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Geometrisierungder PhysikVon Platons Dreiecken

zur Loop-Quantengravitation

Peter AufmuthMax-Planck-Institut für Gravitationsphysik

(Albert-Einstein-Institut)SS 2004

Albert Einstein zum 125.

2004125. GeburtstagTagung + Festakt in UlmAusstellung + Oper in Ulm

* 14. 3. 1879 in Ulm18. 4. 1955 in Princeton

100 Jahre Spezielle Relativitätstheorie90 Jahre Allgemeine Relativitätstheorie50. Todestag von Einstein

„Weltjahr der Physik“DPG-Tagung „Physik seit A.E.“ in BerlinEinstein-Ausstellungen in Berlin u. BernEntdeckung der Gravitationswellen ?

2005

Übersicht

Prolog: Geometrie & Physik

Erster Teil: Geometrodynamik

(von Raum & Zeit zum Ende der Raumzeit)

Zweiter Teil: Quantengeometrodynamik

(eine Welt aus Schaum)

Epilog: Fazit

Prolog

Geometrische Einheiten

Masse: m ⋅ G/c2 = m*

Zeit: t ⋅ c = t*

Energie: E ⋅ G/c4 = E*

Temperatur: T ⋅ Gk/c4 = T*

Ladung: q ⋅ G1/2/c2 = q*

Alle *Größen haben die Einheit [Meter] !

Raumzeit

222222 ddddd tczyxs −++=

(Abstand)2 = (räumliche Entfernung [m])2

– (zeitliche Entfernung [m])2

Zeit in[m] ?

Die Andersartigkeit der Zeitmacht sich im Minuszeichenbemerkbar, nicht in der Einheit.

Zeit

Lichtkegel

Raum

Weltlinie eines Teilchens

GrößenordnungenSchwarzschild-Radius der Masse m [m](= Masse in geometrischen Einheiten)2S

2cGmR =

R geometrischer Radius der Masse m

RRS=η Größenordnung relativistischer Effekte

Masse in[m] ?

η (Schwarzes Loch) = 1η (Neutronenstern) ≈ 0,5η (Sonne) ≈ 10–6

Erhaltungssätze

Welches Prinzip sorgt für die Kopplung zwischen Feld und Quelle (Q), bei automatischer

Erhaltung der Quelle (Div Q = 0) ?

Ein rein geometrisches Prinzip:

Satz von Cartan

Der Rand eines Randes verschwindet:

∂∂ = 0

Der Rand des Würfels besteht aus sechs orientierten Flächen (Pfeile). Der Rand jeder orientierten Flächebesteht aus vier orientierten Kanten.Die vorzeichenrichtige Summe derKanten ergibt Null.

Élie Cartan

(1869 – 1951)

Satz von Stokes

Dieses Prinzip liefert in Verbindung mit demStokesschen Satz die Erhaltungssätze allerFeldtheorien (Elektrodynamik, Stringdynamik, Chromodynamik, Geometrodynamik).

0ddd0

=== ∫∫∫ =∂∂∂ MMMθθθ

M: n-dim. orientierte differenzierbare Mannigfaltigkeitθ : (n-1)-Form auf M [irgendein Vektorfeld, ...]

∫∫ =×∂∂

CAsf

rd d θθ∫∫ =

∂∂

Ω SfV

rd d θθ

Fragen

Welche Objekte (Felder, Teilchen)

werden durch diese

geometrischen Beziehungen

beschrieben ?

Was ist der fundamentale

Baustoff des Universums

?

Erster Teil

Eine alte Idee„Alles fließt.“ (Heraklit)Was ist das Seiende ?

Nicht das Existierende, sondern das Unveränderliche !„Reines Sein und Nichtsein ist dasselbe.“ (Hegel)

ALLES IST NICHTS

Die Struktur des Nichts

Was bleibt, wenn man alle Massen und Felder aus der Welt

entfernt ?

Platon – Descartes – Riemann –Clifford – Einstein – Wheeler

Die Struktur der Welt – die

Geometrie der Raumzeit.

klmnRRiemann-Tensor

PlatonALLES

ISTGEOMETRIE

Baustoff der Welt: immaterielle Dreiecke→ Tetraeder, Würfel, Oktaeder, Ikosaeder.Der Kosmos hat die Gestalt e. Dodekaeders.

Nemo geometriaeignarus intrato

Timaios

(428 – 347)

René Descartes

Ich nehme in der Physik keine anderen Prinzipienan als in der Geometrie … und halte das auch nicht

für angebracht, da auf diese Weise alle Natur-erscheinungen erklärt

werden können.

„Cogito ergo sum.“

Principia Philosophiae (1644)„Ätherwirbel“-TheorieAnalytische Geometrie

(1596 – 1650)

Bernhard Riemann

Die Unterscheidungzwischen dem Raum

und anderen dreidimensionalen Größen

ist nur durch Erfahrungmöglich.

Über die Hypothesen, welche der Geometrie zu Grunde liegenHabilitationsvortrag (10.6.1854)

(1826 – 1866)

William CliffordDie Krümmung kleiner Raumgebiete setzt sich

nach Art einer Welle fort. Diese Änderung in der

Krümmung der Raums ist es, was wir die Bewegung

der Materie nennen.

On the Space-Theory of MatterCambridge Philosophical Soc.

(Vortrag am 21.2.1870)

(1845 – 1879)

„Clifford-Algebra“„Quaternionen“

Albert EinsteinKönnen wir den

Materiebegriff nicht einfach fallenlassen und

eine reine Feldphysikentwickeln ?

2mcE =

(1879 – 1955)

Materie ist ein Teil des Feldes anstatt dessen Quelle. Es gibt keinen

‚feldleeren‘ Raum.

Alles ist Geometrie

Der Raum ist das Feld.

Die Materie ist nur eine Anregung des leeren gekrümmten

Raumes.

Allgemeine Relativitätstheorie= Geometrodynamik

Die Gravitation ist keine Kraft, sondern

eine Eigenschaft des Raums.

A.E. 1916Feldgleichungen der

Gravitation (1915)

John Archibald Wheeler

Die Materie bestimmt die Krümmung des Raums,

und der Raum bestimmt die Bewegung der Materie.

(geb. 1911)

„Schwarzes Loch“„Geometrodynamik“

„Quantenschaum“

Einstein-Gleichung

Ansatz: Krümmung ~ Masse/Energie-Verteilung

G = κ T

ikikikik gTcGRgR Λ+=− 4

821 π

System von 10 gekoppelten nichtlinearenpartiellen Differentialgleichungen

zweiter Ordnung zur Bestimmung der gik.

Verallgemeinerung der Gravitationstheorie

1953: „Generalizationof Gravitation Theory“

Die Verallgemeinerung derGravitationstheorie hat mich

seit 1916 beschäftigt...Ich werde sie nicht mehr

fertigbringen.

Integration derMaxwell-Theorie

in die Geometrodynamik

Einheitliche Feldtheorie ?

Gravitation und Elektro-magnetismus lassen sichin einer 5-dimensionalen

Theorie vereinigen.

1919/1921 1926

Theodor Kaluza(1885 – 1954)

Oskar Klein(1894 – 1977)

Die 5. Dimensionist zu einem

extrem kleinen Kreis aufgerollt.

„Calaby-Yau-Raum“

M-Theorie

Motto: In 11 Dimensionen geht alles besser !

Die Quantengravitation ist mit Sicherheit

physikalisch falsch: Sie ist nicht

supersymmetrisch und nur in 4 Dimensionen

formuliert.

Ed Witten(geb. 1951)

S8×S8O(32)

© St. Hawking

Einsteins Kommentar

Nach meiner Ansicht sollten solche Komplikationen erst dann

in Betracht gezogen werden, wenn dafür physikalisch-empirische

Gründe vorliegen.

Mehr als 4 DimensionenSupersymmetrie(1954)

Wheelers Programm

1950 – 1970 Der Baustoff der Welt ist leerer gekrümmter Raum.

Integration der ElektrodynamikModell eines MaterieteilchensModell der LadungTeilchen mit SpinQuantengeometrodynamik

Schon vereinheitlichte Feldtheorie !

Das EM-Feld enthält Energie und prägt der Geometrieseine Spur auf (Rainich 1925, Misner 1957) :

EM-Feld → Tik → Geometrie

ikikikikik fTFcGfF ⊕= 2

Modell der Materie: GeonAnsammlung el.-magn. oderGravitations-Strahlung, oderbeider, die durch die eigeneGravitationskraft zusammen-gehalten wird. (J. A. Wheeler 1955)„Kugelblitz“

Das Geon besteht nur aus leerem gekrümmtem Raum.

Materie ohne Materie

Modell der Ladung: Wurmloch

Elektrische Feldlinien, die in derTopologie des Raums gefangensind.

Die eine Öffnung verhält sich wie eine positive, die andere wie eine negative Ladung.

Ladung ohne Ladung

Probleme der GMD

Kein Platz für Spin ½-Teilchen Kein Platz für NeutrinosDiskontinuierliche TopologieUnvermeidliche Singularitäten(Urknall, Schwarze Löcher)

(1970)

Ich löse lieber erst-mal die Probleme

der Quantentheorie !

J.A. Wheeler

Farbgeometrodynamik

É. Cartan (ab 1922): Erweiterung der GMDum eine zusätzliche Torsion der Raumzeit

Teilchen mit Spin

Friedrich W. Hehl (Habil. 1970):Spin und Torsion in der ARTParalleltransport

Eckehard W. Mielke (Habil. 1982)Über die Hypothesen, welche der GMD zugrunde liegen

Geometrisierung der Yang-Mills-Eichtheorien

Das Ende der Physik ?

Das Schwarze Loch ist ein Paradigma für das Ende der klassischen Physik – für den

Zusammenbruch der Geometrodynamik.

Rettung durch die Quantentheorie ?

Beyond the Endof Time (1971)

Zweiter Teil

Planck-Skala

m 106,1 353P

−⋅==cGL h

Aus den fundamentalen Naturkonstanten lassen

sich natürliche Standards konstruieren.

Planck-Länge

Max Planck1858 – 1947

s10/ 43PP

−== cLtPlanck-Zeit

(kurz nach der Entdeckungdes Wirkungsquantums) Über irreversible Strahlungsvorgänge

(1899)

Raumzeit und Planck-SkalaAuf dem Niveau der

Planck-Länge kommt es zu heftigen

Vakuumfluktuationenin der Geometrie.

Quantenschaum

Keine Metrik – keine Kausalität !

Zu Diskontinuitäten und Singularitäten fragenSie Ihren Topologen oder Geometer !

J.A. Wheeler

Diskrete Raumzeit !

… daß bei einer diskreten Mannigfaltigkeit das Prinzip der Maßverhältnisse schon

in dem Begriffe dieser Mannigfaltigkeit enthalten ist, bei einer stetigen aber

anderswoher hinzukommenmuß.

Bernhard Riemann Habilitationsvortrag (1854)

»Im Anfang war das Wort«Nicht: Sondern:

Erster Tag:GEOMETRIE

Zweiter Tag:QUANTENPHYSIK

Erster Tag:QUANTENPRINZIP

Zweiter Tag:GEOMETRIE

John A. Wheeler (1978)

Quantisierung der Raumzeit !

Nicht: Feste Hintergrund-Metrik (Raumzeit) plus Fluktuationen, die quantisiert werden= String-Theorie (QFT)

Sondern: Die Raumzeit ist ein dynamischesFeld und muß daher von Anfang anquantisiert werden → Metrik + Physik

QuantengravitationAbhay Ashtekar, Carlos Rovelli, Lee Smolin

„Loop-Quantengravitation“

Hintergrund-Unabhängigkeit (= keine bestimmte Metrik)Diffeomorphismus-Invarianz(= beliebiges Koordinatensystem)

Quanten der Raumzeit

Länge: LP ~ 1035 m

Fläche: LP² ~ 1070 m²

Volumen: LP³ ~ 10105 m³

Zeit: tP = LP/c ~ 1043 s

m 106,1 353P

−⋅==cGL h

Planck-Länge

Quantenzustände des Raums

Darstellung des Volumens durcheinen Knoten und der Flächedurch eine Linie; die Zahlen gebendie jeweilige Größe an („Spin“)

Aufbau eines größeren Volumensaus vielen Volumen-Quanten:

Schleifen

Die Spins schließen sich zuSchleifen („loops“) zusammenund bilden so ein elementares Netzwerk.

„Loop“-Quantengravitation(seit 1988)

Mathematische Beschreibung:„Twistor-Theorie“ (Penrose 1967 und 1971)und Knoten-Theorie Roger Penrose

Operatoren und Eigenwerte

⟩=⟩

⟩=⟩

SvSV

SaSA

||ˆ||ˆFlächen-Operator

Volumen-Operator

Die Spinnetzwerk-Zustände|S> bilden eine vollständige Orthonormalbasis.

z.B. Eigenwerte des Flächenoperators:

( ))1( 8 2P += ∑ ii

ijjLa π A V E (H-Atom)

Keine Singularitäten !Keine Unendlichkeiten !→ A und V haben ein

diskretes Spektrum u. einen Minimalwert

Was liegt Allem zugrunde ?

Das Raumzeit-Kontinuum ?Außer als Idealisierung kann

weder die eine noch die andere Größe

beanspruchen, eine primordiale Kategorie in der Beschreibung der Natur zu

sein.

(1990)J.A. Wheeler

Vorgeometrie

Der Baustoff des Universums muß etwas sein, das der Geometrie zugrunde liegt und selbst keine

Dimensionalität aufweist.

Dimensionalitätohne

Dimensionaliät

(seit 1964)

J.A. Wheeler

Spin-NetzwerkeDas vorgeometrische Baumaterialder Welt ist das Spin-Netzwerk. Die Linien und Knoten definierenden Raum; die Art ihrer Verbindungendefiniert die Geometrie.

Interpretation: Die offenen Graphen repräsentieren die Fermionen (Quarks, Leptonen) und das Higgs-Teilchen;Bosonen (Photon, Graviton) sind angeregte (farbige) Zustände im Spin-Netzwerk.

Das Universum besteht aus ca. 10184 Knoten.

Zeitliche Entwicklung

Zeit

tP

Erzeugung und Vernichtungvon Knoten und Spins

Die zeitliche Entwicklungverläuft diskret,

in Schritten von der Längeder Planck-Zeit tP

Quantenspindynamik (QSD)

Spinschaum= zeitliche Entwicklung von Spin-Netzwerken

→ Pfad-Integral-Ansatz für die Dynamik

Epilog

Let us leave theories thereand return to here’s here.(Finnegans Wake 76.10)

Offene Fragen

Wie entsteht aus dem Spin-Netzwerk die Welt

der klassischen Geometrodynamik ?

Wie kann man die Theorie durch

Experimente überprüfen ?

… ein Gewebe aus Ringen…

(Wheeler 1970)

Experimentelle VerifizierungAussichtslos? – Nein !

Beobachtung der Dispersion von Gammastrahlenaus einer Quelle am Rande des Universums

Start: 2006

Zusammenfassung

Raum & Zeit sind keine primordialenKategorien der PhysikDer Baustoff der Welt muß diskret seinDer Baustoff der Welt muß etwas Vor-(Geo)Metrisches seinAnsatz: QT und ART ernstnehmen !Keine Annahmen, die über das experi-mentell Bekannte hinausgehen !

Vertex

→ QuantengravitationLoop

Einstein & Wheeler

Das Unverständlichste ander Welt ist, daß wir sie

verstehen können.

Wir werden erst dannverstehen, wie einfach

das Universum ist, wenn wirerkennen, wie seltsam es ist.

c

G h

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