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454. Alex. Naumann: Dissociation des Kupfervitrioln. (Eingegangen am 18. November; verlesen in der Sitzung voii Hrn. Oppenhei m.)
Seit Jahren angestellte Experimentaluntersuchungen iiber die Zer- setzung und Riickbildung wasserhaltiger Salze haben mich beziiglich der Dampfspannungen der letzteren zu einem abweichenden Ergeb- nisse gefuhrt, als zu welchem D e b r a y l) und neuerdings W i e d e m a n 11 2,
gelangt sind, wie ich glaube in Folge nnzureichender Dauer ihrer Beobachtungen bei den jeweiligen Versuchsteniperaturen. Vielleicht dient es zugleich zur Milderung der in dieser Sache erhobenen Priori- tatsanspriiche 3), wrnn ich das Verhalten .des Kupfervitriols erlautere, welcher Kbrper wegen des Farbenwectisels bei Abgabe und bei Wieder- aufnahme von Wasser eine eingehendere Heobachtung und weiter- gehende Schliisse gestattet.
Der Schwerpunkt meiner Versuchsergebnisse liegt darin , d a s s s i c h f u r e i n e b e s t i m m t e l ' e m p e r a t u r e i n e c o n s t a n t b l e i b e n d e S p a n n u n g e i n e s w a s s e r h a l t i g e n S a l z e s n i c h t b e o b a c h t e n 1 a s s t. Aus theoretischen Griinden sollte zwar einem wasserhaltigen Salze bei gleicher und gleichbleibender Reschaffenheit in allen seinen Theilen fiir jede Temperatur eine ganz bestimmte Dampfspannung zu- kommen. Aber die durchweg gleiche und gleichbleibende Beschaffen- heit liisst sich praktisch wohl kaum erreichen oder festhalten. Indem namlich beim Erwarmen Wasser abgegeben nnd von Anfangs ent- wasserten Theilen theilweise auch wieder aufgenornmen wird , andert sich fortwahrend der Zustand des erwarmten Krystalls oder Salzev und damit auch die Dampfspannung, wie dau Verhalten des Kupfer- vitriols lehrt.
Setzt man namlich einen im Vacuum des tl ofmann ' schen Dampf- dichtebestimmungsapparats befindlichen Kupfervitriolkrystall der Tempe- ratur des Dampfs von siedendem Alkohol aus, so farben sich, bei hinreichender Griisse des Krystalls im Vergleich zum Rauminhalt des Vacuums, zunachst einzelne Stellen weiss , und zwar vorwiegend die- jenigen, welchen durch ihre Beriihrung mit dem Quecksilber oder der Glasrohrwand zuerst die Warme zugefiihrt wurde. Unter allmalig langsamer werdender Zunahme der Spannung breiten sich die hellen Stellen immer mehr aus und entstehen auch an vorher unangegriff'enen Theilen der Krystalloberflache. Aber selbst nach stundenlangrr Be- obachtung wachst die Spannung immer noch, wenn auch sehr l a n g Sam, wahrend das Weiss der ursprunglich angegriffenen Stellen in ein Schmntzigweiss bis Griinweiss ubergegangen , dagegen der Krystall
l) Compt. rend. 66, 1 9 4 ; Jahresber. ftir Chemie 1868, 75, 2, Pogg. Ann. 1874, Jubelbd. 4 7 4 ; Journ. f. pract. Chem. (2) 9 , 338. 3, Compt. rend. 1874, 79, 8 9 5 ; diese Bericlrte VII, 1548.
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bis in griissere Tiefe angegriffen worden ist. Dabei kann es vor- kommen, dass einzelne Flachen des Krystalls ganz blau geblieben sind, und dass bei Wiederholung des Versuchs nach vorherigem langsamen Erkalten, wodurch sich die angegriffenen Stellen wieder blaulich farbten, gerade die fruher unveranderten Flachen nun in erster Linie in An- spruch genommen werden.
Die erwahnte Dunkelung der friiheren Angriffspunkte der Zer- setzung in Folge der Wiederaufnahme von Wasser bei fortwahrender Zunahme der Dampfspannung lehrt, dass dem wasserarmeren Kupfer- sulfat eine niedere Ypannung zukommt, als dem noch nicht entwasser- ten Kupfervitriol , und dass von einer Gleichgewichtsspannung erst dann die Rede sein kiinnte, wenn durch theilweise Entwasserung der noch unzersetzten Krystalltheile und durch Wiederaufnahme von Wasser von Seiten der vorher und starker entwasserten der Zustand der ein- zelnen Theile der Salzmasse ein ganz gleichmlssiger geworden ware, wozu wochen- oder gar monatelanges Erwarmen auf die namliche Temperatur erforderlich sein wurde.
1st der Krystall verhaltnissmassig klein, aber immerhin noch be- deutend grosser, als niithig ware, um den dargebotenen Raum voll- standig mit Wasserdampf bei gegebener Temperatur zu sattigen, SO
wird sehr rasch die ganze Oberflache angegriffen, um aber dann eben- falls bei fortwahrend steigender Danipfspannung allmalig wieder dunkler zu werden. Nach stundenlangem Erhitzen geht die Zunahme der Spannung so langsam vor sich, dass man versucht sein konnte, den Eintritt eines Gleichgewichtszustandes anzunehmen , wie z. B. in den unten mitgetheilten Versuchsreihen bei 78O. Von der Irrigkeit einer solchen Annahme konnte man sich jedoch iiberzeugen durch geduldige langere Beobachtung bei freilich schwierig zu erhaltender , lange Zeit ganz gleichbleibender Temperatur, oder durch eine geringe Temperatur- erniedrigung, wie in den Versuchsreihen I X und V I I , welche keine Abnahme, sondern nach einiger Zeit eine Zunahme der Spannung er- gaben, zum Beweise, dass bei der vorhergehenden hiiheren Temperatur ein Gleichgewicht noch nicht erreicht war.
Wie bei den namlichen Temperaturen in verschiedenen Versuchs- reihen, die nach gleichen Zeiten eintretenden Dampfspannungen nicht iibereinstimmen, so sirid dieselben auch bei Wiederholung des Versuchs mit der namlichen eingefuhrtrn Salzmenge verschieden. Die starkste Vergnderung der Gestalt und Structur tritt durch Wiederaufnahme von Wasser nach dem Erkalten ein. Bei Wiederholung des Versuchs ergiebt sich dann unter sonst gleichen Versuchsbedingungen fur die namliche Temperatur rascher die gleiche und dann eine hohere Dampf- spannung, wie die Versuchsreihe I X erkenneri lasst, und wogegen die Versuchsreihe VII nicht angezogen werden darf , da hier bei Wieder- holung des Erwarmens durch Hangenbleiben des Krystalls im Vacuum
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an den Glasrohrwanden die vorher auch durch die Beriihrung mit dem Queclrsilbcr sehr wirksam vermittelte Wiirinezuleitung erschwert, war. Leitet man das Erlralten so, dass das Wnsser sich nicht oben im Va- cuum niederschlagt und dnnn nach und nach vop dem Krystall unt,er Rildiing vielfacher Erhebungen und Zerkluftungen wieder aufgewonnen wird, sondern dass dasselbe rniiglichst zwischeri der Glasrohrwand und dern aufsteigenden &ueclrsil.ber eingeschlossen und so der Einwirkirng auf den Rrystall entzogen wird, so bleibt letztcrer seiner friiheren Beschaffenheit nliher und giebt hei wiederholtem Erwiirmen ahnlichcre Dampfspannungsverhiiltnisse, wie Versuchsreihe X zeigt im Vergloich zu den andereu Versuchsreihen. Schon bei gewiihnlichen Zimmer- temperaturen zeigten klare , riiigsani gut ausgebildete Krystalle niit scharfen Kanten und glatten Fliichen cine geringere Spannung, als weniger gut ausgebildete oder gar mit BruchflBchen behaftete KrystaXle. huch ging in den einzelnen Versuchsreihen beim Wiederablriihlen von hiiherer Temperatur auf gewiihnliche die Spannung nie wieder auf dcn niedrigeren Betrag derjenigen des iiber gewiihnliche Temperatur noch nicht erwfrmten und da.durch in seiner urspriinglichen Structur und Beschaffenheit noch nicht wesentlich verlnderten Rrystalls zuriick.
Als Belege fiir die vorhergegangenen husfuhrungen scien nach- st,ehende huszi ige aus einigen der durchgefuhrten Versuchsreihen mit- gotheilt, bei welchen sich dns Thermometer im Glasmantcl des Appa- rats befand. Die unter ,,Dauer" angegebenen Zeiten liegeri zwischen tier betreffenden Ablesung und der o~ichstvorhergelieuden ; die links dnvon stehenden Temperaturen herrschten entweder wiihrerid dieser ganzen Zeit oder trateri statt der urn ein oder hiichstens einige Zehnlel Grad tieferen niichstvorherjiehcnden Temperatur allmalig ein, wie dies aus dem etwas umfassender mitgetheilten Temperat,urgang des Allao- holdnmpfs in der Versuchsreihe 1111 ersichtlicli ist. Die erste YPeob- achtung zahlt riach Einbringung des Krystalls in das Vacuum. Die beim Einfiihren des Salzes in das offene Ende der mit Quecksilher gefiillten Riihre uuvermeidlichen lrleinen Fehler 1Gnnen die Redeuturig der aus nachstehenden Ergebnissen zu zielienden Schliisse nibht wesent- lich beeinflussen ~ wie eine aufmerksame Vergleichung der einzelnen Versuchswerfhe selbst lehrt.
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