Die Bedeutung der frühen Kindheit für gelingende Entwicklung Münsterlingen, 5. November 2010...

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Die Bedeutung der frühen Kindheit für gelingende Entwicklung

Münsterlingen, 5. November 2010Gesundheit von Anfang an

Dr. phil. Heidi SimoniMarie Meierhofer-Institut für das Kind Zürich

www.mmi.ch

Der Mensch wird am Du zum Ich.

Martin Buber

5. November 2010 / Münsterlingen

H. Simoni / MMI

Quelle: Renate Barth, 2008. Was mein Schreibaby mir sagen will

5. November 2010 / Münsterlingen

H. Simoni / MMI

Quelle: Renate Barth, 2008

5. November 2010 / Münsterlingen

H. Simoni / MMI

Quelle: Renate Barth, 2008

5. November 2010 / Münsterlingen

H. Simoni / MMI

Grundfragen

Wie entwickeln sich Kinder/Menschen (gesund)? Norm, Abweichung, Variabilität Entwicklungspsychologie

Was gefährdet eine gelingende Entwicklung? Entwicklungspsychopathologie

Was hält Kinder/Menschen trotz Belastung gesund? Was macht Kinder/Menschen widerstandsfähig? Resilienzkonzept

5. November 2010 / Münsterlingen

H. Simoni / MMI

Menschliche Entwicklung

• Wachstum, Reifung, biologische Prozesse• Sukzessiver Aufbau; „Baupläne“, durch innere und

äussere Impulse aktiviert• Lernen, Erfahrung, Sozialisation

• Das Kind wählt, interagiert, reagiert, löst aus• Der Mensch (ko-)konstruiert seine subjektive Realität

und sein Wissen: für sich und in Interaktion mit anderen

5. November 2010 / Münsterlingen

H. Simoni / MMI

Anlage / Genetik ⇔ Umwelt / Erfahrung

angeboren: z.B. Vorliebe für menschliche Gesichter, Imitationsfähigkeit

angelegt: auf Anregung und Erfahrung angewiesen, z.B. Sehvermögen, Sprache

erworben: z.B. Selbstkonzept, Bildung

Plastizität: Veränderbarkeit bleibt in gewissen Grenzen möglich (sogar von genetischen Grundlagen)

Kontinuität: zunehmende Festlegung

5. November 2010 / Münsterlingen

H. Simoni / MMI

Entwicklungen in der frühen Kindheit ....

... sind für ein Kind grundlegend für sein ganzes Leben

.... enger Bezug zwischen Emotion – Kommunikation – Kognition

Einige Meilensteine menschlicher Entwicklung in den ersten Lebensjahren ....

.... soziale Kompetenzen, prosoziales Verhalten und Konfliktfähigkeit, sind nicht plötzlich im Kindergarten oder Jugendalter da oder nicht da.

5. November 2010 / Münsterlingen

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Meilensteine I

von Geburt an:– Gefühl erleben und ausdrücken; z.B. schreien– Sich von Gefühlen anderer anstecken lassen– Interesse an andern Menschen, über alle Sinne– Beobachten und Nachahmen

im Laufe des ersten Jahres:– lachen, vokalisieren, deuten, zeigen,

„rückfragen“– Unterscheidung vertrauter/unvertrauter

Menschen– Aufbau verbindlicher, individueller Beziehungen– Bindungsverhalten– Widerspruch; verneinende Geste

5. November 2010 / Münsterlingen

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Meilensteine II

bis ~ 2-jährig:– Selbsterkennen, Identität: ich, mich, mir– Ich – Andere – Unterscheidung– Empathie: sich in den andern einfühlen– selbst bewertende Emotionen– verbale Kommunikation, symbolisches Spiel

bis ~ 5-jährig:– theory of mind; sich in den andern hinein

denken – sich unterscheidende Bedürfnisse und

Kenntnisse erkennen– Selbstkonzept(e)

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5. November 2010 / Münsterlingen

Meilensteine emotionaler KompetenzPetermann und Wiedebusch, 2002, S. 191

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Entwicklungen in der frühen Kindheit ....

.... sind für das Kind grundlegend für sein ganzes Leben

.... beinhalten für die Eltern einen herausfordernden Übergang

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Transitionen, Übergänge

• gehen mit Reorganisationsprozessen von innen nach aussen und von aussen nach innen einher

• beinhalten Chancen und Risiken für die Entwicklung

Vgl. Cowan, P. A. (1991). Individual and family life transitions: a proposal for a new definition. In P. Cowan & M. Hetherington (Eds.), Family transitions. (pp. 3-30). Hillsdale: Lawrence Erlbaum Associates

Resilienz

1. kommt unter belastenden/gefährdenen Umständen zu Tragen

3. Zusammenwirken von individuellen und sozialen Faktoren

Resilienz kann aufgebaut werden.

Der Aufbau von Resilienz kann unterstützt werden.

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2. nicht angeboren; „keine Superkids“ und keine Supereltern

vgl. Wustmann; Opp & Fingerle

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Resilenzprozess

personal:- Erfahrung von Selbstwirksamkeit

sozial:– aufmerksame, interessierte Drittpersonen

⇓ Ohnmacht nimmt ab

Ý Bewältigungskompetenzen und Selbstwert nehmen zuÝ Roter Faden in der eigenen Biografie wird gestärkt

5. November 2010 / Münsterlingen

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Entwicklungen in der frühen Kindheit ....

... sind für das Kind grundlegend für sein ganzes Leben

... gehen für die Eltern mit der Bewältigung eines herausfordernden Übergangs einher

... verlaufen ausgesprochen dynamisch, mit typischen transienten Krisen und schnellen Erholungen

... sind anfällig für „Teufelskreise“

... bieten Chancen für „Engelskreise“

eine Illustration ...

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H. Simoni / MMI5. November 2010 / Münsterlingen

Quelle: Renate Barth, 2008

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Quelle: Renate Barth, 2008

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Quelle: Renate Barth, 2008

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Schützende und schädigende Prozesse

Fokussierter Blick auf das Kind:– Was erlebt das Kind? Wie kann es das

verarbeiten und verstehen?– Die Qualität der Beziehungen vermittelt und

moderiert den Einfluss anderer Faktoren.

Umfassender Blick auf bio-psycho-soziale Gesamtsituation

– „familiy adversity index“ (Rutter; Esser & Laucht)– Risiko steigt mit der Kumulation von Belastungen

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Bindung und Erkundung: motivationale Wippevgl. Bischof-Köhler; Bowlby

Erkundungsverhalten

Bindungsverhalten

hoch

tiefkorrespondiert

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Konzepte elterlicher Kompetenz

• Intuitives, elterliches Verhalten, intuitive parenting (Papousek & Papousek)

• Erwachsenenseite des Bindungskonzeptes: Sensitiviät, Responsivität (u.a. Ainsworth; Grossmann & Grossmann)

• Triadische Kapazität (Bürgin & von Klintzing; Fivaz-Depeursinge)

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Kleine Kinder brauchen....

…. vertraute, verlässliche, verfügbare Erwachsene = 3v-Betreuungspersonen

Mindestens eine 3v-Person ist existentiell wichtig, mehrere sind besser.

Angeborene Lebensversicherung des Kleinkindes: Interesse und Fähigkeit mit mehr als einer Person eine Beziehung aufzubauen.

5. November 2010 / Münsterlingen

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Chancen(un)gleichheit entscheidet sich in der frühen Kindheit

• Sozial-familiale Herkunft entscheidend

• Schul- und Gesundheitssysteme vermögen nicht auszugleichen

vgl. PISA-Studie, KiGGs-Studie in D

Folgerungen?

Antworten?

5. November 2010 / Münsterlingen

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Antworten

Frühe Hilfen (Unterstützung junger Familien)

FBBE (Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung)

universelle, selektive und indizierte Prävention und Förderung bedeutsam

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Frühkindliche Bildung?

Kleine Kinder bilden sich sowieso.Die Frage ist, wie wir sie dabei unterstützen und begleiten können und wollen.

Bildung ist der Beitrag des Kindes zu seiner Entwicklung.Erziehung ist der Beitrag der Erwachsenen zur Entwicklung eines Kindes.

vgl. u.a. Laewen; Fthenakis; Schäfer; Leu, Wustmann

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Kleine Kinder brauchen ...

... 3v-Betreuungspersonen

... andere Kinder, mit denen sie vertraut werden und Erfahrungen über sich und andere sammeln können.

Eine Illustration ….…. mit Anastasia (18 Mt), Nabil (4 J), weiteren Kindern und zwei Erzieherinnen

5. November 2010 / Münsterlingen

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H. Simoni / MMI

Die Bedeutung der frühen Kindheit anerkennen

Ermöglichung von:- 3v-Bezugspersonen- Beziehungsnetzen mit Erwachsenen und Kindern- Erfahrungen eigener Wirksamkeit- individuell passende Balance zwischen Anregung/Neugier

und Sicherheit/Schutzbedürfnis

Investieren in:- Frühe Hilfen- FBBE- eine familien- und kinderfreundliche Gesellschaft

5. November 2010 / Münsterlingen

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