Leitliniengerechte Therapie und gesunde Ernährung – wie ... · Diabetes mellitus –...

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Leitliniengerechte Therapie und gesundeErnährung –

wie kann dies bei Typ-2-Diabetes aussehen?

Prof. Dr. med. Rüdiger Landgraf

4. Patiententag Diabetes 2016München, 17.09.2016

Diabetes ist nicht Diabetes!Die häufigsten Diabetes-Typen

Klassischer Typ-1-Diabetes absoluterInsulinmangel (ca. 0,4% der Bevölkerung) –Zunahme 5% pro Jahr

Typ-2-Diabetes relativer bis absoluterInsulinmangel + Insulinresistenz(ca. 10% der Bevölkerung)– Zunahme ca. 300.000 Patienten pro Jahr

--

Schwangerschaftsdiabetesschwangerschaftsbedingte (meist)vorübergehende Insulinunempfindlichkeit +relativer Insulinmangel (ca. 5% allerSchwangeren)– Zunahme durch z.B. Adipositas,Bewegungsmangel etc

Sonstige Typen/Formen

Mod. nach Tamayo T et al. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 77–82

Alter in Jahren

Präv

alen

z, %

Frauen

FrauenMänner

Männer

Vorkommen des Diabetes 20108,5% – 12,3%

abhängig vom Bundesland

Vorkommen und Entwicklung von Diabetes in Deutschland65 Millionen Versichertendaten der GKV: 2009 und 2010

Tamayo T et al. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 177–82.

Menschen mit nicht erkanntem Diabetes:2 – 8% in der Bevölkerung

Typ-2-Diabetes in unserer Gesellschaft- Die großen Irrtümer -

• Dieser Diabetes-Typ ist eigentlich keine schwere Erkrankung• Verharmlosung der Krankheit (Gesellschaft, Arzt, Patient)

• Wenn diabetische Komplikationen auftreten, hat das nichtsmit Diabetes zu tun (z.B. Herzinfarkt)

• Diabetes ist eine selbstverschuldete Erkrankung• Menschen mit Diabetes sind häufiger krank• Berufsauswahl stark begrenzt• Leistungsfähigkeit im Beruf deutlich geringer

Diskriminierung der Menschen mit DiabetesStigmatisierung

Mögliche Folgen des Diabetes mellitus

Mikrovaskulär

GehirnChronisches, hirnorganischesPsychosyndrom [HOPS]

Augen:Häufigste Erblindungsursache derBevölkerung im erwerbstätigen Alter

Nieren:Hauptursache der terminalenNiereninsuffizienz

Nerven:NervenfunktionsstörungemnCa. 50% aller Diabetiker

MakrovaskulärGehirn:Schlaganfall2-4-fach erhöhtes Risiko

Herz:Herzerkrankungen/Herztod2-6-fach erhöhtes Risiko

PeriphereArterien:Durchblutungsstörungen3-5x mal häufiger

Diabetisches Fuss-SyndromHauptursache nicht-traumatischer Amputationen

der unteren Extremitäten5-10% aller Diabetiker

Bindegewebe- undGelenkerkrankungenHände und Füße

Mundgesundheit

Diabetes hat weitreichende Auswirkungenauf das Leben von Menschen mit Diabetes

Diabetes hat weitreichende Auswirkungenauf das Leben der Angehörigen

DAWN2™ Deutschland – StudieKulzer B, Landgraf R et al. Diabetologe

2015;11:211–218

„Diabetes F“

Prognose von Menschen mit Diabetes -Komplikationen (Morbidität) und Sterblichkeit (Mortalität)

Kardiovaskuläre Erkrankungen und Sterblichkeit:Verlorene Jahre!

The Emerging Risk Factors Collaboration. JAMA. 2015;314(1):52-60

Verlu

st a

n Le

bens

jahr

en

Verlu

st a

n Le

bens

jahr

en

Alter, Jahre Alter, Jahre

Männer Frauen

Behandlung des Typ-2-Diabetes

Allgemeine Behandlungs- und BetreuungszieleNationale Versorgungs-Leitlinie 2016

Orientierungsgrößen der TherapiezieleLandgraf R et al: Diabetologie und Stoffwechsel 2016, im Druck

EASD/ADA Consensus 2016

Übersterblichkeit von Menschen mit Typ-2-Diabetes inSchweden

Tancredi M et al. N Engl J Med 2015;373:1720-32

Compliance• Arzt zentriert• Arzt dominiert• Informations-Diktat• Patient passiv• Zwang, Überreden

Adhärenz• Patienten zentriert• Zusammenarbeit zwischen

Patient/Betreuer undDiabetesteam

• Austausch vonInformationen

• Aktive Einbindung desPatienten/sozialen Umfelds

• Diskussion undVerhandlung

Medikations-Adhärenz ist eine Partnerschaft-Medikations-Compliance nicht!Gould E, Mitty E. Geriatr Nurs. 2010;31(4):290–98

Medikamenten-Adhärenz:

20-60% nach einemJahr

Typ-2-DiabetesPraxisempfehlungen DDG

Landgraf R et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2016, im Druck undNationale Versorgungs-Leitlinie Therapie Typ-2-Diabetes: www.versorgungsleitlinien.de

Praxisempfehlungen DDGLandgraf R et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2016, in press und

Nationale Versorgungs-Leitlinie: www.versorgungsleitlinien.de

Gefahr von Unterzuckerungen:Sulfonylharnstoffe und Insuline

Effekte der Antidiabetika auf dasKörpergewicht

Gewichtsabnahme

Metformin

Glitazone

1-3 kg

Gewichtszunahme

Glinid

-Glukosidase-Inhibitor

2-4 kg Sulfonylharnstoffe

4-6 kg

4- 10 kg Insulin/Detemir

DPP-4-Inhibitor

GLP-1- RA2 - 4 kg

2 - 4 kg

SGLT2-Inhibitor2 kg

Praxisempfehlungen DDGLandgraf R et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2016, in press und

Nationale Versorgungs-Leitlinie: www.versorgungsleitlinien.de

Praxisempfehlungen DDGLandgraf R et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2016, in press und

Nationale Versorgungs-Leitlinie: www.versorgungsleitlinien.de

Erste Er

• Schulung• Ernährungstherapie• Steigerung der körperlichen Aktivität• Raucher-Entwöhnung• Stressbewältigung

Schutzfaktoren zur Vermeidung oderdeutlichen Verbesserung der Prognose eines

Typ-2-Diabetes

1. Mehr Bewegung2. Schlanke Taille3. Weniger energiereiche Nahrung4. Softdrink-Stopp5. Alkoholgenuss reduzieren6. Guter Schlaf7. Nikotin-Stopp8. Entspannte Blutgefäße

Ernährung: Nationale Versorgungs-Leitlinie

• Eine generelle Empfehlung zu einer kohlenhydratarmen Kostbei Menschen mit Typ-2-Diabetes ist wissenschaftlich nichtbegründet. Je nach Therapie gilt es, die Kohlenhydratmengeund die Art der Kohlenhydrate anzupassen.

• Die Kostform soll immer individuell und anhand derzusätzlichen vaskulären Risikofaktoren und der Verträglichkeitder Zusammensetzung der Nahrung des Patienten entschiedenwerden.

• Bestandteil einer gesunden Ernährung bei Menschen mit Typ-2-Diabetes sind Kohlenhydrate aus Gemüse, Hülsenfrüchten,frischem Obst, Vollkorngetreideprodukten und fettarmer Milchwichtiger

Ernährung: Nationale Versorgungs-Leitlinie

Ernährung: Nationale Versorgungs-Leitlinie

Glykämischer Index

Hoch

• Die Gesamtkalorienzufuhr ist der wichtigste Prädiktor für dasKörpergewicht.

• Eine Niedrig-Kohlenhydrat-Diät (≤45% der Gesamtkalorien) hatkeinen Vorteil gegenüber einer höheren Kohlenhydratzufuhr inBezug auf viele Stoffwechselparameter einschließlich derBlutglukose und des Körpergewichts.

• Extrem Niedrig-Kohlenhydrat-Kostformen (130-160 g KH proTag) werden von den Menschen nur kurzfristig toleriert. Sieändern dann auf höhere Kohlenhydrat-Kostformen.

• Die unterschiedliche Qualität der Studien und Meta-Analysenerklären die inkonsistenten Aussagen früherer Meta-Analysen.

Kritische Übersicht über eine Kohlenhydrat-arme Diät beiTyp-2-Diabetes.

van Wyk HJ,, Davis RE, Davies JS. Diabet. Med 2016;33: 148–157

• Niedrig-Kohlenhydrat-Diäten führen zu einem größerenGewichtsverlust als Niedrig-Fett-Diäten:

-1,15 kg [0,52 bis 1,79]• Niedrig-Fett-Diäten führen zu keinem Unterschied in der

Gewichtsveränderung im Vergleich zu Hoch-Fett-Diäten:- 0,36 kg [–0,66 bis1,37],

• Niedrig-Fett-Diäten führten zu einem größerenGewichtsverlust als gewöhnliche Diäten:

- 5,41 kg [–7,29 bis –3,54]

Effekte von Niedrig-Fett-Diäten im Vergleich zu anderen Kostformenauf die langfristigen Gewichtsveränderung.Systematischer Review und Meta-analyse

Deirdre K Tobias KD et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2015;3: 968–79

Auswirkungen einer Mittelmeer-Diät ohneFettrestriktion auf wichtige klinische Endpunkte

Systematic Review and Meta-analysisBloomfield HE et al. Ann Intern Med. doi:10.7326/M16-0361

Mittelmeer-Diät:7 Komponenten• Hoher Anteil ungesättigter zu gesättigten Fettsäuren (z.B.

viel Olivenöl)• Viel Früchte und Gemüse• Viel Hülsenfrüchte, Korn und Getreide• Mäßiger Rotweinkonsum• Mäßiger Genuss von Milchprodukten• Geringer Verzehr von Fleisch (rotem!) und Fleischprodukten• Größerer Verzehr von Fisch

Auswirkungen einer Mittelmeer-Diät ohne Fettrestriktionauf klinische Endpunkte: PREDIMED-Studie

Systematic Review and Meta-analysisBloomfield HE et al. Ann Intern Med. 2016 doi:10.7326/M16-0361

• n=7447 Teilnehmer an einer Mittelmeer-Diät mitzusätzlich Extra-Virgin Olivenöl oder Nüssen

• Kontrollgruppe mit einer Diät mit niedrigemFettanteil

• Mittlere Beobachtung 4,8 Jahre

Diese RCT zeigte über einen Beobachtungszeitraum von fast 5 Jahren ineiner Gruppe (n=7447) von meist älteren Menschen (55-80 Jahren), dasseine Pflanzen-basierte, nicht Kalorien-restriktive, fettreiche Diät (>40%)(=klassische mediterrane Kost) nicht zu einer Zunahme vonGewicht und Taillenumfang führt, aber:

Auswirkungen aeiner Mittelmeer-Diät ohne Fettrestriktionauf klinische Endpunkte: PREDIMED-Studie

Systematic Review and Meta-analysisBloomfield HE et al. Ann Intern Med. doi:10.7326/M16-0361

Reduktion:• Große kardiovaskulärer Ereignisse um 29%

(HR, 0.71 [95% CI, 0.56 to 0.90])• Brustkrebs um 57%

(HR, 0.43 [CI, 0.21 to 0.88])• Diabets Risiko um 30%

(HR, 0.70 [CI, 0.54 to 0.92])• Die Gesamtmortalität wurde nicht beeinflußt.

Ernährungsempfehlungen zur Behandlung desDiabetes mellitus – Empfehlungen zur Proteinzufuhr. 2016

• Für Menschen mit Diabetes mellitus und einer GFR über 60 ml/mingibt es auf Basis einer Studie keine Hinweise auf eineVerschlechterung der Stoffwechselkontrolle bei dauerhafter Zufuhrvon 15 – 21 % Protein der täglichen Energiezufuhr, dies entsprichteiner oberen Grenze von 1,2 g/kg KG; für Frauen und 1,3 g/kg KGfür Männer.

• Die Proteinaufnahme sollte bei diabetischer Nephropathie umcirca 0,8 g/kg KG pro Tag liegen.

• In Kombination mit einer Energierestriktion kann eine kurz- bismittelfristige moderate Senkung des HbA1c Wertes bei Menschenmit Diabetes mellitus durch einen erhöhten Proteinanteil erreichtwerden.

• Es gibt Hinweise, dass eine Ernährung mit vorwiegend pflanzlichenProteinen anstatt tierischer Proteine den Cholesterinspiegel beiMenschen mit Diabetes mellitus günstig beeinflussen kann.

Schutzfaktoren zur Vermeidung oderdeutlichen Verbesserung der Prognose eines

Typ-2-Diabetes

1. Mehr Bewegung2. Schlanke Taille3. Weniger energiereiche Nahrung4. Softdrink-Stopp5. Alkoholgenuss reduzieren6. Guter Schlaf7. Nikotin-Stopp8. Entspannte Blutgefäße

Schutzfaktoren zur Vermeidung oderdeutlichen Verbesserung der Prognose eines

Typ-2-Diabetes

1. Mehr Bewegung2. Schlanke Taille3. Weniger energiereiche Nahrung

Softdrink-StoppAlkoholgenuss reduzieren

4. Guter Schlaf5. Nikotin-Stopp6. Entspannte Blutgefäße

Foodwatch Studie 2016

Foodwatch Studie 2016

Getränk (ca. 200 ml) Würfelzucker______________________________________Eistee bis 15Smoothies (Ganzfruchtgetränke) 9Orangensaft 8Bier 2__________________________________________

„Gesunde“ Getränke3g Zucker=12 Kcal

Der gesündeste Durstlöscher ist frisches Wasser!!

Schutzfaktoren zur Vermeidung einesDiabetes

1. Schlanke Taille2. Mehr Bewegung3. Weniger energiereiche Nahrung4. Softdrink-Stopp5. Alkoholgenuss reduzieren6. Guter Schlaf7. Nikotin-Stopp8. Entspannte Blutgefäße

Relationsship between alcohol consumption andvascuar complications and mortality in type 2 diabetes

Blomster Ji et al. Diabetes Care 2014;37:1353-1359

Das Risiko für Gefäßerkrankungen und Tod istgeringer bei Patienten mit Typ-2-Diabetes, die

mäßig Alkohol trinken.

Starker Trinker:21 Drinks pro Woche bei Männer, 14 bei FrauenModerate Trinker:≤ 21 Drinks pro Woche für Männer, ≤ 14 bei Frauen

Alkohol-Konsum und das Typ-2-Diabetes-Risiko. Reviewund Meta-Analyse

Li XH et al. Am J Clin Nutr 2016;103:818–829

Light: RR: 0.83;95% CI: 0.73, 0.95; P = 0.005

Moderate: RR: 0.74;95% CI: 0.67, 0.82; P < 0.001

Heavy: RR: 0.95;95% CI:0,83, 1,09; P=0,480

10 Regeln einer gesunden ErnährungDeutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)

1. Die Lebensmittelvielfalt genießen

2. Reichlich Getreideprodukte sowie Kartoffeln

3. Gemüse und Obst – Nimm „5 am Tag“

4. Milch und Milchprodukte täglich, Fisch ein- bis zweimal in der

Woche, Fleisch, Wurstwaren sowie Eier in Maßen

5. Weniger Fett und fettreiche Lebensmittel

6. Zucker und Salz in Maßen

7. Reichlich Flüssigkeit

8. Schonend zubereiten

9. Sich Zeit nehmen und genießen

10.Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben

Schutzfaktoren zur Vermeidung einesDiabetes

1. Schlanke Taille2. Mehr Bewegung3. Weniger energiereiche Nahrung4. Softdrink-Stopp5. Alkoholgenuss reduzieren6. Guter Schlaf7. Nikotin-Stopp8. Entspannte Blutgefäße

Ich danke Ihnenfür Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Interesse

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