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Zentrale bteilung Forschungsreaktoren
KERNFORSCHUNGSANLAGE JOLICH
des Landes Nordrhein-Westfalen - e. V.
Das Verhalten des Reaktors FRJ-1 (MERLIN)
beim Ausfall der Zwangskühlung
Zweite erweiterte Auflage
von
E~ünch
Jül - 407 - RE August 1966
Als Manuskript gedruckt
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Berichte der Kernforschungsanlage Jülich
Zentralabteilung Forschungsreaktoren Jül - 407 - RE
Dok. : RESEARCH REACTOR FRJ-1 (MERLIN) DEFECT OF COOLING CIRCUIT
OK: 621.039.534.004.6: 621.039.573 .FRJ-1 (MERLINi- (43-2.393)
Nr. 407
Zu beziehen durch: ZENTRALBIBLIOTHEK der Kernforschungsanlage JOlich, Jülich, Bundesrepublik Deutschland
Das Verhalten des Reaktors FRJ-1 {MERLIN)
beim Ausfall der Zwangskühlung
Zweite erweiterte Auflage
von
E. Münch
I
I N H A L T S V E R Z E I C H N I S
Zusammenfassung
1. Einleitung
2. Reaktorbeschreibung
2.1. Aufbau des Reaktors
2.2. Instrumentierte Brennelemente
3. Meßverfahren
3.1. Meßeinrichtung
3.2. Ablauf der Messungen
4. Vorgänge beim Pumpenausfall
5. Auswertungsgrundlagen
5.1. Ermittlung der Heizflächenbelastung
5.2. Geschwindigkeit der Naturkonvektion
6. Ergebnisse
6.1. Kühlmitteltemperaturen
6.2. Brennstofftemperaturen
6.3. Strömungsumkehr
6.4. Temperaturoszillationen
6.5. Leistungsabfall
6.6. Dampfblaseneinfluß
6.7. Langzeitverhalten
Seite
1
2
3
3
6
1 1
1 1
13
15
21
21
23
27
27
30
33
39
43
48
57
II
Seite
7. Schlußfolgerungen 59
Literaturverzeichnis 61
III
V E R Z E I C H N I S D E R A B B I L D U N G E N
Abb. 1
Abb. 2
Abb. J
Abb. 4
Abb. 5
Abb. 6
Abb. 7
Abb. 8
Abb. 9
Anordnung der Thermoelemente in einem
Brennelement
Anordnung der Thermoelemente in einem
Brennelement mit Leitungsplatte
Verteilungsschema der Thermoelemente
in den Spezialbrennstoffelementen
Konfiguration des 4x5-Kerns
Konfiguration des 31-Elemente-Kerns
Temperaturverlauf der Wassereintritts
und Wasseraustrittstemperatur eines
Kühlkanals zur Festlegung des Umschlag
punktes von Zwangsumlauf in Naturkon
vektion
Heizflächenbelastung der instrumentierten
Elemente bei 1 MW Reaktorleistung
Konvektionsgeschwindigkeit in Abhängigkeit
von der Heizflächenbelastung
Abhängigkeit der Konvektionsgeschwindigkeit
von der Wassertemperatur
Seite
7
8
9
11
12
19
22
24
25
Abb. 10 Maximaltemperaturen am Wassereintritt und 29
Abb. 1 1
Abb. 12
Wasseraustritt als Funktion der Heiz
flächenbelastung vor der Pumpenabschaltung
Brennstofftemperaturen als Funktion der
Heizflächenbelastung vor der Pumpenab-
schal tung
Umschlagzeit als Funktion der Ausgangsheiz-
flächenbelastung (4x5-Kern)
J2
J6
IV
Abb. 13 Umschlagzeit als Funktion der Ausgangs
heizflächenbelastung (31-Elemente-Kern)
Seite
38
Abb. 14 Temperaturverläufe in Brennstoff und Kühl- 41
mittel in einem Kühlkanal
Abb. 15 Das Auftreten des ersten Minimums der Brenn- 42
stofftemperatur in Abhängigkeit von der Aus
gangsheizflächenbelastung (4x5-Kern)
Abb. 16 Das Auftreten des ersten Minimums der Brenn- 44
stofftemperatur in Abhängigkeit von der Aus
gangsheizflächenbelastung (31-Elemente-Kern)
Abb. 17 Negative Periode der Leistung beim Pumpen- 45
ausfall in Abhängigkeit von der Ausgangs
leistung
Abb. 18 Leistungsverlauf und daraus errechnete Reak- 47
tivitätsabsorption nach der Pumpenabschaltung
Abb. 19 Leistungsverlauf bei der Pumpenabschaltung 49
Abb. 20 Transferfunktionen bei verschiedenen
Multiplikationsfaktoren k 0
Abb. 21 Vergleich der Reaktor-Transferfunktionen
bei a = 0 sec- 1 und a = 0,136 sec- 1
Abb. 22 Abhängigkeit der Reaktivitätsabsorption
durch Blasenbildung vom unterkritischen
Multiplikationsfaktor k 0
53
55
56
Z U S A M M E N F A S S U N G
Am Reaktor FRJ-1 wurde dessen Verhalten beim Ausfall der pri
mären Kühlkreispumpen untersucht, wenn die Reaktorabschaltung
durch das Sicherheitssystem nicht ausgelöst wird. Diese Unter
suchungen wurden an zwei verschiedenen Kernkonfigurationen
von unterschiedlicher Kompaktheit ausgeführt.
Im Normalbetrieb wird Leichtwasser im Zwangsumlauf von oben
nach unten durch den Kern gepumpt. Nach dem Pumpenausfall
nimmt der Zwangsumlauf ab und geht in Naturkonvektion über,
einer aufwärts gerichteten Strömung. Die Zeit vom Pumpenausfall
bis zum Umschlag der Kühlmittelströmung wurde ermittelt. Diese
Zeit wird mit wachsender Heizflächenbelastung kürzer und er
reicht bei 75 W/cm2 etwa 7 Sekunden.
Die im Brennstoff beim Ausfall der Zwangskühlung auftretenden
Temperaturoszillationen wurden als Folge der bei höheren Heiz
flächenbelastungen mit dem Strömungsumschlag auftretenden Bla
senverdampfung gedeutet.
Im Leistungsverlauf zeigte sich ein durch Temperatureffekte
bedingter starker Abfall, dem bei höheren Leistungen unregel
mäßige Schwankungen überlagert waren. Als Ursache dieser Schwan
kungen wurden unterkritische Reaktivitätsänderungen durch Bla
senbildung festgestellt. Innerhalb von JO Minuten nach dem
Pumpenausfall wurde kein neuer Leistungsanstieg beobachtet.
Während der Versuche ergaben sich keine unsicheren Betriebszu
stände des Reaktors.
2
1 . E I N L E I T U N G
In diesem Bericht werden Experimente beschrieben, die das Ver-
halten eines leichtwassermoderierten Schwimmbadreaktors vom
MTR-Typ bei Ausfall der Zwangskühlung zum Gegenstand haben.
Bei den beschriebenen Experimenten wurden bei konstanter An-
fangsleistung des Reaktors im Megawatt-Bereich die Primärkühl-
pumpen abgeschaltet und das Verhalten der Kühlmittel- und
Brennstofftemperaturen sowie des Leistungsverlaufs verfolgt.
Die Untersuchungen wurden an zwei verschiedenen Reaktorkernen
von unterschiedlicher Kompaktheit durchgeführt, die im folgen-
den als " 4 x 5 - Kern" und als " 31-Elemente-Kern" bezeichnet
werden. Beide Reaktorkerne haben einen negativen Temperatur
koeffizienten der Reaktivität, der auf 5 . 10-J % 6k/k pro 0 c
geschätzt wird. Der mittlere Blasenkoeffizient im Reaktorkern
ist ebenfalls negativ und dürfte in der Größenordnung von
einigen 10-4 % 6k/k pro cm3 Blasenvolumen liegen.
Aus dem zeitlichen Verlauf der Reaktorleistung und der Tempe-
ratur in den Brennstoffplatten und in den Kühlkanälen der Brenn-
elemente können bestimmte Rückschlüsse auf thermodynamische
Vorgänge im Reaktorkern gezogen werden, die im vorliegenden
Bericht erläutert werden. Die hier dargestellten Ergebnisse
sind das Resultat eines erweiterten Versuchsprogramms. Über
erste Ergebnisse wurde bereits von Jacquemin und Barmann [1]
berichtet. Diese Ergebnisse sind in der vorliegenden umfassen
deren Untersuchung mit verarbeitet.
J
2. R E A K T 0 R B E S C H R E I B U N G
2. 1. Aufbau des Reaktors
Der Forschungsreaktor FRJ-1 (MERLIN) ist ein Schwimmbadreaktor
mit Uran als Spaltstoff, dessen Anreicherung an U-235 80 %
beträgtw Der Reaktorkern wird von Leichtwasser als Reflektor
und Moderator umgeben. Zur Kühlung wird entmineralisiertes
Leichtwasser in einem Zwangsumlauf von oben nach unten durch
den Kern gepumpt.
Reaktorkern, Moderator und Reflektor befinden sich im Reaktor
tank, einem Aluminiumzylinder. Er hat eine Höhe von 9,4 m. Der
untere Teil des Tanks, bis zu einer Höhe von 4,9 m, hat einen
Durchmesser von 1,7 m und enthält den Reaktorkern. Der obere
Teil hat einen Durchmesser von J,5 m und ist zur Strahlenab
schirmung nach oben ebenfalls mit Leichtwasser gefüllt. Die
Brennelemente, die den Reaktorkern bilden, werden in eine Git
terplatte eingesetzt, die wie ein Fahrstuhl in einem recht
eckigen Strömungskanal im unteren Teil des Tanks verfahren
werden kann. Der Strömungskanal hat quadratischen Querschnitt
und besteht aus Aluminiumblechen, die bis auf den Boden des
Reaktortanks reichen. Der Kanal hat die Aufgabe, den von oben
nach unten gerichteten Kühlwasserstrom durch die auf der Gitter
platte befindlichen Brennelemente zu leiten. Die Gitterplatte
hat in quadratischer Anordnung 81 Plätze, von denen 49 mit
Brennelementen besetzt werden können. In die Plätze der äuße-
4
ren Reihen können nur Leer- oder Reflektorelemente eingesetzt
werden.
Die Brennelemente bestehen aus 14 Brennstoffplatten, die zur
Verhinderung von unkontrollierten Wärmedeformationen leicht
gekrümmt sind. Die Platten sind parallel zueinander in einem
lichten Abstand von J,J mm angeordnet.
Der aktive Teil der Platten ist 0,46 mm dick, 60 mm breit,
60,J cm lang und besteht aus einer Uran-Aluminium-Legierung.
Diese Legierungsschicht ist allseitig von Aluminium abgedeckt.
Jede Brennstoffplatte enthält 11 ,5 g U-235.
Das Brennelement hat mit den 14 Brennstoffplatten und den zwei
ebenfalls gekrümmten Deckplatten aus Aluminium die Form eines
langgestreckten Kastens von 7,J • 7,J • 63,5 cm3 (s. Abb. 1).
Die parallelen Platten bilden hierin 15 Kanäle von je
6,9 • O,JJ cm2 Querschnitt, entsprechend einem hydraulischen
Durchmesser von 0,6JO cm, für das hindurchströmende Kühlwas
ser. Am unteren Ende besitzt das Element einen Führungszapfen,
mit dem es in die Gitterplatte eingesetzt wird; das obere
Ende des Elementes trägt eine Vorrichtung zur Befestigung der
Ladewerkzeuge.
Die nicht mit Brennelementen besetzten Positionen auf der
Gitterplatte werden im Reaktorbetrieb mit Leerelementen be-
setzt. Diese gleichen in äußerer Form und in den Abmessungen
den Brennelementen, bestehen jedoch aus einem nach unten ab
geschlossenen Aluminiumkasten, der mit Wasser gefüllt ist,
5
aber keine Wasserströmung durch den Boden zuläßt.
Die Steuerung des Reaktors wird durch einen Grob- und einen
Feinsteuerstab vorgenommen. Außerdem stehen zur Abschaltung
zwei Sicherheitsstäbe zur Verfügung. Die 4 Absorberstäbe sind
in den Ecken eines Rechtecks angeordnet, in dessen Innerem
die 6 zentralen Elemente Platz haben. Die Stäbe sind platten
förmig und werden in schmalen Aussparungen zwischen den Brenn
elementen bewegt.
Grobstab und Sicherheitsstäbe bestehen aus zwei gekreuzten
Cadmiumblechen von 1,2 mm Stärke, die mit rostfreiem Stahl
blech von 1 mm Stärke ummantelt sind. Der Feinstab besteht aus
einer schmalen J,2 mm starken Platte aus rostfreiem Stahl.
Zur Wärmeabfuhr durch Zwangsumlauf durchfließen im Primär
kreis 480 m3 Leichtwasser pro Stunde den Kern von oben nach
unten. Die Strömungsgeschwindigkeit des Zwangsumlaufs erreicht
im Mittel über alle Kühlkanäle Werte zwischen 100 cm/sec und
200 cm/sec. Die Größe der Geschwindigkeit hängt ab von der
Zahl und Position der Brennelemente auf der Gitterplatte und
von der Zahl der Leer- oder Reflektorelemente.
Das Kühlwasser tritt am oberen Ende des schmalen Teils des
Reaktortanks in den Strömungskanal ein, der das Wasser durch
den Kern führt. Unterhalb der Gitterplatte tritt es durch den
Tankboden wieder aus und gelangt durch den Verzögerungstank,
die Wärmetauscher und die Pumpen in den Reaktortank zurück.
6
Bei Normalbetrieb befinden sich rund 25 t Wasser im Kreislauf.
Das Primärkühlwasser wird in den Wärmetauschern durch einen
Sekundärkreislauf gekühlt; der Sekundärkreis gibt seine Wärme
über Luftkühler an die Außenluft ab. Der Reaktor ist z. Zt.
für eine Leistung von 5 MW ausgelegt.
2.2. Instrumentierte Brennelemente
Bei den beschriebenen Experimenten enthielt der Reaktorkern
6 instrumentierte Spezialbrennelemente. Hierbei handelt es
sich um zwei verschiedene Typen. Bei der ersten Art sind in
4 der 14 Brennstoffplatten Chromel-Alumel-Thermoelemente ein
gewalzt. Diese sitzen paarweise in der Mitte der ersten,
zweiten, dreizehnten und vierzehnten Brennstoffplatte. Ferner
ist am Ein- und Ausgang eines Kühlkanals zwischen zwei instru
mentierten Platten je ein weiteres Thermoelement zur Messung
der Kühlwassertemperaturen eingebaut.
Bei der zweiten Art der instrumentierten Brennelemente sind
die erste und zweite Brennstoffplatte wie oben beschrieben
ausgerüstet. Die vierzehnte Platte wird nur einseitig gekühlt.
Der Kühlkanal zwischen der vierzehnten Brennstoffplatte und
der Abdeckplatte aus Aluminium ist nach oben verschlossen.
Von unten eintretendes Kühlwasser wird durch eingeblasene
Preßluft verdrängt. Auf diese Weise werden an dieser Stelle die
ungünstigsten Kühlbedingungen im Kern geschaffen. Die nur ein
seitig gekühlte Brennstoffplatte wird im folgenden kurz "Lei-
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1
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Schema Brennstoff
Platlen
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Anordnung der Thermoelemente in einem Brennelement
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Abb.2: Anordnung der Thermoelemente In einem Brennelement mit Leitungsplatte
(JJ
9
tungsplatte" genannt. In der Mitte der Leitungsplatte sind
drei Thermoelemente nebeneinander eingewalzt, im benachbarten,
offenen Kühlkanal überwachen beim Wassereintritt ein und am
Wasseraustritt drei Thermoelemente die Kühlmitteltemperaturen.
Die Anordnung der Thermoelemente in den instrumentierten Brenn-
elementen ist aus Abb. 1, die der Thermoelemente in den Brenn-
elementen mit Leitungsplatte aus Abb. 2 zu ersehen.
4 Spezialbrennelemente des ersten Typs sind in den Positionen
FJ, FS, E4 und E6 der Gitterplatte (s. Abb. 4 und 5) fest ein-
Wassertemperatur z
Brennstofftemperatur V u ~-r------5-
Wassertemperatur w
Wass ertemp•ratur y
Brennstofftemperatur R Q ----------p N
Wassertemperatur X
Wassertemperatur Z ~ R T S
Brennstofftemperatur L~-__..;.c.-----:-:V---..,...w--...1 Wassertemperatur _ U
Wassertemperatur Brennstofftemperatur
y
~ Q H ~-p----M---
oben Mitte
außen unten
oben Miffe
innen unten
oben Mitte außen unten
oben Mitte
innen Wassertemperatur
~ X L-----------..1 unten
Brennelement mit
Thermoelementen
Brennelement mit
Thermoelementen
und Leitungsplatte
Abb. J Verteilungsschema der Thermoelemente in den
Spezialbrennstoffelementen
10
gebaut. In den Positionen D4 und D6 der Gitterplatte befinden
sich instrumentierte Leitungsplattenelemente.
Im ganzen stehen wahlweise 72 Thermoelemente für Temperatur
messungen zur Verfügung. Abb. J gibt einen schematischen Über
blick über die Verteilung der Thermoelemente in den Spezial
brennstoffelementen und deren Kühlkanälen.
Die Kaltlötstellen der Thermoelemente befinden sich in einem
Vergleichsstellenthermostaten, der als Bezugstemperatur 50 °e
mit einer Genauigkeit von ~ 0,5 °e liefert.
1 1
J. M E S S V E R F A H R E N
J.1. Meßeinrichtung
Bei der Messung wurden zwei Kernkonfigurationen untersucht.
Die eine war kompakt und bestand aus 20 Elementen in 4x5-An
ordnung. Die andere hatte 31 Brennelemente und war durch 4
Aluminiumelemente aufgelockert. Die beiden Kernkonfigurationen
sind in Abb. 4 und Abb. 5 dargestellt. Die instrumentierten
A 8 c D E F G H J
I
2
3
' 5
6 ~ T T ~ 7
8
9
U -235 im K.,.n 3227
Abb. 4 Konfiguration des 4x5-Kerns
T Brennelemente mit Thermoelementen
L Lage der Leitungsplatten
g
12
Elemente sind durch ein T gekennzeichnet, die Lage der Lei
tungsplatten ist ebenfalls angegeben.
Die an den Thermoelementen entstehenden Thermospannungen wur
den von 8 Potentiometerschreibern in Abhängigkeit von der
A 8 c D E F G H J
I
2
3
' 5
6
1
8
9
U -235 im KHn 4986
Abb. 5 Konfiguration des 31-Elemente-Kerns
Al Aluminiumblöcke
g
T Brennelemente mit Thermoelementen
L Lage der Leitungsplatten
Zeit aufgezeichnet. Die Nullpunkte der Schreiber konnten durch
eine Kompensationsschaltung verschoben werden, um ein Umschal
ten des Meßbereiches beim Übergang von Temperaturen über 50 °e
zu Temperaturen unter 50 °e zu vermeiden.
1J
Die maximale Papiervorschubgeschwindigkeit betrug 56 600 mm/h.
Die Ansprechzeit betrug 0,1 sec für 12 °c. Dies ermöglichte
eine gute zeitliche Auflösung der Vorgänge • Ein Synchronim
puls am Anfang und Ende jeder Messung gestattete es, den
Gleichlauf der Schreiber zu kontrollieren. Der Moment der Pum-
penabschaltung wurde über einen Kontakt am Pumpenabschaltknopf
durch den Schreiber automatisch markiert.
Bei den Messungen am 4x5-Kern wurde ein Vielkanalgalvanometer
schreiber benutzt. Dieser hatte eine Ansprechzeit von 15 msec
und wurde mit einem Papiervorschub von 5 mm/sec betrieben.
Der Schreiber nahm gleichzeitig die Thermospannung von 6 Ther
moelementen auf.
Um eine Aussage über das Verhalten der Reaktorleistung beim
Ausfall der Primärkreispumpen zu erhalten, wurde neben den
Brennstoff- und Kühlmitteltemperaturen die Anzeige eines line
aren Leistungskanals mit Hilfe der Schreiber aufgezeichnet.
Auch hier konnte der Moment der Pumpenabschaltung mit Hilfe
einer Markierfeder sichtbar gemacht werden.
J.2. Ablauf der Messungen
Vor jeder Messung wurden die Leitungsplattenelemente mit Preß
luft ausgeblasen, um das Wasser zu entfernen, das in den nach
oben geschlossenen Kühlkanal eingedrungen war. Dann wurden
beide Primärkreispumpen mit einem Durchfluß von 480 m3/h in
14
Betrieb genommen und die vorgesehene Reaktorleistung herge
stellt. Nachdem sich stationäre Verhältnisse eingestellt
hatten, wurden die Pumpen von Hand abgeschaltet. Das Relais,
das eine automatische Reaktorabschaltung bei zu niedrigem
Kühlmitteldurchfluß auslöst, war für die Dauer dieser Versuche
unwirksam gemacht. Bei der Pumpenabschaltung und der anschlie
ßenden Messung blieb die Stellung der Steuer- und Sicherheits
stäbe unverändert. Die nach der Pumpenabschaltung auftretenden
Temperatur- und Leistungsverläufe wurden von den Schreibern
aufgezeichnet. Nach Beendigung der Messung wurde die Reaktor
leistung auf 100 W abgesenkt. Bei dieser Leistung wurden die
Leitungsplattenelemente wieder ausgeblasen und die Kühlmittel
pumpen erneut in Betrieb genommen. Danach konnte eine weitere
Messung vorgenommen werden.
Die Anfangsleistungen vor der Pumpenabschaltung wurden mit
Hilfe einer geeichten Meßanordnung unter Benutzung der N-17 -
Methode ermittelt [2]. Diese Meßmethode erlaubt die Bestimmung
der Reaktorleistung unabhängig von Absorberstabstellung und
Kernkonfiguration.
15
4. V 0 R G Ä N G E B E I M P U M P E N A U S FA L L
Bei vollem Einsatz der Primärkreispumpen beträgt die Strömungs-
geschwindigkeit des Kühlwassers im 4x5-Kern 178 cm/sec und beim
31-Elemente-Kern 128 cm/sec. Nach Abschaltung der Pumpen nimmt
die Strömungsgeschwindigkeit ab. Die Temperaturen im Moderator
und Brennstoff steigen an. Unter der Wirkung des Temperatur-
koeffizienten ändert sich die Reaktivität und damit die Lei-
stung des Reaktors. Die Reaktivitätsänderung wird verursacht
durch die Abnahme der Brennstoff- und Moderatordichte, die
höhere Energie der thermischen Neutronen und die Dopplerver-
breiterung der Absorptionsresonanzlinien, die bei der Erhöhung
der Temperatur in einem Reaktor auftreten.
Zwar bewirken einige dieser Effekte einen Reaktivitätszuwachs,
doch überwiegt beim FRJ-1 die Wirkung der reaktivitätsabsor-
bierenden Effekte. Das verursacht insgesamt einen negativen
Temperaturkoeffizienten der Reaktivität, der bei einer Modera-
tortemperatur um 45 °e experimentell zu
~= dT -5 . 10-J % 6k/k pro 0 e
bestimmt wurde [J].
Wegen des negativen Temperaturkoeffizienten setzt unmittelbar
nach dem Abschalten der Pumpen stets ein Leistungsabfall ein,
dadurch bedingt, daß der Reaktor durch die Temperaturerhöhung
unterkritisch wird.
Mit der abnehmenden Strömungsgeschwindigkeit nach der Abschal
tung der Pumpen und dem dadurch kleiner werdenden Wärmeüber
gang vom Brennstoff zum Kühlmittel erhöhen sich die Brennstoff
plattentemperaturen. Gleichzeitig setzt verstärkte Naturkon
vektion des Wassers an den heißen Brennstoffplatten ein. Ihre
Strömungsrichtung ist aufwärts, dem Zwangsumlauf entgegenge
richtet. Zu einem bestimmten Zeitpunkt erreichen Zwangsum-
lauf und Naturkonvektion den gleichen Wert. Die resultierende
Strömungsgeschwindigkeit ist Null. Danach überwiegt der Anteil
der Naturkonvektion, die resultierende Strömungsrichtung hat
sich umgekehrt.
Die Messung der Strömungsgeschwindigkeit und damit des Umkehr
punktes von Zwangsumlauf in Naturkonvektion mit mechanischen
Anordnungen verursacht wegen der Installation von Meßappara
turen und Verdrahtungen am heißen Kern große Schwierigkeiten.
Auch ist die Meßgenauigkeit nicht sehr groß, da durch die ge
ringe Empfindlichkeit der Instrumente nicht der genaue Um
schlagpunkt, also die Strömungsgeschwindigkeit Null, angezeigt
wird, sondern ein Punkt, bei dem die Strömungsgeschwindigkeit
die Nachweisempfindlichkeit der Meßgeräte unterschreitet. Da
durch ist der ermittelte Zeitpunkt der Strömungsumkehr bei
diesen Geräten unter Umständen mit einem großen Fehler behaftet.
Während des Umschlagvorganges entstehen starke Strömungsschwan
kungen, die besonders bei Anwesenheit von Dampfblasen die An
zeige mechanischer Meßeinrichtungen verfälschen und eine zu
sätzliche Ungenauigkeit verursachen können.
17
Weniger aufwendig ist eine Methode zum Nachweis des Strömungs-
umschlages unter Benutzung der oben beschriebenen instrumen-
tierten Brennelemente. Hier werden die zeitlichen Temperatur-
verläufe des oben in den Kühlkanal eintretenden und des unten
austretenden Wassers aufgenommen. Im folgenden werden sich die
Bezeichnungen "Wassereintritt" und "Wasseraustritt" stets auf
den normalen Reaktorbetrieb beziehen, d.h. der Wassereintritt
ist am Kopf des Brennelementes und der Wasseraustritt an seinem
Fuße. Diese Bezeichnungen werden auch dann beibehalten, wenn
sich die Strömungsrichtung des Kühlwassers umgekehrt hat.
Bei Zwangskühlung des Reaktors ist die Temperatur beim Wasser-
austritt T wegen der abgeführten Leistung größer als die Tema
peratur beim Wassereintritt T . Bei Abnahme der Strömungsgee
schwindigkeit nach dem Ausfall der Kühlmittelpumpen hat sich
das am unteren Thermoelement vorbeiströmende Wasser länger im
beheizten Kanal aufgehalten und erreicht demzufolge eine höhere
Temperatur. T steigt also nach der Pumpenabschaltung an. Die a
Wassereintrittstemperatur T ändert sich vorläufig nicht, da e
kühles Wasser aus dem Kreislauf am oberen Thermoelement vor-
beiströmt, so lange der Zwangsumlauf noch vorherrschend ist.
Unter der Wirkung der wachsenden Naturkonvektion und der ab-
nehmenden kinetischen Energie des umlaufenden Wassers kommt
die Strömung schließlich zum Stillstand und kehrt ihre Richtung
um. Das heiße Wasser im Kühlkanal - je nach Ausgangsleistung
vermischt mit Dampfblasen - strömt nach oben und reißt kühleres
Wasser aus dem Elementfuß und dem Bereich unterhalb der Gitter-
18
platte nach. In diesem Moment hat die Temperatur Ta ihr Maxi-
mum bereits überschritten und sinkt ab. Das in der Zeitspanne
vor dem Strömungsumschlag aus dem Kühlkanal in den Elementfuß
eingeströmte Wasser hat stets eine geringere Temperatur als die
Brennstoffplatten, die durch die nachgelieferte Leistung immer
noch Wärmemengen produzieren. Die Messungen zeigen, daß die
Brennstoffplattentemperaturen nach der Pumpenabschaltung wegen
der abnehmenden Strömungsgeschwindigkeit des Kühlmittels und
des dadurch bedingten schlechteren Wärmeübergangs ansteigen.
Im Augenblick des Strömungsumschlages befindet sich dasjenige
Wasser im Bereich des Thermoelementes am Brennelementfuß, das
sich am längsten im beheizten Kanal zwischen den Brennstoff-
platten aufgehalten hat. Das beim Strömungsumschlag aus dem
Elementfuß hochsteigende Wasser hat somit eine geringere Tem-
peratur und läßt die Anzeige von T wieder absinken. Das a
Maximum der Temperaturkurve von T muß daher recht genau zeita
lieh mit dem Umschlagpunkt der Strömungsrichtung zusammenfal-
len.
Das nach der Strömungsumkehr aus dem Kühlkanal aufsteigende
Wasser verursacht am oberen Thermoelement ein Ansteigen der
Temperatur T • Der Anstieg der Temperaturkurve von T setzt e e
zeitlich unmittelbar nach dem Umschlag von Zwangsumlauf in
Naturkonvektion ein. Bei relativ kleinen Reaktorleistungen
ist der anfängliche Anstieg jedoch so flach, daß er praktisch
erst kurze Zeit nach dem Umschlag beobachtbar ist, da eine
kleine Zeitspanne vergeht, bis stark erwärmtes Wasser aus
19
dem mittleren Bereich des Kühlkanals das obere Thermoelement
erreicht hat. Der Anstieg der Wassereintrittstemperatur erfolgt
um so steiler, je höher die Anfangsheizflächenbelastung des be-
treffenden Kühlkanals ist. Dadurch ergibt sich eine Zeitdiffe-
renz zwischen dem Maximum von T und dem beobachteten Anstieg a
von T . e
,..., <...> 0 ......, .....
100
so -'O.S• Ta
22•re
0
--c § .s-Ci .c: V
"' .Q "{
0
Heizflächenbelastung 66 Wlcm 2
t ~ "' r-. o,•
5 10 15 20 t[secJ 25
Abb. 6 Temperaturverlauf der Wassereintritts- und Wasser
austrittstemperatur eines Kühlkanals zur Festlegung
des Umschlagpunktes von Zwangsumlauf in Natur
konvektion
Heizflächenbelastung 66 W/cm2 (4x5-Kern)
Hieraus läßt sich schließen, daß das Maximum der Wasseraus-
trittstemperatur den genaueren Wert für den Strömungsumschlag
von Zwangsumlauf in Naturkonvektion liefert.
20
Aus den Temperaturverläufen von T und T läßt sich der zu a e
messende Umschlagpunkt mit einer Genauigkeit von etwa 10 %
feststellen.
Abb. 6 zeigt zwei der aufgenommenen Kühlmitteltemperaturkurven
für eine Anfangsheizflächenbelastung von 66 W/cm2• Das Maximum
der Wasseraustrittstemperatur sowie der Anstiegspunkt der Was-
sereintrittstemperatur sind gekennzeichnet. Aus der zeitlichen
Festlegung dieser beiden Markierungen kann der Umschlagpunkt
der Strömungsrichtung ermittelt werden.
Neben der Messung der Kühlmitteltemperaturen in den Kühlka-
nälen gestatten die instrumentierten Brennelemente die Messung
des Verlaufs der Brennstofftemperaturen. Nach dem Ausfall der
Kühlmittelpumpen steigen diese Temperaturen wegen abnehmender
Wärmeübergangswerte an, erreichen ein Maximum und fallen dann
ähnlich einer Exponentialfunktion ab. Nach dem Maximum sind
bei Heizflächenbelastungen größer als 20 W/cm2 diesem Abfall
Oszillationen überlagert. Um die Ursachen der Oszillationen
festzustellen und den Effekt zu deuten, wurden die Tempera-
turen in benachbarten Brennstoffplatten und in den von diesen
gebildeten Kühlkanälen aufgezeichnet. Die Messungen umfaßten
auße1·dem die Temperaturen verschiedener Brennstoffplatten an
unterschiedlichen Kernpositionen. Gleichzeitig wurde der Strö-
mungsumschlag gemessen, um das Auftreten der Temperaturoszil-
lationen zeitlich und in Abhängigkeit von der Strömungsrichtung
einzuordnen.
2 1
'). A ll S W E [{ T ll N G S G H lJ N D L A G E N
5.1. Ermittlung der Heizflächenbelastung
Aus der Auftragung der Kühlmittel- und Brennstofftemperaturen
sowie der Umschlagzeit gegen die Ausgangsleistung läßt sich
wegen des Einflusses von Neutronenflußverteilung, Gitterposi
tion, Leitungsplattennähe und Absorberstabstellung keine Aus
sage mit allgemeiner Gültigkeit machen.
Alle genannten Effekte sind abhängig von der örtlichen Wärme
stromdichte im Brennstoff, Die Auftragung der Meßwerte gegen
die Heizflächenbelastung der gerade betrachteten Brennstoff
platte im stationären Zustand vor der Pumpenabschaltung ge
stattet eine von den oben genannten Einflüssen unabhängige
Darstellung.
Zur Bestimmung der Heizflächenbelastung wttrde bei beiden
Kernkonflgurationen die Neutronenflußdichteverteilung in den
einzelnen Brennelementen gemessen. Diese Messung erlaubte die
Berechnun~ der mittleren Flußdichte im Moderator. Hieraus konn
te unter Berücksichtigung der Flußabsenkung und der mittleren
Flußdichte im Brennstoff' die Flußdichte in den einzelnen Brenn
stoffplatten pro Watt Gesamtreaktorleistung bestimmt werden.
Aus der mittleren Heizflächenbelastung und dem Verhältnis aus
der Flußdichte in der einzelnen Brennstoffplatte und der mitt
leren Neutronenflußdichte im Kern wurde die örtliche Heiz-
22
flächenbelastung für jede Brennstoffplatte errechnet. Abb. 7
stellt die Heizflächenbelastungen bei 1 MW in der Mittelebene
31-Elemente-Kern
13
12
11
Al 7 2 3 4 5 6 7 8 9 70 77 12 13 74 Al 1 Brennstoffplatten ! Al 7 2 3 4 5 6 7 8 9 10 77 72 73 74 Al
1 Brennstoffplatten j
Abb. 7 Heizflächenbelastung der instrumentierten
Elemente bei 1 MW Reaktorleistung
( J1-Elemente-Kern und 4x5-Kern )
der instrumentierten Brennelemente in der horizontalen Achse
senkrecht zur Plattenebene beim 31-Elemente-Kern und beim
23
4x5-Kern dar. Bei beiden Darstellungen ist für das Element in
Position D6 die starke Flußabsenkung durch die Einwirkung des
Grobsteuerstabes deutlich erkennbar.
Mit den auf diese Weise ermittelten Werten konnte die Auftra
gung der Temperaturen im Wasser und Brennstoff sowie der Um
schlagzeit gegen die Heizflächenbelastung vor der Pumpenab
schaltung vorgenommen werden. Die gemessenen Funktionswerte
wurden mit Hilfe eines digitalen Rechenprogramms nach der
Methode der kleinsten Fehlerquadrate durch eine optimale Kurve
angepaßt. In der Auswertung werden stets diese aus Meßwerten
berechneten Kurven diskutiert. Die dargestellten Kurvenanpas
sungen geben die Meßwerte mit einem mittleren Fehler von etwa
~ 5 % wieder.
5.2 Geschwindigkeit der Naturkonvektion
Die Naturkonvektion oder freie Strömung entsteht infolge der
Dichteunterschiede der erwärmten und kalten Gas- oder Flüssig
keitsteilchen eines Kühlmittels. Ausbildung und Intensität der
Konvektionsströmung sind abhängig von der Art und der Tempera
tur der Flüssigkeit oder des Gases, der Temperaturdifferenz
zwischen Heizfläche und Kühlmittel sowie von der Geometrie und
Beschaffenheit des Kühlkanals, in dem die freie Strömung ent
steht.
24
Einern Berechnungsvorschlag von Rau [4] folgend, kann die Ge-
schwindigkeit der Konvektionsströmung von Wasser ermittelt
werden. Die Rechnung berücksichtigt die vorgegebene Form und
Dimension der Kühlkanäle des FRJ-1 sowie den Einfluß der Was-
sereintrittstemperatur und der Heizflächenbelastung.
Die aus der Ableitung für den stationären Fall folgende trans-
zendente Gleichung wurde für verschiedene Heizflächenbelastungen
und verschiedene Wassertemperaturen mit Hilfe numerischer Rechen-
verfahren auf der IBM 7090 gelöst [5].
t = 90° 80° 700 60° 500 30---~~~-r--r--r-r-~---~---~-.--...cr--~~~;;..;;_,
r--, 0 GI
~ E ~ ::::::i..
10 20 30 Heizflächenbelastung [W/cm1J
Abb. 8 Konvektionsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von
der Heizflächenbelastung
Kurvenparameter ist die Kühlmitteltemperatur
25
Abb. 8 stellt die Geschwindigkeit der Konvektionsströmung in
Abhängigkeit von der Heizflächenbelastung dar. Als Kurvenpa-
rameter ist die Wassereinlauftemperatur gewählt. Die Darstel-
lung berücksichtigt kein Auftreten von örtlichem Sieden. Wie
von der Theorie vorausgesagt, steigt die Konvektionsgeschwin-
digkeit mit der Heizflächenbelastung an. Ebenso vergrößert eine
höhere Einlauftemperatur des Wassers die Geschwindigkeit der
Konvektionsströmung. Die Abhängigkeit der Konvektionsgeschwin-
digkeit von der Wassereintrittstemperatur ist für zwei Heiz-
flächenbelastungen gesondert in Abb. 9, ebenfalls ohne Berück-
Abb. 9 Abhängigkeit der Konvektionsgeschwindigkeit
von der Wassertemperatur
Die Heizflächenbelastung beträgt 5 W/cm2 bzw. 20 W/cm2•
26
sichtigung von Blasenverdampfung, dargestellt.
Bei beiden Abbildungen beziehen sich die Geschwindigkeitswerte
stets auf den unteren Endpunkt des Strömungskanals. Durch die
weitere Erwärmung der Flüssigkeit beim Aufsteigen im Kühlkanal
erhöht sich die Konvektionsgeschwindigkeit bis zum oberen Ende
des Strömungskanals weiter.
Die Lösungen der oben angeführten Rechnung und damit die An
gaben der Darstellungen gelten streng nur für den Fall, daß
sich die freie Strömung bei konstanter Heizflächenbelastung
und Wassereintrittstemperatur ungehindert voll ausbilden kann.
Im hier diskutierten Fall der Pumpenabschaltung nimmt die Heiz
flächenbelastung mit absinkender Reaktorleistung stetig ab,
die Wassereintrittstemperaturen ändern sich, so daß die Natur
konvektion nicht genau die hier angegebenen Geschwindigkeits
werte annimmt. Die Abbildungen sollen nur eine Vorstellung der
Größenordnung der Geschwindigkeiten geben. Die Annahme, daß
die Naturkonvektion bei einem Pumpenausfall bei etwa 5 MW
Reaktorleistung Geschwindigkeitswerte um etwa 20 cm/sec, also
10 % des Zwangsumlaufs, erreicht, kann als zutreffend angese
hen werden.
27
6. E R G E B N I S S E
6.1. Kühlmitteltemperaturen
Der Anstieg der Wasseraustritts- und Brennstofftemperaturen
sowie der temperaturbedingte Leistungsabfall beginnen nicht
unmittelbar beim Abschalten der Kühlmittelpumpen, sie setzen
erst etwa 0,8 sec nach der Pumpenabschaltung ein. Diese Zeit
differenz ist weitgehend unabhängig von der Ausgangsleistung
und der Gitterposition der untersuchten Brennelemente. Nach dem
Abschalten laufen die Pumpen kurze Zeit mit einer bestimmten
Restleistung weiter. Auch durch die kinetische Energie der um
gewälzten Wassermengen wird anfangs noch ein genügender Durch
fluß aufrechterhalten. Diese beiden Tatsachen sind unter ande
rem für die kurze Verzögerung der Temperatur- und Leistungs
änderungen verantwortlich.
Aus älteren Messungen aus der Anfahrphase des FRJ-1 [J] ist
bekannt, daß die Heizflächenbelastung der nur einseitig vom
Wasser gekühlten Leitungsplatten etwa mit dem Faktor 1,8 be
wichtet werden muß. Die Wärmeproduktionsdichten in den Brenn
stoffplatten wurden aus Flußdichtemessungen ermittelt. Mit
ihnen erhält man eine gute Übereinstimmung zwischen den Meß
werten der Brennstoff- und Kühlmitteltemperaturen an den Lei
tungsplatten und den übrigen Meßwerten an beidseitig gekühlten
Brennstoffplatten, wenn man bei den Leitungsplatten die Wärme
stromdichte ins Kühlmittel 1,8 mal höher ansetzt.
28
In Abb. 10 ist die aus den Meßwerten ermittelte Abhängigkeit
der Kühlmitteltemperaturen von der Heizflächenbelastung vor der
Pumpenabschaltung aufgetragen. Die dargestellten Meßergebnisse
wurden aus Experimenten an beiden Kernkonfigurationen bei An
fangsreaktorleistungen zwischen 0,1 MW und 5 MW gewonnen. Bei
den Untersuchungen am 4x5-Kern betrug die Kühlwassereintritts
temperatur im Mittel 18 °e. Bei verschwindender Heizflächenbe
lastung liegen alle Kühlmitteltemperaturen bei diesem Wert. Die
Messungen am 31-Elemente-Kern wurden bei einer Eintrittstempe
ratur von 28 °e unternommen. Sämtliche angegebenen Meßwerte
sind auf eine Eintrittstemperatur von 18 °e umgerechnet, um die
Ergebnisse untereinander vergleichen zu können.
Die Maximaltemperaturen zeigen für Wassereintritt und Wasser
austritt einen ähnlichen Verlauf. Bei kleineren Heizflächenbe
lastungen weisen sie einen steilen Anstieg auf, bei wachsenden
Heizflächenbelastungen nimmt die Steigung ab. Der Grund für das
Abbiegen liegt im steileren Abfall der Leistung nach dem Pumpen
ausfall bei höheren Ausgangsleistungen und der damit verbunde
nen geringen Wärmenachproduktion sowie in örtlich auftretendem
Blasenverdampfen. Ein Teil der entstehenden Wärmemenge wird zur
Bildung von Dampfblasen verbraucht und geht für die Erhöhung
der Kühlmitteltemperaturen verloren. Die Maximaltemperaturen,
die am Wassereintritt in den Kühlkanal gemessen wurden, lie-
gen stets über denen des Wasseraustritts, da das nach dem
Strömungsumschlag wieder aufsteigende Wasser den heißen Kühlka-
~ ~ 117
Siedetemperatur Maximatt~mP!ratur 1 ~ Wassereintritt
e * ~ " ~100 • .!!! "- A Maximaltemperatur ~ Wasseraustritt I %4x5-Kern ~ . ~ ( 'i.31-Elemente-Kern
1 1 *Leitungsplatten
1
501 ,.,,- ~u u ! 1 J_ __ i 1
1
18 I· \ \ 1 \ I Anfangst~mf?eratur ; \Wasseremtntt 1
0---~~~--~~~~-+~~~~--~~~~-+-~~~___,1--~~~---~~~~--+-~~--
o 20 40 60 80 100 120 140 Heizflächenbelastung [ W /cm 2]
Abb. 10 Maximaltemperaturen am Wassereintritt und Wasseraustritt als Funktion der
Heizflächenbelastung vor der Pumpenabschaltung. Die eingezeichneten Punkte
stellen die Meßwerte bei den verschiedenen Kernkonfigurationen dar.
l\.'l
'°
JO
nal zweimal durchfließen muß und daher höhere Temperaturen er-
reicht.
Beide Kurven der höchsten gemessenen Kühlmitteltemperaturen
laufen auf einen Sättigungswert zu, der bei 117 °c, der Siede-
temperatur des Wassers im Reaktorkern, liegt.
Abb. 10 stellt die ermittelten Maximaltemperaturkurven des
Kühlmittels dar. Die Meßpunkte sind, unterschiedlich für bei-
de Kernkonfigurationen, bei den einzelnen Kurven eingezeich-
net. Die Meßwerte, die bei der Untersuchung der Leitungsplat-
tenelemente unter Berücksichtigung des eben erläuterten Fak-
tors 1,8 erhalten wurden, sind ebenfalls kenntlich gemacht.
Bei beiden untersuchten Kernkonfigurationen ergibt sich ein
gleicher Verlauf der Kühlmitteltemperaturen in Abhängigkeit
von der Heizflächenbelastung, Die Abbildung zeigt, daß keine
systematischen Abweichungen der Ergebnisse in beiden Kernkon-
figurationen zu beobachten sind,
6.2. Brennstofftemperaturen
Die Brennstofftemperaturen bei stationärem Reaktorbetrieb wel• '
ehe die Anfangstemperaturen bei jedem Experiment bilden, stei
gen bei kleinen Heizflächenbelastungen etwa linear an. Bei
größeren Heizflächenbelastungen als etwa 40 W/cm2 nimmt die
Steigung ab. Die Ursache des Abbiegens der Kurve ist die wach
sende Wärmeübergangszahl vom Brennstoff zum Kühlmittel bei
31
steigenden Temperaturen und die örtlich auftretende Blasenver
dampfung, die bei Heizflächenbelastungen größer als etwa
60 W/cm2 auftreten dürfte und für einen besseren Wärmeübergang
verantwortlich ist.
Die vom Brennstoff nach der Pumpenabschaltung im Maximum er
reichten Temperaturen steigen mit wachsender Anfangsheizflächen
belastung an. Die Kurve verläuft zunächst steil, wird dann
zunehmend flacher und nähert sich einem Grenzwert, der bei
150 °c liegt. Der Grund für dieses Verhalten ist der im Blasen
verdampfungsgebiet wesentlich erhöhte Wärmeübergang zwischen
Brennstoffplatte und Kühlmittel, der bewirkt, daß die Brenn
stofftemperaturen bei großen Heizflächenbelastungen trotz höhe
rer Wärmeproduktion nur wenig ansteigen.
Bei der Betrachtung der Temperaturdifferenz zwischen Anfangs
und Maximaltemperatur in Abhängigkeit von der Heizflächenbe
lastung wird der Einfluß der Blasenverdampfung besonders deut
lich. Die Temperaturdifferenzkurve als Funktion der Heizflächen
belastung steigt bis etwa 27 W/cm2 an, geht bei diesem Wert
durch ein Maximum und fällt zu höheren Heizflächenbelastungen
ab.
Abb. 11 zeigt die Brennstofftemperaturkurven in Abhängigkeit
von der Heizflächenbelastung vor der Pumpenabschaltung. In
der Abbildung sind die aus den Meßpunkten nach der Methode
der kleinsten Fehlerquadrate gewonnenen Kurven aufgetragen.
Die Meßpunkte sind ebenfalls wiedergegeben und zwar sowohl für
.....,
i 150 1 1 1 1 1 J •' IMa,;ma/~ml' , ;:::: ..,,;;; 0 -II) g Cb ...
Q)
1001 1 0 ~- l 1 ~ 1 1 1 1 • 4x5 -Kern 0 31-Elemente-Kern
• 4x5-Kern } c. 31-Elemente-Kern Leitungsplatte
50 1 o'f- 1 .A.< 0 1 1 1
04---~-.-~~~~-r-~-l-~~~~L-~~~---!-~--,-~~+--~.-~-+~--,r-~-t--~-r-
o 10
Abb. 11
20 30 40 50 60 70 100 110 120 130 11,0 150 Heizflächenbelastung CW /cm 2J
80 90
Brennstofftemperaturen als Funktion der Heizflächenbelastung vor der
Pumpenabschaltung. Die eingezeichneten Punkte kennzeichnen die Meßwerte
bei den verschiedenen Kernkonfigurationen.
\...)
N
JJ
den 31-Elemente-Kern wie für den 4x5-Kern. Die Meßpunkte er
geben eine gute Übereinstimmung mit der Kurve; die Abweichun
gen sind kleiner als 10 %. Bei beiden Kernkonfigurationen zei
gen sich keine systematischen Unterschiede in den Ergebnissen.
Die Meßpunkte, die an den Leitungsplatten gewonnen wurden, sind
bei der Auftragung besonders kenntlich gemacht. Die Heizflächen
belastungen wurden mit dem Faktor 1,8 bewichtet. Die so erhalte
nen Meßwerte liegen gut auf der berechneten Kurve. Diese Tat
sache bestärkt die Annahme, daß die Bewichtung der Heizflächen
belastungen der Leitungsplatten mit dem Faktor 1,8 vertretbar
ist. Weiterhin zeigt sie, daß selbst bei einer um den Faktor
1,8 erhöhten Heizflächenbelastung die Grenztemperatur von 150 °c
beim Pumpenausfall nicht überschritten wird. Die Leitungsplat
tenelemente liegen jedoch nicht im Bereich des höchsten ther
mischen Flusses. Die am meisten belasteten Normalelementplat
ten haben bei 5 MW eine Spitzen-Heizflächenbelastung von
115 W/cm2 , die Leitungsplatten erreichen unter Berücksichtigung
des Faktors 1,8 etwa 170 W/cm2• Das ergibt einen Mehrbelastungs
faktor der Leitungsplatten von 1,48 gegenüber der Spitzenbe
lastung der Normalbrennstoffplatten.
6.3. Strömungsumkehr
Die Umkehr der Kühlmittelströmung erfolgt nicht an allen Stel
len des Reaktorkerns zum gleichen Zeitpunkt nach der Abschal-
34
tung der Pumpen, sie ist vielmehr abhängig von den verschie-
denen Einflüssen, denen die Brennelemente in den einzelnen
Positionen der Gitterplatte unterliegen. Hohe Temperaturen der
Brennstoffplatten und des Wassers sowie hoher Neutronenfluß
begünstigen die Entstehung der Naturk9nvektion. Niedrige Tem-
peraturen und Flußdepressionen in der Nähe von Steuerstäben und
anderen Absorbern behindern ihre Ausbildung. Unter der Einwir-
kung dieser Faktoren ergeben sich Unterschiede in der Zeit, die
zwischen Pumpenausfall und Strömungsumkehr verstreicht. Diese
Zeit soll im folgenden mit "Umschlagzeit" bezeichnet werden.
Besonders deutlich ist die Abhängigkeit der Umschlagzeit von
der Ausgangsleistung vor der Pumpenabschaltung und damit vom
Neutronenfluß und der Heizflächenbelastung. Je höher die Heiz-
flächenbelastung ist, um so eher ändert sich die Strömungsrich-
tung des Kühlmittels.
Die merkliche Flußdepression in der Nähe des Grobsteuerstabes
ist der Grund für eine lange Umschlagzeit bei benachbarten
Brennelementen. Das gegenteilige Verhalten, also eine schnelle
Strömungsumkehr, läßt sich in der Umgebung der Leitungsplatten
feststellen, wo durch unzureichende Kühlung erhöhte Temperaturen
auftreten.
Um die verschiedenen Einflüsse der örtlichen Neutronenflußun
terschiede in den einzelnen Gitterpositionen und der Steuer
stabstellung z 1 · · · u e iminieren, wurde die Umschlagzeit in Abhän-
gigkeit von der Ausgangsheizflächenbelastung untersucht.
35
Beide markanten Indizierungen des Strömumgsumschlages, das
Maximum der Wasseraustrittstemperatur und das plötzliche An
steigen der Wassereintrittstemperatur wurden gleichberechtigt
behandelt. Der genaue Umschlagpunkt der Strömung liegt im Be
reich zwischen den beiden Meßwerten; bei den hier vorliegenden
Untersuchungen konnte er nicht mit größerer Genauigkeit loka
lisiert werden. Eine genauere Festlegung erscheint auch wenig
sinnvoll, da der Umschlag von Zwangsumlauf in Naturkonvektion
beim Pumpenausfall von vielen Umständen beeinflußt wird. Hier
sind vor allem die Rücklauftemperatur des Kühlmittels vom
Wärmetauscher, die örtlichen Neutronenflußverhältnisse und da
mit Heizflächenbelastungen, die Kühlmittelgeschwindigkeit vor
dem Pumpenausfall am Ort der Messung sowie die Restförderlei
stung der abgeschalteten Kühlmittelpumpen bis zum völligen
Stillstand zu nennen.
In Abb. 12 ist die Umschlagzeit in Abhängigkeit von der Heiz
flächenbelastung vor der Pumpenabschaltung beim 4x5-Kern auf
getragen. Die obere Kurve gibt die Umschlagzeit, ermittelt durch
das Ansteigen der Wassereintrittstemperatur, wieder; die untere
Kurve bezieht sich auf das Maximum der Wasseraustrittstemperatur.
Bei Heizflächenbelastungen von etwa 4 W/cm2
beträgt die Um
schlagzeit ca. 27 sec, bei 75 W/cm2 erreicht sie 7,5 sec und
ist bei 120 w/cm2 auf ca. 5,5 sec abgesunken. Mit wachsender
Heizflächenbelastung nähern sich die beiden den Umschlagpunkt
kennzeichnenden Kurven immer mehr. Durch stärkere Blasenbil-
36
5 Maximum d•r Aus trlttst•mp•ratur
o+-~~-+-~~~+-~~-1-~~----i~~~""""t-~~-,
0 25 50 75 100 125 150 Heizflächenbelastung !Wlc~J
Abb. 12 Umschlagzeit als Funktion der Ausgangsheizflächen
belastung (4x5-Kern)
dung und das dadurch kräftig aufströmende Wasser beim Strö-
mungsumschlag rückt das Maximum der Wasseraustrittstemperatur
und das Ansteigen der Wassereintrittstemperatur zeitlich enger
zusammen, da wegen der größeren Aufströmungsgeschwindigkeit
37
die Zeit zum Durchströmen der 63 cm Elementlänge kleiner wird.
Die gewonnenen Meßpunkte liegen gut auf der durch Kurvenanpas-
sung berechneten Kurve. Die Meßwerte an den Leitungsplattenele
menten entsprechen unter Berücksichtigung des Faktors 1,8 bei
der Heizflächenbelastung ebenfalls gut dem Kurvenverlauf.
Beim 4x5-Kern wurde eine Strömungsgeschwindigkeit im Kern von
178 cm/sec errechnet. Beim 31-Elemente-Kern beträgt die Strö-
mungsgeschwindigkeit 128 cm/sec. Der Unterschied in den Strö-
mungsgeschwindigkeiten verursacht ein schnelleres Abklingen
des Zwangsumlaufes beim 31-Elemente-Kern. Wegen der Witterungs-
verhältnisse zur Zeit der Messungen am 31-Elemente-Kern lag
0 die Rücklauftemperatur vom Wärmetauscher stets um etwa 10 C
höher als bei den Messungen am 4x5-Kern. Höhere Wassertempera-
turen begünstigen die Ausbildung der Naturkonvektion ( Abb. 8
und 9). Beide Tatsachen verursachen gemeinsam eine schnellere
Strömungsumkehr und eine kürzere Umschlagzeit beim 31-Elemente-
Kern.
Abb. 13 zeigt die Auftragung der Umschlagzeit gegen die Heiz-
flächenbelastung beim 31-Elemente-Kern. Die Kurven in dieser
Abbildung geben den gleichen Sachverhalt wie Abb. 12 wieder.
Wie oben begründet, wurden beim 31-Elemente-Kern insgesamt
kürzere Umschlagzeiten von Zwangsumlauf in Naturkonvektion
gemessen. Die Umschlagzeit beträgt bei einer Heizflächenbe
lastung von 1 w/cm2 etwa 25 sec, bei 75 W/cm2
wird ein Wert
von 6 sec erreicht. Mit wachsender Heizflächenbelastung nimmt
die Umschlagzeit ab.
38
1 1 - t ·~
~ 25-D-----+--------t---r------- ---+---~ ~ 1
~ 1 1 1 1
1 1
201~---+------l--------+------------
1 1
\
Anstiegspunkt der Eintrittstemp.
Maximum der Austrittstemp.
o-1-~~~-+~~~___,1--~~~-t-~~~-r~~~--jr--~~~~ 0 25 50 75 100 125 150
Heizflächenbelastung f Wlcm 2 J
Abb. 13 Umschlagzeit als Funktion der Ausgangsheizflächen
belastung (31-Elemente-Kern)
39
6.4. Temperaturoszillationen
Die Ergebnisse der Messungen zeigen, daß die Temperaturen der
Brennstoffplatten nach dem Abschalten der Pumpen ungefähr
0,8 sec konstant bleiben. Dann steigen die Temperaturen an bis
zu einem Maximum und sinken wieder ab. Bei Heizflächenbelastun-
gen oberhalb von etwa 20 W/cm2 beginnt dann ein neuer Anstieg.
Dieser Vorgang wiederholt sich einige Male. Abb. 14 zeigt die-
sen Effekt im Temperaturverlauf im Brennstoff bei einem unter-
suchten Kühlkanal. Die Zahl der Oszillationen ist abhängig von
der Heizflächenbelastung. Mit steigender Heizflächenbelastung ~
werden sie zahlreicher. Wiederholungsmessungen bei gleichen
Leistungen und an gleichen Meßpositionen ergaben eine gute
zeitliche Übereinstimmung der Temperaturoszillationen. Es läßt
sich erkennen, daß das erste Temperaturminimum zeitlich un-
mittelbar dem Strömungsumschlag des Kühlmittels folgt.
Die Temperaturoszillationen können folgendermaßen interpretiert
werden: Nach dem Abschalten der Kühlmittelpumpen nimmt die
Geschwindigkeit des Zwangsumlaufes ab. Die Wassertemperaturen
steigen an, da sich das Kühlmittel länger zwischen den Brenn-
stoffplatten aufhält. Die Brennstofftemperatur erhöht sich
durch den abnehmenden Wärmeübergang in das Wasser. Zwar sinkt
die Leistung durch den Temperaturkoeffizienten der Reaktivität,
doch werden in den ersten Sekunden nach der Pumpenabschaltung
noch beträchtliche Wärmemengen durch die Restleistung nachge-
liefert. Mit steigenden Brennstoff- und Kühlmitteltemperaturen
40
tritt örtlich begrenzte Blasenverdampfung ein. Der Wärmeüber
gang wird durch die Rührwirkung der abreißenden Dampfblasen
und die dadurch verursachte stärkere Durchmischung des Wassers
erheblich verbessert. Die Temperaturen der Brennstoffplatten
sinken ab. Durch das weitere Abnehmen des Zwangsumlaufes und
die fortschreitende Ausbildung der Naturkonvektion kommt die
Strömung zum Stillstand. Die Blasenbildung wird besonders hef
tig. Beim Strömungsumschlag werden alle Dampfblasen von den
Brennstoffplatten abgerissen und strömen durch den großen Auf
trieb mit dem Kühlmittel nach oben. Warmes Wasser aus dem Ele
mentfuß strömt nach, die Rührwirkung der Blasen hört auf. Bei
des bewirkt einen schlechten Wärmeübergang. Die Folge ist ein
neues Ansteigen der Brennstofftemperaturen nach dem Strömungs
umschlag, bis durch wiedereinsetzende Blasenverdampfung der
Wärmeübergang verbessert und ein erneutes Absinken der Brenn
stofftemperaturen verursacht wird. Nun folgt nacheinander die
Bildung von Dampfblasen und ihr Abreißen und Fortströmen durch
die aufwärts gerichtete Naturkonvektion. Dadurch werden Oszil
lationen der Brennstoffplattentemperatur verursacht, bis die
Temperatur von Brennstoff und Kühlmittel zur Bildung von Dampf
blasen nicht mehr ausreicht. Dies ist der Fall, wenn die Reak
torleistung auf Werte zwischen 700 kW und 800 kW abgesunken ist
und keinen weiteren Temperaturanstieg bewirkt. Die zahlreichen
kleinen Schwankungen der oberen Wassertemperatur geben ein deut
liches Bild des dauernden Wechsels von Bildung und Zerfall der
Dampfblasen im Kühlkanal.
ISO
.... ~ '-" .....
'°'
so
&wiMIPmMttwnp.1
BrHIMfMIMfl!mp.2
BrMMf•m«it-Pbsition E6 Ausgangst•istung 5 MW '115KHn
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' ......,,,,... .. __,---....._.,
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t J
1 ~---· j -----f •• -~------ ----~::---. --:::;,..-· ---=-=----. -----... __ .
'-- .... ',,, ... „ ----
f
o-r-~~~--t--+~+--+-~~+--+-~+--+---i~-t---+-~+---+---+~+--+---i~-+--+~.1-------0 5 10 15 20
t fsec 1
Abb. 14 Temperaturverläufe in Brennstoff und Kühlmittel in einem Kühlkanal
Leistung 5 MW, Gitterposition E6, 4x5-Kern
+-.......
42
Das erste Minimum der Brennstofftemperatur muß somit unmittel
bar nach dem strömungsumschlag in dem Kühlkanal auftreten, den
35
....., (,) Q, .,, ~30 -~ ~ t:J c: Q, Q..
§25 Cl .c; g c: -~20
0
0
OZeitpunkl beim Erreichen des ersten Temp.-Minimums
10-+-~~~+-----.30iii~~~~0~+-~~-+~~~-t--~~---t 0
Strömungsumschlag (Maximum der Austrittstemperatur J
O-+-~~~-+-~~~-+-~~~-+-~~~-+-~~~+-~~---i
0 25 50 75 100 125 150 Heizflächenbelastung lW/cm 21
Abb. 15 Das Auftreten des ersten Minimums der Brennstofftem
peratur in Abhängigkeit von der Ausgangsheizflächen
belastung.
Die Kurve zeigt den Strömungsumschlag an, die Punkte
kennzeichnen das zeitliche Auftreten des Temperatur
minimums (4x5-Kern).
4J
die betrachteten Brennstoffplatten bilden. Dies wird durch die
Messungen bestätigt.
In Abb. 15 ist für den 4x5-Kern noch einmal die Umschlagzeit
in Abhängigkeit von der Heizflächenbelastung dargestellt. Als
Markierung des Umschlages ist hier nur das Maximum der Wasser-
austrittstemperatur angeführt, da dieses die erste und auch
sicherere Information des erfolgten Strömungsumschlages liefert.
Die Zeitpunkte, zu denen bei den einzelnen Heizflächenbelastun-
gen das erste Temperaturminimum in den Brennstoffplatten er-
reicht ist, sind als Meßpunkte in der Abbildung eingetragen.
Die Meßpunkte liegen stets oberhalb der Kurve. Abb. 16 zeigt
die gleiche Darstellung für den 31-Elemente-Kern.
Ungenauer ist die Lokalisierung des Temperaturminimums bei
Leistungen unter 1,5 MW. Bei den entsprechenden niedrigen Heiz-
flächenbelastungen bleiben die Brennstoff- und Kühlmitteltempe-
raturen unter der Siedetemperatur, so daß eine Ursache der
Oszillationen, das Auftreten von Dampfblasen, fast völlig
fehlt. Nach dem Strömungsumschlag steigt das Wasser wegen des
geringeren Auftriebs langsam nach oben und beeinflußt die Tem-
peraturen der anliegenden Brennstoffplatten nur unbedeutend.
6.5. Leistungsabfall
Die durch Pumpenabschaltung bedingte Erhöhung der Temperaturen
t Verursacht beim FRJ-1 auf Grund im Brennstoff und Modera or
44
0 o Zeitpunkt beim Erreichen des trsttn Temp.-Minimums i
15-!--\...\.-,:~~0
-0--~-+-~~~+--~~-+~~~-t-~~~r--~~--i ·~ (b ocg ~o~
10-1-~~-+-~~--1~~~-+-~~-+~~~t-~~1
~~ 5-'-~~-+-~~-+~~~~~~~~~~~+-~~~ -.......
Strömungs umschlag (Maximum der Austrittstemp.)
0'._~~--1-~~-+-~~-+-~~--+!~~--i!f--~~ 0 25 50 75 100 125 150
Heizflächenbelastung [ W / c m21
Abb. 16 Das Auftreten des ersten Minimums der Brennstofftem
peratur in Abhängigkeit von der Ausgangsheizflächen
belastung.
Die Kurve zeigt den Strömungsumschlag an, die Punkte
kennzeichnen das zeitliche Auftreten des Temperatur
minimums (J1-Elemente-Kern).
des negativen Temperaturkoeffizienten der Reaktivität einen
Leistungsabfall. Der anfängliche prompte Abfall hat eine nega-
45
tive Periode, die abhängig ist von der Ausgangsleistung vor dem
Pumpenausfall. Die negative Anfangsperiode der Leistung beim
Pumpenausfall ist als Funktion von der Ausgangsleistung in Abb.
17 aufgetragen. Die Kurve fällt zu großen Leistungen ab. Bei
5 MW wird etwa eine Periode von -7,2 sec erreicht.
Diese Auftragung ist für beide untersuchte Kernkonfigurationen
gültig. Offenbar sind bei gleicher Leistung die Temperaturver-
15
10
5
0 0
1
\
\ \ ' ~
'------- -------- -
2 3 ~ 5 Ausgangsleistung CMWJ
Abb. 17 Negative Periode der Leistung beim Pumpenausfall
in Abhängigkeit von der Ausgangsleistung
hältnisse, gemittelt über Kern und Reflektor, gleich, so daß
der Leistungsabfall durch Temperaturerhöhung gleichartig ver-
~6
läuft.
Um genauere Angaben über die durch Temperaturerhöhung absor
bierte Reaktivität zu erhalten, wurde aus einem gemessenen
Leistungsverlauf und dessen zeitlicher Ableitung unter Benut
zung der kinetischen Gleichungen der zeitliche Verlauf der
Reaktivität beim Pumpenausfall ermittelt. Die hierzu notwendi
gen Rechnungen wurden mit Hilfe eines Analogrechners durchge
führt [6], die erzielten Ergebnisse mit einem Umkehrprogramm
nachgeprüft.
Abb. 18 zeigt den am Reaktor gemessenen Leistungsverlauf bei
der Pumpenabschaltung und die daraus berechnete Reaktivität
in Abhängigkeit von der Zeit nach dem Abschalten der Pumpen.
Die betrachtete Leistungskurve wurde bei einer Ausgangsleistung
von 5 MW aufgenommen; das entspricht beim 4x5-Kern einer mitt
leren Heizflächenbelastung von 2J,4 W/cm2 • Der Reaktivitätsver
lauf zeigt anfangs einen rampenähnlichen V~rlauf mit etwa
-0,1 % 6k/k pro sec. Nach 9 sec erreicht die Reaktivitätsab
sorption einen nahezu konstanten Wert um -0,95 % ~k/k. Die
berechnete Kurve ist mit einem Fehler von 5 % behaftet. Der
Umschlag von Zwangsumlauf in Naturkonvektion liegt je nach der
örtlichen Heizflächenbelastung der einzelnen Elemente im Reak
torkern bei 5 MW zwischen 5 und 10 sec. Wegen der breiten Ver
schmierung dieses Wertes läßt sich der Umschlagpunkt nicht im
Leistungsverlauf erkennen.
s.o o.o~ . ~
,.., \\ ~
~ 0
...... 0., \ ~ 1
4,0 0,2
\.\.
" " 3,0 0.4
zo ~6,-r-~~~~t--~~~~i---~~~---r~~~~---r-~~~~-r--~~~~-+-~~~~-t-~~~~
~
t0 0,8 1 1 1 J I '\. I Leistung \ i-- - 1- - J ----Reaktivität ..... ""'
L ao t,O-r-~~~~~~~~+-~~~-+~~~~-t-~~~-+~~~~+-~~~---+~~~__j
0 - 4 6 8 10 12 14 16 Zeit nach Pumpenausfall [sec]
Abb. 18 Leistungsverlauf und daraus errechnete Reaktivitätsabsorption
nach der Pumpenabschaltung
Anfangsleistung 5 MW, 4x5-Kern
+-..:i
48
Aus dem Leistungs- und Reaktivitätsverlauf in Abb. 18 läßt sich
abschätzen, daß die mittlere Temperatur im Moderator und Kern
bis etwa 9 sec nach der Pumpenabschaltung ansteigt, dann aber
im Beobachtungszeitraum im wesentlichen konstant bleibt.
Irgendwelche Strömungseffekte auf die Steuerabsorber konnten
bei den Messungen nicht festgestellt werden.
6.6. Dampfblaseneinfluß
Beim 4x5-Kern überlagern sich bei Anfangsleistungen über J MW
dem Leistungsverlauf zeitweise unregelmäßige Schwankungen. Sie
beginnen zu einem Zeitpunkt, zu dem das Kühlmittel in den einzel-
nen Kanälen die Strömungsrichtung umkehrt und erfahrungsgemäß
größere Dampfblasenmengen entstehen. Die Schwankungen sind dem
eben erwähnten Leistungsabfall durch Temperaturerhöhung überla-
gert. Sie bestehen aus Spitzen, die sich durch einen plötzlich
stärkeren Leistungsabfall und ein darauf folgendes neues An-
steigen bis auf die durch Temperaturanstieg erreichte Leistung
bilden. Die Schwankungsamplituden variieren nur wenig; ihre
extremen Werte betragen 10 % bis 17 % der momentanen mittleren
Leistung. Das Frequenzspektrum der Schwankungen hat seinen
Schwerpunkt bei etwa 1,8 Hz. Wiederholte Messungen über ver-
schiedene Leistungsanzeigegeräte an verschiedenen Stellen des
Reaktors zeigen ein gleiches Ergebnis.
Abb. 19 zeigt den Leistungsverlauf nach einer Pumpenabschaltung
S I Abschalt·Kanal 1 j '
.... ~
S 1 Abschalt ·Kanal II
~" ..... et ~
~ .... et
3 "
2 J
I t 2 1 1 1 \i\ 1 1 1 1
S 1 Un.Kanal 1 1 l 1 1 1 1 1 1
o+ 1+ ~" ~3 et
2 o+
;f ~ ~
~
0 5 10 15 20 25 30 t ls~J
Abb. 19 Leistungsverlauf bei der Pumpenabschaltung, gemessen mit drei
verschiedenen Leistungskanälen.
Ausgangsleistung 5 MW, 4x5-Kern
1 +=-
1 \0
35
50
bei 5 MW für den 4x5-Kern. Die Anzeigen von zwei Ionisations-
kammern oberhalb des Kerns und einer Ionisationskammer in der
thermischen Säule wurden gleichzeitig aufgezeichnet. Das völlig
synchrone Auftreten der Leistungsschwankungen ist gut zu er-
kennen.
Es ist naheliegend, anzunehmen, daß die Schwankungen durch unter-
kritische Reaktivitätsänderungen, verursacht durch Dampfblasen,
entstehen. Beim Einsetzen der Schwankungen, etwa 5 sec nach der
Pumpenabschaltung, hat der Reaktor durch Temperaturerhöhung eine
Unterkritikalität von etwa 0,5 % ~k/k. Beim Abkühlen des Kerns
durch voll ausgebildete Naturkonvektion und stark abgesunkene
Leistung hören die Blasenbildung und die dadurch erzeugten
Schwankungen auf.
Der mittlere Blasenkoeffizient der Reaktivität wurde für den
FRJ-1 bei ähnlichen Kernkonfigurationen gemessen und zu
-4 d / J 10 ~ ~k k pro cm Blasenvolumen
bestimmt [7]. Der Koeffizient ist negativ, d.h. entstehende
Dampfblasen verursachen durch die effektive Verdünnung des
Moderators eine Reaktivitätsverminderung. Die Größe der durch
Blasenbildung verursachten Reaktivitätsabnahme läßt sich fol-
gendermaßen ermitteln:
Nimmt man in grober Näherung die auftretenden Reaktivitäts-
schwankungen als sinusförmig an, so kann die Größe der Reakti-
vitätsschwankungen aus den gemessenen Leistungsschwankungen
51
anhand der Reaktor-Transferfunktion errechnet werden. Da die
betrachteten Schwankungen im hier dargestellten Falle jedoch
einem praktisch exponentiell abfallenden Leistungsverlauf über-
lagert sind, müssen Korrekturen in der normalen Transferfunktion
angebracht werden, die man erhält, wenn man in die kinetischen
Gleichungen mit einem Flußverlauf der Art
<P = - ext ( cf> e 1+t.p e
0 0
eingeht und für den Multiplikationsf'aktor den Ansatz
macht.
k = k 0
(k ..::1) 0
+ ~k e i W t
Hierbei bedeuten ex die Zeitkonstante des exponentiellen Lei-
stungsabfalls, jlPol die Amplitude und W die Frequenz der Schwan
kungen.
Bestimmt man die Transferfunktion zu H ( W ) , so gilt fiir den
Zusammenhang zwischen der Leistungs- und der Reaktivitäts-
schwankung
( ~k ) 2
= ßk 0
Für jH ( W )j ergibt sich
G 2 1
E 2 1
jH(w)l 2
+ W2ß2D 2 1
52
In dieser Gleichung bedeuten
D1
D2
1-k 0
ßk 0
1 = D1 + ßk
0
= 1 + ßexD 1
- ß ( ex 2 + W 2
) D2
L X· a. ]_ ]_
= ( X.-ex)2+ w2
]_
= L( a. ]_
}., . -ex)2 + w2 ]_
A. ist die Zerfallskonstante der i-ten Gruppe verzögerter Neu-1
tronen, a. ist der relative Anteil der i-ten Gruppe verzögerter 1
Neutronen ( [ ai = 1), und 1 ist die effektive Neutronenlebens
dauer. Zwischen k und ex gilt die Inhour-Beziehung 0
1-k 0
ßk 0
l - ex ( ßk
0 a ) = 0
Aus dem gemessenen Leistungsverlauf in Abb. 19 kann im Bereich
der Schwankungen ex in guter Näherung zu 0,136 sec- 1 bestimmt
werden. Die Ai und ai wurden aus der Arbeit von Keepin [8] ent
nommen. Die effektive Neutronenlebenszeit 1 wurde nach Krämer
et al. [9] zu 6,76 • -5 10 sec angenommen, ß mit 0,64 % einge-
setzt.
0 -1,5
1
\
2 3 ~ 4 5 6 7 8 9 70 Frequenz [Hz 1
-1,6
ö.K flKo 1"--- 1
-1, „\
............
-1,
\ "'
-1,
-2/)
Abb. 20
-1 ----r--___ r---_ i
~ Ko=0.99575 r---..._ ---1--------r---__
1
Ko=O.;;;;-r---_ --1 -
1 - r--- ,.____ 1
~ r--___ ~ r---_
Transferfunktionen bei verschiedenen Multiplikationsfaktoren k 0
\.Jl \...)
54
Aus der obigen Gleichung wurde für verschiedene k0
die Reakti
vi tä tsabsorption 6k/ßk0
in Abhängigkeit von der Frequenz der
Schwankungen berechnet. Einige der berechneten Transferfunktio-
nen sind in Abb. 20 dargestellt und zwar für k -Werte zwischen 0
0,99395 und 0,99575, die nach Abb. 18 im Bereich der Schwankun-
gen auftreten. Die berechneten Transferfunktionen unterscheiden
sich von den Funktionen für a = 0 sec- 1 , d.h. bei konstantem
Ausgangsfluß im eingeschwungenen Zustand, in dem interessieren-
den Frequenzbereich nur um einige Promille. Die dargestellten
Kurven können daher als gültig für die Betrachtung dieses Pro-
blems angesehen werden. Abb. 21 stellt den Vergleich der Trans
ferfunktionen mit a = 0 sec- 1 und a = 0,136 sec- 1 dar. Merkliche
Abweichungen treten nur bei Frequenzwerten unterhalb 0,5 Hz
auf.
In Abb. 22 ist die Reaktivitätsabsorption 6k/ßk durch Blaseno
-1 bildung für die Abklingkonstante a = 0,136 sec , die mittlere
Amplitude 1~0 1 = 0,144 und die Frequenz V= 1,8 Hz in Abhängig
keit vom unterkritischen Multiplikationsfaktor k aufgetragen. 0
Der Auftragung wurden die berechneten Werte der Transferfunk-
tionen zugrunde gelegt. Die Darstellung zeigt eine Gerade mit
2 der Steigung 0,225 • 10 6k/ßk pro 6k • Dieser Anstieg folgt
0 0
auch näherungsweise aus der Reaktor-Transferfunktion, wenn
alle Glieder mit Wund a vernachlässigt werden.
Die Leistungsschwankungen treten in der Zeit zwischen 5 sec
und 17 sec nach dem Abschalten der Pumpen auf. In der Tabelle 1
55
' k0 =0,99575
-2.0...__ ___ __. ____ _J_ ____ __._ ____ __i__ ____ L-.. ___ _i_ ___ __j
Abb. 21 Vergleich der Reaktor-Transferfunktionen bei -1 -1 a = 0 sec und a = 0,136 sec • (k = 0,99575)
0
sind die Amplituden der Schwankungen, das berechnete ~k/ßk 0
in Dollar bei der Frequenz 1,8 Hz und der betreffenden Ampli-
tude, der Multiplikationsfaktor k sowie die daraus resultieo
rende Reaktivität p in% zu verschiedenen Zeiten nach der
Pumpenabschaltung bei 5 MW im 4x5-Kern angegeben.
Der über die Meßzeit gemittelte Wert der Reaktivitätsabsorp-
tion durch Blasenbildung beträgt -0,209 % ~k/k. Das entstan-
dene Blasenvolumen wird unter Zugrundelegung dieses Wertes
aus dem Blasenkoeffizienten zu 520 cm3 bestimmt. Jeder Kühl-
56
1
6K I
1
l_
1
fJKo 1
-0,25-1------ _i_ __ _ 1
1
-----------1- -~ 1
1
i -0,304---- ~-~-----+
1
1
1
1
1
1
1
1 1.p0 = 0,144 1 v = 1,BHz 1
a. =0,136sec-i1
1
1
1
1
! i
1 1
1
!
_j
- OA01-L---- -~'--------
J __ Abb. 22 Abhängigkeit der Reaktivitätsabsorption durch
Blasenbildung vom unterkritischen Multiplika-
tionsfaktor k ( \j) = 0, 144, V = 1 , 8 Hz, 0 0
ex= 0,136 sec-1)
kanal hat ein Volumen von 144 cm3 . Die im gesamten Kern ent-
stehenden Dampfblasen würden im Mittel etwa J,6 Kanäle füllen.
Das entspricht bei insgesamt JOO Kühlkanälen einem Dampfbla-
senanteil von 1,20 Volumenprozent. Der Großteil der Dampfbla-
sen entsteht bei den unternommenen Versuchen wahrscheinlich
57
Tabelle 1
Zeit [sec] l 'Pol llk/ßk [ $ J k p [ % J 0 0
5 0, 103 0' 172 0,99575 - 0,110
6 0' 121 0,220 0,99480 - 0' 142
7 0' 153 0,299 0,99395 - 0' 192
8 0' 173 0,369 0,99280 - 0,238
9 0' 156 0,317 0,99160 - 0' 205
10 0' 139 0,337 0,99090 - 0,218
11 o, 130 0,319 0,99075 - 0,206
12 0' 141 0,353 0,99040 - 0,228
13 0' 159 o,4oo 0,99035 - 0,258
14 0' 163 o,413 0,99020 - 0,267
15 o, 148 0,368 0,99050 - 0,2J8
in den den Leitungsplatten benachbarten Kühlkanälen. Unter
diesen Umständen ist die Größenordnung des Dampfblasenanteils
durchaus realistisch.
6.7. Langzeitverhalten
Kühlmittel- und Brennstofftemperaturen sowie das Verhalten der
Leistung wurden über einen Zeitraum von etwa JO min. nach der
Pumpenabschaltung beobachtet. Nach Ablauf der in den vorigen
Abschnitten beschriebenen Erscheinungen fielen die Temperaturen
in Wasser und Brennstoff weiter ab und erreichten einen stabi
len Wert. Innerhalb der Meßzeit war stets ein leichtes Absin
ken der Leistung festzustellen. In keinem Falle wurde ein er
neuter Leistungsanstieg beobachtet, obwohl die Temperaturen die
Ausgangswerte teilweise unterschritten. Offensichtlich werden
durch ansteigende Vergiftung die Temperatureffekte ausgeglichen.
Bei einer Pumpenabschaltung bei 4 MW wurde nach JO min. eine
Leistung von 200 kW erreicht, bei einer Ausgangsleistung von
1 MW etwa 10 kW.
Aus Messungen in der Anfahrphase des FRJ-1 [J] wurde ermittelt,
daß bei einer Leistung von 200 kW der Reaktor etwa einen Tag
sicher durch Naturkonvektion gekühlt werden kann, so daß für
das Langzeitverhalten nach dem Pumpenausfall keine unsicheren
Betriebszustände des Reaktors zu erwarten sind.
59
7. S CH LU S S F 0 L GERUNGEN
Die unternommenen Messungen zeigen, daß der Störfall durch
ausfallende Primärkreispumpen ohne Reaktorabschaltung durch
das Sicherheitssystem vom FRJ-1 ohne Gefahr überstanden werden
kann. Im Verlauf der Messungen ergaben sich keine unsicheren
Betriebszustände des Reaktors.
Durch den stärkeren Leistungsabfall und den schnelleren Ein
satz der Naturkonvektion bei wachsender Ausgangsleistung vor
der Pumpenabschaltung sowie durch die gerade beim Stillstand
der Strömung besonders heftige Blasenbildung und den damit
verbundenen besseren Wärmeübergang wurde eine Temperatur von
150 °c in den Brennstoffplatten nicht überschritten. Selbst
die Temperaturen der Leitungsplatten blieben unterhalb dieses
Wertes, auch bei den Messungen am kompakten 4x5-Kern mit seiner
erhöhten Heizflächenbelastung.
Nach dem Strömungsumschlag sorgt die voll ausgebildete Natur
konvektion für eine ausreichende Wärmeabfuhr aus dem Reaktor-
kern.
60
Herrn Dipl.-Phys. H.J. Bormann und Herrn Dr. G. Meister danke
ich für wertvolle Anregungen und Diskussionen. Weiterhin danke
ich Herrn Dipl.-Phys. K.J. Kalker, der die Rechnungen am Ana
logrechner durchführte, sowie dem IIM der Universität Bonn,
wo die numerischen Rechnungen an der IBM 7090 erledigt wurden.
Ebenfalls bedanke ich mich bei Frl. G. Pauschardt, Herrn H.E.
Rüllenrath und Herrn J. Thelen, die mir bei den Messungen be
hilflich waren und die Zeichnungen erstellten. Der Reaktor
betriebsgruppe MERLIN danke ich für die Hilfsbereitschaft bei
der Ausführung der Experimente.
L I T E R A T U R V E R Z E I C H N I S
[1] J. Jacquemin, H.J. Barmann
Das Temperaturverhalten des FRJ-1 (MERLIN) bei hohen
Leistungen
KFA-Jülich, interner Bericht, Februar 1965
[2] G. Thamm
Leistungsmessung am FRJ-1 (MERLIN) nach der N17-Methode
In Vorbereitung
[J] P.A. Solari
Merlin 'J' Research Reactor
Official test report on 100 kW to 5 MW phase of
commissioning
TNPG 4J5, January 1964
[4] G. Rau
Temperaturen des Reaktorkerns bei Auslaufen des Pool-
wassers oder Ausfall der Primärpumpe und Konvektions-
kühlung
FRM-Bericht Nr. 70, Januar 1966, Seite 10
[5] E. Münch
Berechnung von Strömungsgeschwindigkeiten bei Natur
konvektion
In Vorbereitung
62
[6] K.J. Kalker
Programm für direkte und inverse kinetische Rechnung
(KINIK)
In Vorbereitung
[7] J. Jacquemin, H. Friedewold, W.M. Cooper
Unterkritische Versuche für den FRJ-1 (Merlin-Jülich)
Jül-26-RE, KFA-Bericht, November 1961
[8] G.R. Keepin
Neutron Data for Reactor Kinetics
Nucleonics 2 (1962) S. 151
[9] H. Krämer, W. Forschen, P.A. Solari
Reaktivitätsmessungen beim FRJ-1 (MERLIN)
Jül-70-RE, KFA-Bericht, August 1962
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