Lernen und Bildung im Alter · 2019-04-04 · Volkshochschulen (900), Seniorenbegegnungsstätten,...

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Lernen und

Bildung im Alter

Fachgespräch zu Bildung, Lebenslanges Lernen

und Empowerment

28.03.2019, Berlin

Nicola Röhricht

Leitung Fachreferat und Servicestelle

„Digitalisierung und Bildung im Alter“ bei der BAGSO e.V.

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Bundesarbeitsgemeinschaft der

Senioren-Organisationen e.V.

Dachverband von über 100 Organisationen, die

mehrere Millionen ältere Menschen vertreten

und der sich einsetzt für

o ein realistisches Altersbild in der Gesellschaft

o ein selbstbestimmtes Leben im Alter

o gesellschaftliche Teilhabe und Partizipation

o ein solidarisches Miteinander der Generationen

o gesundes Altern und eine hochwertige

gesundheitliche und pflegerische Versorgung

o Interessen älterer Verbraucherinnen und

Verbraucher

Franz Müntefering

Vorsitzender der BAGSO

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Grundfrage Lernen und Bildung im Alter

Gesellschaftspolitisch

instrumentalisierender

Ansatz

• Zielgerichte Weiterbildungsmaß-

nahmen um die Beschäftigungs-

fähigkeit Älterer zu erhalten, das

Renteneintrittsalter zu erhöhen und

auch im Ruhestand durch z.B.

ehrenamtliche Tätigkeit das „human

capital“ der Älteren so lange es

geht für die Gesellschaft zu nutzen

• Reduzierung von Bildung auf die

„Optimierung von Lernprozessen im

Hinblick auf deren Relevanz für

ökonomisch verwertbare Arbeit“

Sozialgerontologischer/

kompetenzorientierter

Ansatz

• Ziel von Lernen: Erwerb oder

Erhalt von Selbstständigkeit,

Selbstbestimmung

• Prävention: unter anderem

werden Wohlbefinden, soziale

Einbindung und Gesundheit

davon günstig beeinflusst

• Lernen dient zunächst dem

Individuum, seiner Gesund-

erhaltung, Persönlichkeitsent-

wicklung und Lebensqualität

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Das Lernen Älterer in Deutschland

Volkshochschulen (900), Seniorenbegegnungsstätten,

Seniorenzentren (mehrere in jeder Stadt),

Mehrgenerationenhäuser (540), Seniorenbüros (380)

Senioren-Internet-Gruppen (200), kirchliche, politische

Träger, Gewerkschaften, Migrantenselbstorganisationen,

Seniorenvereine, Selbsthilfegruppen, Museen,

Kultureinrichtungen, Bibliotheken, Universitäten,

Hochschulen und Freiwilligenagenturen machen

Angebote für ältere Menschen und sichern

Bildungsvielfalt.

Dabei gibt es Unterschiede zwischen ländlichem und

städtischem Raum aber auch regionale Besonderheiten.

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Ältere Menschen sind so heterogen wie keine andere

Bevölkerungsgruppe – und damit auch ihre

Lerninteressen und –bedürfnisse ( Vielfalt).

Ihr formaler Bildungsstand ist (gesamt betrachtet)

niedriger als der nachfolgender Generationen und sie

bringen eine Lernbiografie mit aus früheren

Lernerfahrungen, die für alle nicht immer nur positiv

waren (ggf. Lernbarrieren).

Der Lernprozess verändert sich im Alter (kognitiv,

sensorisch, motivational) und man kann auf größeren

Erfahrungsschatz zurückgreifen.

Was unterscheidet Lernen im Alter vom Lernen

in anderen Lebensphasen

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Deshalb sollte Bildung für Ältere anderen didaktischen

Grundsätzen entsprechen, als die schulische und

berufliche Erwachsenenbildung ( Geragogik).

Alltags- und lebensnahe Bildungsangebote kommen den

Wünschen vieler Älteren nach sinnhaftem, zwanglosem

und auf sozialen Austausch ausgerichtetem Lernen am

nächsten.

Die Lehrenden sind demnach mehr Lernbegleiter und

Moderatoren des Bildungsprozesses, Themen werden

von den Beteiligten selbst gewählt und starre, von außen

vorgegebene Lernziele treten in den Hintergrund.

Was unterscheidet Lernen im Alter vom Lernen

in anderen Lebensphasen

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Geragogik

Eine wissenschaftliche Disziplin, die…

• sich am Leitbild von Menschenwürde und

Partizipation im Alter orientiert,

• Bildungsprozesse in der zweiten

Lebenshälfte erforscht,

• Bildungskonzepte mit Älteren und für das

Alter entwickelt und erprobt

• und diese in Aus-, Fort- und Weiterbildung

für die Arbeit mit Älteren einbringt.

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körperlich und geistig fit zu bleiben,

sich an Veränderungen, die durch das Älterwerden entstehen

anzupassen,

so lange wie möglich selbständig zu bleiben,

Menschen kennenzulernen und Teil der Gesellschaft zu sein,

sich weiterzuentwickeln und

das, was man als junger Mensch nicht lernen konnte,

nachzuholen

Ältere lernen um…

(vgl. Simon 2012 Geragogisches Grundwissen)

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Das Lernen Älterer in Deutschland

Das Recht auf Bildung gilt für alle und Grundbildung ist

in Deutschland unentgeltlich. Aber ein solches Recht

wird de facto nicht immer eingelöst – weder auf Seiten

der Bildungsanbieter noch der Bildungsnachfrager.

Die Bildung für Menschen in der nachberuflichen Phase

ist nicht gesetzlich geregelt, jedoch sind die Angebote

der o.g. Institutionen gegen geringe Gebühren und auch

unentgeltlich uneingeschränkt möglich.

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Formales

Lernen

Nonformales

Lernen

• Volkshochschule

• Kirchliche

Bildungsstätten

• Gewerkschaftliche

Bildungsstätten

• Hochschulen

• Einrichtungen der

betrieblichen

Weiterbildung

• (Wohlfahrts-)Verbände

• Vereine,

Migrantenselbstorga-

nisationen

• freiwilliges und

bürgerschaftliches

Engagement

• Familien

• soziale Netzwerke

• Medien (Bücher,

Internet,

Fernsehen)

• kulturelle

Einrichtungen,

wie Theater und

Museen

Lernen in unterschiedlichen Kontexten

Informelles

Lernen

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Unsere Einschätzung zum Lernen Älterer in

Deutschland: Lernfelder

Alltagsbewältigung

Gesundheit

und Prävention

neue Technologien

interkultureller

Austausch

Berufstätigkeit im Rentenalter

Intergenerationeller Austausch

Geschichte, Philosophie, Kultur

kreative

Lebensgestaltung

Sinnorientierung

Spiritualität

Berufliche Weiter-bildung bis 67

Quartiers-entwicklung

Freiwilliges Engagement

Sprachen

Reisen

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Gestaltung von Altersbildung: 12 Qualitätsziele

(Köster, Schramek & Dorn 2008)

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Von Bildungsangeboten eher nicht erreichte

Gruppen:

Ältere im ländlichen Raum

Mobilitätseingeschränkte Personen

Personen mit Pflegebedarf und pflegende Angehörige

Ältere Migrant*innen

Einkommensarme Ältere

Personen mit niedriger formaler Bildung

Personen, mit wenig sozialen Kontakten

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Lernen im Quartier

Sozialraum hat Einfluss auf die Bildungsaktivitäten der Bewohner*innen

Zugangsbarrieren zu Bildungsangeboten sind bildungsbiografische Erfahrungen, gesundheitlicher Zustand und fehlende Mobilität.

Strukturelle Verbesserungen im Stadtteil können das Bildungsverhalten des Einzelnen positiv beeinflussen – gerade das von sozial benachteiligten Älteren. Es bedarf neuer Lernorte, Angebote und Strukturen.

„Für die öffentlichen Bildungsanbieter in Deutschland stellt es in Anbetracht vorhandener Förderungs- und Planungsstrukturen eine Herausforderung dar, flexibel auf neue und/oder in partizipativen Prozessen entstandene Bildungsbedürfnisse einzugehen. Hier können sozialraumorientierte und kooperative Stadtteilprojekte eine sinnvolle Ergänzung darstellen.“ (Friebe & Hülsmann 2011, S. 9)

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Stand der digitalen Teilhabe

Älterer in Deutschland

Internetnutzung zunehmend verbreitet, von 0,2% im Jahr

1997 auf 56,6% im Jahr 2016 (100% bei den 14-29-

Jährigen)

Ca. 45% der ab 65-Jährigen sind „Offliner“, ca. 9,3 Mio

Menschen (in Dänemark: 16%)

digitale Teilhabe ist ungleich verteilt, zu den Offlinern

zählen eher Frauen, Hochaltrige, Menschen mit geringer

formaler Bildung und Einkommen

Da digitale mit sozialer Teilhabe verknüpft ist, besteht die

Gefahr benachteiligte Gruppen weiter abzuhängen.

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BAGSO-

Positionspapier:

Ältere Menschen in

der digitalen Welt

Chancen und Risiken

des Internets

Deutsche Fassung

English Version

AG Neue Medien 2017

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BAGSO-Positionspapier: Ältere

Menschen in der digitalen Welt

• Das Internet als Element der öffentlichen

Daseinsvorsorge: Staat muss Zugang gewährleisten

• Flächendeckende Bereitstellung von WLAN

• Es darf keine Nachteile für Offliner geben

• Strukturen schaffen, Medienkompetenz fördern.

• Entwicklung einer ressortübergreifenden IT-

Bildungsstrategie von Bund und Ländern

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Gute Beispiele

Neugierig bleiben!

Servicestelle „Digitalisierung und Bildung für

ältere Menschen“ bei der BAGSO

Zielgruppen:

• Multiplikatorinnen und Multiplikatoren

• Ältere Menschen

Zentrales Projektelement:

• Online-Portal mit vielfältigen Angeboten zu

Bildung und Digitalisierung für Ältere und

Multiplikatoren (www.wissensdurstig.de)

Fokus auf Zielgruppen, die von bestehenden

Bildungsangeboten für Erwachsene nicht erreicht

werden (ländliche Gebiete, Migration,

Grundbildung, Beeinträchtigungen)

wissensdurstig.de – Startseite

7.700 Veranstaltungen in ganz

Deutschland

1.050 Veranstalter/Orte:

280 Mehrgenerationenhäuser,

300 Volkshochschulen und

150 Senioren-Internet-Gruppen

Klickzahlen:

70 Besucher pro Tag

wissensdurstig.de – Aktuell

Kegeln mal anders, Höhr-Grenzhausen

Smartphone-Café, Gießen

Lernen und Begegnung

digital und analog

Multiplikatorenschulung, Bocholt

Computerkurs auf Türkisch, Ratingen

Cottbus

Rostock

Hanno-ver

Norden

Leck

Hanau

Ulm

Ham-burg

Freckenhorst

Glau-chau

Saarbrü-cken

Alten-kirchen

12 Schnuppertage

in 11 Bundesländern

| 24

Ziel:

Digital-Kompass Standorte sollen zu lokalen

Anlaufstellen für Menschen werden, die

Unterstützung im Umgang mit digitalen Medien und

Geräten suchen. Betreut werden die Standorte von

den Internet-Lotsen.

75 Digital-Kompass Standorte bis 2021

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Digital und Analog

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„Seniorenstudium“

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Fachbeirat Digitalisierung und Bildung

für ältere Menschen

Unter Bildung für ältere Menschen verstehen wir ihr

fortwährendes Bestreben, sich selbst, die Gesellschaft

und die Welt zu verstehen und diesem Verständnis

gemäß zu handeln. Dabei ist ihre Motivation für

lebenslanges Lernen intrinsisch. Ihre Motivation sich zu

bilden orientiert sich an ihren Interessen, dem

unmittelbaren Nutzen, den Bildung ihnen im Alltag ihrer

jeweiligen Lebenswelten bringt, sowie an dem Beitrag,

den Lernprozesse zu ihrer Selbstverortung in dieser Welt

leisten. Daher sehen wir ältere Menschen in

Bildungsprozessen stets auch als Akteure.

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Fachbeirat Digitalisierung und Bildung

für ältere Menschen

Arbeitsschwerpunkte

• soziale Teilhabe und Selbstbestimmtheit für alle älteren Menschen,

• der Dialog mit allen Akteuren im Handlungsfeld (Politik, Wirtschaft,

Wissenschaft, Bürgerinnen und Bürger sowie Organisationen der

Zivilgesellschaft),

• die Einbeziehung der Potentiale Älterer in digitale Transformationsprozesse,

• einen weiten Bildungsbegriff konzeptgeleitet in die Praxis vor Ort tragen,

• flächendeckende Strukturen (real und digital) zur Ermöglichung von

„lebenslangem Lernen“ beziehungsweise von Bildung für und mit älteren

Menschen,

• flächendeckende Lernorte (v.a. informell, non-formal; real und digital) sowie

• (zielgerichtete) Bildungsangebote (real und digital) schaffen und verzahnen;

fortlaufende Verbesserung der Angebote im Dialog.

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Vielen Dank!

Fachreferat und Servicestelle

„Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen“

Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisation e. V.

Thomas-Mann-Straße 2 – 4, 53111 Bonn

Referentinnen Nicola Röhricht und Janina Stiel

Tel: 0228 / 55 52 55 – 54

E-Mail: info@wissensdurstig.de oder roehricht@bagso.de

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Deutscher Volkshochschulverband (DVV): Onlineangebot zu

Grundbildung ist Deutschlands größtes offenes Lernportal. Es

bietet mehr als 31.000 Übungen zur Alphabetisierung und

Grundbildung, zur Vorbereitung auf den Schulabschluss sowie

zur Ökonomischen Grundbildung.“ (Zitat: https://portal-

deutsch.de/lernen/schulabschluss/ich-will-lernen/

Gutes Beispiel digitalen Lernens…

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Alternde Gesellschaften

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Demografische und soziale Entwicklungen

„Dreifache Alterung“

Mehr Ältere in absoluten Zahlen:

17 Mio 65+ in 2013, 24 Mio in 2060

(bei sinkenden Bevölkerungszahlen)

Größerer Anteil Älterer im Vergleich

zu jüngeren Bevölkerungsgruppen:

21% 65+ in 2013, 33% in 2060

Besonders hoher Zuwachs bei der

Gruppe der Hochaltrigen (80+):

4,4 Mio in 2013, 10 Mio in 2060

Altersstrukturwandel

Feminisierung

Singularisierung

Ethnisch-kulturelle

Differenzierung

Heterogenisierung

Ausdünnung

familialer Netze

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Quelle: destatis, Bevölkerungspyramide

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(Menning, 2008, S. 24)

Formales Lernen: VHS

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• Volkshochschulen sind wichtige Partner in der Entwicklung kommunaler und

regionaler Bildungsnetzwerke. VHSn sind überparteiliche und nicht konfessionell

gebundene Partner, die ausschließlich dem Gemeinwohl verpflichtet sind.

Volkshochschulen haben einen hohen Wirkungs- und Bekanntheitsgrad, sind

bundesweit präsent, ermöglichen allen Bürgerinnen und Bürgern mehr Teilhabe an

Bildung, Arbeit, Kultur und am öffentlichen Leben.

• Aber: Sie erreichen die Zielgruppe der Älteren nicht in dem Maße wie sie könnten.

Thesen:

• Oft zentral organisiert, keine kleinen Außenstellen in den Quartieren

Mobilitätsproblem.

• In der Konzeption von Angeboten für Ältere erliegen sie der „Angebotslogik“ und

sprechen eher bildungsgewohnte Ältere an.

• Sie beschäftigen keine/kaum Geragog*innen – Methodik und Didaktik im

Umgang mit der Zielgruppe bleiben dem Bauchgefühl der Dozenten überlassen.

Formales Lernen: VHS

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Informelles Lernen

Dass ein großer Teil des Lernens Älterer außerhalb von

Bildungseinrichtungen erfolgt ist inzwischen unstrittig.

Informelles Lernen = Lernen, das im Alltag, im Familienkreis oder in der

Freizeit stattfindet. Es ist (in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder

Lernförderung) nicht strukturiert und führt üblicherweise nicht zur

Zertifizierung. Informelles Lernen kann zielgerichtet sein, ist jedoch in den

meisten Fällen nichtintentional. Es wird vor allem von den älteren

Menschen bevorzugt, die wenig Zugang zu traditionellen

Bildungseinrichtungen haben.

Sie nutzen eher die Alltagsressourcen, um mit neuen Herausforderungen

oder Veränderungen in ihrem Leben fertig zu werden.

Die EdAge-Studie zeigt deutlich, dass Internet (48%), Ehrenamt (43%)

und Nebenjobs (54%) für knapp oder etwas mehr als die Hälfte der

Älteren Orte für informelles Lernen sind. Diese Formen des informellen

Lernens stellen die Eigenverantwortung und Selbststeuerung der

lernenden Person in den Vordergrund.

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Lernen in unterschiedlichen Kontexten

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Informelles Lernen

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