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Imagination, Nr. 1 /2010 18 Michael E. Harrer Achtsamkeit und Hypnosepsychotherapie Michael E. Harrer Einleitung Die buddhistischeTradition beschreibt Achtsamkeit als Herzstück auf dem Weg zur Erkennung der Ursachen und zur Befreiung von Leiden. Seit den 1970er Jah- ren gewinnt Achtsamkeit auch in der westlichen Psychotherapie zunehmend an Bedeutung (Baer 2006; Johanson 2006; Brown et al. 2007; Mace 2008; Germer etal. 2009; Weiss, Harrer 2010). Sie wurde von Ron Kurtz (199) im Rahmen der Hakomi-Methode erstmals explizit in die psychodynamische Psychotherapie eingeführt. Ihre heutige Verbreitung verdankt sie aber vor allem dem »Mindful- ness-based Stress Reduction Programm« (MBSR; Kabat-Zinn 2006a, 2006b) und der Tatsache, dass dieses in der Verhaltenstherapie großen Anklang fand, stö- rungsspezifisch weiterentwickelt wurde und die Wirksamkeit der Programme in einer Vielzahl von Studien (Grossman et al. 200) nachgewiesen werden konnte. So zeigen etwa die »dialektisch-behaviorale erapie« (DBT) bei Borderline Pati- entinnen (Linehan 1996), die »achtsamkeitsbasierte kognitive erapie« (MBCT) bei depressiven Menschen (Segal et al. 2008) und die »Akzeptanz- und Commit- ment-erapie« (ACT; Hayes etal. 2007) bei verschiedensten psychischen Stö- rungen beachtliche Wirkungen. So liegt es nahe, sich zu fragen, inwieweit das Konzept der Achtsamkeit auch die Hypnosepsychotherapie bereichern kann. Diese Frage wird im Folgenden be- antwortet, speziell auch mit dem Schwerpunkt, welche positiven Auswirkungen es haben kann, wenn der erapeut dem Patienten aus einer Haltung der Acht- samkeit heraus begegnet und mit ihm gemeinsam Zustände von Achtsamkeit aufsucht, um ihm bei der Erforschung seiner Innenwelt zu assistieren. Wenn im Folgenden die männlichen Formen verwendet werden, dann dient dies dazu, den Text lesefreundlich zu gestalten. Es sind selbstverständlich beide Geschlechter gemeint. 10015 imagination.indb 18 14.03.10 22.31.7 Uhr

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Imagination,Nr.1/2010

18 MichaelE.Harrer

Achtsamkeit  und Hypnosepsychotherapie

Michael E. Harrer

Einleitung

DiebuddhistischeTraditionbeschreibtAchtsamkeitalsHerzstückaufdemWegzurErkennungderUrsachenundzurBefreiungvonLeiden.Seitden1970erJah-rengewinntAchtsamkeitauchinderwestlichenPsychotherapiezunehmendanBedeutung(Baer2006;Johanson2006;Brownetal.2007;Mace2008;Germeretal.2009;Weiss,Harrer2010).SiewurdevonRonKurtz (199�) imRahmenderHakomi-MethodeerstmalsexplizitindiepsychodynamischePsychotherapieeingeführt.IhreheutigeVerbreitungverdanktsieabervorallemdem»Mindful-ness-based Stress Reduction Programm« (MBSR;Kabat-Zinn2006a,2006b)undderTatsache, dass dieses in der Verhaltenstherapie großen Anklang fand, stö-rungsspezifischweiterentwickeltwurdeunddieWirksamkeitderProgrammeineinerVielzahlvonStudien(Grossmanetal.200�)nachgewiesenwerdenkonnte.Sozeigenetwadie»dialektisch-behavioraleTherapie«(DBT)beiBorderlinePati-entinnen(Linehan1996),die»achtsamkeitsbasiertekognitiveTherapie«(MBCT)beidepressivenMenschen(Segaletal.2008)unddie»Akzeptanz-undCommit-ment-Therapie« (ACT; Hayes etal. 2007) bei verschiedensten psychischen Stö-rungenbeachtlicheWirkungen.

Soliegtesnahe,sichzufragen,inwieweitdasKonzeptderAchtsamkeitauchdieHypnosepsychotherapiebereichernkann.DieseFragewirdimFolgendenbe-antwortet,speziellauchmitdemSchwerpunkt,welchepositivenAuswirkungeneshabenkann,wennderTherapeut�demPatientenauseinerHaltungderAcht-samkeit heraus begegnet und mit ihm gemeinsam Zustände von Achtsamkeitaufsucht,umihmbeiderErforschungseinerInnenweltzuassistieren.

� WennimFolgendendiemännlichenFormenverwendetwerden,danndientdiesdazu,denTextlesefreundlichzugestalten.EssindselbstverständlichbeideGeschlechtergemeint.

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19AchtsamkeitundHypnosepsychotherapie

Was ist Achtsamkeit?

WiewirdieWelterlebenundsieimmerwiederneukonstruieren,hängtzueinemgroßenTeildavonab,woraufwirunsereAufmerksamkeitlenkenundauswelcherHaltungherauswirsiewahrnehmen.Achtsamkeitbedeutet,seineAufmerksam-keitderjeweilsgegenwärtigenErfahrungzuschenken–aufeineakzeptierendeund nicht beurteilendeWeise – und sich dabei zugleich des Gewahrseins desjeweiligen Objektes der Aufmerksamkeit bewusst zu sein. So lautet die Basis-anweisung zur Achtsamkeitsmeditation (Vipassana) folgendermaßen: »… sitzestill,bewegeDichnichtundlenkeeinfachDeineoffeneAufmerksamkeitaufdas,wasdaist,vonAugenblickzuAugenblick,mitGleichmut,ohneAnhaftenoderAblehnung…undohnezuversuchen,eszuverändern«(Tart2001b,S.68;Über-setzungdurchdenVerfasser).

DasWortAchtsamkeitbeschreibt inseinermodernenAnwendungdreierlei:Vorübergehende,definierteBewustseinszustände(»states«),überdauerndeEigen-schaften(»traits«)imSinneeinerHaltungoderaberumschriebeneFormenderÜbungspraxis. In Achtsamkeitstrainings oder dem klassischen Weg der »Geis-tesschulung«(Nyanaponika2000)werdenachtsameZuständewiederholtaufge-sucht,umdiesezukultivierenundalsHaltungzuverinnerlichen.

Die vier Komponenten von Achtsamkeit

1.   Aufmerksamkeitslenkung, Meta-awarenessDieinderRegelautomatischablaufendenProzessederAufmerksamkeitslenkungwerden inAchtsamkeitdeautomatisiert.Diesgelingt, indemmandanach trach-tet, sich in jedem Augenblick über den jeweiligen Fokus der Aufmerksamkeitbewusst zu sein. Dieser Fokus kann ein umschriebenes Objekt sein, etwa dasHebenundSenkenderBauchdeckebeimAtmenodereinungutesGefühlinderMagengrube;derFokuskannaber auchals »Panorama-Bewusstsein« breit,weitund offen sein. Um die Bewusstheit über den augenblicklichen Fokus, »Meta-awareness«,zuüben,kanneshilfreichsein,dasjeweiligeObjektdesGewahrseinsinnerlichleisezubenennen,esgleichsammiteinemEtikettzuversehen.InderAußenweltkönntendieseEtikettenetwalauten»sehen«,»hören«,»berühren«,inderInnenweltfindensich»Bilder«,»Gedanken«,»Gefühle«und»Empfindungen«(Young2008).

2.  Der »Innere Beobachter«, DisidentifikationDeikman (1982, S.92–9�) beschreibt vier abgrenzbare Erfahrungsbereiche des»Selbsterlebens«:Sounterscheideterzwischeneinem»denkenden Selbst«,einem»emotionalen Selbst«,einem»funktionalen Selbst«mitdemKörperalsHauptorgan

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unddem»beobachtenden Selbst«.DasPhänomendes»beobachtenden Selbst«ord-netereineranderenEbenezu:esseidaspersönlichstevonallen,esbestehevordenGedanken,Gefühlen,HandlungenunddemKörper,weilesebendiesePhä-nomeneerfahrenundbeobachtenkann.DasEntscheidendeam»beobachtendenSelbst«seijedoch,dassesnichtzueinemObjektderBeobachtunggemachtwer-denkann.WasimmerwirbeobachtenoderinKonzepteeinordnenkönnen,isteinObjektdesGewahrseinsundniedasGewahrseinselbst.

DieausdauerndeÜbungvonAchtsamkeitführtzueinerbewussteren,detail-reicherenundintensiverenWahrnehmungderInnen-undAußenwelt.Zugleichwirddieses»beobachtendeSelbst«trainiert,ein»Innerer Beobachter«aktiviertundgestärkt.Achtsamkeitbedeutet,ineinemrezeptiven ZustanddiesichvonMomentzuMomententfaltendeErfahrungderinnerenundäußerenWeltzubeobachten.Achtsamkeitbedeutetweiter,sichdes jeweiligenbeobachtetenObjektsbewusstzu sein, zugleich aber auchdesGewahrseins selbst. Im fortgeschrittenenAcht-samkeitstrainingwirdderFokusvondenObjektenderWahrnehmungzueinerobjektlosenBeobachtungverschoben,zum»reinen Beobachten«.DieserWegführtüberdieFrage»werbinich?«intranspersonaleDimensionen.InderspirituellenLiteraturwirdfürdenBeobachterauchdasWort»Zeuge«und»Zeugenbewusst-sein«(Wilber1996,S.152)verwendet.

Ein wesentliches Prinzip derWirkung von Achtsamkeit ist die »Disidentifi-kation«. Sich zu disidentifizieren bedeutet, durch das Beobachten Abstand zudensichstetsveränderndenGedanken,Gefühlen,ImpulsenundZuständenzugewinnen. Ein Gedanke wird als Gedanke erkannt und verstanden, als nichtmehr,aberauchalsnichtweniger.DieachtsamkeitsbasiertekognitiveTherapie(MBCT) bezeichnet diesen Perspektivenwechsel als »distancing« oder »decente-ring«.Er gilt alsder zentraleWirkmechanismusderMBCT (Segal etal. 2008)beiderRückfallpräventionvonDepression.DiekognitiveTherapiederDepres-sionversuchte,dysfunktionaleGedankendurchfunktionalezuersetzen.Inder»drittenWelle«derVerhaltenstherapiewerdendepressiveMenscheninAchtsam-keitstrainingsdazuangeleitet,depressiveGedankenkettenalssolchezuerkennenundimBeobachtenzubleiben.Siesinddannnichtmehrmitihnenidentifiziert,glaubennichtmehralles,wassiedenken.

DiesesNicht-Anhaften,dieDisidentifkationvondem,waswirnormalerweisealsRealität anerkennen,kannalsBasisderWirkungder achtsamkeitsbasiertenVerfahrenbetrachtetwerden.AuchdasBeobachtendesKommensundGehensverschiedensterZuständehilft,unsvonebendiesenZuständenzudisidentifizie-ren. Das Konstrukt des »Inneren Beobachters«, gleichsam alsVerantwortlicherfürdiesenBeobachtungsprozessisthilfreichbeidieserDisidentifikation,indemwirunsimmerwenigermitdemBeobachteten–etwaunserWutoderunseremBildvonuns selbst–und immermehrmitdiesemunveränderlichen»InnerenBeobachter«identifizieren.

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21AchtsamkeitundHypnosepsychotherapie

3.  Gegenwärtiger Moment, Präsenz, AnfängergeistAchtsamkeitbedeutet,dieAufmerksamkeitdervonMomentzuMomentgegen-wärtigenErfahrungzuzuwendenundsichdamitnicht inErinnerungenandieVergangenheitoderinErwartungenandieZukunftzuverlieren.AlsAnfängergeistbeschreibtSuzuki(1975)eineHaltung,indermanjedemMomentohneErwar-tungenundohne– ausderVergangenheit stammende–KonzepteunddamitohneVorurteileundBeurteilungenbegegnet.Anfängergeistforschtundbeobach-tet,willdieDingesehen,wiesiesind;erbetrachtetdasLebenwieeinKind,vollerNeugier,WunderundFreude.DieserFokusderAufmerksamkeitaufdengegen-wärtigenMomentführtzueinerQualitätvonPräsenz :manistzentriertundimKörperlebendig,auchwährendmanmitanderenMenscheninKontaktist.

4.  Akzeptierende, nicht bewertende Zuwendung; GleichmutAchtsames Beobachten bedeutet, alle im Erfahrungsstrom auftauchenden Ob-jektemitGleichmutzubetrachten(Young200�),d.h.ohneAnziehung,Anhaf-tenoderAblehnungundVermeidung.Achtsamkeitbedeutet, dieDinge so zuakzeptierenwie sie sind, sie nicht zubewertenund sie nicht anders haben zuwollen,alssiesind.Diedialektisch-behavioraleTherapiesprichtvon»radikaler Akzeptanz«(Linehan1996).MankönntedieseQualitätmitdemBlickeinesgü-tigenGroßvatersodereiner liebevollenGroßmutterauf ihreEnkelvergleichen.Sienehmendiesesowahr,wiesiesind,mitallerLiebeundohnedenWunsch,siezuverändern.

Das Aufgeben von Ablehnung und dem damit meist verbundenenVermei-dungsverhalten ermöglicht, sich Situationen auszusetzen, die bis dorthin ver-miedenwurden.DieseExpositionkann–heilsamgestaltet–zu»korrigierendenErfahrungen«führen.Die»AkzeptanzundCommitmenttherapie«nutztdenGe-winnderUmsetzungderzentralenWertedesPatienten,umihnzueinerSelbst-verpflichtungzumotivieren,auch(potentiell)unangenehmeErfahrungenzuak-zeptierenundsichNeuem,bisherVermiedenemauszusetzen.

Achtsamkeit und Hypnose eröffnen ein weites Spektrum

AchtsamkeitundHypnosesindinsofernverwandt,indemsiesichinwesentlichenBereichen auf die gleichen Dimensionen beziehen. Sie stehen dabei allerdingsvielfachineinerpolargegensätzlichenbzw.komplementärenBeziehung.

Hypnotische Zustände sind durch drei wesentliche Eigenschaften gekenn-zeichnet:(1)Absorption,(2)Dissoziationund(3)Suggestibilität.FernerbezwecktHypnoseVeränderungundistdamit(�)zumeistzielorientiert;inhypnotischenZuständenkann(5)ein»hiddenobserver«anwesendsein;Hypnosearbeitet(6)mitRegressionundZukunftsorientierung.Sienutztvorallem(7)»Bottom-down«-

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Interventionen,undsieist(8)ein–inweitenAbschnitten–vonseitendesThe-rapeutenaktivgestalteter,gelenkterProzess.

ImFolgendensollendieseachtDimensionenerläutertwerden:

1.  Von Absorption zu offenem GewahrseinInderHypnosebedeutetAbsorption–etwaineinerImagination–eineFokussie-rungdergesamtenAufmerksamkeitaufeinenkleinenAusschnittdesmöglichenWahrnehmungsfeldes.DabeiwerdenandereBereicheausgeschlossen:SonimmtnormalerweiseeinPatientinHypnoseseineUmgebunggarnichtodernursehrbruchstückhaftwahr.Erhat inderRegelkeinBewusstseindarüber,dass er inHypnoseist,somitbestehtkeineMeta-awareness.

AchtsamkeitführtzumGegenteilvonAbsorption:essenziellistdabeidieAkti-vitätdes»InnerenBeobachters«unddasGewahrseindesGewahrseins.DazukannauchnochdieOffenheitderAufmerksamkeitkommenimSinneeineseinschlie-ßendenundebennichtsausschließendenoffenenGewahrseins.FürPatientenistesauchaußerhalbderTherapiehilfreich,Meta-awarenesszuentwickeln,umsichihrer automatisch funktionierenden Aufmerksamkeitslenkungsprozesse bewusstzuwerden.AchtsamkeitstrainingübtdieFähigkeit,aufdaszufokussieren,wasinjedemMomentwichtigist(Young2006)undheilsam–umeinenTerminusderbuddhistischenPsychologiezuverwenden.DenAufmerksamkeitsfokusbewusstzuverändernoderdieAufmerksamkeitzuweiten, isteinWegumausautoma-tischgetriggertenProblemtrancenherauszuneuenWahrnehmungenderWelt,zuimmermehr»Klarblick«zugelangen.

2.  Von der Dissoziation zur DisidentifikationAlsüberwältigenderlebteErfahrungenführenzudissoziativenPhänomenen,zuDepersonalisation, zu Gefühlen, nichts mehr mit dem eigenen Körper zu tunzuhaben,irgendwoandersoderim»Nirgendwo«zusein.DieserautomatischeMechanismus kann lebensrettend wirken, indem er hilft, aus einer nicht aus-haltbaren Realität zu entfliehen und dadurch Schmerzhaftes nicht wahrzuneh-men zu müssen. In der Hypnose werden dissoziative Zustände induziert undgenutzt,etwainderSchmerztherapie.

AnleitungzurAchtsamkeit führt indieGegenrichtung:DerPatientwendet sich akzeptierend und teilhabendderErfahrungzu,aberausderdisidentifiziertenBeobachterposition.Erbleibt imKontaktmitdemKörperundmitdemHierundJetzt.AktualisierteErinnerungenunddiemitihnenverbundenenGefühlewerdeninihremAuftauchenundVergehenbeobachtet,ohnesichmitihnenzuidentifizieren.BeiMenschenmitchronischenSchmerzenkonnteeinestarkene-gative Korrelation zwischen Dissoziation/Depersonalisation und Achtsamkeitgefunden werden (Michal etal. 2007). Andererseits gelingt durch eine genaue,differenzierende Beobachtung der einzelnen Komponenten des gegenwärtigen

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23AchtsamkeitundHypnosepsychotherapie

Erlebenseine»Dekonstruktion«vonkomplexenErfahrungen.DieakzeptierendeBetrachtungderEinzelteileeinerunangenehmenErfahrung–Gedanken,Bilder,Erinnerungen, Empfindungen, Gefühle – kann ihr den überwältigenden Cha-rakternehmenundsiehandhabbarmachen.DieseachtsamkeitsbasierteCoping-Strategie wird auch bei Schmerzen eingesetzt (Young 200�). ÜberwältigendesundbisherAusgeblendeteskannintegriertwerden.

Achtsamkeithilft somit,vomsicherenStandpunktdes innerenBeobachtersaus, all dem,was gegenwärtigda ist, insAuge zu sehenund fördert aufdieseWeise dessen Integration (Siegel 2007, 2010). Auch der konstante, wache undlebendigeKontaktmitdemKörper,das»embodiment«isteinbedeutsamesCha-rakteristikumvonAchtsamkeit(Mace2008,S.�5).Sohilftsie,sicheinemThe-rapiezielvielerPatientenzunähern:ineinemsichlebendiganfühlendenKörperpräsentzuseinundneueQualitätendesLebenswahrzunehmen.

3.  Suggestibilität: Von Trance über »Konsensus-Bewusstsein« zur »De-Hypnose«

DieAbsorptioninTrance-ZuständenführteinerseitszueinerintensiverenWahr-nehmungvonbestimmtenAusschnittenderinnerenundäußerenWelt,anderer-seitszumAusblendenvonanderenTeilen.InderRegelnehmenwirdieBilder,diewirunsvonderWeltundvonunsselbstmachen,alsRealität.Wirsindzu-meistidentifiziertmitunserenGedankenundGefühlen,wirtendierendazu,zuglauben,waswirindenunterschiedlichstenZuständendenkenundfühlen.DiesgeschiehtauchinkrankheitswertigenZuständenvonAngstoderDepression,indenendieGedankenalsnegativeAutosuggestionenverstandenwerdenkönnen.In der Therapie erarbeitete »positive« Autosuggestionen führen in die gleicheRichtungwiedieSuggestionendesTherapeuteninderHypnose:SiesollenalsRealitätgenommenwerden.

DerBegriff»Trance«wirdindermodernenHypnotherapievielfältigverwen-det.Man spricht etwavon»Autobahntrance«, »Alltagstrancen« (Wolinski 1993),»Problem- und Lösungstrancen«.Wier(1996)unterscheidetvierArtenvonTrance:Meditative, hypnotische, süchtige und charismatischeTrance. Man kann auchEgo-States – etwaKind-Zuständeoder aktivierteTäterintrojekte– alsFormenvonTranceverstehen.FallenwirsomitinunseremAlltagvoneinerTranceindieandere?InwieweitsindwirauchimKonsensus-Bewusstsein(Tart2001a)ineinerTrance, die alles ausblendet,was sichmitdem familiärundgesellschaftlich ge-prägtenKonzeptunsererWeltnichtverträgt?DerHypnosepsychotherapeutsolltesichmöglichstKlarheitdarüberverschaffen,inwelcherTrancebzw.inwelchemBewusstseinszustandsichderPatientjeweilsbefindet.Diesermöglicht,gezieltaufdenspezifischenBewusstseinszustandeinzuwirken.

In der Sprache der Achtsamkeit können Trancen beschrieben werden alseine ausblendende oder verzerrteWahrnehmung der Realität, als ein nicht in

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derGegenwartundNicht-im-eigenen-Körper-SeinundalsfehlendeBewusstheitdarüber,dassmaninTranceist.Damitwirddeutlich:AchtsamkeitistderGegen-poldessen,wasalsTrancedefiniertist.Entscheidendistdabeidas»ErwachendesinnerenBeobachters«.SobaldderBlickausderAußenperspektivemöglichwirdundesmirklarist,dassichineinerTranceverhaftetbin,hältsiemichschonnichtmehr vollständig gefangen. Achtsamkeit führt dazu, dieWelt immer mehr sowahrzunehmen,wiesieist.DerAnfängergeistderAchtsamkeitnimmtdieWeltabgelöstvondenKonzeptenundVorurteilendesKonsensus-Bewusstseinsbzw.der»Alltagstrancen« wahr. Hypnose führt Patienten aus Problemtrancen in Lösungs-trancenundinduziertressourcevolleZustände.ImGegensatzzudieser»LösungersterOrdnung«stelltAchtsamkeiteine»Lösung zweiter Ordnung«dar(Watzla-wicketal.1979),indemsiedienächsthöhereEbenenutzt:DurchBeobachtungausderunverrückbarendisidentifiziertenPositiondesinnerenBeobachtersführtAchtsamkeit zu »Enthypnotisierung«, zur »De-Hypnose« (Wolinsky 1993). Sie er-möglichtdamitdenWegaussichständigabwechselnden,automatischgetrigger-ten,einschränkendenTrance-Zuständen.

ZentralesAnliegendiesesArtikels istes, speziellHypnosepsychotherapeuteneben den Bewusstseinszustand der Achtsamkeit nahezubringen und ihn von»Trance«abzugrenzen,umihnimRahmendes»Bewusstseinsmanagements«auchbewusstinTherapieneinladenzukönnen.AuchPatientenkönnenmittelsAcht-samkeit lernen, auchaußerhalbderTherapieTrancezuständezuerkennenundsichnichtmehrvonihnenentführenzulassenundausdem»Autopilotenmodus«(Kabat-Zinn2006a)auszusteigen.

4.  Von Ziel- und Veränderungsorientierung über eine explorative Haltung zu Akzeptanz und Gleichmut

AlsTeilmodernenLebenssollPsychotherapiehinsichtlichZeitundKosteneffi-zientsein.AuchausdiesemTrendherauswurdenzumTeilmanualisiertelösungs-und symptomorientierte Kurzzeittherapien entwickelt. Oft erwarten PatientenschnelleVeränderungenunddiesnicht seltenohneeigenenBeitrag, speziell inderHypnose.DieseErwartungenkönnenoftnichterfülltwerden,undVerände-rungsstrategiensindinvielenFällennichterfolgreich,wennsiesichaufZukunfts-undLösungsfokussierungbeschränken.

DieHypnosepsychotherapiekenntdreiInterventionsmodi(Kanitschar2009):Einenzukunfts-undlösungsorientierten,zweitenseinenkonfliktbearbeitenden,korrigierendeemotionaleErfahrungenvermittelndenunddrittenseinenIch-stär-kenden,ressourcenaufbauendenundübendenModus.

Imkonfliktbearbeitenden ModuskannderTherapeutdieneugierigeexplorative HaltungderAchtsamkeitnutzenunddeninnerenBeobachterdesPatientenak-tivierenundansprechen,ihngleichsamalsCo-Therapeutengewinnen.Gefühle,Konflikte, Persönlickeitsanteile im Sinne der Ego-State-Therapie (Watkins &

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Watkins2003)könnengemeinsamerforschtwerden.Die für eineNachreifungnotwendigenkorrigierenden emotionalen Erfahrungenkönnennachgeholtwerden,speziellauchdurchdieArbeitmit»Kind-Anteilen«.

Achtsamkeit ist auch im Ich-stärkenden, ressourcenaufbauenden undübenden Modus nutzbar.MankönntedasTrainingeinesimmerkonstantereninnerenBe-obachtersals»ultimative«Ressourceansehen,nichtnurbeiexistentiellenHeraus-forderungen.WennetwaeineTherapienichtinderLageist,Symptomezuredu-zieren,ProblemeoderäußereRealitätenzuverändern,kanneineVeränderungderHaltungdesPatientengegenüberdenProblemeninRichtungAkzeptanzhelfen,diesebesserzubewältigen.

DiebuddhistischePsychologiebetrachtetHass, Gier und Unwissenheit–oftsymbolisiert als Schlange,HahnundSchwein– als dieUrsachen allerLeiden.AchtsamkeitstehtimZentrumdesWegesderBefreiungvonLeiden,indemsiehilft,daszuerkennenundsichvonHassundVermeidung,vonGierundAnhaftenzulösen.GleichsamalsAntidotzuHasskultiviertsieAkzeptanzund»Liebende Güte« (Kornfield2008).DieseroffenwohlwollendeBlickaufsichselbst,andereMenschenundSituationenführtausderUnwissenheitzuneuenEinsichten.DergewonneneKlarblickhilft,unsselbstundanderemitallenEigenartenimmermehrzuakzeptieren.Darüberhinaus führterdazu,unsselbstundanderezu lieben.

WennmanetwadieSichtweisederbuddhistischenPsychologieaufchronischeSchmerzzuständeanwendet,soentstehtpsychischesLeidenerstdurchdenHass,durchdieAblehnungunddasverzweifelteundverkrampfendeWeghaben-Wol-lenderkörperlichenSchmerzempfindung.InAchtsamkeitsindSchmerzen»nur«Empfindungen,die ihrerseitswiederunangenehmeGedanken,Gefühle, innereBilderundkörperlicheReaktionenhervorrufen.

Nach Epiktet sind es nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern dieMeinung,diewirvondenDingenhaben,undWatzlawickbeschrieb,wievieleLösungsversuche ihrerseits zum Problem werden. Dies geschieht insbesonderedann,wennestrotzgroßerAnstrengungnichtgelingt,etwasodersichselbstzuverändern.WenndannallerdingsnachlangemKampfderWunschnachVerän-derungaufgegebenundProblemeoderSymptomeakzeptiertwerden,verändernsiesichnichtseltenspontanoderlösensichauf.Mansprichtvonder»Paradoxen Theorie der Veränderung«(Collande2007).

AchtsameAkzeptanzbedeutetallerdingskeineswegsResignationodereinSich-abfindenmitVeränderbarem.Ganz imGegenteil:Akzeptanz istVoraussetzungdafür,genauundunvoreingenommenwahrzunehmen,wiedieDingeimMomentsind. Gerade das kann zum Ausgangspunkt fürVeränderungsprozesse werden.5.  Vom »hidden observer« zum »Inneren Beobachter«EinsichtsorientiertePsychotherapienbeziehen sich aufdie beobachtendeFunk-tiondesIch,Sterba(193�)sprichtvoneiner»therapeutischenIch-Spaltung«.In

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derHypnoseexperimentiertenHilgardetal.(1975)mitderhypnotischenInduk-tionvonAnalgesie.AuchbeijenenVersuchspersonen,diekeinenSchmerzwahr-genommenhatten,konnteein»hiddenobserver«hervorgerufenwerden,derinderLagewar,überdieStärkedesexperimentellinduziertenSchmerzeszuberich-ten.HilgardsNeo-Dissoziations-Modellenthältein»exekutivesIch«als»zentraleKontrollstruktur«.DiesehatMonitorfunktion imSinnedes »hiddenobserver«undexekutiveFunktionen.DasErwachendesverborgenenBeobachterskannalsResultat derAnweisung vonHilgard verstandenwerden,welchedie totaleAb-sorptionverhinderte.SiefokussiertezugleichaufdieSchmerzwahrnehmungunddiedamit rivalisierendehypnotischeMetaphervonTaubheitoder angenehmerWärme(Spiegel1990,S.136).

DurchdieEinführungvonAchtsamkeit indieTherapiewird in jedemFallimplizitder»InnereBeobachter«eingeladen,aktiviertundgeübt.VielePatientenprofitierenauchvonderexplizitenErklärungdesKonzeptesdes innerenBeob-achtersundderdamitverbundenenDisidentifikation.

6.  Von Regression und Zukunftsorientierung zum gegenwärtigen MomentWennmanHypnoseunterdemAspektderZeitbetrachtet,stellensichinTrancenspontanoderaktivinduziertregressiveZuständeein.DieArbeitmitKindzustän-denhilft,dieArtundWeise,wiejemanddieWelterlebtundsichihrgegenüberverhält–aufdembiographischenHintergrund–besserzuverstehenunddamitauchzuakzeptieren.DiesistzugleichdieBasisdafür,jeneinderEntwicklungdesPatientenbisher fehlenden emotionalenErfahrungen zu erkennenundwieder-holtzuvermitteln.Imlösungsorientierten ModuswerdenZuständeinderZukunftzueinerZeitimaginiert,indenendasZielschonerreichtist.

Mit dem Ziel der Selbsterforschung fokussieren achtsamkeitsbasierte Thera-pien auf die Selbstorganisation in der Gegenwart. Dies kann etwa zur Einsichtführen,dassimmerwiederaktualisierteErinnerungenausderVergangenheitodereine Angst machende Beschäftigung mit der Zukunft das Leben beherrschen.AchtsamkeitnutztdieKraftdes jeweiligenAugenblicksals einzigeZeit, inderLeben,aberauchVeränderungdurchEinsichtenundneueErfahrungenmöglichist.Stern(2005,S.52)bemisstdieDauereines»Gegenwartsmomentes«miteini-genSekunden.MitsichundderWeltinlebendigemKontaktzusein,indemmanmitallenSinnendieFülledesAugenblickswahrnimmt,hilft»zurBesinnungzukommen«(Kabat-Zinn2006b),stiftetSinnundbringtLebensqualität.

»Wirkliches Leben erfahren wir nur im Hier und Jetzt. Die Vergangenheitist schon vorüber und die Zukunft ist noch nicht da. Nur im gegenwärtigenAugenblickkönnenwirdasLebenwirklichberühren«(ThichNhatHanh1998,S.17).

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27AchtsamkeitundHypnosepsychotherapie

7.  »Top-down-« und »Bottom-up-Interventionen«Ebensowieviele traditionelleModellederPsychotherapiebasiertHypnosepri-märaufder Idee,dassVeränderungen»top-down«passieren.DieVorannahmeist,dasssignifikanteVeränderungenindenErzählungendesPatienten,inseinenKognitionen,Glaubenssätzenund innerenBildernVeränderungenherbeirufen,diedannauchdasKörpererlebenverändern.AusgangspunktderArbeitistdaherdieGeschichte,diederPatienterzählt.

Komplementär zu diesen »Top-down-Zugängen« können »Bottom-up-Zu-gänge« genutzt werden, indem der Körper als Ausgangspunkt dient. Der Kör-peristderKönigswegzudem,wasdiemodernenNeurowissenschaft»implizites Gedächtnis«nennt.Durch(assistierte)achtsameBeobachtungvonallgemeinemArousal,vonEmpfindungen,Gefühlen,vonAnspannung,ImpulsenodervonBe-wegungenkannein»bottom-up-processing«erfolgen.SpeziellbeitraumatisiertenPatientenkanndies eine integrierendeWirkunghaben, zuSymptomreduktionführen,zuVeränderungen indenKognitionen,Emotionen,GlaubenssystemenundderBeziehungsfähigkeit(Ogdenetal.2006).

EinBeispiel füreinen»bottom-up-Zugang«,derschonindieHypnoseEin-ganggefundenhat,istdie»Affektbrücke«(Watkins1971).DabeiwirdeinGefühl,demGelegenheitgegebenwurde,sichimKörperauszubreiten,gleichsamalsBrü-ckegenutzt,ZugangzuSzenenausderVergangenheitzubekommen,dieunterdemgenetischenAspektmitdiesemverbundensind.

DieKunstderTherapiemagauchdarin liegen,zwischendiesenbeidenZu-gängenzuoszillierenundgenauanderGrenzezwischenKörperundmentalenProzessenzuarbeiten.MankannetwadenPatientenfragen,waseineErzählunginseinemKörperbewirktundihneinladen,diesinAchtsamkeitgenauerzuer-forschen. Dadurch angeregte neue Körpererfahrungen können dann ihrerseitswiederweiterführendeAssoziationenaufderEbenevonGedanken,BildernundErinnerungenauslösen.DiesehabenwiederumkörperlicheAuswirkungenusw.

8.  Vom »Tun-Modus« über »Nicht-Tun« zum »Sein-Modus«Lösungs- und Zielorientierung ist meist mit der Vorstellung verbunden, manmüsse inderTherapiehöchstaktiv»dasRichtige«–ebendieLösung–findenundanschließendumsetzen.Der vorherrschendeArbeitsmodus vonTherapeutundPatientistdaherein»Tun-Modus«.

ImGegensatzdazugibtesinAchtsamkeitkeineIdeendarüber,wiederPatientoderdieWeltseinsoll.Stattdessenstudiertsieundhörtgenauaufdas,wasist,mitderAbsicht,esimmerklarerwahrzunehmen.Achtsamkeitistradikal.Esgibtabsolutnichtszuerreichen.SieistAusdruckdesöstlichen»Nicht-Tuns«(Weiss2009),wasabernichtzuverwechselnistmit»Nichts-Tun«.Achtsamkeitistviel-mehrein»Seins-Modus«,einespezielleQualitätdesSeinsoderunterBeziehungs-aspektenein»being with«,einesSeinsinGegenwarteinesAnderen.

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28 MichaelE.Harrer

Achtsamkeit in der therapeutischen Beziehung

IndenammeistenverbreitetenachtsamkeitsbasiertenMethoden(MBSR,MBCT,DBT)werdenPatientendazuangeleitet,Achtsamkeit imGruppensettingoderfürsichalleinezuüben.AchtsameZuständewerdeninduziert,umeineachtsameHaltungzukultivieren.EinganzandererAnsatz istes,Achtsamkeitalswesent-lichesAgensinderEinzelpsychotherapieanzuwenden,wasCole&Ladas-Gaskin(2007) als »achtsamkeitszentrierte«Therapiebezeichnen.Dabei sind sowohlderTherapeutalsauchderPatientineinemZustandvonAchtsamkeit:DerTherapeutineineraufdenPatienteneingestimmtenPräsenz,währendderPatientAchtsam-keitdazunutzt,dieeigeneninnerenErfahrungenzustudieren.FürCole&Ladas-GaskinsinddreiPsychotherapiemethodenachtsamkeitszentriert:Diesisterstensdieindenspäten1970erJahrenvonRonKurtz(199�)entwickelteHakomi-Me-thode,die»InnereAchtsamkeit«zur»assistiertenSelbsterforschung«nutzt.EsistzweitensdererlebensbezogeneFocusing-AnsatzvonE.T.Gendlin(1998),indem»...dasgegenwärtigeErlebenderPerson,sowieesmomentanimKörpergespürtwird,dasAgensdesVeränderungsprozesses«ist(Bundschuh-Müller2007,S.80)unddrittensdie»Arbeit mit der inneren Familie«(Schwartz1997),diePersönlich-keitsanteilebeziehungsweiseZuständeherausarbeitetunderforschtundachtsameKommunikationmitihnenundzwischenihnenanregt.

Der achtsame Therapeut

Es konnte nachgewiesen werden, dass Achtsamkeit für Patienten hilfreich ist,indemsie–etwainderDBT–alsSkillgeübtundalsHaltungverinnerlichtwird.EineweitereDimensioneröffnetsich–ebenindenachtsamkeitszentriertenVer-fahren–imErlebenvonAchtsamkeitinnerhalbeinerBeziehunginsofern,alsdietherapeutischeBeziehungallgemeinalsderwichtigsteeinzelneallgemeineWirk-faktorvonPsychotherapiegilt (Lambert 1992,vgl.Harrer2008).Auch fürdieHypnosepsychotherapiebetontRevenstorf (2001,S.62–6�)dieparalleleArbeitaufzweiEbenen:derLösungsebeneundderBeziehungsebene.

BeiderbewusstenGestaltungdieserBeziehungkönnteAchtsamkeitbedeut-samwerden,indemdieAchtsamkeitdesTherapeutenaufmehrfacheWeisezumGelingendestherapeutischenProzessesbeitragenkann(vgl.Fulton2009):

Aufmerksamkeit und Präsenz:Achtsamkeitistdas»Gegengift«zueinemunru-higen,wanderndenGeist.DieserwirdimmerwiedervonDingenaußerhalbderTherapieabgelenktoderistetwamitHypothesenbildungbeschäftigt,wobeiderKontaktzumPatientenverlorengehenkann.AchtsamkeitstrainingschultPräsenz,InteresseundNeugiergegenüberdenkleinstenDetailsdersichvonAugenblickzuAugenblickentfaltendengegenwärtigenErfahrungdesPatienten.EskultiviertdieFähigkeit,jemandemvonganzemHerzenübereinenlängerenZeitraumhinweg

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dieungeteilte,wohlwollendeAufmerksamkeitzuschenken(»wholeheartedatten-tion«,Horney1951).AlleindasErlebendieserQualitätvonPräsenzkannfürvielePatientenzueinerneuenundheilsamenkorrigierendenErfahrungwerden.

DieFähigkeit zur »bifokalen Wahrnehmung« wirdverfeinert,indemTherapeu-ten lernen, das Erleben des Patienten und zugleich ihr eigenes zu beobachten,etwa »minimal cues«wahrzunehmen,um siebeim »pacing«nützen zukönnenundzugleichdieGegenübertragungsreaktionen»mitzulesen«.

Weischede&Zwiebel(2009,S.39)beziehensichin»NeuroseundErleuchtung«aufFreudunddasvonihmbeschriebeneBeobachtendereigenenpsychischenVor-gängeunterVermeidungkritischerBewertungen.AllerdingshättenwederFreudnochseineNachfolgerbeschrieben,wiedieseHaltungkultiviertwerdenkönnte.

Dieakzeptierende HaltungdientdemPatientenalsModell, sich eigenenab-gelehntenAnteilenwohlwollendundohneSelbstkritikzuzuwenden,auchsiezuverstehenundanzunehmen.InderBegrifflichkeitBionskönntemanAchtsam-keitauchalsErweiterungderFähigkeitdesTherapeutenzu»Rêverie«oderalsVer-besserungdes»inneren Containers«verstehen,indemdieserjedenInhaltbewahrenkann,ohnedasBedürfnis, ihn zurückzuweisenoderdurch eineHandlung los-zuwerden(vgl.Pelled,2007).AufdemWegzurVerinnerlichungdieserHaltungführt Achtsamkeit dazu, auftauchende Bewertungen zu beobachten, wodurchdieseschoneinenTeilihrerStachelnverlieren.

»RadikaleAkzeptanz«führtzuErgebnisoffenheit.Diesestehtallerdingsineinemgrundsätzlichen Spannungsfeld zu denVeränderungsansprüchen der Patienten,denAnforderungendesGesundheitssystemsundderTherapeutenansichselbst(Lau,McMain2005).SiestelltdahereinegroßeHerausforderungfürdieThera-peutendar.

AchtsamkeitsschulungerhöhtdieEmpathiefähigkeit (Shapiro&Izett,2008),indemvermehrteSelbsteinfühlungauchzueinemtieferenVerständnisdarüberführt,wieMenschenihreeigeneWelterschaffen.Mitgefühlfürandereundfürsichselbst(»Selbst-Mitgefühl«,Self-Compassion,vgl.Neff2003,Germer2009)wirdgefördert(Orzechetal.2009).

Affekttoleranz:DieFähigkeitdesTherapeuten, intensiveGefühlewahrzuneh-menundauseinerdisidentifiziertenPositionauszuhalten,wirktfürPatientenalsModell,sichihnenebenfallszuzuwendenundsichihnenauszusetzen.

Gleichmut und Begrenzungen des Helfen-Müssens: DieKunstderPsychotherapiebestehtauchdarin,zwischenzweidurchAchtsamkeitspraxiskultiviertenQuali-täteneineBalancezufinden:zwischenMitgefühlundGleichmut.UnterGleichmutverstehtmandieHaltungeineroffenenRezeptivität,inderalleErfahrungenwill-kommengeheißenwerden,ohneetwazwischenwohltuendenundschmerzhaftenzuunterscheiden.Gleichmuthilftauch,dieGrenzendessenwahrzunehmen,wasmöglichist,umzuhelfenunddiesebesserzutolerieren.Gleichmutführtauchdazu,mitpersönlichenLimitierungenwohlwollenderumzugehenundermöglicht

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aufzuhören, Dinge reparieren zu wollen. Dies wiederum führt dazu – nichtdurchSuchenachLösungenabgelenkt–wirklichdaraufzuschauen,wasdaist.

Lernen nicht zu wissen:Achtsamkeithilft,zwischendemLebenzuunterscheidenwieesistundunserenIdeendarüber.EigeneTheorienundModellewerdenzuneh-mendalssolcheerkanntunddadurchwenigerfür»wahr«gehalten.Therapeutensinddannauchwenigeransiegebundenundwerdenoffener.AchtsamkeithilftzuAbstinenz,hilfteigeneWünscheloszulassen,etwazuwissenoderzukontrollieren.Sieerlaubtuns,nichtzuwissen.Einoffener,aufdenPatienteneingestimmterThe-rapeutkannbesseraufdieAnforderungendesgegenwärtigenMomentsantworten.

Lernen zu sehen: AchtsamkeitführtzuEinsichtenindieArtundWeise,wiewirunsereWeltkonstruierenundwiePatientenineinemanalogenProzessderKon-struktionihrerWirklichkeitengagiertsind.WirwerdengenauerinderFähigkeit,dieseSelbstorganisationsprozessewahrzunehmen.

Eigene Stress- und Burnout-Prophylaxe und die Möglichkeit von Glück: DiePraxisderAchtsamkeithilft,einstillesGlückzukultivieren,dasnichteinfachdurchwechselnde Außenbedingungen gestört werden kann. So zeigen Shapiro etal.(2007),dasseinaufMBSRbasierendes10-wöchigesGruppenprogrammbeiPsy-chologie-StudentenStress,negativeAffekte,RuminationundAngst reduzierteund–miterhöhterAchtsamkeitkorreliert–positiveAffekteundSelbst-Mitge-fühlförderte.StudienzudenAuswirkungendesGlücksderTherapeutenaufihrePatientenwärenlohnenswert.

AlldieseFähigkeitenkönnenhelfen,imTherapeuteneinenvonAchtsamkeitge-prägtenZustandhervorzurufen,derinderHakomi-Therapieals»loving presence«bezeichnetwird.Dieseristcharakterisiertdurch(1)einewacheGegenwärtigkeitbzw.Präsenz;(2)einegleichbleibende,verläßlicheAkzeptanz;(3)OffenheitundAllparteilichkeit allen auftretenden psychischen Elementen gegenüber; (�) Ge-duld,Langsamkeit,Genauigkeit;(5)FokusaufdieSelbstorganisationderInnen-weltimgegenwärtigenMomentundnichtaufdieLösungderProbleme;(6)dieständigeUnterstützungdes»InnerenBeobachters«desPatienten;(7)anteilneh-mende,mitfühlendeNeugier,dieein»experimentellesVorgehen«unterstützt;(8)innereZentriertheit,GelassenheitundGleichmut(vgl.Weissetal.2010,S.208).

Grepmairetal.(2007)konntenzeigen,dassdieSchulungvonAchtsamkeitbeiPsychotherapeutinneninAusbildungpositiveEinflüsseaufdenTherapieverlaufunddieBehandlungsergebnissehaben.

Interpersonale Neurobiologie und Achtsamkeit 

Die»interpersonaleNeurobiologie«(Siegel2006)verstehtdasGehirn»alsOrganzurAnpassungandieUmwelt,dasseineStruktureninInteraktionenmitAnderen

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heranbildet.…SoetwaswieeineinzelnesGehirngibtesnicht«(Cozolino2006,S.6;ÜbersetzungdurchdenAutor).»Wirsindverdrahtet,umVerbindungauf-zunehmen«(»wiredtoconnect«,Fishbane2007).SichereBindungerwächstausderEinfühlungderElterninihrKind.DurchdieelterlicheEmpathiefühltsichdasKind»gefühlt«undentwickeltVertrauenindieeigeneErfahrung.WieinderEltern-Kind-BeziehungkannauchinderPsychotherapiederEinstimmungundAbstimmungzwischenTherapeutundPatienteinezentraleBedeutungimthera-peutischenVeränderungsprozesszukommen.

Die innerenZustände vonPatient undTherapeut können als dasErgebniseiner dauernden interpersonalenWechselwirkung verstanden werden. Das Re-sultat einer gelingenden dyadischen Einstimmung ist eine »empathische Reso-nanz«.DiesezeigtsichaufderneurophysiologischenEbenedurchSynchronisie-rungsphänomenederelektrischenAktivitätderrechtenGehirnhemisphärenvonTherapeutundPatient (Schore 2003). InAchtsamkeit geteilteAufmerksamkeitfördertebendieseEinstimmung(Siegel2007,S.290).

Neurobiologische Aspekte von Hypnose und Achtsamkeit

Achtsamkeit und Hypnose können auch auf der neurobiologischen Ebene er-forschtundverglichenwerden (Holroyd2003;Halsband2008,Halsbandetal.2009).DieErgebnisseeinerwachsendenZahlvonStudienergaben,dassMedi-tationundHypnosegemeinsameKomponententeilen,esaberauchEvidenzfürunterschiedlicheneuronaleKorrelategibt(Winter,Halsband2008,S.178).

In der Meditationsforschung scheinen verschiedene Variablen für inkonsis-tenteErgebnisse verantwortlich zu sein. Sokonnte gezeigtwerden,dass unter-schiedlicheMeditationsformenauchunterscheidbareZuständehervorrufen.SozeigtdasGehirn einen jeweils anderenAktivierungszustand,wenn sichdieVer-suchspersonaufdasAussprecheneinesMantrasodereininneresBildkonzentriert,obsieAchtsamkeitübt,Gefühlebenennt(Creswelletal.2007)odersichineinemZustandvonMitgefühloder»LiebenderGüte«(Lutzetal.2008)befindet.

NebendenStudien zumphysiologischenSubstrat vonmeditativenZustän-denwurdendurchAchtsamkeitspraxis induzierteüberdauernde Veränderungenuntersucht.SchonachtWocheneinesAchtsamkeitstrainingsführtenimFrontal-hirn zuAsymmetrien imEEG,diemitpositivenAffekten inZusammenhanggebrachtwerden (Davidsonetal. 2003).Langzeitmeditierende zeigen imEEGim Gamma-Bereich Synchronisations-Effekte mit hohen Amplituden, dieuntrainierte Personen nicht aufweisen und die auf integrierende Prozesse hin-weisenkönnten(Lutzetal.200�).MeditationserfahreneunterscheidensichvonKontrollgruppenauchbezüglichdermittelsMRIgemessenenBeschaffenheitderHirnrinde. DieVeränderungen betreffen vor allem den rechten Frontallappen,

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die rechte vordere Insel, den rechten Gyrus temporalis inferior und den rech-tenHippocampus(Lazaretal.2005,Hölzeletal.2008,Ludersetal.2009).DerorbitofrontaleCortexspielteinewichtigeRollebeiderEmotionsregulation,diemit hemmenden Einflüssen auf die Amygdalae erklärt wird. Auch der Hippo-campusmoduliertdieAktivitätderAmygdalaeundihreBeteiligungbeiEmotionundAufmerksamkeit.DierechteInselregiondientder–durchAchtsamkeittrai-nierten–Körperwahrnehmung.

IneinerweiterenStudie(Farbetal.2007)konntenmittelsfMRIzweiAktivie-rungszuständeunterschiedenwerden,diezweiArtenderSelbstwahrnehmungent-sprechen:Einem»narrativenFokus«(NF)beidemmanübersichselbstnachdenktunddieeigenezeitlicheKontinuitätbewahrt,undeinem»experientiellenFokus«(EF),beidermansichdergegenwärtigenErfahrungzuwendet.BeimNFwarenmehrdieMittellinienstrukturendesmedialenpräfrontalenCortex(mPFC)betei-ligt,beimEFwarenesrechtslateraleAnteiledesPFC,dieInselregionundpara-limbischeStrukturen.NacheinemAchtsamkeitstrainingwarenVersuchspersoneninderLage,AktivitätendesmPFCzuunterdrückenunddamitnormalerweiseverknüpfteProzessezuentkoppeln,dieetwabeiAngstoderDepressioneineRollespielen.Parallelenzum»reinenBeobachten«unddem»Seins-Modus«liegenahe.

DieneuenTechnologienermöglichenauchzuuntersuchen,waswährendeinerTranceinduktionimGehirngeschieht.IndiesemZusammenhangistwohldiebe-deutsamstetheoretischePerspektivedieeinerfrontalen Hemmung.EbensowiebeiderErforschungvonunterschiedlichenZuständengibtesauchVergleichsstudienzwischenIndividuenmitunterschiedlicherAusprägungbestimmter»traits«,etwaeinerhohenodergeringenSuggestibilität(Gruzelier1988,2006;Wagstaff2007).

VonzukünftigenStudiensindbeispielsweiseneueEinsichtenindieRegulationvonAufmerksamkeitundEmotionenunddiefürHypnoseundAchtsamkeitbe-deutsamenFunktionendesFrontalhirnszuerwarten.SiewerdenunsauchaufdieserEbenehelfen,HypnoseundAchtsamkeitdifferenzierterzuverstehen.

Zusammenfassung

WennderTherapeutdassichindenbeschriebenenachtDimensionenentfaltendeSpektrumvorAugenhat,kannersichbeidenvielengroßenundkleinenEnt-scheidungeninderTherapieplanungfolgendeFragenstellen:

1.WanndieAufmerksamkeitfokussierenundeinengen,umAbsorptionunddamitTrancezuinduzieren?WanneinoffenesGewahrseinanregenodervielleichtsogarAchtsamkeitvermitteln?

2.Wann Dissoziationstechniken anwenden?Wann Patienten mit Hilfe vonAchtsamkeit aus dissoziierten Zuständen herausführen?Wann zu teilhabender,aberdisidentifizierterKörperwahrnehmunganleiten?

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3.WanndieSuggestibilitätinTrancezuständennutzen?Wann»enthypnotisie-ren«undAchtsamkeiteinführenundübenumeinenneuenBlickaufsichselbstundanderezubekommen?

�. Wann in Richtung Veränderung arbeiten und Lösungen suchen? WannmehrineinerForscherhaltungnachEinsichtensuchenundeineAkzeptanzdesUnveränderbaren anregen?Wann das »Wunder der Achtsamkeit« (Thich NhatHanh1988)einladen,esmögeimPatienten,imTherapeutenoderimRaumzwi-schenbeidengeschehen?

5.WannDisidentifikationalsSchlüsselbenutzen?Wannden»InnerenBeob-achter« als Konzept in die Psychotherapie einführen, indem es dem PatientenerläutertundesimtherapeutischenProzessgenutztwird?

6.WannRegressioninduzieren?WannindieZukunftführen?WannbewusstaufdengegenwärtigenMoment,aufdieaugenblicklichenfünfSekundenfokus-sieren?

7. Wie pendeln zwischen »Top-down-« und »Bottom-up-Interventionen«,auchumIntegrationzuermöglichen?

8.Wannaktivwerdenundhandeln?WanndenSchwerpunktmehraufdas»Sein«legenundden»Seins-Modus«beiPatientundTherapeutinduzieren,kul-tivierenundnutzen?

NichtzuletztistderTherapeutauchmöglichstimmerinKontaktmitsichselbst,mitdemeigenenKörpermitderFrage,wasimAugenblickinihmselbstvorgeht.DieAntwortenaufdieseFragesindderAusgangspunktfüreinegute»Selbstfür-sorge«innerhalbderTherapiestunde,aberauchaußerhalb.

Lynnetal.(2006)regenan,HypnoseundachtsamkeitsbasierteVerfahrenwieeinTandemzunutzen,umadaptiveReaktionenzukultivierenundmaladaptiveAutomatismenzuunterbrechen.AchtsamkeitkönneeinguterHintergrundfürdieErarbeitungvonSuggestionensein,umkognitiveStrategienzufördern,bes-sermitProblemenzuRechtzukommenundStressundnegativeAffektezure-duzieren.InderanderenRichtungkönneesHypnoseerleichtern,ZuständevonAchtsamkeitaufzusuchen.HypnotischeSuggestionenkönnenhelfen,loszulassen,achtsamaufmerksamzu seinundumschriebeneReizevon intensivenAffektenabzukoppeln.

ZusammenfassendkannmaneinigeAspektevonHypnoseundAchtsamkeitmit den zwei Seiten einer Münze vergleichen: Sie sind aus dem gleichen Ma-terial,gehörenin ihrerGegensätzlichkeitzusammenundbedingeneinander inihrerKomplementarität.SogibtesvieleWege,aufdenenTherapeutendenAcht-samkeitspoldesSpektrumsinihreTherapienintegrierenkönnen.NichtzuletztförderteineAchtsamkeitsschulungdesTherapeutenwesentlichepersönlicheundprofessionelleQualitäten,dieerzueinerfürsichunddenPatientenheilsamenGestaltungdertherapeutischenBeziehungnutzenkann.

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Danksagungen

DankgiltdemVerlagJohnWiley&SonsLtd.fürdiefreundlicheGenehmigungdesDrucksdieserübersetztenundüberarbeitetenVersiondesArtikels»Mindful-nessandtheMindfulTherapist:PossibleContributionstoHypnosis«,erschienenin»ContemporaryHypnosis26(�):23�–2��(2009).

DankenmöchteichauchHerrnHalkoWeiss,meinemHakomi-LehrerundFreund für viele klärendeDiskussionen überAchtsamkeit undPsychotherapie.IchdankeauchDanielaSchmidtfürdieVorbereitungundCo-LeitungdesWork-shops»HypnosisandMindfulness«amESH-KongressinWienimHerbst2008.

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ZusammenfassungAchtsamkeit ist durch vier essenzielle Komponenten charakterisiert: BewussteAufmerksamkeitslenkung, Disidentifikation mittels »Innerem Beobachter«, Fo-kussierungaufdengegenwärtigenMomentundAkzeptanz.HypnoseundAcht-samkeit stehen zueinander in einigen Dimensionen in einer komplementärenBeziehungunderöffnenSpektrenzwischen:(1)AbsorptionundoffenemGewahr-sein; (2) Dissoziation und Disidentifikation; (3) Suggestibilität, Konsensus-Be-wusstseinund»De-Hypnose«;(�)Ziel-undLösungsorientierung,absichtslosemErforschen,AkzeptanzundGleichmut;(5)»hiddenobserver«und»InneremBe-obachter«;(6)Regression–Zukunftsorientierung–Fokussierungaufdengegen-wärtigenMoment;(7)»Top-down-«und»Bottom-up-Interventionen«;(8)»Tun-Modus«und»Sein-Modus«.DerArtikelregtan,inderHypnosepsychotherapiedieseSpektreninvollemUmfangauszuschöpfenundAchtsamkeitalsRessourcezunutzen.DieAchtsamkeitdesTherapeutenbeeinflusstdie therapeutischeBe-ziehungpositiv,indemsieauchimPatientenachtsameZuständeinduziert,Selbst-Akzeptanz fördert, Selbsterforschung der Selbstorganisation und korrigierendeErfahrungenermöglicht.NichtzuletztfördertAchtsamkeitauchbeiTherapeutendie»Selbstfürsorge«.Aspekteder»interpersonalenNeurobiologie«derAchtsam-keitwerdenebensodiskutiertwieForschungen,dieHypnoseundAchtsamkeitaufderneurophysiologischenEbenemiteinandervergleichen.

SchlüsselworteAchtsamkeit–Hypnose–Disidentifikation

AutorDr.med.MichaelE.HarrerFacharztfürPsychiatrieundpsychotherapeutischeMedizin,Psychotherapeut(KatathymimaginativePsychotherapie,Hypnosepsychotherapie)undSupervisor(ÖVS)infreierPraxisA-6020Innsbruck,Jahnstraß[email protected]://www.achtsamleben.at

ArbeitsschwerpunktePsychoonkologie,AchtsamkeitinderPsychotherapieundzurStress-undBurnout-Prophylaxe,Psy-Diplom-Fortbildung

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