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Der ICD-Träger als Autofahrer

Sicht des Verkehrsmediziners

Dr. med. Andreas NachtmannHerz- und Kreislaufzentrum

Rotenburg an der Fulda

Fahrerlaubnisklassen und -gruppen

• Gruppe 1: A, A1, B, BE, M, S, L T• (also Krafträder, PKW, Kleinkrafträder,

Traktoren)• Gruppe 2: C, C1, CE, C1E, D, D1, DE,

D1E, Fahrgastbeförderung• (also LKW ab 3,5 Tonnen, Kleinbusse

(mehr als 9 Sitze), Busse, Taxen

Fahrerlaubnisverordnung• Keine medizinische

Relevanz• Rein haftungsrechtlich/

juristisch• Autofahren verbieten darf

nur die Behörde• Der Arzt soll beraten• Der Arzt kann mit haftbar

gemacht werden

Arrhythmien

• Mit anfallsweiser Bewußtlosigkeit: Nein

• Beurteilung auch des Medikationserfolges durch 24h-EKG und Internistisch-Kardiologische Untersuchung

• 3 Monate Pause!

ICD

• Nach den Begutachtungsleitlinien, gültig ab 1.5.2014

ICD

• Kategorie 1: Prophylaktische Implantation• Nach Erholung vom Eingriff (in der Regel

3 Monate!) können die Betroffenen KFZ der Gruppe 1 führen.

Kategorie II A

• Niedriges Risiko: Implantation erfolgte aufgrund einer Rhythmusstörung, aber kein Rezidiv:

• Fahren nach 6 Monaten (nur Gruppe 1) wieder gestattet.

Kategorie II B

• Mittleres Risiko: Patienten mit gut tolerierten Kammertachykardien.

• Bis zum Nachweis einer Symptomfreiheit (Synkopen und Präsynkopen) unter ICD-Therapie keine Fahrtauglichkeit

Kategorie III

• Hämodynamisch instabile VT: • Keine Fahrtauglichkeit

ICD und Gruppe 2

• Berufskraftfahrer: Nur bei prophylaktisch implantiertem ICD.

• Und auch nur bei besonders günstiger Konstellation

• Notwenig für alle (auch Gruppe 1): alle 6 Monate Kontrolle (muss nachgewiesen werden)

Herzschrittmacher

• Falls die Implantation infolge einer Synkope erfolgte, drei Monate Pause mit Nachweis normaler Herzfunktion und ohne erneute Ohnmacht.

Synkope

• Einmalig: abhängig vom Grund der Synkope.

• Bei Korrektur des niedrigen Blutdrucks kein Problem, keine Wartezeit

• Mehrmals: Klassifikation als Kreislaufabhängige Störungen der Hirntätigkeit (wie ein Schlaganfall….)!

Blutflussreduktion durch zu enge Krawatten?

Herzinfarkt: PKW• ja bei komplikationslosem

Verlauf• Heißt: Nach 3 Monaten,

wenn keine Herzinsuffizienz und keine Rhythmusstörungen vorliegen und das EKG in Ordnung ist.

• Gilt auch bei Zweitinfarkt

Herzinfarkt: LKW• Ausnahmsweise ja. • 3-6 Monate Pause• EKG, LZ-EKG, Echo,

Belastungs-EKG• Keine Insuffizienz,

keine Rhythmusstörungen, keine AP

• 2. Infarkt: Endgültig Schluss

Herzinsuffizienz

• Nyha 4: Nicht tauglich• Nyha 3: Nicht tauglich

für Gruppe 2, bedingt für Gruppe 1

• Nyha 2: Grenzfälle• Nyha 1: Kein Problem

Hypertonie

• Ständige Diastole über 130: Nein• Diastole über 100 und keine anderen

Erkrankungen (Niere, Auge, Hirn, Linksherzhypertrophie): LKW ja. PKW ja.

• Bei Vorliegen von Begleiterkrankungen keine Gruppe 2

• Gruppe 1: Kontrollen in 2-3 Jahren Abstand (je nach Vorliegen von Begleiterkrankungen)

Ende

• Weitere Folien auf Anfrage….

Schlaganfall

• Nie wieder Gruppe 2: Bus, LKW, Taxi

• Keine Ausnahme!• PKW ja, wenn zwei

Voraussetzungen vorliegen:

• 1. Erfolgreiche Therapie

• 2. Keine Rückfallgefahr

Erfolgreiche Therapie

• Es müssen alle Symptome so weit rückläufig sein, dass das Fahren nicht eingeschränkt ist:

• Ausschluss z.B. bei Halbseitenblindheit oder Wahrnehmungsstörungen, Störungen der Aufmerksamkeit, Konzentration oder Orientierung

• Lähmungen nicht zwingend, abhängig von Ausmass und Begleitsymptomen: evtl. Sonderfahrzeug?

Rückfallgefahr• Notwendig: Identifikation der Ursache• Beseitigung der Ursache oder ausreichende

Sekundärprophylaxe• Abstand zum Akutereignis: z.B. drei Monate bei

nicht klärbarer Ursache (immerhin 30% der Schlaganfälle)

• Bei hohem Risiko des Rückfalls Ausschluss (z.B. bei Halsschlagadereinengung ohne Therapie oder bei Herzrhythmusstörungen ohne Marcumar)

Epilepsie• Bei einmaligem (Gelegenheitsanfall) Ereignis, ggf. im

Rahmen eines Schlaganfalles: nach Beobachtungszeit von 3 bis 6 Monaten. LKW: 6 bis 24 Monate.

• Bei zwei oder mehr Anfällen: ein Jahr Anfallsfreiheit (mit oder ohne Therapie)

• Bei langjähriger Epilepsie: zwei Jahre Anfallsfreiheit• Bei Absetzen von Medikamenten: drei Monate nach

Absetzen• LKW: 5 Jahre anfallsfrei ohne Therapie• Ausnahmen: Schlafgebundene und fokale Anfälle

Alkohol

• Missbrauch: trinken und Fahren: Nein

• Missbrauch: Trinken zu Hause: Ja

• Abhängigkeit: Nein• Abstinenz 1 Jahr!

Cannabis und Andere

• Gelegentlich: ja, aber (keine anderen Stoffe, keine Störung der Persönlichkeit, kein Kontrollverlust)

• Andere BTM´s: Abhängigkeit und regelmäßiger Mißbrauch: Nein

Diabetes

• Kein Problem bei guter Einstellung• Probleme bei Hypo- oder Hyperglykämien• Diabetiker mit Insulin: üblicherweise keine

Gruppe 2, ausser bei Nachweis guter Stoffwechsellage ohne Hypoglykämien über 3 Monate

Demenz

• Nur bei leichten Störungen noch fahrtauglich

• Oft bei Feststellung der Demenz Vorliegen einer bereits mittelschweren Störung

Wie sage ich es?

• Hinweis auf die Eigenverantwortung• Hinweis auf finanzielle Risiken (Haftpflicht

zahlt nicht!)• Hinweis auf personelle Risiken• Aufklärung dokumentieren. (In

Anwesenheit von Zeugen aufklären)• Evtl. Unterschrift

Besondere Situationen

• Medizinische Eingriffe: Überwachungspflicht des Personals.

• Impfungen etc.: Kontrollpflicht, ob der Patient wirklich die geforderte Zeit in der Praxis/Klinik bleibt.

• Sicherung durch Abholenlassen

Wem sage ich es?

• Patient?• Ehepartner?• Polizei?• Schweigepflicht gilt so lange, wie durch

das Verhalten des Patienten die Allgemeinheit nicht gefährdet wird

2. Medikamente

• Bypackzettel: Fahrtauglichkeitseinschränkung fast Standard

• 15-20% der Arzneimittel sind problematisch

• An 25% der Verkehrsunfälle sollen Medikamente beteiligt sein

• Starke individuelle Reaktion!

Grosse Gefahren• Anticholinergika: Spasmolytika, Anitparkinsonmittel• Benzodiazepine• Antipsychotika• Augentropfen• Vorsicht: behandelte Depressive fahren besser als

unbehandelte…..

Arzneimittelgruppe Gefährdungsindex MittelwertAnalgetika (Opiate) 2,2Antikonvulsiva 2,4Antidepressiva (trizyklische) 2,5Antihistaminika 2,6Antipsychotika 2,8Benzodiazepine 3,5Anticholinergika 3,6

Gefährdungsindex: 1 = keine; 2 = leichte; 3 = deutliche; 4 = ernsthafte Gefährdung

Gefährdungsindex

Mässig bis hohes Risiko• Nichtbenzodiazepinhypno

tika• Opiate• Tri- und Tetrazyklische

Antidepressiva• Antikonvulsiva• Antipsychotika (hoch- und

niederpotente)• Sedierende

Antihistaminika

Geringes Risiko

• Cetirizin und andere wenig sedierende Antihistaminika

• Antidiabetika• SSRI, SNRI und

MAO-Hemmer• Sympathomimetika

(Ephedrin-Nasensprays)

Dauertherapie

• Überwachung und Attest z.B. nötig bei:• Antikoagulantien• Digitalis• Besondere Überwachung und

Dokumentation in der Initialphase auch bei Antihypertonika (Synkopen!)

• Leider keine klare Regelung

3. Neuropsychologische Untersuchungen

• Visuelle Perzeption• Gedächtnis• Orientierung• Apraxie• Exekutivfunktionen• Reaktionsvermögen• Aufmerksamkeit

Anforderungen an das Gesichtsfeld

• PKW: 120° binokular• LKW: binokular 70° nach links und rechts

sowie vertikal 40° nach unten

Handy und Verkehr• Nach einer Studie ist es für die Ablenkung durch

das Telefonieren egal, ob man mit oder ohne Freisprechanlage telefoniert.

• Andere Studie: Auch für Fußgänger gilt, dass sie erheblich abgelenkter sind, wenn sie telefonieren. 48 % liefen ohne zu schauen über einen Überweg (gegenüber 28% ohne Handy)

• Besonders vorsichtig waren in dieser Studie dagegen Benutzer von MP3-Playern, denen möglicherweise bewusst war, dass sie nichts hören (16%).

Schlafapnoe

• Unbehandelt und messbare Tagesschläfrigkeit (Pupillometrie): Nein

• Behandelt: Ja

Niereninsuffizienz

• Schwere Insuffizienz: Nein• Dialyse: Ja, wenn keine Komplikationen

oder Begleiterkrankungen, ausnahmsweise auch LKW

• Nach Transplantation: ja

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