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EU-Jugendpolitik – eine wissenschaftliche
Perspektive Eine EU-Strategie für die Jugend
21.09.2009, Berlin
Prof. Dr. Andreas Thimmel, FH Köln
Prof. Dr. Günter J. Friesenhahn, FH Koblenz
Jugendstrategie der Europäischen Union
• Gliederung
• 1. Kritische Wissenschaft
• 2. Ambivalente Grundfigur
• 3. Stärkung der Jugendarbeit
• 4. Transfer in deutsche Jugendpolitik
Wissenschaftlicher persönlicher Ausgangspunkt
• Günter J. Friesenhahn, • FH Koblenz,• Professur für außerschulische
europäische Jugend- und Erwachsenenbildung
• Schwerpunkte: • Internationale Soziale Arbeit,
Internationale Jugendarbeit, Ausbildungsfragen auf europäischer Ebene
• Andreas Thimmel, • FH Köln,• Professur für Wissenschaft
der Sozialen Arbeit, Sozialpädagogik
• Schwerpunkte Jugendarbeitsforschung, Internationale Jugendarbeit, Politische Bildung. Evaluationsforschung /-studien zu Migration und IJA
1. Kritische Wissenschaft
• Die EU-Jugendpolitik tritt appellativ, normativ und affirmativ auf.
• Die EU-Jugendpolitik braucht als Ergänzung eine kritische (nicht normative, nicht affirmative) Praxisforschung, die die EU-Jugendpolitik im deutschen Diskurs beratend begleitet.
• Dieser Forschungs- und Wissenschaftszusammenhang muss den Regeln von erfolgreichen unabhängigen Forschungs-Netzwerken folgen d.h. personenorientiert, nicht strukturpolitisch organisiert werden.
Jugendpolitik als Interessenausgleich
• Jugendpolitik findet in der Bundesrepublik als Interessenausgleich zwischen Ministerien, Jugendverbänden, Freien Trägern, kommunalen Träger statt. – Sie genügt sich selbst -
• Eine diesen Interessenausgleich begleitende unabhängige qualitative und quantitative Jugendhilfeforschung findet in Deu nicht statt.
• Eine EU-Jugendpolitikforschung wird derzeit im wesentlichen als quantitativ empirisch ausgerichtete Jugendforschung (gedacht) und auf EU-Ebene betrieben. Dies ist unterkomplex.
Deutsche Jugendpolitikforschung • Eine Optimierung der Kooperation zwischen den
bisherigen Akteuren mit Wissenschaft gelingt dann, wenn relevante ForscherInnen aus der Jugendarbeitsforschung, der sozialpädagogischen Jugendhilfeforschung und der transdiziplinären Jugendforschung daran beteiligt werden.
• Die Veröffentlichungen zur EU-Jugendpolitik gehören in die relevanten Fachzeitschriften der Kinder- und Jugendhilfe.
• Ausgangspunkt könnte ein unabhängiges Gremium der Jugendpolitik sein, in dem ein Trialog von Politik, Praxis und Wissenschaft, dauerhaft und systematisch organisiert wird.
2. Ambivalente Grundfigur der EU-
Jugendpolitik
• Investment und Empowerment
• Einerseits • Investment, Beschäftigungsfähigkeit,
Jugendarbeit / Jugendsozialarbeit wird instrumentalisiert durch externe Forderungen
• Andererseits• Empowerment, Aktive Citizenship, Partizipation
• Jugend als wichtiger Faktor
in der wettbewerbs-orientierten Gesamt-strategie der EU.
;
Jugendarbeit
Jugend muss kontrolliert
Werden
Jugend musspädagogisch unterstützt
werden
In Jugend muss
investiert werden
Divergierende Paradigmen
Ambivalenz • Die grundlegende Figur / Rahmenbedingungen
verstehen und auf die Ambivalenz einlassen.• „Investment“ – Paradigma widerspricht der
sozialpädagogischen Fachlichkeit in der Tradition kritischer Erziehungswissenschaft / Sozialer Arbeit
• Gestaltungsspielraum aller Akteure (Bundes, Landesministerien, Träger, Fachkräfte) ermutigen, um die Empowerment-Seite stärker zu gewichten
• Grundlegende Vorbehalte (der Jugendlichen und der Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit) gegen die neoliberale Seite der EU erschweren den Transfer
• kritische Umgang damit zulassen als Alternative zur „nur“ Publicity-Variante der Jugend-Events und des Konzepts „Europa vermitteln“
3. Stärkung von Jugendpolitik
• Die EU-Jugendpolitischen Strategie führt zu einer Aufwertung des jugendpolitischen Bereichs, die eine Ressourcenzunahme für Jugendarbeit /Jugendsozialarbeit zur Folge haben müßte / sollte.
• Dies muss Anreiz sein für Kommunen, Bundesländer, Bund mehr in Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit zu investieren. Die gegenteilige Argumentation – Rückzug, da EU auch finanziert - ist zurückzuweisen.
• Es könnte daneben eine Neuvermessung der Kriterien der Verteilung von Zuständigkeiten, Geldern, Programmen...erforderlich werden.
• Zu beachten sind die eigenständige Fachlichkeit, Heterogenität, Eigenlogik unterschiedlicher Trägergruppen + die Orientierung an Jugendlichen
Strukturelle Einbindungen• Jugendarbeit im EU-Sprachspiel bedeutet im
wesentlichen Jugendarbeit nach § 11 KJHG (kommunale Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit, Jugendbildungsarbeit) und Jugendsozialarbeit (Jugendberufshilfe, Schulsozialarbeit,Jugend-migrationsdienste usw.) nach § 13 KJHG
• Vorschlag: Im deutschen Kontext nicht das EU-Sprachspiel übernehmen und von Jugendarbeit zu sprechen, sondern immer von Jugendarbeit/ Jugendsozialarbeit!
• Die Gefahr besteht sonst, dass Jugendarbeit § 11 „unter die Räder kommt“ und in der „Weite der nonformalen Bildung“ strukturell verschwindet.
• Diesem Ordnungsrahmen entsprechen bestimmte Trägergruppen, Verteilung von Ressourcen und Zielsetzungen sowie bestimmte eingespielte und geförderte Formate.
Stolpersteine ?
• Nimmt die kommunale und verbandliche Jugendarbeit (bzw. die Landesebene) den Ball der EU-Jugendpolitik auf oder stehen erwartbare finanzielle und personelle Einschränkungen im Wege?
• Welche Stolpersteine sind finanzieller, struktureller und welche konzeptioneller Art?
• Habitus des „frohen Vermeidens“ der Beschäftigung mit EU-Themen und entsprechender Formate, z.B. Internationale Jugendarbeit, Mobilität, Partizipation...
• Luxusthemen ? • Abwertung Europäischer Themen im „Alltag“ der
Institutionen der Jugendhilfe
4. Transfer • Die jugendpolitische Zusammenarbeit der EU trifft auf
eine deutsche Jugendhilfe- und Bildungspolitik, die aktuell durch die Themen, Familie, frühkindliche Erziehung und Schulentwicklung dominiert wird.
• Der Jugenddiskurs wird in Deu den anderen Themen untergeordnet, die Berücksichtigung der Eigen-ständigkeit der Lebensphase Jugend und einer darauf bezogenen Jugendpolitik wird vernachlässigt
• Die Stellungnahme des Bundesjugendkuratoriums zur „Neupositionierung von Jugendpolitik“ unterstützt demgegenüber die Eigenständigkeit und geht zurecht von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus.
• Die Eigenständigkeit der Jugendpolitik als Ressort- und Querschnittspolitik erhält durch die EU-Jugendpolitik Rückendeckung. Eine eigenständige starke Ressortpolitik ist unumgänglich.
EU-Jugendpolitik und Soziale Arbeit • EU-Jugendpolitik ist Teil der Kinder- und
Jugendhilfe, ist Teil der Sozialen Arbeit im Sinne a. von Bildung, Jugendförderung und b. von Hilfe in der Lebensbewältigung, für benachteiligte Gruppen und Personen.
• Kommunale Kinder- und Jugendhilfe hat zur Zeit andere zentrale dringliche Aufgaben (z.B. Inobhutnahme, Kinder- und Jugendarmut, Kindeswohlgefährdung, Ganztagsschule), die auch finanziell prioritär behandelt werden.
• Dagegen setzt die EU-Jugendpolitik zurecht eine andere Priorität, die strategisch und gegen andere Interessen umzusetzen ist.
Europäische Themen oder Themen in
Europa • A. Formate in denen „Europa“ erfahren wird • Anknüpfen an der Tradition und Praxis der
Internationalen Jugendarbeit, Mobilitätsprogramme und der Forschung darüber
• Bi- und trinationale als auch multinationalen Varianten• Mobilität (Peer Learning) der Jugendarbeiter /-innen
kann anknüpfen an Praxis des qualifizierten binationalen Fachkräfteaustauschs
• B. Was ist das spezifisch europäische an den in der EU-Strategie für die Jugend genannten Aktionsfelder?
• Themensetzung und Transferstrategie in einem heterogenen Feld
Perspektiven
• Stärke Beteiligung von Jugendarbeits/ Jugendhilfe-forschung und Wissenschaft an der EU-Jugendpolitik
• EU-Jugenddiskurs muss aus der Nische ihres bisherigen Diskurses raus
• Die Methoden des Vergleichens müssen die Heterogenität der Praxis erfassen. Die Best-Practise Euphorie und die Fixierung auf quantitative Vergleiche ist einzuschränken. Praxis ist in ihrer Kontextualität darzustellen. „Die Gefahr der falschen Vergleichung“ Alice Salomon (1927)
• Stellenwert von Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit im Rahmen der Sozialen Arbeit und Bildungsarbeit ist zu klären und auf allen Ebenen zu stärken.
• Ausgangspunkt sind alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Bundesrepublik Deutschland.
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