View
214
Download
0
Category
Preview:
Citation preview
FORUM MESSENACHBERICHT • TRADE FAIR REPORT
. ~
Margarethe Müller, Architektin aus Basel, berichtet vom 15. Designers' Saturday in Langenthai Margarethe Müller, architect from Basel, reports from the 15th Designers' Saturday in langenthai
Der Auftritt des österreichischen Möbelherstellers Wittmann im City Center wurde von ]örg Boner gestaltet.
Der 1987 gegründete und alle zwei Jahre stattfindende Designers' Saturday im schweizerischen Langenthai hat sich längst als Pflichttermin im internationalen Designmessenkalender etabliert. Wobei das Wörtchen "Pflicht" hier besonders unpassend erscheint, denn die Atmosphäre in Langenthai ist kaum mit den üblichen Veranstaltungen in trostlosen Messehallen vergleichbar. Das findet auch die Basler Architektin Margarethe Müller, die für uns beim 15. Designers' Saturday im November vergangenen Jahres vor Ort war.
The Designers' Saturday founded in 1987 and held every two years in the Swiss town of Langenthai has long established itself as a mustattend event in the international calendar of design trade fairs. Thereby the term "must" is particularly inappropriate in this context since the atmosphere in Langenthai can hardly be compared with the usual events in dismal exhibition halls. This opinion is shared by Basel-based architect Margarethe Müller, who attended the 15th
S· Designers' Saturday for us that took place last November.
032 . AlT 1/2.2015o
Seit dem 19. Jahrhundert existieren in der kleinen Schweizer Gemeinde Langen
thai zahlreiche Industriebetriebe, die vor allem die verkehrsgünstige Lage des
Ortes zu schätzen wissen. Darunter befanden sich von Beginn an viele Unternehmen
der Schweizer Möbel- und Einrichtungsbranche. Die kamen 1987 auch auf die Idee,
den Designers' Saturday, eine Art gemeinsamen Tag der offenen Tür, ins Leben zu
rufen. Seither öffnen die beteiligten Unternehmen im Rhythmus von zwei Jahren ihre
Werkstore und stellen ihre Räumlichkeiten als Ausstellungsfläche auch für andere
Hersteller aus der Branche zur Verfügung. Zum 15. Designers' Saturday im vergange
nen Jahr präsentierten sich so insgesamt 70 Aussteller sowohl aus der Schweiz als
auch aus dem europäischen Ausland - darunter altbekannte Größen wie Vitra und
USM Haller, aber auch kleinere Designhersteller wie zum Beispiel die Leuchten
manufaktur Sattler aus GÖppingen. Daneben waren fast alle Schweizer Hochschulen,
die eine Designausbildung anbieten, mit Ständen vertreten. Verteilt waren die Aus
steller auf sechs Orte. So öffneten neben dem City Center der Teppichhersteller Ruck
stuhl, das Holzbauunternehmen Hector Egger, der Textilfabrikant Creation Baumann,
die Glasfirma Trösch sowie der Möbelproduzent Girsberger ihre Tore. Zwischen den
Stationen verkehrte ein Shuttlebus-Service, welcher auch den Bahnhof und zwei
große Parkplätze am Stadtrand anfuhr. - Und damit ist auch schon das Besondere am
Ausstellungskonzept des Designers' Saturday erklärt: Anstatt ziel- und hilflos durch
01 Fotos ~ Videos + Extras in APP
Margarethe Müller Daten & Fakten · Facts & Figures Designers' Saturday 2014
1977 geboren 2001-07 Architekturstudium in Weimar Besucher' Visitors 16.000 Designers" Saturday Awards 2014 Silber Axor-Hansgrohe, Design : Ana'ide Gregory Studio
2007-09 Büro jean-Paul jaccaud Architectes in Genf Aussteller' Exhibitors 70 Gold Schätti Leuchten, Design: jörg Boner Bronze USM Möbelbausysteme, Design: atelier 01
2009 Bürogründung Müller Meier Schmitz in Basel Ausstellungsorte • Exhibition venues 6 Silber Horgenglarus, Design: Studio Hannes Wettstein Publikumspreis Ruckstuhl, Design: Ulf Moritz
Creaplant, Spezialist für Innenraumbegrünungen, verwandelte die Lagerhalle von Girsberger in einen Dschungel.
ein großes, unpersönliches Messegebäude ohne Tageslicht zu mäandern, flaniert man
in Langenthai zwischen den einzelnen Stationen hin und her. Der Besuch ist in Etap
pen unterteilt, und zwischen jeder Station gewinnt man - durch die Überbrückung
der räumlichen Distanzen - ein bisschen Zeit zum Durchatmen und zur Verarbeitung
des Gesehenen. Außerdem waren die Veranstalter so clever und haben in den
Eintrittspreis von 30 CHF (ca . 24 EUR) auch eine Verpflegungspauschale eingerechnet.
So gibt es am Ende jeder Station eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken. Und wäh
rend man nun dasteht und sich stärkt, kann man das Gesehene nochmals reflektieren
und die jeweils spezifische Atmosphäre eines Ortes - zum Beispiel den in der Luft
hängenden Holzgeruch in den Hallen von Hector Egger - nachwirken lassen.
Die Designers' Saturday Awards 2014
Traditionell werden die besten Inszenierungen der Langenthaler Messe mit den
Designers' Saturday Awards geehrt. Die Auszeichnung in Gold überreichte die fünf
köpfige Jury dieses Mal an den Leuchtenhersteller Schätti. Dessen Produkte wurden
von Designer Jörg Boner in einer kontrastreichen Installation in Szene gesetzt. Der
zweite Preis - die Kategorie Silber - wurde wiederum doppelt vergeben: zum einen
an Horgenglarus für ihre von Studio Hannes Wettstein gestaltete Untergrund-Inszenie
rung im Keller des Werksgebäudes von Ruckstuhl und zum anderen an Axor-Hans
grohe für die Produktinszenierung von Anai'de Gregory Studio. Bronze ging schließlich
an USM Haller und deren von atelier 0 " gestalteten Auftritt. Mein persönliches
Highlight des letzten Designers' Saturday war ohne Zweifel der bereits erwähnte
Auftritt der Traditionsfirma Horgenglarus. Der Besucher wurde zunächst von einem an
die Wand projektierten Schatten des Sitzflächen-Geflechts des Stuhlklassikers Moser
empfangen. Während man an dieser Wand entlangging, sah man bereits am Ende des
Ganges eine punl<tuell beleuchtete, archaische und mannshohe Holzskulptur. Die
abknickende Wegführung leitete einen anschließend in einen großen, leeren Raum,
von dessen Decke Wurzelstöcke in den Luftraum wuchsen. Hinter dieser Referenz an
das Ausgangsmaterial der Horgenglarus-Produkte versammelte sich eine Gruppe von
weiteren Holzskulpturen. Erst auf den zweiten Blick ließ sich erahnen, dass die
Skulpturen aus den Einzelteilen zusammengefügt waren, aus denen sich normaler
weise die bekannten Funktionsmöbel des Herstellers zusammensetzen. Der zweite
Inszenierung von Studio Hannes Wettstein: Horgenglarus-Präsentation im Keller der Ruckstuhlhalle
Preis bei den Designers' Saturday Awards war also mehr als verdient. Die Aus
stellungsmacher haben wunderbar auf den vorhandenen Ort mit seinem rauen und
dunklen Charakter reagiert und diesen eingängig mit der Geschichte und den
Produkten der Firma Horgenglarus verbunden. Eine weitere Inszenierung von Studio
Hannes Wettstein bildete die Ausstellung des Haushaltsgeräteherstellers Bauknecht in
der großen Werkshalle von Hector Egger. Die Designer definierten durch metallische
Außenwände einen abgegrenzten Raum, der durch eine kreisrunde Öffnung betreten
werden konnte. Man ging sozusagen in eine Waschmaschine hinein . Im Inneren kam
man zum Glück jedoch nicht während des Schleudervorgangs an, sondern die
Wäsche hing bereits auf der Leine. So ging es durch einen Wald von Wäschebahnen
auf eine im Zentrum der Installation gelegene Lichtung. Hier waren wiederum meh
rere Waschmaschinen auf hohe Sockel aufgesetzt und von oben beleuchtet. Der
Besucher konnte sich nun auf von den Wäscheleinen abgehängten Schaukeln nieder
setzen und die Situation auf sich wirken lassen.
6 Ausstellungsorte, 70 Aussteller und 16.000 Besucher
Die Firma Ruckstuhl, die mit ihrem Firmengebäude auch einer der Gastgeber war,
stellte in ihrem Ausstellungsbereich unter anderem das neue Produkt "Maglia" vor,
einen groben Strickteppich, dessen Fasern von der südamerikanischen Fique-Pflanze
stammen. Um die Herstellung dieser Teppiche zu demonstrieren, ließ Ruckstuhl zwei
Mitarbeiterinnen der kolumbianischen Kooperative, die diese Teppiche in Handarbeit
herstellt, einfliegen. Jeweils eine 'der beiden Frauen saß auf einem Stuhl im
Mittelpunkt des Standes und zeigte den Besuchern, wie die Teppiche mit großen
Nadeln gearbeitet werden. Ihr Arbeitsrhythmus, der durch regelmäßige Pausen unter
brochen wurde, um die schwere Teppichbahn am Boden neu zu ordnen, hatte fast
meditative Züge. Diese anschauliche Vorführung, entwickelt durch den Designer Ulf
Moritz, war so beeindruckend, dass die Besucher des Designers' Saturday ihr den
Publikumspreis verliehen. Ohne Umstände ist damit auch die zweite Besonderheit
des Designers' Saturday erklärt: Es ist die Möglichkeit, ein Produkt, welches man
sonst nur im Rahmen eines Ladengeschäfts sieht, am Ort seines Ursprungs und seiner
Herstellung kennenzulernen. Und dies genossen im vergangenen Jahr bei strahlender
Novembersonne knapp 16.000 Besucher (Rekord!).
AlT 1/2.2015 • 033
FORUM MESSENACHBERICHT • TRADE FAIR REPORT
Der von Ulf Moritz kuratierte Ruckstuhl-Auftritt in den Räumen des Herstellers war der Publikumsliebling.
Bei Hector Egger: Auftritt des Gastgebers (Sergio Cavero) und Bauknecht-Inszenierung (Studio H. Wettstein)
Die von ]örg Boner gestaltete Ausstellung des Leuchtenherstellers Schätti war bei Cn~ation Baumann zu Gast.
Das Designstudio greutmann bolzern präsentierte sich bei Girsberger mit schwebender "swiss tableware" .
ince the 19th century. numerous industriai enterprises have existed in the small
Swiss municipality of Langenthai, who above all appreciate the easily accessible
location of the town . Right from the beginning, many companies from the Swiss furni
ture and furnishing mdustry were amongst these enterprises. In 1987, they came up with
the idea to initiate the Designers' Saturday, some kind of joint open day. Since that time,
the involved companies have opened their factory gates every two years and have also
made their premises available as exhib ition space for other manufacturers from the
industry. On the occasion of the 15th Designers· Saturday last year, a total of 70 exhibi
tors from Switzerland and other European countries presented themselves - among
them renowned names like Vitra and USM Haller, but also smaller design manufactu
rers, such as, for example, the Sattler luminaire rnanufacture from GÖppingen.
Additionally, almost all Swiss universities offering a design education, were represented
with their own stands. The exhibitors were distributed over six locations. Next to the
city centre, carpet manufacturer Ruckstuhl, timber construction company Hector Egger,
textile manufacturer Creation Baumann, the Trösch glass company as weil as furniture
maker Grrsberger opened their gates. A shuttle bus service connected the different venu
es, which also stopped at the railway station and two large car parks on the edge of
town. - And this already explains the special characteristic of the exhibition concept of
the Designers' Saturday: instead of aimlessly and helplessly meanderingth rough a large,
impersonal exhibition complex without daylight, visitors stroll back and forth between
the single stations in LangenthaI. The visit is divided into stages and between each loca
tion one gains a bit of time - when covering the spatial distance between the venues
to catch a breath and digest what one has already seen. Furthermore, the organisers
were so clever and included a catering rate in the admission fee of 30 (HF (approx. 24
EUR) . So a little something to eat and drink is offered at the end of each stage. And while
one is simply standing there regaining one's strength, one has the opportunity to reflect
the already explored exhibits and let the specific atmosphere ofthe place - for example
the smell of wood in the air inside the halls of Hector Egger - have their full effect.
6 exhibition venues, 70 exhibitors and 16,000 visitors
The best presentations at the Langenthai exhibition are traditionally awarded the De
signers' Saturday Awards. This time, a frve-member jury presented the award in gold to
luminaire manufacturer Schätti, whose products were staged by designer Jörg Boner in
a high-contrast installation. The second prize - the silver category - was awarded twice:
firstly to Horgenglarus for their underground presentation designed by Studio Hannes
Wettstein in the basement of a Ruckstuhl factory building, and secondly, to Axor
Hansgrohe for the product staging by Ana·ide Gregory Studio. Bronze went to USM Haller
and their appearance conceived by atelier of. My personal highlight at the last
Designers' Saturday was without doubt the already mentioned appearance of the tradi
tion-rich Horgenglarus Company. At first, the visitor was greeted bya shadow projected
onto a wall depicting the seating surface mesh ofthe classic Moser Chair. While walking
past this wall, one already noticed a highlighted, archaic and man-high wood sculpture
at the end of the aisle. The bent route layout subsequently guided the visitor into a large,
empty space, where rootstocl<s grew from the ceiling into the void. A group of more
wood sculptures gathered behind this reference to the basic raw material of Hor
genglarus products_ Only at second glance one could vaguely recognise that these sculp
tures were assembled from individual parts, which are normally used to build the
manufacturer's well-known functional furniture. Consequently, the second prize at the
Designers' Saturday Awards was weil deserved. The organisers of the exhibition have
wonderfully reacted to the existing venue and plausibly connected it with the history
and the products of the Horgenglarus Company. The Rucl<stuhl Company, in turn , which
was one of the hosts by making their company buiiding available, presented, amongst
other things, the new product "Maglia" in their exhibition area, a coarsely knitted car
pet, the fibres of which are produced from the South Amencan fique plant. In order to
demonstrate the productron process of these carpets, Ruckstuhl had two employees
from the Columbine cooperative f10wn in , who do these carpets by hand. One of the
two women was sitting on a (hair in the middle of the stand and showed the visitors
how the carpets are created with large needles. The women's work rhythm had almost
meditative features. This vivid presen1ation, developed by deSigner Ulf Moritz, was so
impressive that the visitors to Designers· Saturday awarded it the audience prize.
Without any more ado, this explains the second special characteristic of the Designers'
Saturday: it is the possibility to get to know a product, which one otherwise only sees
in the context of a store, at the place of its origin and its production. And last year,
almost 16,000 visitors enjoyed this possibility In the bright November sun (new recordD.
034 . AlT 112.2015 01 Fotos ~ Videos + Extras in APP
Recommended