Graswurzel titelseite sept 2014l

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september 2014/391 graswurzelrevolution 1GWR 391September 2014

www.graswurzel.net

43. Jahrgang Preis: 3,- Þ (D)4,- Þ (A); 4,80 CHF (Schweiz)ISSN 0344/2683 ZKZ 04025GWR-Vertrieb:Vaubanallee 2, 79100 FreiburgGWR-Koordinationsredaktion:Breul 43, D-48143 Münster

für eine gewaltfreie,herrschaftslose gesellschaft

Aus dem Inhalt

Islamischer Staats-TerrorBarbarei als GeschäftsideeSeite 2

Die Utopie der Widerspenstigen40 Jahre Longo maiSeite 4

Solidarität mit Ecodefence!Russland: Prozess gegen „Ausländische Agenten“Seite 5

Lothringen:Ein Atomland entstehtSeite 13 f.

Gegen „liberalen Autoritarismus“Stuart Hall (1932-2014)Seite 14

„Es lebe der Sport!“Concert for Anarchy, WM-NachleseSeite 15

ProstitutionDiskussionSeite 16f.

CommonsJenseits vonMarkt und StaatSeite 18

Fortsetzung auf Seite 6

GeziDie Rückeroberung des politischen Lebens in der TürkeiSeite 11 f.

Fortsetzung auf Seite 9f.

Fairtrade-Öko-T-Shirts in Taksim (Istanbul): „Halte durch Gezi!“, Juli 2014 Foto: Bernd Drücke

Die Landrechtbewegungin IndienWeltweite Vernetzung und kreativer WiderstandSeite 3

Jan Satyagraha (Marsch für Gerechtigkeit) 2012, Mela Ground Gwalior. Foto: Herbert Sauerwein

Für einengerechten Frieden!Erklärung des Kriegsdienstverweigerers Udi Segal: „Ich rufedie SoldatInnen auf, Befehle zu verweigern!“

Udi Segal sollte seinen Militärdienst in der israelischen Armee(Tsahal) am 28. Juli 2014 antreten, nach Gesetzeslage besteht dieseVerpflichtung direkt nach seinem Gymnasialabschluss. Er hatverweigert und seine Begründung am 30. Juli veröffentlicht. Als„Refuznik“(in Hebräisch: sarvan, von sirev: „Er hat verweigert“) ist ervon Haft bedroht. (GWR-Red.)

Ich heiße Udi Segal, bin 19 Jah-

re alt und komme aus dem Kib-

buz Tuval im Norden Israels.

Vor einigen Monaten habe ich

den Brief der Kriegsdienstver-

weigerer aus Gewissensgrün-

den für das Jahr 2014 unter-

zeichnet (siehe Seite 9), der von

insgesamt 130 VerweigerInnen

an den Premierminister Israels

gesandt worden ist. In diesem

Brief erklären wir unsere Wei-

gerung, in der israelischen Ar-

mee zu dienen.

Der wichtigste Grund ist die Be-

setzung der Gebiete und die

fortgesetzte Unterdrückung der

palästinensischen Bevölke-

rung, die sich in ungleichen So-

zialsystemen, der Missachtung

ihrer Rechte und dem fortge-

setzten Mord von mehr als 600

Personen bei der jüngsten Mi-

litäroperation in Gaza ausdrückt

[Stand am 30. Juli 2014; Red.].

Außerdem trägt der Militär-

dienst zum israelischen Milita-

rismus bei. Ich zum Beispiel bin

als Mann und aschkenasischer

Jude (1) jemand, der Einfluss

auf die israelische Gesellschaft

nehmen kann und es auch bei

Widerspruch leichter hat da-

vonzukommen. Denn ich kom-

me aus dem herrschenden so-

zialen Milieu, das sehr zur Un-

terstützung des israelischen

Militarismus neigt – einem Mi-

lieu, dem ich mich mit aller Kraft

widersetze.

Auch wenn es die Besetzung

der palästinensischen Gebiete

nicht gäbe, würde ich den

Dienst in der Armee verwei-

gern, denn er hält ein politi-

sches System aufrecht, das na-

tionalistisch und kapitalistisch

ist, von dem nur einige Wenige

profitieren und an dem ich nicht

teilnehmen will.

Ich bin nicht der Meinung, dass

ich durch die derzeit laufende

Militäroperation in Gaza be-

schützt werde. Die Militärope-

rationen werden mich auch in

Zukunft nicht schützen und sie

werden nur neuerliche Militär-

operationen nach sich ziehen,

wie es bereits bei der Operati-

on „Gegossenes Blei“ (2008-

2009) der Fall war, die nur wie-

der zu der Operation „Säulen

der Verteidigung“ (November

2012) geführt hat. Heute setzt

sich das mit der Operation

„Schutzlinie“ fort, die dann

wahrscheinlich wieder zu wei-

teren Militäroperationen führen

wird. Was wirklich schützen

würde, das wäre ein gerechter

Friede, der die Ungerechtigkei-

ten anerkennt, die man den Pa-

lästinenserInnen angetan hat.

Man kann keinen Frieden ver-

wirklichen, solange man Land

besetzt, eine Bevölkerungs-

gruppe unterdrückt und mit ei-

ner Mauer umgibt.

Diese Bevölkerung hat ihren

Wunsch nach Freiheit nicht

aufgegeben und sie vertraut

nicht einem eventuellen Mitleid

derer, die sie besetzen – darum

sollten auch Sie nicht darauf

vertrauen, in solch einer Situa-

tion in Sicherheit leben zu kön-

nen. All denjenigen, die trotz-

dem meinen, dass sie mich in

solch einer Situation militärisch

verteidigen, sage ich: Wenn der

für die Sicherheit zu zahlende

Preis 600 [Anm. d. S.: mittler-

weile über 2100] Tote in Gaza

sein soll, dann bin ich an ei-

ner solchen Form der Sicher-

heit nicht interessiert.

SOS Chalkidikí - das Goldgeht, die Zerstörung bleibtWiderstand in Griechenland. Ein InterviewSeit 2012 entsteht auf der Halbinsel Chalkidikí imNordosten Griechenlands eine Goldmine alsgigantischer Tagebau.

Die Firma Hellas Gold, ein Tochterunternehmen

des kanadischen Konzerns Eldorado Gold, hatte

2011 die Schürfrechte für ein Trinkgeld erwor-

ben. Der Deal zwischen Hellas Gold, dem grie-

chischen Bau- und Medienmogul Geórgios Bó-

bolas und dem ehemaligen Staatssekretär und

Oberbürgermeister der Gemeinde Aristotélis,

Chrístos Páchtas (Pasok), steht unter Korrup-

tionsverdacht.

Anwohner_innen und Initiativen wehren sich

gegen die irreversible Zerstörung der Landschaft

und die Gefahren für die Menschen. Sie werden

mit heftiger staatlicher Repression überzogen.

Auf Einladung der Rosa-Luxemburg-Stiftung

kommen im September 2014 die im Widerstand

aktiven Marína Karastergíou und Giánnis Deli-

gióvas nach Deutschland, um über die Umwelt-

zerstörung, die staatliche Repression, den Wi-

derstand und seine Perspektiven zu berichten.

Ralf Dreis sprach für die Graswurzelrevolution

mit Giánnis Deligióvas vom Kampfkomitee Me-

gáli Panagía.