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Gewalt gegen Polizeibeamte
KAI
Alter: 36Dienstjahre: 20Dienstgrad: PolizeikommissarFunktion: Hundertschaft – Gruppenführer
Vorfall:Schlag mit Eisenstange auf den Kopf durch Demonstranten
Folgen:Stauchung der HalswirbelsäuleEine Woche krankgeschrieben, danach zwei Wochen nur InnendienstWieder voll Einsatzfähig nach zwei Monaten
In der ersten Zeit Distanz zu anderen LeutenSchnellere aggressivere StimmungslageGesichtsausdruck des Täter (Hass in den Augen) nicht vergessen, aberSonst keine psychischen Folgen
ANDREA
Alter: 37Dienstjahre: 12Dienstgrad: PolizeikommissarinFunktion: Einsatz-und Streifendienst
Anlass: Ruhestörung – betrunkener Mann auf derStraße
Vorfall:Zusammen mit Kollegen von unter Drogeneinfluss stehendem Täter massiv geschlagen
Folgen:Drei Tage stationär behandeltEine Woche krankgeschrieben, danach zwei Wochen nur Innendienst
Schuldgefühle gegenüber KollegenAngst vor AußendienstAlbträume, Selbstmordgedanken, Flashbacks, TodesangstDiagnose: mittelgradige PTBS
KLAUS
Alter: 50Dienstjahre: 24Dienstgrad: PolizeiobermeisterFunktion: Schutzpolizei, Verkehrsdienst
Anlass: Geschwindigkeitsmessung
Vorfall:Täter versucht Radargerät zu stehlen und kommt mit Messer in der Hand auf ihn zu Schusswaffengebrauch angedrohtTäter flieht – 33 min. bis zum Eintreffen der Verstärkung
Folgen:Schlafstörungen, Flashbacks, VermeidungsverhaltenVermehrter Alkoholkonsum zum EinschlafenKontakt zum PolizeipsychologenSechswöchiger Klinikaufenthalt mit Einzel- und GruppentherapieDann halbes Jahr ambulante Psychotherapie
Gliederung• 1. Ausmaß und Entwicklung von Gewalt gegen Polizeibeamte
1.1 Gewalterscheinungen1.2 Entwicklungstendenzen1.3 Erklärungsansätze
• 2. Beschreibung der Gewaltübergriffe2.1 Einsatzsituation, Art und Weise des Übergriffs2.2 Situationsmerkmale2.3 Beamtenmerkmale2.4 Tätermerkmale
• 3. Folgen3.1 für den Beamten3.2 für den Täter
• 4. Präventionsansätze gegen gewalttätige Übergriffe auf Polizeibeamte4.1 bezüglich des PVB4.2 bezüglich des Vorgesetzten/Dienstherren4.3 bezüglich der Gesellschaft
KFN – Studie „Gewalt gegen Polizeibeamte“
• Teilnehmer ca. 86000 PVB aus 10 Bundesländern- Rücklaufquote 25,1 %, 20938 Personen=> 21,3% weiblich=> 61,7% zwischen 30 und 49 Jahre
1. Ausmaß und Entwicklung von Gewalt gegen Polizeibeamte
insgesamt breites Spektrum an Gewalthandlungen
- Dominanz „verbale Gewalt“=> 80,9 % wurden beschimpft oder beleidigt (jeder fünfte mind. einmal im Monat)=> 65,4 % wurden mit Worten bedroht
- körperliche Gewalt=> 1/3 leichte körperliche Gewalt (Festhalten, Anpacken, Schubsen)=> jeder sechste wurde geschlagen oder getreten=> jeder elfte Angriff mit Waffe/gefährlichem Werkzeug
1.1 Gewalterscheinungen
allg. zwischen 2000 und 2008 = Anstieg Widerstandsdelikte gegen die Staatsgewalt
Anteil viktimisierter Polizeibeamten von 2,6 % auf 4,5 % gestiegen- schwereÜbergriffe mit DU > 2 Mon. konstant niedrig - 68,5 % der Übergriffe max. 6 Tage DU
subj. Meinungsbild der Beamten = Wahrscheinlichkeit Gewaltübergriff (sehr) viel größer geworden
Übergriffe je Einsatzsituation- Zunahme in allen Bereichen => HG – 2000 noch 5,8%, 2010 bereits 11,4% (Gewaltschutzgesetz)
1. Ausmaß und Entwicklung von Gewalt gegen Polizeibeamte
1.2 Entwicklungstendenz
• Respektlosigkeit gegenüber Polizei in Gruppe der Jugendlichen und Heranwachsenden– Gegenargument; Schüler und Erwachsene mehrheitlich positiv eingestellt
(vgl. Schülerbefragung: Baier et al., 2010; repräsentative Bevölkerungsbefragung: Baier et al., 2011).
• Zunehmende Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft– Gegenargument; Abnahme der Gewaltkriminalität laut PKS
• Polarisierungstendenzen in der Gesellschaft– Milieubildung mit eigenem Normen – und Wertesystem
1. Erklärungsansätze für die Zunahme von Gewaltübergriffen gegen Polizeibeamte
1.3 Erklärungsansätze
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe
2.1 Einsatzsituation, Art und Weise des Übergriffs
Abb. 11: Anlass des Einsatzes
Art des Übergriffs:- bei Familienstreitigkeiten zu 92,5% körperliche Gewalt- bei Demonstrationen zu 61,3% Waffen/gefährliche Gegenstände
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe
2.2 Situationsmerkmale - zeitlich
Wochentag63,1% der Übergriffe zwischen Freitag und Sonntag
- Demonstrationen, Veranstaltungen zu 80%- Familienstreitigkeiten zu 55%
JahreszeitJahreszeit Juni - August = 32,2%
Uhrzeit
Abb. 7: Uhrzeit des Übergriffs (Fallzahl)
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe
2.2 Situationsmerkmale - örtlich
Örtlichkeit der Übergriffs
47% der Übergriffe auf Straßen/öffentlichen Plätzen/Parks/Parkplätze
23,6% in Wohnung/Haus/Gärten
2,8% Stadion/Stadionumgebung
Abb. 9: Lichtverhältnisse am Ort des Übergriffs
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe
2.2 Situationsmerkmale – durchgeführte Maßnahme
Abb. 10: Polizeiliche Maßnahmen zum Zeitpunkt des Übergriffs (Mehrfachnennung)
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe
2.3 Beamtenmerkmale
Risikofaktoren für Angriffe• Jüngere Beamte stärker gefährdet als ältere Beamte
• größere und schwerere Beamte stärker gefährdet als Kleinere und Leichtere
• Beamte mit Migrationshintergrund
• Beamte aus dem Streifeneinzeldienst/besondere Einsatzeinheiten
• männliche Beamte stärker gefährdet als weibliche Beamte
•bei 14,3% der gewalttätigen Übergriffe trugen PVB Zivilbekleidung
•Bei 47,5% der gewalttätigen Übergriffe trugen PVB Handschuhe
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe
2.3 Beamtenmerkmale
Abb. 13: Mentale Vorbereitung , Bewertung der Situation und Kommunikation mit dem Täter vor dem Übergriff nach Einsatzsituation (in %; in Klammern: Anzahl Fälle)
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe
2.4 Tätermerkmale
Täter sind überwiegend• meist Alleintäter = 74,8%
•Mehrheit ist männlichen Geschlechts = 92,9%
•Durchschnittlich jüngeren Alters = ca. 60% unter 25 Jahre (meist in Gruppen)
•64,2 % der Täter sind deutscher Herkunft
Weitere Tätermerkmale•In 71,1% alkoholisiert
•In 64,8% polizeilich bekannt
•19,3% bewaffnet mit Waffe/gefährlichen Werkzeug
•72,1% bereits im Vorfeld
26,4% allein handelnd, männlich, erwachsen und deutsch
2. Beschreibung der Gewaltübergriffe
2.4 Tätermerkmale
Tätermotive• in 37,8% um sich einer Festnahme zu entziehen
•In 30,5% Feindschaft gegenüber Polizei- Anstieg; 2005 24,9% - 2009 32,2%
Besondere Tätergruppe bei Demonstrationen•Anteil an Gruppentaten am höchsten
•Am häufigsten Waffeneinsatz
•Hinterhaltsituationen
•Hauptmotiv ist Feindschaft gegen Polizei
•Bei jedem vierten Übergriff Tötungsabsicht unterstellt
3. Folgen des gewalttätigen Übergriffs
3.1 für den Beamten - physisch
Abb. 15: Häufigkeit von Verletzungen verschiedener Körperpartien (in %)
•Verletzung durch Übergriff •bei Personenkontrollen 55,1% Verletzung der Hände/Arme
- bei Veranstaltung nur 37,3%•bei Streitigkeiten (nicht Familie)35,5% Gesichtsverletzung/Kopf - bei Demonstrationsgeschehen 23,0%
3. Folgen des gewalttätigen Übergriffs
3.1 für den Beamten - psychisch
Psychische Folgen• 27,6% Schlafstörungen
- unter 30jährige nur 8,9%
• 10,6% Auswirkung auf soziale Kontakte
•8,6% Auswirkung auf Partnerschaft
• 4,6% Alkoholprobleme
• Verdacht PTBS- Männer = 4,7%- Frauen = 6,7%
3. Folgen des gewalttätigen Übergriffs
3.1 für den Beamten - rechtlich
Abb. 19: Rechtliche Konsequenzen nach Geschlecht, Alter und Tätigkeitsbereich (in %, in Klammern: Anzahl der Fälle)
Im Untersuchungszeitraum hat keine der Anklagen zu einer Verurteilung des betroffenen Beamten geführt! =>Studie über Intranet der Polizei geführt, dementsprechend wurde keine Personen befragt die wegen Verurteilung aus der Polizei ausgeschieden sind
3. Folgen des gewalttätigen Übergriffs
3.1 für den Beamten - beruflich
• Der Beamte ist durch den Zwischenfall dauerhaft Außendienstunfähig 71 Personen = 3,2 %
•Der Beamte bekam eine neue Verwendung 96 Personen = 4,4 %
•Überschneidung = 22 %
•Wie ist es zu dieser Entscheidung einer anderen Verwendung gekommen?67,8 % auf ärztliche Empfehlung50,6 % auf eigenen Wunsch21,8 % vom Vorgesetzten
3. Folgen des gewalttätigen Übergriffs
3.2 für den Täter - unmittelbar
•Täter unmittelbar festgenommen = 80,9%
•Täter später ermittelt und festgenommen = 10,1%
•Täter entkommen = 9%
•Täter verletzt mit ambulanter Versorgung = 36,3%
3. Folgen des gewalttätigen Übergriffs
3.2 für den Täter – Ausgang des Strafverfahrens
Abb. 21: Ausgang des Strafverfahrens für den Täter (in %, 1949 Nennungen)
in 90% der Fälle wurde ein Strafverfahren eingeleitet – 1/3 eingestellt
Im Falle einer Verurteilung• ca. 50% zu einer Geldstrafe
• ca. 30% Bewährungsstrafe
• ca. 15% Freiheitsstrafe
4. Präventionsvorschläge gegen gewalttätige Übergriffe auf Polizeibeamte
1. Verbesserte Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten
2. Gefahren gehen auch von anscheinend ungefährlichen Situationen aus.
3. Weibliche Polizeibeamte wirken sich in spezifischen Situationen deeskalierend aus.
4. Im Vorfeld des Einsatzes Informationsbeschaffung zum Täter einholen
4.1 bezüglich des PVB
5. Verbale Kommunikation ist eine wichtige Strategie, die hilft, die Folgen eines Übergriffs abzumildern.
6. Umfassende Schutzausstattungen als Führungs- und Einsatzmittel
7. Prävention geschieht auch auf dem Weg der guten Nachsorge. (durch Kollegen und psychologische Betreuung)
4. Präventionsvorschläge gegen gewalttätige Übergriffe auf Polizeibeamte
1. Der Leitfaden zur Eigensicherung sollte auf seine Praxistauglichkeit unter veränderten Umständen (u.a. Täterverhalten) geprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden.
2. Die Nachbereitung von Gewaltübergriffen sollte stärker als bisher durch den Dienstherrn bzw. Vorgesetzten gefördert werden.
4.2 bezüglich des Dienstherren/Vorgesetzten
3. Der Wunsch der Beamten nach Fortbildung sollte respektiert werden. Zugleich sollte die Wirkung der Teilnahme an Fortbildungen stärker als bisher evaluiert werden.
4. Präventionsvorschläge gegen gewalttätige Übergriffe auf Polizeibeamte
1. Das Bild der Polizeibeamten sollte durch geeignete Maßnahmen in der Öffentlichkeit verbessert werden.
2. Gewalt gegen Polizeibeamte härter bestrafen („§ 115 StGB Jetzt!“).
3. Gesellschaftlichen Polarisierungstendenzen als eine mögliche Ursache für die Zunahme von Gewalt gegen Polizeibeamte sollte entgegen getreten werden.
4.3 bezüglich der Gesellschaft
DISKUSSION
• Wie viel Gewalt muss ein PVB hinnehmen ?
• Was könnten Gründe für die Gewaltzunahme gegenüber PVB sein ?
• Wie können sich PVB in Zukunft besser davor schützen ?
• Ist das Mitführen von FEM gewaltfördernd oder eher deeskalierend ?
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