Kultur Kaiserin Sissi einmal anders - Jeegels Hoob (HA) Schermuly zum Zweiten.pdf · Sonntag, 20....

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Sonntag, 20. Dezember 2009 7Kultur

KULTUR IN KÜRZE

Neues Schauspiel für KölnDie Stadt Köln bekommt ein neues Schauspielhaus und

die Oper wird saniert. Das hat der Stadtrat gestern mitknapper Mehrheit aus SPD und FDP beschlossen. Es gab vie-le Enthaltungen und Gegenstimmen. Beide Kulturhäusersind dringend sanierungsbedürftig. Die Baukosten für diebeschlossenen Maßnahmen wurden von der Verwaltungauf rund 300 Millionen Euro geschätzt. Kulturschaffendehatten sich öffentlich dafür eingesetzt, das Schauspielhausnicht abzureißen. (dpa)

Historische Daten■ 1989 In Panama marschieren Invasionstruppen der USAein. Mit der Operation „Just Case“ will Präsident GeorgeBush den Militärmachthaber Manuel Noriega stürzen, demdie USA Drogengeschäfte vorwerfen. Noriega ergibt sicham 3.1.1990 den US-Truppen.■ 1955 In Rom wird das erste italienisch-deutsche Anwer-be-Abkommen über die Beschäftigung von zunächst 100 000italienischen Arbeitern in der BRD unterzeichnet.

Geburtstage■ Joey Kelly, irischer Popsänger (*1972)■ Irene Dunne, amerikanische Schauspielerin (1898–1990)

KALENDERBLATT 20.12.

Dem in unserer Region soauffälligen und häufigen Fami-liennamen Schermuly habe ichim Kapitel ‚Aus fremden Lan-den’ einen ganzen Artikel ge-widmet (4. Oktober 2009). DieDeutungs-Odyssee hatte er-bracht, dass der fremd klingen-de Name, Ergebnis einer Ein-wanderung aus der Schweiz imfrühen 17. Jahrhundert, entwe-der schweizerdeutschen, fran-zösischen oder italienischenUrsprungs sein kann. GeneigteLeser erinnern sich hoffentlichdieses Meisterstücks meinerDeutungsakrobatik.

■ Schermulyzum Zweiten

Dagegen erhob sich lebhaf-ter Einspruch eines Namens-trägers: Professor Willi Scher-muly aus Hildesheim führt sei-nen Namen auf Ungarn alsHerkunftsland zurück und hatdas schon am 27. Januar 1993 ineinem Artikel in der ‚Heimatan Lahn und Dill’ ausführlichdargelegt. Da hätten wir einedritte Himmelsrichtung, ausder der Name in die Schweizgekommen wäre. Und ich habenatürlich befürchtet, Unsinnüber den Namen geschriebenzu haben. Also bin ich den Hin-weisen auf Ungarn nachgegan-gen und hatte dabei wieder dieUnterstützung von Csillas Pus-kas, einer gebürtigen Ungarinund wissenschaftlichen Mitar-beiterin im Institut für Germa-nistik der Universität Gießen,die schon beim Familienna-men Ligeti (13. September2009) geholfen hatte.

Obwohl ich natürlich immernoch kein Wort Ungarischkann, lernte ich immerhin imungarischen Telefonbuch vir-tuell zu blättern. Dabei kamheraus, dass es den Familien-namen Csermely (gesprochen‚tschermej’) heute in Ungarn inca. 60 Telefonanschlüssen gibt,dazu sechs Csermelyi. Dasheißt, dass mindestens 200Menschen in Ungarn so hei-ßen.

Auch was der Name bedeu-tet, haben wir herausgefundenund dabei die Beobachtungenvon Herrn Schermuly bestäti-gen und präzisieren können. Ergeht aller Wahrscheinlichkeitnach als Herkunftsname aufden Namen des Csermely-Bachs zurück, der das Cserme-ly-Tal durchfließt. Dieses frü-her ungarische Gebiet gehörtheute zur Slowakei. Dass es ca.

300 Kilometer entfernt in derSlowakei außerdem einen Ortgibt, der früher ungarisch Cser-mely hieß, kompliziert dasGanze ein wenig. Für die Deu-tung ist aber der Bachnameentscheidend, der schon 1261als Chermele überliefert ist.Das geht nach Angaben ungari-scher Wortforscher auf ein al-tes slavisches Wort zurück, dassich auf die rote Färbung dessteinigen Flussbettes bezieht.Im 19. Jahrhundert wurde derBachname als Wort in die unga-rische Hochsprache in der Be-deutung ‚Bächlein’ übernom-men.

Der springende Punkt beider Geschichte ist natürlich,ob Csermely und Schermulyidentische Familiennamensind. Hier macht vor allem dasu in Schermuly zu schaffen,das ja auch die Ableitung ausdem Schweizerdeutschen be-hindert. Wenn das für dasDeutsche gilt, gilt es auch fürdie Herleitung aus dem Ungari-schen – und so ist die Deutungwieder offen, wenn auch um ei-ne östliche Herkunftsvarianteerweitert. Sie kann keinesfallsausgeschlossen werden.

■ – und immernoch kein Ende

Wenn nun schon drei Him-melsrichtungen für die Her-kunft in Frage kommen, wärees doch gelacht, wenn wir fürdie vierte, den Norden, nichtauch etwas fänden. Ich habedeshalb meinen alten FreundBotolv Helleland von der Uni-versität Oslo, einen führendennorwegischen Namenforscher,angefragt, ob es denn im Nor-wegischen so etwas gäbe, wasnach ‚Schermuly’ klingt. Wennman einen Namenforscher aufeine Spur setzt, rennt er losund schnüffelt an allen Ecken,bis er etwas gefunden hat. (Ichkenne das.)

So ist es kein Wunder, dasser ‚fündig’ geworden ist: In Sur-nadal in Nordmöre (das liegtbekanntlich westlich vonTrondheim) gibt es in der Nähedes Hofes Skjermoen tatsäch-lich einen Hang mit dem schö-nen Namen Skjermolia, wassprachlich tadellos zu unseremSchermuly passt. So regelnsich die Dinge rund um dieWindrose in wundersamerWeise. Trotz des nicht ernst ge-meinten Schlenkers: WasSchermuly bedeutet, wissenwir immer noch nicht.

In eigener Sache

Liebe Leserinnen und Leser,vom 10. Mai bis 29. Novemberhaben Sie an dieser Stelle je-den Sonntag einen Beitrag zuden Familiennamen in Mittel-hessen gefunden. Inzwischenschreibt Professor Dr. HansRamge nur noch im Abstandvon einigen Wochen über sol-che Namen. Gerne können Sieihm per Mail (namen@mittel-hessen.de) oder Post (Presse-haus Wetzlar, Kennwort „Na-

men“, Elsa-Brandström-Straße18, 35578 Wetzlar) ihren Fami-liennamen zur Deutung vor-schlagen, vor allem, wenn essich um einen einheimischenNamen handelt.

Alle Beiträge werden wei-terhin nur sonntags und nurauf dieser Seite erscheinen.Die bisherigen Kolumnen fin-den sie übrigens gut sortiertauch im Internet unterwww.mittelhessen.de. (ka)

Kaiserin Sissi einmal anders

Frankfurt . Das Leben von„Sissi“, der Kaiserin von Öster-reich, ohne Kitsch, Pomp undTheatralik zu erzählen, gehtnicht? Doch. Wie, das hat dieNeuinszenierung des er-folgreichsten deutschsprachi-gen Musicals „Elisabeth – Diewahre Geschichte der Sissi“eindrucksvoll in der Alten Operin Frankfurt gezeigt. Das Pre-mierenpublikum dankt dies amFreitagabend dann auch mitSzenenapplaus und am Endeminutenlang stehend, klat-schend und jubelnd.

„Elisabeth“-Musical entstaubt Kult-Geschichte / Bis 14. Januar in Frankfurt

Mit der Suche nach der wah-ren Sissi zeichnet das Musicalanstelle eines romantisch-ver-klärten Bildes eine dramati-sche, zuweilen sogar düster-melancholische Szenerie. Soist Elisabeths Leben in der Mu-sical-Version, die 1992 in Wienuraufgeführt und seitdem vonacht Millionen Menschen gese-hen wurde, zwar höfisch-glanz-voll, aber unglücklich.

Eingesperrt wie in einem Kä-fig lebt Elisabeth, gespielt vonder jungen Niederländerin An-nemieke van Dam, an der Seiteihres Mannes, Kaiser Franz Jo-seph (Markus Pol). Ihre intri-gante Schwiegermutter Sophie– trefflich in Szene gesetzt vonChrista Wettstein – fordert vonder noch jungen und lebensfro-hen Elisabeth Disziplin undStrenge ein, entreißt ihr späterdie eigenen Kinder und sieht inihr eine Gegenspielerin. Diejunge Monarchin kämpft je-doch um ihre Freiheit, ein-drucksvoll etwa mit dem Song„Ich gehör nur mir“.

■ GaststarUwe Krögerleiht dem Todseine kraftvolleStimme

Doch die Neuinszenierungvon Harry Kupfer lässt Elisa-beth nicht als Schönheit ohneMakel stehen. Unzählige Spie-gel und immer wieder die Pfle-ge ihrer fast knielangen Haarezeigen ihre Eitelkeit. Annemie-ke van Dam, die seit Herbst2008 Sissi verkörpert, weiß das

Mädchenhafte ebenso wie dasSelbstzerstörerische mit ihremanmutigen Spiel und überzeu-genden Gesang auf die Bühnezu bringen.

Stimmgewaltig brilliert derTod, in dessen Rolle währenddes Frankfurt-Gastspiels der er-folgreichste deutsche Musical-star, Uwe Kröger, schlüpft. Fürelf Auftritte leiht der charisma-tische 45-Jährige seine unver-kennbare und kraftvolle Stim-me dem Charakter, mit demihm der Durchbruch gelang.Als schöner Jüngling wenigAngst einflößend versucht erdie junge Kaiserin zu verfüh-ren. Schon mit dem Hit „Derletzte Tanz“ macht er Elisabethkurz nach der kaiserlichenHochzeit klar: Alles läuft auf

ihr tragisches Ende hinaus.Kann sie anfangs seinen Ver-heißungen von Freiheit undUnabhängigkeit in einer ande-ren Welt noch widerstehen,gibt sich die gealterte Elisa-beth nach dem Tod ihres Soh-nes Rudolf und der Trennungvon ihrem untreuen Mann ih-rer Todessehnsucht hin.

Erfrischend modern wirktdie Darstellung von Sissis Mör-der, dem italienischen Anar-chisten Luigi Lucheni (BrunoGrassini). Ihm wird eine ge-wichtige Rolle beigemessen:Im Rückblick erzählt er von Eli-sabeths Leben und macht sichdabei über den Kult um die jun-ge Kaiserin lustig, indem erSouvenirs mit Sissi-Abbild ineinem Bauchladen anpreist.

Dass das Musical von Micha-el Kunze und Sylvester Levayweniger auf Romantik als aufDramatik wert legt, zeigt eineSzene, in der Nationalsozialis-ten über die Bühne marschie-ren und den drohenden Kriegankündigen. Denn mit demTod Elisabeths 1898 neigt sichdie kaiserlich und königlicheEpoche dem Ende. Europastürzt ins Unheil und gleich inmehrere Kriege.

Zum Erfolg der Inszenierungträgt das moderne Bühnenbildbei. Eine üppige Kulisse wirddurch eine Leinwand ersetzt,auf der die Szenerie als Videoeingespielt wird. Die prunkvol-len Gewänder bringen jedocheinen Hauch kaiserlichenGlanz auf die Bühne im Großen

Saal der Alten Oper Frankfurt.Musikalisch hat Levay aus

der ganzen Bandbreite ge-schöpft: Mal klingt es klas-sisch-romantisch, mal rockig-düster, aber immer modern.Stimmungsvoll begleitet voneinem Live-Orchester unterder Leitung von Daniel Beh-rens. Imposante Szenen des 17-köpfigen Ensembles und nichtzuletzt die mitreißenden Solis-ten machen den Erfolg des Mu-sicals aus. Nach dem Besuchhat sich vermutlich bei einigenZuschauern das „Sissi“-Bildverändert.■ Das „Elisabeth“-Musical istnoch bis 14. Januar 2010 in derAlten Oper Frankfurt zu sehen.Karten für 27,50 bis 97,50 Eurogibt es unter ✆ (0 69) 1 34 04 00.

VON OLIVIA HEß

Frankfurt. Im Hintergrund bröckeln die Fassaden von Ha-vannas Prachtbauten. Im Vordergrund pulsiert das Leben. Unddas heißt auf Kuba vor allem eines: Im Rhythmus von Son undSalsa werden alle irdischen Probleme – von denen die Karibikin-sel wahrlich genug hat – klein. Ein Stück kubanische Lebensfreu-de zaubert die Tanzshow „Pasión de Buena Vista“ auf die Bühne.Am Freitagabend war Premiere in der Frankfurter Jahrhundert-halle. Am 3. Januar ist die Tanz und Musik-Revue auch in der Rit-tal-Arena in Wetzlar zu sehen.

Acht Tänzerinnen und Tän-zer wirbeln über die Bühne. An-geheizt von zehn hochkaräti-gen Musikern um den Trompe-ter und Band-Leader von „LaIdea“, Antonio Castro. Der 42-Jährige trat auch schon mitGrößen wie Ibrahim Ferrer undder Latina-Schönheit Gloria Es-tefan auf. Viel Haut, pompöserKopfschmuck und perfekteKörperbeherrschung zeichnetdie Tanztruppe aus, die auch

schon in der berühmten Tropi-ca-Show in Havanna zu Gastwar.

Doch die eigentlichen Starsdes Abends sind drei ältereHerrschaften. 77 Jahre zähltPachin Inocencio“, der aus ei-ner Musikerfamilie stammtund schon mit sechs Jahren zuPercussion-Instrumenten griff.Berühmt wurde er aber als Sän-ger. Mit Charme und Witz in-terpretiert er die Klassiker wie

„Bésame mucho“, seinen Geh-stock streichelt er dabei wiedie Saiten einer Gitarre. Ge-meinsam mit dem als „BigDaddy des Son“ bekannt ge-wordenen Tomás Sanchez (61)singt er ein Lied, das an tragi-sche Weise an Ernest Heming-way erinnert. Der amerikani-sche Schriftsteller lebte zweiJahrzehnte auf Kuba und liebteden Rum wie die Musik glei-chermaßen. Am 2. Juli 1961,dem Tag, als Hemingway sicherschoss, lag die Schallplattemit dem Stück „Santa Isabel“auf seinem Plattenteller.

Neben Omara Portuondo istMaida Castaneda eine „GrandeDame “ der kubanischen Mu-sik. Mit „Mi Tierra“ erobert siesofort das Publikum in derJahrhunderthalle. Im Duettmit Pachin Inocencio singt die68-Jährige den Evergreen„Quizas-Quizas“. Und weil

„Pasión de Buena Vista“ ja aucheine Tanzshow ist, zeigen diebeiden, dass sie auch dabei ei-nen gemeinsamen Rhythmusfinden.

■ Offen fürneue Töne

Es sind die Ikonen des legen-dären Buena Vista Social Club ,die die besondere Anziehungs-kraft der Shows ausmachen.Hier geht allmählich und un-weigerlich ein Kapitel dem En-de entgegen. Einige Stars wieIbrahim Ferrer leben schonnicht mehr. Ihre Nachfolgergehen auch musikalisch man-chen neuen Weg. Sie öffnen diekubanische Musik für Einflüs-se von Außen. Manches ist –wie etwa Break Dance-Töne –noch etwas gewöhnungsbe-dürftig. Poppig klingt Yulie

Veláquez‘ „Besame“, das er amFreitagabend erstmals vorPublikum bei der Show prä-sentierte.

Gut zwei Stunden und nochein paar Zugaben dauert dieShow von „Pasión de Buena Vis-ta“. Das Bühnenbild deutet dasEnde an. Am nächtlichen Him-mel von Havanna löst allmäh-lich ein zartes Morgenrot diefunkelnden Sterne ab. DieNacht ist zu Ende, die Partyauch. Mit einem der bekann-testen Lieder Kubas, „Guanta-namera“, das die Besucherlauthals mitsingen, verab-schiedet „La Idea“ ihr Publi-kum in die Frankfurter Kälte.Kubanische Rhythmen helfenauch gegen den Winterblues.■ „Pasión de Buena Vista istam Sonntag, 3. Januar, um 18Uhr zu Gast in der Rittal-Arenain Wetzlar. Karten kosten zwi-schen 35 und 50 Euro.

Mit Salsa gegenden Winterblues„Buena Vista“ in der Jahrhunderthalle

VON REGINA TAUER

111--07-V124.12.2009 11:18:50 kultur

Glänzen in den Hauptrollen des „Elisabeth“-Musicals bei der Premiere in der Alten Oper: die junge Kaiserin Elisabeth (Annemiekevan Dam) ringt mit dem Tod (Uwe Kröger). (Foto: Alte Oper Frankfurt/Anna Meuer)

Tanzfreude pur: Szene aus „Pasión de Buena Vista“. (Fotos: Veranstalter)

Star des Abends: Der 77-jährige Pachin Inocencio.

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