Diabetischer Fuß in der Praxis · Screening. mit . Nylonfilament. Stimmgabeltest ist immer noch...

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Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Diabetischer Fuß in der Praxis80 Stunden DDG Kurs "Klinische Diabetologie"

Dresden, 15.09.2020

Dr. med. Hannes Rietzsch

Medizinische Klinik und Poliklinik IIIDirektor Prof. Dr. S. R. Bornstein

Zunahme der Diabetes(fuss)patienten

• 1950: 1 % - aktuell 7- 8 % Diabetesprävalenz in Deutschland

• Diabetes Fuß - Komplikationen sind „relativ“ selten

• Rund 4% (2 - 7,5%) der Patienten erleiden pro Jahr eine Fußkomplikation

• Rezidivrate 34 % nach 5 Jahren

250 000 „Diabetes - Fuß Läsionen“ pro Jahr in Deutschland

Quelle: AG Fuß Lobmann

Die Saint Vincent Deklaration von 1989

ging von einer 50 %igen Reduktionder Amputationen aus

und keiner wusste, wie viele Amputationen damals eigentlich

durchgeführt wurden.

Erste Hochrechnung aus dem Jahr 1997

(Standl)

28.000 Amputationen in Deutschland pro Jahr

Erste reale Statistik 2004

• 43.544 Amputationen• 29.000 Amputationen bei Diabetikern• + 9.891 Revisionen an Stümpfen

50% Majoramputationen!

Quelle: AOK Studie an 1166 von 1324 amputierenden KlinikenHeller et al. DMW 2004 129,429

Komplexe Ursachen beim Diabetischer Fuß

Retinopathie

pAVK

Nephropathie

KoronareHerzkrankheit

ZerebrovaskuläreInsuffizienz

Neuropathie

Diabetischer FußALTER

Qualität der Diabeteseinstellung - Diabeteslaufzeit

Fußdeformität Übergewicht

Sozialer Status Haut

Infektabwehr-schwäche

Nicht jeder Patient mit Diabetes mellitus

bekommt ein

Diabetisches Fußsyndrom.

Erkennung des Risikofußes

Erkennung der

Neuropathie am Fuß des Diabetespatienten

Der Verlust der peripheren Nervenfunktion verläuft schrittweise

Parästhesien

Schmerzen

Gefühllosigkeit

Gefühlsstörungen

„Blickdiagnose“ Neuropathie

BeschwerdenKribbeln, Brennen,

„Ameisenlaufen“Schmerzen in Ruhe

bevorzugt nachtsTaubheitsgefühl

BefundeFußrückenschwellungKrallenzehenHornhautschwielenGangstörungen

Neuropathieverdacht ?

Wenn die Vibrationsempfindlichkeit < 5/8 bei unter 60 Lebensjahren< 4/8 bei über 60 Lebensjahren< 3/8 bei über 70 Lebensjahren

Nachweis einer klinisch relevanten Polyneuropathie!

Nach NVL

Screeningmit

Nylonfilament

Stimmgabeltest ist immer noch der Goldstandardfür die die Bestätigung des Verdachtesauf Polyneuropathie, weitere Teste möglich

Ergänzende Untersuchung

Kaltempfinden Warmempfinden

In speziellen Fällen: Elektrophysiologische Untersuchung erwägen

In unklaren Fällen …• Sekundäre Neuropathieursachen

– MGUS; Plasmozytom– Entzündungen, Infektionen– Vitamin B – Mangel (B1,6,12)

• Wirbelsäulen- und Rückenmarkläsionen

• Elektrophysiologische Untersuchung

• Genetische Untersuchung – HMSN Typ II bei Ballenhohlfuß

Erkennung der

Angiopathie am Fuß des Diabetespatienten

„Blickdiagnose“ AngiopathieBeschwerdenSchmerzen Empfindungsstörungenkalte FüßeGangstörungen

BefundeBlasse kalte FüßeVerfärbungenSeitendifferenzenNägel wachsen nichtSchaufensterkrankheit

Fußpulse ? - Doppleruntersuchung

Arteria tibialis posterior

Arteria dorsalis pedis

Bei Nachweis einer Neuropathie

und / odereiner Angiopathie

handelt es sich um einen

Risikofuß

Neubewertung von

Deformitätenim Falle von Nachweis

Angiopathie / Neuropathie

Risikofuß mit Komplikation bei vorbestehender Fußdeformität

Merke:

Die Risikofüße sind häufiger

als man annehmen mag!

Behandlung

bei unverletztem

Risikofuß

zur Vermeidung einer diabetischen Fußläsion

• Optimale Stoffwechselführung• Behandlung Neuropathie und Angiopathie • Ausschaltung zusätzlicher Risiken• Selbstkontrolle und Pflege der Füße• Bewegungsbehandlung - Fußgymnastik• Podologische Behandlung• Schuhversorgung• Was tun bei Verletzungen und Wunden

Optimale Diabetesbehandlung

Normnahe BlutzuckereinstellungNormalisierung des Blutzuckers

HbA1c nach Leitlinien möglichst unter 7%

i.d.R. Insulintherapie

• Behandlung Neuropathie und Angiopathie

• Ausschaltung zusätzlicher Risiken• Selbstkontrolle und Pflege der Füße• Bewegungsbehandlung - Physiotherapie• Podologische Behandlung• Schuhe• Was tun bei Verletzungen und Wunden

Positivsymptomatik

• Kribbelparästhesien• Schmerzen• Symptomzunahme in Ruhe

(nachts)• Besserung bei Bewegung

Negativsymptomatik

• Taubheitsgefühlt • Strumpfförmiges Aufsteigen der

Gefühllosigkeit• Gefolgt von motorischen

Ausfällen und Veränderung des Gangbildes - „Tappender Gang“

Sensomotorische diabetische Polyneuropathie

Autonome diabetische Neuropathie am Fuß

• Störung der Schweiß- und Talgdrüsenfunktion• Trockene, rissige Haut• Massive diffuse Hornhautbildung• Mediasklerose

Therapie der Neuropathie• Normnahe Blutzuckereinstellung• Vitamine (auch bei schmerzhaftem Verlauf)

• Vitamin B1 +(B6)• Alpha – Liponsäure• Ggf. Vitamin B 12 ?• Vitamin D

• Meidung Alkohol

• Schmerzbehandlung NUR bei Positivsymptomatik• Gabapentin (?), Pregabalin• Duloxetin• Meidung von NSAR, Opiate

Therapieziele bei Polyneuropathie

Die Neuropathiebehandlung zielt i.d.R. auf Ausgleich des Verlustes der Nervenfunktion

Autonome Neuropathie (Beispiele)1. Erektionshilfen2. CPAP – Geräte3. Magenschrittmacher

Verzögerung der Progredienz durch Neuropathie - Basisbehandlung

Neuropathiebehandlung am Fuß• Eigen- und Fremdkontrolle der Füße zur Erkennung

von Läsionen• Fußgymnastik

– Aktive Bewegung– Passive Bewegung zur Erhaltung der Bindegewebselastizität

• Hautbehandlung• Abtragung von Hornhaut - Rückfettung, Elastizität

• Schuhversorgung• Weichschaumeinlagen• Unterstützung des Gangbildes

Möglichkeiten und Grenzen der Neuropathiebehandlung

• Neuropathie gilt als nicht heilbar• Solange kein normaler BZ, besteht Neigung zur

Progredienz des Nervenverlustes

Verzögerung der Progredienz

Erreicht der Sensibilitätsverlust die Höhe des Knies, dann droht Immobilität

» Unterarm - Gehstützen» Rollator» Rollstuhl

Therapie der Angiopathie• Behandlung der der „kardiovaskulären

Risikofaktoren“– Normalisierung des Blutdrucks – Optimaler Fettstoffwechsel - CSE Hemmer

• Antikoagulation– ASS– ASS + Rivaroxaban (COMPASS – Studie)

• Gehtraining – je nach Belastbarkeit der Füße• Revaskularisationsoption beim unverletzten Fuß?

• Ausschaltung zusätzlicher Risiken• Selbstkontrolle und Pflege der Füße• Bewegungsbehandlung - Physiotherapie• Podologische Behandlung• Schuhe• Was tun bei Verletzungen und Wunden

VERMEIDUNGNeuropathie

Wenig Alkohol

Angiopathie

Nicht Rauchen

Reduktion der Fußbelastungdurch Reduktion des Körpergewichtes

Regelmäßiger Alkoholkonsum ist ein Risikofaktor für die Entstehung einer diabetischen Fußläsion

• Selbstkontrolle und Pflege der Füße• Bewegungsbehandlung - Physiotherapie• Podologische Behandlung• Schuhe• Was tun bei Verletzungen und Wunden

Ein paar Gedanken vorweg• Den Füßen wird normalerweise ein hoher Stellenwert in der

Körperwahrnehmung zugeschrieben• Die Neuropathie führt zu einer Störung der Selbstwahrnehmung der

vorrangig betroffenen Organe – Füße• Leibesinselstörung (nach Risse)

• Wie könnte diesem unbewussten Verschwinden eines Teils des Körpers BEWUSST entgegengewirkt werden?

Bewusstmachen alltäglich vollzogener Handlungen mit den Füßen?

ERSTENSAnsehen

undAnfassen

des angezogenen

FußesNach Siebolds

ZWEITENSAnsehen

undAusfühlen

derSchuhe

Nach Siebolds

DRITTENSAnsehen

undAnfassen

derStrümpfe

Nach Siebolds

Tipps für den Strumpfkauf

• Helle Strümpfe• Keine Nähte• Baumwolle• Billig ist nicht immer gut

VIERTENSAnsehen

undAusfühlen

derZehenzwischenräume

Nach Siebolds

FÜNFTENSAnsehen

undBefühlen

derFußnägel

Nach Siebolds

• Bewegungsbehandlung –Physiotherapie, Mobilisierung

• Podologische Behandlung• Schuhe• Was tun bei Verletzungen und Wunden

Grenzen der Therapie durch Bewegung

• Fußgymnastik• Risikofüße sind weniger belastbar• Fußbefund setzt organische Grenzen• Gewichtsreduktion durch Bewegung gefährdet

vorgeschädigte Füße

• Gewichtsreduktion nur noch durch Umstellung der Ernährung – oder bariatrische OP ?

• Podologische Behandlung• Schuhe• Was tun bei Verletzungen und Wunden

Podologische Behandlung

Verletzungsfreies Beseitigenvon Hornhautveränderungenvon Nagelveränderungen

Fremdkontrolle der Füße

Beratung zur SelbstpflegeCreme, Pilzbehandlung, Strümpfe, Schuhe

Wann podologische Behandlung ?

• Bei Vorliegen einer Neuropathie + Hyperkeratosen und, oder Onychomycosen

• Sehproblemen• Bei eingeschränkter Fingerfertigkeit• Unsicherheit• Frühzeitig im Krankheitsverlauf• Nicht erst nach einer Verletzung• Bei Wunsch – „Grünes Rezept“

Podologische Behandlung auf Rezept

• Kassenleistung begründbar bei – Neuropathischem diabetischem Fuß

+ Nagelmykose+ Hyperkeratose

– Neue Indikationen am 01. Juli 2020• Hereditäre Neuropathie• Systemische Autoimmunkrankheiten• Kollagenoesen• Toxische Neuropathie (Alkohol)

– Behandlungsfrequenz 4 - 6 Wochen– Verordnungsintervall 3 Monate– Bei Folgeverordnung ½ Jahr– Behandlungsbericht durch die Podologin / Podologe– Arzt sollte für eventuell festgestellten Probleme der Podologin /

Podologe zur Verfügung stehen und für Fragen offen sein

„Aussage aus einer DSP“

„Seit dem wir die Podologen haben ist die Zahl der Fußkomplikationen deutlich zurückgegangen.“

Spezialisierte Betreuung vonRisikopatienten

• Schuhe – Ein weites Feld• Was tun bei Verletzungen und Wunden

Beliebtheitsgrad

Wo der Schuh drücken kann…

Der schneidende HalbschuhDruckstellen trotz Weichbettung – Akrale Belastung

Verordnung von orthopädischen angepassten Schuhen

für Patienten mit Diabetischen Fußläsionen

Schuhversorgung beim Risikofuß

• Weichschaumeinlage, langsohlig nach Formabdruck und Einpassung in geeignete Konfektionsschuhe

HÖHERVERSORGUNG

• Spezialschuhe bei diabetischem Fußsyndrom, früher als Diabetiker Schutzschuhe bezeichnet, mit Weichbettungen oder Diabetesadaptierten Fußbettungen

HÖHERVERSORGUNG

• Maßschuhe sind oft erforderlich

Trittspur und DruckstellenNeuropathischer Fuß - Krallenfuß, Spreizfuß, Hallux

Pedografie ist hilfreich:Nachweis der gelungenen Druckumverteilung

Ratlosigkeit bei der Selbsthilfe –Das Krankheitsbild entwickelt sich schnellerals die Anpassung der Schuhe …

Die Kontrolle der Schuheschließt immer

die Kontrolle der Füßeohne angezogene Strümpfe

ein!

Fußkontrolle bei jeder Konsultation• Füße

– Druckstellen?– Läsionen?

• Podologie– Abtragung der Onychomycosen?– Druckverursachende Hyperkeratosen?

• Schuhkontrolle– Schuhe getragen – Abnützung– Einlagen

Nicht selten kommt es zu einem kompletten Kontrollverlust

Podologen und Schuhmacher brauchen den Dialog!

und natürlich auch mit den in der Behandlung

des Diabetischen Fußes erfahrenen Ärzte!

Die Läsion – Die Katastrophe

• Was tun bei Verletzungen und Wunden

WagnerGrad

0Prä- oder postulzerativer Fuß

1Ober-flächliche Wunde

2Wunde bis Sehne + Kapsel

3Wunde bis Knochen + Gelenk

4Nekrose von Fußteilen

5Nekrosen am gesamten Fußes

Armstrong - Stadium

A -Ischämie

-Ischämie

-Ischämie

-Ischämie

-Ischämie

-Ischämie

B +Infektion

+Infektion

+Infektion

+Infektion

+Infektion

+Infektion

C + Ischämie

+ Ischämie

+ Ischämie

+ Ischämie

+Ischämie

+ Ischämie

D +

Infektion und

Ischämie

+Infektion

und Ischämie

+Infektion

und Ischämie

+Infektion

und Ischämie

+Infektion

und Ischämie

+Infektion

und Ischämie

Wagner - Armstrong - Klassifikation

AM PUT

I O N

AT

Die Behandlungder diabetischen Fußläsion

D Druckentlastung I Infektbehandlung R Revaskularisation A Amputation N Nachsorge

Behandlungsziele• Komplette und schnelle Entlastung der

Wunde – Druckentlastung ist zu klären– Verwendung von druckentlastenden

Hilfsmitteln ist eingeschränkt» Neuropathie» Alter» Demenz» Orthopädische Begleitleiden

• Abheilung der Wunde• Vermeidung von Amputationen und

chronischen Wunden

Was sollte man bei belasteten Wunden nicht tun:

• Verschreiben eines entlastenden Schuh und zum Schuhmacher schicken

– Entweder sofort anprobieren oder?– Der Patient kann nicht laufen!

• Vorfußentlastungsschuhe – Erfordern in der Regel 2 Unterarm-Gehstützen und eine

Gangschule, funktionieren in der Regel nicht

• Verband und Empfehlung zur Entlastung– Wer macht es. Patient läuft weiter. Belastet die Wunde

weiter. Infektionsgefahr. Chronische Wunde.

Wie es nicht sein sollte

Klärung

ambulantoder

stationär

Stationäre Behandlung

• Schwere Infektion mit Indikation zur i.v. Antibiose

• Nicht zu entlastende Läsion• Operationsindikation• Meist Wagnerstadium (2) – 3 und höher

Die Behandlungder diabetischen Fußläsion

D Druckentlastung I Infektbehandlung R Revaskularisation A Amputation Wundbehandlung

N Nachsorge

Wundbehandlung und Druckentlastung

• Wundbehandlung– Abtragung von Nagel /

Hornhaut– Polsterverbände– Stützverbände

• Druckentlastung– Therapieschuhe

/Verbandsschuhe– Schutzschuhe– Maßschuhe– Orthesen / TCC– Unterarm Gehstützen– Rollstuhl– Bettruhe und Lagerung

Druckentlastung durch Abtragung der Hyperkeratose

Therapiebeginn 7.9.2018

Verband:– PV Iodsalbe– Fettgaze

(Lomatuell)– Leucomed steril– Randpolsterfilz mit

Aussparung der Ulcusregion

Verbandsschuh+

Weichbettung

Verbandsschuh und Zustand nach 14 Tagen

Die Behandlungder diabetischen Fußläsion

D Druckentlastung

I Infektbehandlung R Revaskularisation A Amputation N Nachsorge

Diagnostik• MRSA Screening ?

• Wundabstrich aus der Tiefe• Intraoperativer Abstrich• Entzündungsparameter• Entzündungsausbreitung

– Blutkultur– Röntgen

• Problem sogenannter Hautkeime, die aber nun in der Wunde sind besonders St. epidermidis

– Im Antibiogramm oft nicht getestet– Hohe Resistenzraten

Antiinfektive Maßnahmen• Lokale Wundbehandlung

– Wundreinigung– Wundchirurgische Maßnahmen zur Entfernung Nekrosen, Hornhaut etc.– Verbände entsprechend dem Stadium der Wundheilung– Wundspülungen, VAC etc.

• Antibiotika kalkuliert und nach Abstrich– Amoxycillin + Betalaktamasehemmer / Gyrasehemmer nach Leitlinie

Anpassung nach Eingang Antibiogramm– Gabe bis zur vollständigen Abheilung – Alleinige Antibiose ohne Wundbehandlung nicht ausreichend

• Beachtung der Hygiene– Resistente Keime - MRSA, MRSE– Ggf. Reserveantibiotika

Interdigitalmycose

Reinigung und Desinfektion der ZehenzwischenräumeKompressen dazwischen legen

Clotrimazol in der Regel

Nystatin - Zink bei nässender Mycose

Wichtig

• Jede Wundinfektion auch Kolonisierung behindert die Wundheilung

• Die Infektion ist von einer Kolonisierung klinisch oft schwer zu trennen

• Bei Begleit - pAVK ist dieser Umstand besonders bedeutsam

Die Behandlungder diabetischen Fußläsion

D Druckentlastung I Infektbehandlung R Revaskularisation A Amputation N Nachsorge

Die Behandlungder diabetischen Fußläsion

D Druckentlastung I Infektbehandlung R Revaskularisation A Wundbehandlung

(Minor)Amputation N Nachsorge

Ausgewählte Probleme der Wundheilung am Fuß

1. Exsudationsphase, Nekroseabtragung– Bradytrophes Gewebe – Sehnen, Kapseln– Knochen

2. Granulationsphase– Belastung stört die Granulation– Infektion führt zu neuen Nekrosen

3. Epithelisierungsphase– Fußhaut ist anatomisch hoch komplex– Ersatzhaut längerfristig nicht belastbar

4. Narbenstabilisierung– Narbe dauerhaft weniger belastbar– Hyperkeratosebildung– Rezidivgefahr

Schicksal Diabetisches Fußläsion

Jede fußerhaltende Therapie einer diabetischen Fußwunde beinhaltet die Möglichkeit des Rezidives

Hohes Frustrationspotenzial durch „Ignoranz“ der Patienten -Nervenstörung

Patienten behalten ihre Krankheit – Heilung des DFS ist nicht möglich - nur Leben mit dem Diabetischen Fuß.

Es gibt aktive Phasen mit Wunde und inaktive Phasen ohne Wunde.

Deshalb: Einmal Fuß – immer Fuß

Wenn Amputation, dann: Minoramputation

– Erhaltung der Extremität– Erhaltung Beinlänge und des

Bodenkontaktes– Beseitigung der Wunde

Wundheilung: Neuropathischer FußBehandlung: Druckentlastung, Debridement, Wundbehandlung, Infektionsbehandlung, podologische Behandlung, SchuhversorgungRechts: konservative AbheilungLinks: Abheilung nach Metatarsalknochen – Resektion MTK 3

Wundheilung: Angiopathischer FußFehlende Abheilung nach Grenzzonenamputation der GroßzeheBehandlung: Revaskularisation

Nachresektion des 1. und 2. Strahles und sekundärer Wundverschluß, podologische Behandlung, Schuhversorgung

So ähnlich wie

Vorfußamputation ist für den schwergradigen angioneuropathischen Fuß oft die letzte Option zum Beinerhalt

• Die akrale Dekompensation beginnt in den Zehenarterien

• Meist banale Verletzungen oder häufig dekompensierte Onychomykosen führen zu Läsionen die nicht heilen

• Nach Zehenamputation kommt es zu Wundheilungsstörungen

• Selbst bei funktionellem Querschnittsverschluß ist eine Vorfußamputation noch eine Option zum Beinerhalt, sogar längerfristig

• Erfahrung beim Operateur!

Die schwerste Form des neuropathischen diabetischen

Fußes ist der

Charcot Fuß

Diabetische NeuroosteoarthropathieDNOAP

Jede Schwellung eines Fußes für die nicht eine eindeutige Ursache hinsichtlich

ThromboseTrauma

gesichert ist

Verdacht auf Charcot FußRund 9% aller Diabetes – Fußpatienten (Lobmann)

Der Charcot Fuß stellt einen Notfall dar,

der vergleichbar ist mit einer schweren Fußläsion

Weiterführende Diagnostik• Überwärmung des betroffenen Fußes

– Hautthermometer

• Weitgehend schmerzlos• Röntgen sollte im Rahmen der Untersuchung bei

Traumaverdacht gelaufen sein!– Unscharfe Grenzen der Knochen in Gelenknähe

• MRT im Frühstadium– Knochenmarköden– Bei frühzeitigem Erkennen des Knochenmarködems kann eine

Knochendestruktion durch Entlastung verhindert werden

• Labor– unspezifische Entzündung

Umfangsmaße undTemperaturdifferenzen über Hauttermometer

im Verlauf dokumentieren

Vorführender
Präsentationsnotizen

Einteilung des Charcot Fußes

Eichenholtz und Levin1 Knochenmarködem 2 Knochendestruktion

2 A Fragmentierung2 B Luxation

3 Konsolidierungsphase Abgrenzung der Fragmente und Konsolidierung in Fehlstellung

4 Entwicklung eines Ulcus aufgrund der Fehlstellung

Sanders und FrykebergI Mittelfußknochen, ZehenII Tarso – Metatarsalgelenke

Knochen im Lisfranc Gelenk

III Naviculo-cuneiforme-Gelenke, Talo-Naviculargelenk, Kalkaneo-cuboidal - GelenkKnochen im Chopartgelenk

IV OSG USGV Calcaneus

TherapieoptionenRuhigstellung und Entlastung wie bei Fraktur

BettruheTotal contact CastOrtheseRollstuhl

Vermeidung von Druckstellen und LäsionenVitamin DDauer der Behandlung

– Abschwellung– Temperaturdifferenz unter 1 Grad– Schuhversorgung

Charcot und plantare Läsion Stadium IV nach Levin…

• Die plantaren Läsionen führen in der Regel zu Osteomyelitis des ohnehin zerstörten Knochens – weitere Dramatisierung

• Die Therapie ist immer sehr individuell – erfahrene Zentren?• Optionen:

– Konservativ: Immobilisierung bis Knochenstabilsierung – Optional OP bei Wunde oder nicht versorgbarer Fehlstellung– Walker, Cast (TCC), Orthese, Schuhversorgung mit Feststellabrollschuh

Charcot - Verlaufskontrolle

Datum Maße in cm

16.03.2020

05.08.2020

14.09.2020

A rechts 23 23 22 A links 28 29 29 B rechts 33 33 32,5 B links 38 39 39,5 C rechts 26 25,5 26 C links 26 28,5 27 D rechts 265 26 25,5 D links 24,5 26,5 25,5

Temperatur Rechts 32,3 34,7 31,6 Fußwurzel dorsal links 33,3 36,3 35,1

Wundbehandlung

Wundbehandlung ist eine ärztliche Tätigkeit

Sie kann zum Teil auf Assistenzpersonal übertragen werden:– Ausgebildete Schwestern– Ausgebildete Pflegedienstmitarbeiter– Wundtherapeuten– Spezialisierte Podologen

Behandlungsziel Abheilung Vermeidung chronischer Wunden

Kostenproblem Wundbehandlung• GOÄ: „Behandlung einer Wunde, die nicht primär heilt oder Entzündungs-

erscheinungen oder Eiterungen aufweist – auch Abtragung von Nekrosen an einer Wunde, 63 Punkte, 2,3fach

€ 8,45

• EBM: GOP 02311 Behandlung eines diabetischen Fußes, große Wunde mit ausgedehnten Nekrosen und Verordnung und Kontrolle des Schuhwerkes:

€ 15,11

• Was ist mit den kleinen in Abheilung befindlichen Läsionen, die einer mindestens wöchentlichen Kontrolle und Behandlung bedürfen?

Delegierung der ärztlicher Leistung an das qualifizierte

Assistenzpersonal:

JASubstitution

der ärztlichen Leistung durch ???:

NEIN

Suche nach Lösungen der Kostendeckung„Flickenteppich bei der DFS Versorgung“

(Zitat Dr. Michael Eckhard, AG Fuß der DDG)

Regionale Verträge IV Verträge Vertragsmodelle einzelner Kassen Netzwerke

Eine riesige Bürokratie für eine relativ kleine Patientenzahl

Klassisches Malum perforansVor und nach Lokalbehandlung –

Abtragung der Hyperkeratosen und Wundreinigung

Hallux rigidus z.B.

Entlastung von Restulcus und Narbe

Entlastung bei Hallux rigidusDer Schuh schafft es nicht allein

Dorsaler Druckschutz einer Krallenzehe bei Ulcus am PIP Gelenk

MerkeSogenannte Stützverbände sind oft lange noch nach Abheilung der Läsion zur Rezidivprophylaxe nötig oder dauerhaft zu empfehlen.

ProblemDie Krankenkassen bezahlen keine Verbandswechsel bei abgeheilter Wunde – erst dann wieder wenn sie wieder aufgebrochen ist.

Lösung?Patient kann es selbst machen ?

Familienangehörige ?? Gespräch mit der Kasse

Einzelentscheidung

Erfahrungen mit Wundauflagen• Fettgaze• Aktivkohle - Silberauflagen• Schaumverbände mit und

ohne antiinfektivenZusätzen (Ag, PHMB)

• Hydrogele - (Alginatgele)• Gelkompressen• Wundspülung• PV Iodgaze• Sekret absorbierende

Kompressen• Wattepolsterung

• Hydrocolloide• Alginate• „Bakterienfänger-Auflagen“• Farbstoffe

Regelmäßige Anpassung der Auflagen an das Stadium der Wundheilung

Menschen werden älter –

Besonderheiten der Wundheilung beim älteren Patienten mit Diabetischen Fuß

• Altershaut besitzt nur noch eingeschränkte Heilungspotenz• Nur inkomplett revaskularisierbare pAVK• Starre Persönlichkeiten und verlorenes Selbstmanagement • Sozialer Problemkreis• Auch bei älteren Menschen kann durch Wundheilung eine

Major - Amputation vermieden werden.• Druckentlastung der Läsion ist am wichtigsten• Multimorbidität beschränkt Behandlungsmöglichkeiten• Lange Krankheitsverläufe

S2K Leitlinie Diabetes im Alter

Die Behandlungder diabetischen Fußläsion

D Druckentlastung I Infektbehandlung R Revaskularisation A Amputation

N Nachsorge

Nachsorge Praxisleitlinie

Risiko-kategorie

Risikoprofil Untersuchung

0 Keine sensorische NeuropathieKeine pAVK

1 x jährlich

1 Sensorische Neuropathie und Deformität

1x aller 3 – 6 Monate

2 pAVK + sensorische Neuropathie

1x aller 2 - 3 Monate (Spezialist)

3 Frühres Ulcus und Amputation

1x aller 1 - 2 Monate(Spezialist)

NVL, Praxisleitlinie Diabetischer Fuß

Das häusliche Umfeld• Hausarzt• Diabetologe• Angiologie• Radiologie• Kardiologie• Nephrologie• Chirurgie• Orthopäde

• Podologie• Orthopädie-

schuhmacher

• Orthopädietechnik• Pflegedienst• Pflegeheim

Ambulantes Fußbehandlungszentrum

Stationäres Fußbehandlungszentrum

Füße mit den größten Risiken

• Durchgemachte, und zur Abheilung gekommene Fußläsion

• Teilamputierte Füße• Zustand nach einseitiger Majoramputation

Patienten sollten in erfahrenen Teams nachgesorgt werden, da sonst die Frustration aus den Rezidiven schon beträchtlich ist.

Majoramputation in Kollektiven unterschiedlicher Intensität der Nachbetreuung nach angiopathischer Primärläsion

Dissertation UKLD C.F. Müller 2009

Überleben ohne Majoramputation nach angiopathischer Primärläsion – Patienten am UKD

Dissertation UKD C.F. Müller 2009

Amputationen seit 2007 2015 - basierend auf individualisierten Patientenverläufen, betreut in Netzwerken

Melanie May et. Al.: Decrease in (Major) Amputations in Diabetics:A Secondary Data Analysis by AOK Rheinland/Hamburg

Amputationsvermeidung bedeutet Senkung der Majoramputationen

35.981 Amputationen

7.981 Majoramputationen

• 67% Männer• 33% Frauen

28.001 Minoramputationen

• 75% Männer• 25% Frauen

22,2% 77,8%

Quelle: Statistisches Bundesamt 2016

Sie interessieren sich für die Behandlung des Diabetischen

Fußes?

In der AG Fuß der DDG finden Sie die gebündelte Erfahrung auf

diesem Gebiet.

Wir freuen uns auf Ihre Mitgliedschaft.

Verzeihung, ich habe vieles nicht erwähnt:

In einer Sendung der „Tagesschau“ kann man aber auch nicht alle Probleme der Welt

erklären.

Vielen Dank

KontaktDr. Hannes Rietzsch

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus DresdenMedizinische Klinik III

Abteilung Diabetischer FußFetscherstraße 7401307 Dresden

Email Hannes.Rietzsch@uniklinikum-dresden.dehrietzsch@t-online.de

Telefon: 0351 45812177

Anmerkung: Bitte beachten Sie die Urheberrechte bei der Verwendung der Folien.

Email: Hannes.Rietzsch@uniklinikum-dresden.dehrietzsch@t-online.de

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