Einführung: Patentdokumentation Patentrecherche HS 2011 ETHZ Dr. H. Laederach ©

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Einführung: PatentdokumentationPatentrecherche

HS 2011 ETHZ

Dr. H. Laederach ©

Die Unwissenheit des Menschen ist die einzige Sache der Welt, die mehr

kostet als INFORMATION

John F. Kennedy

Doppelfunktion im Patentwesen

Seit der Einführung von Patentgesetzen vor mehr als 200 Jahren erfüllt dieses Rechts-instrument zwei wichtige Funktionen:

Patent = Schutztitel (s. Teil 2 der Vorlesung)

Patent = technisches Informationsmittel

Das Patent als Informationsmittel

Gemäss Patentgesetz wird jedes erteilte oder angemeldete Patent frei zugänglich publiziert.

Beispiele: Schweiz: Publikation bei Patenterteilung

(Patentanmeldunterlagen neu nach 18 M) EPA, DE, GB u.a.: Publikation bereits der

ungeprüften Patentanmeldung nach 18 M seit Anmeldung und nach Erteilung.

Umfang der Patentdokumentation

Gesamtbestand weltweit ca. 50 Mio Dokumente, wovon 5,6 Mio in Kraft.

Davon ca. 2/3 in E/D/F abgefasst. Jährlich Zuwachs in der Grössenordnung von 1,76

Mio. Dokumente (2006; entspricht 5% mehr im Vergleich zu 2005)

Hauptherkunft: Japan, USA, China, Südkorea und EPO.

Patentbericht WIPO 2008

Umfang der Patentdokumentation(2)

Jährlich Zuwachs in der Grössenordnung von 1,76 Mio. Dokumente

Davon durch das prüfende Amt als patentfähig erachtet 600‘000.

– Japan 186‘000– USA 134‘000– Südkorea 63‘860– Deutschland 48‘700– Frankreich 22‘400– China 21‘500– Schweiz 8‘583 Patentbericht WIPO 2007

Bedeutung der Patentliteratur (1)

Wichtigstes Publikationsorgan für Industrieforschungs- und Entwicklungs-resultate.

Aktuell: Technische Sachverhalte, die vor der Konkurrenz eigentlich geheimzuhalten wären, müssen zur Erlangung eines Schutzrechts offenbart werden

Bedeutung der Patentliteratur (2)

– Beispiel: Morchelzucht

Patent publiziert: 1986

in der übrigen Literatur erstmals erwähnt : 1990

d.h. der zeitliche Vorsprung betreffend Bekanntwerden der in einer Patentschrift der Öffentlichkeit offenbarten (neuen) technischen Aspekte beträgt heute ca. 1 -4 Jahre

Bedeutung der Patentliteratur (3)

Nachvollziehbar aufgrund des gesetzlichen Offenbarungszwangs (vergl. Art. 50 PatG)

Vollständig: Ca. 70 - 90% der technischen Informationen erscheinen in keiner andern Literaturquelle.

Übersichtlich: Dank internationaler Vereinheitlichung in– Präsentation– Klassierung (IPC, US-Class)

Bedeutung der Patentliteratur (4)

Mehrsprachig: Über Patentfamilienmit- glieder können oft Übersetzungen in eine geläufige Sprache ermittelt werden.

Patentfamilienmitglieder stützen sich auf die gleiche Prioritätsanmeldung

Statistische Angaben zur PatentdokumentationDie Patentliteratur umfasst ca.:

1 -2 % sog. grosse Erfindungen (Basis- innovationen)

98 - 99 % sog. kleine Erfindungen (Verbesserungsinnovationen)

Statistische Angaben zur PatentdokumentationErfahrungen:

Verbesserungsinnovationen kommen auf dem Markt in der Regel besser und schneller an.

Basisinnovationen haben oft Vorurteile zu überwinden. Umsetzung oft erst viel später.

Statistische Angaben zur Patentdokumentation 8% aller publizierten Patentdokumente sind

heute in Kraftdavon 6% rechtsbeständig (Schätzung) 2% nicht rechtsbeständig

92% nicht mehr in Kraft(abgelaufen, nicht verlängert, zurückgewie-sen, widerrufen, zurückgezogen).

94% ohne Schutzwirkung, d.h. die darin enthaltene technische Information ist damit frei verfügbar.

Klassifikation

Jedes Patentdokument wird vor seiner Publikation durch das Patentamt mit bis zu 8 Klassifikationskoden versehen. Ziel: Leichteres Wiederauffinden des Dokumentes durch die Nutzer.

Es existieren zwei verschieden Systeme:– IPC (Internationale Patentklassifikation)– US-Class (eigenes System des US-Patentamtes,

wird i.d.R. zusätzlich zur IPC aufgeführt).

IPC Internationale Patentklassifikation

Internationaler Vertrag (Strassburger Abkommen)

In Kraft seit 1968 Revision permanent (früher alle 5 Jahre) Gliederung

– ca. 70‘000 sachbezogene Einheiten.– ca. 120‘000 Hinweise in alphabetischem

Stichwortverzeichnis.

IPC Internationale Patentklassifikation, Sektionen

A: Täglicher Lebensbedarf B: Arbeitsverfahren, Transportieren C: Chemie, Hüttenwesen D: Textilien, Papier E: Bauwesen, Bergbau F: Maschinenbau, Beleuchtung, Heizung, Waffen,

Sprengen G: Physik H: Elektrotechnik, Elektronik

Fundstellen der IPC

In gedruckter Form (alphabetischer Katalog und je Sektion ein spezieller Band)

Auf dem Internet (IPC und US-Class) (s. Homepage HL www.laederach.ethz.ch)

IPC Internationale Patentklassifikation, Beispiel

Molekularpumpe: F04 D 19/04

Staubdichter elektrischer Schalter– H (Elektrotechnik)– 01H (Elektrische Schalter)– 9/ (Einzelheiten von Schaltern)– 04 (Staubdichtes Gehäuse)

IPC Internationale Patentklassifikation, Klassierungsgrundsatz

Klassierung des Erfindungsgegenstandes Klassierung seines Anwendungsgebietes

Hier für Schalter:– H01H 9/04– B66B 1/48 (für Liftbau geeignet)

IPC in E, D, F, Ru, Jap., Chin.

IPC Internationale Patentklassifikation, Beispiel „Notschalter zum Ausfahren der Räder

eines Flugzeugs“ B Arbeitsverfahren; Transportieren B 64 Luftfahrzeuge B 64 C Flugzeuge B 64 C 25/00 Start- bzw. Landegestelle B 64 C 25/02 Fahrgestelle B 64 C 25/08 nicht fest angeordnet B 64 C 25/10 einfahrbar, klappbar o.dgl. B 64 C 25/18 Betätigungsmittel B 64 C 25/26 Steuerung oder Verriegelung B 64 C 25/30 Notbetätigung

Die Patentrecherche

Unter einer Patentrecherche wird die Suche bestimmter Dokumente aus der Gesamt-menge aller publizierten Patente verstanden.

Patentrecherchen werden durchgeführt:– von Patentämtern (oft im Zuge der Prüfung)– Forschern/Entwicklern im Zuge von

Produktegestaltungen/Verbesserungen– Profesionellen Info-Brokern auf Bestellung

Recherchenvarianten Bibliographische Recherche

– Patentnummernsuche– Namenssuche (Erfinder, Patentinhaber)– Datumsrecherche (Anmeldung, Erteilung)

Rechtsstandsrecherche– Einspruch ja/nein– In Kraft ja/nein– Patent eingeschränkt etc.– (Lizenzvergabe ja/nein)– Expired Patents http://www.uspto.gov/web/offices/com/sol/og/2009/week39/TOC.htmListe:

http://www.uspto.gov/web/offices/com/sol/og/2009/week39/TOC.htm#ref3)

Recherchenvarianten Sachrecherche

– „Stand der Technik“ - Ermittlung– Problemlösung/Technologieübersicht– Konkurrentenüberwachung/Benchmarking

(strategische Recherche)

in der Regel via Nutzung von:• IPC - Klasse

• Suchbegriffe (Schalter AND staubdicht)

• Funktionen (Invention Machine, z.B. Schalter abgedichtet gegen Umgebung, Staub etc.))

Nutzung der Patentinformationen

Produktbezogen(mikroskopische, fallbezogene Betrachtungsweise)

Marktbezogen(makroskopische, statistische Betrachtungsweise)

Produktbezogene NutzungWichtig: Stadium des eigenen Projektes Vor Entwicklung: Verhinderung von

Doppelpatentierung, ev. Suche von Umgehungsmöglichkeiten bestehender Patente)

Während Entwicklung: Was ist wichtig? Muss dies unter Schutz gestellt werden?

Nach Entwicklung: Ausschau nach Verletzern, Verbesserungsmöglichkeiten, Konfliktpatenten.

Marktbezogene Nutzung

Besonderes Augenmerk auf Konkurrenten.

Beurteilung der technologischen Stärken Entwicklungs -und Markttendenzen Patentstrategien Patentfamilien

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