Imagination - Ambulanz für klinische Hypnose, Prof. Dr ... Harrer... · Title: Imagination Author:...

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Imagination,Nr.1/2010

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Achtsamkeit  und Hypnosepsychotherapie

Michael E. Harrer

Einleitung

DiebuddhistischeTraditionbeschreibtAchtsamkeitalsHerzstückaufdemWegzurErkennungderUrsachenundzurBefreiungvonLeiden.Seitden1970erJah-rengewinntAchtsamkeitauchinderwestlichenPsychotherapiezunehmendanBedeutung(Baer2006;Johanson2006;Brownetal.2007;Mace2008;Germeretal.2009;Weiss,Harrer2010).SiewurdevonRonKurtz (199�) imRahmenderHakomi-MethodeerstmalsexplizitindiepsychodynamischePsychotherapieeingeführt.IhreheutigeVerbreitungverdanktsieabervorallemdem»Mindful-ness-based Stress Reduction Programm« (MBSR;Kabat-Zinn2006a,2006b)undderTatsache, dass dieses in der Verhaltenstherapie großen Anklang fand, stö-rungsspezifischweiterentwickeltwurdeunddieWirksamkeitderProgrammeineinerVielzahlvonStudien(Grossmanetal.200�)nachgewiesenwerdenkonnte.Sozeigenetwadie»dialektisch-behavioraleTherapie«(DBT)beiBorderlinePati-entinnen(Linehan1996),die»achtsamkeitsbasiertekognitiveTherapie«(MBCT)beidepressivenMenschen(Segaletal.2008)unddie»Akzeptanz-undCommit-ment-Therapie« (ACT; Hayes etal. 2007) bei verschiedensten psychischen Stö-rungenbeachtlicheWirkungen.

Soliegtesnahe,sichzufragen,inwieweitdasKonzeptderAchtsamkeitauchdieHypnosepsychotherapiebereichernkann.DieseFragewirdimFolgendenbe-antwortet,speziellauchmitdemSchwerpunkt,welchepositivenAuswirkungeneshabenkann,wennderTherapeut�demPatientenauseinerHaltungderAcht-samkeit heraus begegnet und mit ihm gemeinsam Zustände von Achtsamkeitaufsucht,umihmbeiderErforschungseinerInnenweltzuassistieren.

� WennimFolgendendiemännlichenFormenverwendetwerden,danndientdiesdazu,denTextlesefreundlichzugestalten.EssindselbstverständlichbeideGeschlechtergemeint.

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Was ist Achtsamkeit?

WiewirdieWelterlebenundsieimmerwiederneukonstruieren,hängtzueinemgroßenTeildavonab,woraufwirunsereAufmerksamkeitlenkenundauswelcherHaltungherauswirsiewahrnehmen.Achtsamkeitbedeutet,seineAufmerksam-keitderjeweilsgegenwärtigenErfahrungzuschenken–aufeineakzeptierendeund nicht beurteilendeWeise – und sich dabei zugleich des Gewahrseins desjeweiligen Objektes der Aufmerksamkeit bewusst zu sein. So lautet die Basis-anweisung zur Achtsamkeitsmeditation (Vipassana) folgendermaßen: »… sitzestill,bewegeDichnichtundlenkeeinfachDeineoffeneAufmerksamkeitaufdas,wasdaist,vonAugenblickzuAugenblick,mitGleichmut,ohneAnhaftenoderAblehnung…undohnezuversuchen,eszuverändern«(Tart2001b,S.68;Über-setzungdurchdenVerfasser).

DasWortAchtsamkeitbeschreibt inseinermodernenAnwendungdreierlei:Vorübergehende,definierteBewustseinszustände(»states«),überdauerndeEigen-schaften(»traits«)imSinneeinerHaltungoderaberumschriebeneFormenderÜbungspraxis. In Achtsamkeitstrainings oder dem klassischen Weg der »Geis-tesschulung«(Nyanaponika2000)werdenachtsameZuständewiederholtaufge-sucht,umdiesezukultivierenundalsHaltungzuverinnerlichen.

Die vier Komponenten von Achtsamkeit

1.   Aufmerksamkeitslenkung, Meta-awarenessDieinderRegelautomatischablaufendenProzessederAufmerksamkeitslenkungwerden inAchtsamkeitdeautomatisiert.Diesgelingt, indemmandanach trach-tet, sich in jedem Augenblick über den jeweiligen Fokus der Aufmerksamkeitbewusst zu sein. Dieser Fokus kann ein umschriebenes Objekt sein, etwa dasHebenundSenkenderBauchdeckebeimAtmenodereinungutesGefühlinderMagengrube;derFokuskannaber auchals »Panorama-Bewusstsein« breit,weitund offen sein. Um die Bewusstheit über den augenblicklichen Fokus, »Meta-awareness«,zuüben,kanneshilfreichsein,dasjeweiligeObjektdesGewahrseinsinnerlichleisezubenennen,esgleichsammiteinemEtikettzuversehen.InderAußenweltkönntendieseEtikettenetwalauten»sehen«,»hören«,»berühren«,inderInnenweltfindensich»Bilder«,»Gedanken«,»Gefühle«und»Empfindungen«(Young2008).

2.  Der »Innere Beobachter«, DisidentifikationDeikman (1982, S.92–9�) beschreibt vier abgrenzbare Erfahrungsbereiche des»Selbsterlebens«:Sounterscheideterzwischeneinem»denkenden Selbst«,einem»emotionalen Selbst«,einem»funktionalen Selbst«mitdemKörperalsHauptorgan

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unddem»beobachtenden Selbst«.DasPhänomendes»beobachtenden Selbst«ord-netereineranderenEbenezu:esseidaspersönlichstevonallen,esbestehevordenGedanken,Gefühlen,HandlungenunddemKörper,weilesebendiesePhä-nomeneerfahrenundbeobachtenkann.DasEntscheidendeam»beobachtendenSelbst«seijedoch,dassesnichtzueinemObjektderBeobachtunggemachtwer-denkann.WasimmerwirbeobachtenoderinKonzepteeinordnenkönnen,isteinObjektdesGewahrseinsundniedasGewahrseinselbst.

DieausdauerndeÜbungvonAchtsamkeitführtzueinerbewussteren,detail-reicherenundintensiverenWahrnehmungderInnen-undAußenwelt.Zugleichwirddieses»beobachtendeSelbst«trainiert,ein»Innerer Beobachter«aktiviertundgestärkt.Achtsamkeitbedeutet,ineinemrezeptiven ZustanddiesichvonMomentzuMomententfaltendeErfahrungderinnerenundäußerenWeltzubeobachten.Achtsamkeitbedeutetweiter,sichdes jeweiligenbeobachtetenObjektsbewusstzu sein, zugleich aber auchdesGewahrseins selbst. Im fortgeschrittenenAcht-samkeitstrainingwirdderFokusvondenObjektenderWahrnehmungzueinerobjektlosenBeobachtungverschoben,zum»reinen Beobachten«.DieserWegführtüberdieFrage»werbinich?«intranspersonaleDimensionen.InderspirituellenLiteraturwirdfürdenBeobachterauchdasWort»Zeuge«und»Zeugenbewusst-sein«(Wilber1996,S.152)verwendet.

Ein wesentliches Prinzip derWirkung von Achtsamkeit ist die »Disidentifi-kation«. Sich zu disidentifizieren bedeutet, durch das Beobachten Abstand zudensichstetsveränderndenGedanken,Gefühlen,ImpulsenundZuständenzugewinnen. Ein Gedanke wird als Gedanke erkannt und verstanden, als nichtmehr,aberauchalsnichtweniger.DieachtsamkeitsbasiertekognitiveTherapie(MBCT) bezeichnet diesen Perspektivenwechsel als »distancing« oder »decente-ring«.Er gilt alsder zentraleWirkmechanismusderMBCT (Segal etal. 2008)beiderRückfallpräventionvonDepression.DiekognitiveTherapiederDepres-sionversuchte,dysfunktionaleGedankendurchfunktionalezuersetzen.Inder»drittenWelle«derVerhaltenstherapiewerdendepressiveMenscheninAchtsam-keitstrainingsdazuangeleitet,depressiveGedankenkettenalssolchezuerkennenundimBeobachtenzubleiben.Siesinddannnichtmehrmitihnenidentifiziert,glaubennichtmehralles,wassiedenken.

DiesesNicht-Anhaften,dieDisidentifkationvondem,waswirnormalerweisealsRealität anerkennen,kannalsBasisderWirkungder achtsamkeitsbasiertenVerfahrenbetrachtetwerden.AuchdasBeobachtendesKommensundGehensverschiedensterZuständehilft,unsvonebendiesenZuständenzudisidentifizie-ren. Das Konstrukt des »Inneren Beobachters«, gleichsam alsVerantwortlicherfürdiesenBeobachtungsprozessisthilfreichbeidieserDisidentifikation,indemwirunsimmerwenigermitdemBeobachteten–etwaunserWutoderunseremBildvonuns selbst–und immermehrmitdiesemunveränderlichen»InnerenBeobachter«identifizieren.

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3.  Gegenwärtiger Moment, Präsenz, AnfängergeistAchtsamkeitbedeutet,dieAufmerksamkeitdervonMomentzuMomentgegen-wärtigenErfahrungzuzuwendenundsichdamitnicht inErinnerungenandieVergangenheitoderinErwartungenandieZukunftzuverlieren.AlsAnfängergeistbeschreibtSuzuki(1975)eineHaltung,indermanjedemMomentohneErwar-tungenundohne– ausderVergangenheit stammende–KonzepteunddamitohneVorurteileundBeurteilungenbegegnet.Anfängergeistforschtundbeobach-tet,willdieDingesehen,wiesiesind;erbetrachtetdasLebenwieeinKind,vollerNeugier,WunderundFreude.DieserFokusderAufmerksamkeitaufdengegen-wärtigenMomentführtzueinerQualitätvonPräsenz :manistzentriertundimKörperlebendig,auchwährendmanmitanderenMenscheninKontaktist.

4.  Akzeptierende, nicht bewertende Zuwendung; GleichmutAchtsames Beobachten bedeutet, alle im Erfahrungsstrom auftauchenden Ob-jektemitGleichmutzubetrachten(Young200�),d.h.ohneAnziehung,Anhaf-tenoderAblehnungundVermeidung.Achtsamkeitbedeutet, dieDinge so zuakzeptierenwie sie sind, sie nicht zubewertenund sie nicht anders haben zuwollen,alssiesind.Diedialektisch-behavioraleTherapiesprichtvon»radikaler Akzeptanz«(Linehan1996).MankönntedieseQualitätmitdemBlickeinesgü-tigenGroßvatersodereiner liebevollenGroßmutterauf ihreEnkelvergleichen.Sienehmendiesesowahr,wiesiesind,mitallerLiebeundohnedenWunsch,siezuverändern.

Das Aufgeben von Ablehnung und dem damit meist verbundenenVermei-dungsverhalten ermöglicht, sich Situationen auszusetzen, die bis dorthin ver-miedenwurden.DieseExpositionkann–heilsamgestaltet–zu»korrigierendenErfahrungen«führen.Die»AkzeptanzundCommitmenttherapie«nutztdenGe-winnderUmsetzungderzentralenWertedesPatienten,umihnzueinerSelbst-verpflichtungzumotivieren,auch(potentiell)unangenehmeErfahrungenzuak-zeptierenundsichNeuem,bisherVermiedenemauszusetzen.

Achtsamkeit und Hypnose eröffnen ein weites Spektrum

AchtsamkeitundHypnosesindinsofernverwandt,indemsiesichinwesentlichenBereichen auf die gleichen Dimensionen beziehen. Sie stehen dabei allerdingsvielfachineinerpolargegensätzlichenbzw.komplementärenBeziehung.

Hypnotische Zustände sind durch drei wesentliche Eigenschaften gekenn-zeichnet:(1)Absorption,(2)Dissoziationund(3)Suggestibilität.FernerbezwecktHypnoseVeränderungundistdamit(�)zumeistzielorientiert;inhypnotischenZuständenkann(5)ein»hiddenobserver«anwesendsein;Hypnosearbeitet(6)mitRegressionundZukunftsorientierung.Sienutztvorallem(7)»Bottom-down«-

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Interventionen,undsieist(8)ein–inweitenAbschnitten–vonseitendesThe-rapeutenaktivgestalteter,gelenkterProzess.

ImFolgendensollendieseachtDimensionenerläutertwerden:

1.  Von Absorption zu offenem GewahrseinInderHypnosebedeutetAbsorption–etwaineinerImagination–eineFokussie-rungdergesamtenAufmerksamkeitaufeinenkleinenAusschnittdesmöglichenWahrnehmungsfeldes.DabeiwerdenandereBereicheausgeschlossen:SonimmtnormalerweiseeinPatientinHypnoseseineUmgebunggarnichtodernursehrbruchstückhaftwahr.Erhat inderRegelkeinBewusstseindarüber,dass er inHypnoseist,somitbestehtkeineMeta-awareness.

AchtsamkeitführtzumGegenteilvonAbsorption:essenziellistdabeidieAkti-vitätdes»InnerenBeobachters«unddasGewahrseindesGewahrseins.DazukannauchnochdieOffenheitderAufmerksamkeitkommenimSinneeineseinschlie-ßendenundebennichtsausschließendenoffenenGewahrseins.FürPatientenistesauchaußerhalbderTherapiehilfreich,Meta-awarenesszuentwickeln,umsichihrer automatisch funktionierenden Aufmerksamkeitslenkungsprozesse bewusstzuwerden.AchtsamkeitstrainingübtdieFähigkeit,aufdaszufokussieren,wasinjedemMomentwichtigist(Young2006)undheilsam–umeinenTerminusderbuddhistischenPsychologiezuverwenden.DenAufmerksamkeitsfokusbewusstzuverändernoderdieAufmerksamkeitzuweiten, isteinWegumausautoma-tischgetriggertenProblemtrancenherauszuneuenWahrnehmungenderWelt,zuimmermehr»Klarblick«zugelangen.

2.  Von der Dissoziation zur DisidentifikationAlsüberwältigenderlebteErfahrungenführenzudissoziativenPhänomenen,zuDepersonalisation, zu Gefühlen, nichts mehr mit dem eigenen Körper zu tunzuhaben,irgendwoandersoderim»Nirgendwo«zusein.DieserautomatischeMechanismus kann lebensrettend wirken, indem er hilft, aus einer nicht aus-haltbaren Realität zu entfliehen und dadurch Schmerzhaftes nicht wahrzuneh-men zu müssen. In der Hypnose werden dissoziative Zustände induziert undgenutzt,etwainderSchmerztherapie.

AnleitungzurAchtsamkeit führt indieGegenrichtung:DerPatientwendet sich akzeptierend und teilhabendderErfahrungzu,aberausderdisidentifiziertenBeobachterposition.Erbleibt imKontaktmitdemKörperundmitdemHierundJetzt.AktualisierteErinnerungenunddiemitihnenverbundenenGefühlewerdeninihremAuftauchenundVergehenbeobachtet,ohnesichmitihnenzuidentifizieren.BeiMenschenmitchronischenSchmerzenkonnteeinestarkene-gative Korrelation zwischen Dissoziation/Depersonalisation und Achtsamkeitgefunden werden (Michal etal. 2007). Andererseits gelingt durch eine genaue,differenzierende Beobachtung der einzelnen Komponenten des gegenwärtigen

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Erlebenseine»Dekonstruktion«vonkomplexenErfahrungen.DieakzeptierendeBetrachtungderEinzelteileeinerunangenehmenErfahrung–Gedanken,Bilder,Erinnerungen, Empfindungen, Gefühle – kann ihr den überwältigenden Cha-rakternehmenundsiehandhabbarmachen.DieseachtsamkeitsbasierteCoping-Strategie wird auch bei Schmerzen eingesetzt (Young 200�). ÜberwältigendesundbisherAusgeblendeteskannintegriertwerden.

Achtsamkeithilft somit,vomsicherenStandpunktdes innerenBeobachtersaus, all dem,was gegenwärtigda ist, insAuge zu sehenund fördert aufdieseWeise dessen Integration (Siegel 2007, 2010). Auch der konstante, wache undlebendigeKontaktmitdemKörper,das»embodiment«isteinbedeutsamesCha-rakteristikumvonAchtsamkeit(Mace2008,S.�5).Sohilftsie,sicheinemThe-rapiezielvielerPatientenzunähern:ineinemsichlebendiganfühlendenKörperpräsentzuseinundneueQualitätendesLebenswahrzunehmen.

3.  Suggestibilität: Von Trance über »Konsensus-Bewusstsein« zur »De-Hypnose«

DieAbsorptioninTrance-ZuständenführteinerseitszueinerintensiverenWahr-nehmungvonbestimmtenAusschnittenderinnerenundäußerenWelt,anderer-seitszumAusblendenvonanderenTeilen.InderRegelnehmenwirdieBilder,diewirunsvonderWeltundvonunsselbstmachen,alsRealität.Wirsindzu-meistidentifiziertmitunserenGedankenundGefühlen,wirtendierendazu,zuglauben,waswirindenunterschiedlichstenZuständendenkenundfühlen.DiesgeschiehtauchinkrankheitswertigenZuständenvonAngstoderDepression,indenendieGedankenalsnegativeAutosuggestionenverstandenwerdenkönnen.In der Therapie erarbeitete »positive« Autosuggestionen führen in die gleicheRichtungwiedieSuggestionendesTherapeuteninderHypnose:SiesollenalsRealitätgenommenwerden.

DerBegriff»Trance«wirdindermodernenHypnotherapievielfältigverwen-det.Man spricht etwavon»Autobahntrance«, »Alltagstrancen« (Wolinski 1993),»Problem- und Lösungstrancen«.Wier(1996)unterscheidetvierArtenvonTrance:Meditative, hypnotische, süchtige und charismatischeTrance. Man kann auchEgo-States – etwaKind-Zuständeoder aktivierteTäterintrojekte– alsFormenvonTranceverstehen.FallenwirsomitinunseremAlltagvoneinerTranceindieandere?InwieweitsindwirauchimKonsensus-Bewusstsein(Tart2001a)ineinerTrance, die alles ausblendet,was sichmitdem familiärundgesellschaftlich ge-prägtenKonzeptunsererWeltnichtverträgt?DerHypnosepsychotherapeutsolltesichmöglichstKlarheitdarüberverschaffen,inwelcherTrancebzw.inwelchemBewusstseinszustandsichderPatientjeweilsbefindet.Diesermöglicht,gezieltaufdenspezifischenBewusstseinszustandeinzuwirken.

In der Sprache der Achtsamkeit können Trancen beschrieben werden alseine ausblendende oder verzerrteWahrnehmung der Realität, als ein nicht in

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derGegenwartundNicht-im-eigenen-Körper-SeinundalsfehlendeBewusstheitdarüber,dassmaninTranceist.Damitwirddeutlich:AchtsamkeitistderGegen-poldessen,wasalsTrancedefiniertist.Entscheidendistdabeidas»ErwachendesinnerenBeobachters«.SobaldderBlickausderAußenperspektivemöglichwirdundesmirklarist,dassichineinerTranceverhaftetbin,hältsiemichschonnichtmehr vollständig gefangen. Achtsamkeit führt dazu, dieWelt immer mehr sowahrzunehmen,wiesieist.DerAnfängergeistderAchtsamkeitnimmtdieWeltabgelöstvondenKonzeptenundVorurteilendesKonsensus-Bewusstseinsbzw.der»Alltagstrancen« wahr. Hypnose führt Patienten aus Problemtrancen in Lösungs-trancenundinduziertressourcevolleZustände.ImGegensatzzudieser»LösungersterOrdnung«stelltAchtsamkeiteine»Lösung zweiter Ordnung«dar(Watzla-wicketal.1979),indemsiedienächsthöhereEbenenutzt:DurchBeobachtungausderunverrückbarendisidentifiziertenPositiondesinnerenBeobachtersführtAchtsamkeit zu »Enthypnotisierung«, zur »De-Hypnose« (Wolinsky 1993). Sie er-möglichtdamitdenWegaussichständigabwechselnden,automatischgetrigger-ten,einschränkendenTrance-Zuständen.

ZentralesAnliegendiesesArtikels istes, speziellHypnosepsychotherapeuteneben den Bewusstseinszustand der Achtsamkeit nahezubringen und ihn von»Trance«abzugrenzen,umihnimRahmendes»Bewusstseinsmanagements«auchbewusstinTherapieneinladenzukönnen.AuchPatientenkönnenmittelsAcht-samkeit lernen, auchaußerhalbderTherapieTrancezuständezuerkennenundsichnichtmehrvonihnenentführenzulassenundausdem»Autopilotenmodus«(Kabat-Zinn2006a)auszusteigen.

4.  Von Ziel- und Veränderungsorientierung über eine explorative Haltung zu Akzeptanz und Gleichmut

AlsTeilmodernenLebenssollPsychotherapiehinsichtlichZeitundKosteneffi-zientsein.AuchausdiesemTrendherauswurdenzumTeilmanualisiertelösungs-und symptomorientierte Kurzzeittherapien entwickelt. Oft erwarten PatientenschnelleVeränderungenunddiesnicht seltenohneeigenenBeitrag, speziell inderHypnose.DieseErwartungenkönnenoftnichterfülltwerden,undVerände-rungsstrategiensindinvielenFällennichterfolgreich,wennsiesichaufZukunfts-undLösungsfokussierungbeschränken.

DieHypnosepsychotherapiekenntdreiInterventionsmodi(Kanitschar2009):Einenzukunfts-undlösungsorientierten,zweitenseinenkonfliktbearbeitenden,korrigierendeemotionaleErfahrungenvermittelndenunddrittenseinenIch-stär-kenden,ressourcenaufbauendenundübendenModus.

Imkonfliktbearbeitenden ModuskannderTherapeutdieneugierigeexplorative HaltungderAchtsamkeitnutzenunddeninnerenBeobachterdesPatientenak-tivierenundansprechen,ihngleichsamalsCo-Therapeutengewinnen.Gefühle,Konflikte, Persönlickeitsanteile im Sinne der Ego-State-Therapie (Watkins &

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Watkins2003)könnengemeinsamerforschtwerden.Die für eineNachreifungnotwendigenkorrigierenden emotionalen Erfahrungenkönnennachgeholtwerden,speziellauchdurchdieArbeitmit»Kind-Anteilen«.

Achtsamkeit ist auch im Ich-stärkenden, ressourcenaufbauenden undübenden Modus nutzbar.MankönntedasTrainingeinesimmerkonstantereninnerenBe-obachtersals»ultimative«Ressourceansehen,nichtnurbeiexistentiellenHeraus-forderungen.WennetwaeineTherapienichtinderLageist,Symptomezuredu-zieren,ProblemeoderäußereRealitätenzuverändern,kanneineVeränderungderHaltungdesPatientengegenüberdenProblemeninRichtungAkzeptanzhelfen,diesebesserzubewältigen.

DiebuddhistischePsychologiebetrachtetHass, Gier und Unwissenheit–oftsymbolisiert als Schlange,HahnundSchwein– als dieUrsachen allerLeiden.AchtsamkeitstehtimZentrumdesWegesderBefreiungvonLeiden,indemsiehilft,daszuerkennenundsichvonHassundVermeidung,vonGierundAnhaftenzulösen.GleichsamalsAntidotzuHasskultiviertsieAkzeptanzund»Liebende Güte« (Kornfield2008).DieseroffenwohlwollendeBlickaufsichselbst,andereMenschenundSituationenführtausderUnwissenheitzuneuenEinsichten.DergewonneneKlarblickhilft,unsselbstundanderemitallenEigenartenimmermehrzuakzeptieren.Darüberhinaus führterdazu,unsselbstundanderezu lieben.

WennmanetwadieSichtweisederbuddhistischenPsychologieaufchronischeSchmerzzuständeanwendet,soentstehtpsychischesLeidenerstdurchdenHass,durchdieAblehnungunddasverzweifelteundverkrampfendeWeghaben-Wol-lenderkörperlichenSchmerzempfindung.InAchtsamkeitsindSchmerzen»nur«Empfindungen,die ihrerseitswiederunangenehmeGedanken,Gefühle, innereBilderundkörperlicheReaktionenhervorrufen.

Nach Epiktet sind es nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern dieMeinung,diewirvondenDingenhaben,undWatzlawickbeschrieb,wievieleLösungsversuche ihrerseits zum Problem werden. Dies geschieht insbesonderedann,wennestrotzgroßerAnstrengungnichtgelingt,etwasodersichselbstzuverändern.WenndannallerdingsnachlangemKampfderWunschnachVerän-derungaufgegebenundProblemeoderSymptomeakzeptiertwerden,verändernsiesichnichtseltenspontanoderlösensichauf.Mansprichtvonder»Paradoxen Theorie der Veränderung«(Collande2007).

AchtsameAkzeptanzbedeutetallerdingskeineswegsResignationodereinSich-abfindenmitVeränderbarem.Ganz imGegenteil:Akzeptanz istVoraussetzungdafür,genauundunvoreingenommenwahrzunehmen,wiedieDingeimMomentsind. Gerade das kann zum Ausgangspunkt fürVeränderungsprozesse werden.5.  Vom »hidden observer« zum »Inneren Beobachter«EinsichtsorientiertePsychotherapienbeziehen sich aufdie beobachtendeFunk-tiondesIch,Sterba(193�)sprichtvoneiner»therapeutischenIch-Spaltung«.In

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derHypnoseexperimentiertenHilgardetal.(1975)mitderhypnotischenInduk-tionvonAnalgesie.AuchbeijenenVersuchspersonen,diekeinenSchmerzwahr-genommenhatten,konnteein»hiddenobserver«hervorgerufenwerden,derinderLagewar,überdieStärkedesexperimentellinduziertenSchmerzeszuberich-ten.HilgardsNeo-Dissoziations-Modellenthältein»exekutivesIch«als»zentraleKontrollstruktur«.DiesehatMonitorfunktion imSinnedes »hiddenobserver«undexekutiveFunktionen.DasErwachendesverborgenenBeobachterskannalsResultat derAnweisung vonHilgard verstandenwerden,welchedie totaleAb-sorptionverhinderte.SiefokussiertezugleichaufdieSchmerzwahrnehmungunddiedamit rivalisierendehypnotischeMetaphervonTaubheitoder angenehmerWärme(Spiegel1990,S.136).

DurchdieEinführungvonAchtsamkeit indieTherapiewird in jedemFallimplizitder»InnereBeobachter«eingeladen,aktiviertundgeübt.VielePatientenprofitierenauchvonderexplizitenErklärungdesKonzeptesdes innerenBeob-achtersundderdamitverbundenenDisidentifikation.

6.  Von Regression und Zukunftsorientierung zum gegenwärtigen MomentWennmanHypnoseunterdemAspektderZeitbetrachtet,stellensichinTrancenspontanoderaktivinduziertregressiveZuständeein.DieArbeitmitKindzustän-denhilft,dieArtundWeise,wiejemanddieWelterlebtundsichihrgegenüberverhält–aufdembiographischenHintergrund–besserzuverstehenunddamitauchzuakzeptieren.DiesistzugleichdieBasisdafür,jeneinderEntwicklungdesPatientenbisher fehlenden emotionalenErfahrungen zu erkennenundwieder-holtzuvermitteln.Imlösungsorientierten ModuswerdenZuständeinderZukunftzueinerZeitimaginiert,indenendasZielschonerreichtist.

Mit dem Ziel der Selbsterforschung fokussieren achtsamkeitsbasierte Thera-pien auf die Selbstorganisation in der Gegenwart. Dies kann etwa zur Einsichtführen,dassimmerwiederaktualisierteErinnerungenausderVergangenheitodereine Angst machende Beschäftigung mit der Zukunft das Leben beherrschen.AchtsamkeitnutztdieKraftdes jeweiligenAugenblicksals einzigeZeit, inderLeben,aberauchVeränderungdurchEinsichtenundneueErfahrungenmöglichist.Stern(2005,S.52)bemisstdieDauereines»Gegenwartsmomentes«miteini-genSekunden.MitsichundderWeltinlebendigemKontaktzusein,indemmanmitallenSinnendieFülledesAugenblickswahrnimmt,hilft»zurBesinnungzukommen«(Kabat-Zinn2006b),stiftetSinnundbringtLebensqualität.

»Wirkliches Leben erfahren wir nur im Hier und Jetzt. Die Vergangenheitist schon vorüber und die Zukunft ist noch nicht da. Nur im gegenwärtigenAugenblickkönnenwirdasLebenwirklichberühren«(ThichNhatHanh1998,S.17).

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7.  »Top-down-« und »Bottom-up-Interventionen«Ebensowieviele traditionelleModellederPsychotherapiebasiertHypnosepri-märaufder Idee,dassVeränderungen»top-down«passieren.DieVorannahmeist,dasssignifikanteVeränderungenindenErzählungendesPatienten,inseinenKognitionen,Glaubenssätzenund innerenBildernVeränderungenherbeirufen,diedannauchdasKörpererlebenverändern.AusgangspunktderArbeitistdaherdieGeschichte,diederPatienterzählt.

Komplementär zu diesen »Top-down-Zugängen« können »Bottom-up-Zu-gänge« genutzt werden, indem der Körper als Ausgangspunkt dient. Der Kör-peristderKönigswegzudem,wasdiemodernenNeurowissenschaft»implizites Gedächtnis«nennt.Durch(assistierte)achtsameBeobachtungvonallgemeinemArousal,vonEmpfindungen,Gefühlen,vonAnspannung,ImpulsenodervonBe-wegungenkannein»bottom-up-processing«erfolgen.SpeziellbeitraumatisiertenPatientenkanndies eine integrierendeWirkunghaben, zuSymptomreduktionführen,zuVeränderungen indenKognitionen,Emotionen,GlaubenssystemenundderBeziehungsfähigkeit(Ogdenetal.2006).

EinBeispiel füreinen»bottom-up-Zugang«,derschonindieHypnoseEin-ganggefundenhat,istdie»Affektbrücke«(Watkins1971).DabeiwirdeinGefühl,demGelegenheitgegebenwurde,sichimKörperauszubreiten,gleichsamalsBrü-ckegenutzt,ZugangzuSzenenausderVergangenheitzubekommen,dieunterdemgenetischenAspektmitdiesemverbundensind.

DieKunstderTherapiemagauchdarin liegen,zwischendiesenbeidenZu-gängenzuoszillierenundgenauanderGrenzezwischenKörperundmentalenProzessenzuarbeiten.MankannetwadenPatientenfragen,waseineErzählunginseinemKörperbewirktundihneinladen,diesinAchtsamkeitgenauerzuer-forschen. Dadurch angeregte neue Körpererfahrungen können dann ihrerseitswiederweiterführendeAssoziationenaufderEbenevonGedanken,BildernundErinnerungenauslösen.DiesehabenwiederumkörperlicheAuswirkungenusw.

8.  Vom »Tun-Modus« über »Nicht-Tun« zum »Sein-Modus«Lösungs- und Zielorientierung ist meist mit der Vorstellung verbunden, manmüsse inderTherapiehöchstaktiv»dasRichtige«–ebendieLösung–findenundanschließendumsetzen.Der vorherrschendeArbeitsmodus vonTherapeutundPatientistdaherein»Tun-Modus«.

ImGegensatzdazugibtesinAchtsamkeitkeineIdeendarüber,wiederPatientoderdieWeltseinsoll.Stattdessenstudiertsieundhörtgenauaufdas,wasist,mitderAbsicht,esimmerklarerwahrzunehmen.Achtsamkeitistradikal.Esgibtabsolutnichtszuerreichen.SieistAusdruckdesöstlichen»Nicht-Tuns«(Weiss2009),wasabernichtzuverwechselnistmit»Nichts-Tun«.Achtsamkeitistviel-mehrein»Seins-Modus«,einespezielleQualitätdesSeinsoderunterBeziehungs-aspektenein»being with«,einesSeinsinGegenwarteinesAnderen.

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Achtsamkeit in der therapeutischen Beziehung

IndenammeistenverbreitetenachtsamkeitsbasiertenMethoden(MBSR,MBCT,DBT)werdenPatientendazuangeleitet,Achtsamkeit imGruppensettingoderfürsichalleinezuüben.AchtsameZuständewerdeninduziert,umeineachtsameHaltungzukultivieren.EinganzandererAnsatz istes,Achtsamkeitalswesent-lichesAgensinderEinzelpsychotherapieanzuwenden,wasCole&Ladas-Gaskin(2007) als »achtsamkeitszentrierte«Therapiebezeichnen.Dabei sind sowohlderTherapeutalsauchderPatientineinemZustandvonAchtsamkeit:DerTherapeutineineraufdenPatienteneingestimmtenPräsenz,währendderPatientAchtsam-keitdazunutzt,dieeigeneninnerenErfahrungenzustudieren.FürCole&Ladas-GaskinsinddreiPsychotherapiemethodenachtsamkeitszentriert:Diesisterstensdieindenspäten1970erJahrenvonRonKurtz(199�)entwickelteHakomi-Me-thode,die»InnereAchtsamkeit«zur»assistiertenSelbsterforschung«nutzt.EsistzweitensdererlebensbezogeneFocusing-AnsatzvonE.T.Gendlin(1998),indem»...dasgegenwärtigeErlebenderPerson,sowieesmomentanimKörpergespürtwird,dasAgensdesVeränderungsprozesses«ist(Bundschuh-Müller2007,S.80)unddrittensdie»Arbeit mit der inneren Familie«(Schwartz1997),diePersönlich-keitsanteilebeziehungsweiseZuständeherausarbeitetunderforschtundachtsameKommunikationmitihnenundzwischenihnenanregt.

Der achtsame Therapeut

Es konnte nachgewiesen werden, dass Achtsamkeit für Patienten hilfreich ist,indemsie–etwainderDBT–alsSkillgeübtundalsHaltungverinnerlichtwird.EineweitereDimensioneröffnetsich–ebenindenachtsamkeitszentriertenVer-fahren–imErlebenvonAchtsamkeitinnerhalbeinerBeziehunginsofern,alsdietherapeutischeBeziehungallgemeinalsderwichtigsteeinzelneallgemeineWirk-faktorvonPsychotherapiegilt (Lambert 1992,vgl.Harrer2008).Auch fürdieHypnosepsychotherapiebetontRevenstorf (2001,S.62–6�)dieparalleleArbeitaufzweiEbenen:derLösungsebeneundderBeziehungsebene.

BeiderbewusstenGestaltungdieserBeziehungkönnteAchtsamkeitbedeut-samwerden,indemdieAchtsamkeitdesTherapeutenaufmehrfacheWeisezumGelingendestherapeutischenProzessesbeitragenkann(vgl.Fulton2009):

Aufmerksamkeit und Präsenz:Achtsamkeitistdas»Gegengift«zueinemunru-higen,wanderndenGeist.DieserwirdimmerwiedervonDingenaußerhalbderTherapieabgelenktoderistetwamitHypothesenbildungbeschäftigt,wobeiderKontaktzumPatientenverlorengehenkann.AchtsamkeitstrainingschultPräsenz,InteresseundNeugiergegenüberdenkleinstenDetailsdersichvonAugenblickzuAugenblickentfaltendengegenwärtigenErfahrungdesPatienten.EskultiviertdieFähigkeit,jemandemvonganzemHerzenübereinenlängerenZeitraumhinweg

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dieungeteilte,wohlwollendeAufmerksamkeitzuschenken(»wholeheartedatten-tion«,Horney1951).AlleindasErlebendieserQualitätvonPräsenzkannfürvielePatientenzueinerneuenundheilsamenkorrigierendenErfahrungwerden.

DieFähigkeit zur »bifokalen Wahrnehmung« wirdverfeinert,indemTherapeu-ten lernen, das Erleben des Patienten und zugleich ihr eigenes zu beobachten,etwa »minimal cues«wahrzunehmen,um siebeim »pacing«nützen zukönnenundzugleichdieGegenübertragungsreaktionen»mitzulesen«.

Weischede&Zwiebel(2009,S.39)beziehensichin»NeuroseundErleuchtung«aufFreudunddasvonihmbeschriebeneBeobachtendereigenenpsychischenVor-gängeunterVermeidungkritischerBewertungen.AllerdingshättenwederFreudnochseineNachfolgerbeschrieben,wiedieseHaltungkultiviertwerdenkönnte.

Dieakzeptierende HaltungdientdemPatientenalsModell, sich eigenenab-gelehntenAnteilenwohlwollendundohneSelbstkritikzuzuwenden,auchsiezuverstehenundanzunehmen.InderBegrifflichkeitBionskönntemanAchtsam-keitauchalsErweiterungderFähigkeitdesTherapeutenzu»Rêverie«oderalsVer-besserungdes»inneren Containers«verstehen,indemdieserjedenInhaltbewahrenkann,ohnedasBedürfnis, ihn zurückzuweisenoderdurch eineHandlung los-zuwerden(vgl.Pelled,2007).AufdemWegzurVerinnerlichungdieserHaltungführt Achtsamkeit dazu, auftauchende Bewertungen zu beobachten, wodurchdieseschoneinenTeilihrerStachelnverlieren.

»RadikaleAkzeptanz«führtzuErgebnisoffenheit.Diesestehtallerdingsineinemgrundsätzlichen Spannungsfeld zu denVeränderungsansprüchen der Patienten,denAnforderungendesGesundheitssystemsundderTherapeutenansichselbst(Lau,McMain2005).SiestelltdahereinegroßeHerausforderungfürdieThera-peutendar.

AchtsamkeitsschulungerhöhtdieEmpathiefähigkeit (Shapiro&Izett,2008),indemvermehrteSelbsteinfühlungauchzueinemtieferenVerständnisdarüberführt,wieMenschenihreeigeneWelterschaffen.Mitgefühlfürandereundfürsichselbst(»Selbst-Mitgefühl«,Self-Compassion,vgl.Neff2003,Germer2009)wirdgefördert(Orzechetal.2009).

Affekttoleranz:DieFähigkeitdesTherapeuten, intensiveGefühlewahrzuneh-menundauseinerdisidentifiziertenPositionauszuhalten,wirktfürPatientenalsModell,sichihnenebenfallszuzuwendenundsichihnenauszusetzen.

Gleichmut und Begrenzungen des Helfen-Müssens: DieKunstderPsychotherapiebestehtauchdarin,zwischenzweidurchAchtsamkeitspraxiskultiviertenQuali-täteneineBalancezufinden:zwischenMitgefühlundGleichmut.UnterGleichmutverstehtmandieHaltungeineroffenenRezeptivität,inderalleErfahrungenwill-kommengeheißenwerden,ohneetwazwischenwohltuendenundschmerzhaftenzuunterscheiden.Gleichmuthilftauch,dieGrenzendessenwahrzunehmen,wasmöglichist,umzuhelfenunddiesebesserzutolerieren.Gleichmutführtauchdazu,mitpersönlichenLimitierungenwohlwollenderumzugehenundermöglicht

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aufzuhören, Dinge reparieren zu wollen. Dies wiederum führt dazu – nichtdurchSuchenachLösungenabgelenkt–wirklichdaraufzuschauen,wasdaist.

Lernen nicht zu wissen:Achtsamkeithilft,zwischendemLebenzuunterscheidenwieesistundunserenIdeendarüber.EigeneTheorienundModellewerdenzuneh-mendalssolcheerkanntunddadurchwenigerfür»wahr«gehalten.Therapeutensinddannauchwenigeransiegebundenundwerdenoffener.AchtsamkeithilftzuAbstinenz,hilfteigeneWünscheloszulassen,etwazuwissenoderzukontrollieren.Sieerlaubtuns,nichtzuwissen.Einoffener,aufdenPatienteneingestimmterThe-rapeutkannbesseraufdieAnforderungendesgegenwärtigenMomentsantworten.

Lernen zu sehen: AchtsamkeitführtzuEinsichtenindieArtundWeise,wiewirunsereWeltkonstruierenundwiePatientenineinemanalogenProzessderKon-struktionihrerWirklichkeitengagiertsind.WirwerdengenauerinderFähigkeit,dieseSelbstorganisationsprozessewahrzunehmen.

Eigene Stress- und Burnout-Prophylaxe und die Möglichkeit von Glück: DiePraxisderAchtsamkeithilft,einstillesGlückzukultivieren,dasnichteinfachdurchwechselnde Außenbedingungen gestört werden kann. So zeigen Shapiro etal.(2007),dasseinaufMBSRbasierendes10-wöchigesGruppenprogrammbeiPsy-chologie-StudentenStress,negativeAffekte,RuminationundAngst reduzierteund–miterhöhterAchtsamkeitkorreliert–positiveAffekteundSelbst-Mitge-fühlförderte.StudienzudenAuswirkungendesGlücksderTherapeutenaufihrePatientenwärenlohnenswert.

AlldieseFähigkeitenkönnenhelfen,imTherapeuteneinenvonAchtsamkeitge-prägtenZustandhervorzurufen,derinderHakomi-Therapieals»loving presence«bezeichnetwird.Dieseristcharakterisiertdurch(1)einewacheGegenwärtigkeitbzw.Präsenz;(2)einegleichbleibende,verläßlicheAkzeptanz;(3)OffenheitundAllparteilichkeit allen auftretenden psychischen Elementen gegenüber; (�) Ge-duld,Langsamkeit,Genauigkeit;(5)FokusaufdieSelbstorganisationderInnen-weltimgegenwärtigenMomentundnichtaufdieLösungderProbleme;(6)dieständigeUnterstützungdes»InnerenBeobachters«desPatienten;(7)anteilneh-mende,mitfühlendeNeugier,dieein»experimentellesVorgehen«unterstützt;(8)innereZentriertheit,GelassenheitundGleichmut(vgl.Weissetal.2010,S.208).

Grepmairetal.(2007)konntenzeigen,dassdieSchulungvonAchtsamkeitbeiPsychotherapeutinneninAusbildungpositiveEinflüsseaufdenTherapieverlaufunddieBehandlungsergebnissehaben.

Interpersonale Neurobiologie und Achtsamkeit 

Die»interpersonaleNeurobiologie«(Siegel2006)verstehtdasGehirn»alsOrganzurAnpassungandieUmwelt,dasseineStruktureninInteraktionenmitAnderen

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heranbildet.…SoetwaswieeineinzelnesGehirngibtesnicht«(Cozolino2006,S.6;ÜbersetzungdurchdenAutor).»Wirsindverdrahtet,umVerbindungauf-zunehmen«(»wiredtoconnect«,Fishbane2007).SichereBindungerwächstausderEinfühlungderElterninihrKind.DurchdieelterlicheEmpathiefühltsichdasKind»gefühlt«undentwickeltVertrauenindieeigeneErfahrung.WieinderEltern-Kind-BeziehungkannauchinderPsychotherapiederEinstimmungundAbstimmungzwischenTherapeutundPatienteinezentraleBedeutungimthera-peutischenVeränderungsprozesszukommen.

Die innerenZustände vonPatient undTherapeut können als dasErgebniseiner dauernden interpersonalenWechselwirkung verstanden werden. Das Re-sultat einer gelingenden dyadischen Einstimmung ist eine »empathische Reso-nanz«.DiesezeigtsichaufderneurophysiologischenEbenedurchSynchronisie-rungsphänomenederelektrischenAktivitätderrechtenGehirnhemisphärenvonTherapeutundPatient (Schore 2003). InAchtsamkeit geteilteAufmerksamkeitfördertebendieseEinstimmung(Siegel2007,S.290).

Neurobiologische Aspekte von Hypnose und Achtsamkeit

Achtsamkeit und Hypnose können auch auf der neurobiologischen Ebene er-forschtundverglichenwerden (Holroyd2003;Halsband2008,Halsbandetal.2009).DieErgebnisseeinerwachsendenZahlvonStudienergaben,dassMedi-tationundHypnosegemeinsameKomponententeilen,esaberauchEvidenzfürunterschiedlicheneuronaleKorrelategibt(Winter,Halsband2008,S.178).

In der Meditationsforschung scheinen verschiedene Variablen für inkonsis-tenteErgebnisse verantwortlich zu sein. Sokonnte gezeigtwerden,dass unter-schiedlicheMeditationsformenauchunterscheidbareZuständehervorrufen.SozeigtdasGehirn einen jeweils anderenAktivierungszustand,wenn sichdieVer-suchspersonaufdasAussprecheneinesMantrasodereininneresBildkonzentriert,obsieAchtsamkeitübt,Gefühlebenennt(Creswelletal.2007)odersichineinemZustandvonMitgefühloder»LiebenderGüte«(Lutzetal.2008)befindet.

NebendenStudien zumphysiologischenSubstrat vonmeditativenZustän-denwurdendurchAchtsamkeitspraxis induzierteüberdauernde Veränderungenuntersucht.SchonachtWocheneinesAchtsamkeitstrainingsführtenimFrontal-hirn zuAsymmetrien imEEG,diemitpositivenAffekten inZusammenhanggebrachtwerden (Davidsonetal. 2003).Langzeitmeditierende zeigen imEEGim Gamma-Bereich Synchronisations-Effekte mit hohen Amplituden, dieuntrainierte Personen nicht aufweisen und die auf integrierende Prozesse hin-weisenkönnten(Lutzetal.200�).MeditationserfahreneunterscheidensichvonKontrollgruppenauchbezüglichdermittelsMRIgemessenenBeschaffenheitderHirnrinde. DieVeränderungen betreffen vor allem den rechten Frontallappen,

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die rechte vordere Insel, den rechten Gyrus temporalis inferior und den rech-tenHippocampus(Lazaretal.2005,Hölzeletal.2008,Ludersetal.2009).DerorbitofrontaleCortexspielteinewichtigeRollebeiderEmotionsregulation,diemit hemmenden Einflüssen auf die Amygdalae erklärt wird. Auch der Hippo-campusmoduliertdieAktivitätderAmygdalaeundihreBeteiligungbeiEmotionundAufmerksamkeit.DierechteInselregiondientder–durchAchtsamkeittrai-nierten–Körperwahrnehmung.

IneinerweiterenStudie(Farbetal.2007)konntenmittelsfMRIzweiAktivie-rungszuständeunterschiedenwerden,diezweiArtenderSelbstwahrnehmungent-sprechen:Einem»narrativenFokus«(NF)beidemmanübersichselbstnachdenktunddieeigenezeitlicheKontinuitätbewahrt,undeinem»experientiellenFokus«(EF),beidermansichdergegenwärtigenErfahrungzuwendet.BeimNFwarenmehrdieMittellinienstrukturendesmedialenpräfrontalenCortex(mPFC)betei-ligt,beimEFwarenesrechtslateraleAnteiledesPFC,dieInselregionundpara-limbischeStrukturen.NacheinemAchtsamkeitstrainingwarenVersuchspersoneninderLage,AktivitätendesmPFCzuunterdrückenunddamitnormalerweiseverknüpfteProzessezuentkoppeln,dieetwabeiAngstoderDepressioneineRollespielen.Parallelenzum»reinenBeobachten«unddem»Seins-Modus«liegenahe.

DieneuenTechnologienermöglichenauchzuuntersuchen,waswährendeinerTranceinduktionimGehirngeschieht.IndiesemZusammenhangistwohldiebe-deutsamstetheoretischePerspektivedieeinerfrontalen Hemmung.EbensowiebeiderErforschungvonunterschiedlichenZuständengibtesauchVergleichsstudienzwischenIndividuenmitunterschiedlicherAusprägungbestimmter»traits«,etwaeinerhohenodergeringenSuggestibilität(Gruzelier1988,2006;Wagstaff2007).

VonzukünftigenStudiensindbeispielsweiseneueEinsichtenindieRegulationvonAufmerksamkeitundEmotionenunddiefürHypnoseundAchtsamkeitbe-deutsamenFunktionendesFrontalhirnszuerwarten.SiewerdenunsauchaufdieserEbenehelfen,HypnoseundAchtsamkeitdifferenzierterzuverstehen.

Zusammenfassung

WennderTherapeutdassichindenbeschriebenenachtDimensionenentfaltendeSpektrumvorAugenhat,kannersichbeidenvielengroßenundkleinenEnt-scheidungeninderTherapieplanungfolgendeFragenstellen:

1.WanndieAufmerksamkeitfokussierenundeinengen,umAbsorptionunddamitTrancezuinduzieren?WanneinoffenesGewahrseinanregenodervielleichtsogarAchtsamkeitvermitteln?

2.Wann Dissoziationstechniken anwenden?Wann Patienten mit Hilfe vonAchtsamkeit aus dissoziierten Zuständen herausführen?Wann zu teilhabender,aberdisidentifizierterKörperwahrnehmunganleiten?

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3.WanndieSuggestibilitätinTrancezuständennutzen?Wann»enthypnotisie-ren«undAchtsamkeiteinführenundübenumeinenneuenBlickaufsichselbstundanderezubekommen?

�. Wann in Richtung Veränderung arbeiten und Lösungen suchen? WannmehrineinerForscherhaltungnachEinsichtensuchenundeineAkzeptanzdesUnveränderbaren anregen?Wann das »Wunder der Achtsamkeit« (Thich NhatHanh1988)einladen,esmögeimPatienten,imTherapeutenoderimRaumzwi-schenbeidengeschehen?

5.WannDisidentifikationalsSchlüsselbenutzen?Wannden»InnerenBeob-achter« als Konzept in die Psychotherapie einführen, indem es dem PatientenerläutertundesimtherapeutischenProzessgenutztwird?

6.WannRegressioninduzieren?WannindieZukunftführen?WannbewusstaufdengegenwärtigenMoment,aufdieaugenblicklichenfünfSekundenfokus-sieren?

7. Wie pendeln zwischen »Top-down-« und »Bottom-up-Interventionen«,auchumIntegrationzuermöglichen?

8.Wannaktivwerdenundhandeln?WanndenSchwerpunktmehraufdas»Sein«legenundden»Seins-Modus«beiPatientundTherapeutinduzieren,kul-tivierenundnutzen?

NichtzuletztistderTherapeutauchmöglichstimmerinKontaktmitsichselbst,mitdemeigenenKörpermitderFrage,wasimAugenblickinihmselbstvorgeht.DieAntwortenaufdieseFragesindderAusgangspunktfüreinegute»Selbstfür-sorge«innerhalbderTherapiestunde,aberauchaußerhalb.

Lynnetal.(2006)regenan,HypnoseundachtsamkeitsbasierteVerfahrenwieeinTandemzunutzen,umadaptiveReaktionenzukultivierenundmaladaptiveAutomatismenzuunterbrechen.AchtsamkeitkönneeinguterHintergrundfürdieErarbeitungvonSuggestionensein,umkognitiveStrategienzufördern,bes-sermitProblemenzuRechtzukommenundStressundnegativeAffektezure-duzieren.InderanderenRichtungkönneesHypnoseerleichtern,ZuständevonAchtsamkeitaufzusuchen.HypnotischeSuggestionenkönnenhelfen,loszulassen,achtsamaufmerksamzu seinundumschriebeneReizevon intensivenAffektenabzukoppeln.

ZusammenfassendkannmaneinigeAspektevonHypnoseundAchtsamkeitmit den zwei Seiten einer Münze vergleichen: Sie sind aus dem gleichen Ma-terial,gehörenin ihrerGegensätzlichkeitzusammenundbedingeneinander inihrerKomplementarität.SogibtesvieleWege,aufdenenTherapeutendenAcht-samkeitspoldesSpektrumsinihreTherapienintegrierenkönnen.NichtzuletztförderteineAchtsamkeitsschulungdesTherapeutenwesentlichepersönlicheundprofessionelleQualitäten,dieerzueinerfürsichunddenPatientenheilsamenGestaltungdertherapeutischenBeziehungnutzenkann.

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Danksagungen

DankgiltdemVerlagJohnWiley&SonsLtd.fürdiefreundlicheGenehmigungdesDrucksdieserübersetztenundüberarbeitetenVersiondesArtikels»Mindful-nessandtheMindfulTherapist:PossibleContributionstoHypnosis«,erschienenin»ContemporaryHypnosis26(�):23�–2��(2009).

DankenmöchteichauchHerrnHalkoWeiss,meinemHakomi-LehrerundFreund für viele klärendeDiskussionen überAchtsamkeit undPsychotherapie.IchdankeauchDanielaSchmidtfürdieVorbereitungundCo-LeitungdesWork-shops»HypnosisandMindfulness«amESH-KongressinWienimHerbst2008.

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ZusammenfassungAchtsamkeit ist durch vier essenzielle Komponenten charakterisiert: BewussteAufmerksamkeitslenkung, Disidentifikation mittels »Innerem Beobachter«, Fo-kussierungaufdengegenwärtigenMomentundAkzeptanz.HypnoseundAcht-samkeit stehen zueinander in einigen Dimensionen in einer komplementärenBeziehungunderöffnenSpektrenzwischen:(1)AbsorptionundoffenemGewahr-sein; (2) Dissoziation und Disidentifikation; (3) Suggestibilität, Konsensus-Be-wusstseinund»De-Hypnose«;(�)Ziel-undLösungsorientierung,absichtslosemErforschen,AkzeptanzundGleichmut;(5)»hiddenobserver«und»InneremBe-obachter«;(6)Regression–Zukunftsorientierung–Fokussierungaufdengegen-wärtigenMoment;(7)»Top-down-«und»Bottom-up-Interventionen«;(8)»Tun-Modus«und»Sein-Modus«.DerArtikelregtan,inderHypnosepsychotherapiedieseSpektreninvollemUmfangauszuschöpfenundAchtsamkeitalsRessourcezunutzen.DieAchtsamkeitdesTherapeutenbeeinflusstdie therapeutischeBe-ziehungpositiv,indemsieauchimPatientenachtsameZuständeinduziert,Selbst-Akzeptanz fördert, Selbsterforschung der Selbstorganisation und korrigierendeErfahrungenermöglicht.NichtzuletztfördertAchtsamkeitauchbeiTherapeutendie»Selbstfürsorge«.Aspekteder»interpersonalenNeurobiologie«derAchtsam-keitwerdenebensodiskutiertwieForschungen,dieHypnoseundAchtsamkeitaufderneurophysiologischenEbenemiteinandervergleichen.

SchlüsselworteAchtsamkeit–Hypnose–Disidentifikation

AutorDr.med.MichaelE.HarrerFacharztfürPsychiatrieundpsychotherapeutischeMedizin,Psychotherapeut(KatathymimaginativePsychotherapie,Hypnosepsychotherapie)undSupervisor(ÖVS)infreierPraxisA-6020Innsbruck,Jahnstraße18michael.harrer@chello.athttp://www.achtsamleben.at

ArbeitsschwerpunktePsychoonkologie,AchtsamkeitinderPsychotherapieundzurStress-undBurnout-Prophylaxe,Psy-Diplom-Fortbildung

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