rufen mehr E-änderung hervor als schwache

Experten haben stärkeren Einfluss als Laien Interaktion Relevanz x Qualität:

– hohe Relevanz → Argumente ausschlaggebend– niedrige Relevanz → kaum Unterschiede bzgl.

Argumentenqualität Interaktion Relevanz x Expertentum:

– Nur bei geringer Relevanz rufen Experten mehr E-änderung hervor als Laien

gilt auch für andere Kommunikatoreigenschaften

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Empirische Überprüfung III:b) andere periphere Reize, die die objektive Verarbeitung beeinflussen

Gleiches Ergebnismuster auch für andere periphere Reize, wie Botschaftslänge, fingierte psychologische Rückmeldungen, angenehme Musik: hoher Einfluss nur bei geringer Relevanz

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Empirische Überprüfung III:c) periphere Reize, die die voreinge- nommene Verarbeitung beeinflussen

Wood & Kallgren (1988): Hypothese: Periphere Reize haben nur unter der

Bedingung „ geringes Vorwissen“ großen Einfluss UV: Expertenstatus, Sympathiewert, Ausmaß

vorhandener Wissensstrukturen Ergebnis: Bestätigung nur für Sympathiefaktor,

nicht für Expertenstatus

[Interaktion Vorwissen x Botschaftslänge]

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Empirische Überprüfung

1. Faktoren, die das Ausmaß objektiver Verarbeitung beeinflussen

2. Faktoren, die das Ausmaß voreingenommener Informationsverarbeitung beeinflussen

3. Verarbeitungstiefe und der Einfluss peripherer Reize

4. Konsequenzen des Einstellungserwerbs auf peripherem oder zentralem Weg

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Empirische Überprüfung IV:a) Zeitliche Stabilität

Petty, Cacioppo et al. (1986): UV: persönliche Relevanz, Botschafts- und

Kommunikatoreigenschaften gleichzeitig– Einflussreiche Botschaft: starke Argumente +

hochglaubwürdiger Kommunikator– Weniger einflussreiche Botschaft: schwache

Argumente + weniger glaubwürdige Quelle

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Ergebnisse:

Einflussreiche Botschaft erzielt mehr E-änderung als weniger einflussreiche – unabhängig von Relevanz

10-14 Tage später: – Geringe Relevanz: kein Unterschied mehr

zwischen starken & schwachen Botschaften– Hohe Relevanz: Unterschied bleibt bestehen

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Empirische Überprüfung IV:b) Einstellungen und Verhalten

Petty, Cacioppo & Schumann (1983): Werbeanzeigen UV: persönliche Relevanz Ergebnis: bei hoher Relevanz zeigte sich ein

engerer Zusammenhang zwischen Einstellung und Verhaltensintention als bei geringerer Relevanz

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Insgesamt:

Zusammenhang zwischen Einstellung und Verhalten höher, wenn situationale Bedingungen oder dispositionelle Faktoren die Motivation / Fähigkeit zur intensiven Verarbeitung erhöhen

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Empirische Überprüfung IV:c) Resistenz gegenüber Gegenargumenten

Truismen (= Einstellungen, die im Laufe der Sozialisation erworben und nie hinterfragt werden)

Truismen sind zeitlich sehr stabil, aber nur wenn sie nicht attackiert werden

Grund: kaum Übung in Verteidigung → keine Gegenargumente, meist auf peripherem Weg erworben

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Experiment:

Petty, Cacioppo et al. (1986): Botschaft: starke Argumente, Experte E-wandel über peripheren Weg: geringe

Relevanz, Ablenkung E-wandel über zentralen Weg: hohe

Relevanz, keine Ablenkung 2. Botschaft: keine Ablenkung, Inhalt

kongruent mit ursprünglicher Einstellung

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Ergebnisse:

Nach 1. Botschaft vergleichbares Maß an Einstellungswandel

Nach 2. Botschaft lassen sich Vpn, die die Einstellung auf peripherem Weg erworben haben, stärker wieder beeinflussen als Vpn, die ihre Einstellung über den zentralen Weg geändert haben

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Abschließende Bewertung:

ELM schafft es, viele bislang widersprüchliche Ergebnisse zu integrieren

Die Vorhersagen konnten gut bestätigt werden

Bedingungen für das Auftreten tiefer bzw. oberflächlicher Verarbeitung wurden vielfach in einfacher und idealtypischer Weise hergestellt;

Realität: Zusammenspiel vieler verschiedener Variablen → höhere Komplexität → multiple Effekte

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!!

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Literatur:

Stahlberg, D. & Frey, D. (2001). Das Elaboration – Likelihood – Modell von Petty & Cacioppo. In D. Frey & M. Irle (Hrsg.), Theorien der Sozialpsychologie, Band I: Kognitive Theorien (2. überarb. und erw. Auflage, S. 327-361). Bern: Verlag Hans Huber.

Aronson, E., Wilson, T.D. & Akert, R.M. (2004). Sozialpsychologie. München: Pearson Studium

Petty, R.E. & Wegener, D.T. (1999). The Elaboration likelihood model: Current status and controversies. In S. Chaiken & Y. Trope (Eds.), Dual Process Theories in Social Psychology (p. 41-72). New York: Guilford Press.

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