Einwirkung von Stickstoffdioxyd auf Schwefelstickstoff

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A. Meuwsen u. S.Kriiger. Einwirk. v. Stickstoffdioxyd anf Schwefelstickstoff 221

Einwirkung von Stickstoffdioxyd auf Schwefelstickstoff Von ALWIN MEUWSEN und SIEGFRIED KRUGER~)

Als anorganisches Analogon des Dicyans kann man Schwefel- stickstoff (SN), betrachten, der vier Thiazyl-SN-gruppen zur Molekel verknupft enthalt. Wie aus ihm durch Einwirkung von Halogen eine Anzahl von halogenhaltigen Korpern entsteht, so ist auch durch Behandlung mit Oxydationsmitteln eine Reihe von Schwefelstickstoff- Sauerstoffverbindungen in die Literatur eingegangen. Sie sind durch- weg, meist schon hinsichtlieh ihrer Zusammensetzung, ungeniigend charaliterisiert. So entstand die bufgabe, die Einwirkung von oxy- dierenden Stoffen auf Schwefelstickstoff und seine Derivate genauer zu studieren.

Zunachst untersuchten wir die Reaktion zwischen Stickstoffdioxyd und Schwefelstickstoff selbst, die schon 1896 von A. CLEVER und U'. MUTHMANN 3, in einer vorlaufigen Mitteilung beschrieben rr\ orden ist. Sie erhielten sehr hygroskopische, farbluse Kristalle, die mit Wasser unter starkem Zischen Schwefelsaure und Stickoxyd lieferten. Qhne eine Ansicht iiber ihre Struktur zu tiuBern, wurde der Ver- bindung die Formel NSO, zuerteilt.

Angestellte Vorversuche zeigten, daB beim nberleiten von ver- diinntem Stickstoffdioxyd iiber Schwefelstickstoff bei Raumtemperatur heftige Reaktion oder gar Explosion eintrat. P i e Umsetzung l%Bt sich jedoch leicht magigen, wenn das Gas in eine Suspension von fein verteiltem Schwefelstickstoff in Tetrachlorkohlenstoff eintritt. D a m wandelt sich im Verlauf von niehreren Stunden der orangerote Schwefelstickstoff in vollig farblose Kristalle um. Sie wurden unter sorgfaltigem AusschluB von Luftfeuchtigkeit in analysenreinem Zu- stande gewonnen.

Bei gewohnlicher Temperatur durchaus besttindig. liefert der Korper mit Wasuer augenblicklich nitrose Gase und Schwefelsaure.

l) Dissertation, Naturwiss. Fakultiit der Universitat Erlangen 1939. ?) A. MEUWSEN, Ber. dtsch. chem. Ges. 6 2 (1929), 1959. s, A. CLEVER u. W. MUTHMANN, Bcr. dtseh. chem. Ges. 29 (1896), 340.

992 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 236. 1938

Ohne Gaseutwickelung wird die Substanz leicht von konzentrierter Schwefelssure aufgenommen. In Tetrachlorkohlenstoff und Schwefel- kohlenstoff ist die Verbindung unloslich. Beiin Eintragen in an- gesauerte I( aliumpermnnganatlosung tritt Entfiirbung ein und aus Kaliumjodidlosung wird sofort Jod in Freiheit gesetzt. Die quali- tative Analyse der Substanz wies nur auf Gegenwart von Stickstoff und Schwefel hin. lhre auf Grund vieler Versuche an reinem Material ermittelte Zusammensetzung war N,S20,. Es ist das Anhydrid der Nitrosylschwefelsaure, das schon 1840 LA PROVOSTAYE I) in unreinem Zustande in den Handen hatte und in einer schiinen Arbeit 1928 von E. BRINER und Mitarbeitern 2, aus Stickstoffdioxyd und Schwefel- dioxyd rein dargestellt und eingehend untersucht worden ist.

Die Bildung aus Schwefelstickstoff diirfte sich so abspielen, daB die Molekel von Stickstoffdioxyd unter Entstehung von Schwefel- dioxyd zerschlagen wird, das sich dann weiter iimsetzt3):

SO, + 2N0, = SO, + N203 und 2S0, + N,O, = N,S,O, . lrgendein anderes Reaktionsprodukt als Nitrosylschwefelsaure- anhydrid korinte nicht aufgefunden werden.

E. TERRES und M. CUNSTANTINESCU~) berichten iiber die Ein- wirkung von Stickoxyd auf gasf ijrmiges Schwefeltrioxyd, welche zu einer Verbindung yon der Zusammensetzung NSO, fiihren soll. Der von uns erhaltene Korper entspricht jedoch nicht dieser Formel. Die Diskrepanz im Schwefelgehalt der zu unterscheidenden Ver- bindungen ist zu grog (fast 2O/,), als daB bei reinen Substanzen leicht Irrtiinier entstehen Ironnten. Auch wiirde das bei unseren Ver- suchen stets anwesende iiberschiissige Stickstoffdioxyd nach E. TERREs

und 31. C’oNsTANTmEsCu NSO, in N,S,O, iiberfiihren : 2NS0, + NO, = N2S,0, + NO.

Zum selben Korper fiihrte auch die Umsetzung von halogeniertem Schwefelstickstoff 5, dem in Tetrachlorkohlenstoff gelostem Trithiazyl- trichlorid [NSCl),, und Stickstoffdioxyd. Es ist dies verstandlich, da uach C. 77’. H. JONES G, aus Stickstoffdioxyd und Sulfurylchlorid ebenso

LA PRO\ OSTAYE, Ann. Chim. physique 73 (1840), 362. 2, E. BRINER, G. H. LUNGE, A. VAN DER WIJK, Helv. chim. Acta 11

9 C.W. H. JONES, W. J. PRICE, H. W. WEBB, J. chem. Soc. (1929), 312. 4, E. ‘FERRES, N. CONSTANTINESCU, Beihefte ang. Ch., ch. Fabrik 1934,

5, A. Mfi:uv SEN, Ber. dtsch. chern. Ges. 64 ( I 931), 2311. +j) C. W. H. JONES, 1. c.

(1928), 1125.

No. 8.

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das Anhydrid der Nitrosyschwefelsaure entsteht, wie es aus Stick- stoffdioxyd und Schwefeldioxyd gewonnen werden kann.

Die Untersuchung der oxydativen Einwirkung auf Schwefel- stickstoff und seine Derivate wird fortgesetzt.

Ausgangsmaterialien

Schwefelstickstoff wurde l) durch Einleiten von Ammoniak in eine Losung von Schwefel(2)-chlorid in Benzol gewonnen und zur volligen Reinigung im Hoehvakuum sublimiert. Danach enthielt er, uber- einstimmend rnit der Theorie, 30,4O/, N.

getrocknetem Bleinitrat bereitet, das mit dem gleichen Volumen ausgegluhtem Seesand vermischt war. Das entwickelte Gas wurde mit Bombenstickstoff verdiinnt, der vorher zur Trocknung konzen- trierte Schwefelsaure, geschmolzenes h z k a l i und schliefilich Phosphor- pentoxyd mit Glaswolle als AbschluB passiert hatte.

Der verwandte Tetrachlorkohlemtoff war uber Phosphorpentoxyd destilliert worden. Der zur Erhohung der Loslichkeit des Schwefel- stickstoffs zugefiigte Schwefelkohlenstoff war durch Zugabe von elementarem Brorn gereinigt, anschlieBend mit Lauge von Brom befreit, iiber Chlorcalcium getrocknet und iiber Phosphorpentoxyd rektifiziert worden.

Stickstoffdioxyd wurde durch thermische Spaltung von bei 140

Ausfiihrung der Versuche

Trockner Stickstoff stromte in ein etwa 50 cm langes Hart- glasrohr von ungefahr 2 cm lichter Weite, das am anderen Ende iiber ein abnehn-rbares Schliffstuck verjungt war. I m Rohre selbst traf der Stickstoff zunachst auf das in einem eingeschobenen diinnen Eisenrohr befindliche Bleinitrat (20 g + Sand) und dann zur Be- seitigung der letzten Feuchtigkeitmpuren auf ein Phosphorpentoxyd enthaltendes Porzellanschiffchen. AnschlieBend passierte das Gas- gemisch einen dichten Bausch Glaswolle und trat dann - nur noch mit Glas in Beriihrung kommend - in die mit Eis-Kochsalz gekuhlte Schwefelstickr;toff-Suspension ein. Sie befand sich in einem SchlifY- kolben, der vor Versuchsbeginn rnit 1 g moglichst fein zerdrucktem Schwefelstickbtoff (Vorsicht!) und einer Mischung von 50 cmx Tetra- chlorkohlenbtoff und 10 cm3 Schwefelkohlenstoff beschickt worden war. Die angegebene Menge Bleinitrat wurde im Verlaufe von

l) A. MEUWSEN, Ber. dtsch. chem. Ges. 65 (1932), 1728.

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8 Stunden thermisch zersetzt und das Oxydationsprodukt bei Bus- schluB von Luftfeuchtiglreit iiber Nacht von 'I'etrachlorkohlenxtoff' bedeckt sicli selbst uberlabsen.

Filtrierrn, duswaschen niit Tetraclilorkohlenstoff, Trocknen uncl oijberfiihrung in ein VorratsgefaB geschah mit Hilfe einer Schliff- apparatur, die bereits bei der Reindarstellung des Trithiazyltrichloridz beschrieben mortlen ix t . Aus 1 g Schwefelstickstoff wurden wechselnde Mengen, hiichstens etwa 0,s g Analysensubstanz gewonnen.

Analysen

Zur Schwefelbrstimmung lie8 man die in trocknem Stickstoff ab- gefiillte und gewogene Substanz im Wiigeglas offen neben einem klrinen Becherglase mit lauwarmen Wasser einige Stunden stehen ; das Ganzc. befand sich zur Abhaltung von Staub unter einer Glas- glocke. Nach beendeter Einwirkung wurde die gebildete Schwefel- saure vorsichtig Terdiinnt und wie iiblich bestimmt.

F u r die Ermittlung des Stickstoffgehaltes wurden die wie vorher ahgewogenen Proben in einigen Kubikzentirnetern reiner konzentrierter Schwefelsiiure gelost, die Losung in ein Nitrometer gefullt uncl das entwickelte Stickoxyd gemessen.

0,1323, 0,1256, 0,0813 g Subst.: 0,2564, 0,2422, 0,1577 g BaSO,. 0,1258 g Subst. lieferten 25,6 cm3 NO (737 mm Hg und 23") 0,1112 g ), ., 22,4 cmB ,, (735 mm ,, ,, 23O) 0,1138 g ,, ,, 24,O c m J ,, (740 mm ,, ,, 23") 0,1295 g ,, ,, 27,2 cm3 ,, (738 inm ,, ,, 230).

N,S?O, Ber. S 27,2 N 11,s

NSO, Ber. ,, 29,l ,, 12,7. Gef. ,, 26,6, 26,6, 26,6 ,, 11,4, 11,2, ll$, 11,8

Dern K u r a t o r i u n i d e s N i i r n b e r g e r S o n d e r f o n d s fur wi s s e n s c h a f t l i c h e A r b e i t e n an der Universitiit Erlangen danken wir verbindlichst fur die Gewiihrung von Mitteln zur Ausfiihrung der vorstrhrnden Arbeit.

Erlangen, Chemisches Universitatslaboratorium, 12. Janua~1938.

Bei der Redaktion eingegangen am 16. Januar 1938.

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