Ein Symptom- 4 Blickwinkel · Fraktur links und Nasenbeinfraktur 2018, damals auch Kopfschmerzen...

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Ein Symptom - 4 Blickwinkel

Kopfschmerzen in der Hausarztpraxis

Regula Capaul

32-jähriger Patientplötzliche Kopfschmerzen

Jetziges Leiden

Konsultation am 21.1.2020:

Am 16.1.20 nach dem Squashspielen (kein Sturz, kein Zusammenstoss, kaum Kontakt mit der Wand) Auftreten von starken Kopfschmerzen, die im Liegen verschwinden.

Am 17.1. starke frontale Kopfschmerzen und Nausea

Am 18./19.1. starke holocephale Kopfschmerzen, auch im Liegen

Am 20.1. weniger starke, dumpfe konstante bis wellenartige Schmerzen

Beim Besuch in der Praxis ist der Patient asymptomatisch

Zusätzliche Symptome

Auslösung von Kopfschmerzen durch gestreckte Kopfhaltung

Gehen nur in gekrümmter Körperhaltung möglich

Rauchen im Kauern

Leichte muskelkaterähnliche thorakolumbale Rückenschmerzen

Guter Appetit :

nur im Liegen gegessen und getrunken

Trinkmenge mindestens 3l täglich

Medikamente: Dafalgan 1 g bis 4 x tgl.

Der Patient fragte das Internet

Liquorverlustsyndrom

Schätzungen gehen von etwa 5/100.000 neu erkrankten Patienten pro Jahr aus.

Etwa so häufig wie hirneigene Tumore.

Frauen sind häufiger betroffen als Männer (etwa 2:1)

betroffene Patienten sind meist jung, im Durchschnitt ca. 40 Jahre alt

Patienten mit Marfan-Syndrom oder anderen Formen von Bindegewebserkrankungen scheinen ein erhöhtes Risiko zu haben.

Die klinische Erfahrung zeigt, dass die Betroffenen oft gross, schlank, oder beides sind. Interessanterweise gehen oft virale Infektionskrankheiten des Respirationstrakts mit Hustenattacken voraus.

Manchmal kann es nach einem (Bagatell-)Trauma zu einem kleinen Einriss der spinalen Dura und so zum Liquorverlustsyndrom kommen.

Liquorverlustsyndrom

• orthostatische Kopfschmerzen

• Nackenschmerzen

• Nackensteifigkeit

• Tinnitus

• Lichtempfindlichkeit

• Doppelbilder

• Hörstörungen

• Seh- und Gesichtsfeldstörungen

• Übelkeit, Erbrechen

• Tachykardie

• Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörung

• Lärmempfindlichkeit

• Gleichgewichtsstörungen

• Bewusstseinsstörungen

• Hyperprolaktinämie

Befunde

enoral und Rachen unauffällig

1 vergrösserter, indolenter, submentaler LK rechts

minimale DD über Muskelansatz occipital rechts und thorakolumballinks

Beweglichkeit der HWS und WS nicht eingeschränkt

kein Meningismus, jedoch leichtes Ziehen thorakolumbal bei Flexion der HWS

FBA 10 cm

Nierenlogen klopfindolent

Reiseanamnese, Infekte, PA

22. - 24.12.19 in Budapest

10. - 12.1.20 Skifahren in St. Anton, damals Erkältung mit etwas Fieber, Schnupfen, Kopfschmerzen, anhaltend gelbes Nasensekret, oft in Klumpen

Kein wässriges Nasensekret während Kopfschmerzepisode

Aktuell kein Schnupfen mehr

PA: Gesichtsverletzung nach Velosturz mit Reposition und Osteosynthese bei komplexer Jochbein-/Jochbogenfraktur links und inkompletter Le Fort-1-Fraktur links und Nasenbeinfraktur 2018, damals auch Kopfschmerzen

St. n. OSME 2019, anhaltende Hyposensibilität an li Wange perinasal

Differentialdiagnose

• Sinusitis frontalis nach fieberhaftem Atemwegsinfekt

• Liquorverlustsyndrom nach • Atemwegsinfekt

• Bagatelltrauma

• Gesichtsverletzung links 2018

• Migräne

• Spannungskopfschmerzen

57-jährige Patientin mit plötzlichen Kopfschmerzen

Jetziges Leiden

Die Patientin hatte sich eine Vorstellung im Sommertheater Winterthur angesehen. Anschliessend schlagartig sehr starke Kopfschmerzen, verstärkt bei Kopfinklination oder Bücken, zusätzlich Augenflimmern, Schwindel, Schwächegefühl

Die Patientin musste von einer Freundin nach Hause gefahren werden Keine Besserung durch Algifor (sonst gutes Ansprechen bei gelegentlich auftretenden Kopfschmerzen)

Hämmernde Kopfschmerzen nuchal bis frontal, Drehschwindel beim Hinlegen und Drehen im Bett, kein Schlaf möglich

Befunde

BD 162/111 mmHg, Puls 82/min., regelmässig, cardiopulmonal komp.

HWS/BWS/LWS klopfindolent, Verstärkung der Kopfschmerzen bei Kopfneigung, jedoch nur im Stehen, im Liegen bei Hüftneigung auch etwas Schmerzverstärkung, beim Hinlegen unklare nicht-sakkadierendeAugenbewegungen

Hirnnerven o.B., MER symm. lebhaft, Babinski bds. neg.

Differentialdiagnose

SubarachnoidalblutungSinusvenenthromboseMeningitis

CRP, BB: unauffällig

-> Überweisung Notfallstation Neurologie USZ

CT-Schädel

Nachweis einer hauptsächlich perimesenzephalenSubarachnoidalblutung, die bis in die Sylvische Fissur und die Cisternaambiens reichend ohne Aneurysmanachweis.

Nachweis eines längerstreckigen Thrombus im Sinus transversus links, dieser kann jedoch auch älter sein.

Keine Infarktdemarkation oder parenchymale Blutung.

Keine akute Liquorzirkulationsstörung, wobei die Ventrikel etwas verplumpt wirken.

Subarachnoidalblutung

Aneurysmaruptur: freies Blut dringt in den mit Liquor gefüllten Subarachnoidalraum

Am häufigsten tritt eine SAB im Alter ab 50 Jahren auf.

Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer.

Leitsymptome:

1. plötzlich einsetzender vernichtender Kopfschmerz (sogenannter „Donnerschlag-Kopfschmerz“)

2. gefolgt von kurzer oder länger anhaltender Bewusstseinsstörung bis Bewusstlosigkeit (50 % der Fälle)

3. Nackensteifigkeit (Meningismus)

Sinusthrombose

Auftreten von Thrombosen in den venösen Sinus durae matris

Sinusthrombosen: seltene, aber gefürchtete Ursache von Hirninfarkten

Erkrankungsalter: 30–40 Jahren

Frauen sind im Verhältnis 3:1 häufiger als Männer betroffen

Sinusthrombosen werden gelegentlich auch septisch (Sinusitis, Mastoiditis, Hautaffektionen, Meningitis) verursacht

Symptome: • Druckschmerz v.a. Nasenwurzel• Sehstörungen• starke Kopf- und Nackenschmerzen• Ödem der Nasolabialfalte und der Lider• epileptische Anfälle• psychotische Symptome und Wesensveränderungen

24-jähriger Patient

Jetziges Leiden

Seit 10 Tagen erstmals Beginn von Flimmern im rechten Auge,

dann frontale Kopfschmerzen links für 2 Std. jeweils um 16°° Uhr,

seit 3 Tagen zusätzliche Schmerzepisode um 4 °° Uhr morgens.

Wirkung von Aspirin im Verlauf von 2 Std., keine Wirkung von Dafalgan.

Der Patient raucht wieder (einige Monate Rauchstopp)

Cluster headache

Kraniales MRI nativ und mit KM

Links frontal bis 67 mm messender zentral nekrotischer Tumor, am ehesten einem glialen dedifferenziertem Tumor entsprechend. Solider Tumoranteil an der anteromedialen Zirkumferenz.

Transfalxiale Herniation nach rechts. Mässiges peritumorales Ödem, lokale Verschwellung der linken Hirnfurchen. Verlegung des rechten Foramen Monroi, beginnende Liquorzirkulationsstörung des rechten Seitenventrikels.

Diagnose: anaplastisches Oligoastrozytom WHO III frontal links

74-jährige Patientin

74-jährige Patientin

15.01.2020JL: Seit 5 Tagen stechende Halbseitenkopfschmerzen rechts, v.a. nachts, Linderung durch Panadol.Kein Auslösen durch Kauen, kein Elektrisieren, keine Visusstörung, konnte in der Nacht nur wenige Stunden schlafenObjektiv: Hirnnerven o.B., Sensibilität intakt, HWS-Beweglichkeit bei bekannter arthrotisch bedingten Hyperlordose der HWS eingeschränkt, kein Meningismus, rechtes Auge kleiner als linkes, Konjuktiva rechts minim injiziert, enoral und Rachen unauffällig, keine KD über NasennebenhöhlenAnalyse: Halbseitenkopfschmerz DD Migräne, Arteritis temporalis, Zervikalsyndrom, Spannungskopfschmerzen, TrigeminusneuralgieProzedere: CRP, BSR, Mg++, Vit. B2, Panadol

Anamnese2008 litt die Patientin unter starken rechtsseitigen Kopfschmerzen v.a. im Liegen:

....Die Patient leidet in der Nacht unter stärksten Kopfschmerzen rechts mit zugeschwollenem rechten Auge, am nächsten Tag klare Rhinorhoeund Niessen, keine Erkältung....

Notfalluntersuchung ORL-Ärztin -> Sinusitis ausgeschlossen

Suchtmittel: Nikotinabusus (kum. 30 py bis 2013)

Therapie: Panadol und Migräne-Kranit (Triptane ohne Effekt)

Schädel-MRI: unauffällig

Diagnosen

1. Koronare 3-Gefässerkrankung mit leicht eingeschränkter linksventrikulärer systolischer Auswurffraktion, ED 05/2017

• Akuter inferioren STEMI 31.01.2018:

• PTCA mit Ballooning und 2x Thrombusaspiration/Stenting RCA + RIVA

• PCI/Stenting des RIM (1x DES), PCI/Stenting des RCX/MA1 (1x DES)

2. Paroxysmales tachykardes Vorhofflimmern, ED 02/2018

• CHA2DS-VAS2c Score 4 Punkte

• OAK mit Eliqui

3. PM-Implantation bei AV-Block III° 2018

Diagnosen

4. Endovaskuläre Behandlung eines inzidentellen A. cerebri media-Bifurkations-Aneurysma rechts (max. Durchmesser 9 mm), 04/2011

• ED als Zufallsbefund im MRI-Gehirn 04/2011

• kleines Aneurysma der A. cerebri media links am Abgang des temporalen Astes (ca. 2 - 2-5 mm), seit 2011 unverändert

5. Aneurysma der Aorta ascendens, ED 2015: Aktuell im TTE: 47 mm

6. Endovaskuläre aortale Y-Stent-Graft Implantation 05/2017

• Bei asymptomatischem partiell thrombosiertem infrarenalemAortenaneurysma (55 mm), Zufallsbefund

CT-Schädel und HWS:

Gehirn bis auf Coiling-Artefakt unauffällig,

ausgeprägt degenerative Veränderungen der HWS

DifferentialdiagnoseHWS-bedingte Zervikalgie

Hemicrania continua

-> probatorisch Indometacin ret. 75 mg mit guter Wirkung

Hemicrania continua

anhaltender, streng einseitiger Dauerkopfschmerz, der auf Indomedacin anspricht (diagnostisch)

Der Schmerz ist kontinuierlich von mittlerer Stärke, dazu können zusätzlich Attacken mit sehr starken Schmerzen auftreten

Häufig Symptome wie Augentränen, Nasenlaufen, Bindehautrötung auf der betroffenen Seite

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