Neue HD-Programme

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HDTV startet durch und kaum einer kann es sehen

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62 Donnerstag, 19. November 2009 � Nr. 269MOBIL �DIGITALNeuö Zürcör Zäitung

Ein Kaffeeautomat – voll digitali-siert und personalisiert Seite 59

Das Videospiel des Jahresthematisiert den Terrorismus Seite 59

Mit dem FCX Clarity setzt Hondaauf die Brennstoffzelle Seite 61

Yamaha Midnight Star – kleinerCruiser für grosse Reisen Seite 61

Die Billigfluggesellschaften werden immer «gewöhnlicher»Einstieg in das Langstreckengeschäft, Businessklasse, traditionelles Computer-Reservierungssystem

Immer mehr verabschieden sichdie Billig-Airlines von ihremeinstigen Geschäftsmodell. Be-obachter erwarten einenKonzentrationsprozess wie beiden herkömmlichen Anbietern.

Jens Flottau

Adel Ali hat neulich eine sonderbareEntdeckung gemacht. Dem Chef derBilligfluggesellschaft Air Arabia undseinen Routenplanern fiel auf, dass sieUmsteigepassagiere im System hatten,von denen sie zuvor gar nichts gewussthatten. Dieselben Leute, die gerade aufdem Flug von Casablanca nach Istanbulwaren, tauchten wenig später auf derVerbindung von Istanbul nach Sharjahin den Vereinigten Arabischen Emira-ten auf. Die Kunden hatten sich eineVerbindung herausgesucht, die Air Ara-bia eigentlich gar nicht anbietet.

Abschied vom UrmodellDer Vorgang verdeutlicht, wie sehr sichdie Billigfluggesellschaften – manchmalsogar unfreiwillig – von ihrem einstigenpuristischen Modell verabschiedet ha-ben. Einst waren sie mit dem Vorsatz

angetreten, alles möglichst einfach ab-zuwickeln und die Kosten niedrig zuhalten. Umsteigen, Langstrecken oderGemeinschaftsflüge gehörten zu denDingen, die die neuen Anbieter nachder reinen Lehre unter allen Umstän-den vermeiden sollten, um wegen derzusätzlichen Kosten nicht wie ihre eta-blierten Konkurrenten in wirtschaftli-che Schwierigkeiten zu geraten.

Mittlerweile gibt es fast nichts mehr,was es nicht gibt: Bei Ryanair müssendie Passagiere zwar extra zahlen, wennsie am Flughafen (und nicht im Inter-net) einchecken, doch viele andereFluggesellschaften bieten ihren Kundenkostenlose Getränke, Freigepäck, Viel-fliegerprogramme und Umsteigeverbin-dungen – auch wenn sie sich diese selbstorganisieren.

Selbst die Langstrecken, auf denensich die «Lufthansas» der Welt bishervor ihren Billig-Konkurrenten geschütztfühlen konnten, sind vor ihnen nichtmehr sicher, siehe die malaysische AirAsia X. Wenn man auf Angebote wieLounges am Boden verzichte, dannseien auf der Langstrecke ähnliche Kos-tenvorteile möglich wie im Kurzstre-ckengeschäft, glaubt Air-Asia-X-ChefAsran Osman Rani. Im Europaverkehrliegen die Kosten von Billig-Airlines jenach Einzelfall zwischen 30 und 50 Pro-

zent unter denen ihrer Konkurrenten.Dabei bietet Air Asia X ihren Passagie-ren sogar eine Art Businessclass, wennsie dafür extra zahlen. Das Unterneh-men fliegt derzeit in Europa nur Lon-don Stansted an, doch will es in dennächsten Jahren auch zu anderen Zielenexpandieren. Air Asia X hat jüngst zehnAirbusse A350XWB bestellt, die danndie heutige Flotte vom Typ Airbus A330ersetzen sollen.

Das kreative Chaos bei den Ge-schäftsmodellen dürfte aus unterschied-lichen Gründen fortdauern. In Europatun sich auch die Billigfluggesellschaf-ten oft bereits schwer, neue Strecken zufinden, auf denen sie noch wachsen kön-nen. Deswegen versuchen sie, über Ge-bühren für zusätzliche Leistungen wieetwa einen Gangplatz mehr Umsatz zuschaffen. Immer mehr lassen ihre Sitzetrotz den vergleichsweise hohen Kostenauch von den traditionellen Computer-Reservierungssystemen wie Amadeusvertreiben. Ironie der Geschichte: Da-mit werden sie den alten Fluggesell-schaften wie Lufthansa oder AirFrance-KLM, die zu schlagen sie ange-treten waren, immer ähnlicher.

Zumal diese auch immer kreativerwerden beim Versuch, an zusätzlicheEinnahmen zu kommen. British Air-ways verlangt nun Extra-Gebühren für

aufgegebenes Gepäck. Und wenn maneinen bequemeren Platz am Gang re-servieren will, muss man auch ordent-lich dafür in die Tasche greifen. Dass dieGeschäftsmodelle sich auf Kurz- undMittelstreckenflügen tatsächlich imLaufe der nächsten Jahre immer mehrangleichen werden, glaubt Alex Cruz,Chef der spanischen Billigfluggesell-schaft Vueling.

Doch gerade der Erfindungsreich-tum bei den Zusatzeinnahmen hat seineGrenzen. Reservierte Sitzplätze, Ge-päckaufgabe und Ähnliches dürften ins-gesamt nicht mehr als 20 Prozent desreinen Ticketpreises ausmachen, sonstwürden die Kunden meutern, sagt Fly-Be-Verkaufschef Mike Rutter. Die Un-ternehmen fürchten aber nicht nur dieMissgunst ihrer Kunden, wenn sie sie zusehr schröpfen, sie wollen auch bei derEuropäischen Kommission keine schla-fenden Hunde wecken. Diese könnteauf die Idee kommen, diese Zusatzein-nahmen regulieren zu wollen – nichtswollen die Airlines weniger und forderndeswegen eine freiwillige Selbstbe-schränkung.

Wieder einmal hat Ryanair-Chef Mi-chael O'Leary dabei den gesamten Restdes Sektors gegen sich aufgebracht – alser nämlich öffentlich diskutieren liess,ob er künftig für die Benutzung der

Bordtoilette Gebühren erheben solleund ob Übergewichtige mehr alsSchlanke zahlen sollten. O'Leary er-halte zu viel Aufmerksamkeit, findetRutter. Für die Branche seien solcheSprüche obendrein gefährlich, denn sieschadeten dem Image.

Hohe ÜberkapazitätenDie Billigfluggesellschaften haben inder momentanen Wirtschaftskrise weni-ger stark gelitten als ihre alteingesesse-nen Rivalen wie Lufthansa, British Air-ways oder Air France-KLM. Allerdingshaben in Europa alle Anbieter mit Aus-nahme von Easy Jet und Ryanair weni-ger Passagiere transportiert als im Vor-jahr. Zum Teil beruht dies auf freiwilli-gen Entscheidungen. Easy Jet etwa hatdas jährliche Wachstumsziel von 15 auf7,5 Prozent nach unten korrigiert. NachAnsicht von Firmengründer SteliosHaji-Ioannou leidet der Sektor aberweiterhin unter starken Überkapazitä-ten, weil er mehr Kapital anziehe, als erverdiene. Deswegen würden auch nurwenige schwache Anbieter wie XL Air-ways oder Sky Europe vom Markt ver-schwinden. An einen Konzentrations-prozess ähnlich dem, der bei den klassi-schen Airlines stattgefunden hat, glau-ben indes viele trotzdem.

Neue HD-Programme – und kaum einer schaut hinDas hochauflösende Fernsehen hat bis zum Massenmarkt noch viele Hürden zu nehmen

Ab Neujahr senden RTL, ProSieben, Sat1, Vox und KabelEins in HD-Qualität, der Start inder Schweiz ist noch ungewiss.Klar ist erst, dass für den Emp-fang spezielle Hardware nötig ist.

Claude Settele

Sonntagabend, 1. November, bei RTLläuft «Die Hard 4». Bruce Willis ver-richtet seinen Job wie gewohnt unzim-perlich, doch ungleich viel schärfer als jezuvor. Sein ölverschmiertes Antlitzsamt blutigen Schrammen wird dem Zu-schauer dank hochauflösendem Fern-sehen (HD) detailreich und porentief indie Stube serviert. RTL und Vox sendenseit Anfang Monat ihre Programmeauch in HD, ab Neujahr werden Pro Sie-ben, Sat1 und Kabel Eins folgen. Mali-ziös könnte man sagen, der HD-Startmit «Die Hard» («Stirb langsam») wardoppeldeutig. Angesichts der komple-xen, zum Teil ungeklärten und für Kon-sumenten nicht eben leicht verständ-lichen Ausgangslage für den Empfangder privaten HD-Programme ist klar,dass die Verbreitung in Standardauf-lösung nicht so schnell sterben wird.

Start in der Schweiz vertagtIn der Schweiz werden die fünf Pro-gramme zum Jahresauftakt nicht in derneuen Bildqualität zu empfangen sein.Das soll aber nicht so bleiben. Cable-com wie Bluewin TV bestätigten Ver-handlungen mit den Sendern. BluewinTV schätzt, dass die Einführung derneuen Sender für ihre zurzeit 186 000Kunden im ersten Halbjahr 2010 mög-lich sein könnte. Cablecom hat sich be-reits festgelegt, ARD und ZDF zumStart der olympischen Winterspiele imFebruar aufzuschalten. Voraussetzungfür HD-Programme ist allerdings dieMiete einer digitalen Settop-Box, undeine solche steht erst bei 362 000 der1,55 Millionen Cablecom-Kunden. Dieneuen Programme sowie eine möglicheMarktöffnung könnten indes den Um-stieg ins digitale Zeitalter beschleuni-gen. Cablecom überprüft nämlich dievielkritisierte Politik, nur eigene Settop-

Boxen zuzulassen. Wie Medienspreche-rin Deborah Bucher auf Anfrage mit-teilt, soll ein Entscheid bereits Anfang2010 fallen.

Auch in Deutschland kann die grosseMehrzahl der zahlreichen Kabelbetrei-ber die privaten Sender noch nicht an-bieten, zu empfangen sind die Program-me aber via Satellit. Die in Luxemburgdomizilierte SES Astra, die in Europa122 Millionen Satelliten- und Kabel-haushalte bedient, hat auf 1. Novemberein neues Paket namens HD+ lanciert,das über Satellit (19,2° Ost) verbreitetwird. Mit im Paket sind neben den pri-vaten auch öffentlichrechtliche Sender.Das klingt gut in den Ohren erwartungs-froher Flat-TV-Besitzer, doch diesemüssen sich auf neue Bedingungen ein-stellen. Astra bezeichnet sein Paketzwar als Free-TV, doch nach den ersten

12 Monaten wird eine Jahresgebühr von50 Euro fällig. Folgenschwerer ist derEntscheid der Privatsender, ihre HD-Programme verschlüsselt auszustrahlen.Astra setzt dabei auf das System vonNagravision, einer Tochter der Schwei-zer Kudelski Group. Zur Entschlüsse-lung der Signale braucht es entspre-chende Hardware, und hier wird eskompliziert.

Der Empfang ab Satellit setzt einenneuen Tuner voraus, der für HD+ zerti-fiziert ist, sowie eine Smartcard zur Frei-schaltung von HD+. Laut Astra sollenbis Ende Jahr sechs solche Empfängerverfügbar sein. Die mehrere hundert-tausend Besitzer, die bereits einenHD-Satellitentuner gekauft haben,können RTL und Co. vorerst nicht inhoher Auflösung geniessen. Hier mussnachgerüstet werden, wenn es das Gerät

überhaupt erlaubt. Man arbeite an einerLösung, meinte Markus Payer, Medien-sprecher von SES Astra, auf Anfrage.

Warten auf TV-ModuleEine Alternative zu externen Satelliten-Empfängern bietet die neuste Genera-tion von Fernsehern, die etwa Sony undSamsung im Sortiment haben. Sie sindmit digitalen Tunern (DVB-T, DVB-S,DVB-C) bestückt sowie mit der Schnitt-stelle Common Interface (CI) der zwei-ten Generation. Dieser CI Plus genann-te Standard regelt die Verschlüsselungund erlaubt den Sendern eine bessereKontrolle bei der Verbreitung. Die inEmpfängern und Fernsehern integrierteSchnittstelle schluckt sogenannte CI-Plus-Module, in die unterschiedlicheSmartcards für die Freischaltung von

Programmen eingesteckt werden kön-nen. Noch gibt es aber solche Modulenicht, laut Payer sollen sie im 1. Quartal2010 verfügbar sein.

Dies kann das Schweizer Publikumkühl lassen, denn das Satelliten-Ange-bot HD+ startet vorerst nur im deut-schen Markt. Doch es gibt eine Hinter-tür: Kauft man ennet der Grenze einenSat-Empfänger mit einer HD+-Smart-card, kann das Signal auch in unserenBreitengraden empfangen werden.

Auch Cablecom und Bluewin TVmüssen für die Verbreitung der deut-schen Privatsender umrüsten. Entwedersind neue Settop-Boxen mit CI-Plus-Modul nötig oder es braucht eine ge-räteinterne Lösung für die Verarbeitungdes verschlüsselten Signals. Viele TV-Fans werden an CI Plus wenig Gefallenfinden. Die Technik gibt den Sendernauch neue Optionen in die Hand, die dieFreiheiten des TV-Zuschauers ein-schränken. So lässt sich via CI Plus ver-hindern, dass Sendungen auf Festplatteoder DVD aufgezeichnet werden oderbei Werbeblöcken weitergespult wer-den kann.

Ungleiche EinschränkungenStossend ist die Situation, dass TV-Fansje nach Ausrüstung unterschiedlich be-handelt werden. So erklärte MarkusPayer gegenüber der NZZ, dass beiEmpfängern mit HD+-Zertifikat Auf-zeichnungen und zeitversetztes Fern-sehen (Time-Shift) bis zu 90 Minutenmöglich sind, allerdings die Werbungnicht überspult werden kann. Besitzereines TV mit CI-Plus-Modul hingegenkönnen weder aufzeichnen noch Time-Shift nutzen, was ein herber Rückschrittist. In Deutschland wird CI Plus daherschon als Verbraucherschreck betitelt.Die Einschränkungen gelten jedochnicht für öffentlichrechtliche Sender.

Da allerdings noch keine Verträgeabgeschlossen sind, ist vorerst nichtklar, welche Einschränkungen allenfallsKunden von Kabelnetzen und BluewinTV zu erwarten haben. Bei allen offe-nen Fragen ist klar, dass es noch einWeilchen dauern dürfte, bis das Publi-kum seinen Flat-TV mehrheitlich mitHD-Kost füttern wird. Vielleicht wird esdereinst mit «Die Hard 6» so weit sein.

Technisch grosszügig angerichtet – Produktionsfirma TPC zeigt den neuen HDTV-Reportagewagen. ALESSANDRO DELLA BELLA / KEYSTONE

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