NordbayerischerKurier-Mittwoch,1.September2010 Wenn der … · 2010. 9. 30. · hung einer Kirche...

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Nordbayerischer Kurier

Weg von der klassischen LandwirtschaftWie Bauern ihre Betriebe erhalten und ihr Einkommen aufstocken können – Abgeordnete informierten sich

Ködnitz/Harsdorf

Leerstehende Häuser, entvölkerteDörfer und ein Zusammenbruch desVereinslebens: Viele Gemeinden imFichtelgebirge, der FränkischenSchweiz und dem Frankenwald ha-ben mit ähnlichen Problemen zukämpfen.

Um die Zukunft des ländlichenRaums sicherzustellen, müssten inerster Linie die landwirtschaftlichenBetriebe erhalten werden, sagte derKulmbacher Kreisobmann des Bau-ernverbands, Wilfried Löwinger. Beieinem Besuch von Marlene Mortler,der tourismuspolitischen Sprecherinder Bundestagsfraktion von CDU undCSU und stellvertretenden bayeri-schen Landesbäuerin im LandkreisKulmbach, wurden deshalb nicht nurlandwirtschaftliche Einkommensalter-nativen diskutiert, sondern auch vor-bildliche Projekte in Ködnitz undHarsdorf besichtigt.

Schönheit auf dem Bauernhof

„Wir müssen derartige Wege ausder klassischen Landwirtschaft herausaufzeigen, um die Höfe und Betriebezu erhalten“, sagte Mortler, die aufEinladung der LandtagsabgeordnetenGudrun Brendel-Fischer in den Land-kreis Kulmbach gekommen war. Einesdieser Projekte ist der Maierhof inKödnitz. Anita und Gerhard Sack be-treiben dort nicht nur einen Hof mitvier Ferienwohnungen, sondern aucheine klassische Landwirtschaft mit 75Hektar Fläche, davon 20 Hektar Wald,und 44 Milchkühen. Die Ferienwoh-nungen seien nicht in erster Linie nurals zweites Standbein gedacht gewe-sen, sagte Anita Sack, die sich neben-bei auf dem Hof auch ein Typ- undKosmetikberatungsstudio eingerichtethat. Zielgruppe für die gut ausgelaste-ten Ferienwohnungen seien Ehepaareund gesundheitsbewusste Urlauber. Inerster Linie solle der Hof nahe derStadtgrenze zu Kulmbach seinen Gäs-ten aber Entspannung vermitteln. Da-bei gehören unter anderem Massagen,Heusack-Auflagen oder Kneipp-An-

wendungen zum Angebot. Zweite Sta-tion des Informationsbesuchs der bei-den Abgeordneten war die Naturkräu-terschmiede von Gabriele Feulner, diederzeit noch im Entstehen ist. Imehemaligen Stall des Hofs in derHarsdorfer Ortsmitte will die gelernteKräuterpädagogin bald Wochenend-veranstaltungen mit Schaukochen an-bieten, die neuen Räumlichkeitenaber auch für Familien- oder Betriebs-feiern vermieten. Auch Kindergeburts-tagsfeiern bietet die Bäuerin seit ge-raumer Zeit mit großem Erfolg auf ih-rem Hof an.

Dieses Spektrum zeige die Vielfalt

an Angeboten, denen sich Landwirtein der Region mit Erfolg widmen, sag-te Brendel-Fischer. Sie ermunterte dieFamilien, ein gewisses Risiko einzu-gehen und auf den Höfen unterneh-merisch tätig zu werden. Die Perspek-tiven landwirtschaftlicher Einkom-mensalternativen seien grenzenlos,die Potenziale noch lange nicht aus-geschöpft, ergänzte Marlene Mortler.Sie gab jedoch zu bedenken, dass sichder Aufwand irgendwann rechnenmüsse und dass im Gegensatz zumStädtetourismus im ländlichen Raumgrößere Anstrengungen notwendigseien.

Bei einer anschließenden Diskussi-on mahnten Vertreter der Ämter fürLandwirtschaft von der Politik mehrMittel für Fortbildung und Qualifizie-rung an. Hier gehe es schließlich umwichtige Zukunftsaufgaben, sagteChrista Reinert-Heinz vom Amt fürLandwirtschaft in Bayreuth. Vor demHintergrund eines 60-prozentigen An-teils an Nebenerwerbslandwirtensprach sich Kreisobmann Löwingerdafür aus, Nebenerwerbslandwirte zustärken, denn auch sie hätten großenAnteil an der Pflege der Kulturland-schaft, die wiederum für den Touris-mus unentbehrlich sei. shf

Rot und Grün dominieren: Eine neue fränkische Tracht zeigt Anita Sack (rechts) vom Maierhof in Ködnitz der touris-muspolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion von CDU und CSU, Marlene Mortler (Mitte), und der Landtagsab-geordneten Gudrun Brendel-Fischer. Foto: Fuchs

Wenn der Baggerkommt, ist KerwaTanzen, singen, feiern – Bräuche in der Region

GÖrschnitz/StockauVon Susanne Gmeiner

Sommerzeit ist Kerwazeit: Überallin der Region wird in diesen Tagengefeiert. Dass man bei den Feiernaber nicht nur gemütlich zusam-mensitzt, sondern auch Brauch-tumspflege betreibt, wissen dieKerwaburschen aus Görschnitzund Stockau-Lehen.

Bevor es mit dem bunten Kerwa-treiben losgehen kann, ist ersteinmal ein Bagger nötig, erzählenMatthias Zapf von den Kerwabur-schen Görschnitz und AndreasWunderlich von den Kerwabur-schen Stockau-Lehen. Das ist beiihnen der erste Brauch: Die Kerwawird mit dem Bagger aus der Erdegegraben.

Symbolisiert wird die Kerwa da-bei von einer Flasche, einem altenHeizkessel oder einer alten Metall-kiste. Egal, welcher Gegenstand fürdie Kiste gewählt wurde, er mussvon der Kerwa aus dem Vorjahrstammen, sagen die Kerwabur-schen. So findet man mal eine Bier-flasche oder auch mal einen Schuh.

Die Kerwa ist in jedem Dorf von

unterschiedlicher Dauer. Meist be-ginnt sie am Freitag und dauert bisMontag, an anderen Orten dage-gen eine komplette Woche.

Traditionellerweise bilden sichpünktlich zu Beginn die Kerwapär-chen. Dabei fragt der Junge dasMädchen, ob es bereit ist, ihn beider Kerwa zu begleiten.

Hat der Junge schließlich seinMadl gefunden, bestickt es ihm fürseine Ausstattung eine weißeSchürze, sagt Wunderlich. Daraufentstehen dann nach und nachvorwiegend sein Name, der Nameseines Kerwaburschenvereins, Jah-reszahlen, Blumen, Symbole. Ne-ben der Schürze zählen eineschwarze Hose und ein weißesHemd zu der Kleiderordnung derKerwaburschen. Mancherorts tra-gen sie dazu einen Filzhut, an demein vom Mädchen gebundenesSträußchen steckt. Die Madla hin-gegen erkennt man an ihrem schi-cken Dirndl oder einem anderenspeziellen Kleid.

Im Kreis herum

Die Pärchen führen während desFests des Öfteren den Kerwatanzauf. „Wenn die Kerwa aufgespieltwird, dann bilden die Pärcheneinen Kreis, fassen sich an denHänden und singen Reime in Lied-form“, erklärt Matthias Zapf. DieLieder handeln von lustigen Ge-schichten darüber, was seit dervergangenen Kerwa im Jahresver-lauf alles passiert ist. In der Mittedes Kreises findet sich der Kerwa-krug oder der Kerwasprenger, derfür die Jungs mit Bier oder Radlergefüllt ist.

Die Kerwapärchen bleiben aber

nicht nur in ihrem Heimatort. Beimsogenannten Kerwa-Rumspielenfahren sie auf Anhängern, die vonTraktoren gezogen werden, vonOrt zu Ort und singen ihre Lieder.Dafür bekommen sie von einigenDorfbewohnern finanzielle Spen-den, die den Kerwaburschenverei-nen zugutekommen.

Gefühl der Gemeinschaft

Mit den Festlichkeiten wollen dieOrganisatoren laut Zapf die Men-schen zusammenbringen und da-mit ein Gemeinschaftsgefühl er-zeugen. Jede Kerwa lockt Hunder-te Besucher aller Altersgruppen an.

Ist die Kerwazeit zu Ende, wirddie Kerwa wieder eingegraben,wieder mit dem Bagger.

Wanderungen durchdie Erdgeschichte

Fleckl/Speinshart. Zwei Veran-staltungen des Geoparks finden ammorgigen Donnerstag, 2. September,statt. Geoparkranger Lothar Hof-mann lädt zu einer rund dreieinhalb-stündigen Geotour nach Fleckl ein.Die Rundwanderung mit Erläuterun-gen zur Geologie und Industriege-schichte des Ochsenkopfs führt ent-lang dem technischen DenkmalBocksgraben nach Neubau zu den al-ten Abbaustellen für Silbereisen undanschließend über die Proterobas-brüche zurück nach Fleckl. Treff-punkt ist um 14 Uhr am Ochsenkopf-haus in der Nähe der Talstation Och-senkopf-Süd.

Geoparkranger Kurt Pongratz führteine Geotour von Speinshart auf denBarbaraberg ein. Räumlich ist das ei-ne Wanderung von einer kleinenSandsteininsel inmitten einer ehe-mals feuchten Niederung auf einenausblickreichen und geschichtsträch-tigen Berg, zeitlich ein Gang durchdie Erdgeschichte. Ein Blick in dieehemalige Tongrube Barbaraberg mitihrem Schichtenprofil von 30 Meternaus einer Million Jahre zeigt das be-sonders deutlich. Treffpunkt ist um15 Uhr am Parkplatz zum Kloster inSpeinshart, Dauer rund drei Stunden.Festes Schuhwerk ist erforderlich.

Weitere Information unter Telefon0 96 02/9 39 81 66, Internet www.geopark-bayern.de. red

Zurück zu den DinosGrassemann. Der Naturpark Fich-telgebirge und der Geopark Bayern-Böhmen machen für Dienstag, 7. Sep-tember, 14 bis 16 Uhr, ein Ferienan-gebot für Kinder im FreilandmuseumGrassemann. Es geht auf eine Reiseweit zurück in die Zeit, als die Dino-saurier lebten. Wie sah es auf der Erdevor vielen Millionen Jahren zur Zeitder Dinos aus? Was können darüberGesteine und Fossilien erzählen?Durch Experimente, Spiele und Rätselsollen viele dieser Geheimnisse gelöstwerden. Die Teilnehmergebühr be-trägt 3,50 Euro. Anmeldung unter Te-lefon 0 96 02/9 39 81 66 oder 09 21/72 83 70. Die Leitung hat ChristineRoth. red

Görschnitzer Kerwa 2009: Die Kerwaburschen tragen weiße Schürzen, die die Mädchen mit den Initialen ihrerJungs, einigen Jahreszahlen, Blumen und Bildern bestickt haben. Fotos: Archiv/red

Die Kerwapärchenführen Tänze aufund singen Liederüber Ereignissedes vergangenenJahres.

Info

Seit dem Mittelalter gibt es dieKirchweihfeste. Damals wurde dabeinoch – wie der Name sagt – die Wei-hung einer Kirche gefeiert. DieserGrund spielt heutzutage aber nurnoch eine untergeordnete Rolle. Da-für gibt es für die Kirchweih aber dieunterschiedlichsten Bezeichnungen:Diese reichen von Kirwa in derOberpfalz und Kerb im Saarland bishin zu Kerwa in Oberfranken. sg

26 Aus der Region Nordbayerischer Kurier - Mittwoch, 1. September 2010

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