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Gleichstellung an den Schweizer Universtitäten - NZZ Campus

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Front 11.06.12 / Nr. 133 / Seite 1 / Teil 01

# NZZ AG

BÖRSEN UND MÄRKTE

Investoren wetten auf LockerungenInvestoren in den USA bringen sichzurzeit in Position, um von einer wei-teren quantitativen geldpolitischenLockerung zu profitieren.

Seite 21

NZZ Campus 27.10.14 / Nr. 249 / Seite 47 / Teil 01

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Den Weg nach oben öffnenDas Basler Programm «Antelope» will Frauen zur akademischen Karriere anregen

Trotz hoher Frauenquote in vie-len Studiengängen machen vorallem Männer akademische Kar-rieren. Die Hochschulen wollendem begegnen. In Basel bei-spielsweise mit Mentoring.

Ellen Girod

Wer akademisch aufsteigen will, mussnach der Dissertation laufend publizie-ren und Forschungsaufenthalte an aus-ländischen Universitäten absolvieren.In dieser entscheidenden Postdoc-Pha-se sind die meisten Frauen zwischen 30und 40 Jahre alt und gleichzeitig mitFamilienplanung oder Kinderbetreuungbeschäftigt. Eine geringe Mobilität undweniger Publikationen können sich da-bei negativ auf die lineare Karriere ander Universität auswirken. Unter ande-rem deshalb nimmt der Frauenanteil beiden Professuren ab: Obwohl schweiz-weit mehr Frauen (51 Prozent) als Män-ner ein Masterdiplom erwerben und 43Prozent promovieren, bleiben Professo-rinnen mit 19 Prozent eine Minderheit.

Bestnoten als KriteriumDieses Problem geht das derzeitige För-derprogramm der Universität Basel«Antelope» (englische Schreibweise derAntilope) an und bereitet qualifizierteDoktorandinnen aus sämtlichen Fakul-täten auf künftige Führungsaufgaben inder Forschung vor. Die Initiative ent-stand aus dem Bundesprogramm Chan-cengleichheit (siehe Kasten), wird abermittlerweile von der Universität selbergetragen. Von rund 60 Bewerberinnenwählen die Projektverantwortlichen derUniversität Basel 20 Teilnehmerinnennach Bestnoten aus. Diese werden zehnMonate lang von Mentoren einzeln be-treut und besuchen frei gewählte Kursezu Themen wie der internationalen For-schungsfinanzierung oder Publikations-strategien in Peer-Review-Journals,aber auch Coachings zur Vereinbarkeitvon Beruf und Familie.

Für die 28-jährige Botanikerin Emi-lia Hristova steht die Vereinbarkeit imFokus ihrer Teilnahme am Programm.Als Hristova ihre Mentorin am For-schungsinstitut in Valencia besuchte,lernte sie auch die Institutsleiterin ken-nen. «Die vierfache Mutter schildertemir offen, wie es war, als noch währenddes Studiums ihr erstes Kind zur Weltkam. Sie empfahl mir, mit der Familienicht lange zu warten, mich aber imVorfeld mit meinem Lebenspartner ab-

zusprechen und immer an eigene Ideenzu glauben», erzählt Hristova.

Nebst der Vermittlung der Zuver-sicht, dass es möglich ist, Familie undKarriere in Einklang zu bringen, wer-den in Basel auch konkrete Lösungenaufgezeigt: «Das Karrierecoaching, beidem die Berufsschritte gemeinsam mitdem Lebenspartner geplant werdenkonnten, war dieses Jahr sehr gefragt»,berichtet Andrea Bauer, Programmver-antwortliche an der Universität Basel.

Die Schwierigkeit mit der Vereinbar-keit – eine institutionelle Hürde an sich– führt wiederum zu kulturellen Hür-den. Die meisten Lehrstühle werdenvon Männern geführt, diese befördernoft wiederum Männer. Dadurch fehlt esweiterhin an weiblichen Vorbildern, dieein neues Rollenverständnis ermög-lichen würden. Nebst wissenschaftli-chen Fachkenntnissen steht auch dasakademische Netzwerken in Basel imFokus. Dieses Netzwerken fördert dievom Programm finanzierte Reise zu denMentoren sowie der Austausch unterden Teilnehmerinnen. Das Netzwerkenwird aber auch in Kursen geübt. DieHistorikerin Davina Benkert möchteihr wissenschaftliches Profil sichtbarermachen. Das konnte sie im Kurs überNetzwerken und Selbstmarketing trai-nieren. «Einen Nachmittag lang übtenwir den berühmten Elevator-Pitch – wieman sich in einer Minute vorstellt. Dasstärkte mein Selbstvertrauen», erinnertsich Benkert. Einer Koryphäe aus ihrerForschung sei sie seit dem Kurs zwarnoch nicht im Lift begegnet, «aber beimeinem derzeitigen Forschungsaufent-halt an der Universität Cambridgekonnte ich auf diesen Elevator-Pitch be-reits ein paar Mal zurückgreifen.»

Einblicke in einen KonzernEin weiterer Teil des Programms findetin Zusammenarbeit mit Novartis stattund richtet sich an Jungakademikerin-nen, die sich den Wechsel in die Wirt-schaft überlegen. Die Zusammenarbeitmit Novartis sei zufällig entstanden: «ImJahr 2000 initiierte die damalige Diver-sity-Beauftragte bei Novartis ein zwang-loses Treffen mit unserer Chancen-gleichheitsbeauftragten. Dabei entstanddie Idee, ein Mentoring-Programm fürFrauen zu starten», erklärt Bauer. DieAuswahl der 20 Teilnehmerinnen er-folgt auch hier durch die UniversitätBasel, Novartis wünsche sich lediglicheine Vielfalt bei den Disziplinen: Soabsolvieren nebst Naturwissenschafte-rinnen auch eine Historikerin und eineDoktorandin von African Studies das

diesjährige Programm.Die Teilnehmerinnen erhalten einen

Mentor aus dem Pharmakonzern sowieeinen Novartis-Zutrittsbadge. Bei Fir-menbesuchen und Gesprächen mit Mit-arbeitenden erleben sie den Konzernall-tag. Auch werden Bewerbungsgesprä-che simuliert, um Teilnehmerinnen aufeine Karriere ausserhalb der Wissen-schaft vorzubereiten. Rund 20 Prozentder Teilnehmerinnen werden bei Novar-tis angestellt, dennoch stehe der Rekru-tierungsgedanke bei diesem Projektnicht im Vordergrund, sagt Karin Blu-mer, langjährige Mentorin bei Novartis.Die Hauptmotivation sei vielmehr derAustausch mit jungen Frauen am Pulsder Wissenschaft: «Indem wir 20 Dokto-randinnen im Haus haben, lernen wirden neusten Stand der Forschung ken-nen und erfahren, womit sich die neueGeneration befasst.»

Und was bringt es den Teilnehme-rinnen? Doris Aebi, die als Headhunte-rin für Firmen Führungskräfte aufspürt,fasst zusammen: «Beim Wechsel in dieWirtschaft ist eine Anstellung bei einemGrosskonzern das Beste, was eineDoktorandin tun kann. Hier lernt sie,sich in komplexen Strukturen und inter-nationalen Kulturen zu bewegen, undsammelt erste Führungserfahrung. Spä-ter ist sie bereit für eine Geschäfts-leitungs-Position in einem Unterneh-men oder den Einstieg in die Unterneh-mensberatung.»

Trotz solch guten Aussichten ent-scheiden sich viele dafür, in der For-schung zu bleiben. Andrea Bauer bilan-ziert: «Die letztjährige Evaluation zeigt,dass sich über die Hälfte der Teilnehme-rinnen für eine universitäre Karriereentschied. Gründe hierfür sind die Mo-tivation, weiterhin zu forschen, aberauch die Erkenntnis, dass die Verein-barkeit von Beruf und Familie in derWirtschaft nicht besser ist.»

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