Kulinarische Besonderheiten Nordafrikas s^>; · 2017. 3. 8. · Kulinarische Besonderheiten...

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Kulinarische Besonderheiten Nordafrikas

Tunesische Spezialitäten

Die Bewohner von Tunis biden reichen Stoff zuvölkerkundlichen Betrachtungen. Die verschiedenstenRassen und Nationen leben nebeneinander. Sie spre-chen, kleiden sich, wohnen und essen jeder nach»einer Eigenart. Die Einheimischen Mohammedanerund Juden führen, gleich tvie die eingewandertenFranzosen, Italiener, Malteser, Griechen und Spanier,

wird serviert

ihre eigene Küche. Jeder kocht auf seine Weise. DemEinheimischen schmeckt nur, was in Uebereinstim-mung mit den Vorschriften seines Glaubens zubereitetist. Wer auf die Idee verfallen sollte, in Tunesieneine Gemeinschaftsküche einzurichten, uürde damitwenig Glück haben. Die Sorge um das leibliche Wohlgei.t so weit, daß mancher, d er genötigt ist, außerl.<;ii...r.\ xu reisen, zur Wegzehrung tunesische Spezia-

litäten mitnimmt und am Bestimmungsort als erstesnach einem tunesischen Restaurant Ausschau hält.

Die Einheimischen würzen ihre Speisen über-mäßig. Die Gewürze ersetzen dem Mohammedaner ge-

wissermaßen die Wirkung des geachteten Weins. DerTunesier, besonders der Mann des Volkes, liebt esnicht, in Gesellschaft seiner Familie zu frühstücken.Auf dem Wege zu seinem Arbeitsplatz macht er haltvor einem d er unzähligen kleinen Läden, wo in Oli-venöl gebackene Krapfen sowie Brötchen feilgebotenwerden, die halbiert und mit Oliven, Thunfisch,Sardinen, Ei, Kapern, sauren Gurken und Stückchenvon roten Pfefferschoten gefüllt sind. In Tunis findetdiese «casse-croüte» täglich reißenden Absatz. DerAraber trinkt dazu einen süßen Pfefferminztee, derJude einen stark gezuckerten schwarzen Kaffee. Inden Wirtschaften der Medina, dem arabischen Stadt-teil, wird im Winter auch eine mit rotem Pfeffer ge-

würzte Suppe aus Kichererbsen oder gesüßter Breiaus Sorghomehl zum Frühstück gegessen.

Mittags und abends bildet das «Couscous* dasHauptgericht der Einheimischen. Es wird aus grob-körnigem Grieß hergestellt, mit Wasser und Olivenölübergossen und im Dampf einer Gemüsesuppe ge-

dünstet. Dazu wird eine pikante rote Brühe serviert,die dem Neuling, der sie für harmlose Tomatensaucehält, den Mund arg verbrennt. «Couscous* ist eine injedem tunesischen Haushalt beliebte Speise, die mitGemüsen, Fleisch oder Fisch aufgetragen wird. Eintunesisches Kochbuch gibt folgende Anweisung, wiediese Nationalspeise zu essen sei: «Die Tüchgenossen

sitzen mit untergeschlagenen Beinen auf einer Stroh-matte vor einem kleinen, runden, 50 cm hohen Tisch,

auf den die hölzerne Couscous-Schüssel gestellt wird.Nimm einen langen hölzernen Löflel in die rechteHand und iß aus der Schüssel, was deinen Nachbarn,der dasselbe tut, nicht beleidigen wird. Trinke vonZeit zu Zeit ein wenig Milch oder Wasser dazu undvermeide, zum Couscous Brot zu essen.*

Eine orientalische Spezialität, «breik», besteht aushauchdünnem Blätterteig, in den, bevor er im Oliven-

Vor dem -Laden

öl ausgebacken wird, ein Ei, Fleisch oder Fisch, Oli-ven und Gewürze gewickelt werden. Es gibt auch süße«breik* mit Mandelfüllung, die in Honig getunkt

werden.

Die Araber nennen sich stolz die besten Braten-köche der Welt. Sie kochen auf Holz- und Holzkohlen-feuer. Zum Braten von ganzen Schafen und Ham-meln, «Meschoui* genannt, auf das sie sich vorzüglichverstehen, graben sie im Freien ein Loch in die Erde,

entfachen darin Feuer, legen das geschlachtete Tieram Spieß darüber und lassen es langsam gar werden,indem sie es fortwährend mit dem herabrinnendenFett übergießen. Viel und gern gegessen wird«chakchouka», ein Gericht aus verschiedenen klein ge-

schnittenen Gemüsen, in Olivenöl gekocht und starkgewürzt.

Gewöhnlich bilden Früchte der Jahreszeit denNachtisch. Bei Festen dagegen überbieten sich Mo-

hammedaner und Juden im Erfinden von Süßigkeiten.

Der Zuckerbäcker sitzt mit einem Fliegenwedel ausPalmblättern mitten unter seinen Kuchen, Kringelnund Krapfen, grell gefärbten Zuckerschleckereien mitMandeln und Pistazien. Seine Ware trieft von Oel,Sirup und Honig und lockt durch ihren Duft Fliegen

und Kunden an.

Die Reichen feiern ihre Feste mit besonderenTafelfreuden, wie die aus einer Sammlung von Gala-Menus herausgegriffene Speisenfolge zeigt:

HammelbratenTauben mit Orangenblüten

Couscous mit Mandeln und TraubenSchnitten von gehacktem Fleisch mit Knoblauch

und IngwerSchafragout mit MinzeKaltes Poulet mit aromatischen Kräutern

Schaffleisch mit wilden Artischocken und ZimtReis mit gesüßtem OelNudeln mit Honig und Orangenblüten

Süßes Couscous mit eingemachten FrüchtenZuckerwaren, GebäckKaffee, Pfefferminztee

Wer vom Hammelbraten bis zum Pfefferminzteemitmachen will, wird gut tun, von jedem Gericht bloßzu kosten, statt zu essen!

Neben den unzähligen kleinen Speisewirtschaften

für Mohammedaner und Juden gibt es in Tunis einigegroße Restaurants mit guter französischer Küche undGaststätten, in denen sich Italiener, Malteser, Griechenund Spanier an ihren Nationalspeisen gütlich tun. DieItaliener haben mit ihren Teigwaren den Markt er-obert und den Hausfrauen die Arbeit abgenommen, sieselber herzustellen.

Mit Vorliebe beschließt der Mohammedaner seineMahlzeit mit einigen Zügen aus der Wasserpfeife.

M.H.

Eine ägyptische mahlzeit

Ziehe ich die genießerische Seite eines Aufenthaltsin Aegypten in Betracht, so schwirren mir Namen wie«Kebab*, «Cinnamon* und dergleichen im Gedächtnisherum, die in der arabischen Küche geläufig sind.Selbst bei uns ist die sprichwörtliche Gastfreundschaftdes Orients bekannt. Doch was dies in bezug auf Essenund Trinken heißt, versteht man erst, wenn man dieseVorzüge selbst genießt. Aber Vorsicht ist geboten,

denn ein an europäische Kost gewöhnter Magen ist an-fänglich den reichen kulinarischen Genüssen Aegyp-

tens kaum gewachsen.

In denkwürdiger Erinnerung ist mir der Tag, andem ich zum erstenmal ein orientalisches Menü aß.

Wir saßen mit dem Hausherrn und seiner Gemahlinum einen Tisch versammelt, auf dessen Mitte eineriesige Schüssel mit köstlichem Reis thronte. Gebak-kener Truthahn türmte sich in kalt aufgeschnittenen

In 'S

Datteln und Melonen

Tranchen obendrauf. Schon in Aegypten geu'innt derReis als wichtiges Nahrungsmittel in seiner Bedeu-tung. In Spanien kennt man ihn als «Arroz* mit Toma-tensauce und allerhand Meergetier. Hier wird er nurgedämpft, bis er weich, aber körnig und trocken ist.Unsere Gastgeberin ließ als besondere Zutat demWeis dünne, geröstete Teigwaren beimischen. Sehrpikant und nahrhaft ist das nächste Gericht: Gar-gekochte Auberginen wurden zu einem Berg geformt.Darüber wurde eine Tomatensauce gegossen, der einegute Handvoll Rosinen den süßen Geschmack ver-lieh. Nicht nur die Hauptspeisen, auch die Salate sindmit vielerlei Zutaten und Gewürzen zubereitet. Gur-ken und Aepfcl in dünnen Scheiben halte unsere Gast-geberin in der Küche mit gehackten Nüssen undRosinen bestreut. Die Mayonnaise darüber ist für deneuropäischen Geschmack vielleicht überflüssig, derOrientale genießt sie aber um so mehr. Daß gebra-

tenes Hammelfleisch dazu gegeben wurde, ist fürägyptische Begriffe beinahe selbstverständlich.

Es läßt sich kaum beschreiben, wie anstrengenddieses ^kleine Mittagessen* schon nur bis zu diesemGang für uns war, denn wir sind es keineswegs ge-wohnt, uns mit solcher Ausdauer dem Essen zu wid-men. Als unser Gastgeber sich nach nahezu drei Stun-den vom Tisch erhob, entschuldigte er diese «Eile*mit unaufschiebbaren Arbeiten. Wir indessen hattenan der Tafel zu verbleiben, wenn wir nicht gegen dieGesetze der Gastfreundschaft verstoßen wollten. Einesüße Torte, aus Tausenden von zuckrigen Fäden zu-sammengesetzt, tvarb um unsere Gunst. Kokosnüsse,Zucker und Mehl waren zu einem Brei vermengt,durch ein Sieb getrieben und als dünne Fäden in eineKuchenform gebracht worden. In gebackenem Zustandhat der Kuchen gewisse Aehnlichkcit mit einem ge-

flochtenen Vogelnest. Bananen und Datteln in vollerReife, am Nil gewachsen, wollten ebenfalls versuchtsein. Aber kein Essen darf ohne den aromatischen

Kaffee enden, der mit besonderer Liebe zubereitetwird. Für jeden Gast wird der Kaffee einzeln in denkleinen Messingpfannen bereitet. Pulver, Zucker undWasser im richtigen Verhältnis gemischt, ergeben

einen erfrischenden Trank, der unfiltriert genossen

wird. Wie mir die Hausfrau später erzählte, toll dieserLunch keineswegs einem festlichen, reichen Mittags-

mahl entsprochen haben, sondern einem «beschei-denen», alltäglichen Essen.

Verpflegen kann man sich aber auch auf ein-fachere Art. Mineralwasser, Kaffee, gesalzene Erd-nüsse, Früchte, flaches Fladenbrot und Süßigkeiten er-steht man für wenige Piaster in den Straßen. All diesekulinarischen Herrlichkeiten verbreiten ein kuriosesGemisch von Düften, denn sie werden offen angebo-

ten. Papier und Zellophan sind als Verpackungsmate-

rialien bei den Straßenhändlern noch nicht gebräuch-

lich. Vermutlich, weil sie hier auch noch zu teuersind. Mit kräftigen Händen wiegt der Händler seinMarktgut. Er übergibt es seinem Kunden so, wie er esaus Fluß, Stall oder Garten erhalten hat.

«Kebab» ist eine Art ägyptischer Nationalspeise,die. jedermann gerne ißt. Es handelt sich um kleineStücke von Schaffleisch, die an Holzspießchen gebra-

ten werden. In echt orientalischem Milieu genossen,schmeckt diese pikante Fleischspeise besonders gut.Wohl d er richtige Ort, sie zu genießen, ist der «Khanel Knilli , der Basar, der die billigste Einkaufsquellevon Kairo ist. Am Fuße jahrhundertealter Moscheen,in alten Stadtvierteln schlängelt sich dieser Markt

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Der Wasserpfeifenraucher

Kcisverteilung

durch enge, düstere Gassen. Zwischen die dicht anein-ander gedrängten Häuser fügen sich dann und wannkleine Gaststätten ein, aus denen der kräftige Geruchgebratenen Kebabs strömt. Nach gebräuchlicher Artsitzt man auf ledernen Hockern oder niedrigen Wand-bänken, deren Sitze mit Orientstoffen bezogen sind.Auf runden Tischchen ladet auf frischen Kresseblät-tern der aufgeschichtete Kebab zum Essen ein. Zu-sammen mit einem ägyptischen Fladenbrot gibt dieseine einfache, aber schmackhafte Mahlzeit. Und gegenden Durst hilft ein Glas kühlen Nilwassers, dem inEssenzform der Duft wohlriechender Orangenblütenbeigegeben wurde. Zur Nachtzeit, wenn eine kühleBrise die Palmenkuppeln leise schwingen läßt, wirdbeim Plaudern eine Tasse «Cinnamon» genehmigt.Cinnamon ist ein Gewürz, das von einer zimtähnlichenPflanze stammt. Mit diesem ordentlich scharf riechen-den Pulver wird ein richtiger Zimttee bereitet, der mitZucker und etwas Zitronenaroma heiß getrunkenwird . .

Das kulinarische Aegypten erschöpft sich damitnatürlich keineswegs, denn die orientalische Speise-

karle steht mit ihrer Reichhaltigkeit kaum hinter dereuropäischen zurück. 4

Schwarzes Nashorn aus dem Zürcher Zoo

Die Nashörner gehören mit den Tapiren undden Pferden zu den Unpaarhufern, ein Begriff, dersich leicht erklärt, wenn wir an den paarzehigen Fußder Kuh, des Rehes oder der Giraffe denken. Gehendiese auf zwei, so gehen die Pferde noch auf einerZehe. Den drei Familien der Unpaarzeher fehlen in

. ihrer Anatomic Schlüsselbein und Gallenblase, einEsel hat also keines von beiden. Die Nashörner be-sitzen drei behuf te Zehen; ob diese ungerade Zahlgenügt, sie mit den ranken Pferden zusammenzu-stellen, muß den vergleichenden Anatomen überlassenbleiben, sie haben, wie erwähnt, noch andere Merk-male, um die Verwandtschaft zu behaupten. Mankennt viele ausgestorbene Arten; während der Eiszeitlebte in Europa das wollhaarige Nashorn mit demMammut zusammen. Auch die heutigen Repräsentan-

ten dieser verwunderlichen Familie muten nochdurchaus urweltlich an. Ihre Heimat liegt in Afrika,Indien und der ostasiatischen Inselwelt, sie sind über-all schon beklemmend selten geworden.

Möge ihr Ruhm, d er seit der Antike groß ist, sienoch in letzter Stunde vor dem Ausgerottetwerdenretten! Dafür werben heute alle Einsichtigen, allenvoran die zoologischen Gärten in aller Welt, in denendiese vorsintflutlichen Kolosse immer besser ge-

deihen. Rhis, Rhinas heißt auf griechisch die Nase;Rhinit is bekanntlich d er Schnupfen, Keras das Hörn,und weil ihm ein solches auf der Nase wächst, trägtunser Dickhäuter den Namen Rhinoceros. Tatsächlichsind es aber deren swei: das mächtige vordere wirdgelegentlich über einen Meter lang und bildet mitseiner gefährlichen Spitze eine furchtbare Waffe.Diese Hornmassen sind reine Erzeugnisse der Haut

und entbehren einer knöchernen Stütze. Trotzdemvermögen die starken Tiere damit ein Auto- umzu-stoßen und haben sogar schon wiederholt Güterwagen

der Ugandabahn aus dem Geleise geworfen. So wer-den sie natürlich auch ihrem Urfeind, dem Menschen,gefährlich, den sie aber, wie Hediger sicher mit Rechthervorhebt, niemals grundlos angreifen. Es gilt ebenauch hier, nach der «Blitzlicht-und-Büchse-Zeit» ersteinmal die Psychologie dieser vielleicht recht gut-mütigen Pflanzenfresser gründlich zu erforschen.

Ihre deutsche Namenstaufe hängt an Ungefährem.

Man unterscheidet das «schwarze» Spitznashorn(Diceros bicornis L.) vom selteneren, größeren«weißen» Breitmaulnashorn (Cerathotherium sinuimBurch.) durch Farben, die sie natürlicherweise garnicht besitzen; beide tragen nämlich eine recht ähn-liche Farbe, ein dunkles Schiefergrau. Gelegentlich

ist das eine vom Suhlen mit schwarzem Schlick ver-kleistert, und bei der Namensgebung des andern magmitgespielt haben, daß die Buren das Tier «zuerstmit hellem Staube bedeckt sahen». Die drei nochlebenden asiatischen Verwandten sind das kleineSumatranashorn, das mittlere Java- und das riesigePanzernashorn Indiens, das wir zurzeit im Basler Zoobewundern können. Prof. Hediger tei lt uns noch mit,daß der Zoo in Antwerpen zum erstenmal ein Paar«weiße» Nashörner hält und der Brookfield Zoo inChicago soeben mehrere «schwarze» Nashörner ge-züchtet hat. In diesen Gärten des Lebens wird denTieren aus ihrem größten Feind ihr größter Freund,und in der wachsenden Freundschaft aller für diebedrohten Wildtiere liegt deren einzige Hoffnung,daß ihre seltsame Schönheit erhalten bleibt.

Aufnahme J. Motzgcr

Neue Zürcher Zeitung vom 08.06.1952

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